notiz: zustandsbericht aus griechenland

ich hatte vor einigen wochen schon die schulkinder erwähnt, die im unterricht vor hunger ohnmächtig werden, oder aber auch die pflegekräfte einer psychiatrischen klinik, die hauptsächlich ihre zeit damit verbringen, nahrung für ihre patientInnen zu organisieren - das solche meldungen keine übertreibungen sind, macht eine momentaufnahme aus dem "gelben forum" deutlich - die autorin lebt als auswanderin in griechenland:

(...) "Was die soziale Lage vor Ort betrifft, so muss ich aufpassen, nicht in Katastrophismus und Gejammere zu verfallen. Nicht mich persönlich betrifft das, Gott sei Dank. Ich versuche das mal, in recht dürre Worte zu fassen. Die Krise hat nunmehr die „unteren Schichten“ voll erfasst. Die Medien sind mehr und mehr voll von Berichten über Hunger, Obdachlosigkeit, Verzweiflung. Auch in meinem Umfeld kenne ich nunmehr mehrere Familien, die vor dem absoluten Nichts stehen. Keine (NULL) Einnahmen, weil es ein soziales Netz in Griechenland nicht gibt. Sie sitzen in kalten Häusern (in Nordgriechenland derzeit Nachttemperaturen gegen Null, tagsüber maximal 10) und freuen sich, wenn Bekannte vorbei kommen und etwas zu Essen vorbei bringen. Ein wenig Brot zaubert ein Lächeln auf die Lippen.

Ich kenne Kinder, die keine Winterschuhe haben, keine warme Jacke. Es ist erschreckend, wie schnell das ging – und (mal ganz ehrlich), es macht auch sprachlos. Ich gehöre zur privilegierten Generation, ich kannte keine Not. Alles wenn dann nur aus dem Fernsehen oder Büchern. Jetzt ist es in der Nachbarschaft, bei Freunden angekommen. Wie gesagt, kein Gejammere. Nur eine Nachricht an alle, die so was immer noch nicht für wirklich möglich halten, für surreal da außerhalb des Erfahrungshorizontes: Es geht schnell. Sehr schnell.

Heute war ein relativ windstiller Tag. Die Luft ist durchzogen von Rauchschwaden. Über Thessaloniki hängt dicker Smog wie sonst im Sommer. Die Menschen heizen mit Holz. Heizöl ist zu teuer geworden. Heute wieder gesehen: Ein alter Mann, der einen Bollerwagen mit Reisig hinter sich her zog. (...)

An den Straßen verkaufen Menschen das, was sie grad anzubieten haben. Eier, ein paar Kräuter, selbst gestrickte Socken ...

Die „mittleren Schichten“ sind verzweifelt. Denn sie wissen, dass sie nur noch ein Schrittchen von all dem entfernt sind. Das Schlimmste ist wirklich die Hoffnungslosigkeit. Keiner weiß, wie es weiter gehen soll. Und die Troika spricht von weiteren Austeritätsmaßnahmen als Voraussetzung für das nächste „Hilfspaket.“ In Milliardenhöhe. Fünf Pensionsfonds sind pleite." (...)


behalten Sie das im hinterkopf, wenn Sie das nächstemal wieder die fratzen von merkel, sarkozy, lagrange, barroso, ackermann et al. irgendwo sehen - das ist das, was diese herrschaften real produzieren. und auch diejenigen, die immer von "schwarzmalerei" reden, sollten sich besonders das merken:

"Es geht schnell. Sehr schnell."
anonym (Gast) - 3. Dez, 23:09

...diesem ganzen Politiker-Pack sollte man ne Schrotladung in die Fratzen brennen.....

monoma - 4. Dez, 15:14

was nicht so viel verändern würde

wobei die faktische straflosigkeit für die verwüstung ganzer länder mittels "sparpaketen", "aufschwüngen" und was sonst noch an derlei magischem bullshit herumwabert, tatsächlich schwer erträglich ist - vor allem im vergleich zu den juristischen keulen, die für jeden - im vergleich absolut relativen - kleinkram wie "schwarzfahren" u.a. bereit liegen.

im übrigen halte ich einiges von der these, dass immer noch zu große teile der bevölkerung(en) sich die benannten als quasi-delegierte wählen, aber anders, als es die theorie der parlamentarischen repräsentation meint...

stichwort opferökonomie.
Syntagma (Gast) - 4. Dez, 19:02

1. Lesen: http://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2011/wp11158.pdf
2. Weinen.

Daß es eine interne Studie des IWF ist, macht es noch trauriger. Für Austerität spricht einfach kein einziges rationales Argument. Es ist eine systemische Wahnvorstellung, schlimmer als es der Glaube an eine Erdscheibe oder den astronomischen Wert von Tulpenzwiebeln jemals waren.
monoma - 10. Dez, 20:39

@syntagma

danke für den link!
Quetzalcoatl (Gast) - 4. Dez, 20:09

Ziviler Ungehorsam

Griechenland: Aktivisten zapfen Stromleitungen an

http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2011/12/12383/

monoma - 10. Dez, 20:39

auch danke für den link!
Kandinsky (Gast) - 4. Dez, 23:28

Erkenntnis

Mir ist inzwischen völlig klar geworden, das es überhaupt keinen Zweck hat zu diskutieren. An Vernunft, Gefühl, Verständnis zu appelieren ist vertane Zeit, denn Soziopathen fehlt es völlig an Einsicht und an Einfühlungsvermögen.

Mit einem Steinhaufen ins Gespräch zu kommen stelle ich mir einfacher vor.

Da bleibt nur der bittere Weg der Revolte und die gewaltsame Abschaffung derer, die diese unsäglichen Zustände zu verantworten haben.

Etwas anderes sehe ich nicht mehr.

Gruß,
Kandinsky

Grummel (Gast) - 5. Dez, 08:18

Grausam

das trifft es am besten.
Eine Selbstoffenbarung dieser Eliten... es entlarvt auch das Geschwurbel und propagandistische Anstrengung diese Entwicklung hinter Nebelwände, Sedativa und Schweigen zu verbergen.
TINA, so ein Blödsinn, die Alternative wäre das Gewisse Kreise auf etwas Macht und Geld verzichten, aus der Selbstreferenz aussteigen ... das wollen diese nicht, alternativlos ist daher auch das Feedback das sie erzeugen.

Schon mal überlegt warum Hitler mit dem Feindbild "Jude" so erfolgreich war?
Eine "Rasse" als Symbol, eine Assoziationsfläche für Parasitäres, Finanzen, Gier und gleichzeitig eine Ablenkung von dem psychischen Konzept (System) und Personen/Netzwerke/Klassen die tatsächlich die Misere zu verantworten haben... ein Sündenbock.
Kein Wunder das sich seit damals im Kern kaum was geändert hat und das ganze in zweiter Auflage vor der Tür steht.

Die Energie und der Hass, die Kompromisslosigkeit .... das ist ein heftiger Feedback ... ich bin gespannt welche Konstrukte diesmal für eine Umleitung/Ablenkung sorgen sollen... Wie ein Parasit der die Körperabwehr austrixt.





Wenn denn diese Informationen in diesem Ausmaß zutreffen, man kann heute ja nie sicher sein... sry
Quetzalcoatl (Gast) - 9. Dez, 14:33

Wertelehre 6: Burnout - Die innere Kapitulation vor der Dualität

http://youtu.be/3OR_Zld6kkE
Grummel (Gast) - 5. Dez, 08:23

Vorschlag Gegenmaßname ...

Man zeigt die Folgen dieser Politik, schonungslos, einem breiten Publikum, immer wieder.
Man verbindet das ganze mit den Entscheidungsträgern und Netzwerken im Hintergrund.
Man sorgt dafür das diese Information jederzeit nachprüfbar an vielen Orten jederzeit zur Verfügung steht.

Wenn genug Menschen das Muster kennen, wird die Luft für manipulatives ...sehr dünn

Robert Paulson (Gast) - 7. Dez, 16:31

Man zeigt die Folgen dieser Politik, schonungslos, einem breiten Publikum, immer wieder.

Das hat Rudi Dutschke während des Vietnamkrieges gemacht.
Und wurde dafür verprügelt.

Denn das Problem ist ja nicht, dass die politisch-relevante Mehrheit die stattfindende Ungerechtigkeit nicht sehen KANN.
Sie WILL es einfach ist.
Oder direkter, ihr ist es egal, solange sie nicht selbst betroffen ist.
Grummel (Gast) - 9. Dez, 13:25

Kann sein das sich das mit dem (vermittelten) Selbstbild gewisser Mitmenschen beißt (ist schon "bescheiden" wenn man auf einmal im Unrecht ist? ... tötet den Boten...), ich denk auch mal das zu den Zeiten damals viel unkritischer mit dem umgegangen wurde was von Seiten der Medien und Politik so serviert wurde.

Auch würde es heute noch ganz andere Kanäle geben mit denen man das kommunizieren könnte, wenn man wollte.

Ich sehe, außer kleiner Berichte am Rande aber gar nix, Leere/Schweigen wo diese Problematik kommuniziert und diskutiert werden sollte (muss, wenn mans ändern will).

Im Gegenteil, da kommen dann in Bild und co. so was
http://www.bild.de/politik/ausland/griechenland-krise/arbeitslose-griechen-ueberweisen-millionen-in-die-schweiz-21437392.bild.html

... darf ich wetten was in den Hirnen der Leser hängen bleibt?

Italiener bashing hab ich in letzter Zeit auch öfters gesehen ...

Genau das sorgt dafür das die "fleißigen guten Deutschen" sich nicht mit den Notleidenden identifizieren können und Sprüche wie, "da hab ich was anderes gehört" oder "die haben es nicht anders verdient" belegen diese Unterscheidung im denken, die Mensch durch Kategorien und emotionsgeladene Symbolik spaltet und vom eigentlichen Problem ablenkt.

Ich bin überzeugt das würde nicht passieren wenn man den Menschen die Gelegenheit verschafft an den Folgen (wenigstens virtuell) teilzuhaben.

Nur, im Moment gute Berichte im Netz zu finden ...
monoma - 10. Dez, 20:47

@grummel

ich neige da eher zur ansicht von robert paulson - in diesem land ist das, was ich an vielen stellen im blog als täter-opfer-dialektik bezeichne, aus gründen besonders ausgeprägt. "die deutschen" neigen zum selbstmitleid (durchaus aufgrund realer ereignisse) beim gleichzeitigen treten nach unten. das ist so ungefähr eine der miesesten konstellationen, die sich überhaupt vorstellen lässt. "wir" sind nicht nur exportweltmeister, sondern auch weltmeister im abspalten und projezieren. und gerade in der jetzigen zeit finde ich "die öffentlichkeit" hierzulande noch unerträglicher als sonst. dieses stumpfe, ignorante und klammernde festhalten am (toten) status würde mich glatt die wände hochgehen lassen, wenn ich eben nicht wüsste, dass es auch anderen so geht.
Weberin - 5. Dez, 13:55

Surreal und unfassbar. Wirklich empörend dabei ist, dass diese Zustände in keinster Weise von den Medien thematisiert und transportiert werden.

Sabrina von Fersen (Gast) - 5. Dez, 22:39

dicke Balken in den Augen

@ Weberin

Das ist nur surreal und unfassbar für unseren konditionierten Verstand!

Das war schon immer so, nur von Ideologien verdeckt!

Jetzt wird es aber wirklich auf die Spitze getrieben...
Weberin - 6. Dez, 08:07

Stimmt schon, ich habe Balken vor den Augen, liebe Sabrina von Fersen, diese Balken nennt man wohl die Ideologien, mit denen man aufgewachsen ist, und möglicherweise ist der einzige Weg, durch diese Balken hindurchzusehen, dass das alles wirklich auf die Spitze getrieben wird.
Grummel (Gast) - 7. Dez, 18:58


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