mayko (Gast) - 24. Feb, 11:04

"Ohne Kapitalismus gäbe es die gewaltigen Fortschritte zB in der Lebensmittelindustrie nicht", ok- wovon ist die Rede Qualität oder Quantität? Quantität klar, immer dicker, grösser, schöner, mehr. Qualität: igitt, was wir alles essen seid es Kapitalismus gibt, was für den Steakhunger nicht alles zerstört wird, überhaupt ist es vorllem die Umweltzerstörung die dir fast überall auf der Welt zeigt: Der Kapitalismus war schon da.

W-Day (Gast) - 24. Feb, 12:26

> Qualität oder Quantität?

Von beiden.

Bevor sich weitere "Antikapitalisten" ereiferen, kann man sich zB mit der Geschichte der Lebensmittelproduktion und den Lebensbedingungen der hauptsächlich unfreien Landbevölkerung oder der Fischer der letzten 500 Jahre beschäftigen.

Ich verleugne oder verharmlose mit der Anerkennung der positiven Aspekte des Kapitalismus weder Sklaverei noch Ausbeutung noch Raubbau noch diverse Methoden der allmählichen Vergiftung von Erde, Wasser und Lebewesen, etc.
Lemmy Caution (Gast) - 24. Feb, 13:27

Ökologische Zerstörung gibt es auch anderswo

... etwa damals in der DDR, oder in Venezuela, wo ein Liter Sprit 2 cent oder so kostet.
Übrigens geht man heute davon aus, dass die ersten polynesischen Einwanderer der Osterinseln die Insel massivst ökologisch geschädigt haben.
Die Maori haben auch Tierarten ausgerottet.
Es ist also eher eine Sache des Menschen als des Systems. Jedes System benötigt kulturelle Regeln, um Raubbau zu verhindern. Auch der Kapitalismus.

Im übrigen, lieber Monoma, hat der Kapitalismus auch vielen Japanern, Chinesen, Indern, Koreanern, Thailändern, Südamerikanern Wohlstand gebracht.
Das läßt sich heute nun wirklich nicht mehr auf Weiße beschränken. Ich arbeite beispielsweise wirklich oft auf Augenhöhe mit Indern, Pakistanis und Chinesen. Oder sie sind mir übergeordnet.

Die Frage nach dem Alternativsystem besitzt schon einen durchaus ernsten Hintergrund.
monoma - 25. Feb, 17:04

zum ersten argument mit den ökokatastrophen in entfernter vergangenheit: ja, gab es, waren aber regional beschränkt und vor allem primär aus unkenntnis erzeugt. vor dem hintergrund wird das eher ein weiteres argument gegen die heutigen zustände, weil sich niemand mehr mit unkenntnis rausreden kann.

zweitens dazu: der kapitalismus ist vielleicht der prägnanteste ausdruck einer art "zivilisation", deren fortschrittsbegriff neben ihrem reduktionistischen begriff vom menschlichen leben vor allem zu kritisieren ist. die reduzierung auf wachstum im sinne der angestrebten verwandlung von allem existierenden in zu konsumierende und profitgenerierende dinge als allein akzeptabler inhalt und sinn des menschlichen lebens ist mit fug und recht als symptom eines schweren wahnzustandes und tatsächlicher verstoß gegen naturgegebene grenzen zu sehen. und diese letzteren sind zumindest meine hauptpunkte.

nochmal anders: wer sich nur noch "wohlstand" als einziges lebensziel und -zweck vorzustellen vermag, hat ein ernstes und schweres problem. das gilt auch für die von dir zitierten, soweit sie sich diese prämisse zu eigen gemacht haben.

staatsmonopolistische und/oder sozialdemokratische änderungsversuche innerhalb des systems ändern an seinen verrückten prämissen nichts (wo ich auch die grenze bei marx sehe), weshalb sie dann auch mit den gleichen problemen wie anderswo zu tun bekommen - das noch zu deiner einleitung.

ein alternativsystem muss radikal sein, also am kern des übels ansetzen - und der liegt zu einem großen teil in uns. was damit gemeint ist, ist seit beginn dieses blogs immer wieder thema.
Lemmy Caution (Gast) - 25. Feb, 17:49

Ausser einem aggressiven Starkdeutsch hat deine Argumentation aus meiner Sicht nicht viel zu bieten.
nochmal anders: wer sich nur noch "wohlstand als einzigtes lebensziel und -zweck vorzustellen vermag, hat ein ernstes und schweres problem. das gilt auch für die von dir zitierten, soweit sie sich diese prämisse zu eigen gemacht haben.
Wer macht das denn? Ich persönlich stehe etwa vor der Entscheidung, meine Arbeitskraft mal in einem anderen Land anzubieten. Ich würde damit schon Verluste an Wohlstand in Kauf nehmen. Trotzdem halte ich Marktwirtschaft für eine gute Idee. Der "homus economicus" in den ökonomischen Theorien ist eine reine Modell-Annahme, um durch die Reduktion der zu komplexen Realität überhaupt zu Aussagen kommen zu können. Es ist nicht "der Mensch" in der Wirtschaftswissenschaft.
ein alternativsystem muss radikal sein, also am kern des übels ansetzen - und der liegt zu einem großen teil in uns. was damit gemeint ist, ist seit beginn dieses blogs immer wieder thema.
Ja. Starkdeutsch. Radikal. Warum nicht einfach die Ambivalent der Existenz aushalten und in einer imperfekten Welt leben? Wer entscheidet denn, wie dieser neue Mensch aussehen soll? Welche Anreiz- oder Bestrafsysteme sollen gelten, um diesen synchronen Wandel in unserem Verhalten zu bewirken?
monoma - 25. Feb, 18:37

"wer macht das denn?"

wo lebst du? noch nie die ausgesprochenen prämissen der offiziellen "politik", der kapitalisten sowieso, aber auch von gewerkschaften und eben großen teilen der bevölkerun(en) wahrgenommen? deren erklärte lebensperspektiven lassen sich in drei quasireligiösen worten zusammenfassen: "wachstum, arbeitsplätze, steigerung des bruttosozialprodukts"

und wenn du in diesem szenario einen gewissen freiraum haben solltest, so lässt sich das keinesfalls verallgemeinern - den haben die wenigsten.

zu den wirtschaftswissenschaften habe ich gerade neulich einen eigenen beitrag geschrieben, dazu sehe ich für den moment keine notwendigkeit, noch etwas anzumerken bis auf eine ausnahme: der neoliberalismus (mit der gallionsfigur von hayek) vertritt durchaus ein menschenbild, das strukturell dem HO wesensverwandt ist.

Warum nicht einfach die Ambivalent der Existenz aushalten und in einer imperfekten Welt leben?

so eine frage lässt sich bereits nur in den zonen der welt stellen, die ich als wohlstandsinseln bezeichne - frag doch mal in den afrikanischen hungergebieten, bei südamerikanischen minenarbeitern, in den ghettos vieler us-städte oder auch in asiatischen sweat-shops, wie sie da "die ambivalenz der existenz" aushalten. spätestens dann aber, wenn du sie mit der leider so "imperfekten welt" trösten willst, dürften es u.u. zeit für dich sein, die füße in die hand zu nehmen.

so ein gerede bezeichne ich als typisches mittäter (den status haben wir hier alle, es kommt aber drauf an, was jemand draus macht)-geschwätz, bei dem pseudophilosophische floskeln dazu dienen, sich darüber zu belügen, dass die erbärmlichen verhältnisse auf dieser welt allesamt gemacht sind und werden, und zwar unter weitgehender duldung und toleranz derjenigen, die sich einbilden, zu den gewinnern zu zählen.

Wer entscheidet denn, wie dieser neue Mensch aussehen soll?

eine wissenschaft vom menschen, die diesen namen auch verdient, und erstmal mit etlichen mythen aufräumen muss. danach dann so nah an der realität wie möglich modelle davon entwickelt, welche entwicklungsbedingungen - psychophysisch, sozioökonomisch, kulturell - menschen tatsächlich benötigen, um beziehungs- und empathiefähig zu werde, um auf dieser grundlage dann selbstbewußte individuen innerhalb frei gewählter kollektive werden zu können, die sich über ihre eigenen und andere grenzen sowohl in der menschlichen als auch nichtmenschlichen welt im klaren sind.

die benannten eigenschaften sind in diesem system nicht nur nicht erwünscht, sondern bei der karriere sogar hinderlich.

Welche Anreiz- oder Bestrafsysteme sollen gelten, um diesen synchronen Wandel in unserem Verhalten zu bewirken?

die "bestrafsysteme" schaffen wir beim gegenwärtigen treiben schon selbst, und zwar in form derjenigen menschlichen und natürlichen grenzen, auf die wir allerorten zurasen. ich setze da auf bestimmte formen evolutionärer intelligenz. ansonsten gilt das, was ich hinsichtlich des verlangens nach alternativen seitens der systemverteidiger schon weiter oben geschrieben habe.
monoma - 25. Feb, 19:29

ps:

was meine durchaus vorhandene aggressivität anbelangt, die angesichts von positionen wie deiner frei wird: noch nie auf den gedanken gekommen, dass sich so ein zeug wie "die ambivalenz der existenz" im kontext auch als ausdruck widerwärtigsten zynismus betrachten lässt? nur so als kleiner denkanstoß.
Lemmy Caution (Gast) - 25. Feb, 22:28

entspann dich

Fass das bitte nicht als Provokation auf. Ich versuche zu verstehen. Ich möchte keine Diskussion gewinnen. Bin auch kein Spitzel von irgendsoner CIA oder so.

Warum sind wir Mittäter? Ist das nicht eine irrsinnige quasi mittelalterliche Selbstflagelation. Und in welchen Gebieten der "Opfer" bist du gewesen?
Und was hilft es den Ausgebeuteten, wenn du hier über den "neuen Menschen" nachdenkst? Und gehen z.B. chinesische Wanderarbeiter nicht freiwillig in die "aus unserer Sicht" Ausbeutung? Jemand hat mal gesagt, dass in gewissen Gegenden nicht-Ausbeutung noch viel schlimmer ist.
eine wissenschaft vom menschen
Kann es so etwas überhaupt geben? Oder warum fängst du nicht mit dieser Wissenschaft an, anstatt hier den Ticker einer Krise zu machen, die ganz sicher nicht das System der Marktwirtschaft zerstört. Darum geht es überhaupt nicht.

Auf der Arbeit sind kooperative Fähigkeiten sehr wichtig. Wir leben nicht auf einem neoklassischen Markt vollständiger Konkurren.

Vielleicht ist die Ambivalenz der Existenz einfach eine demütige Haltung, in der Gewissheit, dass Dinge niemals hurtig geändert werden können.

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