notiz: "Man hält dem Wahnsinn sozusagen die gesellschaftliche Bühne frei, bis zum nächsten Auftritt"

der satz stammt aus einem zitat, welches ich aufgrund seiner punktgenau treffenden aussagen immer mal wieder anführe - ein weiterer satz lautet:

"Ich kann keinen einzigen vernünftigen Grund finden, warum psychisch kranke Personen ihre Krankheit nicht im Medium des gesellschaftlich historischen Geschehens artikulieren und realisieren (materialisieren) sollten, sei´s als Kunstwerk, exakte Wissenschaft, politisches Projekt oder eben als Menschentötungsfabrik."

während sich der beitrag, in dem dieses zitat zu finden ist, primär mit dem letzteren befasst, beginne ich die heutige notiz mit dem bezug auf´s kunstwerk, was deshalb kein zufall ist, weil sich vermutlich niemand den schlagzeilen des heutigen tages so wirklich entziehen kann, und sei´s auch nur deshalb, um sich einmal mehr über einen gigantischen medienhype zu ärgern. und sich dazu fragen zu stellen nach dem missverhältnis zwischen der aufmerksamkeit für den tod eines sängers und derjenigen, die für die täglichen systembedingten toten nicht vorhanden ist. diese und andere fragen sind notwendig, führen aber möglicherweise von der erkenntnis weg, dass auch ein michael jackson nur innerhalb dieses systems funktionieren und seinen status erwerben konnte. den finalen preis dafür hat er irgendwann in den vergangenen stunden entrichtet.

*


"Jede Gesellschaft bekommt die Freaks, die sie verdient." - so ein ebenfalls treffender satz aus einem alten tp-artikel, in dem es u.a. um die damaligen - und niemals ganz aufgeklärten - anschuldigungen gegen jackson bezgl. sexueller gewalt gegen kinder ging. dieser sich über jahre hinziehende öffentliche skandal zusammen mit vielfältigsten gesundheitlichen störungen erzeugten bei vielen eher das bild einer gleichzeitig bemitleidenswerten sowie abstoßenden und insgesamt so zerrissenen figur, das nicht nur ich zu folgender persönlichen einschätzung gelangte:

"und hinsichtlich michael jackson (...), die ich persönlich ebenfalls beide für borderlinebetroffen halte, wäre noch das element der öffentlichen identitätskonstruktionen und -wechsel zu nennen, welches bei genauerer beobachtung bei vielen sog. stars zu bemerken ist. essstörungen und selbstverletzendes verhalten als symptome verstärken ebenso wie vielfältiger drogenabusus dann nur noch die indizienreihe."

speziell bei jackson erst recht die vorliegenden informationen zur
kindheit:

(...)"Als Erziehungsmaßnahme griff Joe Jackson zum Gürtel, erzählte er in einem Interview mit dem britischen TV-Sender BBC, das die Anstalt am Sonntagabend ausstrahlen will. Popstar Michael Jackson beschuldigt seinen Vater seit langem, ihn als Kind geschlagen zu haben. Joe Jackson sagte dazu laut BBC: "Ich habe ihn gepeitscht....Ich habe ihn nie geschlagen. Man schlägt jemanden mit einem Stock."(...)

Joe Jackson bestätigte demnach, dass sein Sohn bis heute große Angst vor ihm habe. Zu Michaels früherer Äußerung, er müsse sich vor Nervosität erbrechen, wenn er seinen Vater besuche, sagte Joe Jackson: "Er muss brechen, das stimmt."(...)


zusammen mit den am ende des artikels ausgeführten homophoben äusserungen des vaters erhalten jacksons vorliebe für kleine jungen (und zwar unabhängig von den übergriffsvorwürfen), seine gesundheitlichen probleme und seine öffentlich vorgeführten identitätskonflikte einen nur allzu gut bekannten traumatischen hintergrund, der ihn damit millionen anderen menschen quasi gleichstellt - und der ihn gleichfalls durch seine spezifischen und zumindest äusserlich und materiell erfolgreichen kompensationsversuche von ihnen auf drastische weise trennt, aber vielleicht gerade dadurch die möglichkeit für die (westlichen) gesellschaften eröffnete, bei ihm wie auf einer riesigen projektionsfläche kollektiv verbreitete erfahrungen zu "bearbeiten" - natürlich in einer verzerrten und letztlich unwirksamen form, weil diese "bearbeitung" immer nur symbolisch sein kann. und während musikalisch nach den 1980er jahren nicht mehr wirklich viel gelaufen ist, wurden medial öfter solche
meldungen als berichtenswert erachtet:

(...)"Der "King of Pop" nahm seinen Auftritt vor dem Diskussionsforum "Oxford Union" zum Anlass, die Wohlfahrtsorganisation "Heilt die Kinder" (Heal the Kids) ins Leben zu rufen. Weil er selbst "Produkt eines Mangels an Kindheit" gewesen sei, wolle er dazu beitragen, das Verständnis zwischen Eltern und Kindern zu fördern, sagte Jackson."(...)

die selbstbeschreibung halte ich für sehr treffend im sinne einer realitätsgerechten wahrnehmung seiner authentischen existenz. und diese wie auch noch so fragmentarische adäquate wahrnehmung seitens seiner fans dürfte im zusammenspiel mit der inszenierung der anscheinend "erfolgreichen bewältigung" - und dazu noch nicht nur im gesellschaftlich akzeptablen, sondern sogar als "vorbildhaft" vermittelten rahmen - seiner traumatischen biographie einen gewaltigen teil seiner massenwirksamkeit erzeugt haben. einer aus dem millionenheer derjenigen
dies- und jenseits der borderline hat seinen gleichfalls kindheitsgeschädigten leidensgenossInnen mit seinem "erfolg" einen scheinbaren ausweg aus ihren biographischen fallen gezeigt - einen nicht grundlos populären als-ob-ausweg (andere können unsere gesellschaften schlicht aufgrund ihrer struktur auch nicht dulden, zumindest keine massenwirksamen).

*

vor diesem hintergrund halte ich auch den folgenden satz aus dem
nachruf eines jackson- und foucault-fans (diese kombination ist immerhin konsequent) schlicht für falsch:

"Einer, der das Motto “Sich neu erfinden” wohl am radikalsten mißverstanden hat."

ganz im gegenteil glaube ich, dass die zeitliche parallelität zwischen dem beginn von jacksons weltkarriere anfang der 1980er sowie der besonders durch ronald reagan in den usa und margaret thatcher in großbritannien begonnenen rücksichtslosen umsetzung derjenigen kapitalistischen strömung, unter deren bezeichnung "neoliberalismus" wir u.a. heute in eine zweite große ökonomische depression schlittern, keinesfalls zufällig ist, sondern michael jackson durch seine künstlerischen ausdrucksformen mit dem schwerpunkt der inszenierung und verwandlungen von realität in fiktionale geschichten die erwähnte umsetzung erst mit möglich gemacht hat. und in diesem sinne als mitkonstrukteur der heute verschärft erbärmlichen zustände gelten muss. perfekte bühneninszenierungen, umwälzende videoclips (mit der gewöhnung an eine erheblich beschleunigte bildersprache als sinnbild der allgemeinen - allseits propagierten -
beschleunigung überhaupt) und der jedem starkult implizite mythos des "du-kannst-es-schaffen-wenn-du-nur-willst-und-dich-anstrengst" dürften seitens jackson bezgl. massenwirksamkeit jede reagan- und thatcher-rede weit in den schatten gestellt haben - nicht nur deshalb, weil die produktionen von jackson für viele besser ausgesehen und geklungen haben als das, was die beiden letztgenannten auf ihren feldern so veranstaltet haben.

"sich neu erfinden" ist dabei eine parole, die letztlich sowohl für die heutige ideologie des allseits
"flexiblen" menschen steht als auch die älteren (alp-)träume des übermenschen, der heute u.a. in der form des cyborgs geträumt wird - und bei der es nichts misszuverstehen gibt:

"warum aber sollte jemand, der/die sich in sich und seiner/ihrer körperlichkeit sicher und wohl fühlt, den wunsch entwickeln, sich eben von dieser körperlichkeit und den damit untrennbar verbundenen vielfältigen beschränkungen und grenzen "befreien" zu wollen, sich eine neue identität verschaffen zu wollen? es macht, egal aus welcher perspektive betrachtet, keinen sinn - es macht aber dann einen sinn, wenn die ureigene menschliche körperlichkeit eben nicht mehr oder nur noch fragmentarisch als eigenes selbst empfunden wird bzw. werden kann - die bewegung hin zu fiktiven sphären, in denen die heimat ebenso fiktiver selbstentwürfe oder der konstruktion von mächtigen wesen zu suchen ist, stellt sich aus dieser perspektive als eine determinierte, also unfreie und defensive reaktion auf tatsächlich unerträgliche realitäten dar."

und jacksons biographie ist dabei aus meiner perspektive nur ein, wenn auch sehr berühmtes, beispiel für die strukturellen hintergründe, aus denen heraus die phrase des "sich neu erfindens" - ein in der realität unmöglicher vorgang - als eines der begleitenden elemente neoliberaler ideologie überhaupt erst auf so viele offene ohren stoßen konnte. verkleide dich, gib dir einen neuen namen, wechsel sogar das geschlecht - deiner biographie, die sich in der gesamten körperlichkeit manifestiert, wirst du selbst dann nicht entkommen, wenn du ein echter soziopath bist (bei denen bekanntlich konstruierte als-ob-identitäten die einzig mögliche existenzform darstellen). und gerade in den oben genannten versuchen manifestieren sich nachdrücklich biographische erfahrungen. vor deren negativen, und d.h. meistens schmerzvollen, varianten gibt es kein ausweichen, sondern nur die bestenfalls glückende verarbeitung mit anschließender integration. ich glaube, dass michael jackson beim letzteren weg vielleicht nicht so "erfolgreich", aber vermutlich gesünder und glücklicher hätte leben können.

aber solange diese gesellschaft so aussieht, wie jetzt, wird es schon einen haufen potenzielle nachfolgerInnen geben, die einen ähnlichen weg gehen werden. und solange gilt auch meine schon früher formulierte
kritik gar nicht so sehr an den kunstfiguren selbst... "... als vielmehr an einer öffentlichkeit, deren stars vielfach züge von identitätsstörungen und objektivistischem wahn aufweisen. und diesen zustand als "normalität" mißzuverstehen, müssen wir uns dringend abgewöhnen."

bis auf weiteres habe ich dem nichts hinzuzufügen.

* * *

auf einem anderen teil der bühne, von der uns ständig die vorführung von "gesellschaftlichen erfolg" - in objektivistischer logik messbar natürlich alleine am bankkonto und am grad der eigenen macht - als angeblich einzigem lohnenswerten lebensziel in gefühle eigener minderwertigkeit und anschließender scham stürzen soll, tummeln sich nach wie vor (wenn auch unter zunehmenden buh-rufen eines teils des publikums) die stars der globalisierten ökonomie in form von bankstern und managern, über die ein neuropsychologe das folgende urteil fällt:


«Emotionslose Banker, die 100 Millionen Dollar verzocken, sind Soziopathen»

im kern durchaus treffend, wird diese erkenntnis gleich wieder relativiert:

"Generell sei der Mensch kein moralisches Wesen, sondern stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht."

auch wenn es hierbei ganz zentral auf die jeweilige definition des wortes "vorteil" ankommt, so verbreitet der zitierte hier doch wieder ein fragment jener ideologie, nach der wir alle am ende uns lediglich quantitativ von soziopathen unterscheiden würden. und das wiederum ist eine bedingung für genau jene auftritte, die in der überschrift dieses beitrags angesprochen werden. und beide sätze zusammen bringen kernelemente des ganzen
systems auf den pathologischen punkt.
monoma - 26. Jun, 16:01

und...

...so kann man das, was ich oben im beitrag versucht habe zu skizzieren, natürlich auch umschreiben - mit dem vorteil, nicht konkreter werden zu müssen:

"Der Mann, der nie eine Kindheit gehabt hatte, war der verunsicherte Sänger eines verunsicherten Zeitalters."

hweblog - 26. Jun, 17:07

Manche Blogger

aus der sog. Generation Golf ahnen gar nicht, was es wirklich bedeutet, wenn sie schreiben, Michael Jackson sei (ich zitiere ohne Quellenangabe) das Symbol unserer Generation gewesen. Dir aber stimme ich mal wieder in allem zu. Eben deshalb auch war ich nie auch nur im entferntesten ein Fan von Michael Jackson. Mehr noch: als er noch ein Kind war und ich zum erstenmal ein Stück der Jackson5 hörte, kam mir (gerade erst genesen vom deutschen Heintje-Trauma) sofort der Gedanke an Kindesmißbrauch in den Sinn. Schon damals habe ich den Kleinen mit dem Afro-Look fürchterlich bemitleidet und alle Leute verabscheut, die ihn und seine Geschwister ins Rampenlicht getrieben hatten. Meine persönliche Beziehung zu Michael Jackson hat nur mit zweierlei zu tun: 1. den Disconächten im Römer, wo sogar ich1982/83 zu Beat It und Thriller getanzt habe, 2. jenem Sommertag, als ein junger Schwuler und glühender Jackson-Fan zu mir in den Laden kam, um mir das Album HIStory zu schenken: das ich seitdem in Ehren halte, all der Disco-Klassiker wegen. Für die Stärke der Stücke spricht, daß ich sie bisher hören konnte, ohne stets an all das Monströse zu denken, was dahintersteckt: wenn ich mich auch stets gefragt habe, wie Jacksons Arbeit als Musiker wohl ausgesehen haben mag oder ob er nicht nur, wie manche meinen, eine Marionette war, die sich gut bewegen und gut singen konnte.
monoma - 26. Jun, 22:15

"das Symbol unserer Generation"

nun ja, das finde ich eh relativ - klar verbinde ich persönlich einige erinnerungen mit "thriller", aber musikmässig war´s mir schon zu sehr 80er, in deren erster hälfte ich gerade den 70er-funk entdeckte.

aber zum aktuellen: mich erinnert der mediale rummel gerade an das, was damals bei lady di los war, auch wenn der anteil von jungen mädchen/frauen da noch sehr viel höher gewesen sein dürfte bei der öffentlichen - hm,trauer.

und auch diana spencer selbst erinnert in ihrer biographie tendenziell an jackson - auch hier starker borderline-verdacht incl. svv und essstörungen (aus der fülle von links eine auswahl zu treffen, fällt mir gerade schwer).

"jede gesellschaft bekommt die freaks, die sie verdient" - ganz recht. und nur nicht drüber nachdenken, was das eigentlich über solche gesellschaften aussagt.
quirinus - 29. Jun, 04:48

Jaja, der Medienrummel ...

... erinnert auch mich an das Theater um Lady Di. Aber Michael Jackson war eben nicht Lady Di, sondern ein schwarzer Künstler, über den letztlich nur seine Fans und Pophistoriker, die sich ernsthaft mit ihm beschäftigt haben, Dinge wußten und wissen, die ich (da ich aus musikalischen Gründen nie ein Jackson-Fan war) mir erst jetzt allmählich anlese. Und je mehr ich lese, desto mehr interessiere ich mich für den Menschen hinter dem Medienphänomen Jackson, der nämlich nicht nur mit dem Bürgerrechtler Jesse Jackson befreundet war, sondern noch 2001 und 2002 selbst im Sinne der schwarzen Bürgerrechtsbewegung öffentlich in Erscheinung trat. Wer diesen sehr wichtigen Artikel über ihn gelesen und speziell das Video zu dem antirassistischen Song They Don't Really Care About Us gesehen hat und zudem weiß, daß Jackson dem auch aus anderen Gründen berüchtigten Staatsanwalt, der ihn 1993 wegen Kindesmißbrauchs hinter Gitter zu bringen versuchte, 1995 einen bösen Song ("D.S.") gewidmet hat, der wird anläßlich der 2003 erneut einsetzenden Hetzkampagne schon ins Grübeln kommen.

Fakt ist, daß MJ, weil sein Vater ihn in mehrerlei Hinsicht mißbraucht hat, an einem posttraumatischen Belastungssyndrom gelitten haben muß, das er als Künstler zu bewältigen versucht hat und mit dem er offensichtlich auch halbwegs hat leben und arbeiten können - bis 1993, noch auf dem Höhepunkt seiner Karriere, mit der er als Schwarzer selbst Elvis überflügelt hatte, die ersten Mißbrauchsanschuldigungen kamen. Auf der zuvor erschienenen CD Dangerous aber befindet sich einer seiner bekanntesten antirassistischen Songs, nämlich Black Or White. Erst Mitte der 90er Jahre, so sagt man, seien seine Auftritte "skurriler" geworden. Genug, daß MJ sich als Opfer eines rassistischen Komplotts fühlte; aus guten Gründen. Und es ist wohl klar, daß ein ohnehin psychisch extrem labiler und zugleich extrem begabter Mensch unter diesen Umständen zerbrechen kann, zumal es für MJ nach dem Thriller-Triumph und seines Alters wegen als Popstar nur noch bergab gehen konnte. Aber er war eben nicht nur der Freak, als der er uns dargestellt wurde. Das zeigen seine Reden, von denen ich bis heute nichts wußte und von denen du wahrscheinlich auch erst in diesem Augenblick erfährst.

Will sagen: auch wir lassen uns zuweilen von den Medien manipulieren, weil wir uns nicht mit allem gleichzeitig beschäftigen können; und in diesem Fall handelt es sich um eine rassistische (und politische; siehe ganz unten) Manipulation, für die auch alle empfänglich waren (und noch immer sind), die Jacksons Musik nicht sonderlich mochten; also gerade auch all die so antikapitalistischen Antirassisten ...

In diesem Augenblick gestehe ich, daß ich mich schäme, die Hetze gegen MJ und all die Klatschgeschichten nie zum Anlaß genommen zu haben, ihn nicht nur (was ich oft getan habe) vage gegen die Mißbrauchsvorwürfe (die einst auch Chuck Berry in den Knast gebracht haben; es hat also Tradition) zu verteidigen, sondern zu versuchen, anhand der im Internet verfügbaren Quellen herauszubekommen, was wirklich dahinterstecken könnte: nämlich der Versuch seitens der Neocons in den USA, einen schwarzen Künstler, dem es gelungen war, alle weißen Popstars zu überflügeln, komplett zu ruinieren.

Und in diesem Augenblick auch sage ich: daß ich, ohnehin 'zufällig' seit einigen Wochen beschäftigt mit dem nicht unähnlichen Phänomen Elvis (der ja Mitte der 50er Jahre wie kein anderer Weißer seine Rasse verraten und 1968 einen der beeindruckendsten Nachrufe auf Martin Luther King gesungen hat!), nun sehr auf eine kenntnisreich geschriebene Jackson-Biographie hoffe. Bis die erscheint, werden wohl noch 10 Jahre vergehen. Aber ich werde sie lesen, wenn ich dann noch lebe.

Ws ich jetzt schon sagen kann, ist: daß wir hier in Deutschland immer dann besonders aufpassen sollten, wenn Tratschgeschichten speziell über schwarze Künstler kolportiert werden. Unsere Medien plappern ja nur nach, was in den amerikanischen Mainstream-Medien zu finden ist, und das ist eben unterschwellig rassistischer als wir ahnen, gerade auch jetzt, da man sich bemühen wird, für den armen kranken MJ Verständnis zu heucheln. Offensichtlich war er nämlich noch vor einigen Jahren nicht nur der bedauernswerte Freak, als den wir (auch wir Linken!) ihn wahrnahmen, sondern ganz nebenbei auch eine politische Gefahr für Bush & Konsorten und die noch immer von Weißen dominierte US-Unterhaltungsindustrie. Kein Wunder also, daß viele Leute ein Interesse daran hatten, ihn unschädlich zu machen - zumal Michael Jacksons Bruder Jermaine 1989 zum Islam konvertiert war und das Gerücht ging, der Megastar sei ihm gefolgt; vgl. diesen Artikel.

Aber nun genug damit. Zu sagen bleibt vorläufig nur noch, daß Pop & Politik nicht voneinander zu trennen sind, schon gar nicht in den USA - und wohl erst recht nicht im Fall Michael Jackson. Inzwischen bin ich mir sicher, daß diese Geschichte wirklich eine monströse ist - aber ganz anders monströs, als sie uns verkauft wurde und wir sie bisher wahrgenommen haben.

Manul (Gast) - 29. Jun, 17:25

Ich glaube, das ist der beste Text, den ich bisher dazu gelesen habe und der sogar mir noch ein wenig mehr die Augen geöffnet hat. Nicht nur Michael Jackson war eine Figur, die die Neocons der 80er übertönnte, auch andere wurden es - all die bunten Pop-Stars wie Madonna, Duran Duran, Simple Minds usw. dienten diesen Zweck. Kritische Musik wurde spätestens durch den Fall von Sid Vicious in den Untergrund getrieben. Musik sollte nur noch unterhalten und eine Show bieten und so finden sich bis heute in der Mainstream-Masse kaum noch kritische Künstler und die, die es sind, sind meist schon alt. Passenderweise sind nämlich die Vorreiter des Neoliberalismus auch die Hauptexporteure der Unterhaltungsmusik - England toppt da sogar alle.

m. (Gast) - 4. Jul, 11:20

guter text

Ich glaube auch das Michael J. gerade wegen seiner Kindheitserfahrungen berühmt wurde. Das kommt ja auch in seinen Songtexte teilweise rüber, warum den alle so toll fanden war nämlich weil sie einen ähnlichen Erfahrungsbackground, eine neurologische Ähnlichkeit, einen schlagenden Vater hatten.
Michael Jackson war und ist eine riesige Leinwand in den alle sich selbst projektzieren und nur die wenigsten realisieren dass sie es selbst sind die geschlagen wurden und das Millionen verkaufter Alben und kreischende Fans keine authentische Liebe ersetzen können, und kleine Jungen oder die eigenen Kinder können die Liebe die nie existierte erst recht nicht füllen, auch sie werden- wenn es von ihnen verlangt wurde daran lebenslang verzweifeln!
schade das im weiten Mediendschungel kaum jemand diese wichtigen Aspekte sieht und berichtet.

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