notiz: die systemimmanente normalität...

...offenbart sich z.zt. nicht zum ersten mal in einer derart unangenehmen ballung, dass ich weder die lust noch die energie dazu verspüre, die eigentlich bei jedem der folgenden themen nötige erweiterte betrachtung zu schreiben - so also der schnelldurchlaufmodus.

*

hatte ich neulich erst vom
super-gau für die römisch-katholische kirche geschrieben, so kann ich gleichfalls auch die damalige überschrift recyclen: schlimmer geht immer. wobei ich nicht nur in der sz etliche kommentare dahigehend besonders spannend finde, die die gesamte - nicht nur katholische - realität in den heimen und auch den schulen der "alten", ach so idyllischen brd in den focus nehmen. denn es ist keineswegs eine relativierung der sexualisierten gewalt, wenn auch die "ganz normale" körperlich-psychische gewalt als eben solche begriffen wird - die offen sexualisierten taten werden mir manchmal zu sehr in den blickpunkt gerückt; und derart kann dann schnell eine durch nichts begründete hierarchie entstehen.

im kommentarbereich zum gerade verlinkten sz-artikel oben schreiben einige user aus ihrer schulzeit an staatlichen schulen in den 1970er jahren. das führte bei mir zu einigen erinnerungen:
  • grundschule in niedersachsen, erste frühe hälfte der 1970er: einige lehrer waren schon um die sechzig, mithin noch in der weimarer republik ausgebildet - und da waren bei gelegenheit ohrfeigen völlig "normal" - in der vierten klasse.
  • ebenfalls in niedersachsen, die sog. orientierungsstufe - fünfte und sechste klasse, in der - ja, die selektion auf eine der drei dann folgenden schultypen (haupt- und realschule sowie gymnasium) stattfand, mitte der 70er: entschieden jüngere lehrkräfte arbeiteten mit folgenden innovativen pädagogischen methoden: englische vokabeltests fanden derart statt, dass die ganze klasse auf die tische steigen musste und dann alle abgefragt wurden - richtige antworten führten zunächst zum abstieg auf den stuhl (immer noch stehend), dann durfte nach einer weiteren richtigen antwort wieder gesessen werden. preisfrage: wie fühlt man sich, wenn man am ende zu den zwei oder drei gehört, die immer noch auf den tischen stehen, wenn alle anderen schon sitzen? spielen Sie das für sich in gedanken ruhig mal durch - obwohl das nur eine ungefähre annäherung an die realität sein kann.

    gleiche schule: ein lehrer hatte die angewohnheit, während des unterrichts ständig um die gesamte klasse (wir saßen damals in einem großen quadrat) zu tigern. hielten nun zwei leute ein kleines schwätzchen während des unterrichts, so spitzte er seinen zeigestock (plastik) an (mit einem bleistiftanspitzer), schlich sich von hinten an die störerInnen an und rammte dem oder der ersten den stock in den rücken. gleichfalls flogen seitens anderer lehrer öfter schlüsselbünde durch die luft, wieder im falle einer unbotmässigen "störung", zu der alleine schon (scheinbare) mangelnde aufmerksamkeit gehörte. fliegende, mit wucht geworfene kreidestückchen fallen hingegen gegen metallende schlüssel schon stark ab und können schlimmstenfalls nur im wahrsten sinne des wortes ins auge gehen.
unspektakuläre "normalität" damals - ich weiß nicht, ob sich je eltern deswegen beschwert hätten. und gewiss auch "kleinigkeiten" gegen die sich jetzt endgültig offenbarenden realitäten der heime - aber eben auch nicht als irgendwie getrenntes zu sehen, sondern als systemischer umgang mit kindern vor dem hintergrund einer gesamtgesellschaftlichen traumatischen matrix. mittels solcher methoden werden bzw. wurden ganze generationen ver- und gestört.

*

viele derart traktierte menschen sind selbst dann nicht in der lage, sich zu wehren, wenn ihnen die eigene obrigkeit das fell über die ohren zieht und jegliche maske fallen lässt:
Wirtschaftsführer mit Merkel "nicht ganz zufrieden", Spitzenmilitärs der Bundeswehr versuchten, die Folgen des Kunduz-Bombardements herunterzuspielen- nur zwei von unzähligen überschriften bzw. headern heute, die tragende systeminstitutionen als das kenntlich machen, was sie im kern sind: konstrukte angemaßter macht, bei denen im zweifelsfall ganz ähnliche methoden und haltungen zu finden sind, wie sie in der parallelwelt - ist das überhaupt noch eine? - der organisierten kriminalität die norm bilden. wobei ich die überschrift in der "zeit" wirklich allerliebst finde - treffender lassen sich die realen machtverhältnisse jenseits der demokratiesimulation fast schon nicht mehr in einen einzigen satz packen. die spieler in und hinter den kulissen sind mit ihrer marionette ganz offensichtlich unzufrieden. und wahrlich, für all ihre spenden können sie ja auch etwas erwarten - das ist schliesslich eine leistungsgesellschaft. eine hand wäscht die andere.

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ein anderes, implizites prinzip der hiesigen leistungsgesellschaft lautet so:
wo gehobelt wird, fallen späne. und "hiesig" deshalb, weil das dargestellte auch eine sehr "deutsche" reaktion darstellt: in diesem land ist offener, gar geplanter und konsequenter widerstand gegen selbsterklärte "eliten" und angemaßte autoritäten seit generationen für zu viele immer noch etwas unvorstellbares, ja schon fast naturwidriges. lieber also depressiv werden - das lässt sich in einem gewissen sinne als form von autoaggression begreifen. oder aber der depression durch identifikation mit der macht entgehen und ihre wahnsinnigen spaltungs- und fragmentierungsmanöver nachvollziehen: treten gegen noch schwächere, oder gerne auch gegen äussere feinde - wenn der papierprügel mit den vier buchstaben heute zumindest online titelt "Ihr griecht nix von uns", dann wird der medial sedierte hartz-IV-empfänger erleichert aufatmen, vergessen, dass er selbst gerade noch die zielscheibe war (und wieder werden wird) und denken: "genau. immer diese korrupten südländer. nicht mit uns deutschen"

herrschaftstechniken - so platt wie immer noch wirkungsvoll. die tiraden der westerwelles, sarazzins, clements, henkels und wie sie sich alle schimpfen gegen die
parasiten im innern sind absolut deckungsgleich mit der chauvinistischen mobilisierung gegen "die griechen. beides hat den gleichen hintergrund. und zeigt in gewissem sinne auch an, wie weit die panik und paranoia der "elitären" vollhonks im angesicht ihres eigenen möglichen untergangs mit ihrem system bereits gediehen ist. leider ist das auch ein indiz dafür, wie gefährlich die gesellschaftliche situation inzwischen tatsächlich ist.

*

wo ich gerade beim stichwort bin - bezgl. griechenland und der dortigen, breit angeklagten korruption hatte ich in den
krisennews 41 u.a. geschrieben:

"und, ist das ein wunder bei den "elitären" vorbildern nicht nur in griechenland ? es ist immer wieder verblüffend, mit welcher chuzpe die apologeten der herrschenden a-sozialität sich dann immer wieder jammernd beklagen, wenn große teile von bevölkerungen beweisen, dass auch sie ihre lektionen der kapitalismusimmanenten regeln gelernt haben und sich im kleinen nicht anders verhalten als im großen die bankster und diverse transnationale konzerne."

dem habe ich nichts hinzuzufügen ausser der anmerkung, dass es schon schwer belustigend ist, wenn sich bspw. hier im land leute, die sich von hotelketten gesetze bezahlen lassen, ministerpräsidenten bzw. sich selbst vermieten und überhaupt allerlei lobbys zu einem großen teil die gesetzgebung überlassen, hinstellen und sich ganz ernsthaft über korruption beklagen wollen.

generell sind eigentlich eh neue krisennews bzw. zu griechenland ein special fällig - aber für den moment möchte ich nur sagen, dass ich griechenland für einen art testlauf halte - die dortigen spar- und kürzungsorgien werden mit zeitlicher verzögerung auch in so ziemlich allen anderen europäischen ländern anstehen - und wenn das bei der streitlustigen griechischen bevölkerung durchgedrückt werden kann, dann auch bspw. in
portugal, spanien, irland, großbritannien - und irgendwann auch hier und in den usa. deswegen dürften die kommenden tage und wochen nicht nur für die griechische bevölkerung sehr entscheidend sein - berichte, teils stark verzerrt, gibt´s an vielen stellen - aktuelle bilder vom heutigen tag, welche die bereits erfolgte eskalation der konflikte zwischen bevölkerung und regierung belegen, sind hier zu sehen.

*

zum schluß noch eine
meldung, die zwar schon einige tage alt ist, aber meiner meinung nach mehr thematisiert gehört:

(...) "Seen on a recent Citibank statement: 'Effective April 1, 2010, we reserve the right to require (7) days advance notice before permitting a withdrawal from all checking accounts. While we do not currently exercise this right and have not exercised it in the past, we are required by law to notify you of this change.' " (...)

hübsch, oder? nochmal:

"Auszug aus einer aktuellen Citibank Mitteilung: 'Ab dem 1. April 2010 behalten wir uns eine Frist von sieben (7) Tagen vor, bevor wir Abhebungen von einem Girokonto zulassen. Wir üben zwar derzeit diesen Vorbehalt nicht aus [...] aber wir sind gesetzlich verpflichtet, Sie über diese Änderung zu informieren.' "

die citi- bzw. neuerdings targobank - "so geht bank heute" - in texas teilt also mit, dass sie sich ab dem ersten april vorbehält, jegliche abhebungen von egal was für einem konto und egal welche summe erst nach vorheriger anmeldung mit sieben tagen vorlauf möglich zu machen. hat man schon jemals eine plattere prävention gegen einen möglichen bank run gesehen? es gibt übrigens meldungen, die noch nicht verifiziert sind, dass das keinesfalls a) nur die targobank in texas, sondern us-weit sowie b) nicht nur die targobank alleine betrifft; sowie c) diese massive änderung der agb direkt auf eine anweisung der FED zurückgeht. alle drei punkte lassen sich aber für mich bis zur stunde nicht prüfen, während die geschichte aus texas gesichert scheint. auch das ist etwas, was gut im auge behalten werden sollte - weil es leider in kombination mit etlichen anderen unheilvollen zeichen im zeichen der krise viel sinn - aus sicht der banken - machen würde.
monoma - 5. Mär, 21:01

ergänzung griechenland

ziemlich frisch kommen auf indymedia folgende infos von heute rein:

"Während es bereits gestern und die Nacht zu heute zu Zusammenstössen, Angriffen auf Banken und luxuriöse Einkaufszentren kam, wird heute versucht, die Abstimmung der beschlossenen Maßnahmen direkt zu verhindern. Jedes Gesetz muß vor Abstimmung veröffentlicht werden und so wurde zuerst versucht die dafür zuständige Redaktion zu blockieren bzw. zu besetzen. Anschliessend richteten sich die Aktionen direkt gegen das Parlamentsgebäude. Dabei kam es zu Zusammenstössen mit MAT-Einheiten. Nach ersten Schätzungen beteiligen sich in Athen z.z. 7000 Demonstranten an den Aktionen und es kommt zu Auseinandersetzungen an verschiedenen Stellen.

Durch Bullen verletzt wurde der berühmte 80-jähriger Widerstandskämpfer Glezos, der nach dem erzwungenen Abzug der Nazis die Hakenkreuzfahne von der Akropolis geholt hatte.

Ein Gewerkschaftsbonze wurde von erbosten Demonstranten verletzt.

Auch in anderen Städten:
In Ioannina zerstörten 700 Demonstranten massiv Überwachungskameras.
In Thessaloniki brannten Barrikaden gegen Tränengas
In Volos wurde ein Supermarkt geplündert und die erbeuteten Waren auf dem Wochenmarkt verteilt.

Gleichzeitig gehen die Streiks in verschiedenen Bereichen weiter und es wird damit gerechnet, daß sich Lohnkürzungen, etc. auch im privaten Sektor breit machen werden und dadurch die Lage weiter eskalieren wird."


das klingt noch nicht nach einer militanten massenbewegung, aber sowohl ansätze als auch voraussetzungen dafür sind durchaus vorhanden.

sansculotte - 5. Mär, 21:59

Danke. Hier noch einige Richtigstellungen zu Griechenland:

Griechenland, der Euro und die Spekulationswelle

Harri (Gast) - 6. Mär, 09:51

citibank

Du verwechselst hier wohl was. Die Citibank ist in USA immer noch die Citibank. Aus der Citibank Deutschland ging die Targobank hervor. Es sind zwei unterschiedliche Banken, die nichts mit einander zu tun haben.

Gruß, Harri

monoma - 6. Mär, 12:22

uups, danke...

...für die korrektur - da habe ich zu sehr an den (blöden) spruch gedacht...

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