"Kriegsgeschäfte der deutschen Unternehmerfamilie Schaeffler aus den frühen 1940er Jahren sorgen für Debatten im südlichen Polen. Die Gründer der Firma, die sich derzeit um staatliche Milliardenbürgschaften bemüht, begannen ihre unternehmerischen Aktivitäten entgegen offiziellen Angaben nicht erst 1946. Vielmehr nutzten sie für ihren Nachkriegs-Start Know-How und Gerät einer ehemals jüdischen Fabrik in Kietrz nahe der polnisch-tschechischen Grenze, die sie sich bald nach Kriegsbeginn angeeignet hatten. Der kurzerhand in "Schaeffler AG" umbenannte Betrieb stellte bis 1944 Textilien und Panzerteile für die Wehrmacht her; Maschinen und Fachpersonal wurden Anfang 1945 in den Westen verbracht und ermöglichten der Schaeffler-Firmengruppe ihren schnellen Aufstieg. Hinweise von Historikern führen zu Geschäftsbeziehungen der Unternehmensgründer mit der Abteilung Menschenverwertung im Vernichtungslager Auschwitz."(...)
edit am 05.02.: die ergänzung "noch" in der überschrift hat alleine den grund, dass ich keinesfalls den eindruck erwecken will, derartige geschichten seien etwa in der hiesigen wirtschaft eine ausnahme (wobei ich davon ausgehe, dass das den allermeisten der leserInnen eh schon klar gewesen ist).
aber es gibt ja auch zb. jüngere leute, denen die - zumindest mir - vertrauten informationen über die historie der weitaus meisten deutschen unternehmen keinesfalls als allgemeingut vorkommen werden, darum hier noch ein paar beispiele von bekannten markennamen, die uns gerade aktuell tag für tag unagenehm auffallen. und da können wir gleich bei schaeffler weitermachen, die sich bekanntlich aktuell u.a. mit dem "schlucken" der hannoveraner continental ag schwer verhob und darob nach staatlicher hilfe bettelt - was die geschichte der continental anbelangt, ist das jedenfalls auch so ein fall von "gleich und gleich gesellt sich gern", wie bspw. ein längst vergessenerartikelaus dem jahre 1999 deutlich macht:
(...)"Historische Quellen belegen laut einem Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", dass Mitarbeiter aus dem Conti-Werk die Häftlinge im Lager eingewiesen und angelernt hätten. Die Conti sei faktisch Arbeitgeberin gewesen. Die 10. Kammer des Arbeitsgerichtes gehe sogar davon aus, dass die Conti mit dem SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt ohne staatlichen Zwang einen "privatrechtlichen Dienstverschaffungsvertrag abgeschlossen hatte, um KZ-Häftlinge zu mieten". Die Vereinbarung habe den Einsatz der Häftlinge und das Entgelt für die "Vermietung" geregelt. Aus Sicht des NS-Regimes habe die Vereinbarung sogar das Ziel gehabt, die KZ-Häftlinge durch Arbeit zu vernichten."
zu den allgemeinen verflechtungen zwischen wirtschaft und ns-regime gibt es auch online genügend recherchierbares material, darum jetzt nur noch ein beispiel, bei dem es vor allem um zwei namen geht, die momentan täglich eine rolle spielen - die dresdner und die deutsche bank.
diese im jahr zweitausend erschienene arbeit des autors peter-ferdinand koch ist inzwischen vergriffen und nur noch antiquarisch zu erhalten, und sehr viele rezensionen gibt´s dazu zumindest online auch nicht. dabei ist das eigentlich gerade in diesen zeiten ein interessanterlesestoff:
(...)"Wie die Geier stürzten sich deutsche Wirtschaftsbosse und solche, die es noch werden wollten, auf jüdisches Vermögen: die Kaufhauskonzerne Horten, Neckermann, Quelle und Hertie sind alle das Ergebnis von "Arisierungen", also Zwangsenteignungen von ehemals jüdischen Betrieben, deren Besitzer unter Androhung von Gewalt gezwungen wurden, für einen lächerlichen Betrag an "arische" Kaufleute zu verkaufen. Immer mittendrin: Die Deutsche und die Dresdner Bank, zwei den Nazis herzlichst zugetane Geldinstitute, die auch für Heinrich Himmler (ein ehemaliger Hühnerzüchter) und dessen SS tätig waren.(...)
Koch schildert auch die Schäbigkeit im Kleinen, die miese Rachsucht, Denunziationslust und Raffke-Mentalität: Da wurde der SS mitgeteilt, dass letzte Woche noch ein jüdischer Kunde am Geldschalter gesichtet worden sei (den man, so die Bank devot, wohl vergessen habe zu deportieren). Oder: die Dresdner Bank hatte nach der Übernahme eines jüdischen Geldhauses dem ehemaligen Inhaber eine - geringe - Pension gezahlt. Als der Mann, über 70jährig, schließlich deportiert wird, befiehlt eine Hausanweisung, ihm die Kündigung seiner Pension nachzuschicken - da aber mit einer Nichtzustellbarkeit dieser Benachrichtung zu rechnen ist, sei die Bescheinigung über die Benachrichtigung zu den Akten zu nehmen.
Die SS organisierte ihre Wirtschaftsbetriebe in einer Holding, in der Verluste ausgeglichen werden sollten. Weil die meisten Betriebe aber von Amateuren geführt wurden, gab's durchweg zu viele Verluste. Richtig profitabel wurden Unternehmungen nur für die Privatwirtschaft, die mit der SS zusammenarbeiteten, schon weil die billig Zwangsarbeiter auslieh. So war die "Hunsa GmbH" zuständig für die "Förderung der Forschung auf dem Gebiet des Nahrungsmittelwesens", finanziert von der Dresdner Bank und unterstützt vom Pudding-Mischer August Oetker ("Ich bin ein Nationalsozialist des Herzens"), dessen Firma sich damals vornahm, "die Zukunft Großdeutschlands für immer zu sichern". Damals bosselten Oetker und Konsorten noch nicht an Tiefkühlpizza oder Speiseeis, sie buken Brot aus Stroh und rührten Suppen aus Insekten an, deren Nährgehalt sie an den KZ-Häftlingen der SS testen durften.
Neben der Dresdner war vor allem die Deutsche Bank eine Stütze des Regimes. Im Januar 1938 hatte die Zentrale ein Papier an alle Filialen verschickt, in dem um Aufstellung gebeten wurde, welche Juden noch Konten bei der Deutschen Bank führten und welche "jüdischen Betriebe" für "Arisierungen", also Zwangsenteignung, in Frage kämen."(...)
das ist nur ein ganz kleiner ausschnitt der historie einer branche, die - und zwar global - noch bis heute bereitwillig jede schweinerei finanziell mitunterstützt - kriege, organisiertes verbrechen, diktaturen - , sofern da etwas bei rausspringt. und die aktuell mit ihrer angeblichen "unverzichtbarkeit" ganze bevölkerungen in erpresserischer manier plündert.
es ist ratsam und hilfreich, diese geschichte all der banken und firmen, die sich da unter den "rettungsschirmen" versammeln, keineswegs zu vergessen - denn sie zeigt auf, das diese produkte des kapitalismus nicht nur im nationalsozialismus und auch nicht nur in d-land weder skrupel noch grenzen kennen, wenn es darum geht, ihren real einzigen sinn & zweck - die akkumulation von profit - den menschlichen gesellschaften aufzuzwingen. im ns ganz offen und drastisch, heutzutage bemäntelt mit allerlei simulationen. ihr antisoziales wesen jedoch bleibt im wahrsten sinne des wortes zeitlos.
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edit 2: einen kommentierten kurzen gesamtüberblick speziell zur rolle der "deutschen bank" im ns gibt eshier- auszüge aus dem bericht der us-amerikanischen ermittlungsstelle omgus, die nach dem krieg folgende empfehlung gab:
"Es wird empfohlen, daß:
1. die Deutsche Bank liquidiert wird,
2. die verantwortlichen Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden,
3, die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden."(...)
kognitive dissonanz- ja, der begriff trifft es wohl am besten, wenn ich meine derzeitige innere verfassung auf den punkt bringen sollte. das stündlich absurder werdende mißverhältnis zwischen dem scheinbar normalen alltagsleben einerseits und den bereits persönlich wahrnehmbaren krisenfolgen sowie vor allem den immer weiter eskalierenden medial vermittelten entwicklungen andererseits führt zu einem eigenartigen gemisch aus lähmung und aktionsdrang, die sich beide bisher weitgehend neutralisieren. so bleibt mir für den moment nur zu sagen: here are the crazy news.
usa: kalifornien in dieser woche vor dem bankrott?
usa: kongreßabgeordnete fordert zwangsgeräumte faktisch zur hausbesetzung auf
großbritannien: wilde streiks unter dem motto "britische arbeitsplätze für britische arbeiter"
deutschland: sächsische "tafel" sieht "wachsenden hass gegen erwerbslose"
rußland: neue straßenproteste
china: weitere verschärfung der wirtschaftskrise - regierung verpflichtet militär öffentlich zur loyalität
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die katastrophale finanzielle lage von kalifornien und ahlreichen weiteren us-bundesstaaten ist schon länger bekannt, und so ist es denn doch zumindest für mich etwas überraschend zu erfahren, dass die dortige bundesregierung offenbar zuschauen will oder muss (?), bis einzelne staaten unmittelbar vor demsturzin den bankrott stehen, bevor auch hier eine art rettungsschirm aus washington kommt:
(...)"Gut fünf Jahre später droht nun die ganz große Kiste in die Luft zu gehen: der Staat Kalifornien selbst. Die achtgrößte Volkswirtschaft steht vor der Pleite. Seit dem Wochenende hat sie aufgehört, ihre Rechnungen zu bezahlen, die Behörden halten für 30 Tage Steuererstattungen an Unternehmen und Bürger zurück. Zuvor wurden schon 2000 Bauvorhaben an Straßen, Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen gestoppt."(...)
und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass dieser bankrott nicht mit allen möglichen mitteln vorläufig verhindert werden soll, weil ich die öffentliche und massenpsychologische wirkung nicht nur in den usa auf ein solches ereignis ähnlich einschätze wie der zitierte ökonom am ende des nächsten zitates - es wäre tatsächlich eine art fanal:
(...)""Dies ist die Woche, in der entweder etwas passiert - oder Kalifornien über die Klippe fällt", warnt Dan Walters, Kolumnist der Hauptstadtzeitung "Sacramento Bee". Mit markigen Worten hat auch Schwarzenegger seit Wochen Abgeordnete und Landsleute beschworen: "Kalifornien befindet sich im Notstand", ein "finanzielles Armageddon" drohe.
Der Gouverneur übertreibt nicht. "Das wäre der größte Kollaps eines Staates seit dem Zweiten Weltkrieg", sagt Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff. "Es wäre ein episches Ereignis, das die Märkte schockieren und die Rezession auf ein neues Level heben würde."(...)
selbst wenn man us-spezifisches parteipolitisches gezänk und die üblichen elitären machtkämpfe hinter den kulissen berücksichtigt und deshalb dazu neigen sollte zu sagen, dass hier womöglich aus verschiedenen interessen heraus die lage dramatisiert wird - ich fürchte, dass es für die dortige bevölkerung und speziell diejenigen, die eh schon die arschkarte haben, bereits dramatisch genug ist:
(...)Der "Golden State" hat über 40 Mrd. $ weniger in der Kasse, als bis Juni 2010 nötig sind. Seit Wochen gibt es Marathondebatten und Sondersitzungen, doch bislang konnte man sich nur auf Kürzungen in Höhe von 6 Mrd. $ einigen. Die Regierung muss handeln, überall, gnadenlos: Sie setzt Zahlungen an Lieferanten und Dienstleister aus, kürzt bei Universitäten und Schulen, kappt Zuschüsse an Alte, Blinde und Invaliden. Staatsangestellte bekommen Gehaltskürzungen und zwei Tage pro Monat Zwangsurlaub."(...)
und so wie geschildert sieht ein staatsbankrott nicht nur in kalifornien aus. in der realität produziert das weiteres elend und am ende auch irgendwann tote.
(...)"Längst hat sich die Krise durch das Land gefressen. Ein prominentes Beispiel: die Stadt Vallejo, 40 Meilen von San Francisco entfernt, 120.000 Einwohner. Sie hat bereits im Mai 2008 Insolvenz angemeldet.
Osby Davis, das Stadtoberhaupt, ist ein Mann mit zynischen Visionen geworden. "2015", sagt er, "soll alles wieder gut sein." Dann werde es wieder eine lebendige und sichere Innenstadt geben, dann werden erfolgreiche Unternehmen hier sein und Menschen seine Stadt besuchten, statt nur schnell durchzufahren. Davis hält inne, dann fügt er leise hinzu: "Die Leute sagen, dass ich so reden muss, weil ich hier der Bürgermeister bin." Der 63-Jährige sieht aus wie ein gealterter Barack Obama. Aber Überzeugungskraft und Entschlossenheit sind ihm völlig abhandengekommen. "Wir hatten in einem Jahr 4000 Zwangsversteigerungen."(...)
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das letzte stichwort leitet auch gleich über zum nächsten thema: als antwort auf die steigende obdachlosigkeit in folge der zwangsversteigerungen und -räumungen ist jetzt einer us-kongreßabgeordneten, marcy kaptur aus ohio, der kragen geplatzt - und sie fordert die betroffenen zu einerlösungauf, die tatsächlich die vernünftigste darstellt - wenn auch keinesfalls im kapitalismus und seinen heiliggesprochenen eigentumsverhältnissen gern gesehen:
(...)"If you're poor and the bank is coming for your home, Congresswoman Marcy Kaptur has a plan for you.
Just squat, she says.
Yes, this Ohio Democrat is actually encouraging her financially distressed constituents whose homes have been foreclosed upon, to simply stay put.(...)
"So I say to the American people, you be squatters in your own homes," said Congresswoman Kaptur before the House of Representatives. "Don't you leave."
She's called on all of her foreclosed-upon constituents to stay in their homes and refuse to leave without "an attorney and a fight," said CNN."(...)
der erwähnte bericht ist im folgenden video zu sehen:
es wird sehr spannend sein zu verfolgen, wie und ob sich eine solche aufforderung einer staatlichen repräsentantin, sich bewußt gegen den willen der banken und auch gegen die gesetze zur durchsetzung dieses willens zu stellen, weiter in den usa auswirken wird. ich könnte mir durchaus vorstellen, dass bei der inzwischen breit gekippten stimmung gegen die bankster und speziell unter obama solche aktionen zumindest zeitweise geduldet werden, alleine schon deshalb, um den aus regierungssicht vielfältigen gefahrenherd der massenhaften obdachlosigkeit - siehe auch diekrisennews spezial zu den usa- nicht weiter wachsen zu lassen.
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die usa stehen ja nun, und damit zu einer wesentlich unerfreulicheren variante von möglichen reaktionen auf die krise, seit ein paar tagen in der öffentlichen diskussion unter dem verdacht der reanimierung des protektionismus - und "buy american" ist dabei eine aufforderung, die sich inhaltlich noch vielfältig steigern lässt, wie gerade in großbritannien zu beobachten ist - erstmals in dieser krise kommt es zuwilden streiks, aber mit forderungen, die mehr als problematisch sind:
(...)"Mehr als 3.000 Arbeiter streiken seit dem Wochenende in elf britischen Ölraffinerien und Kraftwerken in ganz Großbritannien. Sie protestieren dagegen, dass für den Bau einer Entschwefelungsanlage in North Killingholme in der englischen Grafschaft Lincolnshire keine britischen Arbeiter eingestellt werden. Um das 200 Millionen Pfund teure Bauprojekt des französischen Total-Konzerns hatten sich fünf britische und zwei ausländische Firmen beworben. Den Zuschlag erhielt die italienische Firma Irem, und diese will die 400 Jobs an Arbeiter aus Italien und Portugal vergeben, weil sie billiger sind.
Die Proteste in North Killingham begannen bereits am Mittwoch. Der Betriebsratsvorsitzende Kenny Ward sagte den streikenden Arbeitern, sie müssen "gegen raffgierige Arbeitgeber" zusammenstehen. "Ich bin ein Opfer, ihr seid Opfer, Tausende in unserem Land sind Opfer dieser Diskriminierung, diesem Betrug am britischen Arbeiter."
Am Freitag kam es zu spontanen Solidaritätsstreiks in Nordirland, Wales und Schottland. Am Montag entscheiden die Arbeiter der Atomanlage Sellafield, ob sie sich ebenfalls beteiligen.
Die Streikenden haben sich ihren Kampfslogan vom britischen Premierminister Gordon Brown ausgeliehen. Der hatte auf seiner ersten Parteitagsrede nach seinem Amtsantritt 2007 die Parole ausgegeben: "Britische Jobs für britische Arbeiter."(...)
oder anders: er hat den nationalistischen tiger geritten, und sein "bedauern" darüber nehme ich ihm und generell leuten seines kalibers keineswegs ab - die wissen, was sie mit solchen parolen anrichten! und auch die gewerkschaften betreten sehr dünnes eis, wenn sie sich auf solche forderungen beziehen:
(...)" Gewerkschaftssprecher Bobby Buirds sagte: "Wir argumentieren nicht gegen ausländische Arbeiter, sondern gegen ausländische Firmen, die britische Arbeiter diskriminieren. Das ist ein Kampf um Arbeit. Es ist ein Kampf für das Recht auf Arbeit in unserem eigenen Land. Das ist nicht rassistisch."
Doch die Auseinandersetzungen nehmen immer mehr ausländerfeindliche Züge an. Die rechtsextreme British National Party (BNP) hat eine Delegation nach North Killingholme entsandt, um unter den Streikenden für Unterstützung zu werben. Die BNP hofft angesichts der Rezession, von der Großbritannien stärker als andere Industrienationen betroffen ist, auf einen Durchbruch bei der Europawahl im Sommer. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 2 Millionen, die Wirtschaft wird in diesem Jahr um 2,8 Prozent schrumpfen, fast jeder zweite britische Arbeiter bangt um seinen Job."(...)
auch in sellafield wird mittlerweile gestreikt, und von den erwähnten vertragsarbeitern istfolgendeszu vernehmen:
(...)"Laut einem Vertreter der Baufirma IREM herrscht unter den portugiesischen und italienischen Bauarbeitern "ein Klima der Angst". Einige seien bereits wieder abgereist. Eine Zeitung zitiert einen der Vertragsarbeiter mit dem Satz: "Immer wenn wir in die Stadt müssen, ist es ein richtiges Spießrutenlaufen."(...)
solche "krisenlösungen" wären dabei ganz im sinne des elitären "teile-und-herrsche"-spiels, und die mobilisierung nationalistischer und rassistischer affekte wäre gleichfalls eine nötige grundlage für die ganz große "lösung", die den "eliten" immer als letzte option bleibt - krieg.
(...)"Bisher kam es an 15 verschiedenen Orten zu Protestaktionen, an denen sich mehrere tausend Menschen beteiligten. Auf kopierten Blättern fordern einige von ihnen, dass einheimische Arbeiter bevorzugt behandelt werden sollten. Manche schwenken die englische Nationalfahne. "Nehmt zuerst Briten!" ist eine verbreitete Parole, noch häufigster aber ein Zitat von Gordon Brown: "Britische Arbeitsplätze für britische Arbeiter!"(...)
das die reste der organisierten britischen linken durch diese entwicklung in arge verwirrung gestürzt werden, ist zwar nachvollziehbar, aber keinesfalls hilfreich:
(...)"Dieser diffuse Charakter der Bewegung sorgt in der britischen Linken für völlige Verwirrung. Während einige ankündigen, die Streiks zu unterstützen, verurteilen sie andere als rassistisch. Die Initiative Campaign against Immigration Controls (CAIC) fordert von der Gewerkschaft Unite sogar, die Streiks zu beenden."(...)
welch ein unterschied zu frankreich, wo während des generalstreiks letzte woche nicht nur die gewerkschaften sich auch der forderungen der erwerbslosen annahmen, sondern auch die "legalen" und "illegalen" migranten mit ihren forderungen teil der massenproteste waren - trotz aller auch in frankreich vorhandenen rassistischen ressentiments. aber für großbritannien hatte ich eine solche entwicklung ja befürchtet - wieder ein fall, wo ich es hasse, recht zu bekommen.
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unddashatte ich im vergangenen jahr, irgendwann zu herbstbeginn und mit bezug auf die verhältnisse hierzulande, geschrieben:
"es muss also etwas mit der eigenen motivation, den verbreiteten inneren strukturen und auch mit der eigenen wahrnehmung zu tun haben, wenn hier bisher weiter "alltag" gespielt wird. ein wichtiger punkt ist dabei sicherlich die schon neulich aufgegriffene soziale trance, zu der die propagierung von "privatheit" (in der form als synonym von vereinzelung) sicher viel beiträgt. will sagen: uns fällt jetzt die allgemeine schädigung der beziehungsfähigkeiten (und damit auch schädigung der fähigkeiten zum kollektiven handeln) voll auf die füße. und als eine folge davon werden wir im zuge der weiteren eskalation der krise mit zunehmend destruktiver werdenden ängsten und aggressionen rechnen müssen"
und die werden jetzt nicht nur auf der insel, sondern auch hier immerdeutlicher:
"Arme Familien geraten nach Ansicht von Hilfsorganisationen wegen der Wirtschaftskrise zunehmend unter Druck. Mit der Krise entwickelten sich in Teilen der Gesellschaft «nicht zu übersehende Hassgefühle» gegen Hartz IV-Empfänger, sagte die Landesvorsitzende des Vereins sächsischer Tafeln, Edith Franke, am Freitag in Dresden. Dies sei eine gefährliche Entwicklung. Grund sei auch eine verzerrte Darstellung in der Öffentlichkeit.
Franke sagte, Leidtragende seien vor allem Kinder. Für sie sei es verheerend, wenn ihre Eltern pauschal als arbeitsunwillig und unfähig abgestempelt würden. Dabei wolle die weit überwiegende Zahl von Hilfeempfängern arbeiten, finde aber keinen Job."(...)
nun sind gerade die "tafeln" keinesfalls als speerspitze emanzipatorischer veränderungen anzusehen; und ebenfalls ist die aussage zu allgemein gehalten. trotzdem würde ich das sehr ernstnehmen, denn ich denke schon, dass hier erstens aus eigenen erfahrungen heraus berichtet wird, und zweitens sind die benannten hassgefühle - die bekanntlich unter tätiger und aktiver mitwirkung dieser und der letzten regierung mitproduziert wurden und werden - keinesfalls etwas neues, können aber in der krise massenhaft trigger zur aktivierung und verbreitung finden. und das ist brandgefährlich und macht es nötig, den bereits existierenden nazistrukturen so entschieden entgegenzutreten, dass sie weder zeit noch raum dazu finden, um diesen hass in ihrem sinne zu kanalisieren.
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auch in russland haben faschisten diverser coleur seit längerem zulauf, aber nicht nur deshalb betrachte ich das land als einen weiteren problemfall in dem sinne, dass es im zuge der kriseneskalation auch dort zu diversen blutigen varianten von "lösungsversuchen" kommen könnte - noch sind dieprotestezwar relativ klein, aber in der vielfalt der bereits teilnehmenden gesellschaftlichen spektren ein vorgeschmack auf kommendes:
(...)"In Dutzenden russischer Städten sind am Wochenende mehrere tausend Menschen gegen die Wirtschaftspolitik des Kreml auf die Straße gegangen. Alleine im fernöstlichen Wladiwostok forderten 2.000 Menschen die Rücknahme der erhöhten Importzölle für ausländische Wagen - und gleichzeitig den Rücktritt von Präsident Medwedjew und Ministerpräsident Putin. In der Hafenstadt stammen 90 Prozent der Pkws aus Japan oder Korea. Organisiert worden war die Kundgebung von dem Club der Autoliebhaber und der Kommunistischen Partei. Gleichzeitig demonstrierten bei einer anderen Kundgebung 3.000 Wladiwostoker für die Regierung Putin.(...)
In Moskau hatten Menschenrechtler, Liberale, die "Union der sowjetischen Offiziere", Autoliebhaber, Kommunisten, die liberaldemokratische Partei von Wladimir Schirinowski, Autonome, Anarchisten, die "National-Bolschewisten" und die "Bürgerfront" des ehemaligen Schachweltmeisters Garri Kasparow in über zwanzig getrennten Veranstaltungen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung protestiert. Gleichzeitig hatten sich auf Moskaus größter Demonstration 8.000 Teilnehmer für die Politik von Medwedjew und Putin ausgesprochen. 41 Personen wurden, so ein Pressesprecher der Miliz, festgenommen, unter ihnen auch der Chef der verbotenen "National-Bolschewistischen Partei", Eduard Limonow."(...)
spezifisch russisch - oder besser: spezifisch für das system unter putin - sind dabei die regierungsfreundlichen gegendemonstrationen, bei denen ich gerne wissen würde, welche motivationen die teilnehmerInnen dort treibt. es ist allerdings für mich auch ein völlig offene frage, was in russland bei einer verschärfung der lage passieren könnte - von einem offen autoritären staat mit militärdiktatorischen zügen bis hin zu einem auseinanderbrechen/kollabieren der gesellschaftlichen strukturen kann ich mir vieles an unerfreulichen entwicklungen vorstellen. ich wäre auch sehr an berichten von menschen interessiert, die mit der situation dort besser vertraut sind.
(...)"Für Mitte Februar sind die nächsten Aktionen der Opposition geplant. Nimmt die Unzufriedenheit mit den Folgen der Wirtschaftskrise weiter zu, könnte die Protestbewegung der Regierungskritiker bereits im Frühjahr weiter anwachsen."(...)
wie werden es erleben - dürfen oder müssen.
*
zum schluß der heutigen news noch ein blick nachchina, wo der ökonomische crash inzwischen ebenfalls in enormer rasanz dimensionen angenommen hat, dass den dortigen - fälschlicherweise als "kommunisten" bezeichneten - herrschenden offenbar nichts anderes übrigbleibt, als mit für chinesische verhältnisse erstaunlich offenen karten zu spielen:
(...)"Die Finanzkrise und der Einbruch der Exportwirtschaft in China trifft vor allem eine Schicht besonders hart: die Wanderarbeiter. Rund 20 Millionen haben bereits ihre Arbeitsplätze verloren - das seien gut 15 Prozent der insgesamt rund 130 Millionen Wanderarbeiter, erklärte Chen Xiwen, ein ranghoher Beamter für ländliche Entwicklung, in Peking.(...)
Bis Ende des Jahres sei damit zu rechnen, dass 25 Millionen Menschen auf dem Land keine Arbeit hätten, sagte Chen. Das übersteigt die Bevölkerungszahl Australiens.
Manche Analysten gehen sogar von bis zu 40 Millionen Arbeitslosen aus."(...)
und regelrecht bemerkenswert finde ich den sehr demonstrativen einsatz von "zuckerbrot" -parallel mit vielfältigen versuchen, die soziale situation der wanderarbeiter zu verbessern...
(...)"Zugleich kündigte er ein gelasseneres Vorgehen der Behörden bei Unruhen und Demonstrationen an. Zuletzt waren vor allem Fabrikarbeiter im Süden aus Wut über ihre Entlassung auf die Straßen gegangen, dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei."(...)
(...)"Wie tief die Angst geht, zeigt auch, dass die Regierung bereits die Armee zum unbedingten Gehorsam gegenüber der Partei verpflichtet hat und dies auch in den staatlichen Medien berichtet wurde. Zwar wird erklärt, dass die Polizei nicht gleich eingeschaltet werden soll, wenn soziale Unruhen entstehen, aber offenbar rechnet man doch bereits mit gewalttätigen Ausschreitungen, zu deren Niederschlagung auch das Militär nötig sein könnte."
da scheine ich ja mal in meiner tv-abstinenz vorgestern wieder einen jener raren momente verpasst zu haben, bei denen sich das geflimmere lohnt - sowohl dertatortals auch die nachfolgende und meistens unsägliche "anne will" beschäftigten sich mit dem thema der arbeitsbedingungen bei hiesigen discountern. aus demblogzur talkshow nun ein paar beiträge aus bis zur stunde über fünf sechshundert kommentaren, die absolut für sich selbst sprechen:
117. # murmel
31. Januar 2009 23:18 Uhr
"Hier mal einen kleinen Einblick in den Arbeitstag von mir und meinen Kollegen im Discounter.”2 Frauen haben freiwillig gekündigt,weil sie den Druck nicht mehr aushalten konnten,ein Kollege hat sich runterstufen lassen vom Filialleiter zum stellv.Filialleiter (weniger Stunden)und ein Kollege ist so nervlich kaputt das er jetzt beim Arzt war und am Montag zum Nervenarzt überwiesen wurde,ganz zu schweigen von den Kolleginnen die sich einen neuen Job gesucht haben und das alles in eineinhalb Jahre.Also…
Es gibt halbe Tage und ganze Tage.Die Pläne/es werden Wochenpläne geschrieben)sollen bis Mittwoch stehen,aber wir können froh sein wenn wir dann am freitag mal erfahren wie wir nächste Woche arbeiten können.Wenn wir ganze Tage haben fangen wir um 7 Uhr an und der Tag endet wenn wir glück haben um 20 .30 Uhr.Normal ist eher 20.45 bis 22°°Uhr.Geschrieben werden 10 Stunden.Nichtmal die Pausen können wir machen weil bei 1:1 Besetzung immer wieder geklingelt wird,weil die Kasse voll ist oder ein Kunde etwas nicht findet und die Kassiererin nicht von der Kasse weg kann.Ich habe noch nie in den 7 Jahren erlebt das ich eine halbe Stunde Pause machen konnte,von der Stunde Mittag ganz zu schweigen,im Gegenteil.Wenn es eine Kollegin wagen sollte 1 Stund Mittag zu machen wird sie doof angemacht,oder es wird zwischenzeitlich schon mal gefragt wie lange sie noch braucht,da man keine Zeit hat zum Pause machen.Wenn ich um 8 .15 Morgens anfangen soll und nicht um 8°°Uhr an der Kasse sitze,wird es weitergetragen zum BVL und es gibt Ärger.Es wird auch nahegelegt um 7°° Uhr anzufangen und den Kollegen zu unterstützen der Obst und Brot packt.Wir können auch in den sogenannten Pause nicht aus dem Betrieb raus um etwas zu erledigen ,da man nur 1.1 besetzt ist,und würde es jemand wagen,könnte derjenige sich wohl einen neuen Arbeitsplatz suchen.Was mir mal gesagt wurde,,Wenn ich jemanden raushben will,dauert das keinen Monat!!(Aussage unseres BVL Vorgängers).Dann werden verstärkt ,,Testkäufe mit unfähren Mittel gefahren,oder es wird etwas am Lehrgut gedreht oder,oder…..Meinem Kollegen wurde jetzt das Messer auf die Brust gesetzt.Wenn er sich innerhalb eines Monats nicht um 180 Grad dreht und in seiner Freizeit den Laden auf Vorderman bringt,seine Mitarbeiter nicht dazu anhält eher zu kommen und länger zu bleiben(natürlich ohne Bezahlung),kann er sich einen neuen Job suchen.5-15 Stunden die Woche sollten so extra drin sein,denn das Essen kommt durch Arbeit auf den Tisch und nicht durch Freizeit.Das ist Erpressung und schürt Existenzängste!!!Ich könnte noch ein ganzes Buch darüber schreiben was alles ist und was war.So,nun kann ich mir schon denken wie einige Reaktionen sind,,Warum sucht die sich nicht etwas neues.Ganz einfach ich bin über 40 und habe 3 Kinder und mich kann man nichtmehr so leicht kündigen,da müssen sie sich schon etwas einfallen lassen,da ich mir nichts zu schulden kommen lasse.Ich weiß zwar nicht wie lange ich diesem Druck noch gewachsen bin,aber noch gebe ich nicht auf."
136. # Oskar Franz
1. Februar 2009 10:47 Uhr
(...)"Mal kurz den Tagesarbeitsablauf einer Putzfrau, die ich gut kenne: Arbeitsbeginn 14 Uhr (zu zweit ein ganze Schule bis 16 Uhr saubermachen), dann zur nächsten Baustelle Kindergarten, auch zu zweit, bis 19 Uhr muss dieser sauber sein, dann von 19 Uhr bis 24 Uhr verschiedene Arztpraxen säubern. Keine Pause und die Überstünden werden auch nicht bezahlt, da Objektlohn. Um 23Uhr fährt der letzte Bus, also nach Hause laufen. Gegen 1 Uhr zu Hause, todmüde ins Bett. So was macht kein Akademiker für 5,14 Euro Stundenlohn brutto, denn der Mindestlohn für Gebäudereiniger wurde längst durch den Objektlohn ausgehebelt !"
192. # Stefan
1. Februar 2009 17:14 Uhr
(...)"Das diese hier thematisierten Zumutungen und Brutalitäten des Dienstleistungsgewerbes allerdings auf dem Bereich der Discounter beschränkt sein soll, ist mir völlig unverständlich.
Meine eigenen Arbeitnehmererfahrungen mit einem bekannten Versandhaus („Es gibt sie noch, die guten Dinge“) und deren Filialwesen sind deckungsgleich mit den inkriminierten Praktiken einiger Discounter: Die Abwesenheit jeglicher gewerkschaftlicher „Vertretung“, physische und psychische Vernutzung des Verkaufspersonals, willkürliche Kündigungen zwecks Ersetzung billiger und flexibler Aushilfskräfte mit Zeit- oder gar keinen Verträgen, Bespitzelung, Mobbing und Psychoterror von Seiten der Geschäftsführung mit tatkräftiger Unterstützung ausgewählter und besonders willfähriger Mitarbeiter usw.etc.pp…, gegen Mitarbeiter die sich für Mindeststandards einsetzten.
Das dieser saubere Laden sein Marketing und Imagegeschwurbel gerade mit öffentlicher „Verachtung gegenüber der höheren Wirtschaftlichkeit” gegenüber industrieller Massenproduktion und einen ökologisch/wertkonservativen Menschenbild sehr erfolgreich an den Mann bringt, ist nur ein kleiner zynischer Witz am Rande.
Discounter wie Schlecker, Lidl oder Aldi verschonen einen wenigstens mit dieser abgeschmackten und moralischen Selbstbeweihräucherung.
3 Jahre „Arbeitnehmertätigkeit“, davon gut insgesamt 10 Monate krankgeschrieben, 2 Kündigungschutzprozesse durch mehrere Instanzen und erhebliche gesundheitliche Folgerescheinungen, die mir fast für immer die Lampen ausgemacht hätten, wäre ich nicht ausgestiegen. Und das ging vielen ehemaligen Mitarbeitern so.
Niederschmetternd und desperativ waren aber die Erfahrungen mit „dem kleinen Faschismus“ in diesem Land, der totalen Entsolidarisierung und Vereinzelung der Kollegen, Ihre grenzenlose auf Angst gebaute Unterwürfigkeit, die in der Bespitzelung von Kollegen und dem Verfassen von „Verhaltensprotokollen“ gipfelte."(...)
208. # wolkenstern
1. Februar 2009 18:47 Uhr
"hallo,
bin seit über 10 jahren filialleiterin bei verschiedenen discounter-es ist auf keinen fall besser geworden.mit aller meinen minimalen möglichkeiten versuche ich mein personal zu schützen und begebe mich jedesmal auf sehr dünnes eis;solche filialleiter sind eben nicht erwünscht!wie im internet nachzulesen ist hat die edeka group min.13% steigerung zum vorjahr und wir müssen um jede stunde kämpfen.die stundenkräfte sind fein raus bei ihrer bezahlung aber vollzeitkräfte und azubis werden unmenschlich ausgenutzt da diese nur ihr grundgehalt erhalten und überstunden eine selbstverständlichkeit sind ja ein MUß-wer es nicht mitmacht fliegt halt.wir haben 2009 und ich kann nicht verstehen warum hier der gesetzgeber immer noch nicht handelt.anständige arbeitszeitgesetze ohne lücken und betrugs möglichkeit! klar geht arbeit vor arbeitslosigkeit aber es geht auch gesundheit vor krankheit und mich würde mal sehr intressieren wieviel langzeitkranke,chronisch u.s.w. wir momentan aus dem discount bereich haben!"
223. # Uwe
1. Februar 2009 20:03 Uhr
Ehemaliger Aldi Marktleiter
Folgendes hat sich bei mir zugetragen.
Eine Angestellte im 7 Berufsjahr wurde zu teuer.
Ich bekam vom Bezirksleiter die Anweisung “die muss weg ist zu teuer“
Ich habe nichts unternommen (Diebstahl unterschieben u.a)
Dann wurde ich aus meinem Urlaub zu Feierabend in die Filiale bestellt.
Der Bezirksleiter setzte mich und die Angestellte in den Aufenthaltsraum.
Der BZ-Leiter plusterte sich in seiner Manneskraft auf und warf der Angestellten Diebstahl vor. Sie stritt ab .Er wurde lauter und drohte!! Der BZ-Leiter erhöhte die Drohungen bis die Angestellte endlich nach gab und unter Tränen ihre Eigenkündigung schrieb.
Dann gingen alle nach Hause .Ich wusste nicht wie mir geschah.
Die Angestellte ging vor Gericht.
Ich musste aussagen.
Vor meiner Aussage wurde mir nahe gelegt das ich Alleinverdiener bin 3 Kinder und Gebaut habe. Ich würde doch wissen wer mein Arbeitgeber ist.
Ich der Zwangslage und unter Angst meine Existenz zu verlieren habe ich doch die Wahrheit gesagt.
Danach wurde ich so lange gemobbt bis ich selbst gekündigt habe.
Ein ex Aldi Marktleiter"
225. # Indianer
1. Februar 2009 20:15 Uhr
"Bin gelernte Fleischereifachverkäuferin und seit 23 Jahren im Verkauf tätig.Ob als Verkäuferin, stellvertretende Marktleiterin, an der Fleischtheke oder als Abteilungsleiterin Fleischtheke.Habe erst in einem Unternehmen Tariflohn bekommen,wenn du zu teuer wirst versucht man dich loszuwerden,mir ist es so ergangen und habe nach 9 Jahren in der Firma aufgehört. Beim Versuch einen neuen Job zu bokommen gab es nur absagen oder ich hätte von anfang an nur 7-8 Euro bekommen. Ich habe festgestellt wenn du Tariflohn haben möchtest stellt dich keiner ein.Jetzt arbeite ich auch wieder, natürlich weit unter Tarif.Ich frage mich wo das noch alles hinführen soll!"
256. # Cubanze
1. Februar 2009 21:31 Uhr
"Das ist doch nicht nur bei den Discountern so - Beispiel Baubranche: Ein Bekannter von mir arbeitet in einem deutschen Bauunternehmen : Bei Krankschreibungen werden den Mitarbeitern vorher geleistete Überstunden abgezogen, d.h. Sie bekommen zwar Lohnfortzahlung, aber nicht das Entgelt für die vorher geleisteten Überstunden. Beim Auslandseinsatz erhalten die Mitarbeiter extrem niedrige Auslöse, die Firma bestätigt das nicht mal, so dass die Kollegen nicht einmal die Möglichkeit haben, die Differenz bei der Einkommenssteuererklärung geltend zu machen.
Ich gebe zu, naiverweise hab ich gefragt: Wieso macht ihr das mit? Das ist doch bestimmt nicht legal? - Bittere Antwort: Uns wird gesagt: Kannst ja klagen, aber dann bist den Arbeitsplatz nicht nur bei uns los….
Wenn ich mir vorstell, dass mein URgroßvater auf die Straße gegangen ist, um solche Verhältnisse zu verändern…."
273. # Rico
1. Februar 2009 22:04 Uhr
"Nicht nur im Discount-Bereich gibt es diese Missstände!
Ich selbst habe einige Zeit in einer in Göttingen ansässigen Bäckerei-Kette gearbeitet. Gang und Gäbe ist es dort z.B., dass man 4! befristete Arbeisverträge bekommt - befristet auf 6 Monate.
Betriebsräte gibt es keine - es wurde zwar einmal eine Betriebsratswahl angedacht, allerdings waren die Kolleginnen nicht mehr sehr lange in der Firma.
Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall wurden einfach mal um 30% gekürzt. Nachdem diese Geschichte in die Öffentlichkeit geriet, hieß es von der Firmenleitung: Das wären 3 oder 4 Einzelfälle, die als erzieherische Maßnahme gedacht war - also für Arbeiter, die blau machen. Ich persönlich war bis dato nie krank gewesen, hatte einen Wegeunfall und die rechte Hand in Gips - trotzdem wurde auch bei mir die Lohnfortzahlung um 30% gekürzt."
281. # Spatz
1. Februar 2009 22:14 Uhr
"Ich denke schon, dass der Tatort realistische Zustände schildert. Ich selbst arbeite in einem kleinen Unternehmen, in dem festangestellte Mitarbeiter keinerlei Überstunden bezahlt bekommen, und Minijobber haben bei Krankheit einfach das Nachsehen - kein Geld - also sieht man zu, dass man auch krank mit Grippe arbeiten geht! Eigentlich sind konkrete Zeiten für die einzelnen Tätigkeiten vorgesehen, aber wenn man eine Arbeit schneller - und trotzdem sehr gut - erledigt als vorgesehen, bekommt man eben noch etwas zu tun - früher wurde es zeitlich honoriert und man durfte früher gehen… Wenn man allerdings mal ein paar Minuten später auf Arbeit erscheint, hat man das hinten dranzuhängen! Und das, obwohl man in den seltensten Fällen ganz pünktlich geht!Ich nenne das Ausbeutung, und ihr??? Aber man hat ja keine Chance - wer aufmuckt, kann sich wahrscheinlich gleich nach nem neuen Job umsehen…
Das Schizophrene daran ist, dass vor den Mitarbeitern der Chef dann noch ganz laut von dem Penthouse erzählt, das er sich kaufen will - wir schuften für seinen Traum, ist doch klasse, oder?!
Übrigens: das Unternehmen ist in seiner Branche MARKTFÜHRER…"
286. # Armin Günther
1. Februar 2009 22:17 Uhr
"Wer meint , Schikane und Androhung körperlicher Gewalt wäre auf Billigdiscounter beschränkt, der irrt gewaltig. Ich bin seit 25 Jahren in der IT Branche tätig und habe in den letzten Jahren mehrfach gleiche Erfahrungen gemacht. Aktuell bin ich bei einem deutschen Handy Anbieter (can do ) beschäftigt. In dem Bereich, in dem ich tätig bin werden die Mitarbeiter massiv eingeschüchtert und ihnen im Falle eines Fehlers in der Software Prügel angedroht. Die Vorgesetzten kennen diese Verhältnisse und finden diese offenbar in Ordnung. Man fragt sich, welche Ergebnisse sich Manager von einem solchen Arbeitsklima erwarten."
291. # Veit Ywolop
1. Februar 2009 22:22 Uhr
(...)"In Vertretung eines Freundes möchte ich Folgendes berichten: Bei Amazon in Leipzig herrschen harte Arbeitsbedingungen. Mein Freund ist Picker bei Amazon, d.h. er sammelt aus den Lagerregalen die Waren von Bestellungen zusammen. An einem Tag kommen da 20 km Wegstrecke (zu Fuß!) zusammen. Was ein Picker zusammen sammeln muss, zeigt ihm ein Computer an, der auch gleichzeitig alle Arbeitsaktivitäten registriert. Es gibt nur kurze Pausen - wenig Zeit für Essen, Toilette, Ruhe. Aufgrund der Größe der Lagerhalle gehen von der Pausenzeit schon mind. 5 Minuten für den Weg aus der Halle heraus drauf. Wer zwei Minuten zu früh in die Pause geht (der Computer weiß alles!), wird abgemahnt. Rennen ist verboten. Beim Treppensteigen muss das Geländer festgehalten werden. Arbeitssicherheit! Mein Freund hat sich mit der Situation arrangiert. Wer sich an die Regeln halte, komme gut durch, auch wenn es hart ist. Eine Arbeitsnehmer/innenvertretung gibt es nicht - darf es auch nicht geben."
294. # markus
1. Februar 2009 22:22 Uhr
"Dieser Umgangston und vor allem der Umgang mit Mitarbeitern auf Basis der Angst ist ja nun beileibe nicht exklusiv im Diskounterbereich anzutreffen. Seit Jahren wird im Pressebereich ebenso mit den Leuten umgegangen. Honorare gedrückt und Anstellungsverträge außerhalb des Tarifbereichs geschlossen, dafür verlassen die Verlage ihren Verlegerverband. Nicht die Verlagsspitze, sondern ganze Verlagsteile wie Lokalredaktionen, die in kleine GmbH aufgesplittet sind, die außerhalb des Verbandes sind und daher nicht tarifgebunden. Die ach so armen Verlage müssen ja sparen, und mit Drohungen werden da die Mitarbeiter klein gehalten. Zumal diese kleinen GmbH auch keine Möglichkeiten mehr haben, einen Betriebsrat zu bilden. Da stellt sich nun die schwierige Frage: wer kontrolliert die Medien? Die Plattformen, die Zustände in anderen Bereichen anprangern und es selbst großenteils noch viel schlimmer treiben?"
298. gabrielle
1. Februar 2009 22:24 Uhr
"Das ist nicht nur Gang und gebe im Einzelhandel!
Ich habe vor eine monat in Mönchengladbach als Hilfskraft im Krankennhaus
mit 50 Jahren als Halbtags Kraft Vertrag auf 30!!! Std Woche gearbeitet.
nun wurde mir nahegelegt da aufzuhören,wenn es mir nicht passt,wennn…
Das Linke dadran war nämlich ,ich musste die Woche ca 50 Std arbeiten,
und konnte mich nicht dagegen wehren !!!
Ich bin fetrig mit den nerven , denn sowas darf es einfach nicht geben !!"
301. Matthias Baumann
1. Februar 2009 22:27 Uhr
(...)"Die Discounter sind sicher ein Wirtschaftszweig, in denen solche Zustände Alltag sind und besonders schlimm. Allerdings haben wir das in allen Wirtschaftszweigen (wenn auch in unterschiedlicher Ausprägungen). Das Jugendhilfswerk Freiburg e.V. ist ein Beispiel für die exakt gleichen Zustände im Bereich der Sozialarbeit. Der Geschäftsführer entlässt rigoros jeden, der Kritik übt. Es gibt einen Betriebsrat, der von ihm dieses Jahr aufgelöst werden wird. Die Fluktuation in der Mitarbeiterschaft ist riesig. Ich selbst habe dem Geschäftsführer in einer Sitzung widersprochen (ich war damals studentische Hilfskraft). Zwei Jahr später habe ich mich nach Abschluss des Studiums beim Jugendhilfswerk beworben. Im Vorstellungsgespräch wurde ich darauf hingewiesen, dass ich dem Geschäftsführer einmal widersprochen hätte, und dass man von mir in einem Arbeitsverhältnis ein untadeliges Verhalten erwarten würde. Seltsamerweise verschwand meine Bewerbung nach Kündigung eines kritischen Mitarbeiters der Freien Schule des Jugendhilfswerks eine Woche später, und konnte auf meine Anfrage (bis heute) nicht wiedergefunden werden. Ähnliche Geschichten könnte ich aus den Führungsebenen der SMT (Zeiss) in Aalen erzählen."
307. Christina
1. Februar 2009 22:31 Uhr
"Leider ist diese Klima der Angst nicht nur im Einzelhandel oder bei Discountern zu beobachten.
Der Inhaber eines im Saarland beheimateten Dienstleistungsunternehmens sagt seit über zehn Jahren immer wieder seinen über 400 Angestellten, dass er, sobald ein Betriebsrat ins Leben gerufen werden soll, er das gesamte Unternehmen dicht machen werde und alle gekündigt werden. Es gibt keinen Beriebsrat.
Eswird immer wiederUrlaub verweigert, dieser darf nicht über den 31.03. mitgenommen werden, Überstunden sollen nicht geschrieben werde, diese werde sowieso nicht abgegolten. Wer nicht mitmacht, der sollte sich besser was anderes suchen.
Wie gesagt, das alles nicht in dem geschilderten Discouter-Umfeld, sondern in einem Unternehmen mit hochbezahlten Spezialisten, denen auch fundamentalste Gesetze nicht zugesprochen werden."(...)
312. # Achim
1. Februar 2009 22:35 Uhr
"Mein Betrieb macht es sich zum Sport, Mitarbeitervertretung zu verhindern, Mitarbeiter einzuschüchtern. Mein Supervisor hat mir kürzlich untersagt, einen Verbesserungsvorschlag ohne seine Zustimmung einzureichen. Von meiner Teamleiterin bekommen wir zu hören: Stellt Euch darauf ein, daß Samstag gearbeitet wird. Bei einem wirklich schweren grippalen Infekt im letzten Jahr rief mich der Supervisor an und fragte mich, ob ich mir nicht überlegen wolle, früher als vom Arzt befürwortet zur Arbeit zu erscheinen. Ich bin dann aus Angst und weiter Antibiotika schluckend krank zur Arbeit gegangen."
337. # kasy
1. Februar 2009 22:50 Uhr
"Aus mehr als 20 Jahren Einzelhandel kann ich jede Szene des Tatorts nur bestätigen und unterstreichen - Originalantwort bei einer Führungsschulung auf die Frage wie denn langjährige Mitarbeiter (die dem Unternehmen zu teuer werden) “gekündigt”werden soll - “mein Gott - da findet man dann eben mal ein unbezahltes Päckchen Kaffee im Spind” Bezahlt wurden 168Std - erwartet 190Std und am Monatsende waren es meistens weit über 230Std / als Führungskraft - eingetragen wurden pro Tag natürlich nur 10 Std und
die angeblichen Frühstücks/Mittag und Kaffeepausen - Umsatz soviel als möglich mit so wenig als möglich Personal - die Geschäftsleitung hat stets betont nur durch die gute Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat wäre ein “reibungsloser Ablauf” gewährleistet - was das für den Mitarbeiter der Hilfe gesucht hat bedeutet kann man sich denken - nach über 20 Jahren konnte und wollte ich nicht mehr - nach einem Berufswechsel
gehts mir heute wieder gesundheitlich sehr gut - und ich bin froh,dass ich den Absprung geschafft habe -Übrigens: Ich war in KEINEM Discounter beschäftigt!!"
347. # Birgit
1. Februar 2009 22:58 Uhr
"Über acht Jahre habe ich bei Obi genau die Szenarien erlebt,die im Tatort geschildert wurden.Detektive,die Privatgespräche protokollieren,unzählige Überstunden und Sonntagsarbeit ohne Bezahlung(von den Mitarbeitern verlangt,um sich den Arbeitsplatz zu erhalten),Testkäufe,fingierte Abmahnungen und Kündigungsgründe,um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden,klare Androhung von Repressalien,falls sich jemand gewerkschaftlich engagieren sollte,u.s.w.Die Vorgänge in der Tatort-Billy-Filiale waren eine perfekte Darstellung meines damaligen Arbeitslebens,bis ins kleinste Detail. Aus Angst vor Kündigung habe ich all dies ertragen Als dann doch eines Tages die Kündigung kam,vor der ich immer Angst hatte,war ich zu meiner eigenen Verblüffung überglücklich. Seitens der Marktleitung versuchte man dann durch massive Drohungen,mich zum Verzicht auf jegliche Kündigungsfrist und Entschädigung zu bringen und einen entsprechenden Vertrag unterzeichnen zu lassen.Ich habe mich nicht einschüchtern lassen und vorm Arbeitsgericht Recht bekommen. Heute arbeite ich glücklich mit viel Freude in einem Familienbetrieb mit einem Chef,der seine Mitarbeiter korrekt und freundlich behandelt."(...)
433. Franziska
2. Februar 2009 07:41 Uhr
"Habe über 30 Jahre bei einem “global player” gearbeitet, dem ganz und gar nicht der Geruch des Ausbeuters anhaftet.
– Um ½ 7 Uhr die Zeituhr gestochen (wegen der Zeit verschobenen Wirtschaftsverbindungen zu China und Japan)
– Frühstück- und Mittagspause natürlich vor dem PC verbracht (wegen der Echtzeit-Wirtschaftsverbindungen im Inland; “man” sagt ja keinem Kunden am Telefon, er möge in einer halben Stunde anrufen, man habe gerade Pause)
– Nach Ende der regulären Arbeitszeit um 15.15 Uhr natürlich weiter bis ½ 7 Uhr am PC gearbeitet (wegen der Zeit verschobenen Wirtschaftsverbindungen zu USA und Kanada).
Summa summarum pro 5-Tage-Woche: 60 Stunden “Dienst”, davon 40 Stunden bezahlte Regelzeit, 10 Stunden auf Gleitzeitkonto (maximal 100 Stunden, die – wann denn bitte? – abzufeiern sind; Rest verfällt,), 10 Stunden unbezahlte Überstunden (”über die Vergütung reden wir dann mal später”). Die Stunden für die Firma an den Wochenenden vor dem privaten PC zu Hause waren natürlich Privatvergnügen.
Ich habe noch das Bild des Konzernchefs vor Augen, hinter dem eine verhuschte und graumäusige Sekretärin in gebührendem Abstand einen schweren Reisetrolley voller Akten zog, während er mit wehendem Mantel in bester Laune andere Industriekapitäne begrüßte. Der Mann kommt übrigens aus dem hier immer wieder so hoch gelobten und ach so sozialen Schweden."(...)
483. # Wolfgang Kunze
2. Februar 2009 10:50 Uhr
"Dieses findet nicht nur bei den Discountern statt, sondern auch in der Pflege speziell in der Seniorenpflege.
Da werden auch massiv die Daumenschrauben angezogen, das Dienstpläne nicht relvant sind , man weiß nicht wie man am nächsten Tag arbeiten muß. PDL (Pflegedienstleitung) keine Menschlichkeit gegenüber Bewohner und Mitarbeiter hat.
Dauereinsatz am Wochenende keine Ruhephasen. Es wird auch gerne mit Zeitarbeitsfirmen gearbeitet.
Mir persönlich ist es passiert das ich fristlos entlassen wurde, ohne Grund von Angaben. Bin schon 18 Jahre im Seniorenheim beschäftig."(...)
weitere berichte sind vorhanden aus der hotelbranche, dem öffentlichen dienst, der metallindustrie, non-food-einzelhandel... lesen Sie´s selbst, das hier soll nur eine art auszugsweiser dokumentation sein. ebenfalls sind die gedanken interessant, die sich viele schreiberInnen dort generell machen, und erfreulicherweise auch gedanken sehr grundsätzlicher art. nebenbei: es mag erstmal keine weitere bedeutung haben, aber ich habe noch nie so oft wie in diesen tagen in vielen "großen" online-medien-foren das wort "revolution" gelesen. ein vorhaben, welches aber gerade hier auf ein hindernis stößt, das sich im folgenden - und letzten - beispiel aus dem aw-blog fast perfekt manifestiert:
4. # Nora
30. Januar 2009 15:56 Uhr
"In diesen wirtschaftlich schlechten Zeiten werden wir sicher andere Arbeitsbedingungen hinnehmen müssen.Konkurrenz überall und Firmenpleiten lassen jeden der einen Arbeitsplatz hat,bescheidener werden.
Ich glaube, wir haben keine andere Wahl als dieses so hinzunehmen
.Wenn ich an die Staatsverschuldung denke,wird mir “Angst” und “Bange”. Wie will Deutschland je DIESE Schulden wieder losweren.? Nur wenn alle , in den” oberen “wie in den” unteren” Etagen der Firmen mitmachen, kommen wir wieder aus dieser schweren Zeit heraus."
"nora" dürfte in verschiedener hinsicht als perfekte repräsentantin eines großen teils der hiesigen bevölkerung gelten - willig, die lügen der "eliten" für bare münze zu nehmen; demütig die zuteilung ihres platzes in der hierarchie erwartend; und zum krönenden gipfel voller identifikation mit "deutschland" und sehnsucht nach der volksgemeinschaft. ein echtes schaf, aber der potenziell bösartigen sorte.
lassen wir die "noras" damit durchkommen?
(ps. als ergänzung sei auch noch auf den folgenden älteren beitrag verwiesen:wo die angst regiert
die online-"zeit" kommt aktuell gerade mit einem aufmacher unter der überschriftJetzt mal ehrlichraus, und der text hat es durchaus in sich bzw. bestätigt etliches an vermutungen und befürchtungen, die bei vielen menschen schon lange "in der luft" liegen. das beginnt bereits mit dem eingeständnis der eigenen rolle der sog. "vierten gewalt" - unabhängige, gar investigative berichterstattung von mainstreammedien? wer diese simulation immer noch mit der realität verwechseln sollte, wird hier auf den boden der letzteren zurückgeholt:
(...)"An jenem Mittwochabend luden die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister die Chefs der wichtigsten Zeitungen ins Kanzleramt, um ihnen eine Botschaft zu übermitteln. Die lautete: Wir wissen zwar nicht genau, was in zwei oder drei Wochen ist, aber würden doch sehr herzlich um Ihr Vertrauen bitten und vor allem darum, dass Sie keine schlechte Stimmung machen, denn dazu ist die Lage zu ernst."(...)
in offenen diktaturen sind es befehlsartige richtlinien aus den jeweiligen propagandaministerien; in der demokratiesimulation werden "bitten" formuliert, bei denen die unendlich subtileren methoden der möglichen einflußnahme mit aller wahrscheinlichkeit unausgesprochen, aber deutlich im raum stehen, während die gemeinten nur zu gut wissen, was ihnen blühen kann, falls sie die "bitten" ignorieren sollten. aber vorher greift noch die pressespezifische version von "wir-sitzen-doch-alle-in-einem-boot" in form der kette regierung/systemtragende parteien - mehr oder weniger kapitalkräftige verleger - lohnabhängige redaktionen, bei denen sich vor allem letztere in der regel bemühen, die these vom materiellen sein, welches das bewußtsein bestimmt, nach kräften zu verifizieren. anderes ist und war eigentlich auch nie zu erwarten, aber trotzdem ist es begrüßenswert, wenn die simulation einmal von seiten der simulierenden auch als solche kenntlich gemacht wird.
nun stellt sich natürlich die frage, warum so ein text gerade jetzt? ist das folgende der einzige grund?
(...)"Die vertrauliche Äußerung eines Spitzenmannes der SPD bringt es auf den Punkt. Die Stimmung, meint er, ist besser als die Lage. Er sagt es mit Sorge, weil er fürchtet, die Leute seien zu wenig vorbereitet auf das, was bevorsteht."(...)
seit wann "sorgen" sich angehörige der politischen "elite" ernsthaft um "die leute"? nach aller historischen erfahrung doch immer nur dann, wenn entweder wahlen bevorstehen oder aber in den seltenen fällen, in denen spezifische geschichtliche konstellationen dafür sorgen, dass die jeweiligen "eliten" selbst um ihre hälse und pfründe fürchten.
und "das, was bevorsteht", meint nach meiner meinung genau eine solche konstellation. und der zeitpunkt ihres eintretens hierzulande wird im artikel sogar genau benannt, er steht faktisch vor der tür:
(...)"Spätestens im März wird Deutschland voll von der Wirtschaftskrise erfasst, dann werden sich die Firmenpleiten häufen und die Arbeitslosenzahlen steigen. Die Leute ahnen das, ihnen schwant, dass die Regierung keinen rechten Plan hat, so wenig übrigens wie die Zeitungen.
Die Wahrheit drückt sich durch. Darum wird das Land nicht mehr aus der Krise kommen, indem viele nicht alles wissen, sondern eher dadurch, dass alle alles wissen, was man wissen kann. Es ist an der Zeit, alle Karten, auch die gezinkten, auf den Tisch zu legen. Was ist die Natur der Krise, was wissen die Politiker, die Banker und die Experten, was sind die Motive ihres Handelns?"(...)
auf die letzten fragen geben die autoren in neun punkten ihre antworten, die immerhin einen größeren anteil von realität aufweisen als das weitaus meiste, was bisher zu vernehmen war - man muss gar nicht mal zwischen den zeilen lesen, um zum fazit zu kommen, dass die ganze situation momentan eine eigendynamik entwickelt hat, die nicht mehr unter kontrolle ist - und das ist durchaus kein widerspruch zur beobachtung, dass es auch vereinzelte krisengewinnler gibt. was aber immer noch nicht offen gesagt wird: das wir es hier mit einer ausgewachsenen globalen systemkrise des kapitalismus - die in seiner immanenten struktur begründet liegt - zu tun haben, nicht mehr mit einer zyklischen krise im kapitalismus. eine ahnung zumindest scheinen die autoren auch davon zu haben:
(...)"Die sonstigen Krisen dieser Welt werden keine Pause machen, bis die Weltwirtschaft wieder im Lot ist. Im Gegenteil. Sinkende Rohstoffpreise, der schrumpfende Handel und steigende Staatsschulden werden allerorten die Widersprüche verschärfen. Wenn im Kongo ein Warlord verhaftet wird, in Island die Regierung zerbricht oder in Griechenland Aufstände ausbrechen, so hat all das mit der Wirtschaftskrise zu tun. Was jahrelang mit Geld zugedeckt werden konnte, bricht nun auf.(...)
So erzeugt die wirtschaftliche Depression politische Umwälzungen und Konflikte in hoher Zahl und Intensität. Die Menschheit geht durch eine heiße Phase."(...)
was aber trotzdem nur die halbe wahrheit ist - in vergangenen krisennews hier oft genug angesprochen, lässt sich das derzeitige geschehen auch als ausdruck des ankommens an den absoluten grenzen des exponentiellen wachstums verstehen, welches für das heutige system unverzichtbar ist - die ökologischen folgen v.a. hinsichtlich des klimas und daraus folgende migrationskrisen, der ressourcenverbrauch und absehbare peak bei vielen rohsotffen wie öl und - noch bedeutender und fataler - trinkwasser, die massive psychosoziale verelendung aufgrund traumatisierender sozialer verhältnisse und anderes mehr sorgen für einen wahrhaft furchterregenden mix, der just in diesen zeiten beginnt, endgültig überzukochen. "Die Wahrheit drückt sich durch" - wir werden in den nächsten tagen und wochen beobachten können, ob das erstens nur ein vereinzelter ausrutscher gewesen ist, und was das eventuell zweitens seitens der "eliten" für neue handlungsstrategien bedeuten könnte. wobei zum letzteren immer im hinterkopf präsent sein sollte, dass diese leute primär ihr eigenes überleben sichern wollen.
das ganze lässt sich natürlich auch als versuch betrachten, mittels "neuer" aufrichtigkeit so etwas wie vertrauen in der herde zu erzeugen - ich verstehe den artikel jedoch persönlich v.a. als zeichen dafür, spätestens jetzt die sicherheitsgurte anzulegen und den helm aufzusetzen - die finale crashfahrt hat begonnen.
*
edit: das eingangs erwähnte treffen von regierung und presse soll laut "zeit" am achten oktober stattgefunden haben, und mir ist gerade erst aufgegangen, dass das neben dem schon oben beschriebenen grundsätzlichen aspekt auch eine weitere bestätigung für das ist, was ich hier geschrieben habe -im oktober war tatsächlich ein bank run im gange. vom datum her passt es genau.
da ich mich mal wieder mitten in der nacht ziemlich wach fühle und momentan ein blick auf die einschlägigen newsseiten regelmäßig für eine unangenehme mischung aus wut und ratlosigkeit sorgt, hatte ich gerade das dringende bedürfnis nach einem grundsätzlichen stimmungswechsel. und das brachte mir nach kurzer zeit einen der besten humoristen des 20. jahrhunderts ins gedächtnis - vicco v. bülow alias loriot, als dessen markantestes kennzeichen bei seiner arbeit immer noch das dominiert, was beim vergleich die heutige mediale humorindustrie ebenfalls in ihrem wesen bloßstellt: auch wenn er jemanden in unnachahmlicher weise als unendlichen dummkopf herausgearbeitet hat, so war das doch in keinem sketch, an den ich mich erinnern kann, irgendwie verletzend. und das finde ich schlicht und einfach immer noch das erstaunlichste, neben der ganz eigenen qualität des humors natürlich.
letzterer kommt hier im blog schlicht zu kurz, aber bei den themen hier habe ich auch meistens mit ganz anderen gefühlen zu tun, bei denen mir oft genug jedes lachen vergeht. vermutlich aber gerade deswegen haben mir die folgenden jahrzehntealten beiträge zunächst ein breites grinsen aufs gesicht gezaubert, dem ein befreiendes lachen folgte. und wie hieß noch die halbvergessene parole damals?
"ein lachen wird es sein, das sie besiegt!"
nun denn, hier die perlen in form einiger der brillantesten politischen und ökonomischen äusserungen, die jemals zu hören waren.
griechenland: militante proteste von staatsbeamten und bauern
generalstreik in frankreich: hohe beteiligung quer durch die bevölkerung; eine million menschen bei ca. 200 demonstrationen auf der straße
großbritannien: bericht und einschätzung zur sozialen situation
hiesige großbanken und ihre parteispenden
warnung vor humanitärer katastrophe als krisenfolge in sog. "entwicklungsländern"
*
griechenland ist momentan in den allermeisten medien nur noch im zusammenhang mit einem möglichen staatsbankrott ein thema, und das ist zwar bedauerlich, aber auch bezeichnend - vor allem deswegen, weil es interessant wäre zu sehen, wie der hiesige mainstream sich beim versuch verrenken würde,solche ereignisseim üblichen raster von "krawallsüchtigen linksextremen jugendlichen" unterzubringen:
"Im Zentrum Athens haben sich am Mittwoch Staatsbeamte und Polizisten geprügelt. Rund 800 Staatsbedienstete - in ihrer Mehrheit Gewerkschaftsvertreter aus allen Landesteilen - protestierten gegen Probleme mit der Pensionskasse und versuchten ins Wirtschaftsministerium einzudringen. Dort wollten sie mit Spruchchören ihren Forderungen Nachdruck verleihen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas ein. Dabei kam es zu Rangeleien und Prügeleien, wie das Fernsehen zeigte."(...)
(ich kann das betretene schweigen in vielen redaktionen beim eintreffen dieser meldung förmlich hören...) ebenfalls unerwünscht dürften auch berichte darüber sein, welche weiteren berufs- und bevölkerungsgruppen dort mittlerweile in aufruhr sind:
(...)"Die seit über einer Woche andauernden Straßenblockaden griechischer Bauern, die mehr staatliche Hilfen fordern, bröckeln indes allmählich. In der Nacht zum Mittwoch gaben sie die Brücken über dem Kanal von Korinth wieder frei. Damit ist eine der wichtigsten Straßenverbindungen Griechenlands zwischen der Halbinsel Peloponnes und dem übrigen Land wiederhergestellt. Auch die Blockade des Grenzübergangs zur Türkei bei Kipoi-Ipsala wurde beendet, berichtete das griechische Radio weiter.
Dagegen blieb die Lage im Norden des Landes trotz Abzugs hunderter Traktoren von einer Blockade bei Larissa gespannt. Bauern blockierten weiterhin mit Traktoren und schwerem Gerät zwei wichtige Grenzübergänge zu Bulgarien.(...)
Angesichts sinkender EU-Subventionen und fallender Weltmarktpreise fordern die Bauern aber mehr Hilfe vom Staat. Sie betonen, sie hätten in den vergangenen zehn Jahren 24 Prozent ihres Einkommens verloren."(...)
das es zu den jeweiligen forderungen auch durchaus kritisches anzumerken gibt, werde ich später nochmal aufgreifen.
*
im gegensatz zum oben erwähnten schweigen bezgl. griechenland kann der heutige generalstreik in frankreich nicht einfach unter den tisch fallen gelassen werden, und ein erster rundblick durch die medienlandschaft fördert teilsüberraschendeszutage:
(...)"Hier in Bordeaux beispielsweise war der Aufmarschplatz, von dem die Demonstration um 10.30 Uhr aufgebrochen war, um 13:00 immer noch rappeldickevoll, und es trafen noch mehr Streikbelegschaften aus der Region Gironde ein. Docker, Postler, Lehrer.
Gut gelaunt lärmende Schüler mit selbst gemalten Plakaten beispielsweise und Banker mit Schlips. Arbeiter im Blaumann tragen Transparente, die offenbar schon viele Jahre im Dienst sind; das Krankenhauspersonal trägt weiß. Es treten protestierende Statistiker auf, sowie die Psychologengewerkschaft. Ein älterer Herr mit Hut hat ein Schild gemalt: "Sarkozy, treten Sie zurück!" – der Schriftzug ist akkurat, so wie der gesamte Habitus des Mannes. Ah, da kommen die Drucker. Dort sind die Beamten der Handelskammer.(...)
Kann sein, dass das drohende Auseinanderfallen der Gesellschaft in einer Krise wie der gegenwärtigen nicht zuletzt, vielleicht sogar besonders durch den gemeinsamen Protest aufgehalten wird.
Zuweilen krachen Knallkörper, wenn dann auch noch bengalisches Feuer brennt, erzeugen die knallroten Flammen und dichten Rauchschwaden durchaus so etwas wie Revolutionsatmosphäre. Im Hintergrund ertönt die "Internationale".(...)
so die "zeit" in einem ersten bericht, und der sympathisierende unterton ist unüberhörbar - und die these vom gemeinsamen protest als eine art kitt von fragmentierenden gesellschaften ist ja schon beinahe etwas subversives. soweit gehen andere medien nicht, aber es gibt durchaus ähnlicheungewohnte töne:
(...)"Mehr als eine Million Angestellte aus dem Staatsdienst und der Privatwirtschaft beteiligten sich am «Schwarzen Donnerstag» am ersten Generalstreik seit Sarkozys Amtsantritt und legten das öffentliche Leben größtenteils lahm. Als «Tag der Wut» gegen Sarkozy interpretierte die linksgerichtete Zeitung «Libération» den Protest der Massen. Zumindest für einen Tag bildete sich eine geschlossene Front aller linken Oppositionsparteien und der acht wichtigsten Gewerkschaften im «Kampf für Beschäftigung und Kaufkraft».
«Für Beschäftigung, Kaufkraft, Gerechtigkeit»: Die Gewerkschaften wollen mit ihrem Muskelspiel einen generellen Kurswechsel der Regierung in der Finanz- und Wirtschaftskrise erzwingen. «Alle gemeinsam gegen die Macht», ruft ein CGT-Gewerkschafter in die Mikrofone. «Yes, we can.» Auch die radikale Gewerkschaft SUD sieht in dem Protesttag «nur eine Etappe». In der Krise müsse man den «Klassenkampf intensivieren», sagt SUD-Chef Christian Mahieux."
warum eigentlich "schwarzer" donnerstag? eher scheint es ein sehr bunter und lauter gewesen zu sein. und schon wieder müssten sich bei den hiesigen verfassungssschützern die nackenhaare aufstellen: "alle gemeinsam gegen die macht", "klassenkampf intensivieren" - wenn sich bürgerliche medien hierzulande genötigt sehen, solche parolen wiederzugeben, ist das eigentlich als deutlichster beleg dafür zu sehen, dass unsere nachbarbevölkerung heute wieder mal was eindrucksvolles in sachen solidarischer vertretung der eigenen interessen auf die beine gestellt hat. einen ersten und ganz kleinen atmosphärischen eindruck liefert das folgende video, ich würde ja auf paris als ort der szene tippen:
"wo man singt, da lass dich nieder..." - nun macht ein tag generalstreik, auch wenn er so massiv wie heute ist, noch keinen frühling der revolte und erst recht keinen sommer einer nötigen revolution von historisch noch nicht dagewesener art. aber als mögliches auftaktzeichen für in diese richtung gehende prozesse ist das vermutlich nicht nur von den französischen "eliten" ganz richtig verstanden worden:
"Die Regierung betrachtet die Entwicklung mit Sorge. «Uns beunruhigt nicht der Protesttag, sondern was danach passiert», erklärte ein Präsidentenberater dem regierungsnahen Blatt «Le Figaro». Um die Konflikte zu begrenzen, stoppte Sarkozy umstrittene Maßnahmen wie die Schulreform oder die Aufweichung des Wettbewerbsrechts für die Medien. Damit hat der Druck der Straße Sarkozy schon auf Gebieten zum Rückzug gezwungen, wo die Opposition im Parlament machtlos zuschauen musste."(...)
und es wird versucht, zu kanalisieren:
(...)"Die Regierung hofft, dass die gemäßigten Gewerkschaften wie die CFDT den Groll der Basis unter Kontrolle halten. «Wir müssen dafür sorgen, dass sich Unmut ausdrücken kann», sagt CFDT-Chef Francois Chérèque. «Sarkozy hat eine von den Sozialpartnern organisierte Streikbewegung lieber als Anarchie», erklärt ein Präsidentenberater. «Wir müssen raus aus der Konfliktkultur, bei der man blockieren muss, um etwas zu erreichen.» Sarkozys Partei UMP fordert Strafen bei «Missbrauch des Streikrechts».(...)
sprich: der elitäre alptraum von griechischen oder isländischen verhältnissen soll unbedingt vermieden werden. muss ich noch hinzufügen, dass ich mir dringend erhoffe, dass die französische bevölkerung sich genau in diese richtung einer selbstorganisation orientiert? die entscheidende frage wird aber nicht nur dort sein, was in dem moment passieren wird, wenn sich eine kritische masse von menschen vor allem über zwei dinge klar wird: 1. wir sind kollektiv von staat & wirtschaft ausgeplündert worden 2. unsere bisherigen lebensentwürfe sind im zuge dieser ausplünderung reif für die mülltonne. dann wird´s so richtig interessant. vor allem, wenn sich erst aus anderen kontinenten die betroffenen melden sollten und deutlich machen, dass das gesamte westlich dominierte modell von gesellschaft & ökonomie in der form einfach nicht mehr weiterzubetreiben ist. dann wird nämlich die hier noch allseits verpönte frage nach dem verzicht zugunsten derjenigen akut, die noch mehr als in europas metropolen unter dem durchdrehenden system leiden und tatsächlich tödlich bedroht sind. und dann erst folgt die wirkliche nagelprobe.
(...)""Sarkozy macht alles kaputt", klagt die 40-jährige Psychologin aus Paris. Und beginnt eine atemlose Aufzählung all dessen, was sich in den wenigen Monaten der präsidialen Amtszeit verschlechtert hat: die Schulen, die Krankenhäuser, die Fernsehsender, die Rentenversorgung, das Arbeitsrecht. Sandrine geht inmitten der zentralen Pariser Demonstration. Es ist eiskalt. Aber der Himmel ist blau. Und die Sonne scheint. Rundum auf der Bastille strahlen die DemonstrantInnen. Lange bevor sich die unüberschaubar große Menschenmenge in Bewegung setzt, haben sie das sichere Gefühl, dass dieser Tag die Dinge in Frankreich ändern wird.
"Wir sind mehr als eine Million Menschen auf den Straßen Frankreichs", hat schon vor Mittag der Chef der größten Gewerkschaft CGT angekündigt. Sein Kollege François Chérèque von der Spitze der Gewerkschaft CFTD hält die Demonstrationen für die "größten Streikdemonstrationen seit 20 Jahren".(...)
Es ist ein generelles Unwohlsein, das so viele Menschen in den Streik und viele von ihnen auch auf die Straße treibt.
Bei dem zentralen Demonstrationszug in Paris empören sie sich über den Kaufkraftverlust unter ihrem "Kaufkraftpräsidenten". Und über das "autoritäre Umgehen mit Andersdenkenden". Sauer sind sie auf die massiven Streichungen von Stellen in den Schulen, Universitäten und Krankenhäusern. Und darauf, dass "für die Großen, für die Banken und die Automobilhersteller Milliarden da sind".(...)
und in einemkommentarwird das folgende - und warnende - fazit gezogen:
(...)"Die aktuelle Krise hat die seit vielen Jahren größten französischen Demonstrationen von Beschäftigten verstärkt. Doch die Forderungen an diesem Tag, an dem Sarkozy erstmals in seiner Amtszeit in die Enge getrieben ist, gehen weit über die Krisenaktualität hinaus. Sie stellen Sarkozys Wirtschafts- und Sozialpolitik grundsätzlich in Frage.
Deswegen sollten die übrigen europäischen Regierungen die neue Sozialbewegung nicht unterschätzen. Denn indem sie den Abbau des Gesundheits- und Rentenschutzes, die Aushöhlung des Arbeitsrechts und die Schwächung des öffentlichen Dienstes anprangern, klagen die Streikenden in Frankreich auch die offizielle Politik der EU an.
Französinnen und Franzosen haben in der Geschichte vielfach besonders sensibel auf soziale Einschnitte reagiert. Das ist auch dieses Mal so, wo Sarkozy eine Politik betreibt, die dem deutschen Modell "Agenda 2010" folgt. Insofern ist die massive Mobilisierung gegen den Sozialkahlschlag in Frankreich nicht nur eine innenpolitische Warnung an Nicolas Sarkozy."
strike! und zumindest für das deutliche zeichen ein dickes "merci!" in die nachbarschaft.
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wem nun angesichts der französischen lust am widerspruch mal wieder tränen des neides beim anblick der sedierten schafsherde hierzulande in die augen getreten sind, könnte sich auf eine zugebenermaßen billige und auch zynische art & weise mit einem blick auf einen anderen großen nachbarstaat trösten, der inzwischen gleich griechenland ebenfalls als heißer kandidat für einen totalbankrott gehandelt wird - großbritannien bzw. die dortige bevölkerung ist nicht nur in ähnlicher lethargie be- und gefangen wie viele hiesige mitmenschen, sondern hat es daneben auch im punkt staatlicher paranoider kontrolltendenzen fast geschafft, einen schäuble daneben wie ein weichei aussehen zu lassen - und das will nun wirklich was heißen.
die zeitschrift wildcat, seit jahren schon in positiv klassenkämpferischer arbeit und analyse unterwegs, hat nun gerade mit einer reihe von berichten begonnen, in denen die krisenfolgen von "unten" dargestellt werden, und der erste bericht kommt ausgroßbritannienund ist wirklich spannend zu lesen - auszug aus dem nachwort von anfang januar:
(...)"Seit der Niederschrift der obigen Antworten Ende 2008 gab es keine größeren Anzeichen für durchsetzungsfähigere Klassenkämpfe, aber vielleicht ist das gar nicht so seltsam. Schon damals waren das hauptsächlich Langzeitentwicklungen, die gerade ihre hässliche Seite zu zeigen begannen. Die dramatischsten Entwicklungen waren keine glücklichen (es sei denn, man glaubt an die Gleichung Verelendung = automatisch Antagonismus) und kamen nicht überraschend. Wie schon in den bürgerlichen Medien breit berichtet wurde, hat sich die Welle der Insolvenzen und präventiven Entlassungen von den Banken zu den Einzelhandelsketten verbreitet und zu dem, was an Produktion noch übrig war (solche »nationalen Champions« wie die Hoflieferanten für Tafelporzellan). Ein Großteil der Medienberichterstattung und Regierungspropaganda schreibt diese Firmenpleiten und Arbeitsplatzverluste immer noch unaufrichtigerweise direkt der angeblichen plötzlichen Konsumverweigerung durch die Verbraucher zu: Verweise auf die fremdfinanzierte Fremdfinanzierung, über die selbst das »Eigentum« an kleinen Geschäften organisiert ist und die nicht weiter verlängert werden kann, und auf Zusammenbrüche von Zuliefererketten (z.B. der Bankrott der Woolworth-Kette, der den ehemaligen Virgin-Einzelhändler Zavvi mit runterriss, weil Woolworth deren Hauptgroßhandelslieferant war) beschränken sich auf die Wirtschaftsseiten, und die Debatte über die »Kreditkrise« verläuft fast vollständig auf der Ebene von Krediten an Konsumenten und Hypothekengläubiger. Einen allgemeinen Überblick darüber zu bekommen, wie weit diese verzerrte Sichtweise akzeptiert wird, ist sehr schwer. (Ein winziges Beispiel: Ich arbeite bei einer kleinen Agentur für Presseausschnitte (nur ein paar hundert ArbeiterInnen), deren Eigentumsverhältnisse über privates Beteiligungskapital organisiert sind und die ab und zu »Mitarbeiterforen« abhält, auf denen sie die Geschäftsergebnisse verkünden und vorher eingereichte Fragen beantworten. Meine Frage zu den Chancen der Refinanzierung von Schulden aus dem kürzlich stattgefundenen privaten Firmenaufkauf wurde wegen der Vertraulichkeit privaten Kapitals zurückgewiesen, danach lösten sie das Forum auf. Inzwischen machen sich ArbeiterInnen einige Sorgen um die Überlebenschancen der Firma, aber fast immer auf der Ebene der Auftragseingänge durch Kunden und nicht der Anfälligkeit für Finanzvorgänge woanders.) Eines scheint allerdings sicher: Die Arbeitsplatzverluste haben noch nicht einmal richtig angefangen, und so führen die Medienberichte über vorübergehende Erscheinungen wie die Verkaufszahlen zu Weihnachten in die Irre."(...)
was deutlich wird - und was mir hierzulande ähnlich vorkommt - ist v.a. eine atmosphäre von angst und entsolidarisierung, und die könnte bei weiterer eskalation durchaus zum treibstoff für faschistoide mobilisierungen werden. auch gb ist in dieser hinsicht genau zu beobachten.
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über die neuesten meldunge zu firmenpleiten, entlassungen, kurzarbeit und erwerbslosigkeit schreibe ich heute nichts - es sind einerseits zu viele, andererseits ist da eine in relation ähnliche entwicklung der zahlen zu beobachten, wie sie schon bei den diversen "rettungs"versuchen und -paketen für die banken zu beobachten war und ist - eine scheinbar exponentielle explosion von zuerst hunderten von millionen bis hin zu billionen. und auch bei den entlassungen sind wir schon in den zehntausenden, bei den kurzarbeitern und den (neuen) erwerbslosen schon in den hunderttausenden, und global werden inzwischenzweistellige millionenzahlenvon neuen erwerbslosen für möglich gehalten, und wie bei einem solchen desaster dann die arbeitsbedingungen derjenigen aussehen werden, die noch lohnzwangsarbeiten "dürfen", wollen Sie und ich womöglich gar nicht so genau wissen. aber es hilft ja alles nichts, auch wenn einen die dreistigkeit der protagonisten immer wieder mit offenem mund zurück lässt, ist es einfach bitter nötig, sich bspw. über die elitäreninteressensgeflechteund ihre folgen klarzuwerden:
"Trotz Finanzkrise haben die deutschen Parteien im vergangenen Jahr die meisten Großspenden aus der Bankenbranche erhalten.(...)
Allein die Deutsche Bank überwies im letzten Quartal insgesamt 500.000 Euro an CDU, SPD und FDP: Jeweils 200.000 Euro gingen an die CDU und die FDP, 100.000 Euro gingen an die SPD. Zu den Förderern gehörten auch die Commerzbank, der Finanz- und Versicherungskonzern Allianz sowie die Privatbanken Sal. Oppenheim und Berenberg.(...)
Mit Abstand die meisten Großspenden aus der Wirtschaft und von Privatleuten bekamen die Unionsparteien. Nach den Bundestags-Zahlen erhielten CDU und CSU insgesamt mehr als 3,5 Millionen Euro. Es folgen die FDP mit mehr als 930.000 Euro, die SPD mit mehr als 650.000 Euro und die Grünen mit 60.000 Euro. Die ebenfalls im Bundestag vertretene Linke bekam demnach keine Großspenden."(...)
diese im vergleich geradezu lächerlichen summen bezahlen wahrscheinlich die bankpförtner aus ihrer eigenen tasche, aber im ernst: schaut man sich an, wer warum gewählt wird und wer in wessen interesse was für handlungen durchführt, so bleibt nur das fazit, dass die beschimpfung der hiesigen bevölkerung als schafe erstens für diese tiere eigentlich beleidigend und zweitens eine extreme untertreibung ist. aber so ist das halt: wer sich ein leben jenseits von shoppen, stylen, dummschwätzen und medialer dauerverblödung weder vorstellen kann noch überhaupt die vorstellung wünschenswert findet, wird dann eben vor aller augen geplündert und darf sich darob dann berechtigt mit hohn und spott überschütten lassen. wie in einer der letzten news schon geschrieben: es gibt einfach eine grenze, wo ich trotz allem verständnis für die spezifisch deutschen probleme in sachen entwicklung von authentischen, empathischen und selbstbewußten persönlichkeiten einfach sehr, sehr ungeduldig werde und auch ein gutes stück mitverantwortlichkeit sehe. was denken die leute eigentlich, was sie noch zu verlieren haben? ihre imaginären renten, ihre öden reihenhaussiedlungen oder den anblick einer intelligenzbeleidigung wie dieter bohlen auf dem bildschirm?
(ps: wer das obige jetzt arrogant findet und fragt, wie ich mir so etwas herausnehmen kann, bekommt die folgende antwort: weil ich es mir aufgrund meiner biographie einfach erlaube. ich finde das system hier nicht erst seit gestern zum kotzen, und habe deshalb auch schon etliches an unbequemen konsequenzen gezogen, über die ich aber hier nicht reden werde.)
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und wer noch nicht mal für authentische eigene interessen einstehen kann und will, ja diese noch nicht mal wahrnehmen kann, wird zwangsläufig erst recht mit den schultern zucken, wenn es um krisenfolgen in regionen geht, die bereits im kapitalistischen normalbetrieb nicht seltentödlichgetroffen sind:
(...)"Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat vor einer "humanitären Katastrophe" in der Dritten Welt durch die globale Wirtschaftskrise gewarnt. "Es besteht die Gefahr, dass sich die Krise in einem Kontinent wie Afrika in eine humanitäre Katastrophe mit Tausenden von Hungernden und Toten entwickelt"(...)
Durch die Verkoppelung von Ernährungs- und Finanzkrise müssten jetzt bereits weltweit wieder mehr als eine Milliarde Menschen hungern."(...)
so weit, so schlecht, so richtig. aber dann folgt wieder einer jener unzähligen schlechten witze dieser tage:
"Wieczorek-Zeul versicherte, Deutschland werde bei der Entwicklungshilfe "nicht nachlassen". Dazu sollen auch 100 Millionen Euro dienen, die im zweiten Konjunkturpaket zusätzlich an Entwicklungshilfe enthalten sind. Das Geld soll in einen neuen Infrastrukturfonds der Weltbank fließen. Insgesamt sind im laufenden Etat des Entwicklungsministeriums Ausgaben von 5,8 Milliarden Euro eingeplant."(...)
die summen, die jeweils für irgendwen oder irgendetwas ausgegeben werden, sind nicht zuletzt auch immer ausdruck von prioritäten und wertigkeiten. und vor diesem hintergrund kann jeglicher vergleich von den summen, die sowohl den banken hinterher geschmissen werden als auch für "die armen" gedacht sind (und nicht nur in d-land), hinsichtlich der verantwortlichen "eliten" nur in einem fazit enden, ja nur mit einem wort:
im letztenbeitragzum nichtendenwollenden israelisch-palästinensischen konflikt hatte ich ein älteres fazit mit eigenen gedanken zu möglichen auswegen wiederholt, in dem u.a. das folgende enthalten ist:
"parallel zu diesen maßnahmen müsste dann in allen beteiligten gesellschaften besonderes gewicht auf die entwicklung ziviler strukturen / entmilitarisierung gelegt werden"(...)
und jenseits der üblichen, lautstarken und vor allem bei den beteiligten außerhalb der kriegszone auch von äußerst zweifelhaften motivationen begleiteten öffentlichen positionierung zugunsten von einer der beiden seiten spielen ansätze gesellschaftlicher initiativen in israel und palästina, die im genannten zivilen und antimilitaristischen sinne aktiv sind, bisher weder vor ort und erst recht nicht im rest der welt irgendeine besondere rolle in der öffentlichen diskussion. und umso mehr freut es mich, mit meinen leserInnen die zumindest mir ganz neuen informationen zur existenz dershministimteilen zu können:
(...)""Die gegenwärtige Gewalt ist ein Ergebnis jahrzehntelanger Besatzung sowie einer Blockade des Gaza seit dem Rückzug aus diesen Gebieten", erklärte Maya Yekhieli-Wind vor ihrer Inhaftierung angesichts des aktuellen Krieges in Gaza. "Die sinnlose Besatzung von Millionen führt nur zu einer Radikalisierung ihrer Positionen, zu Hass und der Eskalation der Gewalt. Gewalt ist ein Kreislauf, der sich selbst nährt. Dieser Kreislauf wird nicht enden, bis jemand aufsteht und sich ohne Kompromisse weigert, daran teilzunehmen. Das ist es, was ich heute tue."(...)
Raz Bar-David Varon und Maya Yekhieli-Wind gehören einer Gruppe von 60 Abiturientinnen und Abiturienten an, die sich im Sommer 2008 als Shministim zusammengeschlossen haben. Gemeinsam hatten sie, Frauen und Männer, gegenüber dem israelischen Verteidigungsminister erklärt, dass sie sich gegen die "Besatzungs- und Unterdrückungspolitik der israelischen Regierung" wenden. "Wir werden uns deshalb weigern, an den Aktionen teilzunehmen, die vom israelischen Militär in unserem Namen durchgeführt werden." Bislang wurden acht von ihnen zumeist mehrfach inhaftiert."(...)
die motivationen der zuletzt genannten acht lassen sichhierin deutscher sprache nachlesen; raz bar-david varon und maya yekhieli-wind sind aktuell zum wiederholten male inhaftiert. und in einem kriegführenden staat verlangt die demonstrative verweigerung nochmals wesentlich mehr mut, als ich ihn bspw. bei meiner eigenen, schon einige jahrzehnte zurückliegenden, totalen kriegsdienstverweigerung (= auch ablehnung des "zivilen" ersatzdienstes als bemäntelung der "wehrpflicht"erfüllung) brauchte, der "nur" eine bewährungsstrafe folgte. aber bis heute fühle ich mich solidarisch mit allen, die grundsätzlich das angemaßte "recht" der jeweiligen staaten in frage stellen, ihr eigenes leben in destruktiven bewaffneten auseinandersetzungen zu opfern - und zwar in der regel meist für zweifelhafte und fremde interessen.
und gerade in israel braucht so eine entscheidung mut, denn dieser staat existiert real ständig mit einer mehr oder weniger großen bedrohung von außen, die die notwendigkeit für eine bewaffnete verteidigung noch eher nachvollziehbar macht als anderswo, und das dürfte für große teile der israelischen bevölkerung auch aus eigenem erleben außer frage stehen. umso eindrucksvoller ist die entscheidung der jungen männer und frauen der shministim für mich, trotz dieser lage einen grundsätzlichen schritt zu versuchen, um endlich räume jenseits der schier unlösbar erscheinenden traumatischen täter-opfer-dialektik zu öffnen. und wenn man sich genauer ihre motivationen anschaut, wird sowohl ihre vielfältigkeit als auch die entschiedenheit deutlich:
"Ich glaube, dass es richtig ist, der Gesellschaft, der ich angehöre, zu dienen. Und genau das ist der Grund, warum ich mich weigere, mich an den Kriegsverbrechen zu beteiligen, die mein Land begeht."
omer goldman
"Es ging mir wie vielen anderen Israelis. Auch ich konnte die israelische Armee nicht wegen ihrer unmoralischen Aktionen kritisieren oder sie damit konfrontieren. Ich stelle fest, dass diese Schwierigkeit daher rührt, dass ich mich mit den SoldatInnen meines Alters verbunden fühle, die auch meine Freunde sein könnten. Heute bringt mich genau diese Erkenntnis dazu, dass ich die Ableistung des Militärdienstes verweigere. Ich kann nicht die Menschlichkeit der Israelis anerkennen und Palästinenserinnen und Palästinenser davon ausschließen. Gerade wegen meines tiefen Gefühls der Verpflichtung und Verantwortung der Gesellschaft gegenüber, in der ich aufwuchs, weigere ich mich, am Kreislauf des Blutvergießens teilzunehmen."
maya yekhieli-wind
auf derwebsiteder gruppe lassen sich sowohl die aktuellsten infos als auch möglichkeiten zur unterstützung nachlesen.
(und ich bedanke mich noch beichefür den hinweis.)
und für diese situation finde ich nur noch die bezeichnungheulender wahnsinnangemessen - wäre es nicht an der zeit, zumindest dort von einer depression zu sprechen?
(...)"Die Suppenküchen und Lebensmitteltafeln zwischen New York und Los Angeles wappnen sich dem Artikel zufolge für die größte Herausforderung, der sich dieses Wohltätigkeitssystem seit dessen Aufbau in den Sechzigern stellen muß. Es gebe Planungen, neue, große Einrichtungen zur Nahrungsmittelvergabe in den Städten zu errichten. Das Ziel, besonders den »arbeitenden Armen« genügend Nahrungsmittel zur Verfügung zu stellen, die neuesten Untersuchungen zufolge bereits die größte Gruppe der Unterernährten in den USA stellen. Der Bedarf wachse der ersten Generation der Suppenküchen bereits »über den Kopf«, berichtete Robert Egger, der Präsident das Wohltätigkeitsverbandes Central Kitchen.(...)
Derzeit bemühten sich viele Sozialverbände, staatliche Zuschüsse für ihre Lebensmittelprogramme zu erhalten, berichtete die Washington Post. Allerdings ließe das Engagement der Bundespolitik arg zu wünschen übrig. Der Harvard-Professor J. Larry Brown stellte beispielsweise kürzlich eine Studie vor, derzufolge die Ausweitung staatlicher Zuschüsse um zwölf Milliarden Dollar ausreichen würde, um Hunger und Unterernährung in den Vereinigten Staaten größtenteils zu beseitigen. Dennoch sei eine Ausweitung der Vergabe von staatlich finanzierten Lebensmittelmarken nicht in Sicht, monierte die Washington Post. »Mir ist keine Nation bekannt, die die Ernährungssicherheit ihrer Bevölkerung durch private Wohltätigkeitsorganisationen sichergestellt hätte«, erklärte Brown. Es gebe »eine bundesstaatliche Verantwortung, der nicht nachgekommen wird.«
Insgesamt sind 35 Millionen Bürger der Vereinigten Staaten von Hunger oder Mangelernährung betroffen. Auf der anderen Seite werden laut Erhebungen des US-Landwirtschaftsministeriums jährlich Lebensmittel im Wert von 31 Milliarden Dollar – was etwa einem Fünftel der gesamten Produktion entspricht – vernichtet, da sie auf keine zahlungskräftige Nachfrage treffen. 49 Millionen Menschen hätten mit diesen Nahrungsmitteln ernährt werden können.
Wachsende Verelendung mitten im Überfluß kennzeichnet auch die Wohnsituation von immer mehr US-Amerikanern. Landesweit entstehen immer neue Zeltstädte. In diesen wild wuchernden provisorischen Siedlungen sammeln sich all jene ehemaligen Hausbesitzer, die ihre Hypotheken nicht mehr abzahlen konnten und sich nach einer Zwangsversteigerung auf der Straße wiederfanden. Allein im Großraum Los Angeles seien 60000 Häuser auf diesem Wege in den Besitz der Banken übergegangen, meldete die BBC. Die ehemals der amerikanischen Mittelklasse angehörenden neuen Obdachlosen würden oft schikaniert oder vertrieben. In etlichen Städten gingen Sicherheitskräfte gegen die Lager vor und zerstörten die Zelte."(...)
letzteres ist in diesem video zu sehen:
und nicht nur in der nahrungsfrage werden die spezifischen eigenarten des kapitalismus dann voll sichtbar:
(...)"Auf der anderen Seite hat die Hypothekenkrise zu Wohnraumleerständen in bisher unvorstellbaren Größenordnungen geführt. Laut dem US-Ökonomen Richard Wolff beträgt die Quote beispielsweise in Cleveland (Ohio) bereits zehn Prozent. Die Konsequenz der Stadtverwaltung ist nicht etwa, die Obdachlosen dort einzuquartieren. Im Gegenteil: Wenn die Häuser nach einer gewissen Zeit keinen neuen Besitzer finden, sollen sie abgerissen werden. Ähnlich würden auch viele andere Städte handeln, so Wolff. »Es gibt Tausende von leeren Häusern und Tausende von Obdachlosen – und wir leben in einer Wirtschaftsordnung, die beide Probleme nicht lösen kann«, lautet sein bitteres Fazit."
ja, was sagt das wohl über diese wirtschafts"ordnung" aus? darüber dürfen jetzt immer mehr"freigesetzte"in den usa nachdenken - wenn sie von selbst drauf kommen würden, ihr bisheriges leben sowie ihre ziele einmal gründlich zu reflektieren. nicht nur ständige grenzverletzer und -überschreiter sind in ihrer funktion als täter verantwortlich, sondern ab einem gewissen punkt auch diejenigen, die diese ständigen übergriffe - und der entzug von nahrung und wohnung bzw. das stürzen von millionen in armut und verelendung ist ein existenzieller und brutaler übergriff - dulden und tolerieren:
(...)"Wegen der sich vertiefenden Rezession entlassen große Konzerne aus den USA und Europa quer durch alle Branchen zehntausende Mitarbeiter. Zum Wochenauftakt gaben etliche börsennotierte Unternehmen an einem Tag den Abbau von mehr als 50 000 Stellen bekannt."(...)
um genauer zu sein: es waren alleine heute 56.000 stellen! und das nur von den bekannteren und "großen" namen; wieviele kleine betriebe geben wohl derzeit täglich den löffel ab? es deuten jedenfalls zur zeit verdammt viele indizien darauf hin, dass wir tatsächlich in die endphase der globalen raub- und plünderungsökonomie, die auf ein ständiges und real unmögliches exponentielles wachstum angewiesen ist, eingetreten sind. und das bisher ohne praktikable alternativkonzepte.
...gibt es aktuell gerade einenartikelbei telepolis:
(...)"Wie Peek, dessen Gehirnhälften kaum miteinander verbunden sind, weisen Menschen mit Savant-Syndrom häufig deutliche Hirnanomalien oder schwere Hirnschäden auf. Etwa die Hälfte von ihnen leidet unter Autismus, so auch Tammet. Die Inselbegabten leben im Allgemeinen in ihrer eigenen, inneren Welt. Denn da sie häufig eine körperliche und/oder geistige Behinderung haben, können keine Auskunft darüber geben, wie sie ihre außergewöhnlichen Leistungen vollbringen – mit einer Ausnahme: Daniel Tammet.
Der Brite, der Ende Januar 30 Jahre alt wird, leidet nach eigenem Bekunden nur unter einer leichten Form von Autismus, dem Asperger-Syndrom."(...)
einen kommentar meinerseits dazu können interessiertehierfinden.
um die jeweiligen inhalte der krisennews etwas übersichtlicher zu gestalten, werde ich ab jetzt einleitend die themen kurz skizzieren.
wie sich die krise ins reale leben frisst: beispiele aus guatemala und österreich
bankster und die mafia: un sieht anzeichen für einsatz von drogengeldern zur banken"rettung"
britischer minister: "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked."
die krise und der profisport: "es geht ans eingemachte" im fußball und der formel 1
krisenkaskade: warum peak oil dafür sorgen wird, dass ein hypothetischer "aufschwung" sofort wieder abgewürgt werden wird
europäische staaten richten zentrale stelle zur beobachtung und vorwarnung von inneren unruhen ein
neues aus griechenland
und ein nachtrag: island
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hierzulande ist es wohl größtenteils immer noch so: wer nicht gerade freunde/bekannte im umfeld hat, die zu der inzwischen in die hunderttausende gehenden zahl von entlassenen leih-, zeit-, oder kurzarbeitern gehören und selbst nicht über genügend kapital verfügte, um sich am weltweiten treiben der finanzmärkte zu beteiligen, dazu noch einen job hat und bei bedarf immer noch geld aus dem automaten bekommt, neigt verständlicherweise dazu - auch bedingt durch die regierungsamtliche desinformationspolitik - im angesicht der immer greller leuchtenden alarmsignale nur noch mit den schultern zu zucken - "ja und? was geht´s mich an?"
neben der bereits öfter konstatierten allgemeinen sozialen trance sowie der oben skizzierten eigenen erfahrungswelt dürfte zu diesem fatalen fehlschluss ein weiterer wahrnehmungsfehler beitragen, der daran liegt, dass menschen in der mehrheit dazu neigen, die verhältnisse bei sich und in dem ihnen zugänglichen umfeld umstandlos auch auf den rest der welt zu projizieren. das ist allerdings ebenfalls ein prozeß, der untrennbar mit dem vorgang der verdrängung all dessen zusammenhängt, was einen selbst in angst versetzen könnte. und eigene vorhandene zweifel werden im zuge dessen gleich mit (scheinbar) entsorgt, was sich daran erkennen lässt, dass nachfragen bezgl. der krise bei solchen zeitgenossen zunehmend zu genervteren bis aggressiven reaktionen führen können.
in gebieten wie bspw. den entvölkerten und vom leerstand befallenen vorstädten vieler us-städte, in den elendszonen osteuropas, in den globalen "automobilstandorten" und anderen zuerst von den krisenfolgen betroffenen zonen sieht die wahrnehmung entsprechend anders aus. erst recht in den planetaren elendszonen des trikonts, der sog. "dritten welt" - was der zusammenbruch der westlich dominierten globalen ökonomie dort anrichtet, lässt sich anhand diesesbeispielsaus guatemala ansatzweise erahnen:
(...)"28 Jahre lang hat sich Casa Alianza intensiv in Mittelamerika um Straßenkinder und mißbrauchte Heranwachsende bemüht. Ihre Sozialarbeiter waren wichtige Ansprechpartner für Tausende Kinder und Jugendliche, die ohne erwachsene Bezugspersonen aufgewachsen sind. In verschiedenen Krisenzentren und Kinderheimen wurde ausgestoßenen Kindern ein neuer Anfang ermöglicht und eine Zukunftsperspektive eröffnet. Das alles ist absehbar vorbei, von heute auf morgen. »Die Arbeit kann nicht weitergeführt werden«, erklärt Leonel Dubon, der Programmdirektor von Casa Alianza. »Uns stehen nicht mehr die notwendigen Mittel zur Verfügung.« Dabei sei die Lage der Kinder insgesamt »ziemlich hoffnungslos. Es gibt keine andere Organisation, die die Rolle von Casa Alianza übernehmen könnte. Dies ist ein harter Schlag für die Straßenkinder und für die Präventionsarbeit in den städtischen Armenvierteln.«(...)
Das Hilfswerk wird seit Jahren auch aus anderen Ländern unterstützt, doch der wichtigste Finanzgeber ist die US-amerikanische Organisation Covenant House. Als die Direktorin von Casa Alianza in Guatemala, Claudia Rivera, vor wenigen Wochen von einem Besuch der Covenant-House-Zentrale in New York zurückgekommen ist, war das düstere Ende schon abzusehen. »Ein gewisser Teil unserer Einnahmen hängt von den Börsenwerten ab. Die Einbrüche der Aktien haben uns geschadet. Außerdem hat die steigende Arbeitslosigkeit in den USA dazu geführt, daß weniger gespendet wird.«(...)
und so wird eine arbeit, die gesellschaftlich nicht nur dort vor ort, sondern auch global von unschätzbarer bedeutung ist - wenigstens die versuchte eindämmung von posttraumatischen störungen im gefolge von armut, struktureller gewalt, elendsökonomie und bürgerkrieg - ebenso bedenkenlos geopfert wie gleichzeitig versucht wird, den strukturell verantwortlichen weltweit die fortsetzung ihrer "spiele" zu ermöglichen - unter einsatz von fantastilliarden. straßenkinder, auch noch ohne weiße hautfarbe? wen interessieren die?
»Jetzt müssen die Straßenkinder die Konsequenzen der Fehler von Wallstreet-Brokern zahlen. Es trifft diejenigen am härtesten, die überhaupt nichts haben, keine Familien, kein Zuhause. Einige haben über Jahre hier im Heim gelebt, und jetzt werden sie wieder rausgeschmissen, vor die Tür gesetzt.«
Der fünfzehnjährigen Brenda steht der Schrecken ins Gesicht geschrieben. »Ich werde meine Freunde vermissen«, sagt sie. »Es ist schwierig, woanders neue Freundinnen zu finden. Wir waren aneinander gewöhnt. Es wird mir schwerfallen, all die Mädchen zu vergessen.« Brenda weiß nicht, wie es jetzt weitergehen soll. »Als ich noch zu Hause war, habe ich nie gelernt, was richtig ist und was falsch. Das habe ich erst hier erfahren und noch vieles mehr. Vielleicht werde ich jetzt auf der Straße leben.« Jedoch danke sie Gott für die 17 Monate, »die ich hier sein durfte«. Allerdings: »Ich habe Angst vor dem, was kommt.«
der letzte satz spielt, wenn auch in anderen dimensionen, ebenfalls eine hauptrolle in der befindlichkeit der bewohnerInnen einerkleinstadt in österreich:
(...)"In den Medien ist die Wirtschaftskrise allgegenwärtig. Aber richtig spüren kann sie erst, wer hierher kommt; oder in eine andere kleine Gemeinde in einer strukturschwachen Gegend. Kaum wo hat die Krise so stark eingeschlagen wie in Knittelfeld und Umgebung. Sie verändert das Leben von fast jedem hier. Viele Leitbetriebe haben bereits Kurzarbeit oder Stellenabbau angekündigt – vom Motorenbauer ATB in Spielberg über den Leiterplattenhersteller AT&S in Hinterberg bis zu Stahl Judenburg und Austria Federn. Das Ebenseer Betonwerk in Knittelfeld sperrt zu, das Wienerberger Ziegelwerk im angrenzenden Apfelberg hat Anfang November einen unbegrenzten „Winterstillstand“ verhängt.
„Früher hat es halt geheißen, die Leute müssen ein bissel flexibel sein und nach Graz fahren, wenn sie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Aber dort wird jetzt auch massiv abgebaut“, sagt ATB-Betriebsrat Michael Leitner, der sich gerade mit 80 Kündigungen im Betrieb herumschlagen muss. Die Leute sind verunsichert, und die Angst vor der Zukunft frisst sich wie ein Krebsgeschwür in die Köpfe. Ob beim Stammtisch, beim Damenkränzchen oder im Sparverein, es gibt kaum noch ein anderes Thema. „Viele fragen sich: Bin ich dabei? Trifft’s mich auch?“, erzählt der Knittelfelder „Bachwirt“ Sepp Hölzl."(...)
zuerst kommen die offenen elendszonen, dann die strukturschwachen gebiete, und am ende werden sich immer mehr auch in den strahlenden metropolen des planeten ebenfalls diesen fragen stellen müssen. in dieser hinsicht zumindest ist die krise eine art gleichmacher.
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könnten solche ängste gekoppelt mit weiteren informationen über die reale struktur der globalen wirtschaft bei den betroffenen wenigstens eine art aha-effekt erzeugen? die sehr fließenden grenzen zwischen "legaler" und "illegalisierter" ökonomie waren im blog schon öfter thema, und vor diesem hintergrund mutet das folgende auchnicht wirklich überraschendan:
(...)""Vielfach ist Drogengeld derzeit das einzige verfügbare liquide Investmentkapital", so Costa: "In der zweiten Hälfte des Jahres 2008 wiederum war Liquidität das größte Problem des Bankensystems, und damit wurde flüssiges Kapital zu einem wichtigen Faktor."
Die UNODC habe Anzeichen gefunden, dass "Interbank-Kredite durch Geldmittel finanziert worden, die aus dem Drogenhandel und anderen illegalen Aktivitäten kommen". Es gebe "Hinweise, dass manche Banken auf diese Art und Weise gerettet wurden"(...)
wenn man sich klar macht, dass banken in verschiedenem ausmaß auch den service der geldwäsche für solche und andere (waffen- und menschenhandel zb.) gelder anbieten, auf den die verschiedenen global aktiven mafiösen corporations zwecks aufrechterhaltung des legalitätsanscheins dringend angewiesen sind, bekommen fragen danach, warum eigentlich seitens der "offiziellen" politik das ganze globale finanzsystems bis an den rand des eigenen ruins um jeden preis "gerettet" werden soll, eine weitere mögliche antwort - und zwar eine, die aufgrund ihrer unglaublichen implikationen für verhalten und position jedes einzelnen menschen in diesem system kaum jemand hören werden will.
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und auch vor diesem hintergrund möchte ich hier einzitatdokumentieren, welches der betreffende zwar hinsichtlich der besonders prekären britischen situation gemacht hat, das aber nichtsdestotrotz in den heutigen zeiten eine deftige allgemeingültigkeit beanspruchen darf:
(...)"After watching the slide in bank shares on Friday, one cabinet minister did not altogether joke when he said: "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked."(...)
and capitalism sucks!
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wer will, kann in den medienwirksamsten sportarten wie fußball und dem total durchgeballerten rennirrsinn der "formel 1" wie im spiegel die gleichen merkmale eines pathologischen exponentiellen wachstumszwangs erkennen, unter denen auch die restlichen bereiche der globalen gesellschaften ächzen: immer mehr von allem muss es sein; mehr zuschauer, mehr fernsehgelder, höhere ablösesummen und gehälter, mehr leistung - letzteres auch, wenn´s denn "sein muss", unter inkaufnahme des psychophysischen ruins von gedopten sportlern. aber auch hier beginnt die krise, die strukturellengrenzendes ganzen sichtbar zu machen:
(...)"In dieser Krise geht es wirklich ans Eingemachte", sagte Manager Hoeneß dem "Spiegel". Der Manager erwartet in den kommenden sechs Monaten deutliche Veränderungen bei den Besitzverhältnissen der Vereine.
Auch Bayern-Vorstandschef Rummenigge fürchtet angesichts der Krise um die Zukunft europäischer Klubs. Er habe von Kollegen aus England, Spanien und Italien von "ganz massiven Problemen" gehört, "weniger bei den absoluten Topklubs, aber eine Stufe darunter", sagte er der "Süddeutschen Zeitung": "Es scheint zahlreiche Klubs zu geben, die ernsthaft bankrottgefährdet sind."(...)
interessant ist vor allem, dass die argumentation analog der von hiesigen politikern in der jüngsten vergangenheit anmutet: "die großen" sind sicher, was sich bspw. beim blick nach spanien, wo die tatsächlichen - und seit eh und je hoch verschuldeten - riesen wie bspw. real madrid nicht unwesentlich von spanischen bauunternehmen gesponsert werden, irgendwie doch relativiert - das dürfte bei der rasanten krisenentwicklung nicht nur in spanien in bälde bei allen beteiligten zu der frage führen: "brot oder spiele?"
zum anderen erklärt rummenigge gleich mal die deutsche bundesliga implizit für "solide" und "krisenfest", was sich gleichfalls so überzeugend anhört wie das geschwafel von steinbrück im vergangenen herbst - "krise? nicht bei uns". schönreden bis zum eigenen untergang. und ähnliches ist auch beim nur noch mit dem wort "dekadent" zu bezeichnenden quatsch zu verzeichnen, hochgetunte autosim kreis um die wettefahren zu lassen:
"Die Weltwirtschaftskrise bremst die Formel 1 aus und zwingt die Rennställe, die Gürtel deutlich enger zu schnallen. Ein rigider Sparkurs soll den Teams und Herstellern das langfristige Überleben in der Königsklasse ermöglichen. Die Verantwortlichen sind bemüht Optimismus zu verbreiten – und beschwören die Chancen, die in der erzwungenen Schrumpfkur stecken. Echte Zuversicht oder Durchhalteparolen?(...)
Die Weltwirtschaftskrise bremst die Formel 1 aus und zwingt die Rennställe auf Sparkurs - mit teils drastischen Folgen: So schockte Honda die Serie Anfang Dezember mit dem sofortigen Rückzug aus der Formel 1. Aber auch Ferrari, Toyota und McLaren-Mercedes reagierten, verzichteten auf die bislang übliche pompösen Präsentation ihrer neuen Wagen für die Saison 2009. Und das Wort Personalabbau ist in aller Munde. Renault hat angeblich bereits 100 Mitarbeiter entlassen und Red-Bull-Teamchef Christian Horner befürchtet Ähnliches. Erste Betroffene sind die Mitarbeiter der Testteams, die wegen des Testverbots während der Saison alle aufgelöst werden."(...)
wenn die "formel 1" in den orkus gehen würde, wäre das endlich mal eine absolut positive krisenfolge.
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in dieser reihe habe ich unter dem stichwort der krisenkaskade öfter versucht, meinen eindruck zu vermitteln, dass es sich bei der weltwirtschaftskrise "nur" um einen stein innerhalb eines gebildes handelt, welches die dem westlichen "way of life" huldigenden gesellschaften global an ihre grenzen und darüber hinaus führen wird. und so ist die derzeitige aufmerksamkeitsfixierung auf die ökonomische krise zwar verständlich, jedoch - wie eigentlich üblich - mal wieder außerordentlich kurzsichtig. genauso wie das bestreben, das system doch bitte so weiterlaufen lassen zu können wie bisher. peak oil war bereits oft ein thema, und ich kann zum wiederholten nur dringend davor warnen, die niedrigen ölpreise im moment als grund für sorglosigkeit anzusehen. es ist nämlich bereits jetzt schon absehbar, was im - allerdings immer hypothetischer werdenden - fall passiert, dass die derzeitige globale ökonomie nochmals die kurve kriegen sollte - sie würde in diesem falle umstandlos in ihrenächste strukturkriseeintreten:
(...)""Die Zeit billiger Energie ist vorbei“: Damit überschrieb die Internationale Energieagentur (IEA) im November ihren neuen Weltenergiebericht. Die weltweit geförderte Ölmenge, so die Kernbotschaft, werde im Jahre 2020 ihr Maximum erreichen (peak oil) und danach sukzessive zurückgehen. Hingegen werde die Ölnach-frage weiter anwachsen und das Preisniveau deutlich nach oben treiben. Von 2025 an sei ein Ölpreis von bis zu 200 Dollar pro Barrel möglich.
Zu Beginn des Jahres 2008 hätte diese Prognose sicherlich für viel Aufregung gesorgt. Doch Anfang 2009, in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise, ist diese überaus wichtige Meldung leider untergegangen. Die neue Ölmarktanalyse unterscheidet sich deutlich von früheren Berichten der IEA. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte weist die Energieagentur darauf hin, dass das Ölangebot weltweit seinem Ende entgegengeht – und die Ölpreise diesen Sachverhalt widerspiegeln werden. Besonders interessant ist das Ergebnis auch deshalb, weil die IEA bis vor Kurzem noch betont hatte, das Öl werde noch deutlich über 40 Jahre in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, und der Ölpreis werde auf maximal 60 Dollar pro Barrel im Jahre 2030 steigen."(...)
die jetzige krise stoppt u.a. auch alle investitionen in die schwerer zu erschließenden ölquellen wie die ölsande u.ä. - was zur folge haben wird, dass es sehr schnell zu einem unterangebot kommen würde, falls die globale nachfrage im zuge eines aufschubs (und nichts anderes wäre ein "aufschwung") für unsere art der ökonomie wieder anziehen würde - für diesen fall wird von verschiedenen seiten mit einem preisanstieg auf bis zu 200 $ pro barrel gerechnet, der sich sofort wieder in krisensymptomen niederschlagen würde. das ist übrigens auch der grund, warum ich die bisherige autoindustrie als historisches auslaufmodell bezeichne - aus dieser situation gibt es für diese industrie (und ganze andere ölabhängige industriezweige) in ihrer jetzigen form kein entkommen mehr. game over und ab zur mülldeponie der geschichte.
und dasblogder sehr lesenswerten seite oelschock.de drückt das grundsätzliche problem hinsichtlich wirtschaftskrise & peakoil so aus:
(...)"Stattdessen ist der Super-GAU aller Peak-Oil-Warner eingetreten: Ohne dass die allgemeine Öffentlichkeit sich des Problems „Hubbert-Maximum“ überhaupt ausreichend bewusst wäre, hat schon der erste Ansturm der Ölpreise mit dazu beigetragen, dass die Weltwirtschaft abgeschmiert ist wie ein Luftballon beim Kindergeburtstag, der knatternd und mit waghalsigen Flugmanövern seine Luft ausstößt und als schlaffes Häufchen Elend hinter dem Sofa landet. Und schon reden alle nur noch davon, wie man den Laden wieder in Gang bekommen kann. Wie die Regierung doch bitte nur irgendwie genug Geld herbeizaubert, damit nicht noch eines der Supermonster von Banken, Versicherungen oder Konzernen – die man doch früher so schrecklich und bedrohend fand, ohne die aber unser „System“ nicht einen Tag fortbestünde – den Jordan von der anderen Seite kennen lernt. Welchen Preis man zahlen muss, damit nur ja keine radikalen Änderungen notwendig werden.
Alle sind am Zittern. Wer sich in der Mittelschicht oder weiter unten ein Haus gebaut hat, ein neues Auto fährt, gerne drei Flugreisen im Jahr macht und immer die neueste Konsumelektronik kauft, muss in der Regel Schulden abstottern, jeden Monat, jahrelang, jahrzehntelang. Ein Ausfall kommt nicht in Frage, schon eine längere Krankheit des Familien-Hauptverdieners kann ganze Lebensplanungen zerbröseln lassen wie Pergament aus der Zeit der salischen Kaiser. Und dann erst „die schlimmste Krise, die ich in den letzten 30 Jahren erlebt habe“ (Josef Ackermann), die 2009 möglicherweise dazu führt, dass nicht nur die Zeitarbeiter einer ungewissen Zukunft entgegen sehen...! Beinahe jeder ist heute ein „Stakeholder“ der Mega-Maschine Kapitalismus, die so effizient ist, wenn es um die die schnelle Ausbeutung und Nutzung von Rohstoffen zur Produktion von „Überfluss“ geht, die aber so kläglich versagt, wenn es um die Entwicklung einer dauerhaft haltbaren Perspektive geht. Beinahe jeder ist strukturell unfähig, über die Mega-Maschine hinaus zu denken. Wo doch nichts dringender notwendig wäre.(...)
In all den kakophonischen Meldungen zur „Krise“ droht die wirklich wichtige Botschaft unterzugehen: dass uns das Hubbert-Maximum und all die parallelen Ressourcen- und Stabilitätskrisen zwingen, unsere bisherige Wirtschafts- und Lebensweise zu überdenken und neu auszurichten. Dass wir gar keine Wahl haben – außer der, den Übergang zu einer weniger energieintensiven Gesellschaft bewusst und bewahrend oder chaotisch und zerstörerisch anzugehen."(...)
nein, wir haben tatsächlich keine wahl mehr. und ich vermute, auch nur noch ein relativ schmales zeitfenster, um das mit allen konsequenzen zu realisieren, bevor es hier völlig ungemütlich wird - mit extrabetonung auf "völlig".
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diese aufziehenden ungemütlichkeiten haben innerhalb der europäischen union dazu geführt, dass aktuell eine - durch wen eigentlich legitimierte? - instanz in brüssel geschaffen worden ist, deren einzige funktion die beobachtung der bevölkerungsstimmungen zwecks zeitigervorwarnung vor inneren unruhendarstellt:
"EU member states are "intensively" monitoring the risk of spreading civil unrest in Europe, as riots over the economic crisis erupt in Iceland following street clashes in Latvia, Lithuania, Bulgaria and Greece.(...)
EU ambassadors in Brussels are discussing the issue and receiving "regular updates", according to another official, although he added that more intelligence on the situation is needed to see whether the riots are "part of a social trend" or manipulation by opposition elements.(...)
"[It could happen] almost everywhere, in Europe certainly, and also in emerging countries," he said. "You've had some strikes that look like normal, usual strikes, but it may worsen in the coming months."
Asked which countries were most at risk, Mr Strauss-Kahn mentioned Hungary, Ukraine, Latvia and Belarus. "It can be my own country [France], the UK, it can be eastern Europe," he said.
"The situation is really, really serious," he added."
die herren bereiten sich also vor. noch fragen, warum in der eu und speziell hierzulande in den letzten jahren die berge an gesetzen zur inneren "sicherheit" bzw. repression durchgeprügelt worden sind?
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genau deswegen, um solche situation des sozialen ausnahmezustands wie im dezember in griechenland noch irgendwie unter kontrolle halten zu können. während die mainstreammedien hierzulande nur noch die jeweils aktuelle randale kurz erwähnen - wie vor ein paar tagen in athen -, so sind die eigentlichen auflösungs- und neufindungsprozesse dort keinthemamehr:
(...)"Aus Solidarität mit Cuneva sind die Gewerkschaftszentralen in Thessaloníki, Ioánnina, Pátras und Vólos besetzt. In Thessaloníki wurden am 7.1. und 8.1. die Niederlassungen von OIKOMET und der Leiharbeitsfirma Adecco durch AktivistInnen vollkommen zerstört.(...)
In ganz Griechenland sind momentan 5o Fakultäten besetzt - in den Vollversammlungen bekämpfen sich BefürworterInnen der Besetzungen einerseits und Néa Dimokratía-StudentInnen oder KKE-StudentInnen (beide wollen Vorlesungen durchsetzen) andererseits mit allen Mitteln.
Momentan findet in Athen erneut eine Demonstration für eine Bildungsreform statt. Die Regierung Karamanlís hat einen Bildungsdialog auf der Basis Null angeboten, was die Gewerkschaften des Bildungssektors und Studi/schülervereinigungen für einen Trick halten um Zeit zu gewinnen."(...)
(constantina cuneva ist eine gewerkschafterin, auf die im dezember ein säureattentat verübt wurde).
und warum sich griechische, besonders die jüngere, bevölkerung sowohl nicht so schnell wieder ruhigstellen lassen wird als auch tatsächlich ein fanal für europa, vielleicht sogar die übrige welt, gesetzt hat, macht der folgendeartikeldeutlich:
(...)"Entscheidend wird sein, ob die Protestbewegung einen langen Atem entwickelt. "Die große Finanzkrise wird bald auch bei uns ankommen. Deshalb werden viele Jugendliche auch weiterhin keine besseren Zukunftsaussichten haben", meint der Journalist Dimitris Tsiodras. "Weder kann man im Bildungswesen von heute auf morgen alles verbessern noch wird man die politische Korruption rasch beseitigen. Zündstoff bleibt da also genug."(...)
Die Proteste der Jugend werden nicht auf Griechenland beschränkt bleiben, sondern auch andere Länder erfassen und dort mit gleichgesinnten Gruppen verschmelzen. Der Grund dafür ist in all diesen Gesellschaften derselbe: Die heutigen Jugendlichen können - als erste Generation seit 1945 - nicht mehr erwarten, dass es ihnen künftig besser gehen wird als ihren Eltern."
wahrlich, es wird ein bemerkenswertes jahr werden.
edit: einen nachtrag möchte ich noch loswerden - der letzte satz gerade ist fürislandschon jetzt realität:
"Big Trouble in little Island: Die Regierung des kleinen Inselstaates sieht sich derzeit täglich dem Zorn ihrer Wähler über die katastrophale Finanzkrise ausgesetzt. Am Samstagabend erreichten die Proteste ihren vorläufigen Höhepunkt. Rund 6000 Demonstranten marschierten vor das Parlament in Reykjavík und skandierten: "Für eine neue Republik". Es war die größte Demonstration in der erst 64 Jahre alten Geschichte der Republik, die ja bekanntlich nur rund 320.000 Einwohner zählt. Die Proteste eskalierten zuletzt, die Polizei setzte erstmals seit 1949 Tränengas ein."(...)
und das ist auch eine antwort auf die im kommentar zu den letzten news geäusserte frage meinerseits, wie sich die proteste nach der ankündigung von neuwahlen weiter entwickeln - sie werden größer.
(...)"Unter dem Druck der täglichen Straßenproteste und immer neuer Hiobsbotschaften schlug Haarde am Wochenende ganz neue Töne an: "Ich möchte meine Verachtung für all das zum Ausdruck bringen, was jetzt über unsere Banken ans Licht gekommen ist", sagte der Regierungschef."(...)
und solchen aussagen wird offensichtlich nicht (mehr) geglaubt.
zu beginn möchte ich ein paar worte dazu äußern, dass momentan etliche der "eigentlichen" schwerpunkte im blog zu kurz kommen bzw. zu kommen scheinen. das primär damit etwas zu tun, dass ich erstens die auswirkungen der krise für enorm halte (auch für mich persönlich) und ich zweitens speziell diese reihe hier als eine art gegeninformation verstehe, mittels derer ich für alle interessierten (und für mich) diejenigen informationen bündeln möchte, bei denen ich das gefühl habe, dass sie mittel- und langfristige entwicklungstrends der krise und der weltweiten reaktionen darauf anzeigen könnten. dazu kommt noch die mediale fragmentierung von informationen, die - nicht nur bei diesem thema - darauf angelegt ist, fragen nach zusammenhängen und strukturen gar nicht erst aufkommenz zu lassen.
als drittes aber kommt ein aspekt dazu, der in "le mondes diplomatique" vom dezember 08soumrissen wurde:
(...)"Und, diese kleine Hoffnung keimt am Ende meines Rundgangs über die Gedankenmesse der Neurowissenschaftler, so es könnte ja sein, dass wir nach den cartesianischen Fortschrittsjahrhunderten eine neue Einheit finden, weil wir nun auch dem härtesten Positivisten "beweisen" können: Nicht die Genetik der Aggression und nicht die Biochemie der Bindung erklärt uns, wer wir sind, sondern nur unsere ganze, kollektive und individuelle Geschichte - und der geteilte Blick und die gemeinsame Aufmerksamkeit auf die Gegenwart.
Wäre das ein unnötiger Umweg gewesen? Nun, wir haben auf diesem Weg der Trennung von Welt und Leib und Seele einige Kenntnisse erworben, die unser Leben erleichtern; und überdies die religiösen und metaphysischen Annahmen über eine hinterweltliche Verursachung unseres Lebens destruiert. Und am Ende steht eben nicht eine neue, diesmal materialistische Kausalitätsmetaphysik, sondern etwas, das sehr viel Ähnlichkeit hat mit der 6. Feuerbachthese von Marx: "Das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse." Das ist kein billiger Triumph, denn andere als Marx haben das auch schon immer gewusst.
Und so lande ich nach meinen Ausschweifungen in die Menschenwissenschaften doch immer wieder in der politischen Ökonomie: denn es ist eine Frage der Ökonomie, wie Eltern die Genese der Gefühle, der Intelligenz, der Gemeinschaftsfähigkeit in den Situationen der "joint attention" gestalten; und der Zustand der Welt ist der stärkste Einflussfaktor, den wir beeinflussen können."(...)
ja, es geht u.a. um das wechselspiel zwischen äußeren und inneren strukturen; und sowohl genetik als auch biochemie erklären nicht "uns", sondern eher das "wie" - auf welchen wegen prägen uns äußere soziale verhältnisse, und wie werden diese wiederum von unseren reaktionen darauf geprägt? auch dieser apsekt kommt momentan zwar zugegebenermaßen noch zu kurz, aber für mich waren die letzten monate hauptsächlich von versuchen bestimmt, überhaupt ansatzweise begreifen zu können, was da draußen eigentlich ökonomisch vor sich geht. die anknüpfungspunkte zu den "klassischen" blogthemen sind vielfältig und nicht nur auf den aspekt beschränkt, den der autor oben genannt hat. und sie sollen zukünftig auch - vermutlich in eigenen beiträgen außerhalb der news-reihe - mehr platz finden als bisher.
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ansonsten ist in diesen tagen kaum mehr drin, als den nachrichten hinterherzuhecheln. und ganz aktuell und auffällig in diesen stunden bei spon sind zb. die folgenden schlagzeilen:Experten erwarten Erfolg des Konjunkturpakets,Schluß mit den Weltuntergangsszenarien! - ein interview, in dem die ollen (konstruktivistischen) kamellen des sog. "positiven denkens"...
"Wir sollten uns ein neues Denken angewöhnen - wir können alles schaffen, was wir wirklich wollen."
...zusammen mit ungehemmter wachstums- und fortschrittsgläubigkeit unters volk geschmissen werden:
"Es gibt immer noch Millionen Menschen in aufstrebenden Staaten wie Indien und China, die nach mehr Wohlstand streben - die wird auch diese Krise nicht stoppen. Es gibt die Antriebskraft des technischen Fortschritts ..."
ja, das sind auch so ungefähr die einzigen und höchst sinnstiftenden "inhalte", die die propagandamäuler des systems noch zur verfügung haben - selbstbeschiss mittels eigener sedierung, fixierung auf einen objektivistischen wachstumsbegriff sowie die hoffnung auf "die technik". ein großartiges programm, um noch schneller komplett gegen die wand zu fahren.
und sehr interessant auch diesesinterviewmit einem fdp-mann, dessen namen man sich nicht merken muss:
(...)"SPIEGEL ONLINE: Warum profitiert von der Wirtschaftskrise ausgerechnet die kapitalistische FDP und nicht die sozialistische Linkspartei?
Zeil: Weil wir - anders als Sie es in Ihrer Frage unterstellen - eben nicht für den ungehemmten Kapitalismus stehen.
SPIEGEL ONLINE: Bisher aber vernahmen wir von der FDP den Ruf nach Deregulierung und mehr Markt ...
Zeil: Ja, aber wir stehen für den dritten Weg zwischen schrankenlosem Kapitalismus und Sozialismus, die soziale Marktwirtschaft. Der Neoliberalismus, der die Grundlagen für die soziale Marktwirtschaft gelegt hat, wird uns den Weg aus der Krise weisen …
SPIEGEL ONLINE: Moment, erleben wir nicht gerade das Scheitern des Neoliberalismus?
Zeil: Nein. Der Neoliberalismus ist eben kein Marktradikalismus, sondern er steht für die soziale Marktwirtschaft. Alles andere ist Geschichtsfälschung, das lasse ich nicht zu. Das sind wir Neoliberalen wie Alfred Müller-Armack, Walter Eucken und Ludwig Erhard schuldig, die der Marktwirtschaft einen staatlichen Ordnungsrahmen beifügten."(...)
auch das ist wirklich großartig in der hinsicht, wie hier erstens - und zwar berechtigt - die fiktion namens "sozialer marktwirtschaft" durchaus unfreiwillig als das kenntlich gemacht wird, was sie tatsächlich im kern immer gewesen ist. und zweitens reicht ein kurzer blick auf die postulate des von hayek, der als geistiger an- und brandstifter des totalitären kapitalismus unter dem label des neoliberalismus gelten muss, aus, um diesen "staatlichen ordnungsrahmen", den der fdpler da im sinn hat, richtig zuverstehen:
(...)"die ideen von hayek lassen sich komprimieren im folgenden...
"...Zitat aus einem Interview, das von Hayek in Chile gab, um seinen Freund Milton Friedman zu unterstützen, der vom Diktator Pinochet beauftragt worden war, den Neoliberalismus eins zu eins umzusetzen:
`Eine freie Gesellschaft benötigt moralische Bestimmungen, die sich letztendlich darauf zusammenfassen lassen, dass sie Leben erhalten: nicht die Erhaltung aller Leben, weil es notwendig sein kann, individuelles Leben zu opfern, um eine größere Zahl von anderen Leben zu erhalten. Deshalb sind die eigentlichen wirklichen moralischen Regeln diejenigen, die zum *Lebenskalkül* führen: das Privateigentum und der Vertrag."(...)
und der staat muss in dieser perspektive allein darauf reduziert werden, mittels seiner repressionsinstrumente die einzigen "wirklich moralischen regeln" zu garantieren - im interesse der privateigentümer. wenn sich der fdpler hier nicht selbst geschichtsklitterung vorwerfen lassen will, bleibt nur zu konstatieren, dass er bzw. seine partei genau das im sinn hat. ich finde ja, dass hier der begriff "extremistisch" mal wirklich sinn machen würde.
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solche durchhalteparolen und schönfärbereien wie oben werden mit einerroubini-prognosenicht unter einem totalcrash bestraft:
"Das US-Bankensystem ist bankrott. Das schreibt der New Yorker Professor und Nationalökonom Nouriel Roubini. Nichts Neues für ihn, schließlich prophezeite er für das US-Finanzsystem Billionenverluste und wurde als geisteskrank hingestellt, während die Märkte noch deutlich besser aussahen als heute. Neu ist das nur für diejenigen, die ständig Lichter am Ende eines Tunnels sehen, die sogenannten Irrlicht-Späher…
Auf einer Investorenkonferenz in Dubai sagte Roubini, dass die Kreditverluste auf 3,6 Billionen Dollar ansteigen werden, hälftig für Banken und Broker und die US-Institutionen. "Wenn das wahr sein sollte, bedeutet das, dass das US-Banksystem effektiv insolvent ist. Es hat ein Grundkapital von 1,4 Billionen Dollar. Das ist eine systemische Bankenkrise", meint Roubini."(...)
was in dieser deutschen übersetzung meines wissens "vergessen" wurde: auch das europäische bankensystem hat er bei der gelegenheit in den gleichen status befördert. und wenn man sich bspw. alleine die aktuellen nachrichten ausgroßbritannienanschaut...
(...)"Ausnahmezustand in Großbritannien: Die Anleger fürchten um die Kreditwürdigkeit des Landes. Bankaktien und das britische Pfund waren am Mittwoch im freien Fall. Der Grund: Die Sorgen wachsen, dass das Land nach der Hypothekenbank Northern Rock weitere Banken verstaatlichen muss - und deshalb seine Top-Bonitätsnote verliert."(...)
...und auch die hiesigen aktionen, zombies wie der "hypo real estate" im wochentakt weitere milliarden in den schlund zu werfen, dann kann einen schon mal der eindruck einer systemischen krise überkommen (okay, das war jetzt understatement). dierealitätlässt sich jedenfalls so zusammenfassen:
(...)"Trotz staatlicher Hilfen in Höhe von Hunderten Milliarden kämpfen heute nicht nur in den USA und in England, sondern auch im Rest Europas wieder zahlreiche Banken akut um ihr Überleben. In einer zweiten Runde werden neue staatliche Hilfspakete geschnürt. Aber der Finanzspielraum der Staaten ist begrenzt; am Ende sind vielleicht die Zockerbanken gerettet und dafür die Staaten pleite."
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so ziemlich alle ökonomischen indikatoren befinden sich global in einem sich weiter beschleunigenden freien fall, und die bereits jetzt in vielen staaten wahrnehmbaren auswirkungen dieses falls haben auch vermutlich die londoner "times" zu dieser schlagzeile veranlasst:World Agenda: riots in Iceland, Latvia and Bulgaria are a sign of things to come:
(...)"The LSE economist Robert Wade – addressing a protest meeting in Reykjavik’s cinema – recently warned that the world was approaching a new tipping point. Starting from March-May 2009, we can expect large-scale civil unrest, he said. “It will be caused by the rise of general awareness throughout Europe, America and Asia that hundreds of millions of people in rich and poor countries are experiencing rapidly falling consumption standards; that the crisis is getting worse not better; and that it has escaped the control of public authorities, national and international.”
Ukraine could be the next to go. The gas pricing deal agreed with Moscow could propel the country towards a serious financial crisis. Russia, too, is looking wobbly. A riot in Vladivostok may have been an omen for things to come. What will happen when the wider economic crisis translates into higher food prices? Or if Gazprom has no choice but to increase domestic gas prices?"(...)
ich hoffe, das ich das nicht übersetzen muss? da werden erste kalte füße sichtbar, und wenn ich nochmal auf die in den letzten news erwähnten militanten proteste inislandverweisen darf, langsam auch zurecht - vielleicht erleben wir hier den ersten sturz einer regierung als krisenfolge:
(...)"Derart heftige Auseinandersetzungen zwischen einer großen Menschenmenge und der Polizei hat die kleine Inselrepublik im Atlantik mit ihren 320.000 Einwohnern seit dem umstrittenen NATO-Beitritt 1949 nicht erlebt. Erstmals zeichnete sich auch ab, dass die seit November immer wieder vor dem Parlament versammelten Demonstranten Erfolg mit ihrer Forderung nach dem Rücktritt des konservativen Ministerpräsidenten Geir Haarde und seiner großen Koalition haben könnten. Der Vizechef der mitregierenden Sozialdemokraten, August Olafur Augustsson, sagte, vorzeitige Neuwahlen im Frühjahr "könnten eine gute Idee sein". Die Regierung verfüge nicht über genug Handlungsspielraum."(...)
wenn sich die leute dann noch mit wahlen abspeisen lassen. noch der hinweis auf einentp-artikelzum gleichen thema.
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als krisenindikator lässt sich so langsam - auch, wenn´s zynisch ist - einesuizid-chronikführen - ähnlich wie bei den riots kommen die meldungen mittlerweile im wochentakt:
"Tod eines Investors in der Finanzkrise: Der irische Multimillionär Patrick Rocca, ein Freund Bill Clintons, erschoss sich. Er hatte wohl den Ruin vor Augen.(...)
Dem Vater dreier Kinder habe der finanzielle Ruin gedroht, vertraute ein namentlich nicht genannter Freund irischen Zeitungen an. Offenbar habe sich Rocca mit einem Engagement bei der Großbank Anglo Irish verhoben, hieß es weiter. Das Institut war am Freitag durch Verstaatlichung vor dem Kollaps gerettet worden."(...)
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währenddessen gibt es indizien für das, was ich im letzten jahr bereits beim offenen beginn der krise im herbst befürchtet hatte - dashauen und stechendes normalen konkurrenzgerangels könnte sich drastisch verschärfen, und zwar nicht nur in den betrieben, um die es hier geht:
(...)"Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise fürchten viele Arbeitnehmer einen verschärften Wettbewerb unter Kollegen. Wie eine internationale Studie des Online-Stellenportals StepStone ergab, glauben mehr als die Hälfte, dass sich die Ellbogenmentalität in deutschen Unternehmen aus Angst vor einem Jobverlust verstärken wird.
Nur 15 Prozent sind der Ansicht, dass die gegenwärtige Krise sie und ihre Kollegen zusammenschweißt. Ein Drittel der Befragten erwartet den Angaben zufolge eine unveränderte Konkurrenzsituation."(...)
teile und herrsche - das prinzip funktioniert bis dato unangetastet. wobei ich das jetzt nicht so überraschend finde - aber trotzdem desillusionierend. denn all die potenziellen mobber werden wohl nicht auf den straßen zu sehen sein:
und welches ausmaß die ganze geschichte erreichen kann, worauf ihre dynamik beruht und ob und wie sie mit vergangenen krisen verglichen werden kann - dazu gibt es abschließend meine heutigeleseempfehlung- ein langer text des neulich schon in einem interview zitierten marxistischen historikers karl-heinz roth:
"Wir bewegen uns in eine weltgeschichtliche Situation hinein, in der alle Weichen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens neu gestellt werden. Für meine Generation wird es nach den Jahren 1967 bis 1973 der zweite Epochenumbruch sein. Alle wichtigen Fakten und Indikatoren der letzten Wochen weisen darauf hin, dass eine Weltwirtschaftskrise begonnen hat, die schon jetzt das Ausmaß der Krise von 1973 und der Zwischenkrisen von 1982 und 1987 überschreitet und sich an die Dimensionen der Weltwirtschaftskrise und der anschließenden Depression von 1929 bis 1940 annähert.
Wie sollen wir auf diese gigantische Herausforderung antworten? Das ist inzwischen zur entscheidenden Frage geworden, und deshalb habe auch ich ein gerade in der Werkstatt befindliches Traktat, in dem ich auf die Kritik an meinen 2005 veröffentlichten Hypothesen über den »Zustand der Welt“ antworten wollte, völlig neu konzipiert."(...)
fand ich sehr anregend zu lesen.
(ps: das folgende fand sich noch bei google-news und gehört zum ersten kommentar unten; als dokumentation eines kleinen matrix-fehlers.