Geheimrätin (Gast) - 22. Sep, 23:03

@ hartmut

ich weiss hartmut, es gehört ja auch mit zur strategie der täter, ihre opfer derart zu manipulieren, dass diese nicht in der lage sind, ihre peiniger als solche zu indentifizieren. "mindcontrol" gehört also beim sogenannten "missbrauch" (finde den begriff auch vollkommen pervers!) immer dazu. und auch amnesien sind folglich nichts ungewöhnliches. ich wollte das auch gar nicht in frage stellen. hab selbst genug amnesien und schwarze löcher in meiner biografie.

wer ehrlich zu sich selbst ist, wird ohnehin feststellen, dass erinnerungen eigentlich nie wirklich eins zu eins mit dem früher erlebten kompatibel sind, weil es unendlich viele aspekte und interpretationen bzw. übersetzungen des gehirns gibt, die die ereignisse entsprechend färben und versuchen einzuordnen. noch dazu, wenn es in der frühsten kindheit noch gar keine begriffe gibt, um zu beschreiben was einem zugefügt wurde bzw. diese begriffe erst viel viel später verfügbar werden... die erinnerung und das trauma sind dennoch immer vorhanden, als bilder, als ängste und krankheiten.

meistens ist es ja sogar so, dass die opfer sich mit ihren tätern solidarisieren u. diese noch in schutz nehmen. weil sie sich ja immer bis zu einem gewissen grad selbst mit der tat u. dem täter identifizieren.

aus diesem grund ist es ja eben auch absolut tabu, dass außenstehende bei der traumaufarbeitung suggestieren und versuchen irgendwelche tathergänge zu konstruieren. sie können immer nur einen schutzraum geben und den betroffenen bei der eigenen aufarbeitung und bewusstmachung begleiten. das wissen und tun aber die entsprechend ausgebildeten therapeuten auch. es kann also bei "flase memory" niemals davon gesprochen werden, dass eine therapie falsche erinnerungen hervorruft, das passiert nur, wenn der "therapeut", der dann ja keiner ist, manipuliert.

was nun die genauen zahlen betrifft, so finde ich die relativ unerheblich. ich glaube auch nicht, dass sexuelle gewalt etwas ist, das in der heutigen zeit zunimmt, eher spiegelt es die verkommenheit unserer ganzen perversen ausbeuterkultur. und wird heute eben immer offensichtlicher und viel mehr aufgearbeitet als früher. erschreckend ist in diesem zusammenhang dann allerdings die steigende tendenz zu sexueller gewalt gegen kinder in sogenannten indigenen kulturen, die von "weissen herrenmenschen" unterdrückt u. zerstört werden, da zeigt sich dann sehr deutlich, inwiefern sich ein solcher genozid bis hinein ins kleine und in die familien auswirkt -eben auch in form von kindervergewaltigungen . so z.B. bei den Aboriginals und anderen vom Genozid bedrohten Kulturen.

Geheimrätin (Gast) - 22. Sep, 23:27

ps. ich weiss bis heute ganz genau, wer mir wann u. wie übel mitgespielt hat. und wer nicht. auch wenn ich vieles "vergessen" habe. u. ich kenne zahlreiche "fälle" wo das genauso ist, wo aber dem kind nicht geglaubt wurde und auch später nicht geglaubt, bzw. das ganze dann einfach "uminterpretiert" wurde. das ist das eigentlich entsetzliche.
monoma - 23. Sep, 00:01

@geheimrätin und hf

nochmal ein paar anmerkungen am späten abend:

1. "ich weiss hartmut, es gehört ja auch mit zur strategie der täter, ihre opfer derart zu manipulieren, dass diese nicht in der lage sind, ihre peiniger als solche zu indentifizieren."

entweder das, oder aber massive abhängigkeitsverhältnisse (gerade im familiären bereich), drohungen etc. sorgen für das tätergenehme schweigen.

@hf, ich halte das von Dir angeführte beispiel "wormser prozeß" keinesfalls für einen beleg von "false memory", sondern eher für die hochkriminelle raffinesse, mit der täter in diesem bereich teils vorgehen (und die dann auch durchaus in der lage sind, selbst "professionelle" zu täuschen, von den jeweiligen nichtsahnenden - oder nichtwissenwollenden - sozialen umfeldern ganz zu schweigen). ähnliches gab und gibt es immer wieder zu beobachten, ich erinnere nur mal an einen fall, den ich in der ganz frühen zeit des blogs mal aufgegriffen hatte:

"außergewöhnlich nett, zuvorkommend und vertrauenswürdig"

2. nochmal ein paar sätze u.a. zum begriff "missbrauch"

3. auch @hf: was die ominöse "foundation" anbelangt, so geht es für mich gar nicht mal zentral darum, dass die eine explizit antifeministische agenda hätten, sondern eher um die zusammenhänge, die sansculotte und ich oben skizziert haben - und da spielt der genannte komplex "rituelle gewalt, extremtraumatisierungen und multiple/dissoziative persönlichkeiten" eine hauptrolle. ich habe mich inzwischen dazu entschlossen, das ganze zukünftig in einem eigenen beitrag zu thematisieren - auch, wenn das, was da so an infos kursiert, teils unglaublich erscheint. vor dem hintergrund der bekanntgewordenen praktiken in kirchlichen kreisen und auch solcher ereignisse wie in portugal hat sich meine eigene bisherige wertung allerdings verschoben.

4. zu den zahlen: es werden aus, wie ich finde, durchaus nachvollziehbaren gründen bis auf weiteres nur schätzungen möglich sein. aber wenn ich mir die fallzahlen von allen gewaltformen gegen kinder betrachte, dazu das tabuthema der sexualisierten gewalt gegen jungen (damit habe ich mich längere zeit ausführlich beschäftigt), und auch die bspw. 2004 veröffentlichte "regierungsamtliche" studie über das ausmaß der gewalt gegen frauen und mädchen hierzulande, kann ich nicht nachvollziehen, was Deine geäusserte skepsis über die genannten zahlen tatsächlich bezweckt. lass es meinetwegen "nur" jedes fünfte kind sein - so what? ich würde allerdings auch unterschreiben, dass die alleinige fixierung auf sexualisierte gewalt zwar in einem gewissen historischen moment verständlich und nötig (zwecks problembewusstsein) gewesen ist, aber langfristig zu kurz greift - u.a. deswegen, weil sie oft genug "eingebettet" in ein ganzes gewaltszenario daherkommt. auch das ist an den zuständen in den kirchen ganz gut sichtbar geworden.

5. "wer ehrlich zu sich selbst ist, wird ohnehin feststellen, dass erinnerungen eigentlich nie wirklich eins zu eins mit dem früher erlebten kompatibel sind,..."

dazu ein jein von mir - ein paar gründe dafür sind hier nachzulesen. mittlerweile erscheint mir auch ziemlich gesichert, dass traumatische ereignisse tatsächlich in vollem umfang wieder bewusst werden könnnen, einfach, weil sie wirklich komplett gespeichert und in der folge aufgrund der nicht möglichen weiterverarbeitung abgespalten werden. das hat sehr viel mit dem erwähnten dissoziationsphänomen zu tun, andererseits beruht darauf auch die fatale wirkung bspw. von flashbacks, bei denen einzelteile oder auch ganze sequenzen der quasi "eingefrorenen erinnerung" in die aktuelle realität drängen und diese völlig überlagern können. jedenfalls ist sowohl die these, dass ein trauma im "normalfall" ständig bewusst sei, aus meiner sicht ebensowenig haltbar wie diejenige, dass es keinerlei belastbaren erinnerungen an weit zurückliegende ereignisse geben könne.
hf - 23. Sep, 01:28

hi mo, war gestern zu spät, deswegen edit:

Zitat:

"zu den zahlen: es werden aus, wie ich finde, durchaus nachvollziehbaren gründen bis auf weiteres nur schätzungen möglich sein. aber wenn ich mir die fallzahlen von allen gewaltformen gegen kinder betrachte, dazu das tabuthema der sexualisierten gewalt gegen jungen (damit habe ich mich längere zeit ausführlich beschäftigt), und auch die bspw. 2004 veröffentlichte "regierungsamtliche" studie über das ausmaß der gewalt gegen frauen und mädchen hierzulande, kann ich nicht nachvollziehen, was Deine geäusserte skepsis über die genannten zahlen tatsächlich bezweckt."


genau das, was ich sagte. Bei Sorgerechtstreitereien haben wir in 3 % der Fälle (6.000 von 20.000) Anzeigen - zwar mehrheitlich Frauen gegen Männer, aber die Minderheit der Männer (gegen Frauen oder deren neuen Partner) ist auch nicht zu verachten (etwa 70 - 30). Von diesen 6000 Fällen sind 5400 falschbeschuldigungen. Nun liegt es auf der hand - Emotionalität der Trennungssituation - , dass hier Falschbeschuldigungen wohl überdurchschnittlich häufig audtreten. Aber ein Anhaltspunkt ist es doch.

Ansonsten haben Fälle wie Kampusch auch eine Funktion. Nämlich eben die, von der "normalen" gewalt abzulenken.

Natürlich hat N. Kampusch fürchterliches mitgemacht. Das bedeutet aber nicht, die "normale", nicht-sexuelle gewalt kleinreden zu dürfen. Es geht hier nicht um Opferneid oder so etwas, aber man muss das schon festhalten. Ich denke aber, dass wir uns einig sind, was diesen Punkt betrifft.

Allerdings befürchte ich ferner, wenn ich höre "200.000 Fälle Dunkelfeld", doch eine erhebliche Hysterisierung. Und zwar so: das Publikum glaubt, "200.000" bedeute, 200.000mal im jahr würde der Vati oder der Onkel den Kleinen ans geschlechtsteil gehen... Ich halte diese Dunkelziffer "Gewalt gegen Kinder" für richtig oder vielleicht sogar für noch höher, aber ich bestreite, dass es immer um sexuelle Gewalt geht dabei. Im Blick der Öffentlichkeit reduziert sich das Problem "Gewalt gegen Kinder" dann auf "fummelt an der Muschi rum". genau deswegen konnte Mixa davonkommen. Der hat ja nicht rumgefummelt. Der hat ja "nur" gezüchtigt (dass bei ihm, nebenbei bemerkt, alles für Pädosadismus spricht...nunja. Offenbar ein sehr kranker, sehr dummer alter Mann.) So herum meinte ichs.

Und wenn es dann - wie etwa in Worms - zu Freisprüchen kommt (kommen musste!), dann jubeln natürlich die Falschen. Ich finde das Wirken von Wildwasser etc zT sehr zweischneidig und manches Mal wenig hilfreich.
hf - 24. Sep, 12:17

Hi Mo

http://www.zeit.de/2008/15/Interview-Koehnken

gehört alles hier rein. Falschbeschuldigungen (wie auch Doesseckereien) dürftzen tatsächlich nicht gar so häufig bösem Treiben entspringen. Das Gerede von der pöhsen Votze, die ihre männerfeindliche Agenda eiskalt durchzockt, verweise ich für die Mehrheit in den bereich der fabel. Kann passieren, dass auch solche Psychodynamiken enstehen ("Jetzt zahl ichs den Männern heim"), aber viel häufiger, wie Du es ja auch schon sagtest, dürften Störungen hierfür verantwortlich sein. Übrigens sind solche falschbeschuldiger/innen viel gefährlicher sozusagen, als die eiskalten Lügner, weil sie sich ihre fantasiewelt selber wirklich glauben.

Diesen Gedanken Könkens finde ich sehr hilfreich:

"ZEIT: Warum sind es vor allem Frauen, die durch Falschbezichtigungen auffallen?

Köhnken: Persönlichkeitsstörungen treten bei Frauen deutlich häufiger auf diese Weise zutage. Bei Männern äußern sie sich anders, zum Beispiel durch Aggressionsdelikte. "
monoma - 24. Sep, 14:03

speziell dazu:

"Ich halte diese Dunkelziffer "Gewalt gegen Kinder" für richtig oder vielleicht sogar für noch höher, aber ich bestreite, dass es immer um sexuelle Gewalt geht dabei. Im Blick der Öffentlichkeit reduziert sich das Problem "Gewalt gegen Kinder" dann auf "fummelt an der Muschi rum". genau deswegen konnte Mixa davonkommen. Der hat ja nicht rumgefummelt. Der hat ja "nur" gezüchtigt (...)"

das liegt aber meiner meinung nach vor allem an der fehlwahrnehmung, die ich auch bei dir sehe, wenn du von sexueller gewalt redest. ich weise keinesfalls alleine aus gründen sprachlicher prinzipienreiterei immer wieder darauf hin, dass es sich um sexualisierte gewalt handelt, weil das attribut "sexuell" immer noch und bei vielen leuten eine assoziationskette in gang setzt, wie sie sich in der wertung des "notgeilen vergewaltigers" ausdrückt - da geht´s dann am ende immer um vorstellungen von angeblicher triebabfuhr, und das ist nun mal sachlich schlicht blödsinn (btw: ich finde, darin sind auch durchaus deutlich die bis in eine breite öffentlichkeit durchgedrungenen reste von freuds gedankenmodellen zu sehen; eine art vulgärpsychoanalyse sozusagen).

es gibt nicht umsonst unter professionellen, die sich mit vergewaltigungen seitens erwachsener männer beschäftigen, für eine spezielle tätergruppe die bezeichnung "sexueller vergewaltiger", die u.a. darauf hinweisen soll, dass hier noch am ehesten hinweise und symptome auf explizit sexuelle fehlentwicklungen und -prägungen (gefühle sexueller minderwertigkeit, angst vor frauen etc.) zu finden sind und diese auch die tatmotivationen entscheidend mitbestimmen.

das ist aber im vergleich nur eine marginale gruppe, wie u.a. zwei britische tätertherapeuten, ray wyre und anthony swift, in ihrem buch "und bist du nicht willig - die täter" beschrieben haben. in der mehrzahl aller vergewaltigungen geht es immer primär um macht, und die sexuelle ebene spielt dabei deshalb eine so große rolle, weil sie auch als synonym für die "intimsten" und verletzlichsten persönlichkeitsanteile begriffen wird, was in der vorstellung der täter die möglichkeit eröffnet, hier die größten demütigungen bewirken zu können.

auch bei kindlichen opfern lassen sich alleine "echte" pädophile als primär sexuell motiviert ansehen, und auch hier ist das eher eine minderheit unter allen tätergruppen.

ergänzend sei vor diesem hintergrund auch darauf hingewiesen, dass sowohl bei erwachsenen als auch kindern erstens die mehrzahl aller taten im bekannten sozialen umfeld stattfindet und zweitens dort in aller regel kaum jemals "für sich", also quasi in reinform, auftritt, sondern fast immer sozusagen eingebettet ist in ein ganzes szenario auch explizit nichtsexualisierter gewalt. und die rede von "sexueller gewalt" sorgt in diesem fall erst selbst für den (falschen) focus auf alleine diese ebene, den du ja auch beklagst. aber es gehört real beides untrennbar zusammen.

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