notiz: der tod eines fussballers...
...und die bemerkenswerten öffentlichen reaktionen werden bis auf weiteres ausgerechnet in einem fussballforum am treffendsten kommentiert:
"Lasst die 96er um ihren Torwart trauern! Sendet stille Grüße an Enkes Frau, seine Freunde und all diejenigen, die ihn wirklich kannten und nun vermissen werden!
Aber die Schleimspur, die die justament wieder neu entdeckte (Mit-)Menschlichkeit in ihrem aufdringlichen Trauergewand quer durch Deutschland zieht, ist schier unerträglich. Auf ihr verwischen nämlich die Grenzen zwischen echtem Mitgefühl und falsch verstandener Informationspflicht, zwischen echtem Verlust und kribbelnder Neugier, zwischen echter Trauer und eigener Ohnmacht - und leider auch die unzähligen alltäglichen Schicksale, um die wir uns für gewöhnlich einen Scheißdreck kümmern."
mehr gibt es dazu meiner meinung nach tatsächlich nicht zu sagen. schon gar nicht so etwas perfides wie jene letzten sätze in einem kommentar der financial times, die unter der eigentlich interessanten frage danach, warum sich - anscheinend - tatsächlich so viele menschen von diesem suizid eines zugegebenermassen zurückhaltend-sympathisch wirkenden fussballers (das ein solches, eigentlich "normales", öffentliches auftreten innerhalb der szene der profi-fussballer bereits positiv auffällt, spricht schon für sich - und nicht für letztere szene) "persönlich" betroffen fühlen, zu folgendem fazit kommt:
(...) "Enke hat, und das macht den Unterschied - eine andere Geschichte, eine gebrochene. Während andere Karrieren linear nach oben verlaufen, ist Enkes Lebensweg ein Auf und Ab, sportlich wie privat, mit extremen Schwankungen und existentiellen Tiefen, die man niemandem wünscht. Bewundernd beobachtete die Öffentlichkeit, wie sich Enke aus all den (bekannten) Krisen wieder herausarbeitete. Still, beharrlich, freundlich. Enke war damit so etwas wie ein Gegenentwurf zu Alphatieren wie seinen Vorgängern im Tor der Nationalelf, Kahn oder Jens Lehmann - Egomanen mit einem Hang zu Arroganz und Brutalität. Enke hat stets nur seine Leistung sprechen lassen - und das kommt an in einem Land, das von Lautsprechern und Aufschneidern in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft genug gepeinigt worden ist."
"stets nur seine leistung sprechen lassen" - mit diesem strunzdummen und vor ideologie (da wird ganz nebenbei hübsch die fiktion der "ehrlichen, leistungsorientierten sozialen marktwirtschaft" vs. "egomanischer raubtierkapitalismus" als hintergrund geliefert) triefenden satz hat sich der kommentator selbst eine erstklassige merkbefreiung ausgestellt. denn genau das darf mit einiger wahrscheinlichkeit mit als entscheidender umstand angesehen werden, der eine unter depressionen leidende "öffentliche person" letztlich auf die schienen getrieben hat.
bleibt nur zu hoffen, dass als eine mögliche positive folge der ganzen trostlosen geschichte wenigstens der gesellschaftliche umgang mit depressionen vielleicht zukünftig ein bisschen angemessener daherkommt - bei solchen kommentaren wie oben bleibt das leider schwer zu bezweifeln.
ps. gerade viele funktionäre, aber auch fans, haben jetzt auch allen anlass, ihr verhalten gegenüber sebastian deisler nochmals zu überprüfen...
"Lasst die 96er um ihren Torwart trauern! Sendet stille Grüße an Enkes Frau, seine Freunde und all diejenigen, die ihn wirklich kannten und nun vermissen werden!
Aber die Schleimspur, die die justament wieder neu entdeckte (Mit-)Menschlichkeit in ihrem aufdringlichen Trauergewand quer durch Deutschland zieht, ist schier unerträglich. Auf ihr verwischen nämlich die Grenzen zwischen echtem Mitgefühl und falsch verstandener Informationspflicht, zwischen echtem Verlust und kribbelnder Neugier, zwischen echter Trauer und eigener Ohnmacht - und leider auch die unzähligen alltäglichen Schicksale, um die wir uns für gewöhnlich einen Scheißdreck kümmern."
mehr gibt es dazu meiner meinung nach tatsächlich nicht zu sagen. schon gar nicht so etwas perfides wie jene letzten sätze in einem kommentar der financial times, die unter der eigentlich interessanten frage danach, warum sich - anscheinend - tatsächlich so viele menschen von diesem suizid eines zugegebenermassen zurückhaltend-sympathisch wirkenden fussballers (das ein solches, eigentlich "normales", öffentliches auftreten innerhalb der szene der profi-fussballer bereits positiv auffällt, spricht schon für sich - und nicht für letztere szene) "persönlich" betroffen fühlen, zu folgendem fazit kommt:
(...) "Enke hat, und das macht den Unterschied - eine andere Geschichte, eine gebrochene. Während andere Karrieren linear nach oben verlaufen, ist Enkes Lebensweg ein Auf und Ab, sportlich wie privat, mit extremen Schwankungen und existentiellen Tiefen, die man niemandem wünscht. Bewundernd beobachtete die Öffentlichkeit, wie sich Enke aus all den (bekannten) Krisen wieder herausarbeitete. Still, beharrlich, freundlich. Enke war damit so etwas wie ein Gegenentwurf zu Alphatieren wie seinen Vorgängern im Tor der Nationalelf, Kahn oder Jens Lehmann - Egomanen mit einem Hang zu Arroganz und Brutalität. Enke hat stets nur seine Leistung sprechen lassen - und das kommt an in einem Land, das von Lautsprechern und Aufschneidern in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft genug gepeinigt worden ist."
"stets nur seine leistung sprechen lassen" - mit diesem strunzdummen und vor ideologie (da wird ganz nebenbei hübsch die fiktion der "ehrlichen, leistungsorientierten sozialen marktwirtschaft" vs. "egomanischer raubtierkapitalismus" als hintergrund geliefert) triefenden satz hat sich der kommentator selbst eine erstklassige merkbefreiung ausgestellt. denn genau das darf mit einiger wahrscheinlichkeit mit als entscheidender umstand angesehen werden, der eine unter depressionen leidende "öffentliche person" letztlich auf die schienen getrieben hat.
bleibt nur zu hoffen, dass als eine mögliche positive folge der ganzen trostlosen geschichte wenigstens der gesellschaftliche umgang mit depressionen vielleicht zukünftig ein bisschen angemessener daherkommt - bei solchen kommentaren wie oben bleibt das leider schwer zu bezweifeln.
ps. gerade viele funktionäre, aber auch fans, haben jetzt auch allen anlass, ihr verhalten gegenüber sebastian deisler nochmals zu überprüfen...
monoma - 11. Nov, 17:07
Danke
ja...
Macht's euch nicht zu leicht
Brüderle, den ich politisch ohne Einschränkung ablehne, äußert sich in bedenkenswerter Weise? Nein, das kann doch nicht sein, der ist doch ein Arschloch oder wie oder was?
Mich kotzt eure selbstgerechte Scheinkritik an der Medienpampe nicht weniger an als die Medienpampe selbst.
Leute, wenn ihr Maßstäbe aufstellt, werdet ihnen wenigstens ansatzweise selbst gerecht. So, wie hier zu dieser finalen Lösung eines Problems, also zur unwiderruflichen Zerstörung eines Lebens und seiner medialen Verarbeitung herumgeprollt wird, wird das nichts mit der menschenfreundlichen Veränderung der Gesellschaft/Wirtschaft.
Und es gab nicht nur von Brüderle nachdenkliche Worte. Sucht und lest nach.
So einfach, wie ihr euch die feindbildgetränkte Welt im Kopf bastelt, ist sie keinesfalls. Oder anders formuliert: Die Kritik muss schon deutlich besser sein als das Kritisierte - politisch, weltanschaulich, ethisch und moralisch.
Es ist zum Verzweifeln, wenn man in solch einem meist hervorragenden Blog wie dem von Monoma solch kritizistische Hau-Ruck-Positionen lesen muss.
Auf diese Weise seid ihr nichts besser als die von euch Kritisierten!!! Und bleibt mir jetzt bloß mit irgendwelchen reflexartigen Verteidigungsergüssen vom Leib. Denkt mal in Ruhe darüber nach!
Übrigens, auch der Spiegelfechter-Artikel ist nicht so einmalig gut, wie er von dir, monoma, dargestellt wird. Der gesamte Text atmet eine unreflektierte Voreinstellung aus.
Und noch etwas: Ich möchte mal eure spontanen Kommentare hören, wenn euch das Mikro in die Fresse gehalten wird, wenn ihr gerade zu eurem Arbeitsplatz gehen wollt.
Wenn die Kritiker ebenso elendig sind wie die von ihnen Kritisierten, dann ......................
@archenoe
2. sorry, aber wenn ich zombies und hackfressen - ohja, ganz bewusst nenne ich diese gestalten, die jeglichen anspruch auf respekt und legitimation schon lange verspielt haben und die durch ihr tun indirekt für leid und tod verantwortlich sind, so - wie brüderle, westerwelle oder sonstwer, deren einziger lebensinhalt in der verbreitung ihrer wahnhaften wachstum-und-leistungs mantras besteht, bei der öffentlichen absonderung von krokodilstränen sehe, kriege ich brechreiz - und nix weiter. da war stoiber mit seinem spruch bezgl. bayern / deisler - "das größte verlustgeschäft" - immerhin ehrlich. brüderle bewegt sich bei seinen "nachdenklichen worten" auf einer strukturell ähnlichen schiene wie der von mir zitierte ftd-kommentar, und das ist einfach nur erbärmlich. und inhaltlich dazu noch eine perfidität ohnegleichen: enke hat nach allem, was bisher dazu bekannt ist, ausser für einen ganz engen kreis allen anderen ein bild von sich geliefert (siehe auch hier), und solche fakes können bekanntlich höchst überzeugend sein. dazu kommt, dass der durchkapitalisierte profifussball - incl. "nationalteams" - genau nach den kriterien funktioniert, für die ein brüderle und seine partei stehen, und enke hat mittels seiner angst vor dem "rauskicken" aus seinen lebensbereichen, wenn er (nach seinem eindruck) schwäche zeigen sollte, nur etwas deutlich gemacht, was allen möglichen lohnarbeitenden, aber auch erwerbslosen menschen mehr und mehr übel vertraut ist. das brüderle sich derart über die zwangsläufigen folgen des von ihm vertretenen systems echauffiert - und dazu implizit schuld verteilt - ist einfach... - siehe oben
3. einem bierhoff (wie auch vielen anderen fussballern) nehme ich trotz aller antipathie die tränen hingegen ab, weil es einfach einen unterschied macht, ob ich jemanden direkt gekannt - und erlebt - habe, oder nur dessen mediales image.
4. ich habe den spiegelfechter-artikel durchaus nicht als "einmalig gut" bezeichnet, auch nicht indirekt. aber er stellt eine menge richtiger dinge fest.
5. die öffentliche anteilnahme sehe ich nach wie vor zwiespältig, und auch anhand meiner eigenen, durchaus deutlich emotionalen, reaktion auf die nachricht denke ich mittlerweile eher, dass neben dem tabuthema depressionen weitere aspekte der wiedererkennung beim breiten publikum eine rolle spielen, die direkt etwas mit dem jeweils eigenen leben zu tun haben können - siehe 2.
könnte es vielleicht sein, dass die authentische trauer auch eine trauer um sich selbst ist? und enke damit zwar auch gemeint ist, aber zum teil als projektionsfläche fungiert?
6. eines noch zu frau enke: sie hat imo das richtige getan, und die medienmeute im voraus ausgebremst, legendenbildung verhindert, depressionen als thema gesetzt und sich selbst - wie ich wirklich aufrichtig hoffe - die nötige ruhe verschafft. respekt für diesen auftritt!
und mir ist nicht ganz klar, worüber du dich nun eigentlich aufregst.