notiz: krisennews und -gedanken (29)
bei somlu ist schon seit längerer zeit eine diskussion im gange, die sich mal grundsätzlicher mit den (linken) widerstandsoptionen bzw. den diesbezüglichen (un-)möglichkeiten beschäftigt. solche debatten laufen meiner meinung nach noch viel zuwenig, zumal ich geneigt bin, der folgenden feststellung beizupflichten:
(...)"Stattdessen treibt die Linke gegenwärtig auf ein Versagen historischen Ausmaßes zu. Sie überlässt nicht nur die Definition des Kommunismus, sondern auch die von Freiheit und Demokratie gänzlich denjenigen, die sich gerade anschicken, diese endgültig abzuschaffen und ihre jetzige Niederlage damit in einen endgültigen Sieg zu verwandeln, in dem sie den gescheiterten Laissez-faire-Kapitalismus in eine autoritären transformieren, in ein Kommando- und Kontrollregime, dessen einzige Grenze dann nur noch die des Wachstums sein wird. Darum geht es jetzt gar nicht um die Auswüchse des Kapitalismus, es geht um ihn selbst und um seine kommende Verfasstheit als globales und zerstörerisches Herrschaftsprinzip um seiner selbst Willen, ohne irgendeine systemimmanente Rückbindung an natürliche oder kulturelle Überlebensbedingungen der Gattung. Und so wird er Herr der Welt sein, weil er diese zerstören kann."(...)
die benannte grenze des wachstums ist dann auch diejenige, die bereits in verschiedenen dimensionen (u.a. peak oil) in sicht ist und - wie den stammleserInnen hier bekannt sein wird - meiner meinung nach nicht nur bereits zur laufenden krise beigetragen hat, sondern auch jegliche luftschlösser mit dem inhalt "weiter so" schnell, hart und schmerzhaft mit der realität konfrontieren wird. ich habe manchmal den verdacht, dass es sich große teile der linken innerhalb ihrer resignativen haltung und damit auch innerhalb des systems so gemütlich wie möglich gemacht haben und jetzt verstört damit umgehen müssen, dass der ganze laden viel schneller und unerwarteter kollabieren wird als gedacht. damit stehen dann teils mehrfach umgemodelte lebensentwürfe wieder einmal zur disposition, aber diesmal in einer so grundsätzlichen art & weise, dass mögliche selbstbetrügereien keinerlei chance mehr haben werden. aus den bekannten fakten die sich aufzwingende schlußfolgerung zu ziehen, dass die globalen verhältnisse für alle, die das sehen wollen, offen mörderisch sind, ist nun mal untrennbar mit persönlichen konsequenzen verbunden, wenn diese wahrnehmung ernst genommen wird. für den anfang für diesen schritt vielleicht am nötigsten sind antworten auf fragen wie solche, wer von den sich als links bezeichnenden hier eigentlich für sich persönlich was zu verlieren glaubt, wenn eine grundsätzliche umwälzung - im schlechtesten fall aus dem reinen druck der verhältnisse heraus - ansteht. ich glaube - bzw. weiß für mich - dass die möglichen antworten bei einer nüchternen und realistischen betrachtung nicht nur viel kürzer sein werden als gedacht, sondern auch deutlich machen werden, dass dabei eine ordentliche portion selbstsedierung eine rolle spielt.
letztere ist z.zt. ebenfalls bei den sog. "eliten" zu verzeichnen, die in alter manier nicht nur jegliche gesellschaftsbezogene lehren aus ereignissen wie dem jüngsten schulmassaker verweigern, sondern bezgl. der ökonomischen krise auch weiterhin sinnbildlich berge von tranquilizern einwerfen und verteilen, um ihr sinnloses tun - erhaltung des status quo - bis zum nächsten tag zu bringen. anders sind die entsprechenden meldungen gerade der letzten tage nicht zu verstehen. aber, um einen schon vielfach variierten spruch nochmals abzuwandeln: die "elite" denkt - die krise lenkt. und für den anfang werden alle, die auch nur leichte bauchschmerzen angesichts der globalen entwicklung haben, nicht fehlgehen, wenn sie sich am 28. märz in berlin und frankfurt/m. zusammen mit zehn-, besser hunderttausenden anderen treffen, um endlich einen anfang auf den strassen zu machen - und ein überfälliges zeichen setzen.
*
zu den fast schon gewohnten nachrichten der letzten monate gehören diejenigen über anstehende und gerade noch so verhinderte staatsbankrotte, vorzugsweise (aber nicht nur) in osteuropa. bei zwei schon seit längerem genannten kandidaten hat sich die lage jetzt zugespitzt: einmal hat rumänien kürzlich besuch vom iwf bekommen...
(...)"Arbeitsminister Marian Sarbu mußte bereits im Vorfeld seines Treffens mit der IWF-Delegation einräumen, daß die Kreditvergabe mit »Änderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik« einhergehen könne. Es hoffe allerdings, daß der Fonds eine Angleichung der Löhne und Renten an die Inflationsrate nicht verweigern werde. Die Rumänen haben bereits Ende der 90er Jahre ihre Erfahrungen mit dem IWF gemacht, als dieser dem Land mittels rabiater Strukturanpassungsprogramme eine Roßkur verpaßte, die das europaweit niedrigste Lohnniveau und eine der höchsten Armutsraten zur Folge hatte.
Bis zum 25. März wollen IWF-Inquisitoren mit Regierungsvertretern Gespräche führen, bis sie ihr abschließendes Urteil fällen und den genauen Kreditbedarf Rumäniens benennen. Derzeit wird dieser auf circa 19 Milliarden Euro geschätzt. Das Geld sollen neben dem IWF die Weltbank und die Europäische Union zur Verfügung stellen. Bereits jetzt ist klar, daß Brüssel und der Währungsfonds auf eine strikte Haushaltsdisziplin der rumänischen Regierung bestehen werden."(...)
...dessen sog. maßnahmen bzw. zwangsdiktate in sachen sparen schon eine art globale kollektive erfahrung derart darstellen, dass grundsätzlich immer dort "gespart" wird, wo eigentlich nichts mehr zu holen ist. was letztlich nichts anderes deutlich macht als eine kernfunktion des iwf als globale umverteilungsinstanz von unten nach oben. gleiches blüht in kürze auch lettland:
(...)"Doch nicht nur die Landwirte klagen. Bei einem Gang durch die Rigaer Innenstadt wird schnell klar, wie angespannt die Lage ist. Viele Geschäfte und Kneipen haben aufgegeben oder werben mit Preisnachlass von bis zu 80 Prozent wegen Räumungsverkauf. "Die Party ist vorbei", hatte Lettlands Zentralbankchef Ilmars Rimsevics kürzlich in einem Interview mit der FAZ verkündet. Dass das Land noch keinen Bankrott anmelden musste, lag allein am Kredit vom Internationalen Währungsfond und einiger EU-Mitglieder, doch die Gefahr sei noch akut, so der seit vergangenem Donnerstag amtierende Ministerpräsident Valdis Dombrovskis:
"Wenn wir keine weiteren Geldmittel über internationale Kredite erhalten, dann ist in der zweiten Hälfte im Juni das Geld in der Staatskasse alle. Dann kann der Staat keine Gehälter und keine Renten mehr bezahlen, auch nicht die Rechnungen des öffentlichen Bereichs oder nur noch in dem Ausmaß, wie Geld hereinkommt. Das ist dann ein Staatsbankrott."
7,5 Milliarden Euro stehen an internationalen Krediten zur Verfügung, gut eine Milliarde hat Lettland bisher tatsächlich erhalten. Dass weitere Mittel fließen, hängt unter anderem davon ab, wie erfolgreich die neue Regierung mit ihren Sparbemühungen ist. Gekürzt werden soll vor allem im öffentlichen Dienst, durch Stellenstreichungen und 20 Prozent weniger Gehalt. Wegen ähnlicher Vorschläge hatte es Anfang des Jahres gewaltsame Proteste in Riga gegeben."(...)
nicht nur in lettland wird es keinesfalls beim öffentlichen dienst bleiben - überall, wo die iwf-delegationen auftauchen, hinterlassen sie mächtige haufen an sozialem brennstoff. in den meisten fällen ist lediglich noch die frage, wann und wie groß diese feuer im laufe dieses jahres auflodern werden.
*
"griechenland" ist in dieser hinsicht fast schon von der bezeichnung eines landes zum menetekel mutiert - seit der sozialrevolte des dezembers ist in einem von außen nicht leicht nachvollziehbarem maße eine wellenartige verschärfung der militanten konfrontationen zu beobachten:
(...)"Eine Gruppe von 100 vermummten, lief an diesem Mittag durch das Athener Stadtviertel Kolonaki. Die maskierten waren mit Stöcken und Hammern sowie Brecheisen bewaffnet und zerschlugen eine grosse Anzahl von Luxus Autos und luxuriöse, sowie Pelz und Lederwaren Geschäfte. Die ganze Aktion dauerte keine zehn Minuten und Die Polizei konnte nicht im geringsten agieren. Die Maskierten hinterliessen Flugblätter, auf denen sie die Frei lassung eines im Gefängnis sitzenden Anarchisten fordern. Da sich die Anwohner von Kolonaki unsicher fühlen, soll über eine Art permanenten Riot Polizei Schutz diskutiert werden.
Die Schere zwischen Arm und Reich klafft in Griechenland extrem auseinander und die Menschen befinden sich in einer wrklichen Existenzkrise. Die Wut auf die Regierung wächst, mitlerweile finden Fast täglich Demonstrationen und Aktionen dieser Art statt."
die - wie in vergangenen news schon thematisiert - bis hin zu guerillaaktionen geht:
(...)"Die Gruppe plane Anschläge, um Griechenland „zu feindlichem Territorium für die kriminellen Agenten des internationalen Kapitals, wie die Citibank, zu machen“, heißt es in einem achtseitigen Bekennerschreiben, das die satirische Athener Wochenzeitung „Pontiki“ zugespielt bekam und am Donnerstag veröffentlichte.
Polizeiexperten halten das Schreiben für echt. Die Gruppe „Revolutionärer Kampf“ hatte vergangene Woche einen Sprengstoffanschlag auf eine Citibank-Filiale im Athener Vorort Filothei verübt. Dabei entstand schwerer Sachschaden. Verletzte gab es nicht. Vergangenen Monat konnte die Athener Polizei eine Autobombe der Organisation vor einem Citibank-Verwaltungsgebäude im Vorort Kifissia entschärfen. Die aus 60 Kilo Sprengstoff bestehende Bombe hätte nach Einschätzung von Fachleuten verheerende Zerstörungen angerichtet, ging aber wegen eines technischen Fehlers nicht hoch."(...)
auch zu solchen aktionen hatte ich mich schon geäussert, und ich sehe keinen anlass, von meinen damaligen einschätzungen abzugehen. die wirklich interessanten prozesse dürften weiterhin innerhalb der in rebellion befindlichen bevölkerungsteile ablaufen, und die ergebnisse davon werden erst mittel- bis langfristig sichtbar werden. spannend wäre es aber, einmal die tatsächliche resonanz auf derartige anschläge gerade gegen banken ungefiltert mitzubekommen.
*
in frankreich findet am donnerstag der zweite landesweite generalstreik statt, und was sich davor im land so tut, dürfte den dortigen "sicherheits"apparat schon ordentlich ins schwitzen bringen - so ins schwitzen, wie einen manager von "sony":
(...)"Wütende Arbeiter des Elektronikkonzerns Sony haben in Südfrankreich mit harten Bandagen um höhere Abfindungen gekämpft. Sie nahmen kurzerhand Sony-France-Chef Serge Foucher gefangen und hielten ihn die Nacht zum Freitag in dem Magnetbandwerk in Pontonx-sur-l'Adour fest. Die Aktion zeigte Wirkung: Sony setzte sich wieder an den Verhandlungstisch.
Foucher war am Donnerstagabend nach Pontonx gekommen, um die Beschäftigten des seit 1984 bestehenden Werkes vor der Schließung im April ein letztes Mal zu treffen. Gegen seinen Willen wurden er und sein Personalchef darauf am Verlassen der Fabrik gehindert. Die Arbeiter verbarrikadierten die Eingänge mit Baumstämmen. Erst nachdem Foucher neue Verhandlungen zugesagt hatte, entließen sie ihn am Vormittag aus ihrer Gewalt.(...)
Wir verlangen nicht die Welt, nur dass wir auf dieselbe Weise abgefunden werden wie andere Beschäftigte von Sony France, die gekündigt worden sind", sagte der Vertreter der Gewerkschaft CGT, Patrick Hachaguer."(...)
die öffentlich-mediale berichterstattung war nicht nur reichlich sparsam, sondern auch betont zurückhaltend in der wertung (ab und zu tauchte das wort geiselnahme auf, jedoch ohne die üblichen empörungsgesänge - das dürfte einen typ von aktionen darstellen, den die "eliten" in der derzeitigen situation nachvollziehbar selbst durch entsprechende empörte propaganda nicht bekannter machen wollen. was aber zumindest für frankreich nicht klappen dürfte.
*
zum schwitzen dürfte die sicherheitsstrategen in frankreich ebenfalls die mögliche verbindung der allgemeinen bereitschaft zur rebellion mit der militanz in den banlieus bringen, die aktuell deutlich stadtguerillaartige ausmaße annimmt:
(...)"Bei Krawallen in der Nacht auf Sonntag wurden in Les Mureaux im Departement Yvelines 21 Polizisten leicht verletzt und acht Personen festgenommen. In Montegron feuerten Unbekannte Gewehrschüsse auf ein Polizeikommissariat ab. In dem Kommissariat saß ein Verdächtiger in Beugehaft.
In Les Mureaux waren Polizisten in einen Hinterhalt geraten. Die Beamten waren wegen eines brennenden Autos im Stadtviertel Les Musiciens angerückt. Plötzlich wurden sie von hunderten Jugendlichen mit Steinwürfen und Gewehrschüssen attackiert. Die Ausschreitungen dehnten sich im Laufe der Nacht auf benachbarte Wohnviertel aus."(...)
die wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sich bei den scharfen schüssen tatsächlich um aktionen in zusammenhang mit einem anfang märz von der polizei erschossenen jugendlichen handelt. solche aktionen reichen schon in "normalen" zeiten aus, um den brisanten mix aus prekariat und auch islamistischen strömungen in den banlieus zu aktivieren - wenn dazu noch eine ökonomische krise des derzeitigen kalibers dazukommt, in der jede aussicht auf teilhabe am sog. "wohlstand" endgültig den bach runtergeht, ist die tatsache der an verschiedenen orten gefallenen schüsse gegen die sog. staatsmacht ebenfalls nur als beunruhigendes menetekel zu verstehen.
*
aber auch die kolonien machen weiter von sich reden - nachdem auf guadeloupe vorläufig ruhe eingekehrt ist, folgte jetzt die nachbarinsel martinique:
" Ein von gewaltsamen Ausschreitungen begleiteter Streik auf der französischen Karibikinsel Martinique ist nach 38 Tagen beendet worden. Streikführer, Arbeitgeber und Behörden einigten sich auf einen Krisenplan. Er sieht u. a. Lohnerhöhungen und bessere Sozialleistungen vor. Die Arbeitnehmer behielten sich vor, die Streiks fortzusetzen, sollten die Abmachungen nicht eingehalten werden."(...)
ich hatte ja schon vom positiven beispiel geschrieben, welches die vereinbarungen von guadeloupe nicht nur den anderen "überseegebieten", sondern auch möglicherweise dem französischen kernland gegeben haben - und die methode wird wie beim domino fortgeführt, aktuell auf la reunion im indischen ozean:
(...)"Nach dem Ende des Generalstreiks in Guadeloupe haben die Proteste gegen hohe Lebenshaltungskosten und niedrige Löhne auf das französische Überseegebiet La Reunion übergegriffen. Am Dienstag demonstrierten tausende Menschen auf der Insel im Indischen Ozean. Nach einer Kundgebung in der Hauptstadt Saint-Denis bewarfen Jugendliche die Präfektur mit Steinen, wie ein AFP-Journalist berichtete.
Die Polizei setzte Tränengas ein, worauf sich die Jugendlichen in umliegende Straßen flüchteten und auch auf Autos und Wohnungen Steine und Flaschen schleuderten. Die Behörden hatten am Montag versucht, den Konflikt durch eine Senkung der Benzin- und Gaspreise zu entschärfen. Der Unternehmerverband Medef sagte gleichzeitig Lohnerhöhungen von 50 Euro für Geringverdiener zu. Die Führung der Protestbewegung bezeichnete das aber als unzureichend."(...)
ich prophezeie mal ein ähnliches ende wie in der karibik - die französische regierung steht durchaus mit dem rücken zur wand, weil sie sich unmöglich monatelange brandherde leisten kann. und bisher ging es "nur" um die peripherie - in frankreich selbst hat die eigentliche kraftprobe noch nicht mal begonnen.
*
und auch im nachbarland spanien beginnen sich langsam die strassen zu füllen - waren bisher lediglich im letzten herbst vereinzelte (militante) proteste in der autoindustrie und werftenbranche zu vermelden (ebenfalls sollte der anarchosyndikalistisch inspirierte generalstreik von lebrija nicht vergessen werden), gab es jetzt erstmals größere gewerkschaftsdemonstrationen:
(...)"Die Wirtschaftspolitik der spanischen Regierung sei mit Schuld an der Misere in Spanien und so riefen am Samstag die beiden großen Gewerkschaften Comisiones Obreras (CCOO) und Unión General de Trabajadores (UGT) zu Demonstrationen auf. In Barcelona folgten Tausende diesem Aufruf. Die Gewerkschaften sprechen von über 50.000 Menschen, die Polizei will allerdings nur 12.000 gesehen haben. 125 Organisationen hatten die beiden großen Gewerkschaften bei der Massendemonstration unterstützt."(...)
die forderungen bewegen sich aber nach meinem eindruck noch unter bspw. dem irischen niveau. die verzögerte krisenwahrnehmung ist jedenfalls kein rein deutsches phänomen, wobei sie in spanien schon länger eigentlich wesentlich spür- und auch sichtbarer ist, was besonders die berüchtigte immobilienblase betrifft. eine weitere demonstration in madrid gegen bestimmte krisenfolgen ist bemerkenswert:
(...)"Auch in Madrid fand eine Demonstration statt, hier war es die Polizei selbst, die höhere Gehälter forderte. Nicht die erste dieser Art, bereits im Oktober waren die spanischen Polizeibeamten auf die Straße gegangen, um für höhere Löhne zu demonstrieren."
die bewaffneten repressionspparate der staaten stellen für die "eliten" global ein so wichtiges standbein ihrer macht dar, dass dort i.d.r. als letztes gekürzt wird; jedenfalls in den bereichen, die nicht unmittelbar der sicherheit der breiten bevölkerung dienen, sondern der sicherheit vor dieser bevölkerung. in zeiten des realen risikos für nicht nur einen staatsbankrott kann die frage, wie diese hochgerüsteten apparate denn bezahlt werden sollen, irgendwann ziemliches gewicht für alle beteiligten bekommen.
*
die krisenfolgen in südamerika waren hier bisher ziemlich unterbelichtet, was sich zukünftig aber ändern soll - und zum beginn dokumentiere ich fast schon typischerweise (weil sich hier global überall die ersten massiven krisenerscheinungen der sog. "realwirtschaft" manifestiert haben und manifestieren) einen aufruf aus brasilien für einen internationalen aktionstag der arbeiterInnen in der autoindustrie - auszüge der deutschsprachigen übersetzung:
"Wir beobachten zurzeit die weltweite Verschärfung der internationalen Wirtschaftskrise und der Politik der Unternehmer und ihrer Regierungen. Abermilliarden von Dollar bzw. Euro an öffent-lichen Geldern werden den Konzernen überreicht, während man mit uns Arbeiter/Innen nur über Entlassungen und die Notwendigkeit redet, auf unsere Arbeitsrechte zu verzichten und die Senkung unserer Gehälter in Kauf zu nehmen.
Das ist unakzeptabel!!! Wir waren nicht die Auslöser dieser Krise. Wer für die Krise bezahlen muss, sind diejenigen, die jahrelang Gewinne und Dividenden unter sich aufteilten, indem sie die jetzige Krise durch ihr unverantwortliches und betrügerisches Management verursachten.
Im Gegenteil, wir, die Arbeiter/Innen, produzieren unter Bedingungen extremer Ausbeutung und werden durch die Arbeit krank. Gleichzeitig werden unsere Löhne und Arbeitsrechte in Frage gestellt, Betriebe werden geschlossen bzw. verlagert. Und dies alles im Namen der Kos-tensenkung und der angeblichen Sicherung der Arbeitsplätze.
Wir dürfen jetzt nicht erlauben, dass diejenigen, die sich in den letzten Jahren unglaublich be-reichert und diese Krise verursacht haben, sich Milliarden öffentlicher Gelder in die Taschen stecken, während sie gleichzeitig ihre Pläne bekannt geben, in denen wir gezwungen werden sollen, Lohnsenkungen und den Abbau von Errungenschaften zu akzeptieren, die Millio-nen unserer Familien ins Elend stürzen werden.
Die Regierungen und die Konzerne versuchen außerdem, uns gegeneinander auszuspielen.(...)
Die Automobilindustrie kündigt weltweite Umbaumaßnahmen an. In verschiedenen Ländern finden bereits Mobilisierungen, Streiks und Demonstrationen statt. Auf den Globalangriff der Unternehmer müssen wir auch eine gemeinsame globale Antwort erarbeiten.
Es ist nötig, dass wir Initiativen, wie die in den letzten Tagen von den Arbeiter/Innen der GM EUROPA unternommenen Aktionen, zusammenführen und verbreitern. Sie haben einen Tag der Produktionsstilllegung und Demonstrationen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze durchgeführt. Wir in Brasilien bereiten einen Streiktag und Demonstrationen für den 1. April vor.
Wir, MetallarbeiterInnen von São José dos Campos, Arbeiter/Innen von GM BRASILIEN, rufen alle Arbeiter/Innen in der Automobilindustrie auf, einen internationalen Streiktag für den Erhaltung unserer Arbeitsplätze, Löhne und Rechte zu organisieren. Die Reichen müssen für diese Krise bezahlen.(...)
Deswegen rufen wir, Arbeiter/Innen der GM Brasilien, die Metallarbeitergewerkschaft von São José dos Campos, die CONLUTAS (Ko-ordinierung der Kämpfe, Brasilien), alle Arbeiter/Innen, Gewerkschaften, Betriebsräte, Aktivis-ten auf, ein internationales Treffen zu veranstalten, auf dem wir gemeinsame Aktionspläne be-raten, um der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise zu begegnen und unsere Arbeitsplätze, Arbeitsrechte und Arbeitsgehälter verteidigen, ohne zu Geiseln der Erpressungen derer zu werden, die uns immer schon ausgebeutet haben.
Arbeiter/Innen der GM von São José dos Campos - São Paulo
Metallarbeitergewerkschaft von São José dos Campos - São Paulo
CONLUTAS - Koordinierung der Kämpfe von Brasilien
ELAC – Encontro Latino Americano e Caribenho de Trabalhadores"
die beispielhafte internationalistische ausrichtung ist das eine, das andere aber hatte ich schon infrüheren news grundsätzlich zur situation der autoindustrie kommentiert - aus vielen gründen in ihrer aktuellen form ein historisches auslaufmodell, und es sind nicht zuletzt die dort beschäftigten, die im weiteren verlauf der krise in naher zukunft damit beginnen müssen, sich dieser realität zu stellen. eine internationale zusammenarbeit kann bei diesem prozeß aber nur hilfreich sein.
*
in aller kürze - das krisentelegramm + die wirtschaftsquerschüsse zu den gigantischen us-schulden - ich frage mich immer mehr, wie da drüben irgendjemand noch ernsthaft glauben kann, im systemimmanenten rahmen aus dieser situation zu entkommen + mehr zu den globalen krisenfolgen - in den letzten news schon thema, macht der artikel nochmals die dimensionen etwas deutlicher + letzteres schafft ebenfalls robert kurz mit einem ausblick auf die mögliche erwerbslosigkeit in der brd: "Jetzt droht eine bislang unvorstellbare Krisendimension. Noch ist sie ein Medienereignis, aber der neue Einbruch auf dem Arbeitsmarkt hat schon begonnen. Ein Höchststand von 8 Millionen offiziell registrierten Arbeitslosen in den kommenden Jahren ist für die BRD nicht mehr völlig ausgeschlossen. Niemand hat dieses Horrorszenario bisher durchrechnen wollen, aber die Folgen sind absehbar." und absolut haarsträubend + speziell mit der herausgehobenen rolle der "commerzbank" beim schulterschluß zwischen wirtschaft und bundeswehr beschäftigt sich ein ganzes blog zum sog. "celler trialog". und das ist auch der heutige lesetipp, weil dort vor dem hintergrund der krise strukturen sichtbar werden, die noch viel zu wenig thema sind +
(...)"Stattdessen treibt die Linke gegenwärtig auf ein Versagen historischen Ausmaßes zu. Sie überlässt nicht nur die Definition des Kommunismus, sondern auch die von Freiheit und Demokratie gänzlich denjenigen, die sich gerade anschicken, diese endgültig abzuschaffen und ihre jetzige Niederlage damit in einen endgültigen Sieg zu verwandeln, in dem sie den gescheiterten Laissez-faire-Kapitalismus in eine autoritären transformieren, in ein Kommando- und Kontrollregime, dessen einzige Grenze dann nur noch die des Wachstums sein wird. Darum geht es jetzt gar nicht um die Auswüchse des Kapitalismus, es geht um ihn selbst und um seine kommende Verfasstheit als globales und zerstörerisches Herrschaftsprinzip um seiner selbst Willen, ohne irgendeine systemimmanente Rückbindung an natürliche oder kulturelle Überlebensbedingungen der Gattung. Und so wird er Herr der Welt sein, weil er diese zerstören kann."(...)
die benannte grenze des wachstums ist dann auch diejenige, die bereits in verschiedenen dimensionen (u.a. peak oil) in sicht ist und - wie den stammleserInnen hier bekannt sein wird - meiner meinung nach nicht nur bereits zur laufenden krise beigetragen hat, sondern auch jegliche luftschlösser mit dem inhalt "weiter so" schnell, hart und schmerzhaft mit der realität konfrontieren wird. ich habe manchmal den verdacht, dass es sich große teile der linken innerhalb ihrer resignativen haltung und damit auch innerhalb des systems so gemütlich wie möglich gemacht haben und jetzt verstört damit umgehen müssen, dass der ganze laden viel schneller und unerwarteter kollabieren wird als gedacht. damit stehen dann teils mehrfach umgemodelte lebensentwürfe wieder einmal zur disposition, aber diesmal in einer so grundsätzlichen art & weise, dass mögliche selbstbetrügereien keinerlei chance mehr haben werden. aus den bekannten fakten die sich aufzwingende schlußfolgerung zu ziehen, dass die globalen verhältnisse für alle, die das sehen wollen, offen mörderisch sind, ist nun mal untrennbar mit persönlichen konsequenzen verbunden, wenn diese wahrnehmung ernst genommen wird. für den anfang für diesen schritt vielleicht am nötigsten sind antworten auf fragen wie solche, wer von den sich als links bezeichnenden hier eigentlich für sich persönlich was zu verlieren glaubt, wenn eine grundsätzliche umwälzung - im schlechtesten fall aus dem reinen druck der verhältnisse heraus - ansteht. ich glaube - bzw. weiß für mich - dass die möglichen antworten bei einer nüchternen und realistischen betrachtung nicht nur viel kürzer sein werden als gedacht, sondern auch deutlich machen werden, dass dabei eine ordentliche portion selbstsedierung eine rolle spielt.
letztere ist z.zt. ebenfalls bei den sog. "eliten" zu verzeichnen, die in alter manier nicht nur jegliche gesellschaftsbezogene lehren aus ereignissen wie dem jüngsten schulmassaker verweigern, sondern bezgl. der ökonomischen krise auch weiterhin sinnbildlich berge von tranquilizern einwerfen und verteilen, um ihr sinnloses tun - erhaltung des status quo - bis zum nächsten tag zu bringen. anders sind die entsprechenden meldungen gerade der letzten tage nicht zu verstehen. aber, um einen schon vielfach variierten spruch nochmals abzuwandeln: die "elite" denkt - die krise lenkt. und für den anfang werden alle, die auch nur leichte bauchschmerzen angesichts der globalen entwicklung haben, nicht fehlgehen, wenn sie sich am 28. märz in berlin und frankfurt/m. zusammen mit zehn-, besser hunderttausenden anderen treffen, um endlich einen anfang auf den strassen zu machen - und ein überfälliges zeichen setzen.
*
- osteuropa: rumänien und lettland vor dem staatsbankrott
- griechenland: auf den straßen wird es wieder unruhig / neue anschläge
- frankreich I: arbeiter setzen aus protest gegen entlassungen zeitweise manager fest
- frankreich II: guerillaartige auseinandersetzungen in den banlieus von paris - es wird scharf geschossen
- frankreich III: generalstreik auf martinique ebenfalls erfolgreich beendet - streikunruhen im indischen ozean
- spanien: neue massenproteste (auch polizisten demonstrieren)
- brasilien: arbeiter in der autoindustrie rufen zu einem globalen aktionstag auf
- in aller kürze: gigantische verschuldung der usa / möglicherweise milliarden menschen global von neuer armut betroffen / robert kurz zur kommenden arbeitslosigkeit in der brd / einige interessante zusammenhänge zwischen deutscher wirtschaft & bundeswehr
zu den fast schon gewohnten nachrichten der letzten monate gehören diejenigen über anstehende und gerade noch so verhinderte staatsbankrotte, vorzugsweise (aber nicht nur) in osteuropa. bei zwei schon seit längerem genannten kandidaten hat sich die lage jetzt zugespitzt: einmal hat rumänien kürzlich besuch vom iwf bekommen...
(...)"Arbeitsminister Marian Sarbu mußte bereits im Vorfeld seines Treffens mit der IWF-Delegation einräumen, daß die Kreditvergabe mit »Änderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik« einhergehen könne. Es hoffe allerdings, daß der Fonds eine Angleichung der Löhne und Renten an die Inflationsrate nicht verweigern werde. Die Rumänen haben bereits Ende der 90er Jahre ihre Erfahrungen mit dem IWF gemacht, als dieser dem Land mittels rabiater Strukturanpassungsprogramme eine Roßkur verpaßte, die das europaweit niedrigste Lohnniveau und eine der höchsten Armutsraten zur Folge hatte.
Bis zum 25. März wollen IWF-Inquisitoren mit Regierungsvertretern Gespräche führen, bis sie ihr abschließendes Urteil fällen und den genauen Kreditbedarf Rumäniens benennen. Derzeit wird dieser auf circa 19 Milliarden Euro geschätzt. Das Geld sollen neben dem IWF die Weltbank und die Europäische Union zur Verfügung stellen. Bereits jetzt ist klar, daß Brüssel und der Währungsfonds auf eine strikte Haushaltsdisziplin der rumänischen Regierung bestehen werden."(...)
...dessen sog. maßnahmen bzw. zwangsdiktate in sachen sparen schon eine art globale kollektive erfahrung derart darstellen, dass grundsätzlich immer dort "gespart" wird, wo eigentlich nichts mehr zu holen ist. was letztlich nichts anderes deutlich macht als eine kernfunktion des iwf als globale umverteilungsinstanz von unten nach oben. gleiches blüht in kürze auch lettland:
(...)"Doch nicht nur die Landwirte klagen. Bei einem Gang durch die Rigaer Innenstadt wird schnell klar, wie angespannt die Lage ist. Viele Geschäfte und Kneipen haben aufgegeben oder werben mit Preisnachlass von bis zu 80 Prozent wegen Räumungsverkauf. "Die Party ist vorbei", hatte Lettlands Zentralbankchef Ilmars Rimsevics kürzlich in einem Interview mit der FAZ verkündet. Dass das Land noch keinen Bankrott anmelden musste, lag allein am Kredit vom Internationalen Währungsfond und einiger EU-Mitglieder, doch die Gefahr sei noch akut, so der seit vergangenem Donnerstag amtierende Ministerpräsident Valdis Dombrovskis:
"Wenn wir keine weiteren Geldmittel über internationale Kredite erhalten, dann ist in der zweiten Hälfte im Juni das Geld in der Staatskasse alle. Dann kann der Staat keine Gehälter und keine Renten mehr bezahlen, auch nicht die Rechnungen des öffentlichen Bereichs oder nur noch in dem Ausmaß, wie Geld hereinkommt. Das ist dann ein Staatsbankrott."
7,5 Milliarden Euro stehen an internationalen Krediten zur Verfügung, gut eine Milliarde hat Lettland bisher tatsächlich erhalten. Dass weitere Mittel fließen, hängt unter anderem davon ab, wie erfolgreich die neue Regierung mit ihren Sparbemühungen ist. Gekürzt werden soll vor allem im öffentlichen Dienst, durch Stellenstreichungen und 20 Prozent weniger Gehalt. Wegen ähnlicher Vorschläge hatte es Anfang des Jahres gewaltsame Proteste in Riga gegeben."(...)
nicht nur in lettland wird es keinesfalls beim öffentlichen dienst bleiben - überall, wo die iwf-delegationen auftauchen, hinterlassen sie mächtige haufen an sozialem brennstoff. in den meisten fällen ist lediglich noch die frage, wann und wie groß diese feuer im laufe dieses jahres auflodern werden.
*
"griechenland" ist in dieser hinsicht fast schon von der bezeichnung eines landes zum menetekel mutiert - seit der sozialrevolte des dezembers ist in einem von außen nicht leicht nachvollziehbarem maße eine wellenartige verschärfung der militanten konfrontationen zu beobachten:
(...)"Eine Gruppe von 100 vermummten, lief an diesem Mittag durch das Athener Stadtviertel Kolonaki. Die maskierten waren mit Stöcken und Hammern sowie Brecheisen bewaffnet und zerschlugen eine grosse Anzahl von Luxus Autos und luxuriöse, sowie Pelz und Lederwaren Geschäfte. Die ganze Aktion dauerte keine zehn Minuten und Die Polizei konnte nicht im geringsten agieren. Die Maskierten hinterliessen Flugblätter, auf denen sie die Frei lassung eines im Gefängnis sitzenden Anarchisten fordern. Da sich die Anwohner von Kolonaki unsicher fühlen, soll über eine Art permanenten Riot Polizei Schutz diskutiert werden.
Die Schere zwischen Arm und Reich klafft in Griechenland extrem auseinander und die Menschen befinden sich in einer wrklichen Existenzkrise. Die Wut auf die Regierung wächst, mitlerweile finden Fast täglich Demonstrationen und Aktionen dieser Art statt."
die - wie in vergangenen news schon thematisiert - bis hin zu guerillaaktionen geht:
(...)"Die Gruppe plane Anschläge, um Griechenland „zu feindlichem Territorium für die kriminellen Agenten des internationalen Kapitals, wie die Citibank, zu machen“, heißt es in einem achtseitigen Bekennerschreiben, das die satirische Athener Wochenzeitung „Pontiki“ zugespielt bekam und am Donnerstag veröffentlichte.
Polizeiexperten halten das Schreiben für echt. Die Gruppe „Revolutionärer Kampf“ hatte vergangene Woche einen Sprengstoffanschlag auf eine Citibank-Filiale im Athener Vorort Filothei verübt. Dabei entstand schwerer Sachschaden. Verletzte gab es nicht. Vergangenen Monat konnte die Athener Polizei eine Autobombe der Organisation vor einem Citibank-Verwaltungsgebäude im Vorort Kifissia entschärfen. Die aus 60 Kilo Sprengstoff bestehende Bombe hätte nach Einschätzung von Fachleuten verheerende Zerstörungen angerichtet, ging aber wegen eines technischen Fehlers nicht hoch."(...)
auch zu solchen aktionen hatte ich mich schon geäussert, und ich sehe keinen anlass, von meinen damaligen einschätzungen abzugehen. die wirklich interessanten prozesse dürften weiterhin innerhalb der in rebellion befindlichen bevölkerungsteile ablaufen, und die ergebnisse davon werden erst mittel- bis langfristig sichtbar werden. spannend wäre es aber, einmal die tatsächliche resonanz auf derartige anschläge gerade gegen banken ungefiltert mitzubekommen.
*
in frankreich findet am donnerstag der zweite landesweite generalstreik statt, und was sich davor im land so tut, dürfte den dortigen "sicherheits"apparat schon ordentlich ins schwitzen bringen - so ins schwitzen, wie einen manager von "sony":
(...)"Wütende Arbeiter des Elektronikkonzerns Sony haben in Südfrankreich mit harten Bandagen um höhere Abfindungen gekämpft. Sie nahmen kurzerhand Sony-France-Chef Serge Foucher gefangen und hielten ihn die Nacht zum Freitag in dem Magnetbandwerk in Pontonx-sur-l'Adour fest. Die Aktion zeigte Wirkung: Sony setzte sich wieder an den Verhandlungstisch.
Foucher war am Donnerstagabend nach Pontonx gekommen, um die Beschäftigten des seit 1984 bestehenden Werkes vor der Schließung im April ein letztes Mal zu treffen. Gegen seinen Willen wurden er und sein Personalchef darauf am Verlassen der Fabrik gehindert. Die Arbeiter verbarrikadierten die Eingänge mit Baumstämmen. Erst nachdem Foucher neue Verhandlungen zugesagt hatte, entließen sie ihn am Vormittag aus ihrer Gewalt.(...)
Wir verlangen nicht die Welt, nur dass wir auf dieselbe Weise abgefunden werden wie andere Beschäftigte von Sony France, die gekündigt worden sind", sagte der Vertreter der Gewerkschaft CGT, Patrick Hachaguer."(...)
die öffentlich-mediale berichterstattung war nicht nur reichlich sparsam, sondern auch betont zurückhaltend in der wertung (ab und zu tauchte das wort geiselnahme auf, jedoch ohne die üblichen empörungsgesänge - das dürfte einen typ von aktionen darstellen, den die "eliten" in der derzeitigen situation nachvollziehbar selbst durch entsprechende empörte propaganda nicht bekannter machen wollen. was aber zumindest für frankreich nicht klappen dürfte.
*
zum schwitzen dürfte die sicherheitsstrategen in frankreich ebenfalls die mögliche verbindung der allgemeinen bereitschaft zur rebellion mit der militanz in den banlieus bringen, die aktuell deutlich stadtguerillaartige ausmaße annimmt:
(...)"Bei Krawallen in der Nacht auf Sonntag wurden in Les Mureaux im Departement Yvelines 21 Polizisten leicht verletzt und acht Personen festgenommen. In Montegron feuerten Unbekannte Gewehrschüsse auf ein Polizeikommissariat ab. In dem Kommissariat saß ein Verdächtiger in Beugehaft.
In Les Mureaux waren Polizisten in einen Hinterhalt geraten. Die Beamten waren wegen eines brennenden Autos im Stadtviertel Les Musiciens angerückt. Plötzlich wurden sie von hunderten Jugendlichen mit Steinwürfen und Gewehrschüssen attackiert. Die Ausschreitungen dehnten sich im Laufe der Nacht auf benachbarte Wohnviertel aus."(...)
die wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sich bei den scharfen schüssen tatsächlich um aktionen in zusammenhang mit einem anfang märz von der polizei erschossenen jugendlichen handelt. solche aktionen reichen schon in "normalen" zeiten aus, um den brisanten mix aus prekariat und auch islamistischen strömungen in den banlieus zu aktivieren - wenn dazu noch eine ökonomische krise des derzeitigen kalibers dazukommt, in der jede aussicht auf teilhabe am sog. "wohlstand" endgültig den bach runtergeht, ist die tatsache der an verschiedenen orten gefallenen schüsse gegen die sog. staatsmacht ebenfalls nur als beunruhigendes menetekel zu verstehen.
*
aber auch die kolonien machen weiter von sich reden - nachdem auf guadeloupe vorläufig ruhe eingekehrt ist, folgte jetzt die nachbarinsel martinique:
" Ein von gewaltsamen Ausschreitungen begleiteter Streik auf der französischen Karibikinsel Martinique ist nach 38 Tagen beendet worden. Streikführer, Arbeitgeber und Behörden einigten sich auf einen Krisenplan. Er sieht u. a. Lohnerhöhungen und bessere Sozialleistungen vor. Die Arbeitnehmer behielten sich vor, die Streiks fortzusetzen, sollten die Abmachungen nicht eingehalten werden."(...)
ich hatte ja schon vom positiven beispiel geschrieben, welches die vereinbarungen von guadeloupe nicht nur den anderen "überseegebieten", sondern auch möglicherweise dem französischen kernland gegeben haben - und die methode wird wie beim domino fortgeführt, aktuell auf la reunion im indischen ozean:
(...)"Nach dem Ende des Generalstreiks in Guadeloupe haben die Proteste gegen hohe Lebenshaltungskosten und niedrige Löhne auf das französische Überseegebiet La Reunion übergegriffen. Am Dienstag demonstrierten tausende Menschen auf der Insel im Indischen Ozean. Nach einer Kundgebung in der Hauptstadt Saint-Denis bewarfen Jugendliche die Präfektur mit Steinen, wie ein AFP-Journalist berichtete.
Die Polizei setzte Tränengas ein, worauf sich die Jugendlichen in umliegende Straßen flüchteten und auch auf Autos und Wohnungen Steine und Flaschen schleuderten. Die Behörden hatten am Montag versucht, den Konflikt durch eine Senkung der Benzin- und Gaspreise zu entschärfen. Der Unternehmerverband Medef sagte gleichzeitig Lohnerhöhungen von 50 Euro für Geringverdiener zu. Die Führung der Protestbewegung bezeichnete das aber als unzureichend."(...)
ich prophezeie mal ein ähnliches ende wie in der karibik - die französische regierung steht durchaus mit dem rücken zur wand, weil sie sich unmöglich monatelange brandherde leisten kann. und bisher ging es "nur" um die peripherie - in frankreich selbst hat die eigentliche kraftprobe noch nicht mal begonnen.
*
und auch im nachbarland spanien beginnen sich langsam die strassen zu füllen - waren bisher lediglich im letzten herbst vereinzelte (militante) proteste in der autoindustrie und werftenbranche zu vermelden (ebenfalls sollte der anarchosyndikalistisch inspirierte generalstreik von lebrija nicht vergessen werden), gab es jetzt erstmals größere gewerkschaftsdemonstrationen:
(...)"Die Wirtschaftspolitik der spanischen Regierung sei mit Schuld an der Misere in Spanien und so riefen am Samstag die beiden großen Gewerkschaften Comisiones Obreras (CCOO) und Unión General de Trabajadores (UGT) zu Demonstrationen auf. In Barcelona folgten Tausende diesem Aufruf. Die Gewerkschaften sprechen von über 50.000 Menschen, die Polizei will allerdings nur 12.000 gesehen haben. 125 Organisationen hatten die beiden großen Gewerkschaften bei der Massendemonstration unterstützt."(...)
die forderungen bewegen sich aber nach meinem eindruck noch unter bspw. dem irischen niveau. die verzögerte krisenwahrnehmung ist jedenfalls kein rein deutsches phänomen, wobei sie in spanien schon länger eigentlich wesentlich spür- und auch sichtbarer ist, was besonders die berüchtigte immobilienblase betrifft. eine weitere demonstration in madrid gegen bestimmte krisenfolgen ist bemerkenswert:
(...)"Auch in Madrid fand eine Demonstration statt, hier war es die Polizei selbst, die höhere Gehälter forderte. Nicht die erste dieser Art, bereits im Oktober waren die spanischen Polizeibeamten auf die Straße gegangen, um für höhere Löhne zu demonstrieren."
die bewaffneten repressionspparate der staaten stellen für die "eliten" global ein so wichtiges standbein ihrer macht dar, dass dort i.d.r. als letztes gekürzt wird; jedenfalls in den bereichen, die nicht unmittelbar der sicherheit der breiten bevölkerung dienen, sondern der sicherheit vor dieser bevölkerung. in zeiten des realen risikos für nicht nur einen staatsbankrott kann die frage, wie diese hochgerüsteten apparate denn bezahlt werden sollen, irgendwann ziemliches gewicht für alle beteiligten bekommen.
*
die krisenfolgen in südamerika waren hier bisher ziemlich unterbelichtet, was sich zukünftig aber ändern soll - und zum beginn dokumentiere ich fast schon typischerweise (weil sich hier global überall die ersten massiven krisenerscheinungen der sog. "realwirtschaft" manifestiert haben und manifestieren) einen aufruf aus brasilien für einen internationalen aktionstag der arbeiterInnen in der autoindustrie - auszüge der deutschsprachigen übersetzung:
"Wir beobachten zurzeit die weltweite Verschärfung der internationalen Wirtschaftskrise und der Politik der Unternehmer und ihrer Regierungen. Abermilliarden von Dollar bzw. Euro an öffent-lichen Geldern werden den Konzernen überreicht, während man mit uns Arbeiter/Innen nur über Entlassungen und die Notwendigkeit redet, auf unsere Arbeitsrechte zu verzichten und die Senkung unserer Gehälter in Kauf zu nehmen.
Das ist unakzeptabel!!! Wir waren nicht die Auslöser dieser Krise. Wer für die Krise bezahlen muss, sind diejenigen, die jahrelang Gewinne und Dividenden unter sich aufteilten, indem sie die jetzige Krise durch ihr unverantwortliches und betrügerisches Management verursachten.
Im Gegenteil, wir, die Arbeiter/Innen, produzieren unter Bedingungen extremer Ausbeutung und werden durch die Arbeit krank. Gleichzeitig werden unsere Löhne und Arbeitsrechte in Frage gestellt, Betriebe werden geschlossen bzw. verlagert. Und dies alles im Namen der Kos-tensenkung und der angeblichen Sicherung der Arbeitsplätze.
Wir dürfen jetzt nicht erlauben, dass diejenigen, die sich in den letzten Jahren unglaublich be-reichert und diese Krise verursacht haben, sich Milliarden öffentlicher Gelder in die Taschen stecken, während sie gleichzeitig ihre Pläne bekannt geben, in denen wir gezwungen werden sollen, Lohnsenkungen und den Abbau von Errungenschaften zu akzeptieren, die Millio-nen unserer Familien ins Elend stürzen werden.
Die Regierungen und die Konzerne versuchen außerdem, uns gegeneinander auszuspielen.(...)
Die Automobilindustrie kündigt weltweite Umbaumaßnahmen an. In verschiedenen Ländern finden bereits Mobilisierungen, Streiks und Demonstrationen statt. Auf den Globalangriff der Unternehmer müssen wir auch eine gemeinsame globale Antwort erarbeiten.
Es ist nötig, dass wir Initiativen, wie die in den letzten Tagen von den Arbeiter/Innen der GM EUROPA unternommenen Aktionen, zusammenführen und verbreitern. Sie haben einen Tag der Produktionsstilllegung und Demonstrationen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze durchgeführt. Wir in Brasilien bereiten einen Streiktag und Demonstrationen für den 1. April vor.
Wir, MetallarbeiterInnen von São José dos Campos, Arbeiter/Innen von GM BRASILIEN, rufen alle Arbeiter/Innen in der Automobilindustrie auf, einen internationalen Streiktag für den Erhaltung unserer Arbeitsplätze, Löhne und Rechte zu organisieren. Die Reichen müssen für diese Krise bezahlen.(...)
Deswegen rufen wir, Arbeiter/Innen der GM Brasilien, die Metallarbeitergewerkschaft von São José dos Campos, die CONLUTAS (Ko-ordinierung der Kämpfe, Brasilien), alle Arbeiter/Innen, Gewerkschaften, Betriebsräte, Aktivis-ten auf, ein internationales Treffen zu veranstalten, auf dem wir gemeinsame Aktionspläne be-raten, um der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise zu begegnen und unsere Arbeitsplätze, Arbeitsrechte und Arbeitsgehälter verteidigen, ohne zu Geiseln der Erpressungen derer zu werden, die uns immer schon ausgebeutet haben.
Arbeiter/Innen der GM von São José dos Campos - São Paulo
Metallarbeitergewerkschaft von São José dos Campos - São Paulo
CONLUTAS - Koordinierung der Kämpfe von Brasilien
ELAC – Encontro Latino Americano e Caribenho de Trabalhadores"
die beispielhafte internationalistische ausrichtung ist das eine, das andere aber hatte ich schon infrüheren news grundsätzlich zur situation der autoindustrie kommentiert - aus vielen gründen in ihrer aktuellen form ein historisches auslaufmodell, und es sind nicht zuletzt die dort beschäftigten, die im weiteren verlauf der krise in naher zukunft damit beginnen müssen, sich dieser realität zu stellen. eine internationale zusammenarbeit kann bei diesem prozeß aber nur hilfreich sein.
*
in aller kürze - das krisentelegramm + die wirtschaftsquerschüsse zu den gigantischen us-schulden - ich frage mich immer mehr, wie da drüben irgendjemand noch ernsthaft glauben kann, im systemimmanenten rahmen aus dieser situation zu entkommen + mehr zu den globalen krisenfolgen - in den letzten news schon thema, macht der artikel nochmals die dimensionen etwas deutlicher + letzteres schafft ebenfalls robert kurz mit einem ausblick auf die mögliche erwerbslosigkeit in der brd: "Jetzt droht eine bislang unvorstellbare Krisendimension. Noch ist sie ein Medienereignis, aber der neue Einbruch auf dem Arbeitsmarkt hat schon begonnen. Ein Höchststand von 8 Millionen offiziell registrierten Arbeitslosen in den kommenden Jahren ist für die BRD nicht mehr völlig ausgeschlossen. Niemand hat dieses Horrorszenario bisher durchrechnen wollen, aber die Folgen sind absehbar." und absolut haarsträubend + speziell mit der herausgehobenen rolle der "commerzbank" beim schulterschluß zwischen wirtschaft und bundeswehr beschäftigt sich ein ganzes blog zum sog. "celler trialog". und das ist auch der heutige lesetipp, weil dort vor dem hintergrund der krise strukturen sichtbar werden, die noch viel zu wenig thema sind +
monoma - 16. Mär, 19:51
emanzipation?
von dem fiesen zynismus der dahinter steckt das "WIR" nun wirklich nicht für diese krise zu "zahlen" haben, während viele millionen menschen nicht die geringste chance auf ein halbwegs erträgliches leben haben, ganz zu schweigen.
wenn dann wie letztes wochenende bereits wieder "Yuppie"-karren brennen und Mc Donalds "entglast" wird, wird sich zeigen was vom deutschen mob zu erwarten ist. da wird noch jede nationale stimmungsmache und jedes personifizierte feinbild aufgegriffen.
naja. die feuchten träume des" wirschaftsirren" hans werner sinn von einem kapitalismus in dem endlich "nicht mehr jeder machen kann was er will" werden von gewerkschaften und politik realisiert und das in dem festen glauben man wäre sonstwie antikapitalistisch und kritsich usw.
@carlos
wir leben hier nun mal in einem psychosozialen entwicklungsland mit einer horrorgeschichte und allen daraus resultierenden folgen, aber das heisst eben vor allem harte arbeit, wenn man hier tatsächlich strukturen zum tanzen bringen will, wenn dir das zu anstrengend ist, dann sagt das auch so, aber bemäntel das dann nicht mit so einem - ja, gejammer.
Wie verhalten?
ich teile die Richtung deiner Argumentation, Monoma. Es stimmt, dass die Linksradikale tendenziell Schreibtischtäter sind. Es stimmt, dass das nicht richtig ist.
Wie aber verhalten? Die Schreibtischtäter sind sich immerhin der Komplexität bewusst und der Ruf nach Theorie ist nicht falsch. Muss maa nicht erst einmal wissen, was falsch läuft? Diese Reserviertheit ist wohl das einzig positive Ergebnis des Realsozialismus. Das bedeutet keinen Rückzug. Es bedeutet aber der Vernunft gegenüber dem Aktionismus unbedingt Vorzug zu geben.
Was soll denn deiner Meinung nach getan werden? Ich bin nicht gegen politische Aktion. Solidarität mit Illegalisierten, Überflüssigen oder irgendeine konkrete Aktion in diesem Sinne ist richtig. Aber wie soll denn das Ganze erreicht werden? Wie soll man denn die Hegenomie brechen? Robert Zion hat sehr leicht reden davon, dass man die Definition von Freiheit nicht dem Feind überlassen sollte. Er verkehrt damit aber doch die Machtverhältnisse. "Die Linke" hat sich wohl kaum dazu entschieden, es den Anderen zu überlassen. Robert Zin versteckt mit diesem Herumgelaber die eigentliche Frage!
Es ist alles vielleicht doch nicht so einfach,
Herr In.
hmm
ich find den aufruf an sich auch garnichtmal so schlecht, abgesehen von dem geschnipsel..aber innhaltliche punkte von wegen warenform und profit-wachstumszwang usw. - super! aber ich denke man muss doch im auge behalten dass wichtige teile des bündnissen ganz klar auch ein "teil des problems" sind..ich befürchte deshalb eine instrumentalisierung wie beschrieben. um evt. wirklich relevante "bewegungen" zu bewirken sollte man dieser instrumentalisierung von vornherein entgegen wirken, sich zumindest darauf einstellen.
so in die richtung geht mein anliegen zum einen.
andererseits halt die widerliche suche nach schuldigen, da hört dann bei mir in der tat die bereitschaft zu kompromissen auf, denn mit solchen leuten wirds keine befreiung geben. die haben nur eins im sinn..