aufgewärmt: gift- und atommüll in den meeren

zwischendurch wieder ein thema, welches in diesen tagen nur allzu leicht untergeht, aber nichtsdestotrotz zu den großen globalen, kapitalistischen und letztlich "zivilisatorischen" verbrechen gezählt werden muss. ich hatte mich vor ein paar jahren mit der zusammenarbeit von italienischem staat und der kalabrischen mafia 'Ndrangheta bei der versenkung von schiffen mit gift- und atommüll an diversen stellen im mittelmeer beschäftigt; und in dem rahmen auch auf ähnliche giftmüllverklappungen vor der küste von somalia hingewiesen (Sie erinnern sich - die ehemaligen fischer, die jetzt als piraten ein schreckgespenst des "ungehinderten globalen warenflusses" geworden sind...).

nun hat das ard-magazin
report mainz in der letzten sendung auf eine vermutlich nicht nur mir bisher unbekannt gewesene atomare zeitbombe an diversen stellen im atlantischen ozean aufmerksam gemacht:

"Endlager Meeresboden - Bis 1982 versenkten neun Staaten schwach- und mittelradioaktive Abfälle im Nordostatlantik, darunter auch Deutschland. Insgesamt wurden offiziellen Statistiken zufolge an 15 Stellen 114.726 Tonnen Atommüll in 222.732 Fässern verklappt und zwar Alpha-, Beta- und Gammastrahler. Die verantwortlichen Regierungen gingen davon aus, dass der radioaktive Abfall in 4.700 Metern Tiefe "beseitigt" sei. Man nahm an, dass eventuell ausdringende radioaktive Stoffe im Ozean "verdünnt" würden. Heute ist die "Verdünnung" von radioaktiven Abfällen verboten, weil die Radioaktivität dabei nicht verringert sondern unkontrolliert verteilt wird." (...)

und wie es nun bei bei metallfässern im salzwasser irgendwann kommen muss, so
kommt es nun auch:

(...) "In einem Bericht habe die OSPAR (Internationale Kommission zum Schutz der Meeresumwelt des Nordatlantiks) bereits im April 2010 festgestellt, dass Analysen von Wasserproben aus den Gebieten der Atommüll-Versenkung «erhöhte Konzentrationen von Plutonium 238» aufgewiesen haben. Das deute «auf das Auslaufen der Fässer» mit radioaktiven Abfällen hin. An einigen Stellen seien auch «die Konzentrationen von Plutonium 239, Plutonium 240, Americium 241 und Kohlenstoff 14 im Wasser erhöht.» (...)

Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA - International Atomic Energy Agency) wurde bereits 1992 Plutonium in Fischen aus den Versenkungsgebieten nachgewiesen. «Report Mainz» zeigt auch Unterwasseraufnahmen von aufgeplatzten und löchrigen Atommüllfässern, die Greenpeace im Jahr 2000 in einer Tiefe von etwa 100 Metern im Ärmelkanal gefunden hatte.

Im selben Jahr habe die deutsche Bundesforschungsanstalt für Fischerei das deutsche Versenkungsgebiet im iberischen Atlantikbecken aufgesucht und in einem Bericht festgestellt, «dass aus den Abfallbehältern frei gesetzte Radioaktivität in der Biosphäre angekommen ist». (...)


im prinzip hatte ich im anfangs verlinkten beitrag zum mittelmeer damals schon alles mir wichtig erscheinende gesagt; aber das zitat zweier involvierter in italien, mit dem ich damals begonnen hatte, eignet sich aufgrund seiner hochgradig pathologischen a-sozialität, ja lebensfeindlichkeit auch als abschluß:

„Und was wird aus dem Meer?“ fragt einer der beiden und bekommt als Antwort: „Was kümmert uns das Meer? Denk an das Geld, damit gehen wir woanders ans Meer.“

*

nachtrag: wie es bei solchen themen so ist, kommt einem beim nachrecherchieren das kalte kotzen - ein alter
artikel aus dem "spiegel" von 1980 behandelt die gleiche ex-und-hopp-mentalität im pazifik - damals kam u.a. das folgende heraus:

(...) "Bei der Analyse der ihm zugänglichen und zugespielten Dokumente fand der kalifornische Forscher, daß der in den Pazifik gekippte Müll teilweise

* hochradioaktiv ("high level") und nicht schwachstrahlend ("low level"), wie die AEC angegeben hatte, und

* unzureichend verpackt ist; die meisten Fässer waren überdies gebrauchte 55-Gallonen-Tonnen zweiter Wahl, auf denen häufig sogar der versiegelnde Abschluß-Deckel fehlte. (...)

Doch Dutzende Unterwasserphotos, die im Auftrag der EPA aufgenommen wurden, zeigen gerissene Metalltonnen und verrottende Zementfüllungen, drum herum tummeln sich die Fische: Die Radioaktivität ist in die Nahrungskette der Meerestiere eingedrungen.

Studien für das kalifornische Gesundheitsministerium haben beispielsweise in Dorsch und Barsch, Austern, Muscheln und Schwertfischen verhältnismäßig hohe Alpha- und Betastrahlen nachgewiesen. Die Quelle dieser Strahlung ist bislang unbekannt, möglicherweise aber stammt sie von den radioaktiven Spaltprodukten Cäsium-137 und von Strontium-90. Strontium-90 jedenfalls, das leicht und schnell ins menschliche Knochenmark eindringt und es zersetzt, war, so zeigen die damaligen Aufzeichnungen, in den Atomabfällen enthalten." (...)


wenn Sie auf diesem planeten intelligentes leben suchen, gehen Sie am besten zu den freundlichen delphinen, den empathischen walen, den frechen krähenvögeln oder den ziemlich sozialen bonobos. suchen Sie´s besser nicht bei diesen fast haarlosen primaten, die sich in völliger verkennung ihrer situation und ihrer fähigkeiten für die "krone der schöpfung" halten.
spinne (Gast) - 4. Nov, 15:28

ergänzend sei hier noch auf ein swr radio feature hingewiesen, findet sich mittlerweile auch im nds youtube kanal


http://www.youtube.com/watch?v=rVYmv_9AI5Q

Seit der Erstausstrahlung dieser Sendung im März 2010 haben weitere Mafia-
Aussteiger bestätigt, dass radioaktiver und giftiger Müll im Mittelmeer versenkt
wurde. Ermittlungen brachten ein Netzwerk von Giftmüllhändlern ans Licht, die im Auftrag mehrerer europäischer, auch deutscher Firmen arbeiten. Doch das italienische Umweltministerium will von den Enthüllungen nichts wissen. Für sie bleibt der Fall abgeschlossen.

monoma - 7. Nov, 16:09

auch hier ein danke für diesen hinweis. wunderschön die beschwerde im ersten kommentar unter dem video - die ganze geschichte sprengt offensichtlich tatsächlich das vorstellungsvermögen (zu) vieler, die sich nicht klarmachen können oder wollen, dass die schlimmsten kriminalplots immer noch von der realität selbst geschrieben werden.

aber wie dem auch sei: die ganze sache ist ein europäischer (!) skandal allererster güte, der eigentlich in allen beteiligten staaten massive konsequenzen haben müsste. das nichtvorhandensein dieser konsequenzen unterstreicht die zustände, die hier mittlerweile herrschen, nochmal auf das übelste. ja, wir werden in einem ungewissen maße schon länger auch von der mafia (als synonym gemeint) beherrscht, nicht nur die leute in italien. das muss immer mehr und immer deutlicher auch öffentlich angesprochen werden!
Wednesday - 5. Nov, 10:15

Generation Flipper

Vermenschlichung von Tieren ist nicht statthaft. ;-) Delphine sind nicht so, wie sie für uns Menschen aussehen. Wir interpretieren ihre nach oben geschwungen Mundwinkel antrophozentrisch. Vor Antrophozentrismus ist auch der Tierfreund nicht gefeit - das muss ich mir jedes Mal selbst vor Augen führen, wenn ich beginne, von Rabenvögeln und allem, was lange Ohren hat, zu schwärmen, man vermenschlicht fast automatisch.

Wir Menschen haben komplexe Hirne, die gezwungenermassen komplexe Probleme entwickeln, die sie ohne lange zu fackeln auf ihre gesamte Umwelt extrahieren. Das würden alle Wesen machen, die nicht allweise im Sinne von supergütig, superwohlwollend sind. (Für jene Leser, die mich nicht näher kennen: Ich will damit das gegenwärtige System Mensch nicht schönreden).
Vielleicht ist einer der Gründe für die Entwicklung von Religiösität, Glaube, Hoffnung auf ein gerechtes Überwesen oder auf Wiedergeburt mit Option auf Verbesserung etc., daß Mensch sich einst Urgewalten und später Tyrannen hilflos ausgeliefert sah/sieht wie die Hühnchen in der Geflügelfarm seinem Bauer. Dumme Idee, auf mystisch extraterristische Hilfe anstatt auf die eigenen Fähigkeiten und Sehnsüchte zu setzen... Vielleicht sind die Soziopathen einfach die entschlussfreudigeren...

Da wir keine Übermenschen sind, stelle ich mich auf eine lange Entwicklung ein.

Was anderes. Über 3sat habe ich mitbekommen, daß es in der Schweiz bis in die 1970er sog. Verdingkinder gab; mir völlig neu.
Mehr dazu hier* und hier.

Und im SPON (ja, igitt, aber ich will die Gehirnwäsche-Medien lesen, um Entwicklungen zu beobachten) steht tatsächlich der Satz "Grenzschutz ist Mord." Ich bin ein wenig positiv überrascht, auch wenn es sich dabei nur um eine Kritik zu einem Krimi handelt.

* Mehr von Loosli: "Wir dürfen uns nicht mehr auf unser rein spontanes Gefühl, das übrigens gegenüber den Begriffen von Gut und Böse ein rein relatives und subjektives ist, leiten lassen, sondern müssen uns in jedem einzelnen Falle in den Seelenzustand des Kindes hineinzudenken versuchen."

monoma - 7. Nov, 16:02

oh, ich hatte bei den delphinen gar nicht ihre "lächelnden" gesichter im sinn - die haben sie nun mal einfach. mir ging es eher um ihre verspielte art, die ich auch ohne anthropozentrische brille für gegeben halte.

zu dieser tier-mensch-geschichte würde mir ansonsten noch einiges einfallen, vor allem, was die meiner meinung nach gar nicht mehr so felsenfest erscheinenden angeblichen grenzen (zu dieser tatsache tragen nicht nur, aber besonders, die erwähnten rabenvögel bei) betrifft - aber das ist ein fass für ein anderesmal.

danke auch für den hinweis auf die verdingkinder; einen treffenderen und übleren begriff in all seiner doppeldeutung kann man sich fast nicht mehr vorstellen.
Daeva (Gast) - 6. Nov, 04:39

Müllhalde Meer

Der Atommüll wurde nicht nur in Fässern versenkt, die sowohl durch das beinhaltete Material wie das Salzwasser allmählich undicht werden. Ab den 80er Jahren hat man den nuklearen Abfall (neben Brennstäben, kontaminierten Material, handelt es sich vorwiegend um medizinische Stoffe und zu einem kleineren Teil Stoffe der chemischen Analyse) mit Bindemitteln versetzt. Diese sollten mindestens 4000 Jahre die Stoffe binden und am Seeboden halten - Schäden dort blieben unberücksichtigt. Nur hielten sie nicht so lange und erschienen wieder nach ein paar Jahren in den Kreisläufen der Meere.
http://marinebio.org/oceans/ocean-dumping.asp

Wer dazu selbst recherchieren möchte, sollte am besten unter den Schlagwörtern ocean dumping suchen.

Neben den nuklearen Abfällen finden sich auch viele andere Abfälle: Plastik, Endlagerung von Industrie- und Haushaltsabfällen, Kriegsmaterial (z.B. nach dem 2. Weltkrieg in der Ostsee) und Abwässer.

monoma - 7. Nov, 15:48

danke für die hinweise,

mir sind bei dem thema dann auch gleich hinterher die plastikstrudel in pazifik und atlantik eingefallen, und was bspw. noch in der ostsee alles an versenkten kriegszeug aus dem wk2 vor sich hingammelt, will eigentlich auch niemand wirklich genau wissen.

in dem zusammenhang leider noch was passendes:

"Die französische Austernbranche erlebt die schwerste Krise seit 40 Jahren. Die delikaten Muscheln sterben an Bakterien und Umweltgiften (...)

und nein, das ist kein luxusproblem, weil austern, ähnlich wie die bienen an land, als indikator für ganze ökosysteme gelten können.
Quetzalcoatl (Gast) - 6. Nov, 14:56

Vulkanausbruch in der Nähe eines radioaktiven Massengrabs?


monoma - 7. Nov, 15:42

na klasse :-(

das wäre dann ein geradezu paradigmatisches beispiel für einen schwarzen schwan, wenn´s tatsächlich unter dem müllplatz brodeln sollte - glücklicherweise findet der derzeitige ausbruch recht nah vor der küste statt, was das glücklicherweise nun auch gleich relativiert, aber zumindest sollten sich in den vulkanisch aufgewühlten fluten erstmal keine gelben fass-reste mit dem bekannten symbol zeigen...

danke jedenfalls für den hinweis.
R@iner (Gast) - 12. Nov, 21:01

Der Kanarenexpress hat scheinbar recht

Ein Video zum Thema El Hierro und radioaktiver Abfall. Weitere Texte und Links befinden sich im Header des Videos.

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