assoziation: "infantizid" oder: eine (viele) welt(en) des terrors und ihre konsequenz

so lassen sich die im bereits neulich hier kurz vorgestellten buch "Das emotionale Leben der Nationen" des us-amerikanischen psychohistorikers lloyd deMause präsentierten thesen kurz und prägnant auf den punkt bringen. ich konnte es mir (auch mithilfe der ersten spende, vielen dank nocheinmal!) inzwischen anschaffen, habe es zum großteil gelesen und nun das dringende bedürfnis, es vorzustellen. der verlag wirbt auf der rückseite mit dem satz "wer sich auf dieses buch einlässt, wird die welt mit anderen augen lesen als zuvor", was für mich normalerweise einer dieser sätze ist, welche sofort eine gewisse skepsis auslösen - in diesem fall kann ich der aussage aber größtenteils zustimmen, und auch das wort "lesen" macht einen tieferen sinn: deMause schlägt nämlich vor - ober besser: fordert -, diejenigen sozialen strukturen/ereignisse, die wir uns angewöhnt haben, als "politik" oder "religion" zu bezeichnen, völlig anders zu begreifen bzw. endlich zu dechiffrieren: nämlich als re-inszenierungen, oder auch endlosschleifen der wiederaufführungen von eindeutig traumatischen prä-, peri-, und postnatalen kindheitserfahrungen. ich zitiere einfach mal einen längeren auszug aus dem vorwort, um das besser deutlich zu machen:

"Dieses Buch macht deutlich, dass die Ursachen von sozialer Gewalt und menschlichem Leid zu einem nicht geringen Teil in einem versteckten Holocaust an Kindern zu suchen sind, der sich quer durch die Geschichte zieht: Routinemäßig und zu Milliarden wurden menschliche Wesen von ihren Eltern oder von anderen Autoritätspersonen ermordet, gefesselt, ausgehungert, missbraucht, verstümmelt, geschlagen und gequält, sodass sie zu emotional verkrüppelten Erwachsenen heranwuchsen, zu rachsüchtigen Zeitbomben, die ihre frühen Traumata in Opferriten, die man Kriege nennt, periodisch wieder aufführen.

Einiges in diesem Buch wühlt auf und ist trotz der zahlreichen historischen, anthropologischen, klinischen und neurobiologischen Beweise, die ich anführe, schwer zu glauben. Gezeigt werden soll damit, warum die bisherige Geschichte eine Schlachtbank war; warum sozialen Veränderungen stets ein Wandel in der Kindererziehung vorausgeht; wo wir heute in der Evolution der menschlichen Natur stehen; und was wir tun können, um das Leben von Kindern zu verbessern und eine friedlichere, auf Vertrauen gegründete Welt schaffen. Das Buch will
  1. eine psychogene Geschichtstheorie zur Verfügung stellen, welche die Frage nach dem "Warum" beantwortet - eine Theorie der historischen Motivation als psychohistorische Alternative zu den soziogenen Theorien anderer Sozialwissenschaften.
  2. zeigen, dass die Evolution der Kindererziehung eine eigenständige Ursache historischer Veränderung ist, wobei zunehmend auf Liebe und Vertrauen begründete Eltern-Kind-Beziehungen einen zentralen Faktor für historischen Fortschritt darstellen, für die Herausbildung neuer Erscheinungsformen der menschlichen Natur, die ich als neue Psychoklassen bezeichne, und die ihrerseits die sozialen Institutionen verändern.
  3. darlegen, dass der historische Fortschritt weniger von politischen Veränderungen oder militärischen Eroberungen als von den alltäglichen Lebensumständen beeinflusst wird - vor allem von dem, was innovative Mütter und ihre verheißungsvollen Töchter leisten.
  4. darauf hinweisen, dass eine psychohistorische Betrachtung politisches, religiöses und soziales Verhalten als Wiederaufführung früher Traumata erkennen lässt, die im Gehirn in eigenen neuronalen Netzwerken abgespeichert sind.
  5. nahe legen, dass soziale Institutionen nicht nur zweckmäßig sind, sondern darüber hinaus den Ansatz zu einem kollektiven Umgang mit emotionalen Problemen bilden, die auf Ängste im Zusammenhang mit unserer Suche nach Liebe zurückzuführen sind.
  6. erklären, wie eine neues psychohistorisches Werkzeug - die Fantasie-Analyse - bei der schwierigen Dekodierung unserer kollektiven Emotionen und historischen Gruppenfantasien helfen kann
  7. zeigen, dass Gruppen sowohl aus Rache für erlittene Kindheitstraumata als auch um sich von Gefühlen der eigenen Sündhaftigkeit zu befreien, in den Krieg ziehen - in der Hoffnung auf Reinigung und Wiedergeburt durch die Opferung dessen, was den "schlechten" Teil ihres Selbst repräsentiert.
  8. darlegen, dass Kriege und Rezessionen periodisch wiederkehrende manisch-depressive Gruppenpsychosen sind, die einer emotionalen Wachstumspanik entspringen.
  9. Antwort darauf geben, warum Empathie für Kinder sich historisch gesehen spät und ungleichzeitig durchgesetzt hat und aufzeigen, wie die Welt sich in einem Wettrennen zwischen der sich langsam verbessernden Kindererziehung und einer sich rapid entwickelnden destruktiven Technologie befindet
  10. eine neue Hoffnung für die Menscheitsgeschichte sichtbar machen, einen Weg, den Gesellschaften gehen könnten, indem sie Eltern helfen, ihren Kindern liebevoller zu begegnen, damit der Gewalt gegen Kinder ein Ende gesetzt wird - und damit letztendlich auch Kriegen und sozialer Gewalt. (...)
(lloyd deMause, "das emotionale leben der nationen", drava, klagenfurt 2005; s.6/7; isbn 3-85435-454-1)


der begriff "milliarden" zu beginn ist keine übertreibung vor dem hintergrund der schätzung, dass es in der menschlichen geschichte bis heute etwa 80 milliarden (!) geburten gegeben haben soll, wobei die weitaus meisten dieser babys aber nur tage oder stunden überlebt haben - und zwar größtenteils aufgrund von aktivem oder passiven (durch schlichte extremvernachlässigung) mord.
das buch ist insgesamt, gerade durch die fundierte material- und belegfülle bzw. die art dieser belege, extrem verstörend ("aufwühlend" ist eine untertreibung) - ich habe nun bestimmt schon viel gräßliches zeug aus der menschlichen historie in worten und bildern beschrieben gesehen (und bei mir und anderen die unterschiedlichen folgen erlebt) - aber das, was hier beschrieben wird, hat mich beim lesen immer wieder zu pausen veranlasst und der frage, ob ich mir jetzt lieben die decke über den kopf ziehe, oder doch lieber vor wut an die decke gehen soll. extreme hard stuff, und schwer triggernd! das meiste ist dabei imo vom reinen wissen her noch nicht mal so neu, aber bis heute offensichtlich lediglich im bewußtsein von spezialistInnen auf dem gebiet der historischen kindererziehung und -behandlung präsent. und es wird höchste zeit, dass sich das ändert! auch, wenn das für die meisten mitmenschen ebenfalls schwer verstörend sein wird - und etliche es ebenfalls "schwer zu glauben" finden werden. wobei gerade diese reaktion bereits zum thema gehört...

ebenfalls ist zu wünschen, dass sich auch die bisher hier im blog nur angedeuteten erkenntnisse über das pränatale menschliche leben rasch herumsprechen - deMause präsentiert da eine imo sehr gelungene und kompakte zusammenfassung dieses wissens, auf die ich zukünftig auch zurückgreifen werde (im netz war bis zu jahresbeginn eine pdf-datei aus österreich zum thema vorhanden, die aber leider nicht mehr auffindbar ist).

anhand der oben zitierten zehn punkte möchte ich kurz meinen sonstigen eindruck und auch kritik loswerden:

1. der anspruch ist unbescheiden, und ich bin gespannt auf reaktionen gerade aus den benannten "anderen sozialwissenschaften". ich selbst finde den psychohistorischen zugang inspirierend, gerade weil er einen plausiblen sinn bzw. eine innere - und nachvollziehbare! - logik besonders hinter schwer destruktiven ereignissen erkennen lässt, bei denen die erklärungsansätze anderer wissenschaftsbereiche entweder unbefriedigend ("es sind die gene" oder wahlweise "die menschliche natur") oder schlicht nicht vorhanden sind. ergänzend macht dieser ansatz auf jeden fall sinn - ob es mehr sein wird, wird die zukunft zeigen müssen. speziell problematisch finde ich - trotz der durch seine arbeit entstandenen distanz, die er selbst thematisiert - den bezug von deMause auf verschiedene psychoanalytische ansätze. dazu mehr unten.

2. das gelingt ihm recht überzeugend, wie ich finde. und diese these ist für sich sehr interessant.

3. etwas unvollständig, zumal gerade die genannten faktoren ständig neue traumata in epidemischen dimensionen produzieren, und gerade dadurch das alltägliche leben wiederum negativ beeinflussen. dann aber: die mütter und ihre töchter. gerade für mütter wird dieses buch an vielen stellen unerträglich sein, kann ich mir vorstellen - einmal durch die schiere wucht der destruktivität, die hier dokumentiert wird; zum anderen aber gerade dadurch, dass deMause soetwas wie eine täterin-opfer-dialektik gerade bei müttern sichtbar werden lässt. hier hilft es nur, sich klarzumachen, dass es nicht um "schuld"zuweisungen oder moralische verurteilungen gehen kann (die sind selbst nach meinem eindruck bereits ein teil der erwähnten re-inszenierungen), sondern mütter sollten sich eher über die enorme macht klarwerden, die ihnen ihre position gibt. für sog. "maskulinistische" männer gibt es keinerlei gründe, sich die hände zu reiben - mütter UND väter sind in unterschiedlichem ausmaß an dem desaster beteiligt, und frauen und männer allgemein in dieser dynamik zu einem destruktiven knäuel verwoben. jeder täter war einmal opfer!, das gilt selbst für die so called echten psychopathen, bei denen ihre verheerende entwicklungsvariante sehr wahrscheinlich bereits pränatal vorherbestimmt wurde. indirekt aber wiederum auch durch die lebensbedingungen ihrer mütter, die wiederum...die endlosspirale des grauens.

4. ein kräftiges "ja"! hieraus lassen sich auch notwendige ansätze eines realistischen und tatsächlich diesen namen verdienenden politisch-emanzipatorischen programms entwickeln, welches die auflösung der ursachen und folgen der vorhandenen und belegbaren epidemischen traumastörungen auf allen kontinenten als beseitigung des absoluten hindernisses nr.1 für jeglichen sozialen fortschritt zu betrachten hat. ohne verständnis der dynamik von traumatischen strukturen ist bspw. der ewige israelisch-palästinensiche konflikt nicht einmal ansatzweise zu verstehen, geschweige denn zu lösen! und das gilt für die allermeisten derjenigen krisen und konflikte, die Sie heute abend in der tagesschau oder morgen in Ihrer zeitung vorgeführt bekommen. und das bisherige wissen über die neurobiologischen prozesse bei zwischenmenschlicher gewalt jedweder art zwingt auch auch dazu, sich z.b zu fragen, auf was für einem menschenbild eigentlich die institution justiz aufbaut - die begriffe "freier wille", "verantwortlichkeit" und "determinierung" werden über kurz oder lang neu definiert werden m ü s s e n, so meine prognose. warum? weil unter dem terror des traumas solche konstrukte erstens absolut keinen sinn machen - dissoziative trancezustände in massendimensionen (die zb. gerade bei den unruhen in frankreich eine hauptrolle spielen) sowie zwanghafte und suchtartige handlungen aller art relativieren jedwedes konstrukt von "verantwortlichkeit" und "freier entscheidung" auf das nachdrücklichste -, sondern selbst als abwehrkonstruktionen gerade des bereiches im menschen zu sehen sind, der sich bei nicht mehr anders zu verarbeitender überwältigender bedrohung selbst aktiviert: das objektiv(istisch)e bewußtsein, welches die "heimat" aller geistigen konstruktionen bildet - und eben auch die "verantwortlichkeit", unabhängig von jedem gegebenen materiellen (neuropsychologischen) zustand, kreiert hat. diese art von "verantwortlich-sein-fühlen-müssen" jedoch ist nichts weiter als ein knüppel, und produziert unter traumabedingungen bestenfalls letztlich nur erzwungene simulationen von verantwortlichkeit, ohne das die betroffenen tatsächlich etwas derartiges spüren würden - "als-ob". dahinter steckt u.a. auch eine fiktion von autonomie, gerade im "bürgerlichen" bewusstsein, welches sich auf diese art auch um die erkenntnis der eigenen realen determiniertheit und der vielfältigen abhängigkeiten herum"lügen" kann.

5. ja. institutionen sind von multidimensionaler funktionalität, und erfüllen gerade für die emotionalen bedürfnisse ihrer angehörigen wichtige zwecke. schwierig wird´s mit der postulierten allgemeingültigen suche nach liebe - möglicherweise existieren unter uns zunehmend mutationen, bei denen ihre gene und die neuronalen netzwerke dafür gesorgt haben, dass die jahrtausendealte erfolglose und lebensgefährliche suche nach liebe aufgegeben wurde zugunsten eines ganz neuen existenzmodus, bei dem das subjekt (oder, in diesem fall, besser objekt!) anscheinend (!) nicht mehr auf soziale beziehungen jeder art angewiesen ist - ein name für eine derartige mutation könnte autismus lauten.

6. das macht sein buch "reagans amerika" besser klar, wie ich finde.

7. hier wird einiges über den begriff des opfer deutlich, gerade im religiösen kontext, was ich sehr aufschlussreich finde.kriege sind für deMause generell als opferrituale zu verstehen, die ihre wurzel allerdings im religiösen haben. und dazu laufen seine thesen darauf hinaus, dass jede (!) religion auf dissoziativen zuständen mitsamt den diese zustände begleitenden "alter egos" - ausdruck hochorganisierter neuronaler sub-netzwerke, wie sie bspw. auch bei multiplen persönlichkeiten eine rolle spielen - basiert, also einen verarbeitungsversuch traumatischer erlebnisse, darstellt. bin sehr gespannt, was der olle papst dazu sagen wird.... (das belegmaterial dazu von deMause stammt aus allen kontinenten und allen möglichen kulturellen phasen, und umfasst sog. naturreligionen ebenso wie die "großen" weltreligionen).

8. der punkt mit den tatsächlich recht sonderbaren periodischen ökonomischen rezessionen innerhalb "entwickelter" gesellschaften dürfte nicht nur für bwl´er interessant sein. er klärt auch darüber auf, warum trotz allgemeinen reichtums einer gesellschaft ungerechte verteilung und die existenz von armen und reichen ein zwingendes kollektives bedürfnis darstellen könnten, und soziale rasiermesser alá "hartz IV" ebenso als opferwerkzeuge begriffen werden können wie ein krieg.

9. "ungleichzeitig" ist ein gutes stichwort - habe mir heute seit langem mal wieder ein boulevard-blättchen, und zwar die hamburger morgenpost gekauft - wegen der folgenden schlagzeilen: Senatorin rechtfertigt sich, und Ließen sie ihr Kind krepieren?

erinnern Sie sich...? ein regelrechter schock nach der lektüre von deMause war für mich die erkenntnis, dass derartig abgrundtief-gefühllose, sinnlos-brutale und bösartig-niederträchtige behandlung von kindern alleine wegen ihrer bloßen - störenden - existenz über jahrtausende den normalfall in fast allen menschlichen kulturen dargestellt hat. das war mir so nicht klar, und ich finde diesen brocken immer noch unverdaulich. was in den hier im blog bisher dokumentierten geschichten von kindermorden und -misshandlungen sichtbar wird, war bis vor ein paar jahrzehnten mainstream im umgang mit kindern, besonders in deutschland! auch und gerade in solchen extremen formen, wie sie heute - was ein ausdruck von echtem sozialen fortschritt ist - bei vielen menschen entsetzen hervorrufen. und trotzdem existieren die verschiedenen historischen modi von kinderbehandlung in einer gesellschaft gleichzeitig fort - wie finden Sie diese vorstellung? und wundern Sie sich vor diesem hintergrund noch wirklich darüber, warum ein ganz offensichtlich schwer soziopathischer mann wie hitler in diesem land an die macht kommen konnte? ein land, in dem kinder immer noch nach den vorstellungen einer nicht geringen zahl von leuten alles andere als kinder sein dürfen/sollen? aus kindern werden erwachsene, die nichts wirklich vergessen. punkt.

10. ach, wie gerne würde ich die hoffnung teilen können...alleine: es gibt da eine sache, oben schon angesprochen, namens autismus. und hier komme ich auch auf einen anderen punkt von oben zurück: mein hauptkritikpunkt - bisher - ist der imo von deMause unreflektierte bezug auf psychoanalytische ansätze bei seinen interpretationen. der bereits oft erwähnte j.e. mertz hat in seinem buch eine begründete schwere kritik an der psychoanalyse als ganzes geübt, die u.a. deren ignoranz gegenüber "als-ob"- und anderen simulationsphänomenen thematisiert. bei deMause kommt diese ignoranz dann zum vorschein, wenn er zwar dauernd die offensichtliche empathie- und allgemeine gefühllosigkeit bei den erwachsenen erzieherInnen korrekt wahrnimmt und beschreibt, aber dennoch äusserungen wie "erst schläge, dann liebe" oder auch "wer sein kind liebhat, der züchtigt es" unkommentiert hinnimmt - und es damit unterlässt, auf die unmöglichkeit des vorhandenseins von liebe vor dem hintergrund realer brutalität hinzuweisen. von liebe kann in den dargestellten szenarien absolut keine rede sein. er thematisiert stattdessen die mögliche angst vor liebe, was ein alternativer ansatz sein kann. aber nicht die sehr ungute möglichkeit, dass es sich zumindest bei einem teil der dargestellten erwachsenen um funktionell oder strukturell autistische personen handeln könnte, die aufgrund ihrer eigenen gewalterlebnisse (auch die von mertz als hypothese eingeführte "pränatale umprogrammierung" wäre als eine sehr spezifische art von gewalt aufzufassen!) in dem sinne quasi-mutiert sind, wie ich es unter punkt 5 kurz umrissen habe. der heutige wissensstand um genetik und neurobiologie, von ihm gut in teilen wiedergegeben, gibt für die möglichkeit einer solchen entwicklung durchaus material her, wie ich finde - und alleine eine solche verheerende perspektive als möglichkeit unserer kollektiven entwicklung müsste allgemeinen alarm auslösen!

soweit für den moment - lesenswert ist dieses buch auf alle fälle, und mich würden andere meinungen hier sehr interessieren.
monoma - 9. Nov, 14:53

ergänzend...

...sei aus dieser meldung zitiert:

"Für den Wiesbadener Kriminologen Prof. Rudolf Egg sind die publik gewordenen Fälle von verwahrlosten Kindern nur die Spitze des Eisberges. "So etwas kommt wesentlich häufiger vor, als es sich die Öffentlichkeit vorstellen kann", sagte er.

Die Zahl der verwahrlosten Kinder werde in Deutschland überhaupt nicht statistisch erfasst. Meist seien Kinder in Familien betroffen, in denen sich die Eltern mit der Betreuung sehr überfordert fühlten. Fälle von Verwahrlosung gebe es häufig auch bei sehr jungen Müttern oder bei Eltern, die in jungen Jahren ebenfalls Opfer wurden, betonte der Experte."


(danke an quirinus aus der virtuellen nachbarschaft, der diese meldung dokumentiert hat.)

monoma - 10. Nov, 12:13

psychohistorie live...

...präsentiert in der "zeit" von heute:

"Kenner der deutschen politischen Psyche überrascht es nicht, dass wir wieder einmal in einer Phase der geistigen und politischen Selbstinterpretation angelangt sind, die an absolute Verzweiflung in gesellschaftlicher Gegenwart und Zukunft grenzt – wir befinden uns in einer Lage, in der der Ruf nach einem charismatischen Führer nur folgerichtig wäre, einem Leader, um das verdächtigte Wort zu vermeiden, der die Nation aus ihrer wirtschaftlichen, politischen, psychischen oder religiösen Sinnkrise herausführt, mit Max Webers Definition des Charismatikers zu sprechen. "

deMause, übernehmen Sie! - haargenau derlei situationen und äusserungen werden psychohistorisch als re-inszenierungen in dem sinne verstanden, wie es oben im blogbeitrag umrissen wird. ich war gerade selbst schwer überrascht von diesem zeit-artikel. und das der ruf nach einem führer/"leader" sich - für die verhältnisse dieses landes gesehen - noch in einem gewissen rahmen hält (der trotzdem bereits gewalttätig ist und gewalt produziert, siehe "hartz IV" und die "parasiten"), wäre also nach psychohistorischer logik primär dem verbesserten umgang mit kindern in den letzten jahrzehnten zuzuschreiben.

Morgaine (Gast) - 10. Nov, 20:22

Es tut gut, diesen Text hier zu lesen. Die "innovativen Mütter und ihren vielversprechenden Töchter" brauchen nämlich ganz viel Unterstützung, und werden so oft doch leider nur als Bedrohung des Bestehenden empfunden. Ich denke, dass überhaupt nicht gewollt ist, auch nur annähernd über die Bedeutung von Erziehung nachzudenken, denn das hieße, dieser "Leistung" einen ganz anderen, auch finanziellen, Stellenwert beizumessen. Ja, es hieße, grundsätzlich über die immer noch patriarchale Gesellschaft nachzudenken. Stattdessen wird lieber sofort mit der Mutterkreuz-Keule argumentiert, wenn nur die Wörter Erziehung und Zeit, Liebe, Geborgenheit, Vertrauen fallen. Ich kenne es von mir selbst nur zu gut, muß immer wieder vor mir und anderen betonen, dass ich ja auch noch Akademikerin bin. Natürlich spielt meine Bildung eine große Rolle, doch ist beispielsweise für den Mut, den Humor und den Umgang mit Technik und Natur meiner 12-jährigen Tochter entscheidend, dass ich genug Zeit für sie habe und sie mich hier zu Hause als Vorbild sieht: Die schreibende Mutter am PC, die anwesend ist.
Wir haben hier schon viel Einfluss ausüben können auf andere Mädchen, denen meine Anwesenheit und das Empowerment, das ich ihnen hier geben konnte, anscheinend gut getan hat. Die Frage, wie sich das für mich "rechnet", muß ich aber nicht erst erwähnen, oder?

Mit dem Begriff des im o.g. Text erwähnten Kinder-Holocaust habe ich meine Probleme, denn das würde eine systematische und absichtsvolle Vernichtung voraussetzen. Kinder werden gequält, verletzt, vernachlässigt, ja, getötet. Aber dahinter steckt nicht (mehr) der Plan einer organisierten Massenvernichtung. Das macht die Sache ja umso schwieriger. Das Leiden an den Folgen einer systematischen Massenvernichtung wäre offensichtlich. Die Gründe für die im Stillen erlittenen Traumata jedoch sind nicht offensichtlich. Sie müssen erst mühsam freigelegt und dann bearbeitet werden.
Morgaine - 10. Nov, 20:25

Leider ist kein Bearbeiten des Textes mehr möglich, die Fehler müssen also stehenbleiben. Beim nächsten Mal lese ich dann vorher Korrektur ... ,-)
Christian Lackner (Gast) - 26. Jan, 19:57

Das emotionale Leben der Nationen

Habe mich sehr gefreut diesen Beitrag zu lesen. Lloyd wird am 27. März um 19 Uhr im Kings College in London das nächste Mal in Europa zu treffen sein und dort eine Rede über "Ending British Child Abuse" halten.

Christian Lackner

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