meine inhaltliche skepsis bezgl. des neuen us-präsidenten hatte ich bereits bei seiner wahl im vergangenen novemberskizziert; aber wenn ich mir sowohl diekostender gestrigen, eher an pompöse monarchistische und/oder religiöse rituale erinnernde amtseinführung - aufgepimpt zu einer us-spezifischen show - betrachte...
(...)"Laut Medienberichten werden die Feierlichkeiten mindestens 130 Millionen Dollar kosten."(...)
...als auch die quellen und umstände, aus und unter denen dieses geld aufgetrieben wurde...
(...)"Ein Blick auf die Liste der großzügigsten Spender ist trotzdem aufschlussreich: Laut einem Bericht des Wall Street Journal sind Wall-Street-Angestellte bislang die fleißigsten Spender – 5,7 Millionen Dollar stammen aus ihren Taschen. Pikant dabei: Ausgerechnet jene Banken, die am meisten Geld von der US-Regierung kassieren, zahlen fleißig für Obamas Feiern."(...)
...und mir deutlich mache, dass der große rest natürlich aus steuermitteln bzw. budgets des bundes sowie der betroffenen bundestaaten kommt, dann muss ich sagen, das obama vermutlich nicht nur für mich wesentlich glaubwürdiger gewesen wäre, wenn er sinngemäß etwa folgendes gesagt hätte:
"liebe leute, im angesicht tatsächlich existenzieller not bereits hier unmittelbar vor meiner haustür, im angesicht von millionen mit hunger, obdachlosigkeit und krankheit bedrohter us-bürgerInnen bevorzuge ich einen formlosen und kostengünstigen akt - das geld, das hier ansonsten für show und glitter draufgehen würde, kann ganz aktuell ganz reale not lindern. ich bitte um Ihr verständnis."
da wäre ich der erste gewesen, der ein lautes "respect!" verkündet hätte. und ja, das wäre ein echtes zeichen gewesen.
so aber bleibt nichts anderes, als zusätzlich noch den üblichen "elitären"zynismuszu konstatieren:
(...)"Die Stadt ist ausverkauft. Hausbesitzer haben ihr Heim für Tausende Dollar an Obama-Fans vermietet. Im Luxushotel Four Seasons gab es eine Suite zum Sonderangebot von 10.000 Dollar. Nur die wenigsten waren so generös wie der Unternehmer Earl Stafford aus Virginia: Er lud mehr als 400 sozial benachteiligte Bürger nach Washington ein, Arme, Obdachlose. Spendierte ihnen den Smoking, das Ballkleid, das Hotel, ein Ticket zum Ball, Limousinentransfers inklusive. Allein die Hotelzimmer ließ sich Stafford eine Million Dollar kosten."(...)
worüber jenseits dieses "wohltäters" nichts mehr geschrieben wird: durften denn die armen und obdachlosen ihren smoking und ihr ballkleid wenigstens wieder mit in ihren slum oder auf ihre parkbank nehmen?
wie ich schon im november schrieb: don´t believe the hype!
eine ganze menge ist nachzutragen - aber beginnen möchte ich heute mit einer meldung, die geradezu danach drängt, fragen zum ganz banalen kapitalistischen alltag sowie zur strukturellen verwandtschaft zwischen "legaler" (konzerne, firmen etc.) und "illegaler" ökonomie (mafia) zu stellen. ebenso gibt sie möglicherweise einen kleinen ausblick auf die verhältnisse, die uns unter verschärften (über-)lebensbedingungen in diesem system erwarten.
das kämpfe und konflikte zur verbesserung der sozialen lage von arbeiterInnen zb. für gewerkschaftsmitglieder unter anderem auch körperliche angriffe (bis hin zum mord) mit sich bringen können, ist als realität bspw. in diversen mittel- und südamerikanischen ländern aus vergangenheit und gegenwart bekannt; ebenso meines wissens nach in einigen asiatischen staaten sowie insachsen-anhalt. nein, Sie haben sich nicht verhört -ebenda:
"Calbe/Saale, 19.01.09: Der Betriebsratsvorsitzende der Doppstadt Calbe GmbH, Andreas Kirchhoff, wurde am 14. Januar auf dem Werksgelände überfallen. In einem dunklen Flur wurde ihm ein Plastiksack über den Kopf geworfen. Dann wurde er mit Schlägen und unter Zuhilfenahme von Gegenständen zusammengeschlagen. Er wurde verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.
Von diesem Überfall distanzierte sich Doppstadt-Geschäftsführer Klaus Denkewitz in der Presse öffentlich. Mahnte aber an, dass der Betriebsrat der Kurzarbeit im Betrieb zustimmen solle.
Der Anschlag steht in einer Reihe mit Mobbing, öffentlichem Rufmord über Anzeigen, Hausverboten für IG-Metall-Sekretäre und fristlosen Kündigungen in den letzten fünf Jahren."(...)
und wie aus dem oben verlinkten video zu entnehmen ist, auch in einer reihe mit prügeleien der kinder der verfeindeten fraktionen auf dem schulhof. call this soziale marktwirtschaft! die, die die menschen wirklich glücklich macht!
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und so richtig glücklich werden wir alle - in form der steuerzahlenden zwangsgemeinschaft namens "bevölkerung" - auch sein, wenn wir uns demnächst als stolze als-ob-mitbesitzer (das bezieht sich auf die frage nach realen einflussmöglichkeiten) noch einer bank fühlen dürfen, und zwar einer ganz besonderen, nämlich einer ganz besonders schlechten - die bad bank wirft ihre schatten mittels allgemeiner diskussion voraus. was das eigentlich genau ist? nun, bekanntlich gibt es ja keine guten, sondern nur schlechte, noch schlechtere und die schlechteste bank - nachvollziehbar umrissen mittels fragen von einem user imtp-forum:
(...)"Also, was ich mir dahingehend so angelesen haben: Verschiedene Banken haben Leichen im Keller, genauer gesagt irgendwelche, nennen wir es "Beteiligungen", die momentan nicht das Wert sind, was irgendwann einmal dafür aufgewendet wurde. Um die anstehende Neubewertung / Abwertung dieser "Beteiligungen" zu vermeiden, da diese sich negativ auf die Bilanzen auswirken würde, sollen diese nun von einer staatlichen(?) Organisation aufgekauft werden, vermutlich nicht zum derzeitigen Marktpreis, sondern zu einem Buchwert, der deutlich darüber liegt oder dem *damaligen* Einstandpreis? Wenn das aufgekaufte Bad-Zeug irgendwann(?) mal einen Wert haben sollte, der möglicherweise über dem Kaufpreis liegt(?), dann soll das Zeug aus der Bad Bank wieder verkauft werden, richtig? Das Geld für den Aufkauf der "Beteiligungen" kommt vom Staat, also vom Steuerzahler oder aus der Neuverschuldung?"(...)
ich würde sagen: alles ganz richtig erkannt. und ein plan der bankster von so einer erstaunlichen und unverschämten dreistigkeit, dass es in allen schwarten kracht. sämtliche hemmschwellen sind längst gefallen, moral und ethik waren real niemals bzw. nur als simulation vorhanden und haben in diesen kreisen sowieso keinerlei relevanz. sie wollen nur noch auf teufel komm raus ihre geschäfte so weiterführen wie bisher, koste es was es wolle - das ist in diesem fall absolut wörtlich zu nehmen. und mit einer bad bank ist auch klar, wen das am ende real kosten wird. die banken sind - und zwar international - endgültig zu einemfass ohne bodengeworden, was sich in den letzten tagen immerhin auch an den börsen wiedergespiegelt hat (ein kleiner einbruch von realität ins casino). und vor diesem hintergrund ist ebenfalls die wahl des unwortes des jahres sehr schlüssig - es ist der begriffnotleidende banken. "notleidend" - da steigen bilder von hungerbäuchen und traurigen kinderaugen auf, obdachlose unter brücken und flüchtlinge in kriegsgebieten - wer auch immer auf die idee gekommen ist, dieses attribut ganz ironiefrei vor das wort "bank" zu setzen, hat ebenso teer & federn verdient wie die bankster selbst.
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wobei keinesfalls vergessen werden sollte, dass wir alle es sind, die dieses für alle augen sichtbar außer rand und band geratene und in allen fugen krachende system weiterhin dulden, tolerieren und mindestens mittels passivität stützen. und das bezieht sich zwar nicht nur, aber besonders auf d-land. die schon öfter in dieser reihe thematisierte merkwürdige friedhofsruhe im angesicht dieser globalen systemkrise (und genau das ist es; wer heute immer noch die these von einer normalen zyklischen krise vertritt, darf sich ein zettel "merkbefreit" vor die brust hängen und weiterschlafen) wird zumindest mir mittlerweile geradezu unheimlich und verdient als auffälliges psychosoziales phänomen eigentlich gebündelte interdisziplinäre forschende aufmerksamkeit. die antwort von den fehlenden alternativen betrachte ich höchstens als eine teilantwort, denn es müsste eigentlich jedem menschen, der die vorgänge noch halbwegs realistisch wahrnimmt, deutlich sein, dass sich bei den verzwickten eigenarten dieser art von machtsystem, mit dem wir es hier zu tun haben und das seine schmutzigen tentakel bis tief ins innere jedes menschen hier ausgefahren hat, jede funktionsfähige alternative erst sowohl durch try & error als auch im bewussten und aktiven konflikt mit den systemmanifestationen im alltag entwickeln lässt - per plan am reißbrett kann und wird das nicht funktionieren. und der erste schritt ist in meinen augen tatsächlich der, die eigene sedierung aufzulösen. zum "wie?" werde ich die tage noch ein paar ideen nachreichen.
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und nein, ich betrachte innere unruhen nach griechischem oder isländischen muster nicht als den königsweg zu einer qualitativen veränderung - eine solche muss im täglichen alltag und vor allem in unseren sozialen beziehungen entwickelt und gelebt werden, was häufig genug völlig unspektakulär und vor allem eine kontinuierliche arbeit ist. aber die sichtbare unruhe in einer gesellschaft kann sowohl als seismometer für den stand ihrer sozialen konflikte angesehen werden als auch als versuch, sich selbst zusammen mit anderen von bestimmten systemimmanenten hemmungen zu befreien und mittels angriffen bspw. auf materielle symbole eine ahnung davon zu bekommen, dass selbst diese art von system nicht für immer und ewig existieren muss. vor diesem hintergrund also jetzt eine kleine und unvollständige übersicht, zunächst ausosteuropa:
(...)" Nach Lettland und Bulgarien kam es am vergangenen Freitag auch in Litauen binnen einer Woche zu gewaltsamen sozialen Protesten. Im Anschluss an eine von den Gewerkschaften in der Hauptstadt Vilnius organisierte friedliche Kundgebung flogen erst Schneebälle und Eier und danach Flaschen und Steine auf das Parlamentsgebäude und die Polizei. Diese antwortete mit Tränengas und Gummigeschossen. Krankenhäuser meldeten mehr als ein Dutzend verletzte DemonstrantInnen und es gab 82 Festnahmen.(...)
Protestkundgebungen fanden Ende vergangener Woche nicht nur in Vilnius, sondern in mindestens fünf anderen Städten Litauens statt. Daran beteiligten sich mehr als 20.000 Menschen.
Der Zorn der "Diebe, Diebe" rufenden Protestierenden richtete sich gegen die erst zwei Monate amtierende konservative Regierung unter Andrius Kubilius und deren im Dezember beschlossene Maßnahmen zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise.(...)
Nun warten auf die Menschen in Lettland, Litauen und Estland nicht nur Lohnkürzungen und Einschränkungen der Sozialleistungen, sondern auch eine kräftig wachsende Arbeitslosigkeit.
"Die Frustration der Menschen ist nachvollziehbar und sie wird die Politik treffen", sagt Lars Christensen, Baltikum-Analytiker bei der dänischen Danske Bank. "Die Politiker können kaum etwas anderes tun, als das, was sie angekündigt haben, und das ist den Leuten schwer zu erklären." Die Regierungen hätten wohl noch nicht richtig realisiert, welche sozialen Proteste in nächster Zeit auf sie zukommen werden, sagt Vladas Gaidys, Soziologieprofessor an der Universität Vilnius. Und sein Kollege, der Politologe Raimundas Lopata, hält die Proteste in Lettland, Litauen und Bulgarien erst für den Beginn eines heißen Frühlings in Osteuropa."
nun ist in vielen ehemals "realsozialistischen" ländern osteuropas die innenpolitische situation so, dass es allerhöchstens fragmente einer libertären sozialistischen linken gibt, was dann schnell zum problem werden kann, wenn sich die proteste dort in nationalistische und schlimmere richtungen zu entwickeln drohen - ansätze dafür wurden zb. von den riots in sofia berichtet, an denen sich auch rechte gruppen beteiligt haben sollen. eine situation, die sich bei fortschreitender eskalation der krise auch hier entwickeln kann. oder sollte ich besser sagen: gerade hier?
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währenddessen ist in griechenland einbekennerschreibenzu den in den letzten news thematisierten schüssen auf einen polizisten aufgetaucht, welches die von mir umschriebene variante einer falschen einschätzung der gesamtgesellschaftlichen situation untermauert - auch, wenn selbst ein medium wie die "taz" bei der wiedergabe der intentionen der stadtguerilleros mit vorsicht betrachtet werden sollte:
(...)"Die Wochenzeitung Pontiki veröffentliche am vergangenen Donnerstag ein 11-seitiges Manifest, mit dem die Gruppe nicht nur die Verantwortung für den Anschlag vom 5. Januar übernimmt, sondern auch für die Schüsse auf einen Polizeibus am 29. Dezember 2008. Im letzten Fall wurde niemand verletzt, in beiden Fällen war die Tatwaffe eine Kalaschnikow.
Darüber hinaus bekennt sich der EA zu einem bislang ungeklärten Attentatsversuch. Am 24. Oktober 2008 hatte sie am Eingang der Athener Hauptverwaltung von Shell eine Bombe platziert, die aber nicht explodierte. Der Sprengstoff stammte von einem Diebstahl in einem Steinbruch, der 2003 stattgefunden hatte. Die Gruppe ist also seit mindestens fünf Jahren aktiv.(...)
Die politische Analyse der Gruppe ist ähnlich schlicht wie die ihrer Vorgänger vom 17N. Seit dem Tod des jungen Alexis habe die Mehrheit der Bevölkerung verstanden, dass "die Würde des menschlichen Lebens […] nur noch mit Waffen verteidigt werden kann". Die ökonomische Krise eröffne "revolutionären Kräften die einmalige Chance, die Revolution voranzutreiben".
Als Ziel dieses Kampfes wird nicht weniger als die "Abschaffung des Kapitals und des Staats" proklamiert. Die Gruppe kritisiert alle politischen Parteien und diagnostiziert weltweit den Bankrott aller Sozialdemokratien."(...)
das im letzten satz genannte ist ja durchaus nachvollziehbar, aber ansonsten verweise ich auf meine gedanken dazu in den letzten news nr. 16 - um es metaphorisch auszudrücken: das wasser steigt zwar, und in ländern wie griechenland deutlicher wahrnehmbar als bisher hier - aber noch steht es nicht so vielen tatsächlich bis zum hals (bzw. sind diejenigen, denen es tatsächlich bis zum hals steht, (noch) mehrheitlich nicht in der lage, für sich positive alternativen zu entwickeln), die sich dann bei den eigenen überlebensversuchen sowie den darauf fälligen angriffen des wankenden systems auch handfest selbst verteidigen werden müssen.
im gegensatz dazu wirken solcheaktionenwie in der schweiz dann andererseits seltsam unangemessen:
(...)"Der Farbanschlag auf den UBS-Sitz am Paradeplatz geht auf das Konto von Zürcher Linksautonomen. In einem Schreiben, das im Internet publiziert worden ist, bekennen sich «verschiedene revolutionäre Kräfte» dazu, die Fassade eingefärbt zu haben. Die UBS, heisst es, «ist für uns ein Symbol der Krise des Kapitalismus, aus der es nur einen revolutionären Ausweg geben kann.» Kritisiert wird auch das milliardenschwere Rettungspaket des Bundes für die Bank wie auch die ankündigten Massenentlassungen, «um sich profitabel zu sparen».(...)
interessant auch die kommentare unter dem beitrag, von denen sich ein teil als ausdrücke von ruhe- und sauberkeitsfetischisten entpuppt, während ein nicht geringer teil einen etwas anderen tenor enthält - beispiel:
"Diese Jugendlichen zeigten Courage. Die Farbtupfer sollen dafür sorgen, dass nichts vergessen wird. Die Justiz würde besser einmal die UBS-Verantwortlichen, diese Ospels und Co vorladen! Eine scheinheilige Rechtskultur in diesem Land! Richter und Banker stecken wohl alle unter einer Decke."
das in diesem kommentar umrissene verhältnis meinte ich mit "seltsam unangemessen", und zwar nicht nur in obiger hinsicht - farbe gegen eine bankfassade steht in keinem verhältnis zu den verbrechen der raub- und plünderungsökonomie namens kapitalismus weltweit, für die eben auch die ubs steht.
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und wer sich hierzulande aktiv einschalten möchte, könnte das mit einem besuch desantikapitalistischen ratschlagsam nächsten sonntag in frankfurt/main beginnen, zu dem ein breites spektrum linker und linksradikaler organisationen aufruft. bleibt nur zu hoffen, dass sich im angesicht von prekären bis existenzbedrohenden verhältnissen nicht wieder der übliche innerlinke spaltungsvirus bahn bricht.
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und sonst? was hier hintenüber fällt: spanien wurde als eines der ersten eu-länder in seiner kreditwürdigkeitherabgestuft, weitere werden folgen, was auch mir noch unklare konsequenzen für den wert des euros haben wird. es wimmelt von nachrichten überstellenstreichungen(wobei: wenn´s nicht gleich ein paar tausend sind, schaffen es viele meldungen nicht mal mehr in die randspalten), kurzarbeit sowie weitere rufe nach staatlicher stützung wie bspw. aus derautoindustrie. auch das finde ich seitens einer sparte, die insgesamt als historisches auslaufmodell gelten muss, eine frechheit. krisenfolgen versteckterer art, die für millionen menschen jedoch zur existenziellen bedrohung werden können, thematisiert dieserartikelbei telepolis, der sich mit der situation in den nicht unwesentlich von auslandstransfers von seiten in den usa arbeitender migranten abhängigen ökonomien in mittelamerika beschäftigt. und das ist zum abschluß für heute auch mein definitiver lesetipp.
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edit: nicht unterschlagen möchte ich das neueste bulletin vom europäischen think-tank leap, den ich in den news nr.12 näher vorgestellt hatte - das neuestegeabendet mit den folgenden absätzen:
(...)"Inzwischen steht der gesamte Finanz- und Bankenbereich unter Verdacht, nur noch ein Fass ohne Boden zu sein. Bei den Unternehmen geben die Auftragsbücher keinen verlässlichen Ausblick auf die zukünftige Auslastung und damit Ertragslage mehr, da in allen Wirtschaftsbereichen die Kunden massiv Aufträge stornieren oder schlichtweg den Konsum einstellen, selbst wenn sie mit äußerst preiswerten Angeboten gelockt werden, wie man an den zusammen brechenden Einzelhandelsumsätzen der letzten Wochen sehen konnte. Den Staaten und sonstigen Gebietskörperschaften brechen die Steuereinnahmen weg, so dass die öffentlichen Haushaltsdefizite noch weiter explodieren werden, was wiederum zu weiteren Insolvenzen führen kann. Von den russischen Milliardären über die Ölmonarchien des Persischen Golfs bis zum Wirtschaftseldorado China leiden alle Gänse, die noch vor kurzem für die globalen, insbs. europäischen, japanischen und nord-amerikanischen Unternehmen und Banken goldene Eier legten, plötzlich unter akutem Darmverschluss, da Ihnen das Geld schon ausgegangen ist oder sie kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen. Die Frage nach der Solvenz der USA und ihrer Bundesstaaten sowie der von Russland oder Großbritannien wird allmählich auch in den großen internationalen Medien gestellt. Ebenso gibt es Zweifel an der Solidität der großen Pensionsfonds, die maßgeblich an der Wirtschaftsaktivität der letzten zwanzig Jahre beteiligt waren.
Für LEAP/E2020 ist die Tendenz eindeutig: die Sequenz, die mit Jahresanfang 2009 eingesetzt hat, ist sehr wohl die der weltweiten Insolvenz."
nein, kein planet und auch (noch) keine spezies namens "homo sapiens", wohl aber ein system geht bankrott. und wenn nicht die folgen so mies werden würden, wäre das eigentlich ein grund für eine große globale party. so aber finde ich den gedanken an meine kürzliche vollnarkose gerade wieder sehr reizvoll.
*
edit nr.2 am 21.01.: während ich das obige gestern schrieb, waberten auch inislandwieder tränengasschwaden durch die luft:
"Mit Tränengas hat die isländische Polizei Demonstranten auseinandergetrieben, die vor dem Parlamentsgebäude in Reykjavik gegen die Folgen der Finanzkrise protestierten. Wie der Rundfunksender RUV berichtete, belagerten etwa tausend Bürger das "Althing", dessen Mitglieder zur ersten Sitzung im neuen Jahr zusammengekommen waren. Ähnliche Krawalle wegen der Finanzkrise hatte es in der vergangenen Woche auch in Lettland, Litauen und Bulgarien gegeben."(...)
ich möchte keine prognosen darüber abgegeben, aus wievielen ländern im laufe der kommenden monate ähnliches zu vermelden sein wird.
...hatte ich letztlich, als mir am morgen nach der kniearthroskopie bei der visite der diensthabende arzt quasi im vorübergehen sein "kein befund!" zurief - puh! mit einem meniskusanriss hatten verschiedene ärzte (und ich) schon fest gerechnet, und selbst der worst-case in form eines kreuzbandschadens schwebte drohend im hintergrund und versprach mehrere monate ärger und stress. aber alles schnee von gestern - ich humpel zwar noch ganz ordentlich durch die gegend, aber das sollte ende dieser woche schon anders aussehen. die letzten tage nach dem frühen verlassen des krankenhauses habe ich mir eine allgemeine auszeit genommen, und deshalb melde ich mich jetzt erst wieder.
vielen dank für all die guten wünsche, die mich hier begeleitet haben! die hatte ich u.a. im gedächtnis, als ich mich innerlich auf die vollnarkose vorbereitete, die dann zu einem ebenso relativ angenehmen erlebnis wurde wie meine bis dato einzige ein paar jahre vorher (und ehrlich gesagt: bei den nachrichten, die ich seitdem wahrgenommen habe, erscheint eine narkose manchmal als verlockende alternative).
ich konnte mich selbst natürlich in der phase des wegdämmerns nicht sehen, und so bleibt es eine frage der imaginären perspektive, ob mein gesichtsausdruck in jenen momenten eher einem entspannten lächeln oder einem debilen grinsen entsprach - fakt ist jedenfalls, dass das psychoaktive medikament zur narkoseeinleitung (ein ordentlichesbenzodiazepin) mich in einen zustand versetzte, der sich während der berieselung durch das morgenprogramm im obligatorischen tv (okay, das könnte man natürlich auch zur narkosevorbereitung zählen...) zu einem wahren glücksmoment auswuchs, als nämlich auf einmal eines meiner lieblingslieder über den schirm flimmerte:
ach! was sollte dann noch schiefgehen? tammi terrell und marvin gaye, beide viel zu früh verstorben und beide mit einer - ganz ironiefrei - wirklich wunderschönen ausstrahlung, sangen und wiegten mich wie ein großes kind in wolken aus immer dichter werdender und leuchtender rosa zuckerwatte. einfach schön. und hinterher war mir nicht mal übel.
und zur einleitung dieser neuen folge möchte ich die leserInnen zunächst davon in kenntnis setzen, das der heutige beitrag mindestens für die nächste woche vorläufig mein letzter sein wird - passend zum allgemeinen (wirtschaftlichen) desaster habe ich das krisenjahr 2009 gleichmal mit einem persönlichen fiasko eingeläutet, welches in der letzten woche in der kombination von vereister straße und einem fahrrad dazu führte, dass ich mich morgen unters messer auf einem op-tisch legen muss. einer der seltenen anlässe, bei dem ich die mir persönlich verhasste durchhalteparole "muss ja!" wenigstens etwas sinnvoll finden kann.
*
und als ich dann vorhin so auf krücken in der kälte zum netcafé meiner wahl humpelte, habe ich mir überlegt, was denn wohl zur zwischenzeitlichen ansammlung immer neuer krisenbotschaften aus meiner sicht zu sagen wäre. und bin zu dem schluß gekommen, dass vieles vor allem ein ausdruck dafür ist, dass sich die krise inzwischen dem erwarteten verlauf aus sicht der sog. pessimisten annährt, und zwar in mehrdimensionaler hinsicht. einmal wäre da die weiter wirkende sedierung großer teile der hiesigen bevölkerung, die vermutlich bei vielen selbst dann noch das verhalten als untertäniges braves schaf stützen wird, wenn sie selbst aus ihren jobs geflogen sind und sich vor den örtlichen agenturen drängeln, um ihre staatlich gewährten brosamen in empfang zu nehmen. das dürfte in vielen fällen gleichfalls gekoppelt auftreten mit der - und in diesem fall ist das attribut angemessen - urdeutschen tradition des tretens und keilens gegen alle, die als noch schwächer und weiter "draußen" stehend wahrgenommen bzw. als solche seitens der "elitären politik" gekennzeichnet und stigmatisiert werden. tatsächlich haben wir die volle aktivierung all der unsichtbaren antisozialen spaltungslinien rassistischer und faschistischer coleur noch nicht einmal ansatzweise in größeren dimensionen erlebt - "deutsche" vs. "ausländer", "moslems", "juden"; aber auch "undeutsches" in form von "schwäche" bzw. minderleistung - obdachlose, kranke, erwerbslose. wobei: vielleicht gibt es gerade wenigstens bei den letzteren einen kriseneffekt, der neulich in der tazsobeschrieben wurde:
(...)"Eine reale Wirtschaftskrise fordert Arbeitsplätze. Psychologisch stellt sich die Frage: Wird nun die Arbeitslosigkeit wieder mehr zu einer kollektiv erlebten Erfahrung?(...)
Wenn Auswirkungen der Krise auch Bessergestellte treffen können, dann ist es nicht mehr so leicht, betroffene Bevölkerungsgruppen deswegen moralisch auszugrenzen. Es gab zuletzt eine Studie des Mannheimer ZEW-Instituts, wonach in Abschwungzeiten Erwerbslosen weniger unterstellt wird, sie seien selbst verantwortlich für ihr Schicksal. In vielen Milieus könnte die Krise eine ähnliche moralische Entlastung für Jobverlust und Firmenpleiten mit sich bringen."(...)
wenn man es so eng begrenzt sieht, könnte ich durchaus vorsichtig zustimmen. allerdings bezweifle ich sofort danach eben auch die fähigkeiten vieler "deutscher" erwerbsloser, ihre aufgrund der üblichen hiesigen sozialisation vorhandenen hasspotenziale jenseits von selbsthass und/oder tretens nach unten in eine richtung gegen oben und die dort favorisierten gesellschaftlichen verhältnisse focussieren zu können, die nicht in eine quasi-faschistische sackgasse führt. die fähigkeit zur kollektiven solidarität beruht u.a. eben auch auf den persönlichen empathiefähigkeiten, die in diesem land bekanntlich bis dato weder gefördert noch im größerem umfang gewünscht sind. daran ändern auch entsprechende bekenntnisse zur simulation von als-ob-empathie bspw. innerhalb von unternehmen nichts. dazu kommt die in vergangenen krisennews öfter erwähnte notwendigkeit, eine grundsätzliche und qualitative alternative jenseits des herrschenden systems von exponentiellem wachstum, konsum als lebenssinn, gesellschaftlichen hierarchien und posttraumatischer antisozialität zu entwickeln. dazu müsste aber bspw. der fortfall von zwangsweiser lohnarbeit von betroffenen ebenso als chance begriffen werden können wie die veränderung des bisher konsumfixierten eigenen lebens, was wiederum eine tiefgreifende auseinandersetzung mit den diese muster tragenden eigenen inneren psychophysischen strukturen zur bedingung hätte. ob eine solche weitgehende und auch schmerzhafte konfrontation mit sich selbst durch zunehmenden druck in den äußeren und alltäglichen strukturen entstehen kann, darf zumindest angezweifelt werden. aber vielleicht erleben wir auch hier positive überraschungen?
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zum anderen können sich die pessimistischen prognosen der jüngeren vergangenheit in ausmaß und geschwindigkeit des prozesses bestätigt sehen, in dem sich die krise bis in die letzten winkel der herrschenden ökonomie frisst - alleine die schlagzeilen der letzten tage sind so spektakulär, dass ein social fiction-autor, der das hypothetisch bspw. vor zwei jahren als plot irgendwelchen verlagen präsentiert hätte, unter allgemeinem hohngelächter auf die straße befördert worden wäre. wieder einmal zeigt sich, dass die realität regelmässig die schärfsten geschichten schreibt und die größten überraschungen bereithält.breite schrumpfung der industrieproduktion - unvorstellbar,zweistelliger rückgang der hiesigen exporte- absurd,staat wird größter aktionär bei commerzbank- grotesk. und so weiter und so fort. wobei es nicht nur, aber besonders rund um die bankster zum himmel stinkt - hinter diversen aktuellen aktionen zur "bankenrettung", die gerade weltweit unternommen werden, lassen sich prozesse und strukturen erahnen, die immer neue belege für die these liefern, dass es sich beim attribut "legal" innerhalb einer kapitalistischen ökonomie tatsächlich nur um ein leeres wort für eine als notwendig betrachtete simulation handelt, die prozesse decken soll, welche bei genauerer betrachtung keine strukturellen unterschiede mehr zu den illegalisierten schattenökonomien unter der fuchtel vonmafia und co.erkennen lassen. wobei sich auch "der staat" in form von diversen landesbanken keinesfalls zurückhält - die sog.steuerparadiesebieten halt für alle leute mit sehr viel geld ihren service an:
"Die staatliche HSH Nordbank hat nicht nur kräftig beim globalen Finanz-Roulette mitgespielt, sie half auch, dem Staat Steuern zu hinterziehen: Briefkastenfirmen in der Karibik, Beteiligungen an dubiosen Fonds auf den britischen Kanalinseln und Tochtergesellschaften in Steuerparadiesen.
Die von der Finanzkrise schwer erschütterte Nordbank unterhält weltweit über 160 Beteiligungen, darunter Niederlassungen auf den karibischen Cayman Islands, den britischen Kanalinsel Guernsey und Jersey sowie den Marshallinseln im Pazifik. Offensichtlich bietet die Staatsbank ihren Anlegern Renditen in Steuerparadiesen an."(...)
was in diesen "paradiesen" wie genau abläuft, lässt sich ganz gut anhand derkanalinsel jerseynachvollziehen. aber nicht nur deutsche banken handeln nach dem systeminternen zwang der kapital- und profitakkumulation; auch anderswo wird deutlich, dass begriffe wie "legalität", "gesetze" und vor allem "seriösität" für leute mit sehr viel geld offensichtlich eine andere bedeutung haben als für das normale bürgerliche schaf (welches sich natürlich in kleineren dimensionen von fall zu fall an den großen vorbildern orientiert) - "anderswo" liegt in diesem falle in der direktennachbarschaft:
"Die Schweizer Großbank UBS gibt dem Druck der US-Behörden nach und wird rund 19.000 Offshore-Konten wohlhabender amerikanischer Kunden schließen, berichtete die New York Times am Freitag. Der größte Vermögensverwalter der Welt geriet unter Beschuss, da nur ein Bruchteil der Konten von amerikanischen Anlegern bei der Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) gemeldet waren. Die Zahl der Konteninhaber, die auf diesem Weg Steuern hinterzogen haben, soll sich auf einige tausend belaufen."(...)
wer immer noch glauben sollte, das seien nur ausnahmen von der regel, kennt die regel(n) noch nicht. die lassen sich zb.hierstudieren.
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zum suizid des "pharma-milliardärs" merckle ist schon so viel gesagt und geschrieben worden, dass ich heute nur noch auf eine art nachruf beiad sinistramhinweisen möchte, ebenso auf den dortigennachtrag:
(...)"Verschiedene Medien berichteten vom Spekulationsfiasko dieses Mannes, der angeblich sein ganzes Firmenimperium an der Börse verspielt hätte. Milliarden hätte er verloren - Milliarden, so wurde zudem berichtet, die er als williger Bruder im Geiste des Profites, skrupellos akkumulierte, die er seinen Kontrahenten regelrecht aus der Tasche nahm. Der freie Markt dieses Herrn war der unfreie Markt all jener, die ihm in die Quere kamen. Wir erinnern uns an den Ausspruch, dass man an ein Milliardenvermögen nicht mittels Ehrlichkeit herankommt - und erfahrungsgemäß wissen wir, die wir nicht einmal fähig sind, eine Million ehrlich zu verdienen, dass diese proletarische Polemik in Spruchform, durchaus ein Korn Wahrheit in sich bergen könnte. Zwar wurde er als bescheidener Patriarch dargestellt, der privaten Asketismus lebte, zwischen Bundesverdienstkreuz, Alpenverein und Studentenverbindung, der aber im Geschäftlichen aufblühte, was soviel heißt wie: verwelkte, weil er alles Zwischenmenschliche absterben ließ. Menschen, ob Angestellte oder Vertreter aus Politik, waren für ihn nur Mittel zum Zweck, benutzbare Bestandteile aus einem Kollektiv verwertbarer Humanroboter, die zur Sicherung und Wahrung, aber natürlich auch zum Ausbau seines Vermögens heranziehbar seien.
Vor diesem Hintergrund ist sein letzter Akt zu sehen. Er suchte ein Gleis auf, weil er selbst nicht tun wollte oder konnte, was einem Menschen, selbst bei größter Lebensmüdigkeit, nicht leichtfällt. So bediente er sich der Deutschen Bahn, genauer eines Lokführers, der zum ungewollten Tötungsinstrument werden sollte."(...)
bingo. nimmt man dazu noch die "öffentliche erklärung" seitens der familie...
"Adolf Merckle hat für seine Familie und seine Firmen gelebt und gearbeitet. Die durch die Finanzkrise verursachte wirtschaftliche Notlage seiner Firmen und die damit verbundenen Unsicherheiten der letzten Wochen sowie die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, haben den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen, und er hat sein Leben beendet."
...vervollständigt sich der eindruck einer unglaublichen kälte in diesen kreisen, die sich ein leben jenseits ihrer wert- und normenskala so vollständig nicht mehr vorstellen können, das der tod in so einer situation als kleineres übel erscheint. sie begreifen sich tatsächlich primär als "unternehmer", "finanziers" u.ä. - und nicht mehr primär als menschen. wer glaubt denn wirklich, dass der milliardär selbst bei einem völligen crash seiner unternehmen verarmt auf der straße gelandet wäre? aber vor allem: wen wundert die breite berichterstattung über einen der ihrigen und das ebenso breite schweigen überdie anderen?
der vollständigkeit halber und in der sprache, die angemessen ist - hier die bisher bekannte "elitäre"suizidale bilanz...
(...)"Im Mai vergangenen Jahres sprang Barry Fox, der neun Jahre für Bear Stearns gearbeitet hatte, aus seiner Wohnung im 29. Stock. Das geschah kurz nachdem Fox erfahren hatte, dass er nicht von JP Morgan übernommen wird. Im September stürzte sich der Chef einer Private-Equity-Firma in Großbritannien vor einen Zug. Im November erschoss sich in Brasilien ein Trader auf dem Parkett der Börse in São Paulo. Im Dezember nahm sich in den USA der Hedge-Fonds-Manager Eric Von der Porten das Leben. Und zwei Tage vor Weihnachten schnitt sich René-Thierry Magon de la Villehuchet in seinem Büro an der Madison Avenue in Manhattan die Pulsadern auf. Das Büro lag nur einige Blocks von der Wohnung von Bernard Madoff entfernt. Villehuchet hatte etwa 1,5 Mrd. $, sein Vermögen und das vieler Freunde und Familienmitglieder, bei dem Madoff-Betrug verloren."(...)
"Der Chef eines führenden US-Immobilienauktionshauses, Steven Good, ist tot aufgefunden worden. Der 52-Jährige weise eine Schussverletzung auf, die er sich offenbar selbst beigebracht habe, teilte das Sheriff-Büro des Bezirks Kane bei Chicago mit."(...)
und es fällt mir durchaus sehr schwer, bei all diesen toten so etwas wie mitleid in mir zu entdecken.
*
zumal sie durch ihr treiben im leben einiges zur notwendigkeit von einrichtungen wiesuppenküchenbeigetragen haben, die für sie selbst immer nur unendlich ferne parallelwelten darstellten:
(...)" Mutter Liz ist gewiss kein zorniges Gemüt, aber wenn sie anfängt, über die soziale Gesamtsituation ihrer Stadt zu reden, gerät sogar sie in Rage. Die Tatsache, dass es im Schatten der opulentesten Konsumtempel und der Konzernzentralen in solch unfassbarem Ausmaß Hunger gebe, wettert sie, werde ignoriert - von der Politik, von der Wirtschaft, von den Medien. "Es ist einfach unakzeptabel, dass Millionen von Menschen nichts zu essen haben. Wir brauchen eine völlig neue Diskussion darüber, was Gemeinwohl bedeutet."
Gewiss, Armut und krasse soziale Gegensätze hat es in New York immer gegeben. Seit sich die Finanzkrise zur Depression ausweitet, scheint jedoch niemand mehr wirklich gefeit davor, bei Mutter Liz in der Schlange zu stehen. "Wir sehen hier vielleicht noch keine arbeitslosen Banker, aber ihre arbeitslosen Putzfrauen und die arbeitslosen Chauffeure, die sind schon da." In vielen Fällen, so die Pastorin, hätten ihre Gäste sogar Arbeit, könnten von dem Lohn in New York jedoch nicht leben."(...)
mit einer gewissen wahrscheinlichkeit demnächst auch in unseren straßentheatern zu sehen - eine 1929er-revival-aufführung, präsentiert von wirtschaft & politik.
*
falls nicht auch hier doch noch entwicklungen eintreten, die der marxistische historiker undoptimistkarl-heinz roth in einem interview so umschreibt:
(...)"Der Marktradikalismus selber war doch schon für viele Menschen mit Verunsicherung besetzt. Seine Krise löst nun die große Panik aus?
Ja, denn er hat den Alltag auch großer Teile der Unterschicht bestimmt. Es gab eine unglaubliche Expansion der Konsumentenkredite, die Masseneinkommen sind in den letzten Jahren radikal gesunken - auch in der Unterschicht. Millionen Menschen haben ihre prekäre Lage durch Kredite verdrängt und sitzen nun in der Falle. Die Unterklassen der entwickelten Welt kompensierten ihre Prekarität durch Verschuldung. Das spielt auch in der Alltagskultur eine gewaltige Rolle.
Inwiefern?
Das alte Sozialstaatsmodell ist gescheitert. Seine Wiederherstellung ist genauso in Frage gestellt wie der Marktradikalismus. Das sind Prozesse unheimlicher Dynamik. Alle bemerken: So geht es nicht weiter! In Italien führen die Bildungsreformen der Berlusconi-Regierung seit Monaten zu Massenaufständen. Die Jugendlichen sagen: Wir zahlen eure Krise nicht. In Griechenland gab es eine extrem weit fortgeschrittene Erwerbslosigkeit, dort existieren heute keine Perspektiven nach dem Studium. Das sind neue existenzielle Bedrohungen, die dort zu einer ganz breiten Sozialrevolte geführt haben.(...)
Sie werden dem, was Sie "dissidente Strömungen" nennen, zugerechnet. Was sind denn Ihre Rezepte?
Wir müssen die Krise analysieren und über aktuelle Teilaktivitäten hinaus eine konkrete Utopie formulieren. Das ist ein ungeheurer Anspruch, aber nur so wird man der epochalen Bedeutung der neuen Situation gerecht.
Können Sie das konkretisieren?
Bremerhaven etwa wird massive Problem bekommen. Als Folge der Wirtschaftskrise brechen seit dem Spätsommer weltweit die Frachtraten im Schiffsverkehr ein. Es gibt deshalb in Bremerhaven - wie auch anderswo - eine ungeheure Überakkumulation an Transportkapazität. Und es ist klar, dass deswegen alles abstürzen wird. Hier müsen wir Prozesse in Gang bringen, die die Privatisierung stoppen und die Wiederaneignung der Anlagen und der Infrastruktur auf die Tagesordnung setzen.
Wie soll das gehen?
Gefragt ist ein alternatives Restrukturierungsmodell für die Hafenindustrie. Die Arbeiter sollten sich selber organisieren und müssen dabei über das Klein-Klein der gewerkschaftlichen Betriebsgruppen hinausgehen. Mit ihnen werden neue Modelle zu entwickeln sein, die das katastrophale Scheitern der Managerklasse mit der Entlassung und Abschaffung der Managerklasse beantworten. Das steht an. Das ist sicher sehr weitgehend, aber so muss die konkrete Utopie aussehen, die es zu entwickeln gilt.
Die BLG ist rund eine Milliarde Euro wert, profitabel und gehört dem Land Bremen. Warum sollte dieses eine solche Form von Selbstverwaltung tolerieren?
Der Weg führt über die Arbeiter. Zu ihnen müssen wir mit unseren Konzepten gehen. Die Perspektive für sie muss lauten: Radikale Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Nur so können Massenbedürfnisse befriedigt und kann die für die gesellschaftliche Selbstverwaltung erforderliche Nicht-Arbeitszeit erobert werden."(...)
das finde ich tatsächlich ganz schön optimistisch, zumal über den inneren zustand des einzelnen arbeiters im angesicht der krise die gleichen bedenken angebracht erscheinen, die ich eingangs schon bezgl. der erwerbslosen geäussert hatte. wie gern würde ich mich in beiden fällen irren!
*
im interview oben ist auch das stichwort "griechenland" gefallen, und die durchaus sympathisierende beobachtung der dortigen sozialrevolte habe ich bekanntlich ebenfalls in dieser beitragsreihe eingeführt. ein mediales aufflackern der berichterstattung war zuletzt allerdings nur bei denschüssen auf einen polizistenanfang januar zu registrieren, zu denen ich zunächst auszugsweise einestellungnahmedirekt "aus der bewegung" zitieren möchte:
(...)"Unser erster Gedanke war, dass keine Person, die Teil unserer Bewegung ist - egal wie wütend sie ist oder wie sehr sie die Taktiken der Stadtguerilla unterstützt - sich ausgerechnet den, in den letzten Tagen buchstäblich unter Besatzung der Polizei stehenden, Bezirk Exarchia aussuchen würde, um solch eine Attacke auszuführen und anschließend sicher zu entkommen.
Daher können wir es nicht als Zufall ansehen, dass Massenmedien, Politiker_innen und ihre Lakaien eine Athmosphäre aufgebaut haben, dass irgendeine dynamische Racheaktion unmittelbar zu erwarten sei. Wir können die Möglichkeit natürlich nicht ausschließen, dass so was passiert - aber wir sind nicht so dumm zu glauben, dass es in Exarchia passiert, oder wie das Mal zuvor [die Schüsse auf den Polizeibus einige Tage vorher, anm.ü.] vom Unicampus Zografou aus. Der Staat hatte über sein mediales Sprachrohr die öffentliche Meinung schon auf eine "bevorstehende" Aktion gegen die Polizei vorbereitet. Die Auswahl des Angriffsortes (das Kultusministerium in Exarchia) hat ihnen irgendwie die Suppe versalzen: Ein Angriff in dieser schwerstüberwachten Gegend verweist ganz klar auf Angreifer_innen, die nur vom Staat selbst kommen können. Es ist nicht der Rede wert festzustellen, dass diese Leute keine Skrupel haben, einen der ihren zu erschießen - darüber brauchen wir nicht nachdenken: Menschenleben bedeuten ihnen nichts.(...)
Bereits jetzt gab es 75 Verhaftungen, viele Übergriffe der Polizei auf Bewohner_innen und Passant_innen in Exarchia und Hausdurchsuchungen - wie praktisch für sie."(...)
nun meine persönliche meinung: spätestens seit dem bekanntwerden der existenz von "gladio" und der betrachtung der us-amerikanischen praktiken der aufstandsbekämpfung weltweit ist natürlich nicht auszuschließen, dass es sich bei dem athener angriff tatsächlich um eine klassische counter-insurgency-aktion gehandelt haben könnte. könnte deswegen, weil ich mir durchaus auch vorstellen kann, dass die schüsse tatsächlich von leuten abgegeben worden sind, die - ganz ähnlich wie einst hierzulande die raf - sich aufgrund einer falschen analyse der gesamtgesellschaftlichen situation zum handeln in ihrem sinne entschlossen haben. und das würde ich für falsch halten, zumal die griechischen verhältnisse noch nicht die einer offenen diktatur sind, in der sich die frage nach der legitimität von bewaffnetem widerstand sozusagen von selbst beantwortet. in den aktuellen westlichen demokratiesimulationen ist und bleibt das eine sehr, sehr zwiespältige sache. und wesntlich vielversprechender und auch wichtiger schätze ich die ersten ansätze für eine breite selbstorganisierung immer mehr gesellschaftlicher klassen ein, wie ich sie in den krisennews nr. 14 am ende dokumentiert hatte.
erste folgen dieser schüsse waren aktuell bereits wahrzunehmen, bei der erstengroßdemonstrationdes neuen jahres in athen kam es zu harten polizeiangriffen:
"Während der heute Mittag stattgefundenen ersten Demo von SchülerInnen und StudentInnen im neuen Jahr in Athen wurden 15 Rechtsanwälte die versuchten juristische Hilfe anzubieten, an ihrer Arbeit gehindert und festgenommen! Mindestens zwei Journalisten wurden verletzt, mehrere andere an ihrer Arbeit gehindert und festgenommen. Sogar Krankenwagenpersonal das Verletze abtransportieren wollte, wurde von der Polizei angegriffen und verletzt. Zwei Verletzte, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden, sind von der Polizei nochmal einmal angegriffen und verletzt wurden."
es bleibt zu hoffen, dass der wichtige und eher unspektakuläre prozeß der selbstorganisation nicht von einer eskalierenden gewaltspirale aufgehalten bzw. verhindert wird.
mit diesen sätzen endet ein artikel, der eigentlich nicht nur bei spon als zumindest zeitweise ständige topschlagzeile präsentiert gehört, weil er wissen über uns selbst und unsere psychophysischen funktionen enthält, ohne dessen verbreitung und anschliessende weitreichende konsequenzen keinerlei entwürfe grundsätzlich sozialerer gesellschaftlicher verhältnisse mehr auskommen können. es geht um einenüberblickhinsichtlich wichtiger ergebnisse der pränatalen forschung, und dieser überblick lässt sich als ergänzung und vertiefung meines eigenenbasisbeitrags zur pränatalen phasenutzen. gleichfalls macht er auch wesentliche strukturen deutlich, die zu den unsichtbaren quellen von kriegen wie aktuell innahostodersri lankagehören.
(...)"Die Annahme oder Ablehnung des Fötus ist die erste, ganz zentrale Erfahrung von Beziehung. Denn nicht nur über die Nabelschnur, auch über seine Sinnesorgane ist der Fötus eng an die Gefühlswelt der Mutter angeschlossen: Wenn sie Angst hat, schlägt ihr Herz schneller, ihre Blutgefäße verengen sich, die Gebärmutter zieht sich zusammen. Der Lebensraum des Fötus wird enger, der Sauerstoff in seiner Blutzufuhr knapp. Gleichzeitig dringen über die Nabelschnur Botenstoffe in seinen Organismus, die ihn biochemisch auf das Gefühl von Angst und Furcht programmieren. Über diesen Umweg hat auch der Vater Einfluss auf das neue Leben.(...)
Die Gefühlswelt des ungeborenen Kindes wird über biochemische Marker als Reaktionsmuster im Organismus tief verankert – mit gravierenden Folgen. Unerwünschte Kinder, deren Mutter keine Bindung zu ihnen aufbauen kann, produzieren deutlich weniger Oxytocin, das Bindungshormon, das für den Aufbau von Beziehungen, vor allem aber für die Liebe zwischen Mutter und Kind zuständig ist. Selbst wenn sie gleich nach der Geburt in die Obhut liebevoller Pflegeeltern kommen, bleibt ihr Oxytocinhaushalt ein Leben lang geschwächt, weil seine Basis bereits in der Schwangerschaft gelegt wird. "Die Fähigkeit oder Unfähigkeit zu lieben", so Pränatalexperte Ludwig Janus, "kann so über Generationen weitervererbt werden." Da jede Schwangerschaft immer auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Kindrolle mit sich bringt, können traumatische Erlebnisse im Uterus auch noch Enkel und Urenkel beeinflussen."(...)
und dieses fazit kann ich - wen wundert´s - nur dreimal dick unterstreichen:
(...)"Die Fähigkeit zum sozialen Miteinander, eine Tendenz zu Kriminalität und Gewalt, aber auch Friedfertigkeit und Empathie werden ganz entscheidend bereits in der Phase vor der Geburt geprägt."(...)
und dabei muss nicht nur an schwangere in offenen kriegsgebieten gedacht werden, sondern auch bspw. an schwangere frauen unter der knute von "hartz-IV" mit allem stress, der damit verbunden ist. solange wir uns unsere antisozialen mutanten auf diesen und anderen wegen selbst weiter produzieren bzw. wir diese vorgänge mehr oder weniger stillschweigend dulden, brauchen wir uns eigentlich über die folgen nicht zu
beschweren.
und das wort vergessen steht deshalb in hochkommata, weil diese art des vergessens meiner meinung nach erstens eine medial produzierte, zweitens aber auch ein ausdruck dafür ist, dass nicht alleine die entsetzlichen bilder aus gaza und israel derart mobilisierend und vor allem polarisierend wirken, sondern die beteiligung israels am krieg offensichtlich affekte und emotionen aufwühlt, die tief in der geschichte der jüdischen bevölkerungsteile weltweit, realem und/oder fehlwahrgenommenem antisemitismus sowie der extremtraumatischen shoa und ihrer jeweiligen (nicht-)verarbeitung wurzeln. denn bei näherer betrachtung sind die parallelen zwischen der situation im indischen ozean und der im nahen osten frappierend - das beginnt bei der in sri lanka sogar weitaus längerenkonfliktgeschichte, bei der ebenso wie im nahen osten großbritannien eine gelinde gesagt unrühmliche rolle spielte...
(...)"Unter den Briten werden in der Verwaltung vor allem hochkastige Tamilen eingesetzt, was durch ihre traditionell gute Bildung begünstigt wird, aber wohl hauptsächlich einer Divide et impera-Taktik entspricht; dadurch genießen die Tamilen einige Privilegien. Die britische Regierung holt zahlreiche indische Tamilen nach Ceylon, die sie als Arbeitskräfte auf ihren Teeplantagen benötigt. Der Anteil von Tamilen an der Gesamtbevölkerung steigt dadurch im Lauf der Zeit von 12 auf 18 Prozent an. Bereits 1840 kommt es daher zu ersten Spannungen wegen des unterschiedlichen Glaubens."(...)
...setzt sich im laufe des krieges mit einer art selektion mittels brutalität bei den kriegsparteien fort...
(...)"Nach dem Anschlag kommt es zu landesweiten Pogromen gegen die tamilische Minderheit. In ihrem Verlauf werden, vor allem in den Gebieten mit singhalesischer Bevölkerungsmehrheit, zwischen 1000 und 5000 Tamilen ermordet und mindestens 100.000 zur Flucht in andere Landesteile gezwungen, wobei ein großer Teil des tamilischen Eigentums in singhalesische Hände übergeht; dabei werden die Täter teilweise von regierungsnahen Politikern angestachelt, und Mitglieder von Polizei und Militär beteiligen sich an den Ausschreitungen.
Auf Seite der Tamilen gewinnt bald die LTTE (auch als „Tamil Tigers“, tamilische Tiger bezeichnet) die Oberhand, indem sie andere separatistische tamilische Gruppierungen rigoros und teilweise gewaltsam bekämpft. Im andauernden Krieg kann sie als stärkste militärische Kraft auch schnell die politische Führung der Tamilen übernehmen."(...)
...mit dem ebenfalls aus nahost bekannten ergebnis, das kein mensch mit emotionaler vernunft sich vorbehaltlos irgendwie positionieren könnte. und geht mit der ebenfalls bekannten konstellation eines "asymmetrischen krieges", bei dem von beiden seiten aus auch die zivile bevölkerung attacktiert wird, weiter:
(...)"Am 14. Juni 2006 starben bei einem mit zwei mit Metallkugeln gefüllten Sprengsätzen durchgeführten Anschlag auf einen Reisebus bei Kebitigollewa (nördliche Zentralregion, nahe Anuradhapura) mehr als 60 Menschen. Es war der schwerste Anschlag seit 2002. Während die Regierung die LTTE dafür verantwortlich macht, sagte ein Sprecher der Organisation, sie habe nichts damit zu tun. Die srilankische Luftwaffe flog noch am selben Tag Einsätze gegen Stellungen der LTTE an der nordöstlichen Küste, dabei wurden 1000 tamilische Zivilisten getötet.(...)
Ebenfalls in Muttur wurden am 6. August 17 tamilische Mitarbeiter der französischen Hilfsorganisation „Aktion gegen Hunger“ ermordet aufgefunden. Regierung und LTTE gaben sich gegenseitig die Schuld an dem Massaker. Am 8. August 2006 erklärte die LTTE überraschend ihren Rückzug von dem umkämpften Stausee, so dass die Schleusentore wieder geöffnet werden konnten. Am 14. August 2006 wurden durch einen Bombenangriff der Armee Sri Lankas mit Kampfflugzeugen des Typs KFIR auf das Kinderheim „Chencholai“ in Mullaithivu 61 Schulmädchen getötet und über 129 verletzt. Die Regierung gab an, sie habe nur ein LTTE-Ausbildungslager bombardiert, aber unter Umständen griff die Armee diese Schule gezielt an."(...)
kommen solche nachrichten Ihnen nicht von woanders her sehr bekannt vor? und halten Sieselbstmordattentateeventuell für ein rein islamistisches phänomen?
(...)"Die LTTE führt mit rund 250 ihr zugeschriebenen Anschlägen die Statistik der weltweit verübten Selbstmordattentate an. Die Selbstmordattentate würden, laut LTTE, nicht zum Erreichen eines Ziels oder zum Durchdrang in die von der Regierung kontrollierten Gebiete (anfänglich) eingesetzt, sondern seien vorwiegend zur Abwehr von Großoffensiven der oppositionellen Parteien auf die tamilische Bevölkerung."(...)
wie auch in nahost (und jedem anderen krieg) hat sich ein geschlossener kreis aus gegenseitiger traumatisierung und brutalisierung inzwischen verselbstständigt - mit der folge des entstehens einer"kultur" der gewalt:
(...)"Des einen Freiheitskämpfer sind des anderen Terroristen – dies gilt insbesondere auch für die LTTE. Immer wieder gelang es den Befreiungstigern mit Minenanschlägen und Selbstmordattentaten, die auffällig häufig von Frauen begangen wurden, Vertreter des Staats und noch mehr Unbeteiligte zu ermorden. Die LTTE hat einen martialischen Kult um ihre so genannten Black Tigers aufgebaut, eine Eliteeinheit von Selbstmordattentätern, die nach ihrem Tod als "Märtyrer" verehrt werden. Sie trugen den Konflikt wiederholt in die Hauptstadt Colombo und die eher ruhigen Landesteile.
Doch auf Seiten der Regierung bedienen sich insbesondere paramilitärische Gruppen ebenfalls terroristischer Mittel, um sich missliebiger Personen zu entledigen oder häufig einfach nur um die tamilische Bevölkerung in umstrittenen Gebieten einzuschüchtern. Es herrscht eine Kultur der Gewalt, die Angst eines Großteils der Bevölkerung begünstigt jene, die sich als Schützer der jeweiligen Gruppeninteressen aufspielen.
Rund 80.000 Menschenleben hat der Bürgerkrieg bislang gefordert. Hunderttausende wurden in seinem Verlauf immer wieder zur Flucht gezwungen."(...)
im laufe des letzten jahres und besonders in den letzten wochen bis heute hat sich der ständig glühende konflikt zu einem aufgeflammtenkriegentwickelt:
(...)"Es geht um das Kernland der Rebellen, auch Tamilen-Tiger genannt, im Norden der Insel. Es sind die heftigsten Kämpfe seit Jahren, und die Welt nimmt vergleichsweise wenig Notiz von ihnen. Perera sagt, was die Zahl der Opfer angehe, spiele Sri Lanka in einer Liga mit anderen, keineswegs vergessenen Konflikten: "Sri Lanka kommt gleich nach dem Irak und Afghanistan. Dann gibt es noch Somalia. Sri Lanka ist also unter den ersten Vier, was Kriege auf dieser Welt angeht, aber das spielt in den internationalen Medien und auch für die Regierungen kaum eine Rolle", meint Perera, und: "Weil es geopolitisch und strategisch nicht so wichtig ist. Und es hat auch kein Öl, was der Grund dafür sein dürfte, dass andere Länder viel prominenter behandelt werden."
Hinzu kommt, dass die Regierung in Sri Lanka kaum unabhängige Journalisten in dem umkämpften Gebiet zulässt und Beobachtern zufolge die Presse in der Hauptstadt ohnehin gut im Griff hat - oder wieder fester zupackt, wenn das mal nicht der Fall sein sollte. Was aus der Kampfzone nach außen dringt, ist viel Propaganda: Erfolgsmeldungen der Regierungstruppen, dass sie Fortschritte machen; so genannte Erfolgsmeldungen der LTTE-Rebellen, dass sie viele Soldaten getötet hätten."(...)
wie, auch die situation der berichterstattung kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? und womöglich auch noch die frage am ende des folgenden zitats?
(...)"Die Großen, die USA, Indien, China würden mittlerweile, wo nicht laut, so doch stillschweigend dulden, dass die Regierung sich offenbar fest vorgenommen hat, die Tamilen-Rebellen ein für alle Mal militärisch in die Knie zu zwingen. Die Frage ist nur, ob ein solcher Krieg überhaupt gewinnbar ist."(...)
wie gesagt: die parallelen sind frappierend, wobei sich hier ebenfalls die frage nach unserer involviertheit - in gestalt "unserer" angeblichen repräsentanten aka regierung(-en) - genauso wie bei vielen anderen kriegen stellt -deutsche waffen, deutsches geld...- in diesem speziellen fall deutsche lizenzen:
(...)"Nachweisliche Abnehmer sind auch Bangladesch und Sri Lanka, dessen Armee das G3 im Bürgerkrieg gegen die Rebellen der Tamil Tigers einsetzt."(...)
eine auswahl weiterer und recht "versteckter" deutscher beteiligungen an der ausrüstung der regierungstruppen in sri lanka ist u.a.hierzu finden; wobei dort ebenfalls zu sehen ist, das bspw. der großteil der ausrüstung der dortigen marine von israel geliefert wurde - so schliesst sich denn der traurige kreis am ende auch hier wieder. ein kreis, der hauptsächlich durch unsere von der allgegenwärtigen aufmerksamkeitsökonomie verzerrten wahrnehmung sowie eben bei etlichen auch durch die direkte beteiligung israels in nahost mobilisierten antisemitischen ressentiments zu ausschließlich hauptsächlich die dortige situation im focus hat (was sich auch als beleg für die instrumentalisierung der palästinensischen opfer für diese ressentiments begreifen lässt). das menschliche leiden ist jedoch rund um den planeten überall das gleiche. und kann nicht durch räumliche distanzen relativiert werden.
nachdrückliche leseempfehlungen zu spon finden sich ja (berechtigterweise) in blogland inzwischen ziemlich selten, aber natürlich gibt es auch hier ausnahmen von der regel - und dieseressayvon harald welzer enthält so viele anregende und wichtige gedanken, das er weite verbreitung verdient:
(...)"In dem Augenblick, in dem Geschichte stattfindet, erleben Menschen Gegenwart. Soziale Katastrophen passieren im Unterschied zu Hurrikans und Erdbeben nicht abrupt, sondern sind ein für die begleitende Wahrnehmung nahezu unsichtbarer Prozess, der erst durch Begriffe wie "Kollaps" oder "Zivilisationsbruch" nachträglich auf ein eruptives Ereignis verdichtet wird.(...)
Stabilitätserwartungen an Systeme sind nicht schon dadurch gerechtfertigt, dass es ein paar Jahrzehnte gutgegangen ist. Das 20. Jahrhundert hat eindringlich vorgeführt, dass wir jederzeit mit extrem beschleunigten gesellschaftlichen Wandlungsprozessen zu rechnen haben. Und dass diese nicht immer gut ausgehen."(...)
das wochenende bietet ja etwas mehr zeit als sonst - nutzen Sie sie auch für diesen essay.
das ist nicht nur der name einerbandder frühen 1980er jahre, sondern auch eine metapher, die mittels drei worten das ganze dilemma eines konfliktes auf den punkt bringt, der durch seinen charakter wie kaum ein anderer die destruktive wucht und dynamik ständiger und sich über generationen hochschaukelnder posttraumatischer re-inszenierungen sichtbar macht.
(eine verwundete palästinensische frau nach einem israelischen luftangriff, dezember 2008;foto: amir farshad ebrahimivia wikipedia)
ein auszug aus einem inzwischen leider kostenpflichtigen artikel der nzz aus dem jahr 2006, "ein irrenhaus namens gaza":
(...)"Psychiater Sarraj fürchtet, das Umfeld der Angst, Gewalt, Armut und Hoffnungslosigkeit werde die Generation der Bettnässer in eine von «Gorillas» verwandeln. Er spricht vom Konflikt als einer Psychopathologie, von Israel und Palästina als psychisch kranken Patienten. Der israelische Patient sehe sich immer noch als Opfer, das keine Versöhnung durchlebt habe und deshalb in all seinen Handlungen von Angst getrieben werde. Der palästinensische Patient bleibe gefangen in Gedanken von Widerstand und Vergeltung. Doch das Schicksal der Menschen liegt nicht in den Händen von Psychiatern, sondern von Politikern. Diese waren bisher unfähig, Heilung und Versöhnung zu bringen. Wer hat je das Leid des anderen anerkannt?"(...)
"Wie viele psychisch krank sind und wie ihre Krankheiten heissen, weiss niemand so genau. Statistiken verzeichnen eine Anhäufung von Borderline-Persönlichkeiten, emotional instabilen Personen, die ein zerrüttetes Selbstbild aufweisen und sich nicht mehr in die Gesellschaft integrieren können. Eine Studie des Gaza Community Mental Health Programme stellt fest, dass über 70 Prozent der Kinder an PTBS leiden und knapp 100 Prozent Symptome davon aufweisen: Albträume, Flashbacks, emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit, Konzentrationsstörung, Schreckhaftigkeit, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Depression, manchmal Panik- oder Aggressionsattacken und Bettnässen. Wer Geld hat, kauft Tabletten: Schlaftabletten, Beruhigungstabletten. Man klagt, aber man spricht nicht über psychische Krankheiten. Wenige suchen Hilfe bei einem Psychiater. Wäre das nicht ein Geständnis, dass einen der Besatzer in die Knie gezwungen hat? Ein Eingeständnis von Schwäche in einer Zeit, in der man stark sein muss, in einer Gesellschaft, in der man stigmatisiert würde? Und welche Behandlung ist gut genug, um Wunden zu heilen, die mit jeder Bombe, jedem Angriff erneut zu eitern beginnen?"(...)
und anläßlich der innerpalästinensischen kämpfe im jahre 2007 ergänzte ein anderer psychiater in eineminterview:
(...)SPIEGEL ONLINE: Was für Auswirkungen hat solch ein Bruderkrieg auf eine Gesellschaft?
Sarradsch: Solche Ereignisse sind extrem schmerzhaft, sie schaffen sehr viel Hass und Rachegelüste. Lang anhaltende Gewalt führt zu einem Phänomen, das wir Psychiater chronische soziale Vergiftung nennen. Die Menschen werden weniger sensibel und rational, dafür impulsiver und hemmungslos. Neue Gruppen außerhalb des Familiengefüges bilden sich, reißen Macht an sich und laufen aus dem Ruder. Sie werden zu unantastbaren Herren über Leben und Tod, das zieht viele an, die anderswo keine Chance haben.
: Das sind Prinzipien, die überall auf der Welt auf Gangs oder Mafia-Familien zutreffen. Funktionieren die islamistischen Gruppen im Gaza-Streifen genau so?
: Die islamistischen Gruppen im Gaza-Streifen sind einen Art Vater mit dem heiligen Buch in der Hand. Jeder kann Fatah-Mitglied werden, aber um der Hamas beizutreten, muss man ein neuer Mensch werden. Das ist ein Prozess, der Jahre dauert, mit Prüfungen und Initiationsriten, bis man einen neue Identität angenommen hat. Strikte Disziplin schafft endlose Loyalität. Das ist der erste Schritt dazu, ein Selbstmordattentäter zu werden.
: Anhaltendes Trauma schafft Gewaltbereitschaft. Lässt sich das auch auf Israel anwenden?
: Sicher. Israel gilt als das beste Beispiel dafür, dass sich ein Volk mit dem Aggressor identifiziert und dessen Machtposition einnehmen möchte. Der Effekt des Holocausts auf die jüdische Gesellschaft war unendlich dramatisch und wurde nie richtig aufgearbeitet. Daraus ist eine echte klinische Paranoia entstanden: "Töte deine Feinde bevor sie dich töten". Leider zahlen wir Palästinenser den Preis dafür.
: Die Bevölkerung im Gaza-Streifen ist schlimmes gewöhnt. Wird sie sich rasch von den jüngsten Kämpfen erholen?
: Ich fürchte Nein. Diese Zusammenstöße, die Brutalität, mit der sie sich gegenseitig abgeschlachtet haben, das hat ein länger anhaltendes Trauma geschaffen. Die Schäden an der geistigen Gesundheit der Menschen werden immer schlimmer, wir kommen nicht mehr dagegen an."(...)
und in diesem zusammenhang sollte auch der hinweis auf die psychophysischenquellen des islamistischen fundamentalismus, wie er zb. in gestalt der "hamas" auftritt, nicht fehlen.
*
beim ganzen thema geht es mir weiterhin so, wie ich es indiesemalten beitrag schon einmal schrieb:
"ich muß dabei ehrlich gestehen, dass es mich regelrecht überwindung kostet, mich an das knäuel von ineinander verschlungenen dynamiken zu wagen, die sowohl den israelisch-palästinensischen als auch den umfassenderen sog. westlich-islamistischen konflikt kennzeichnen. mein überdruß rührt dabei vor allem aus der hemmungslosen instrumentalisierung der realen - vergangenen und aktuellen - opfer her, die sich sowohl bei allen direkt beteiligten seiten als auch bei denen finden lässt, die sich - aus eigenen und durchaus fragwürdigen motiven, wie ich finde - in diesen konflikten gerade in d-land unbedingt positionieren wollen."
der gleiche beitrag enthält auch den versuch, die quellen des aktuellen israelischen handelns nachzuvollziehen - denn trotz aktueller motivationen der heutigen protagonisten ist die mobilisierung größerer kollektive zu kriegerischen aktionen immer auf die aktivierung von deren untergründigen reservoirs an wut, ängsten sowie paranoiden feindbildkonstruktionen angewiesen, die durch aktuell reale destruktivität nicht nur immer wieder getriggert, sondern noch erweitert und neu "gefüllt" werden.
(ein getöteter israelischer mann nach einem hamas-raketenangriff ende dezember 2008;foto: amir farshad ebrahimivia wikipedia)
abschließend kann ich im angesicht des ganzen trostlosen szenarios nur ein ebenfalls schon älteresvorläufiges fazitwiederholen, dessen unzulänglichkeiten mir allerdings heute noch deutlicher bewusst sind als damals:
"im nahen osten ist live und seit jahrzehnten eine spirale der gegenseitigen und generationenübergreifenden re-traumatisierung zu beobachten, die - realistisch betrachtet - nur durch eine massive intervention von außen, mit anschließender - vorläufiger - trennung und entwaffnung der kontrahenten sowie isolierung der am extremsten agierenden gruppen auf beiden seiten - betrifft zb. die klar islamistischen fraktionen genauso wie auch die religiös motivierten jüdischen siedler - gestoppt werden könnte. parallel zu diesen maßnahmen müsste dann in allen beteiligten gesellschaften besonderes gewicht auf die entwicklung ziviler strukturen / entmilitarisierung gelegt werden, zu denen neben einer gesicherten grundversorgung besonders bildung und auch ein breites angebot von traumaspezifischen therapeutischen strukturen gehören würde - letzteres ist meiner meinung nach unverzichtbar, um die wesentlichen quellen des konfliktes mittel- und langfristig aufzulösen.
wer die erwähnte massive intervention von außen allerdings durchführen sollte, ist das erste große problem - realistisch ist da eigentlich nur die uno zu nennen, und zwar ohne beteiligung der usa/nato einerseits (besonders d-land hat - als durch die geschichte mitverantwortliche konfliktursache - dort nichts zu suchen), aber auch ohne russland und china. und damit wird´s dann schon wieder unrealistisch. ich bleibe aber dabei, dass bis auf weiteres das oben grob skizzierte szenario dasjenige mit der größten wahrscheinlichkeit darstellt, den ewigen krieg tatsächlich zumindest wirkungsvoll behindern zu können."
es fehlt weiterhin an einer weltweit anerkannten, tatsächlich neutralen, aber mit allen opfern parteiischen instanz, die sowohl den willen als auch die mittel besitzt, in solchen konflikten wirkungsvoll zu intervenieren. und das stellt nicht nur in diesem fall eine schmerzhafte lücke dar.
na, alles überstanden? die diversen räusche, von denen offensichtlich auch die offiziellenneujahrsansprachennicht unbeeinträchtigt geblieben sind? was bleibt, ist wie üblich ein haufen müll und ein grandioser kater, der ganz im gegensatz zu früheren jahren jedoch zudauerkopfschmerzenzumindest bei all jenen führen wird, die sich auf die salbungsvollen worte aus den schaltzentralen der macht verlassen:
"In einem Gastkommentar schreibt Nouriel Roubini, dass das Jahr 2009 noch schlimmer als erwartet werden wird. Der Professor für Ökonomie an der Stern School of Business der New York University meint, nachdem die Finanzmärkte 2008 ihre schwerste Krise seit der Großen Depression der 30er-Jahre erlebt haben, würden die USA mit Sicherheit auch die "schwerste Rezession" erleben. Sie erwartet einen tiefen Abschwung, der etwa 24 Monate über das Jahresende 2009 hinaus anhalten werde. Die gesamte Weltwirtschaft werde entgegen der Prognosen von Weltbank und IWF schrumpfen, kündigt er an: "Die Schwellenmärkte drohen hart zu landen, da über Handels-, Finanz- und Währungsverbindungen Schocks in den Industrieländern an sie weitergegeben werden."(...)
und dasschrumpfenwird tatsächlich zu einer allgemeinen beschäftigung, die auch hierzulande zu besichtigen ist:
(...)"Der aktuelle Einkaufsmanagerindex zeigt, dass die komplette Industrie ihre Produktion massiv zurückfährt - und auch bei Unternehmen in anderen Staaten der Euro-Zone stehen die Zeichen auf Abschwung.(...)
Die Industriefirmen haben den Experten zufolge mit massiven Überkapazitäten zu kämpfen und bauten deswegen Arbeitsplätze ab. Jede vierte Firma habe angegeben, Stellen gestrichen zu haben, hieß es. Besonders bei den Herstellern von Investitions- und Vorleistungsgütern sei es wiederum zu Entlassungen gekommen."(...)
nein, man muss nicht wirklich zum apokalyptiker werden, um die offiziellen beruhigungspillen und notorischen schönrednereien inzwischen als realitätswidrige belästigungen und beleidigung der eigenen intelligenz und intuition zu empfinden - es reicht einfach, sich dierealen verhältnissezu betrachten:
"Ein Stückchen Hoffnung suggerierten die letzten Tage im alten Jahr an den Aktienmärkten. Die Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten sind jedoch enorm, wir haben erst einen Anfang beim Abbau von Spekulationsblasen und den destruktiven Kräften einer totalen Verschuldungskrise gesehen! In der Summe dürfte die Auslöschung von virtuellen Vermögen an den Finanzmärkten und deren Auswirkungen auf die Realwirtschaft bereits irreparabel sein!(...)
Liquiditätsprogramme, Nothilfen und Kreditgarantien werden zwar die drohende Insolvenz des Bankensystems vorerst abwenden, aber nachhaltig wirksam wären sie nur, wenn es gelänge die Geschäftsfelder und damit den Umsatz der Banken zu reaktivieren bzw. neue wenn möglich noch größere Spekulationsblasen zu erzeugen und daraus Gebühren und Provisionen zu generieren. Ein unwahrscheinliches Szenario. Übrig bleiben wird nur ein Zeitgewinn!"
"zeitgewinn" dürfte aus sicht der "eliten" tatsächlich diejenige art von gewinn sein, die derzeit am nötigsten ist - müssen sie sich doch auf szenarien wie die folgenden vorbereiten -griechenland lässt grüßen:
"In der Silvesternacht hat eine Gruppe von bis zu 1.000 Menschen die Polizeiwache im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg angegriffen. Zunächst hätten rund 500 Menschen in der Schönhauser Allee einen Streifenwagen mit Feuerwerkskörpern beworfen und Fenster einer Straßenbahn zerstört, wie Polizeisprecher Frank Millert heute in Berlin sagte.
Die Gruppe sei später auf bis zu 1.000 vor allem junge Menschen angewachsen, die auf das Polizeigebäude losgingen."(...)
das ist aus meiner sicht recht ungewöhnlich - die obligatorische, rituelle und alkoholgetränkte silvesterrandale an vielen orten ist das eine, aber ich kann mich tatsächlich nicht an einen angriff auf eine polizeiwache erinnern. um die zu erwartenden konsequenzen einer solchen aktion in kauf zu nehmen oder aber sie für den moment einfach als egal zu empfinden, müssen sich, selbst die wirkungen von alkohol berücksichtigend, sowohl etliches an zur aggressiven entladung drängenden gefühlen aufgestaut als auch diverse hemmende ängste bei den beteiligten reduziert haben. und ich glaube, dass diese konstellation bei größeren menschenmengen im verlaufe des jahres noch öfter zu beobachten sein wird - und zwar nicht nur in europa.
mit der gleichen skepsis - aber auch unter anderen bedingungen - wie die namenlose migrantische frau in kalifornien 1936, während der großen depression, blicke wahrscheinlich nicht nur ich ins nächste jahr. persönlich könnte es so prekär werden wie selten zuvor, und gesellschaftlich - dito.
ich wünsche darum allen leserInnen heute vor allem eines: gesundheit, und zwar in jeder nur denkbaren hinsicht. und ansonsten bleiben mir vor allem diebotschaftenaus der griechischen revolte präsent:
"Eine Loslösung von dem Warten auf andere Tage, zu einem Punkt, an dem so viele gleichzeitig dachten: „Das war es, kein Schritt weiter, alles muss sich ändern, und wir werden es verändern.“
in diesem sinne lesen wir uns im nächsten jahr - und sehen uns auf den straßen, in den läden, den betrieben...