notiz: und sonst? der kleine medienüberblick - armut & hirnentwicklung; desaster in hauptschulen; kriegstraumata aus afghanistan; tierquälerei und bahnschnüffelei

ich hätte auch von news neben und jenseits der krise schreiben können, finde aber, dass das aus diversen gründen auch anders gesehen werden kann - schließlich ist die aktuelle krisenkaskade etwas durchaus hausgemachtes und besser als symptom für grundsätzlich strukturelle systemfehler zu verstehen, die jetzt nicht nur in vielerlei hinsicht gemeinsam kumulieren, sondern in vielen ihrer wirkungen und rückkoppelungen erst in etlicher zeit voll einschlagen werden. und sowieso ließe sich bei unseren gesellschaftlichen verhältnissen mit einigem recht sagen "krise is immer", zumindest in gerade den bereichen, in denen sich all die aufhalten, die aus verschiedensten gründen draußen sind und teils schon immer waren. "draußen" meint in diesem fall: die teile der realität, die von systemimmanter wahrnehmung entweder schlicht geleugnet, ignoriert, und/oder mit simulationen zugekleistert werden. im folgenden nun ein paar berichte von draußen.

*

das kinder in ihrer gesamten entwicklung von ökonomischer armut schwer geschädigt werden können, war hier in einem älteren
beitrag schon mal kurz thema; nun gibt´s auch eine längere version:

"Fast 2,5 Millionen Kinder gelten bei uns als "armutsgefährdet". Das ist nicht einfach nur schade oder bemitleidenswert, sondern Grund zu großer Sorge, wie auch Hirnforscher bestätigen. Denn der äußere Mangel kann schon bei Babys zu inneren Reifungsverzögerungen führen, die sie ein Leben lang nicht mehr los werden.(...)

Seit etlichen Jahren wird dieses Forschungsfeld beackert. Martha Farah und Daniel Hackman, Psychologen der University of Pennsylvania in Philadelphia, haben jetzt alles zusammengetragen und ziehen eine erschreckende Bilanz. Vor allem in zwei wichtigen Hirnbereichen lassen sich Entwicklungsstörungen festmachen, die mit einem niedrigen Sozialstatus einhergehen: In Arealen der linken Hirnhälfte nämlich, die mit dem Sprachvermögen zusammenhängen, und dazu auch im Stirnhirn, dem "präfrontalen Kortex", der entscheidend dazu beiträgt, wie wir uns tagtäglich verhalten. Dort werden Handlungsalternativen abgeschätzt. Dort wird der Gefühlsstrom aus dem Inneren des Gehirns kontrolliert und reguliert. Dort wird auch anhand sozialer Erfahrungen beurteilt, was "man" so tut in einer bestimmten Situation und was eher nicht. Was also soll aus einem werden, wenn die verinnerlichten Maßstäbe entweder nicht stimmen oder aber nicht angelegt werden können?

Schon früh lassen sich Veränderungen entdecken. Bei gerade mal sechs Monate alten Babys fanden niederländische Forscher der Erasmus-Universität Rotterdam deutliche Einflüsse eines niedrigen Sozialstatus auf das Temperament der Kinder. Die stärkste Beziehung fanden die Rotterdamer bei der Ängstlichkeit der Kinder - je ärmer, desto zaghafter. Und je ärmer die Umgebung war, in der sie aufwuchsen, desto zappeliger waren die Babys. Auch wenn diese frische Studie noch manche Frage offen lässt und mit ähnlichen Untersuchungen verglichen werden muss, gibt es doch klare Tendenzen, die sich in der Entwicklung von über 7000 Kleinkindern verschiedener ethnischer Herkunft abzeichnen. Schon in den Köpfen von Kindern, die erst wenige Monate alt sind, lässt sich wenigstens statistisch ablesen, aus welcher gesellschaftlichen Schicht sie stammen.(...)


im weiteren verlauf macht der artikel das vielleicht zentrale dilemma deutlich, welches durch die neurowissenschaften zwar nicht ausgelöst, aber in gewissem sinne getriggert wurde: wie determinierend für die betroffenen sind solche durch die sozioökonomischen verhältnisse verursachten entwicklungsstörungen? darauf gibt es - und kann es meiner meinung nach zum jetzigen zeitpunkt auch (noch) nicht - keine deutliche antwort. aber von den durchaus möglichen geschichten mal abgesehen, in denen menschen selbst trotz solch schlechter "startbedingungen" es schaffen, ein authentisches leben zu führen (wozu eben nicht unbedingt der "erfolg" im herrschenden sinne gehört, sondern eher eine in sich ruhende zufriedenheit) - eine mehrzahl dieser kinder wird bis dato irgendwann früher oder später in der rubrik "problemfall" landen, ohne je überhaupt die chance gehabt zu haben, sich irgendetwas anderes aussuchen zu können. und zu den dann fälligen konsequenzen stellt der artikel ganz treffend fest:

(...)"Passt das in unseren "Sozialstaat"? Auch mitten in einer Wirtschaftskrise sind wir noch lange nicht arm genug, um solche Armut zulassen zu dürfen. Und mit nüchternem Blick auf die so oder so gemeinsame Zukunft könnten wir sie uns nicht einmal leisten, wenn uns verkrachte Einzelschicksale gänzlich ungerührt ließen."

leider ist die im letzten satz angesprochene kollektive blindheit immer noch der verbreitete obligatorische wahrnehmungsstatus. für den wir alle vielfältig bezahlen (ja, die ökonomistisch verseuchte sprache ist auch so ein ärgernis. aber mir fiel kein anderer passender ausdruck ein).

*

"problemfälle" jedenfalls landen oft genug in den späteren phasen ihres von anfang an gesellschaftlich behinderten lebens in den entsprechend dafür vorgesehenen institutionen, von der psychiatrie bis zum knast. vorher gehen sie - vielleicht sogar nur, um den gesellschaftlichen normalitätssimulationen zu genügen? - wie alle anderen auch in die schule. und zwar in eine, die nicht nur der im folgenden interview zitierte lehrer als eine art gesellschaftliche
entsorgungsanstalt empfindet:

(...)"sueddeutsche.de: Glaubt man der aktuellen Berichterstattung über die Hauptschule, müssten Sie an einem Ort des Schreckens arbeiten. Mögen Sie Ihren Beruf?

Hartmut Groß*: Ja, meistens mag ich ihn. Ich bin seit mehr als 30 Jahren Lehrer und habe mir in dieser Zeit nur selten gewünscht, ich hätte einen anderen Job. Doch die Unterrichtsbedingungen werden immer schwieriger. Die Politik übt großen Druck auf uns aus, die Schüler werden von vorneherein als Verlierer abgestempelt und die Zusammenarbeit mit den Eltern ist oft katastrophal. In unseren Klassen sitzen viele Gestrandete, Demotivierte und auch Verhaltensgestörte. Doch nachdem ich ihre Eltern kennengelernt habe, hatte ich oft mehr Verständnis für die Kinder.

sueddeutsche.de: Was meinen Sie damit?

Groß*: Ich habe mir schon oft gedacht: "Dafür, wie XY aufwächst, schlägt er sich sogar sehr gut." Wir haben zum Beispiel viele Schüler, die am Ende des Monats einfach nichts mehr zu essen bekommen, weil kein Geld mehr da ist. Dann haben wir Kinder mit psychisch kranken Eltern, oder solche, die geschlagen und missbraucht werden. Das sind traurige Extremfälle, die aber an der Hauptschule häufiger vorkommen als an anderen Schulformen. Dazu kommen dann die "normalen" Erziehungsfehler, die Eltern begehen und wir ausbaden müssen.

sueddeutsche.de: Was sind das für Fehler?

Groß*: Wir bemerken eine grundsätzliche Vernachlässigung. Auf Klassenfahrten etwa spüren wir deutlich, dass es die Kinder überhaupt nicht gewöhnt sind, den ganzen Tag einen erwachsener Ansprechpartner zu haben. Sie finden es toll, dass plötzlich jemand für sie da ist und werden richtig anhänglich. Wir sind dann Familienersatz, der am liebsten noch beim Einschlafen dabei sein soll. Außerdem stellen wir fest, dass die Schüler von zu Hause keinerlei Anregungen bekommen. Da wird nicht gelesen oder mal gemeinsam etwas unternommen."(...)


das thema vernachlässigung musste ich hier leider schon öfter aufgreifen, hier nur ein
beispiel. und mir scheint das erstens ein unheilvoller trend zu werden, bei dem man sich zusätzlich fragen muss, ob nicht auch seitens der wirtschaft & "ihres" staates eine faktische, wenn auch spezifische art der vernachlässigung gegenüber all den "abgehängten" und "überflüssigen" der "leistungsgesellschaft konstatiert werden muss; und zweitens würde ich das im gegensatz zum lehrer nicht unbedingt als "normale erziehungsfehler" betrachten - für diese art der eingefrorenen gewalt aus kälte und ignoranz sind psychophysische strukturen nötig, die aus meiner perspektive die grenze zu klinisch relevanten störungen deutlich überschreiten. aber die anerkennung ernsthafter pathologien würde natürlich nicht nur die entsprechenden statistiken in die höhe treiben, sondern auch den gesamtzustand des systems noch deutlicher werden lassen als jetzt schon. davon abgesehen, sind die beschriebenen verhältnisse ein weiterer skandal unter den inzwischen unzähligen und nicht mehr überschaubaren, die sich zu jenem einzigen großen gesamtskandal addieren, der deckungsgleich mit dem herrschenden system ist.

*

bleiben wir noch ein etwas bei den "problemfällen" und verfolgen mögliche lebenswege weiter, so landen wir auch bei der variante, dass sie - immer noch mehr männer als frauen - im zuge der ihnen aufoktroyierten perspektivlosigkeit zb. beim militär landen, was ihnen einerseits eine gewisse ökonomische sicherheit verschafft, andererseits für entsprechend disponierte persönlichkeiten möglichkeiten zum ausagieren - und zwar zu einem staatlich geduldeten, wenn nicht gewünschten - ausagieren ihrer ganz eigenen täter-opfer dialektik bietet. was konkret heißen würde: als kind ein opfer, später in uniform ein (mit-)täter - und dann eventuell
wieder ein opfer:

(...)"Marco Hölzken, 32 Jahre alt, Oberfeldwebel und Ausbilder im Fernmelderegiment, wird in Berlin stationär wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung behandelt. Vor nicht allzu langer Zeit reichte eine Spezialabteilung im Hamburger Bundeswehrkrankenhaus aus, um alle psychisch Kranken der deutschen Streitkräfte zu versorgen. Jetzt werden auch in Berlin traumatisierte Soldaten therapiert, mehrere andere Bundeswehrkrankenhäuser in Koblenz und Ulm bauen psychiatrische Stationen zur Traumabehandlung auf. 


Denn Soldaten, die nicht nur am Körper, sondern auch an der Seele verletzt aus einem Krieg zurückkehren, gehören wieder zu Deutschland. Mit den gefährlicheren Einsätzen werden es immer mehr.(...)

Als er nach der Weihnachtspause im Januar 2005 wieder seinen Dienst zu Hause antritt, hält er den Stress nicht mehr aus. Viele seiner Kollegen sind im Einsatz, und er ist für 30 Leute allein zuständig. “Ich wollte einfach meine Ruhe.” Er schreit seine Leute an, weist sie zurecht wegen Nichtigkeiten. Er versucht, die Bilder mit Bier zum Verschwinden zu bringen, aber der Rausch macht alles noch schlimmer. Zu Hause weint er viel, ist depressiv und schickt seine Freundin weg, wenn sie ihm helfen will."(...)


es scheint hinsichtlich der medialen berichterstattung zum thema
kriegstraumata und bundeswehr regelrechte wellen u geben; und die jüngste wurde durch einen weiteren film zur thematik angestoßen, "willkommen zuhause, der am montagabend zur hauptsendezeit in der ard lief und die erlebnisse eines afghanistan-"veteranen" mit ptbs nachzeichnete. ja, dieses land nimmt real an kriegen teil, und deutsche soldaten befinden sich in kampfeinsätzen. und so ist es eine zwingende konsequenz, die die passive inkaufnahme dieser realität für diese gesellschaft eben auch eine konfrontation mit ähnlichen folgen bedeutet, wie sie bspw. die usa schon seit langem kennen. und die fragen, die sich in der hinsicht stellen, sind in einem kommentar bei der "taz" so gut auf den punkt gebracht, das ich mir viel arbeit sparen kann:

"Die Schlagzeile könnte auch lauten: Jetzt auch deutsche Soldaten kriegstraumatisiert!

Es ist schon seltsam,
1) dass Kriegstraumata hierzulande ein Tabuthema sind, wo doch vor nicht allzu langer Zeit fast die ganze Bevölkerung traumatisiert war - und manche Menschen es noch heute sind. (vermutlich gerade deswegen, anmerk. mo)

2) dass unser Verteidigungsminister auf die Verdreifachung der (offziell bekannten) Fälle von PTBS nur stotternd reagieren kann: "Im Vergleich zu anderen Ländern sieht es bei uns noch ganz vernünftig aus." Vernünftig? Die Wortwahl lässt seine Einstellung zu psychischen Erkrankungen gut erkennen.

3) dass es erst einen TV-Spielfilm geben muss, damit die Medien das Thema überhaupt aufgreifen.

4) dass damit aber der Blick noch nicht über den Tellerrand reicht: Natürlich ist es dramatisch, dass deutsche Soldaten diesen Belastungen ausgesetzt werden. Und sie müssen Hilfe von höchster Stelle bekommen.

Aber wieviele Millionen Menschen sind täglich der Todesangst ausgesetzt und leiden unter Traumata? Wie entwickeln sich Gesellschaften, in denen jeder einzelne traumatisiert ist? Welche Zukunftschancen haben Kinder, die nie Frieden kennen lernen?

Die deutschen Medien sollten das Verhältnis wahren und im Zusammenhang mit dem Thema Trauma auch anderen wichtigen Fragen nachgehen. Es ist doch wirklich eine gute Gelegenheit."


das einzige, was ich nicht so unterschreiben würde: warum müssen deutsche soldaten, warum muss überhaupt irgendwo irgendjemand solchen "belastungen" ausgesetzt werden? für welche und wessen interessen? ich sehe eigentlich nur einen krieg als überhaupt gerechtfertigt an; und das ist einer, der vom gegner bereits geführt wird, und zwar seit langer zeit, weltweit und mit allen mitteln - indirekt übrigens auch mit den "mitteln", die weiter oben im beitrag thema sind. und den betrachte ich als echten verteidigungskrieg.

*

eines der hauptsächlichen mittel, ziele und zwecke jenes eben erwähnten krieges, dessen fronten auch in mehr oder weniger großem maße in uns allen verlaufen, stellt dabei die verdinglichung alles lebendigen dar - und wo auf menschen keine rücksicht genommen wird, werden erst recht auch pflanzen und
tiere als objekte betrachtet, mit denen beliebig umgesprungen werden kann:

(...)"Es schläft sich herrlich auf Daunenkissen und unter der Daunendecke. Und eine Daunenjacke sorgt für mollige Wärme, wenn es kalt ist. Doch dieser Komfort hat einen Preis, über den die Branche nicht so gerne redet: Millionenfache Tierquälerei. 80 Prozent der auf dem Markt befindlichen Enten- und Gänsedaunen stammen nämlich nicht von toten Vögeln. Sie werden im Abstand von jeweils mehreren Wochen lebenden Tieren herausgerissen. Nicht nur in China, sondern trotz gesetzlichen Verbots auch innerhalb der EU. Beispielsweise in Ungarn und Polen. Auf Höfen, die für ihre Tierhaltung EU-Subventionen bekommen.(...)

"Ich zeige ihnen jetzt, wie man die Flügel zusammenhält, damit die Vögel nicht wegfliegen", erklärte die Chefin des mobilen Daunenpflückteams, das regelmäßig die Höfe der Gegend bereist. Sie hielt dasschreiende Tier hoch, dem sie die Beine zusammengebunden hatte, und zeigte dann, wie man die Daunen erst an den Seiten, dann am Bauch und an den Beinen, dann am Hals und zuletzt am Rücken abpflückt. Bei zahlreichen Vögeln reißt die Prozedur bis zu 10 cm lange und mehrere Zentimeter breite Wunden, die die ArbeiterInnen an Ort und Stelle mit Nadel und Faden zunähen - ohne Betäubung natürlich. 300 Vögel pflückt eine gute Arbeiterin am Tag."(...)


ich habe zu tierquälereien eine klare position, und erst recht dann, wenn sie noch dazu als angeblich "ökonomisch sinnvoll" hingestellt werden. trotzdem finde ich die öffentlichen reaktionen nicht nur positiv, sondern auch bedauerlich und bezeichnend:

(...)"Nach der Ausstrahlung der TV-Reportage brach ein regelrechter Proteststurm los, gefolgt von Boykottaufrufen von Tierschutzorganisationen aus ganz Skandinavien. Die Anbieter von Daunenware reagierten binnen weniger Stunden. Von Ikea bis hin zum Dänischen Bettenlager und Fjällräven versprachen die Unternehmen, Daunenprodukte mit Federn lebender Vögel vom Markt zu nehmen und in Zukunft nur noch solche zu verkaufen, die nachweislich von toten Tieren stammen."(...)

und zwar einfach in der hinsicht, dass bei offensichtlichen menschenquälereien sowohl proteste als auch reaktionen der täter selten so eine schnelligkeit und dimension erreichen wie in solchen fällen. und ich fürchte, dass das nicht nur daran liegt, dass tiere generell als unschuldig wahrgenommen werden, sondern sich auch ein großes stück mißtrauen und selbstabwertung von menschlicher seite aus dahinter verbirgt. und das zieht für mich zu oft die motivationen von tierschützerInnen ins zwielicht.

*

und das stichwort "mißtrauen" leitet über zum letzten thema, der schnüffelpraxis bei der deutschen bahn. es fehlt in der öffentlichen diskussion darum einfach ein aspekt, der
hier genauer umrissen wird:

"Die aktuelle Schnüffel-Affäre bei der Deutschen Bahn AG (DB) hat auch eine politische Dimension jenseits der Korruptionsbekämpfung. „Wurden auch wir ausgeschnüffelt?“, fragen Mitglieder der Gewerkschaft TRANSNET, die die privatisierungskritische Initiative Bahn von unten unterstützen.

So kamen engagierte Eisenbahner bei einem aktuellen Erfahrungsaustausch am Wochenende zu der Schlussfolgerung, dass in den letzten Jahren eine politisch motivierte Beschnüffelung und Überwachung von Telefonaten und dienstlicher E-Mail-Korrespondenz im Konzern Deutsche Bahn stattgefunden haben muss. Anhaltspunkte hierfür ergaben sich für die Betroffenen etwa aus Gesprächen mit Vorgesetzten und EDV-Spezialisten bei der Bahn. Gegner eines Börsengangs und der Expansionsstrategie des Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn wie auch Kritiker von Personalabbau- und Umstrukturierungsmaßnahmen würden im Konzern systematisch beargwöhnt und gälten für das Management als „unzuverlässig“. Entsprechende „dezente Hinweise“ erhielt nach eigenen Angaben auch der Betriebsratsvorsitzende und Bahn von unten-Mitbegründer Alfred Lange."(...)


ich würde mich keinesfalls wundern, wenn sich hier die eigentliche motivation seitens der konzernführung befinden würde - es würde jedenfalls sehr gut erklären, warum auch bahnpersonal gescannt wurde, welches nun mit korruptionsrelevanten bereichen überhaupt nichts zu tun haben kann. und das wäre dann aus meiner sicht der eigentliche hammer bei der ganzen geschichte, der dazu voll in das erbärmliche bild passen würde, welches wir tag für tag von diesem system ertragen müssen. ich bin sehr gespannt, ob und wie dieser verdacht ein öffentliches thema wird.
meiko (Gast) - 5. Feb, 22:51

wow

hey du bringst die ganzen Meldungen immer sehr gut auf den Punkt. Ich hoffe manchmal dass wir nicht am Anfang sondern am Ende der Krise stehen. Das die ganzen Entwicklungen jetzt, nur die Konsequenz jahrelanger Verdrängung sind.
Das Kollektiv, wie das Individuum, stehen möglicher weise an dem Punkt der Entwicklung an dem es eine Veränderung geben muss weil sonst die Existenz gefährdet ist. Ich glaube an dem Punkt stehen die Menschen schon seit eh und je nur jetzt gibt es auch Neurowissenschaftler und sogar Hauptschullehrer die es im wesentlichen gecheckt haben, dass destruktives Verhalten nicht angeboren, sondern an falschen Modellen (i.d.R. Eltern aber auch Politiker) erlernt wird.
Die Schwierigkeit zu sagen ob diese Kinder nun lebenslang determiniert dazu sind keine selbst- oder fremdverantwortung zu übernehmen lässt sich m.E, erachtens nur deshalb nicht beanworten weil die Umwelt eine sich permanent verändernde Variabel ist:
Ist sie günstig, also empathisch, mitfühlsam - dann kann kaputt gegangenes repariert werden, ist sie es nicht, wird es schwierig und nur die werden die "innere Zufriedenheit" finden, die sehr mutig sind und in der Lage sich den Informationen, ihren Erfahrungen ehrlich zu stellen, glaube ich,

monoma - 9. Feb, 12:14

@meiko

"Ich hoffe manchmal dass wir nicht am Anfang sondern am Ende der Krise stehen."

verständlich, wobei ich da eher skeptisch bin. ich sehe eher einen ganzen krisenzyklus, in den wir schon seit längerem eingetreten sind, und der sich jetzt so richtig entfaltet.

"Ist sie günstig, also empathisch, mitfühlsam - dann kann kaputt gegangenes repariert werden..."

in einem großen maße, ja - aber ich sehe auch grenzen, die damit zu tun haben, wie früh ein mensch destruktiven einflüssen ausgesetzt gewesen ist. gerade die pränatalen störungen sind teils fatal und nach heutigem stand auch endgültig.
meiko (Gast) - 9. Feb, 13:57

"die pränatalen störungen sind teils fatal und nach heutigem stand auch endgültig."
Die Frage die sich mir da stellt wie oft Ungeborene/- dann Babies- nur im Bauch destruktiven Einflüssen ausgesetzt sind. Es müssten dazu ja Fälle untersucht werden in denen eine schwangere Frau eine sehr stressige Schwangerkeitsphase hatte, die sich aber dann mit der Geburt a) durch eine psychische Veränderung der Mutter (z.B. eine aufdeckende Therapie) und b) durch eine Umwelt ohne stressauslösende Situationen (z.B. Beruf, Beziehung, Eltern) so ergeben dass differenziert werden kann welche Einflüsse pränatal und welche postnatal sind.
Erst dann ließe sich ja sagen wie weit von einer Endgültigkeit geredet werden kann.
Ach klar, dazu müssten Adoptionskinder zum Beispiel untersucht werden, wobei mir gerade eine Studie einfällt die belegte das Kinder aus Dritte-Welt-Ländern die ihre pränatalen/Baby Phase in schwierigen Verhältnisse verbrachten doch zu sozialen Persönlichkeiten heranreiften wenn sich ihre Umwelt krass veränderte, also Adoption in eine Familie mit fortschrittlicheren Erziehungsmethoden, also weniger körperliche und psychische Bestrafung.
Ich sehe auch evolutionstechnisch betrachtet keinen Sinn darin das Ungeborene bereits Verhaltens-Erlern-Voraussetzungen besitzen, da gibt es im Bauch ja nicht viel zu lernen, dass Gewalt Spuren hinterlässt davon bin ich natürlich überzeugt und doch ist es dann wieder an der Umwelt den Kind dabei zu helfen diese Wunden zu integrieren und zu behandeln und da solche Voraussetzungen fast nirgends gegeben sind, hoffe ich das sich der "heutige Stand" schon bald überholt hat und das Gehirn doch keine Scheibe ist.
monoma - 9. Feb, 14:32

"Die Frage die sich mir da stellt wie oft Ungeborene/- dann Babies- nur im Bauch destruktiven Einflüssen ausgesetzt sind. Es müssten dazu ja Fälle untersucht werden in denen eine schwangere Frau eine sehr stressige Schwangerkeitsphase hatte, die sich aber dann mit der Geburt a) durch eine psychische Veränderung der Mutter (z.B. eine aufdeckende Therapie) und b) durch eine Umwelt ohne stressauslösende Situationen (z.B. Beruf, Beziehung, Eltern) so ergeben dass differenziert werden kann welche Einflüsse pränatal und welche postnatal sind.
Erst dann ließe sich ja sagen wie weit von einer Endgültigkeit geredet werden kann."


die endgültigkeit sehe ich nach meinem wissen vom heutigen(!) forschungsstand v.a. deswegen, weil sich in der pränatalen phase einfach die gesamte basis für das spätere leben entwickelt, und einflüsse, die sich dabei auswirken, sozusagen "im fundament" eines menschen verankert werden und die spätere persönlichkeit nicht "nur" von "außen" - wie postnatale traumata - angreifen, sondern eher zu einem zustand führen, bei dem persönlichkeit und pränatal verankerte störung nicht mehr zu trennen, d.h. in letzter konsequenz gleich sind (die andere seite der medaille wäre das bereits pränatal verankerte grundsätzliche weltvertrauen, was dann später gleichfalls eine, wenn überhaupt nur durch absolut extreme erfahrungen ankratzbare basis der persönlichkeit darstellt). und da sehe ich dann, mal eine therapeutische perspektive eingenommen, tatsächlich grenzen, die mir sehr endgültig vorkommen.

btw: das ganze etwas detailierter und auch mit mehr indizien, die imo für die eben beschriebene sichtweise sprechen, gibt es hier.
meiko (Gast) - 9. Feb, 15:33

ja, aber otherwise werden auch gerade in den heutigen Neurowissenschaften Entdeckungen gemacht die darauf schließen lassen dass die Dynamik des Gehirns schon stark formbar ist.
Früher sah man hier: Nervenzellen sterben ab, und schlussfolgerte -> Mensch lernt weniger im Alter.
Daraus wurde dann sogar die Falle einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung attestiert ,als man die Daten mit einer chinesischen Kultur verglich in der von grösserem < Alter -> zunehmende Weisheit ausgegangen wurde und stellte sich wesentliche Unterschiede herraus.
Interessant wäre es dann natürlich zu wissen ob die Wissenschaftler die den Nervenzellentod hier sahen ,dabei nicht auch von einer kulturellen Denkweise wertlos, dumm, lästig ausgegangen sind, die ja eventuell schon vor vielen Jahrzehnten in dieser Region vorherrschte.
Heute sieht man hier: Nervenzellen bilden sich neu und es muss im wahrsten Sinne des Wortes umgedacht werden.
Ganz neue Sichtweisen die vor Allem erst kulturell zugelassen werden müssen!
Für mich wäre es definitiv zu früh Grenzen der Determiniertheit zu definieren, ich denke ein Spielraum ist immer vorhanden aber nur wenn ihm Platz gegeben wird.
Aber vielleicht will ich das auch einfach optimistischer sehen weil die Welt mir sonst zu unveränderbar erscheint
monoma - 9. Feb, 20:36

danke...

...für den hinweis auf die neuronalen regenerationsfähigkeiten; das wollte ich eigentlich bei meiner letzten antwort schon erwähnt haben. und klar ist das ein vielversprechendes wissen. ich fürchte aber, dass ich meine letzte aussage oben nicht ändern kann: es geht bei den mir vorschwebenden pränatalen (negativ-)prägungen eben nicht nur um die hirnentwicklung, auch wenn die was ganz zentrales ist, sondern v.a um die entwicklung des körperlich basierten selbst-bewußtseins (und das ist nicht das, was sonst unter dem wort inhaltlich läuft). welches eben nicht nur vom hirn abhängt, sondern bspw. auch von einer funktionierenden propriozeption, die primär eine art körperwahrnehmung ist (nicht nur im sinne von: der körper wird wahrgenommen, sondern eher wahrnehmung von seiten des körpers).

oder noch mal anders: wenn ein mensch bereits im mutterbauch während seiner prägendsten - was seine absolute materielle basis betrifft - phasen in eine art (im weitesten sinne) psychotischen zustand gerät (der durchaus nicht mit späteren postnatalen zuständen gleichen namens verwechselt werden sollte) - mit was für einem weltbild, mit was für einem weltgefühl kommt diese person dann zur welt? vor allem: er/sie kann nichts anderes kennen, es fehlt jeder vergleich, was die entwicklung schon von rein intellektuellen konzepten der bloßen möglichkeit eines qualitativ anderen daseinszustands fast unmöglich macht. da ich ja hier die these vertrete, dass in bestimmten fällen in solch einer situation dann die simulativen fähigkeiten in uns kompensatorisch einspringen und einen solchen menschen dann funktional "realitätstüchtig" machen (ohne jedes authentische verständnis für das, was eigentlich simuliert wird, da keine eigenen authentischen erfahrungen vorliegen - besonders im gesamten sozialen und beziehungsbereich fatal), gehe ich dann auch nicht von einem authentischen leidensdruck aus, was jegliche - eh fraglichen - versuche zur veränderung bei solchen menschen dann nochmals schwieriger werden lässt. aber das ist schon eine andere debatte.

ps. "unveränderbar": die gemeinten pränatalen prozesse dürften zwar eine im verhältnis doch recht große zahl an menschen betreffen; aber eine größere menge wird meiner meinung vorwiegend postnatal traumatisiert - und das ist bei den betroffenen direkt keinesfalls unveränderbar. und auch der umgang mit schwangeren frauen bzw. das verständnis von schwangerschaft generell ist nicht unveränderbar.

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