griechenland: militante proteste von staatsbeamten und bauern
generalstreik in frankreich: hohe beteiligung quer durch die bevölkerung; eine million menschen bei ca. 200 demonstrationen auf der straße
großbritannien: bericht und einschätzung zur sozialen situation
hiesige großbanken und ihre parteispenden
warnung vor humanitärer katastrophe als krisenfolge in sog. "entwicklungsländern"
*
griechenland ist momentan in den allermeisten medien nur noch im zusammenhang mit einem möglichen staatsbankrott ein thema, und das ist zwar bedauerlich, aber auch bezeichnend - vor allem deswegen, weil es interessant wäre zu sehen, wie der hiesige mainstream sich beim versuch verrenken würde,solche ereignisseim üblichen raster von "krawallsüchtigen linksextremen jugendlichen" unterzubringen:
"Im Zentrum Athens haben sich am Mittwoch Staatsbeamte und Polizisten geprügelt. Rund 800 Staatsbedienstete - in ihrer Mehrheit Gewerkschaftsvertreter aus allen Landesteilen - protestierten gegen Probleme mit der Pensionskasse und versuchten ins Wirtschaftsministerium einzudringen. Dort wollten sie mit Spruchchören ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas ein. Dabei kam es zu Rangeleien und Prügeleien, wie das Fernsehen zeigte."(...)
(ich kann das betretene schweigen in vielen redaktionen beim eintreffen dieser meldung förmlich hören...) ebenfalls unerwünscht dürften auch berichte darüber sein, welche weiteren berufs- und bevölkerungsgruppen dort mittlerweile in aufruhr sind:
(...)"Die seit über einer Woche andauernden Straßenblockaden griechischer Bauern, die mehr staatliche Hilfen fordern, bröckeln indes allmählich. In der Nacht zum Mittwoch gaben sie die Brücken über dem Kanal von Korinth wieder frei. Damit ist eine der wichtigsten Straßenverbindungen Griechenlands zwischen der Halbinsel Peloponnes und dem übrigen Land wiederhergestellt. Auch die Blockade des Grenzübergangs zur Türkei bei Kipoi-Ipsala wurde beendet, berichtete das griechische Radio weiter.
Dagegen blieb die Lage im Norden des Landes trotz Abzugs hunderter Traktoren von einer Blockade bei Larissa gespannt. Bauern blockierten weiterhin mit Traktoren und schwerem Gerät zwei wichtige Grenzübergänge zu Bulgarien.(...)
Angesichts sinkender EU-Subventionen und fallender Weltmarktpreise fordern die Bauern aber mehr Hilfe vom Staat. Sie betonen, sie hätten in den vergangenen zehn Jahren 24 Prozent ihres Einkommens verloren."(...)
das es zu den jeweiligen forderungen auch durchaus kritisches anzumerken gibt, werde ich später nochmal aufgreifen.
*
im gegensatz zum oben erwähnten schweigen bezgl. griechenland kann der heutige generalstreik in frankreich nicht einfach unter den tisch fallen gelassen werden, und ein erster rundblick durch die medienlandschaft fördert teilsüberraschendeszutage:
(...)"Hier in Bordeaux beispielsweise war der Aufmarschplatz, von dem die Demonstration um 10.30 Uhr aufgebrochen war, um 13:00 immer noch rappeldickevoll, und es trafen noch mehr Streikbelegschaften aus der Region Gironde ein. Docker, Postler, Lehrer.
Gut gelaunt lärmende Schüler mit selbst gemalten Plakaten beispielsweise und Banker mit Schlips. Arbeiter im Blaumann tragen Transparente, die offenbar schon viele Jahre im Dienst sind; das Krankenhauspersonal trägt weiß. Es treten protestierende Statistiker auf, sowie die Psychologengewerkschaft. Ein älterer Herr mit Hut hat ein Schild gemalt: "Sarkozy, treten Sie zurück!" – der Schriftzug ist akkurat, so wie der gesamte Habitus des Mannes. Ah, da kommen die Drucker. Dort sind die Beamten der Handelskammer.(...)
Kann sein, dass das drohende Auseinanderfallen der Gesellschaft in einer Krise wie der gegenwärtigen nicht zuletzt, vielleicht sogar besonders durch den gemeinsamen Protest aufgehalten wird.
Zuweilen krachen Knallkörper, wenn dann auch noch bengalisches Feuer brennt, erzeugen die knallroten Flammen und dichten Rauchschwaden durchaus so etwas wie Revolutionsatmosphäre. Im Hintergrund ertönt die "Internationale".(...)
so die "zeit" in einem ersten bericht, und der sympathisierende unterton ist unüberhörbar - und die these vom gemeinsamen protest als eine art kitt von fragmentierenden gesellschaften ist ja schon beinahe etwas subversives. soweit gehen andere medien nicht, aber es gibt durchaus ähnlicheungewohnte töne:
(...)"Mehr als eine Million Angestellte aus dem Staatsdienst und der Privatwirtschaft beteiligten sich am «Schwarzen Donnerstag» am ersten Generalstreik seit Sarkozys Amtsantritt und legten das öffentliche Leben größtenteils lahm. Als «Tag der Wut» gegen Sarkozy interpretierte die linksgerichtete Zeitung «Libération» den Protest der Massen. Zumindest für einen Tag bildete sich eine geschlossene Front aller linken Oppositionsparteien und der acht wichtigsten Gewerkschaften im «Kampf für Beschäftigung und Kaufkraft».
«Für Beschäftigung, Kaufkraft, Gerechtigkeit»: Die Gewerkschaften wollen mit ihrem Muskelspiel einen generellen Kurswechsel der Regierung in der Finanz- und Wirtschaftskrise erzwingen. «Alle gemeinsam gegen die Macht», ruft ein CGT-Gewerkschafter in die Mikrofone. «Yes, we can.» Auch die radikale Gewerkschaft SUD sieht in dem Protesttag «nur eine Etappe». In der Krise müsse man den «Klassenkampf intensivieren», sagt SUD-Chef Christian Mahieux."
warum eigentlich "schwarzer" donnerstag? eher scheint es ein sehr bunter und lauter gewesen zu sein. und schon wieder müssten sich bei den hiesigen verfassungssschützern die nackenhaare aufstellen: "alle gemeinsam gegen die macht", "klassenkampf intensivieren" - wenn sich bürgerliche medien hierzulande genötigt sehen, solche parolen wiederzugeben, ist das eigentlich als deutlichster beleg dafür zu sehen, dass unsere nachbarbevölkerung heute wieder mal was eindrucksvolles in sachen solidarischer vertretung der eigenen interessen auf die beine gestellt hat. einen ersten und ganz kleinen atmosphärischen eindruck liefert das folgende video, ich würde ja auf paris als ort der szene tippen:
"wo man singt, da lass dich nieder..." - nun macht ein tag generalstreik, auch wenn er so massiv wie heute ist, noch keinen frühling der revolte und erst recht keinen sommer einer nötigen revolution von historisch noch nicht dagewesener art. aber als mögliches auftaktzeichen für in diese richtung gehende prozesse ist das vermutlich nicht nur von den französischen "eliten" ganz richtig verstanden worden:
"Die Regierung betrachtet die Entwicklung mit Sorge. «Uns beunruhigt nicht der Protesttag, sondern was danach passiert», erklärte ein Präsidentenberater dem regierungsnahen Blatt «Le Figaro». Um die Konflikte zu begrenzen, stoppte Sarkozy umstrittene Maßnahmen wie die Schulreform oder die Aufweichung des Wettbewerbsrechts für die Medien. Damit hat der Druck der Straße Sarkozy schon auf Gebieten zum Rückzug gezwungen, wo die Opposition im Parlament machtlos zuschauen musste."(...)
und es wird versucht, zu kanalisieren:
(...)"Die Regierung hofft, dass die gemäßigten Gewerkschaften wie die CFDT den Groll der Basis unter Kontrolle halten. «Wir müssen dafür sorgen, dass sich Unmut ausdrücken kann», sagt CFDT-Chef Francois Chérèque. «Sarkozy hat eine von den Sozialpartnern organisierte Streikbewegung lieber als Anarchie», erklärt ein Präsidentenberater. «Wir müssen raus aus der Konfliktkultur, bei der man blockieren muss, um etwas zu erreichen.» Sarkozys Partei UMP fordert Strafen bei «Missbrauch des Streikrechts».(...)
sprich: der elitäre alptraum von griechischen oder isländischen verhältnissen soll unbedingt vermieden werden. muss ich noch hinzufügen, dass ich mir dringend erhoffe, dass die französische bevölkerung sich genau in diese richtung einer selbstorganisation orientiert? die entscheidende frage wird aber nicht nur dort sein, was in dem moment passieren wird, wenn sich eine kritische masse von menschen vor allem über zwei dinge klar wird: 1. wir sind kollektiv von staat & wirtschaft ausgeplündert worden 2. unsere bisherigen lebensentwürfe sind im zuge dieser ausplünderung reif für die mülltonne. dann wird´s so richtig interessant. vor allem, wenn sich erst aus anderen kontinenten die betroffenen melden sollten und deutlich machen, dass das gesamte westlich dominierte modell von gesellschaft & ökonomie in der form einfach nicht mehr weiterzubetreiben ist. dann wird nämlich die hier noch allseits verpönte frage nach dem verzicht zugunsten derjenigen akut, die noch mehr als in europas metropolen unter dem durchdrehenden system leiden und tatsächlich tödlich bedroht sind. und dann erst folgt die wirkliche nagelprobe.
(...)""Sarkozy macht alles kaputt", klagt die 40-jährige Psychologin aus Paris. Und beginnt eine atemlose Aufzählung all dessen, was sich in den wenigen Monaten der präsidialen Amtszeit verschlechtert hat: die Schulen, die Krankenhäuser, die Fernsehsender, die Rentenversorgung, das Arbeitsrecht. Sandrine geht inmitten der zentralen Pariser Demonstration. Es ist eiskalt. Aber der Himmel ist blau. Und die Sonne scheint. Rundum auf der Bastille strahlen die DemonstrantInnen. Lange bevor sich die unüberschaubar große Menschenmenge in Bewegung setzt, haben sie das sichere Gefühl, dass dieser Tag die Dinge in Frankreich ändern wird.
"Wir sind mehr als eine Million Menschen auf den Straßen Frankreichs", hat schon vor Mittag der Chef der größten Gewerkschaft CGT angekündigt. Sein Kollege François Chérèque von der Spitze der Gewerkschaft CFTD hält die Demonstrationen für die "größten Streikdemonstrationen seit 20 Jahren".(...)
Es ist ein generelles Unwohlsein, das so viele Menschen in den Streik und viele von ihnen auch auf die Straße treibt.
Bei dem zentralen Demonstrationszug in Paris empören sie sich über den Kaufkraftverlust unter ihrem "Kaufkraftpräsidenten". Und über das "autoritäre Umgehen mit Andersdenkenden". Sauer sind sie auf die massiven Streichungen von Stellen in den Schulen, Universitäten und Krankenhäusern. Und darauf, dass "für die Großen, für die Banken und die Automobilhersteller Milliarden da sind".(...)
und in einemkommentarwird das folgende - und warnende - fazit gezogen:
(...)"Die aktuelle Krise hat die seit vielen Jahren größten französischen Demonstrationen von Beschäftigten verstärkt. Doch die Forderungen an diesem Tag, an dem Sarkozy erstmals in seiner Amtszeit in die Enge getrieben ist, gehen weit über die Krisenaktualität hinaus. Sie stellen Sarkozys Wirtschafts- und Sozialpolitik grundsätzlich in Frage.
Deswegen sollten die übrigen europäischen Regierungen die neue Sozialbewegung nicht unterschätzen. Denn indem sie den Abbau des Gesundheits- und Rentenschutzes, die Aushöhlung des Arbeitsrechts und die Schwächung des öffentlichen Dienstes anprangern, klagen die Streikenden in Frankreich auch die offizielle Politik der EU an.
Französinnen und Franzosen haben in der Geschichte vielfach besonders sensibel auf soziale Einschnitte reagiert. Das ist auch dieses Mal so, wo Sarkozy eine Politik betreibt, die dem deutschen Modell "Agenda 2010" folgt. Insofern ist die massive Mobilisierung gegen den Sozialkahlschlag in Frankreich nicht nur eine innenpolitische Warnung an Nicolas Sarkozy."
strike! und zumindest für das deutliche zeichen ein dickes "merci!" in die nachbarschaft.
*
wem nun angesichts der französischen lust am widerspruch mal wieder tränen des neides beim anblick der sedierten schafsherde hierzulande in die augen getreten sind, könnte sich auf eine zugebenermaßen billige und auch zynische art & weise mit einem blick auf einen anderen großen nachbarstaat trösten, der inzwischen gleich griechenland ebenfalls als heißer kandidat für einen totalbankrott gehandelt wird - großbritannien bzw. die dortige bevölkerung ist nicht nur in ähnlicher lethargie be- und gefangen wie viele hiesige mitmenschen, sondern hat es daneben auch im punkt staatlicher paranoider kontrolltendenzen fast geschafft, einen schäuble daneben wie ein weichei aussehen zu lassen - und das will nun wirklich was heißen.
die zeitschrift wildcat, seit jahren schon in positiv klassenkämpferischer arbeit und analyse unterwegs, hat nun gerade mit einer reihe von berichten begonnen, in denen die krisenfolgen von "unten" dargestellt werden, und der erste bericht kommt ausgroßbritannienund ist wirklich spannend zu lesen - auszug aus dem nachwort von anfang januar:
(...)"Seit der Niederschrift der obigen Antworten Ende 2008 gab es keine größeren Anzeichen für durchsetzungsfähigere Klassenkämpfe, aber vielleicht ist das gar nicht so seltsam. Schon damals waren das hauptsächlich Langzeitentwicklungen, die gerade ihre hässliche Seite zu zeigen begannen. Die dramatischsten Entwicklungen waren keine glücklichen (es sei denn, man glaubt an die Gleichung Verelendung = automatisch Antagonismus) und kamen nicht überraschend. Wie schon in den bürgerlichen Medien breit berichtet wurde, hat sich die Welle der Insolvenzen und präventiven Entlassungen von den Banken zu den Einzelhandelsketten verbreitet und zu dem, was an Produktion noch übrig war (solche »nationalen Champions« wie die Hoflieferanten für Tafelporzellan). Ein Großteil der Medienberichterstattung und Regierungspropaganda schreibt diese Firmenpleiten und Arbeitsplatzverluste immer noch unaufrichtigerweise direkt der angeblichen plötzlichen Konsumverweigerung durch die Verbraucher zu: Verweise auf die fremdfinanzierte Fremdfinanzierung, über die selbst das »Eigentum« an kleinen Geschäften organisiert ist und die nicht weiter verlängert werden kann, und auf Zusammenbrüche von Zuliefererketten (z.B. der Bankrott der Woolworth-Kette, der den ehemaligen Virgin-Einzelhändler Zavvi mit runterriss, weil Woolworth deren Hauptgroßhandelslieferant war) beschränken sich auf die Wirtschaftsseiten, und die Debatte über die »Kreditkrise« verläuft fast vollständig auf der Ebene von Krediten an Konsumenten und Hypothekengläubiger. Einen allgemeinen Überblick darüber zu bekommen, wie weit diese verzerrte Sichtweise akzeptiert wird, ist sehr schwer. (Ein winziges Beispiel: Ich arbeite bei einer kleinen Agentur für Presseausschnitte (nur ein paar hundert ArbeiterInnen), deren Eigentumsverhältnisse über privates Beteiligungskapital organisiert sind und die ab und zu »Mitarbeiterforen« abhält, auf denen sie die Geschäftsergebnisse verkünden und vorher eingereichte Fragen beantworten. Meine Frage zu den Chancen der Refinanzierung von Schulden aus dem kürzlich stattgefundenen privaten Firmenaufkauf wurde wegen der Vertraulichkeit privaten Kapitals zurückgewiesen, danach lösten sie das Forum auf. Inzwischen machen sich ArbeiterInnen einige Sorgen um die Überlebenschancen der Firma, aber fast immer auf der Ebene der Auftragseingänge durch Kunden und nicht der Anfälligkeit für Finanzvorgänge woanders.) Eines scheint allerdings sicher: Die Arbeitsplatzverluste haben noch nicht einmal richtig angefangen, und so führen die Medienberichte über vorübergehende Erscheinungen wie die Verkaufszahlen zu Weihnachten in die Irre."(...)
was deutlich wird - und was mir hierzulande ähnlich vorkommt - ist v.a. eine atmosphäre von angst und entsolidarisierung, und die könnte bei weiterer eskalation durchaus zum treibstoff für faschistoide mobilisierungen werden. auch gb ist in dieser hinsicht genau zu beobachten.
*
über die neuesten meldunge zu firmenpleiten, entlassungen, kurzarbeit und erwerbslosigkeit schreibe ich heute nichts - es sind einerseits zu viele, andererseits ist da eine in relation ähnliche entwicklung der zahlen zu beobachten, wie sie schon bei den diversen "rettungs"versuchen und -paketen für die banken zu beobachten war und ist - eine scheinbar exponentielle explosion von zuerst hunderten von millionen bis hin zu billionen. und auch bei den entlassungen sind wir schon in den zehntausenden, bei den kurzarbeitern und den (neuen) erwerbslosen schon in den hunderttausenden, und global werden inzwischenzweistellige millionenzahlenvon neuen erwerbslosen für möglich gehalten, und wie bei einem solchen desaster dann die arbeitsbedingungen derjenigen aussehen werden, die noch lohnzwangsarbeiten "dürfen", wollen Sie und ich womöglich gar nicht so genau wissen. aber es hilft ja alles nichts, auch wenn einen die dreistigkeit der protagonisten immer wieder mit offenem mund zurück lässt, ist es einfach bitter nötig, sich bspw. über die elitäreninteressensgeflechteund ihre folgen klarzuwerden:
"Trotz Finanzkrise haben die deutschen Parteien im vergangenen Jahr die meisten Großspenden aus der Bankenbranche erhalten.(...)
Allein die Deutsche Bank überwies im letzten Quartal insgesamt 500.000 Euro an CDU, SPD und FDP: Jeweils 200.000 Euro gingen an die CDU und die FDP, 100.000 Euro gingen an die SPD. Zu den Förderern gehörten auch die Commerzbank, der Finanz- und Versicherungskonzern Allianz sowie die Privatbanken Sal. Oppenheim und Berenberg.(...)
Mit Abstand die meisten Großspenden aus der Wirtschaft und von Privatleuten bekamen die Unionsparteien. Nach den Bundestags-Zahlen erhielten CDU und CSU insgesamt mehr als 3,5 Millionen Euro. Es folgen die FDP mit mehr als 930.000 Euro, die SPD mit mehr als 650.000 Euro und die Grünen mit 60.000 Euro. Die ebenfalls im Bundestag vertretene Linke bekam demnach keine Großspenden."(...)
diese im vergleich geradezu lächerlichen summen bezahlen wahrscheinlich die bankpförtner aus ihrer eigenen tasche, aber im ernst: schaut man sich an, wer warum gewählt wird und wer in wessen interesse was für handlungen durchführt, so bleibt nur das fazit, dass die beschimpfung der hiesigen bevölkerung als schafe erstens für diese tiere eigentlich beleidigend und zweitens eine extreme untertreibung ist. aber so ist das halt: wer sich ein leben jenseits von shoppen, stylen, dummschwätzen und medialer dauerverblödung weder vorstellen kann noch überhaupt die vorstellung wünschenswert findet, wird dann eben vor aller augen geplündert und darf sich darob dann berechtigt mit hohn und spott überschütten lassen. wie in einer der letzten news schon geschrieben: es gibt einfach eine grenze, wo ich trotz allem verständnis für die spezifisch deutschen probleme in sachen entwicklung von authentischen, empathischen und selbstbewußten persönlichkeiten einfach sehr, sehr ungeduldig werde und auch ein gutes stück mitverantwortlichkeit sehe. was denken die leute eigentlich, was sie noch zu verlieren haben? ihre imaginären renten, ihre öden reihenhaussiedlungen oder den anblick einer intelligenzbeleidigung wie dieter bohlen auf dem bildschirm?
(ps: wer das obige jetzt arrogant findet und fragt, wie ich mir so etwas herausnehmen kann, bekommt die folgende antwort: weil ich es mir aufgrund meiner biographie einfach erlaube. ich finde das system hier nicht erst seit gestern zum kotzen, und habe deshalb auch schon etliches an unbequemen konsequenzen gezogen, über die ich aber hier nicht reden werde.)
*
und wer noch nicht mal für authentische eigene interessen einstehen kann und will, ja diese noch nicht mal wahrnehmen kann, wird zwangsläufig erst recht mit den schultern zucken, wenn es um krisenfolgen in regionen geht, die bereits im kapitalistischen normalbetrieb nicht seltentödlichgetroffen sind:
(...)"Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat vor einer "humanitären Katastrophe" in der Dritten Welt durch die globale Wirtschaftskrise gewarnt. "Es besteht die Gefahr, dass sich die Krise in einem Kontinent wie Afrika in eine humanitäre Katastrophe mit Tausenden von Hungernden und Toten entwickelt"(...)
Durch die Verkoppelung von Ernährungs- und Finanzkrise müssten jetzt bereits weltweit wieder mehr als eine Milliarde Menschen hungern."(...)
so weit, so schlecht, so richtig. aber dann folgt wieder einer jener unzähligen schlechten witze dieser tage:
"Wieczorek-Zeul versicherte, Deutschland werde bei der Entwicklungshilfe "nicht nachlassen". Dazu sollen auch 100 Millionen Euro dienen, die im zweiten Konjunkturpaket zusätzlich an Entwicklungshilfe enthalten sind. Das Geld soll in einen neuen Infrastrukturfonds der Weltbank fließen. Insgesamt sind im laufenden Etat des Entwicklungsministeriums Ausgaben von 5,8 Milliarden Euro eingeplant."(...)
die summen, die jeweils für irgendwen oder irgendetwas ausgegeben werden, sind nicht zuletzt auch immer ausdruck von prioritäten und wertigkeiten. und vor diesem hintergrund kann jeglicher vergleich von den summen, die sowohl den banken hinterher geschmissen werden als auch für "die armen" gedacht sind (und nicht nur in d-land), hinsichtlich der verantwortlichen "eliten" nur in einem fazit enden, ja nur mit einem wort:
im letztenbeitragzum nichtendenwollenden israelisch-palästinensischen konflikt hatte ich ein älteres fazit mit eigenen gedanken zu möglichen auswegen wiederholt, in dem u.a. das folgende enthalten ist:
"parallel zu diesen maßnahmen müsste dann in allen beteiligten gesellschaften besonderes gewicht auf die entwicklung ziviler strukturen / entmilitarisierung gelegt werden"(...)
und jenseits der üblichen, lautstarken und vor allem bei den beteiligten außerhalb der kriegszone auch von äußerst zweifelhaften motivationen begleiteten öffentlichen positionierung zugunsten von einer der beiden seiten spielen ansätze gesellschaftlicher initiativen in israel und palästina, die im genannten zivilen und antimilitaristischen sinne aktiv sind, bisher weder vor ort und erst recht nicht im rest der welt irgendeine besondere rolle in der öffentlichen diskussion. und umso mehr freut es mich, mit meinen leserInnen die zumindest mir ganz neuen informationen zur existenz dershministimteilen zu können:
(...)""Die gegenwärtige Gewalt ist ein Ergebnis jahrzehntelanger Besatzung sowie einer Blockade des Gaza seit dem Rückzug aus diesen Gebieten", erklärte Maya Yekhieli-Wind vor ihrer Inhaftierung angesichts des aktuellen Krieges in Gaza. "Die sinnlose Besatzung von Millionen führt nur zu einer Radikalisierung ihrer Positionen, zu Hass und der Eskalation der Gewalt. Gewalt ist ein Kreislauf, der sich selbst nährt. Dieser Kreislauf wird nicht enden, bis jemand aufsteht und sich ohne Kompromisse weigert, daran teilzunehmen. Das ist es, was ich heute tue."(...)
Raz Bar-David Varon und Maya Yekhieli-Wind gehören einer Gruppe von 60 Abiturientinnen und Abiturienten an, die sich im Sommer 2008 als Shministim zusammengeschlossen haben. Gemeinsam hatten sie, Frauen und Männer, gegenüber dem israelischen Verteidigungsminister erklärt, dass sie sich gegen die "Besatzungs- und Unterdrückungspolitik der israelischen Regierung" wenden. "Wir werden uns deshalb weigern, an den Aktionen teilzunehmen, die vom israelischen Militär in unserem Namen durchgeführt werden." Bislang wurden acht von ihnen zumeist mehrfach inhaftiert."(...)
die motivationen der zuletzt genannten acht lassen sichhierin deutscher sprache nachlesen; raz bar-david varon und maya yekhieli-wind sind aktuell zum wiederholten male inhaftiert. und in einem kriegführenden staat verlangt die demonstrative verweigerung nochmals wesentlich mehr mut, als ich ihn bspw. bei meiner eigenen, schon einige jahrzehnte zurückliegenden, totalen kriegsdienstverweigerung (= auch ablehnung des "zivilen" ersatzdienstes als bemäntelung der "wehrpflicht"erfüllung) brauchte, der "nur" eine bewährungsstrafe folgte. aber bis heute fühle ich mich solidarisch mit allen, die grundsätzlich das angemaßte "recht" der jeweiligen staaten in frage stellen, ihr eigenes leben in destruktiven bewaffneten auseinandersetzungen zu opfern - und zwar in der regel meist für zweifelhafte und fremde interessen.
und gerade in israel braucht so eine entscheidung mut, denn dieser staat existiert real ständig mit einer mehr oder weniger großen bedrohung von außen, die die notwendigkeit für eine bewaffnete verteidigung noch eher nachvollziehbar macht als anderswo, und das dürfte für große teile der israelischen bevölkerung auch aus eigenem erleben außer frage stehen. umso eindrucksvoller ist die entscheidung der jungen männer und frauen der shministim für mich, trotz dieser lage einen grundsätzlichen schritt zu versuchen, um endlich räume jenseits der schier unlösbar erscheinenden traumatischen täter-opfer-dialektik zu öffnen. und wenn man sich genauer ihre motivationen anschaut, wird sowohl ihre vielfältigkeit als auch die entschiedenheit deutlich:
"Ich glaube, dass es richtig ist, der Gesellschaft, der ich angehöre, zu dienen. Und genau das ist der Grund, warum ich mich weigere, mich an den Kriegsverbrechen zu beteiligen, die mein Land begeht."
omer goldman
"Es ging mir wie vielen anderen Israelis. Auch ich konnte die israelische Armee nicht wegen ihrer unmoralischen Aktionen kritisieren oder sie damit konfrontieren. Ich stelle fest, dass diese Schwierigkeit daher rührt, dass ich mich mit den SoldatInnen meines Alters verbunden fühle, die auch meine Freunde sein könnten. Heute bringt mich genau diese Erkenntnis dazu, dass ich die Ableistung des Militärdienstes verweigere. Ich kann nicht die Menschlichkeit der Israelis anerkennen und Palästinenserinnen und Palästinenser davon ausschließen. Gerade wegen meines tiefen Gefühls der Verpflichtung und Verantwortung der Gesellschaft gegenüber, in der ich aufwuchs, weigere ich mich, am Kreislauf des Blutvergießens teilzunehmen."
maya yekhieli-wind
auf derwebsiteder gruppe lassen sich sowohl die aktuellsten infos als auch möglichkeiten zur unterstützung nachlesen.
(und ich bedanke mich noch beichefür den hinweis.)
und für diese situation finde ich nur noch die bezeichnungheulender wahnsinnangemessen - wäre es nicht an der zeit, zumindest dort von einer depression zu sprechen?
(...)"Die Suppenküchen und Lebensmitteltafeln zwischen New York und Los Angeles wappnen sich dem Artikel zufolge für die größte Herausforderung, der sich dieses Wohltätigkeitssystem seit dessen Aufbau in den Sechzigern stellen muß. Es gebe Planungen, neue, große Einrichtungen zur Nahrungsmittelvergabe in den Städten zu errichten. Das Ziel, besonders den »arbeitenden Armen« genügend Nahrungsmittel zur Verfügung zu stellen, die neuesten Untersuchungen zufolge bereits die größte Gruppe der Unterernährten in den USA stellen. Der Bedarf wachse der ersten Generation der Suppenküchen bereits »über den Kopf«, berichtete Robert Egger, der Präsident das Wohltätigkeitsverbandes Central Kitchen.(...)
Derzeit bemühten sich viele Sozialverbände, staatliche Zuschüsse für ihre Lebensmittelprogramme zu erhalten, berichtete die Washington Post. Allerdings ließe das Engagement der Bundespolitik arg zu wünschen übrig. Der Harvard-Professor J. Larry Brown stellte beispielsweise kürzlich eine Studie vor, derzufolge die Ausweitung staatlicher Zuschüsse um zwölf Milliarden Dollar ausreichen würde, um Hunger und Unterernährung in den Vereinigten Staaten größtenteils zu beseitigen. Dennoch sei eine Ausweitung der Vergabe von staatlich finanzierten Lebensmittelmarken nicht in Sicht, monierte die Washington Post. »Mir ist keine Nation bekannt, die die Ernährungssicherheit ihrer Bevölkerung durch private Wohltätigkeitsorganisationen sichergestellt hätte«, erklärte Brown. Es gebe »eine bundesstaatliche Verantwortung, der nicht nachgekommen wird.«
Insgesamt sind 35 Millionen Bürger der Vereinigten Staaten von Hunger oder Mangelernährung betroffen. Auf der anderen Seite werden laut Erhebungen des US-Landwirtschaftsministeriums jährlich Lebensmittel im Wert von 31 Milliarden Dollar – was etwa einem Fünftel der gesamten Produktion entspricht – vernichtet, da sie auf keine zahlungskräftige Nachfrage treffen. 49 Millionen Menschen hätten mit diesen Nahrungsmitteln ernährt werden können.
Wachsende Verelendung mitten im Überfluß kennzeichnet auch die Wohnsituation von immer mehr US-Amerikanern. Landesweit entstehen immer neue Zeltstädte. In diesen wild wuchernden provisorischen Siedlungen sammeln sich all jene ehemaligen Hausbesitzer, die ihre Hypotheken nicht mehr abzahlen konnten und sich nach einer Zwangsversteigerung auf der Straße wiederfanden. Allein im Großraum Los Angeles seien 60000 Häuser auf diesem Wege in den Besitz der Banken übergegangen, meldete die BBC. Die ehemals der amerikanischen Mittelklasse angehörenden neuen Obdachlosen würden oft schikaniert oder vertrieben. In etlichen Städten gingen Sicherheitskräfte gegen die Lager vor und zerstörten die Zelte."(...)
letzteres ist in diesem video zu sehen:
und nicht nur in der nahrungsfrage werden die spezifischen eigenarten des kapitalismus dann voll sichtbar:
(...)"Auf der anderen Seite hat die Hypothekenkrise zu Wohnraumleerständen in bisher unvorstellbaren Größenordnungen geführt. Laut dem US-Ökonomen Richard Wolff beträgt die Quote beispielsweise in Cleveland (Ohio) bereits zehn Prozent. Die Konsequenz der Stadtverwaltung ist nicht etwa, die Obdachlosen dort einzuquartieren. Im Gegenteil: Wenn die Häuser nach einer gewissen Zeit keinen neuen Besitzer finden, sollen sie abgerissen werden. Ähnlich würden auch viele andere Städte handeln, so Wolff. »Es gibt Tausende von leeren Häusern und Tausende von Obdachlosen – und wir leben in einer Wirtschaftsordnung, die beide Probleme nicht lösen kann«, lautet sein bitteres Fazit."
ja, was sagt das wohl über diese wirtschafts"ordnung" aus? darüber dürfen jetzt immer mehr"freigesetzte"in den usa nachdenken - wenn sie von selbst drauf kommen würden, ihr bisheriges leben sowie ihre ziele einmal gründlich zu reflektieren. nicht nur ständige grenzverletzer und -überschreiter sind in ihrer funktion als täter verantwortlich, sondern ab einem gewissen punkt auch diejenigen, die diese ständigen übergriffe - und der entzug von nahrung und wohnung bzw. das stürzen von millionen in armut und verelendung ist ein existenzieller und brutaler übergriff - dulden und tolerieren:
(...)"Wegen der sich vertiefenden Rezession entlassen große Konzerne aus den USA und Europa quer durch alle Branchen zehntausende Mitarbeiter. Zum Wochenauftakt gaben etliche börsennotierte Unternehmen an einem Tag den Abbau von mehr als 50 000 Stellen bekannt."(...)
um genauer zu sein: es waren alleine heute 56.000 stellen! und das nur von den bekannteren und "großen" namen; wieviele kleine betriebe geben wohl derzeit täglich den löffel ab? es deuten jedenfalls zur zeit verdammt viele indizien darauf hin, dass wir tatsächlich in die endphase der globalen raub- und plünderungsökonomie, die auf ein ständiges und real unmögliches exponentielles wachstum angewiesen ist, eingetreten sind. und das bisher ohne praktikable alternativkonzepte.
...gibt es aktuell gerade einenartikelbei telepolis:
(...)"Wie Peek, dessen Gehirnhälften kaum miteinander verbunden sind, weisen Menschen mit Savant-Syndrom häufig deutliche Hirnanomalien oder schwere Hirnschäden auf. Etwa die Hälfte von ihnen leidet unter Autismus, so auch Tammet. Die Inselbegabten leben im Allgemeinen in ihrer eigenen, inneren Welt. Denn da sie häufig eine körperliche und/oder geistige Behinderung haben, können keine Auskunft darüber geben, wie sie ihre außergewöhnlichen Leistungen vollbringen – mit einer Ausnahme: Daniel Tammet.
Der Brite, der Ende Januar 30 Jahre alt wird, leidet nach eigenem Bekunden nur unter einer leichten Form von Autismus, dem Asperger-Syndrom."(...)
einen kommentar meinerseits dazu können interessiertehierfinden.
um die jeweiligen inhalte der krisennews etwas übersichtlicher zu gestalten, werde ich ab jetzt einleitend die themen kurz skizzieren.
wie sich die krise ins reale leben frisst: beispiele aus guatemala und österreich
bankster und die mafia: un sieht anzeichen für einsatz von drogengeldern zur banken"rettung"
britischer minister: "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked."
die krise und der profisport: "es geht ans eingemachte" im fußball und der formel 1
krisenkaskade: warum peak oil dafür sorgen wird, dass ein hypothetischer "aufschwung" sofort wieder abgewürgt werden wird
europäische staaten richten zentrale stelle zur beobachtung und vorwarnung von inneren unruhen ein
neues aus griechenland
und ein nachtrag: island
*
hierzulande ist es wohl größtenteils immer noch so: wer nicht gerade freunde/bekannte im umfeld hat, die zu der inzwischen in die hunderttausende gehenden zahl von entlassenen leih-, zeit-, oder kurzarbeitern gehören und selbst nicht über genügend kapital verfügte, um sich am weltweiten treiben der finanzmärkte zu beteiligen, dazu noch einen job hat und bei bedarf immer noch geld aus dem automaten bekommt, neigt verständlicherweise dazu - auch bedingt durch die regierungsamtliche desinformationspolitik - im angesicht der immer greller leuchtenden alarmsignale nur noch mit den schultern zu zucken - "ja und? was geht´s mich an?"
neben der bereits öfter konstatierten allgemeinen sozialen trance sowie der oben skizzierten eigenen erfahrungswelt dürfte zu diesem fatalen fehlschluss ein weiterer wahrnehmungsfehler beitragen, der daran liegt, dass menschen in der mehrheit dazu neigen, die verhältnisse bei sich und in dem ihnen zugänglichen umfeld umstandlos auch auf den rest der welt zu projizieren. das ist allerdings ebenfalls ein prozeß, der untrennbar mit dem vorgang der verdrängung all dessen zusammenhängt, was einen selbst in angst versetzen könnte. und eigene vorhandene zweifel werden im zuge dessen gleich mit (scheinbar) entsorgt, was sich daran erkennen lässt, dass nachfragen bezgl. der krise bei solchen zeitgenossen zunehmend zu genervteren bis aggressiven reaktionen führen können.
in gebieten wie bspw. den entvölkerten und vom leerstand befallenen vorstädten vieler us-städte, in den elendszonen osteuropas, in den globalen "automobilstandorten" und anderen zuerst von den krisenfolgen betroffenen zonen sieht die wahrnehmung entsprechend anders aus. erst recht in den planetaren elendszonen des trikonts, der sog. "dritten welt" - was der zusammenbruch der westlich dominierten globalen ökonomie dort anrichtet, lässt sich anhand diesesbeispielsaus guatemala ansatzweise erahnen:
(...)"28 Jahre lang hat sich Casa Alianza intensiv in Mittelamerika um Straßenkinder und mißbrauchte Heranwachsende bemüht. Ihre Sozialarbeiter waren wichtige Ansprechpartner für Tausende Kinder und Jugendliche, die ohne erwachsene Bezugspersonen aufgewachsen sind. In verschiedenen Krisenzentren und Kinderheimen wurde ausgestoßenen Kindern ein neuer Anfang ermöglicht und eine Zukunftsperspektive eröffnet. Das alles ist absehbar vorbei, von heute auf morgen. »Die Arbeit kann nicht weitergeführt werden«, erklärt Leonel Dubon, der Programmdirektor von Casa Alianza. »Uns stehen nicht mehr die notwendigen Mittel zur Verfügung.« Dabei sei die Lage der Kinder insgesamt »ziemlich hoffnungslos. Es gibt keine andere Organisation, die die Rolle von Casa Alianza übernehmen könnte. Dies ist ein harter Schlag für die Straßenkinder und für die Präventionsarbeit in den städtischen Armenvierteln.«(...)
Das Hilfswerk wird seit Jahren auch aus anderen Ländern unterstützt, doch der wichtigste Finanzgeber ist die US-amerikanische Organisation Covenant House. Als die Direktorin von Casa Alianza in Guatemala, Claudia Rivera, vor wenigen Wochen von einem Besuch der Covenant-House-Zentrale in New York zurückgekommen ist, war das düstere Ende schon abzusehen. »Ein gewisser Teil unserer Einnahmen hängt von den Börsenwerten ab. Die Einbrüche der Aktien haben uns geschadet. Außerdem hat die steigende Arbeitslosigkeit in den USA dazu geführt, daß weniger gespendet wird.«(...)
und so wird eine arbeit, die gesellschaftlich nicht nur dort vor ort, sondern auch global von unschätzbarer bedeutung ist - wenigstens die versuchte eindämmung von posttraumatischen störungen im gefolge von armut, struktureller gewalt, elendsökonomie und bürgerkrieg - ebenso bedenkenlos geopfert wie gleichzeitig versucht wird, den strukturell verantwortlichen weltweit die fortsetzung ihrer "spiele" zu ermöglichen - unter einsatz von fantastilliarden. straßenkinder, auch noch ohne weiße hautfarbe? wen interessieren die?
»Jetzt müssen die Straßenkinder die Konsequenzen der Fehler von Wallstreet-Brokern zahlen. Es trifft diejenigen am härtesten, die überhaupt nichts haben, keine Familien, kein Zuhause. Einige haben über Jahre hier im Heim gelebt, und jetzt werden sie wieder rausgeschmissen, vor die Tür gesetzt.«
Der fünfzehnjährigen Brenda steht der Schrecken ins Gesicht geschrieben. »Ich werde meine Freunde vermissen«, sagt sie. »Es ist schwierig, woanders neue Freundinnen zu finden. Wir waren aneinander gewöhnt. Es wird mir schwerfallen, all die Mädchen zu vergessen.« Brenda weiß nicht, wie es jetzt weitergehen soll. »Als ich noch zu Hause war, habe ich nie gelernt, was richtig ist und was falsch. Das habe ich erst hier erfahren und noch vieles mehr. Vielleicht werde ich jetzt auf der Straße leben.« Jedoch danke sie Gott für die 17 Monate, »die ich hier sein durfte«. Allerdings: »Ich habe Angst vor dem, was kommt.«
der letzte satz spielt, wenn auch in anderen dimensionen, ebenfalls eine hauptrolle in der befindlichkeit der bewohnerInnen einerkleinstadt in österreich:
(...)"In den Medien ist die Wirtschaftskrise allgegenwärtig. Aber richtig spüren kann sie erst, wer hierher kommt; oder in eine andere kleine Gemeinde in einer strukturschwachen Gegend. Kaum wo hat die Krise so stark eingeschlagen wie in Knittelfeld und Umgebung. Sie verändert das Leben von fast jedem hier. Viele Leitbetriebe haben bereits Kurzarbeit oder Stellenabbau angekündigt – vom Motorenbauer ATB in Spielberg über den Leiterplattenhersteller AT&S in Hinterberg bis zu Stahl Judenburg und Austria Federn. Das Ebenseer Betonwerk in Knittelfeld sperrt zu, das Wienerberger Ziegelwerk im angrenzenden Apfelberg hat Anfang November einen unbegrenzten „Winterstillstand“ verhängt.
„Früher hat es halt geheißen, die Leute müssen ein bissel flexibel sein und nach Graz fahren, wenn sie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Aber dort wird jetzt auch massiv abgebaut“, sagt ATB-Betriebsrat Michael Leitner, der sich gerade mit 80 Kündigungen im Betrieb herumschlagen muss. Die Leute sind verunsichert, und die Angst vor der Zukunft frisst sich wie ein Krebsgeschwür in die Köpfe. Ob beim Stammtisch, beim Damenkränzchen oder im Sparverein, es gibt kaum noch ein anderes Thema. „Viele fragen sich: Bin ich dabei? Trifft’s mich auch?“, erzählt der Knittelfelder „Bachwirt“ Sepp Hölzl."(...)
zuerst kommen die offenen elendszonen, dann die strukturschwachen gebiete, und am ende werden sich immer mehr auch in den strahlenden metropolen des planeten ebenfalls diesen fragen stellen müssen. in dieser hinsicht zumindest ist die krise eine art gleichmacher.
*
könnten solche ängste gekoppelt mit weiteren informationen über die reale struktur der globalen wirtschaft bei den betroffenen wenigstens eine art aha-effekt erzeugen? die sehr fließenden grenzen zwischen "legaler" und "illegalisierter" ökonomie waren im blog schon öfter thema, und vor diesem hintergrund mutet das folgende auchnicht wirklich überraschendan:
(...)""Vielfach ist Drogengeld derzeit das einzige verfügbare liquide Investmentkapital", so Costa: "In der zweiten Hälfte des Jahres 2008 wiederum war Liquidität das größte Problem des Bankensystems, und damit wurde flüssiges Kapital zu einem wichtigen Faktor."
Die UNODC habe Anzeichen gefunden, dass "Interbank-Kredite durch Geldmittel finanziert worden, die aus dem Drogenhandel und anderen illegalen Aktivitäten kommen". Es gebe "Hinweise, dass manche Banken auf diese Art und Weise gerettet wurden"(...)
wenn man sich klar macht, dass banken in verschiedenem ausmaß auch den service der geldwäsche für solche und andere (waffen- und menschenhandel zb.) gelder anbieten, auf den die verschiedenen global aktiven mafiösen corporations zwecks aufrechterhaltung des legalitätsanscheins dringend angewiesen sind, bekommen fragen danach, warum eigentlich seitens der "offiziellen" politik das ganze globale finanzsystems bis an den rand des eigenen ruins um jeden preis "gerettet" werden soll, eine weitere mögliche antwort - und zwar eine, die aufgrund ihrer unglaublichen implikationen für verhalten und position jedes einzelnen menschen in diesem system kaum jemand hören werden will.
*
und auch vor diesem hintergrund möchte ich hier einzitatdokumentieren, welches der betreffende zwar hinsichtlich der besonders prekären britischen situation gemacht hat, das aber nichtsdestotrotz in den heutigen zeiten eine deftige allgemeingültigkeit beanspruchen darf:
(...)"After watching the slide in bank shares on Friday, one cabinet minister did not altogether joke when he said: "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked."(...)
and capitalism sucks!
*
wer will, kann in den medienwirksamsten sportarten wie fußball und dem total durchgeballerten rennirrsinn der "formel 1" wie im spiegel die gleichen merkmale eines pathologischen exponentiellen wachstumszwangs erkennen, unter denen auch die restlichen bereiche der globalen gesellschaften ächzen: immer mehr von allem muss es sein; mehr zuschauer, mehr fernsehgelder, höhere ablösesummen und gehälter, mehr leistung - letzteres auch, wenn´s denn "sein muss", unter inkaufnahme des psychophysischen ruins von gedopten sportlern. aber auch hier beginnt die krise, die strukturellengrenzendes ganzen sichtbar zu machen:
(...)"In dieser Krise geht es wirklich ans Eingemachte", sagte Manager Hoeneß dem "Spiegel". Der Manager erwartet in den kommenden sechs Monaten deutliche Veränderungen bei den Besitzverhältnissen der Vereine.
Auch Bayern-Vorstandschef Rummenigge fürchtet angesichts der Krise um die Zukunft europäischer Klubs. Er habe von Kollegen aus England, Spanien und Italien von "ganz massiven Problemen" gehört, "weniger bei den absoluten Topklubs, aber eine Stufe darunter", sagte er der "Süddeutschen Zeitung": "Es scheint zahlreiche Klubs zu geben, die ernsthaft bankrottgefährdet sind."(...)
interessant ist vor allem, dass die argumentation analog der von hiesigen politikern in der jüngsten vergangenheit anmutet: "die großen" sind sicher, was sich bspw. beim blick nach spanien, wo die tatsächlichen - und seit eh und je hoch verschuldeten - riesen wie bspw. real madrid nicht unwesentlich von spanischen bauunternehmen gesponsert werden, irgendwie doch relativiert - das dürfte bei der rasanten krisenentwicklung nicht nur in spanien in bälde bei allen beteiligten zu der frage führen: "brot oder spiele?"
zum anderen erklärt rummenigge gleich mal die deutsche bundesliga implizit für "solide" und "krisenfest", was sich gleichfalls so überzeugend anhört wie das geschwafel von steinbrück im vergangenen herbst - "krise? nicht bei uns". schönreden bis zum eigenen untergang. und ähnliches ist auch beim nur noch mit dem wort "dekadent" zu bezeichnenden quatsch zu verzeichnen, hochgetunte autosim kreis um die wettefahren zu lassen:
"Die Weltwirtschaftskrise bremst die Formel 1 aus und zwingt die Rennställe, die Gürtel deutlich enger zu schnallen. Ein rigider Sparkurs soll den Teams und Herstellern das langfristige Überleben in der Königsklasse ermöglichen. Die Verantwortlichen sind bemüht Optimismus zu verbreiten – und beschwören die Chancen, die in der erzwungenen Schrumpfkur stecken. Echte Zuversicht oder Durchhalteparolen?(...)
Die Weltwirtschaftskrise bremst die Formel 1 aus und zwingt die Rennställe auf Sparkurs - mit teils drastischen Folgen: So schockte Honda die Serie Anfang Dezember mit dem sofortigen Rückzug aus der Formel 1. Aber auch Ferrari, Toyota und McLaren-Mercedes reagierten, verzichteten auf die bislang übliche pompösen Präsentation ihrer neuen Wagen für die Saison 2009. Und das Wort Personalabbau ist in aller Munde. Renault hat angeblich bereits 100 Mitarbeiter entlassen und Red-Bull-Teamchef Christian Horner befürchtet Ähnliches. Erste Betroffene sind die Mitarbeiter der Testteams, die wegen des Testverbots während der Saison alle aufgelöst werden."(...)
wenn die "formel 1" in den orkus gehen würde, wäre das endlich mal eine absolut positive krisenfolge.
*
in dieser reihe habe ich unter dem stichwort der krisenkaskade öfter versucht, meinen eindruck zu vermitteln, dass es sich bei der weltwirtschaftskrise "nur" um einen stein innerhalb eines gebildes handelt, welches die dem westlichen "way of life" huldigenden gesellschaften global an ihre grenzen und darüber hinaus führen wird. und so ist die derzeitige aufmerksamkeitsfixierung auf die ökonomische krise zwar verständlich, jedoch - wie eigentlich üblich - mal wieder außerordentlich kurzsichtig. genauso wie das bestreben, das system doch bitte so weiterlaufen lassen zu können wie bisher. peak oil war bereits oft ein thema, und ich kann zum wiederholten nur dringend davor warnen, die niedrigen ölpreise im moment als grund für sorglosigkeit anzusehen. es ist nämlich bereits jetzt schon absehbar, was im - allerdings immer hypothetischer werdenden - fall passiert, dass die derzeitige globale ökonomie nochmals die kurve kriegen sollte - sie würde in diesem falle umstandlos in ihrenächste strukturkriseeintreten:
(...)""Die Zeit billiger Energie ist vorbei“: Damit überschrieb die Internationale Energieagentur (IEA) im November ihren neuen Weltenergiebericht. Die weltweit geförderte Ölmenge, so die Kernbotschaft, werde im Jahre 2020 ihr Maximum erreichen (peak oil) und danach sukzessive zurückgehen. Hingegen werde die Ölnach-frage weiter anwachsen und das Preisniveau deutlich nach oben treiben. Von 2025 an sei ein Ölpreis von bis zu 200 Dollar pro Barrel möglich.
Zu Beginn des Jahres 2008 hätte diese Prognose sicherlich für viel Aufregung gesorgt. Doch Anfang 2009, in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise, ist diese überaus wichtige Meldung leider untergegangen. Die neue Ölmarktanalyse unterscheidet sich deutlich von früheren Berichten der IEA. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte weist die Energieagentur darauf hin, dass das Ölangebot weltweit seinem Ende entgegengeht – und die Ölpreise diesen Sachverhalt widerspiegeln werden. Besonders interessant ist das Ergebnis auch deshalb, weil die IEA bis vor Kurzem noch betont hatte, das Öl werde noch deutlich über 40 Jahre in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, und der Ölpreis werde auf maximal 60 Dollar pro Barrel im Jahre 2030 steigen."(...)
die jetzige krise stoppt u.a. auch alle investitionen in die schwerer zu erschließenden ölquellen wie die ölsande u.ä. - was zur folge haben wird, dass es sehr schnell zu einem unterangebot kommen würde, falls die globale nachfrage im zuge eines aufschubs (und nichts anderes wäre ein "aufschwung") für unsere art der ökonomie wieder anziehen würde - für diesen fall wird von verschiedenen seiten mit einem preisanstieg auf bis zu 200 $ pro barrel gerechnet, der sich sofort wieder in krisensymptomen niederschlagen würde. das ist übrigens auch der grund, warum ich die bisherige autoindustrie als historisches auslaufmodell bezeichne - aus dieser situation gibt es für diese industrie (und ganze andere ölabhängige industriezweige) in ihrer jetzigen form kein entkommen mehr. game over und ab zur mülldeponie der geschichte.
und dasblogder sehr lesenswerten seite oelschock.de drückt das grundsätzliche problem hinsichtlich wirtschaftskrise & peakoil so aus:
(...)"Stattdessen ist der Super-GAU aller Peak-Oil-Warner eingetreten: Ohne dass die allgemeine Öffentlichkeit sich des Problems „Hubbert-Maximum“ überhaupt ausreichend bewusst wäre, hat schon der erste Ansturm der Ölpreise mit dazu beigetragen, dass die Weltwirtschaft abgeschmiert ist wie ein Luftballon beim Kindergeburtstag, der knatternd und mit waghalsigen Flugmanövern seine Luft ausstößt und als schlaffes Häufchen Elend hinter dem Sofa landet. Und schon reden alle nur noch davon, wie man den Laden wieder in Gang bekommen kann. Wie die Regierung doch bitte nur irgendwie genug Geld herbeizaubert, damit nicht noch eines der Supermonster von Banken, Versicherungen oder Konzernen – die man doch früher so schrecklich und bedrohend fand, ohne die aber unser „System“ nicht einen Tag fortbestünde – den Jordan von der anderen Seite kennen lernt. Welchen Preis man zahlen muss, damit nur ja keine radikalen Änderungen notwendig werden.
Alle sind am Zittern. Wer sich in der Mittelschicht oder weiter unten ein Haus gebaut hat, ein neues Auto fährt, gerne drei Flugreisen im Jahr macht und immer die neueste Konsumelektronik kauft, muss in der Regel Schulden abstottern, jeden Monat, jahrelang, jahrzehntelang. Ein Ausfall kommt nicht in Frage, schon eine längere Krankheit des Familien-Hauptverdieners kann ganze Lebensplanungen zerbröseln lassen wie Pergament aus der Zeit der salischen Kaiser. Und dann erst „die schlimmste Krise, die ich in den letzten 30 Jahren erlebt habe“ (Josef Ackermann), die 2009 möglicherweise dazu führt, dass nicht nur die Zeitarbeiter einer ungewissen Zukunft entgegen sehen...! Beinahe jeder ist heute ein „Stakeholder“ der Mega-Maschine Kapitalismus, die so effizient ist, wenn es um die die schnelle Ausbeutung und Nutzung von Rohstoffen zur Produktion von „Überfluss“ geht, die aber so kläglich versagt, wenn es um die Entwicklung einer dauerhaft haltbaren Perspektive geht. Beinahe jeder ist strukturell unfähig, über die Mega-Maschine hinaus zu denken. Wo doch nichts dringender notwendig wäre.(...)
In all den kakophonischen Meldungen zur „Krise“ droht die wirklich wichtige Botschaft unterzugehen: dass uns das Hubbert-Maximum und all die parallelen Ressourcen- und Stabilitätskrisen zwingen, unsere bisherige Wirtschafts- und Lebensweise zu überdenken und neu auszurichten. Dass wir gar keine Wahl haben – außer der, den Übergang zu einer weniger energieintensiven Gesellschaft bewusst und bewahrend oder chaotisch und zerstörerisch anzugehen."(...)
nein, wir haben tatsächlich keine wahl mehr. und ich vermute, auch nur noch ein relativ schmales zeitfenster, um das mit allen konsequenzen zu realisieren, bevor es hier völlig ungemütlich wird - mit extrabetonung auf "völlig".
*
diese aufziehenden ungemütlichkeiten haben innerhalb der europäischen union dazu geführt, dass aktuell eine - durch wen eigentlich legitimierte? - instanz in brüssel geschaffen worden ist, deren einzige funktion die beobachtung der bevölkerungsstimmungen zwecks zeitigervorwarnung vor inneren unruhendarstellt:
"EU member states are "intensively" monitoring the risk of spreading civil unrest in Europe, as riots over the economic crisis erupt in Iceland following street clashes in Latvia, Lithuania, Bulgaria and Greece.(...)
EU ambassadors in Brussels are discussing the issue and receiving "regular updates", according to another official, although he added that more intelligence on the situation is needed to see whether the riots are "part of a social trend" or manipulation by opposition elements.(...)
"[It could happen] almost everywhere, in Europe certainly, and also in emerging countries," he said. "You've had some strikes that look like normal, usual strikes, but it may worsen in the coming months."
Asked which countries were most at risk, Mr Strauss-Kahn mentioned Hungary, Ukraine, Latvia and Belarus. "It can be my own country [France], the UK, it can be eastern Europe," he said.
"The situation is really, really serious," he added."
die herren bereiten sich also vor. noch fragen, warum in der eu und speziell hierzulande in den letzten jahren die berge an gesetzen zur inneren "sicherheit" bzw. repression durchgeprügelt worden sind?
*
genau deswegen, um solche situation des sozialen ausnahmezustands wie im dezember in griechenland noch irgendwie unter kontrolle halten zu können. während die mainstreammedien hierzulande nur noch die jeweils aktuelle randale kurz erwähnen - wie vor ein paar tagen in athen -, so sind die eigentlichen auflösungs- und neufindungsprozesse dort keinthemamehr:
(...)"Aus Solidarität mit Cuneva sind die Gewerkschaftszentralen in Thessaloníki, Ioánnina, Pátras und Vólos besetzt. In Thessaloníki wurden am 7.1. und 8.1. die Niederlassungen von OIKOMET und der Leiharbeitsfirma Adecco durch AktivistInnen vollkommen zerstört.(...)
In ganz Griechenland sind momentan 5o Fakultäten besetzt - in den Vollversammlungen bekämpfen sich BefürworterInnen der Besetzungen einerseits und Néa Dimokratía-StudentInnen oder KKE-StudentInnen (beide wollen Vorlesungen durchsetzen) andererseits mit allen Mitteln.
Momentan findet in Athen erneut eine Demonstration für eine Bildungsreform statt. Die Regierung Karamanlís hat einen Bildungsdialog auf der Basis Null angeboten, was die Gewerkschaften des Bildungssektors und Studi/schülervereinigungen für einen Trick halten um Zeit zu gewinnen."(...)
(constantina cuneva ist eine gewerkschafterin, auf die im dezember ein säureattentat verübt wurde).
und warum sich griechische, besonders die jüngere, bevölkerung sowohl nicht so schnell wieder ruhigstellen lassen wird als auch tatsächlich ein fanal für europa, vielleicht sogar die übrige welt, gesetzt hat, macht der folgendeartikeldeutlich:
(...)"Entscheidend wird sein, ob die Protestbewegung einen langen Atem entwickelt. "Die große Finanzkrise wird bald auch bei uns ankommen. Deshalb werden viele Jugendliche auch weiterhin keine besseren Zukunftsaussichten haben", meint der Journalist Dimitris Tsiodras. "Weder kann man im Bildungswesen von heute auf morgen alles verbessern noch wird man die politische Korruption rasch beseitigen. Zündstoff bleibt da also genug."(...)
Die Proteste der Jugend werden nicht auf Griechenland beschränkt bleiben, sondern auch andere Länder erfassen und dort mit gleichgesinnten Gruppen verschmelzen. Der Grund dafür ist in all diesen Gesellschaften derselbe: Die heutigen Jugendlichen können - als erste Generation seit 1945 - nicht mehr erwarten, dass es ihnen künftig besser gehen wird als ihren Eltern."
wahrlich, es wird ein bemerkenswertes jahr werden.
edit: einen nachtrag möchte ich noch loswerden - der letzte satz gerade ist fürislandschon jetzt realität:
"Big Trouble in little Island: Die Regierung des kleinen Inselstaates sieht sich derzeit täglich dem Zorn ihrer Wähler über die katastrophale Finanzkrise ausgesetzt. Am Samstagabend erreichten die Proteste ihren vorläufigen Höhepunkt. Rund 6000 Demonstranten marschierten vor das Parlament in Reykjavík und skandierten: "Für eine neue Republik". Es war die größte Demonstration in der erst 64 Jahre alten Geschichte der Republik, die ja bekanntlich nur rund 320.000 Einwohner zählt. Die Proteste eskalierten zuletzt, die Polizei setzte erstmals seit 1949 Tränengas ein."(...)
und das ist auch eine antwort auf die im kommentar zu den letzten news geäusserte frage meinerseits, wie sich die proteste nach der ankündigung von neuwahlen weiter entwickeln - sie werden größer.
(...)"Unter dem Druck der täglichen Straßenproteste und immer neuer Hiobsbotschaften schlug Haarde am Wochenende ganz neue Töne an: "Ich möchte meine Verachtung für all das zum Ausdruck bringen, was jetzt über unsere Banken ans Licht gekommen ist", sagte der Regierungschef."(...)
und solchen aussagen wird offensichtlich nicht (mehr) geglaubt.
zu beginn möchte ich ein paar worte dazu äußern, dass momentan etliche der "eigentlichen" schwerpunkte im blog zu kurz kommen bzw. zu kommen scheinen. das primär damit etwas zu tun, dass ich erstens die auswirkungen der krise für enorm halte (auch für mich persönlich) und ich zweitens speziell diese reihe hier als eine art gegeninformation verstehe, mittels derer ich für alle interessierten (und für mich) diejenigen informationen bündeln möchte, bei denen ich das gefühl habe, dass sie mittel- und langfristige entwicklungstrends der krise und der weltweiten reaktionen darauf anzeigen könnten. dazu kommt noch die mediale fragmentierung von informationen, die - nicht nur bei diesem thema - darauf angelegt ist, fragen nach zusammenhängen und strukturen gar nicht erst aufkommenz zu lassen.
als drittes aber kommt ein aspekt dazu, der in "le mondes diplomatique" vom dezember 08soumrissen wurde:
(...)"Und, diese kleine Hoffnung keimt am Ende meines Rundgangs über die Gedankenmesse der Neurowissenschaftler, so es könnte ja sein, dass wir nach den cartesianischen Fortschrittsjahrhunderten eine neue Einheit finden, weil wir nun auch dem härtesten Positivisten "beweisen" können: Nicht die Genetik der Aggression und nicht die Biochemie der Bindung erklärt uns, wer wir sind, sondern nur unsere ganze, kollektive und individuelle Geschichte - und der geteilte Blick und die gemeinsame Aufmerksamkeit auf die Gegenwart.
Wäre das ein unnötiger Umweg gewesen? Nun, wir haben auf diesem Weg der Trennung von Welt und Leib und Seele einige Kenntnisse erworben, die unser Leben erleichtern; und überdies die religiösen und metaphysischen Annahmen über eine hinterweltliche Verursachung unseres Lebens destruiert. Und am Ende steht eben nicht eine neue, diesmal materialistische Kausalitätsmetaphysik, sondern etwas, das sehr viel Ähnlichkeit hat mit der 6. Feuerbachthese von Marx: "Das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse." Das ist kein billiger Triumph, denn andere als Marx haben das auch schon immer gewusst.
Und so lande ich nach meinen Ausschweifungen in die Menschenwissenschaften doch immer wieder in der politischen Ökonomie: denn es ist eine Frage der Ökonomie, wie Eltern die Genese der Gefühle, der Intelligenz, der Gemeinschaftsfähigkeit in den Situationen der "joint attention" gestalten; und der Zustand der Welt ist der stärkste Einflussfaktor, den wir beeinflussen können."(...)
ja, es geht u.a. um das wechselspiel zwischen äußeren und inneren strukturen; und sowohl genetik als auch biochemie erklären nicht "uns", sondern eher das "wie" - auf welchen wegen prägen uns äußere soziale verhältnisse, und wie werden diese wiederum von unseren reaktionen darauf geprägt? auch dieser apsekt kommt momentan zwar zugegebenermaßen noch zu kurz, aber für mich waren die letzten monate hauptsächlich von versuchen bestimmt, überhaupt ansatzweise begreifen zu können, was da draußen eigentlich ökonomisch vor sich geht. die anknüpfungspunkte zu den "klassischen" blogthemen sind vielfältig und nicht nur auf den aspekt beschränkt, den der autor oben genannt hat. und sie sollen zukünftig auch - vermutlich in eigenen beiträgen außerhalb der news-reihe - mehr platz finden als bisher.
*
ansonsten ist in diesen tagen kaum mehr drin, als den nachrichten hinterherzuhecheln. und ganz aktuell und auffällig in diesen stunden bei spon sind zb. die folgenden schlagzeilen:Experten erwarten Erfolg des Konjunkturpakets,Schluß mit den Weltuntergangsszenarien! - ein interview, in dem die ollen (konstruktivistischen) kamellen des sog. "positiven denkens"...
"Wir sollten uns ein neues Denken angewöhnen - wir können alles schaffen, was wir wirklich wollen."
...zusammen mit ungehemmter wachstums- und fortschrittsgläubigkeit unters volk geschmissen werden:
"Es gibt immer noch Millionen Menschen in aufstrebenden Staaten wie Indien und China, die nach mehr Wohlstand streben - die wird auch diese Krise nicht stoppen. Es gibt die Antriebskraft des technischen Fortschritts ..."
ja, das sind auch so ungefähr die einzigen und höchst sinnstiftenden "inhalte", die die propagandamäuler des systems noch zur verfügung haben - selbstbeschiss mittels eigener sedierung, fixierung auf einen objektivistischen wachstumsbegriff sowie die hoffnung auf "die technik". ein großartiges programm, um noch schneller komplett gegen die wand zu fahren.
und sehr interessant auch diesesinterviewmit einem fdp-mann, dessen namen man sich nicht merken muss:
(...)"SPIEGEL ONLINE: Warum profitiert von der Wirtschaftskrise ausgerechnet die kapitalistische FDP und nicht die sozialistische Linkspartei?
Zeil: Weil wir - anders als Sie es in Ihrer Frage unterstellen - eben nicht für den ungehemmten Kapitalismus stehen.
SPIEGEL ONLINE: Bisher aber vernahmen wir von der FDP den Ruf nach Deregulierung und mehr Markt ...
Zeil: Ja, aber wir stehen für den dritten Weg zwischen schrankenlosem Kapitalismus und Sozialismus, die soziale Marktwirtschaft. Der Neoliberalismus, der die Grundlagen für die soziale Marktwirtschaft gelegt hat, wird uns den Weg aus der Krise weisen …
SPIEGEL ONLINE: Moment, erleben wir nicht gerade das Scheitern des Neoliberalismus?
Zeil: Nein. Der Neoliberalismus ist eben kein Marktradikalismus, sondern er steht für die soziale Marktwirtschaft. Alles andere ist Geschichtsfälschung, das lasse ich nicht zu. Das sind wir Neoliberalen wie Alfred Müller-Armack, Walter Eucken und Ludwig Erhard schuldig, die der Marktwirtschaft einen staatlichen Ordnungsrahmen beifügten."(...)
auch das ist wirklich großartig in der hinsicht, wie hier erstens - und zwar berechtigt - die fiktion namens "sozialer marktwirtschaft" durchaus unfreiwillig als das kenntlich gemacht wird, was sie tatsächlich im kern immer gewesen ist. und zweitens reicht ein kurzer blick auf die postulate des von hayek, der als geistiger an- und brandstifter des totalitären kapitalismus unter dem label des neoliberalismus gelten muss, aus, um diesen "staatlichen ordnungsrahmen", den der fdpler da im sinn hat, richtig zuverstehen:
(...)"die ideen von hayek lassen sich komprimieren im folgenden...
"...Zitat aus einem Interview, das von Hayek in Chile gab, um seinen Freund Milton Friedman zu unterstützen, der vom Diktator Pinochet beauftragt worden war, den Neoliberalismus eins zu eins umzusetzen:
`Eine freie Gesellschaft benötigt moralische Bestimmungen, die sich letztendlich darauf zusammenfassen lassen, dass sie Leben erhalten: nicht die Erhaltung aller Leben, weil es notwendig sein kann, individuelles Leben zu opfern, um eine größere Zahl von anderen Leben zu erhalten. Deshalb sind die eigentlichen wirklichen moralischen Regeln diejenigen, die zum *Lebenskalkül* führen: das Privateigentum und der Vertrag."(...)
und der staat muss in dieser perspektive allein darauf reduziert werden, mittels seiner repressionsinstrumente die einzigen "wirklich moralischen regeln" zu garantieren - im interesse der privateigentümer. wenn sich der fdpler hier nicht selbst geschichtsklitterung vorwerfen lassen will, bleibt nur zu konstatieren, dass er bzw. seine partei genau das im sinn hat. ich finde ja, dass hier der begriff "extremistisch" mal wirklich sinn machen würde.
*
solche durchhalteparolen und schönfärbereien wie oben werden mit einerroubini-prognosenicht unter einem totalcrash bestraft:
"Das US-Bankensystem ist bankrott. Das schreibt der New Yorker Professor und Nationalökonom Nouriel Roubini. Nichts Neues für ihn, schließlich prophezeite er für das US-Finanzsystem Billionenverluste und wurde als geisteskrank hingestellt, während die Märkte noch deutlich besser aussahen als heute. Neu ist das nur für diejenigen, die ständig Lichter am Ende eines Tunnels sehen, die sogenannten Irrlicht-Späher…
Auf einer Investorenkonferenz in Dubai sagte Roubini, dass die Kreditverluste auf 3,6 Billionen Dollar ansteigen werden, hälftig für Banken und Broker und die US-Institutionen. "Wenn das wahr sein sollte, bedeutet das, dass das US-Banksystem effektiv insolvent ist. Es hat ein Grundkapital von 1,4 Billionen Dollar. Das ist eine systemische Bankenkrise", meint Roubini."(...)
was in dieser deutschen übersetzung meines wissens "vergessen" wurde: auch das europäische bankensystem hat er bei der gelegenheit in den gleichen status befördert. und wenn man sich bspw. alleine die aktuellen nachrichten ausgroßbritannienanschaut...
(...)"Ausnahmezustand in Großbritannien: Die Anleger fürchten um die Kreditwürdigkeit des Landes. Bankaktien und das britische Pfund waren am Mittwoch im freien Fall. Der Grund: Die Sorgen wachsen, dass das Land nach der Hypothekenbank Northern Rock weitere Banken verstaatlichen muss - und deshalb seine Top-Bonitätsnote verliert."(...)
...und auch die hiesigen aktionen, zombies wie der "hypo real estate" im wochentakt weitere milliarden in den schlund zu werfen, dann kann einen schon mal der eindruck einer systemischen krise überkommen (okay, das war jetzt understatement). dierealitätlässt sich jedenfalls so zusammenfassen:
(...)"Trotz staatlicher Hilfen in Höhe von Hunderten Milliarden kämpfen heute nicht nur in den USA und in England, sondern auch im Rest Europas wieder zahlreiche Banken akut um ihr Überleben. In einer zweiten Runde werden neue staatliche Hilfspakete geschnürt. Aber der Finanzspielraum der Staaten ist begrenzt; am Ende sind vielleicht die Zockerbanken gerettet und dafür die Staaten pleite."
*
so ziemlich alle ökonomischen indikatoren befinden sich global in einem sich weiter beschleunigenden freien fall, und die bereits jetzt in vielen staaten wahrnehmbaren auswirkungen dieses falls haben auch vermutlich die londoner "times" zu dieser schlagzeile veranlasst:World Agenda: riots in Iceland, Latvia and Bulgaria are a sign of things to come:
(...)"The LSE economist Robert Wade – addressing a protest meeting in Reykjavik’s cinema – recently warned that the world was approaching a new tipping point. Starting from March-May 2009, we can expect large-scale civil unrest, he said. “It will be caused by the rise of general awareness throughout Europe, America and Asia that hundreds of millions of people in rich and poor countries are experiencing rapidly falling consumption standards; that the crisis is getting worse not better; and that it has escaped the control of public authorities, national and international.”
Ukraine could be the next to go. The gas pricing deal agreed with Moscow could propel the country towards a serious financial crisis. Russia, too, is looking wobbly. A riot in Vladivostok may have been an omen for things to come. What will happen when the wider economic crisis translates into higher food prices? Or if Gazprom has no choice but to increase domestic gas prices?"(...)
ich hoffe, das ich das nicht übersetzen muss? da werden erste kalte füße sichtbar, und wenn ich nochmal auf die in den letzten news erwähnten militanten proteste inislandverweisen darf, langsam auch zurecht - vielleicht erleben wir hier den ersten sturz einer regierung als krisenfolge:
(...)"Derart heftige Auseinandersetzungen zwischen einer großen Menschenmenge und der Polizei hat die kleine Inselrepublik im Atlantik mit ihren 320.000 Einwohnern seit dem umstrittenen NATO-Beitritt 1949 nicht erlebt. Erstmals zeichnete sich auch ab, dass die seit November immer wieder vor dem Parlament versammelten Demonstranten Erfolg mit ihrer Forderung nach dem Rücktritt des konservativen Ministerpräsidenten Geir Haarde und seiner großen Koalition haben könnten. Der Vizechef der mitregierenden Sozialdemokraten, August Olafur Augustsson, sagte, vorzeitige Neuwahlen im Frühjahr "könnten eine gute Idee sein". Die Regierung verfüge nicht über genug Handlungsspielraum."(...)
wenn sich die leute dann noch mit wahlen abspeisen lassen. noch der hinweis auf einentp-artikelzum gleichen thema.
*
als krisenindikator lässt sich so langsam - auch, wenn´s zynisch ist - einesuizid-chronikführen - ähnlich wie bei den riots kommen die meldungen mittlerweile im wochentakt:
"Tod eines Investors in der Finanzkrise: Der irische Multimillionär Patrick Rocca, ein Freund Bill Clintons, erschoss sich. Er hatte wohl den Ruin vor Augen.(...)
Dem Vater dreier Kinder habe der finanzielle Ruin gedroht, vertraute ein namentlich nicht genannter Freund irischen Zeitungen an. Offenbar habe sich Rocca mit einem Engagement bei der Großbank Anglo Irish verhoben, hieß es weiter. Das Institut war am Freitag durch Verstaatlichung vor dem Kollaps gerettet worden."(...)
*
währenddessen gibt es indizien für das, was ich im letzten jahr bereits beim offenen beginn der krise im herbst befürchtet hatte - dashauen und stechendes normalen konkurrenzgerangels könnte sich drastisch verschärfen, und zwar nicht nur in den betrieben, um die es hier geht:
(...)"Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise fürchten viele Arbeitnehmer einen verschärften Wettbewerb unter Kollegen. Wie eine internationale Studie des Online-Stellenportals StepStone ergab, glauben mehr als die Hälfte, dass sich die Ellbogenmentalität in deutschen Unternehmen aus Angst vor einem Jobverlust verstärken wird.
Nur 15 Prozent sind der Ansicht, dass die gegenwärtige Krise sie und ihre Kollegen zusammenschweißt. Ein Drittel der Befragten erwartet den Angaben zufolge eine unveränderte Konkurrenzsituation."(...)
teile und herrsche - das prinzip funktioniert bis dato unangetastet. wobei ich das jetzt nicht so überraschend finde - aber trotzdem desillusionierend. denn all die potenziellen mobber werden wohl nicht auf den straßen zu sehen sein:
und welches ausmaß die ganze geschichte erreichen kann, worauf ihre dynamik beruht und ob und wie sie mit vergangenen krisen verglichen werden kann - dazu gibt es abschließend meine heutigeleseempfehlung- ein langer text des neulich schon in einem interview zitierten marxistischen historikers karl-heinz roth:
"Wir bewegen uns in eine weltgeschichtliche Situation hinein, in der alle Weichen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens neu gestellt werden. Für meine Generation wird es nach den Jahren 1967 bis 1973 der zweite Epochenumbruch sein. Alle wichtigen Fakten und Indikatoren der letzten Wochen weisen darauf hin, dass eine Weltwirtschaftskrise begonnen hat, die schon jetzt das Ausmaß der Krise von 1973 und der Zwischenkrisen von 1982 und 1987 überschreitet und sich an die Dimensionen der Weltwirtschaftskrise und der anschließenden Depression von 1929 bis 1940 annähert.
Wie sollen wir auf diese gigantische Herausforderung antworten? Das ist inzwischen zur entscheidenden Frage geworden, und deshalb habe auch ich ein gerade in der Werkstatt befindliches Traktat, in dem ich auf die Kritik an meinen 2005 veröffentlichten Hypothesen über den »Zustand der Welt“ antworten wollte, völlig neu konzipiert."(...)
fand ich sehr anregend zu lesen.
(ps: das folgende fand sich noch bei google-news und gehört zum ersten kommentar unten; als dokumentation eines kleinen matrix-fehlers.
meine inhaltliche skepsis bezgl. des neuen us-präsidenten hatte ich bereits bei seiner wahl im vergangenen novemberskizziert; aber wenn ich mir sowohl diekostender gestrigen, eher an pompöse monarchistische und/oder religiöse rituale erinnernde amtseinführung - aufgepimpt zu einer us-spezifischen show - betrachte...
(...)"Laut Medienberichten werden die Feierlichkeiten mindestens 130 Millionen Dollar kosten."(...)
...als auch die quellen und umstände, aus und unter denen dieses geld aufgetrieben wurde...
(...)"Ein Blick auf die Liste der großzügigsten Spender ist trotzdem aufschlussreich: Laut einem Bericht des Wall Street Journal sind Wall-Street-Angestellte bislang die fleißigsten Spender – 5,7 Millionen Dollar stammen aus ihren Taschen. Pikant dabei: Ausgerechnet jene Banken, die am meisten Geld von der US-Regierung kassieren, zahlen fleißig für Obamas Feiern."(...)
...und mir deutlich mache, dass der große rest natürlich aus steuermitteln bzw. budgets des bundes sowie der betroffenen bundestaaten kommt, dann muss ich sagen, das obama vermutlich nicht nur für mich wesentlich glaubwürdiger gewesen wäre, wenn er sinngemäß etwa folgendes gesagt hätte:
"liebe leute, im angesicht tatsächlich existenzieller not bereits hier unmittelbar vor meiner haustür, im angesicht von millionen mit hunger, obdachlosigkeit und krankheit bedrohter us-bürgerInnen bevorzuge ich einen formlosen und kostengünstigen akt - das geld, das hier ansonsten für show und glitter draufgehen würde, kann ganz aktuell ganz reale not lindern. ich bitte um Ihr verständnis."
da wäre ich der erste gewesen, der ein lautes "respect!" verkündet hätte. und ja, das wäre ein echtes zeichen gewesen.
so aber bleibt nichts anderes, als zusätzlich noch den üblichen "elitären"zynismuszu konstatieren:
(...)"Die Stadt ist ausverkauft. Hausbesitzer haben ihr Heim für Tausende Dollar an Obama-Fans vermietet. Im Luxushotel Four Seasons gab es eine Suite zum Sonderangebot von 10.000 Dollar. Nur die wenigsten waren so generös wie der Unternehmer Earl Stafford aus Virginia: Er lud mehr als 400 sozial benachteiligte Bürger nach Washington ein, Arme, Obdachlose. Spendierte ihnen den Smoking, das Ballkleid, das Hotel, ein Ticket zum Ball, Limousinentransfers inklusive. Allein die Hotelzimmer ließ sich Stafford eine Million Dollar kosten."(...)
worüber jenseits dieses "wohltäters" nichts mehr geschrieben wird: durften denn die armen und obdachlosen ihren smoking und ihr ballkleid wenigstens wieder mit in ihren slum oder auf ihre parkbank nehmen?
wie ich schon im november schrieb: don´t believe the hype!
eine ganze menge ist nachzutragen - aber beginnen möchte ich heute mit einer meldung, die geradezu danach drängt, fragen zum ganz banalen kapitalistischen alltag sowie zur strukturellen verwandtschaft zwischen "legaler" (konzerne, firmen etc.) und "illegaler" ökonomie (mafia) zu stellen. ebenso gibt sie möglicherweise einen kleinen ausblick auf die verhältnisse, die uns unter verschärften (über-)lebensbedingungen in diesem system erwarten.
das kämpfe und konflikte zur verbesserung der sozialen lage von arbeiterInnen zb. für gewerkschaftsmitglieder unter anderem auch körperliche angriffe (bis hin zum mord) mit sich bringen können, ist als realität bspw. in diversen mittel- und südamerikanischen ländern aus vergangenheit und gegenwart bekannt; ebenso meines wissens nach in einigen asiatischen staaten sowie insachsen-anhalt. nein, Sie haben sich nicht verhört -ebenda:
"Calbe/Saale, 19.01.09: Der Betriebsratsvorsitzende der Doppstadt Calbe GmbH, Andreas Kirchhoff, wurde am 14. Januar auf dem Werksgelände überfallen. In einem dunklen Flur wurde ihm ein Plastiksack über den Kopf geworfen. Dann wurde er mit Schlägen und unter Zuhilfenahme von Gegenständen zusammengeschlagen. Er wurde verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.
Von diesem Überfall distanzierte sich Doppstadt-Geschäftsführer Klaus Denkewitz in der Presse öffentlich. Mahnte aber an, dass der Betriebsrat der Kurzarbeit im Betrieb zustimmen solle.
Der Anschlag steht in einer Reihe mit Mobbing, öffentlichem Rufmord über Anzeigen, Hausverboten für IG-Metall-Sekretäre und fristlosen Kündigungen in den letzten fünf Jahren."(...)
und wie aus dem oben verlinkten video zu entnehmen ist, auch in einer reihe mit prügeleien der kinder der verfeindeten fraktionen auf dem schulhof. call this soziale marktwirtschaft! die, die die menschen wirklich glücklich macht!
*
und so richtig glücklich werden wir alle - in form der steuerzahlenden zwangsgemeinschaft namens "bevölkerung" - auch sein, wenn wir uns demnächst als stolze als-ob-mitbesitzer (das bezieht sich auf die frage nach realen einflussmöglichkeiten) noch einer bank fühlen dürfen, und zwar einer ganz besonderen, nämlich einer ganz besonders schlechten - die bad bank wirft ihre schatten mittels allgemeiner diskussion voraus. was das eigentlich genau ist? nun, bekanntlich gibt es ja keine guten, sondern nur schlechte, noch schlechtere und die schlechteste bank - nachvollziehbar umrissen mittels fragen von einem user imtp-forum:
(...)"Also, was ich mir dahingehend so angelesen haben: Verschiedene Banken haben Leichen im Keller, genauer gesagt irgendwelche, nennen wir es "Beteiligungen", die momentan nicht das Wert sind, was irgendwann einmal dafür aufgewendet wurde. Um die anstehende Neubewertung / Abwertung dieser "Beteiligungen" zu vermeiden, da diese sich negativ auf die Bilanzen auswirken würde, sollen diese nun von einer staatlichen(?) Organisation aufgekauft werden, vermutlich nicht zum derzeitigen Marktpreis, sondern zu einem Buchwert, der deutlich darüber liegt oder dem *damaligen* Einstandpreis? Wenn das aufgekaufte Bad-Zeug irgendwann(?) mal einen Wert haben sollte, der möglicherweise über dem Kaufpreis liegt(?), dann soll das Zeug aus der Bad Bank wieder verkauft werden, richtig? Das Geld für den Aufkauf der "Beteiligungen" kommt vom Staat, also vom Steuerzahler oder aus der Neuverschuldung?"(...)
ich würde sagen: alles ganz richtig erkannt. und ein plan der bankster von so einer erstaunlichen und unverschämten dreistigkeit, dass es in allen schwarten kracht. sämtliche hemmschwellen sind längst gefallen, moral und ethik waren real niemals bzw. nur als simulation vorhanden und haben in diesen kreisen sowieso keinerlei relevanz. sie wollen nur noch auf teufel komm raus ihre geschäfte so weiterführen wie bisher, koste es was es wolle - das ist in diesem fall absolut wörtlich zu nehmen. und mit einer bad bank ist auch klar, wen das am ende real kosten wird. die banken sind - und zwar international - endgültig zu einemfass ohne bodengeworden, was sich in den letzten tagen immerhin auch an den börsen wiedergespiegelt hat (ein kleiner einbruch von realität ins casino). und vor diesem hintergrund ist ebenfalls die wahl des unwortes des jahres sehr schlüssig - es ist der begriffnotleidende banken. "notleidend" - da steigen bilder von hungerbäuchen und traurigen kinderaugen auf, obdachlose unter brücken und flüchtlinge in kriegsgebieten - wer auch immer auf die idee gekommen ist, dieses attribut ganz ironiefrei vor das wort "bank" zu setzen, hat ebenso teer & federn verdient wie die bankster selbst.
*
wobei keinesfalls vergessen werden sollte, dass wir alle es sind, die dieses für alle augen sichtbar außer rand und band geratene und in allen fugen krachende system weiterhin dulden, tolerieren und mindestens mittels passivität stützen. und das bezieht sich zwar nicht nur, aber besonders auf d-land. die schon öfter in dieser reihe thematisierte merkwürdige friedhofsruhe im angesicht dieser globalen systemkrise (und genau das ist es; wer heute immer noch die these von einer normalen zyklischen krise vertritt, darf sich ein zettel "merkbefreit" vor die brust hängen und weiterschlafen) wird zumindest mir mittlerweile geradezu unheimlich und verdient als auffälliges psychosoziales phänomen eigentlich gebündelte interdisziplinäre forschende aufmerksamkeit. die antwort von den fehlenden alternativen betrachte ich höchstens als eine teilantwort, denn es müsste eigentlich jedem menschen, der die vorgänge noch halbwegs realistisch wahrnimmt, deutlich sein, dass sich bei den verzwickten eigenarten dieser art von machtsystem, mit dem wir es hier zu tun haben und das seine schmutzigen tentakel bis tief ins innere jedes menschen hier ausgefahren hat, jede funktionsfähige alternative erst sowohl durch try & error als auch im bewussten und aktiven konflikt mit den systemmanifestationen im alltag entwickeln lässt - per plan am reißbrett kann und wird das nicht funktionieren. und der erste schritt ist in meinen augen tatsächlich der, die eigene sedierung aufzulösen. zum "wie?" werde ich die tage noch ein paar ideen nachreichen.
*
und nein, ich betrachte innere unruhen nach griechischem oder isländischen muster nicht als den königsweg zu einer qualitativen veränderung - eine solche muss im täglichen alltag und vor allem in unseren sozialen beziehungen entwickelt und gelebt werden, was häufig genug völlig unspektakulär und vor allem eine kontinuierliche arbeit ist. aber die sichtbare unruhe in einer gesellschaft kann sowohl als seismometer für den stand ihrer sozialen konflikte angesehen werden als auch als versuch, sich selbst zusammen mit anderen von bestimmten systemimmanenten hemmungen zu befreien und mittels angriffen bspw. auf materielle symbole eine ahnung davon zu bekommen, dass selbst diese art von system nicht für immer und ewig existieren muss. vor diesem hintergrund also jetzt eine kleine und unvollständige übersicht, zunächst ausosteuropa:
(...)" Nach Lettland und Bulgarien kam es am vergangenen Freitag auch in Litauen binnen einer Woche zu gewaltsamen sozialen Protesten. Im Anschluss an eine von den Gewerkschaften in der Hauptstadt Vilnius organisierte friedliche Kundgebung flogen erst Schneebälle und Eier und danach Flaschen und Steine auf das Parlamentsgebäude und die Polizei. Diese antwortete mit Tränengas und Gummigeschossen. Krankenhäuser meldeten mehr als ein Dutzend verletzte DemonstrantInnen und es gab 82 Festnahmen.(...)
Protestkundgebungen fanden Ende vergangener Woche nicht nur in Vilnius, sondern in mindestens fünf anderen Städten Litauens statt. Daran beteiligten sich mehr als 20.000 Menschen.
Der Zorn der "Diebe, Diebe" rufenden Protestierenden richtete sich gegen die erst zwei Monate amtierende konservative Regierung unter Andrius Kubilius und deren im Dezember beschlossene Maßnahmen zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise.(...)
Nun warten auf die Menschen in Lettland, Litauen und Estland nicht nur Lohnkürzungen und Einschränkungen der Sozialleistungen, sondern auch eine kräftig wachsende Arbeitslosigkeit.
"Die Frustration der Menschen ist nachvollziehbar und sie wird die Politik treffen", sagt Lars Christensen, Baltikum-Analytiker bei der dänischen Danske Bank. "Die Politiker können kaum etwas anderes tun, als das, was sie angekündigt haben, und das ist den Leuten schwer zu erklären." Die Regierungen hätten wohl noch nicht richtig realisiert, welche sozialen Proteste in nächster Zeit auf sie zukommen werden, sagt Vladas Gaidys, Soziologieprofessor an der Universität Vilnius. Und sein Kollege, der Politologe Raimundas Lopata, hält die Proteste in Lettland, Litauen und Bulgarien erst für den Beginn eines heißen Frühlings in Osteuropa."
nun ist in vielen ehemals "realsozialistischen" ländern osteuropas die innenpolitische situation so, dass es allerhöchstens fragmente einer libertären sozialistischen linken gibt, was dann schnell zum problem werden kann, wenn sich die proteste dort in nationalistische und schlimmere richtungen zu entwickeln drohen - ansätze dafür wurden zb. von den riots in sofia berichtet, an denen sich auch rechte gruppen beteiligt haben sollen. eine situation, die sich bei fortschreitender eskalation der krise auch hier entwickeln kann. oder sollte ich besser sagen: gerade hier?
*
währenddessen ist in griechenland einbekennerschreibenzu den in den letzten news thematisierten schüssen auf einen polizisten aufgetaucht, welches die von mir umschriebene variante einer falschen einschätzung der gesamtgesellschaftlichen situation untermauert - auch, wenn selbst ein medium wie die "taz" bei der wiedergabe der intentionen der stadtguerilleros mit vorsicht betrachtet werden sollte:
(...)"Die Wochenzeitung Pontiki veröffentliche am vergangenen Donnerstag ein 11-seitiges Manifest, mit dem die Gruppe nicht nur die Verantwortung für den Anschlag vom 5. Januar übernimmt, sondern auch für die Schüsse auf einen Polizeibus am 29. Dezember 2008. Im letzten Fall wurde niemand verletzt, in beiden Fällen war die Tatwaffe eine Kalaschnikow.
Darüber hinaus bekennt sich der EA zu einem bislang ungeklärten Attentatsversuch. Am 24. Oktober 2008 hatte sie am Eingang der Athener Hauptverwaltung von Shell eine Bombe platziert, die aber nicht explodierte. Der Sprengstoff stammte von einem Diebstahl in einem Steinbruch, der 2003 stattgefunden hatte. Die Gruppe ist also seit mindestens fünf Jahren aktiv.(...)
Die politische Analyse der Gruppe ist ähnlich schlicht wie die ihrer Vorgänger vom 17N. Seit dem Tod des jungen Alexis habe die Mehrheit der Bevölkerung verstanden, dass "die Würde des menschlichen Lebens […] nur noch mit Waffen verteidigt werden kann". Die ökonomische Krise eröffne "revolutionären Kräften die einmalige Chance, die Revolution voranzutreiben".
Als Ziel dieses Kampfes wird nicht weniger als die "Abschaffung des Kapitals und des Staats" proklamiert. Die Gruppe kritisiert alle politischen Parteien und diagnostiziert weltweit den Bankrott aller Sozialdemokratien."(...)
das im letzten satz genannte ist ja durchaus nachvollziehbar, aber ansonsten verweise ich auf meine gedanken dazu in den letzten news nr. 16 - um es metaphorisch auszudrücken: das wasser steigt zwar, und in ländern wie griechenland deutlicher wahrnehmbar als bisher hier - aber noch steht es nicht so vielen tatsächlich bis zum hals (bzw. sind diejenigen, denen es tatsächlich bis zum hals steht, (noch) mehrheitlich nicht in der lage, für sich positive alternativen zu entwickeln), die sich dann bei den eigenen überlebensversuchen sowie den darauf fälligen angriffen des wankenden systems auch handfest selbst verteidigen werden müssen.
im gegensatz dazu wirken solcheaktionenwie in der schweiz dann andererseits seltsam unangemessen:
(...)"Der Farbanschlag auf den UBS-Sitz am Paradeplatz geht auf das Konto von Zürcher Linksautonomen. In einem Schreiben, das im Internet publiziert worden ist, bekennen sich «verschiedene revolutionäre Kräfte» dazu, die Fassade eingefärbt zu haben. Die UBS, heisst es, «ist für uns ein Symbol der Krise des Kapitalismus, aus der es nur einen revolutionären Ausweg geben kann.» Kritisiert wird auch das milliardenschwere Rettungspaket des Bundes für die Bank wie auch die ankündigten Massenentlassungen, «um sich profitabel zu sparen».(...)
interessant auch die kommentare unter dem beitrag, von denen sich ein teil als ausdrücke von ruhe- und sauberkeitsfetischisten entpuppt, während ein nicht geringer teil einen etwas anderen tenor enthält - beispiel:
"Diese Jugendlichen zeigten Courage. Die Farbtupfer sollen dafür sorgen, dass nichts vergessen wird. Die Justiz würde besser einmal die UBS-Verantwortlichen, diese Ospels und Co vorladen! Eine scheinheilige Rechtskultur in diesem Land! Richter und Banker stecken wohl alle unter einer Decke."
das in diesem kommentar umrissene verhältnis meinte ich mit "seltsam unangemessen", und zwar nicht nur in obiger hinsicht - farbe gegen eine bankfassade steht in keinem verhältnis zu den verbrechen der raub- und plünderungsökonomie namens kapitalismus weltweit, für die eben auch die ubs steht.
*
und wer sich hierzulande aktiv einschalten möchte, könnte das mit einem besuch desantikapitalistischen ratschlagsam nächsten sonntag in frankfurt/main beginnen, zu dem ein breites spektrum linker und linksradikaler organisationen aufruft. bleibt nur zu hoffen, dass sich im angesicht von prekären bis existenzbedrohenden verhältnissen nicht wieder der übliche innerlinke spaltungsvirus bahn bricht.
*
und sonst? was hier hintenüber fällt: spanien wurde als eines der ersten eu-länder in seiner kreditwürdigkeitherabgestuft, weitere werden folgen, was auch mir noch unklare konsequenzen für den wert des euros haben wird. es wimmelt von nachrichten überstellenstreichungen(wobei: wenn´s nicht gleich ein paar tausend sind, schaffen es viele meldungen nicht mal mehr in die randspalten), kurzarbeit sowie weitere rufe nach staatlicher stützung wie bspw. aus derautoindustrie. auch das finde ich seitens einer sparte, die insgesamt als historisches auslaufmodell gelten muss, eine frechheit. krisenfolgen versteckterer art, die für millionen menschen jedoch zur existenziellen bedrohung werden können, thematisiert dieserartikelbei telepolis, der sich mit der situation in den nicht unwesentlich von auslandstransfers von seiten in den usa arbeitender migranten abhängigen ökonomien in mittelamerika beschäftigt. und das ist zum abschluß für heute auch mein definitiver lesetipp.
*
edit: nicht unterschlagen möchte ich das neueste bulletin vom europäischen think-tank leap, den ich in den news nr.12 näher vorgestellt hatte - das neuestegeabendet mit den folgenden absätzen:
(...)"Inzwischen steht der gesamte Finanz- und Bankenbereich unter Verdacht, nur noch ein Fass ohne Boden zu sein. Bei den Unternehmen geben die Auftragsbücher keinen verlässlichen Ausblick auf die zukünftige Auslastung und damit Ertragslage mehr, da in allen Wirtschaftsbereichen die Kunden massiv Aufträge stornieren oder schlichtweg den Konsum einstellen, selbst wenn sie mit äußerst preiswerten Angeboten gelockt werden, wie man an den zusammen brechenden Einzelhandelsumsätzen der letzten Wochen sehen konnte. Den Staaten und sonstigen Gebietskörperschaften brechen die Steuereinnahmen weg, so dass die öffentlichen Haushaltsdefizite noch weiter explodieren werden, was wiederum zu weiteren Insolvenzen führen kann. Von den russischen Milliardären über die Ölmonarchien des Persischen Golfs bis zum Wirtschaftseldorado China leiden alle Gänse, die noch vor kurzem für die globalen, insbs. europäischen, japanischen und nord-amerikanischen Unternehmen und Banken goldene Eier legten, plötzlich unter akutem Darmverschluss, da Ihnen das Geld schon ausgegangen ist oder sie kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen. Die Frage nach der Solvenz der USA und ihrer Bundesstaaten sowie der von Russland oder Großbritannien wird allmählich auch in den großen internationalen Medien gestellt. Ebenso gibt es Zweifel an der Solidität der großen Pensionsfonds, die maßgeblich an der Wirtschaftsaktivität der letzten zwanzig Jahre beteiligt waren.
Für LEAP/E2020 ist die Tendenz eindeutig: die Sequenz, die mit Jahresanfang 2009 eingesetzt hat, ist sehr wohl die der weltweiten Insolvenz."
nein, kein planet und auch (noch) keine spezies namens "homo sapiens", wohl aber ein system geht bankrott. und wenn nicht die folgen so mies werden würden, wäre das eigentlich ein grund für eine große globale party. so aber finde ich den gedanken an meine kürzliche vollnarkose gerade wieder sehr reizvoll.
*
edit nr.2 am 21.01.: während ich das obige gestern schrieb, waberten auch inislandwieder tränengasschwaden durch die luft:
"Mit Tränengas hat die isländische Polizei Demonstranten auseinandergetrieben, die vor dem Parlamentsgebäude in Reykjavik gegen die Folgen der Finanzkrise protestierten. Wie der Rundfunksender RUV berichtete, belagerten etwa tausend Bürger das "Althing", dessen Mitglieder zur ersten Sitzung im neuen Jahr zusammengekommen waren. Ähnliche Krawalle wegen der Finanzkrise hatte es in der vergangenen Woche auch in Lettland, Litauen und Bulgarien gegeben."(...)
ich möchte keine prognosen darüber abgegeben, aus wievielen ländern im laufe der kommenden monate ähnliches zu vermelden sein wird.
...hatte ich letztlich, als mir am morgen nach der kniearthroskopie bei der visite der diensthabende arzt quasi im vorübergehen sein "kein befund!" zurief - puh! mit einem meniskusanriss hatten verschiedene ärzte (und ich) schon fest gerechnet, und selbst der worst-case in form eines kreuzbandschadens schwebte drohend im hintergrund und versprach mehrere monate ärger und stress. aber alles schnee von gestern - ich humpel zwar noch ganz ordentlich durch die gegend, aber das sollte ende dieser woche schon anders aussehen. die letzten tage nach dem frühen verlassen des krankenhauses habe ich mir eine allgemeine auszeit genommen, und deshalb melde ich mich jetzt erst wieder.
vielen dank für all die guten wünsche, die mich hier begeleitet haben! die hatte ich u.a. im gedächtnis, als ich mich innerlich auf die vollnarkose vorbereitete, die dann zu einem ebenso relativ angenehmen erlebnis wurde wie meine bis dato einzige ein paar jahre vorher (und ehrlich gesagt: bei den nachrichten, die ich seitdem wahrgenommen habe, erscheint eine narkose manchmal als verlockende alternative).
ich konnte mich selbst natürlich in der phase des wegdämmerns nicht sehen, und so bleibt es eine frage der imaginären perspektive, ob mein gesichtsausdruck in jenen momenten eher einem entspannten lächeln oder einem debilen grinsen entsprach - fakt ist jedenfalls, dass das psychoaktive medikament zur narkoseeinleitung (ein ordentlichesbenzodiazepin) mich in einen zustand versetzte, der sich während der berieselung durch das morgenprogramm im obligatorischen tv (okay, das könnte man natürlich auch zur narkosevorbereitung zählen...) zu einem wahren glücksmoment auswuchs, als nämlich auf einmal eines meiner lieblingslieder über den schirm flimmerte:
ach! was sollte dann noch schiefgehen? tammi terrell und marvin gaye, beide viel zu früh verstorben und beide mit einer - ganz ironiefrei - wirklich wunderschönen ausstrahlung, sangen und wiegten mich wie ein großes kind in wolken aus immer dichter werdender und leuchtender rosa zuckerwatte. einfach schön. und hinterher war mir nicht mal übel.