Dienstag, 5. April 2011

notiz: ölige und atomare updates

ich werde bis zum wochenende nicht groß dazu kommen, ausführlich zu schreiben - deshalb an dieser stelle schon mal danke für die ausführlichen kommentare zu den letzten "bleiernen zeiten", die ich in der nächsten folge mit aufgreifen will.

heute bleibt der hinweis auf informationen, die einige der letzten beiträge hier ergänzen und fortführen. die thematiken öl und atomenergie lassen sich dabei ganz gut zusammen betrachten und auch vergleichen, stellen sie doch erstens sozusagen die "speerspitzen des fortschritts" dar, zumindest in der logik der auf fossilen energien beruhenden kapitalistischen industriezivilisationen. zweitens wird in beiden bereichen mit enorm giftigen stoffen hantiert, was gleichzeitig nichts anderes aussagt als die tatsache, dass diese "unsere zivilisation" im wahrsten sinne des wortes auf gift beruht. und drittens drängt es sich bei den menschengemachten megadesastern namens "deep water horizon" und "fukushima" geradezu auf, die (bisher wahrnehmbaren) folgen zu vergleichen und unterschiede und parallelen zu betrachten.

*

hinsichtlich der
neuen und alten ölverschmutzungen im golf hatte ich ein paar tage in jeder hinsicht funkstille, und ich musste mich jetzt erst mal selbst zum letzten stand der dinge schlau machen. wirklich erfreulich ist dieser stand nicht; so ist erstens anzumerken, dass weiterhin und offensichtlich immer mehr tote tiere, und zwar nicht nur seeschildkröten, auf die sich der verlinkte artikel focussiert, an der us-golfküste angeschwemmt werden. zweitens gibt es nicht wirklich etwas aufschlußreiches über die ölteppiche der vergangenen wochen zu berichten; in dem artikel klingt es jetzt so, als würde die beobachtete große verschmutzung auf see ebenfalls der ominösen quelle vor der küste vor louisiana zugerechnet werden, aus der ja nach angaben der verantwortlichen firma "nur fünf gallonen" ausgetreten seien. nach analysen von satellitenaufnahmen der betroffenen region sollen es real aber mehr als 640.000 gallonen (etwas über 2,4 millionen liter) frisches öl sein, die da jetzt zusätzlich zu den altlasten von bp und anderen im golf herumschwappen. diese widersprüchlichen aussagen kann ich hier nicht auflösen, nur dokumentieren.

während staatliche und private institutionen weiterhin öffentlich ankündigen, die toten tiere würden "nach allen seiten und ergebnisoffen hinsichtlich der möglichen todesursachen" untersucht werden, so ist mit der nahenden wiederkehr des jahrestages des ölGAU am 20. april eine verstärkte tätigkeit von "pr-spezialisten" in der golfregion zu beobachten, die medial vor allem auf weitere tiefseebohrungen ("energie und jobs") sowie tourismus ("baden ist unbedenklich") und fischerei ("fisch essen ist unbedenklich") focussieren. die stimmung in der bevölkerung am golf scheint da sehr ambivalent zu sein; es sind einfach inzwischen erstens zu viele menschen krank geworden, und zweitens sorgen die nicht erst seit ein paar wochen stattfindenden sichtungen toter tiere für weitere sorgen. insgesamt ist besonders aus staat und wirtschaft die tendenz zum kleinreden und verharmlosen deutlich und nicht überraschend. wie das bei einer bevölkerung ankommt, die die teils drastischen gegenbeweise ständig im alltag erleben muss, bleibt abzuwarten.

letzteres liesse sich vielleicht dann ähnlich auch tausende kilometer weiter westlich an der japanischen küste sagen, aber bevor ich noch auf zwei artikel zum aktuellen atomaren GAU hiweise, möchte ich die leserInnen nochmals auf
jenes fast völlig unbekannte detail der ölförderung hinweisen, welches zwischen beiden themen einen ganz direkten und sozusagen handfesten zusammenhang knüpft, und zwar in chemisch-physikalischer hinsicht- die nüchternen sätze bei wikipedia fassen das wichtigste nochmals zusammen:

(...) "Im Dezember 2009 wurde der Öffentlichkeit bekannt, dass bei der Erdöl- und Erdgasförderung jährlich Millionen Tonnen radioaktiv verseuchter Rückstände anfallen, für dessen Entsorgung größtenteils der Nachweis fehlt. Im Rahmen der Förderung an die Erdoberfläche gepumpte Schlämme und Abwässer enthalten NORM-Stoffe (Naturally occurring radioactive material), u. a. das hochgiftige und extrem langlebige Radium 226 sowie Polonium 210. Die spezifische Aktivität der Abfälle beträgt zwischen 0,1 und 15.000 Becquerel (Bq) pro Gramm. In Deutschland, wo etwa 1000 bis 2000 Tonnen Trockenmasse im Jahr anfallen, ist das Material laut der Strahlenschutzverordnung von 2001 bereits ab einem Bq pro Gramm überwachungsbedürftig und müsste gesondert entsorgt werden. Die Umsetzung dieser Verordnung wurde der Eigenverantwortung der Industrie überlassen, wodurch die Abfälle letztlich über Jahrzehnte hinweg sorglos und unsachgemäß beseitigt wurden. Es sind Fälle dokumentiert, in welchen Abfälle mit durchschnittlich 40 Bq/g ohne jede Kennzeichnung auf einem Betriebsgelände gelagert wurden und auch nicht für den Transport besonders gekennzeichnet werden sollten.

In Ländern mit größeren geförderten Mengen von Öl oder Gas entstehen deutlich mehr Abfälle als in Deutschland, jedoch existiert in keinem Land eine unabhängige, kontinuierliche und lückenlose Erfassung und Überwachung der kontaminierten Rückstände aus der Öl- und Gasproduktion. Die Industrie geht mit dem Material unterschiedlich um: In Kasachstan sind weite Landstriche durch diese Abfälle verseucht, in Großbritannien werden die radioaktiven Rückstände in die Nordsee geleitet. In den Vereinigten Staaten gibt es in fast allen Bundesstaaten aufgrund der radioaktiven Altlasten aus der Erdölförderung zunehmend Probleme. In Martha, einer Gemeinde in Kentucky, hat das Unternehmen Ashland Inc. tausende kontaminierte Förderrohre an Farmer, Kindergärten und Schulen verkauft, ohne diese über die Kontamination zu informieren. Es wurden bis zu 1100 Mikroröntgen pro Stunde gemessen, so dass die Grundschule und einige Wohnhäuser nach Entdeckung der Strahlung sofort geräumt werden mussten." (...)


wie schrieb ich eingangs oben? "eine zivilisation, auf gift gebaut" - das muss auch durchaus wortwörtlich genommen werden.

*

hatte ich im letzten beitrag vom alltag als katastrophe geschrieben, so lassen sich die folgenden
informationen rund um "tepco", die japanische regierung(spolitik) und die dortigen medien durchaus in der rubrik einordnen - der artikel beginnt mit einem wahren paukenschlag, wie ich finde:

"Seine Welt sind Fakten, und als der 54-jährige Yu Tanaka, Professor für Ökologie an der Rikkyo Universität, vor knapp einem Jahr eher zufällig über eine Studie der Universität Tokio stolperte, traute er zunächst seinen eigenen Augen nicht. Im Auftrag des Elektrokonzern Tepco, einem der größten Stromkonzerne der Welt und Betreiber des Atomkraftwerks von Fukushima, hatten seine Akademikerkollegen das Potenzial erneuerbarer Energien in Japan untersucht. Das sensationelle Ergebnis der Studie: Das Land wäre in der Lage, mit Windkraftanlagen, Solarstrom, Geothermik und Maschinen, die Elektrizität aus Ozeanwellen gewinnen, leistungsfähigen Batterien und einem „schlauen Stromnetz“ den gesamten Energiebedarf des Landes zu decken.

Aber der Tepco-Konzern, der ein Drittel der gesamten Stromversorgung Japans produziert, hatte nicht nur die Veröffentlichung der Studie verhindert. Wenn Yu Tanaka in Vorträgen auf die Studie über das immense Potenzial der erneuerbaren Energien verwies, wurden seine Aussagen von den Medien verschwiegen. „Stromkonzerne wie Tepco sind die wichtigsten Werbesponsoren der japanischen Medien“, sagt Tanaka.

Der japanische Staat garantiert den Energieriesen des Landes das 3,5-fache Einkommen der Baukosten von Kraftwerken. Für Unternehmen wie Tepco gehörten Atomkraftwerke mit ihren gigantischen Investitionen deshalb zu den lukrativsten Projekten." (...)


und so weiter und so fort, lesen Sie´s. wobei: so wirklich überraschen kann zumindest mich inzwischen eigentlich nur noch der jeweilige grad der frechheit, mit der die mafiösen strukturen gleich welcher coleur - und egal, ob "legal" oder "illegal" - inwischen vorgehen. das aber ist dann ein punkt, der direkt auf uns, besser, unsere duldung dieses fortgesetzten kriminellen bis terroristischen (in diesem kontext wird das wort übrigens einmal wirklich sachlich angemessen nutzbar) treibens aufmerksam macht.

um die unrühmliche rolle "offizieller institutionen" und ebenfalls der medien geht es auch im zweiten linktipp für heute, der unter dem titel
IAEA und WHO halten Berichte zurück nicht nur anhand der aktuellen situation, sondern auch durch einen erweiterten rückblick auf das verhalten von beiden besonders hinsichtlich der folgen des GAUs von tschernobyl das fazit unterstreicht und begründet, das dort gleich zu beginn zu lesen ist:

"Eines steht fest: Fukushima ist ein Informationsdesaster."

unter anderem, aber auch das. was das für ein licht auf das vielgepriesene und beschworene "informationszeitalter" wirft, ist dann schon wieder ein anderes thema.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

US-Depeschen lesen

WikiLeaks

...und hier geht´s zum

Aktuelle Beiträge

Es geht ihm gut? Das...
Es geht ihm gut? Das ist die Hauptsache. Der Rest...
Grummel (Gast) - 23. Jan, 21:22
Im Sommer 2016 hat er...
Im Sommer 2016 hat er einen Vortrag gehalten, in Bremen...
W-Day (Gast) - 23. Jan, 14:49
Danke, dir /euch auch!
Danke, dir /euch auch!
Grummel - 9. Jan, 20:16
Wird er nicht. Warum...
Wird er nicht. Warum auch immer. Dir und wer sonst...
Wednesday - 2. Jan, 09:37
Ich bin da, ein Ping...
Ich bin da, ein Ping reicht ;) Monoma wird sich...
Grummel - 15. Sep, 16:50
Danke, Grummel. Das Netzwerk...
Danke, Grummel. Das Netzwerk bekommt immer grössere...
Wednesday - 13. Sep, 10:02
Leider nicht, hab ewig...
Leider nicht, hab ewig nix mehr gehört.
Grummel - 12. Sep, 20:17
Was ist mit monoma?
Weiss jemand was? Gruß Wednesday
monoma - 12. Sep, 14:48
Der Spiegel-Artikel im...
Den Spiegel-Artikel gibt's übrigens hier im Netz: http://www.spiegel.de/spie gel/spiegelspecial/d-45964 806.html
iromeister - 12. Jun, 12:45
Texte E.Mertz
Schönen guten Tag allerseits, ich bin seit geraumer...
Danfu - 2. Sep, 21:15

Suche

 

Status

Online seit 6844 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Besuch

Counter 2


assoziation
aufgewärmt
basis
definitionsfragen
gastbeiträge
in eigener sache
index
kontakt
kontext
lesen-sehen-hören
notizen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren