Montag, 23. Februar 2009

zuwachs in der blogroll

und wie üblich möchte ich "die neuen" allen leserInnen nahelegen, die sich zu verschiedenen aspekten der hiesigen themen weiter informieren und auch neue perspektiven kennenlernen möchten. einmal wären da die klaren worte von kritik und kunst - erst kürzlich kennengelernt, und schon geschätzt. ebenso wie die fundierten berichte aus dem gesamten osteuropäischen raum von tomasz konicz, die u.a. auch bei telepolis zu finden sind und dessen blog nicht nur, aber gerade in den jetzigen zeiten eine wichtige informationsquelle darstellt. wer sich in sachen peak oil auf dem laufenden halten möchte, kann das beim ölschock-blog tun, wobei die gesamte seite von ölschock.de sehr informativ ist. and last but not least für die gedanklich rüstigen unter uns das opablog - auch, wenn man sich über die unterzeile im header mächtig streiten kann. aber dafür sind blogs ja auch da.

notiz: krisennews spezial - wie groß ist das zerstörungspotenzial der krise? [update]

in den news nr.25 habe ich vermutlich etliche leserInnen mit der dort dokumentierten leap-prognose - "zerfall der öffentlichen ordnung ab dem vierten quartal 2009" - erschreckt und/oder ins nachdenken gebracht.

falls Sie sich erschreckt haben, möchte ich Sie vorwarnen - aus den usa kommen jetzt berichte, welche die erwähnte prognose nicht nur stützen, sondern eher noch eins drauflegen. vor einigen tagen war die meldung, dass der neue cia-chef blair nicht mehr "den terrorismus", sondern die wirtschaftskrise "als neue zentrale bedrohung der usa" skizziert habe, für kurze zeit in den schlagzeilen. ich habe allerdings nur oberflächliche bis nichtssagende darstellungen seiner begründung für diesen doch nicht unerheblichen wechsel beim staatsfeind nr.1 gefunden. aktuell aber berichtet die zeit gerade über eine weitere
anhörung vor dem auswärtigen ausschuß zum thema. ökonomen und politikwissenschaftler gaben prognosen ab, die die unfaßbare und destruktive wucht der systemkrise vielleicht endgültig deutlich machen können:

(...)»Ist die Wirtschaftskrise Ihrer Meinung nach tatsächlich bedrohlicher als der Terrorismus?« – »Ja«, antworteten fünf einvernommene Ökonomen und Politikwissenschaftler nachdrücklich. Bankrotte Länder, stürzende Regierungen, Arbeitslosenheere, Aufruhr, Handelskämpfe und Kriege dominierten die Prognosen. Kein Land bleibe verschont, doch am schlimmsten treffe es die Ärmsten. Sinkende Rohstoffpreise, schrumpfende Exportchancen und sündhaft teure Kredite – das sei »die Formel für den Niedergang«, erklärte ein Harvard-Professor.(...)

Im Stakkato trugen die Professoren vor: Island ist ruiniert und hoch verschuldet in Moskau, weil westliche Verbündete die Hilfe verweigerten. Russland winkt mit Geld und macht sich trotz sinkender Öl- und Gaspreise und schwindender Devisenreserven seine Nachbarn gefügig; Kirgistan zum Beispiel erhielt soeben eine Geldspritze und schließt im Gegenzug den amerikanischen Stützpunkt für Afghanistanflüge.

Osteuropa befürchtet den Kollaps, weil seine Exportmärkte zusammenbrechen. Libyen rettet europäische Banken. EU und Euro stehen vor einer Zerreißprobe. Griechenland, Portugal, Italien, Spanien und Irland, meinten die Experten, könnten nicht mehr lange im europäischen Feld mithalten, Spaniens Arbeitslosigkeit sei bereits von acht auf 14 Prozent geschnellt und werde bis Ende des Jahres wahrscheinlich auf 18 Prozent steigen. »Das muss eine junge Demokratie erst einmal aushalten können«, so der Harvard-Politologe.

Überdies: In Japan sinkt der Export um 30 und die Industrieproduktion um zehn Prozent, Hightech- und Autobranche entlassen Zehntausende, der Finanzminister musste soeben zurücktreten. In Südkorea ist die Lage ebenso verheerend und eine Besserung nicht in Sicht. Laut der Experten müsse China seine Wachstumsprognose für dieses Jahr von dreizehn auf sechs Prozent reduzieren, alles unter acht Prozent sei schlimm, Millionen von Wanderarbeitern würden keine Anstellung mehr finden. Die Wut auf Amerika als den Verursacher der Krise werde wachsen. In dieser Woche will Außenministerin Clinton versuchen, die Wogen in Asien zu glätten.

Schließlich: Das Erdbeben auf der Wall Street hat Pakistans kleine, aber wichtige Mittelschicht unter sich begraben. In Indien, in Ägypten, in Iran und im Gaza-Streifen wächst das Heer arbeitsloser junger Männer. Weltweit verschwinden gegenwärtig etwa 50 Millionen Jobs. Die Folgen, wurde den Senatoren erläutert, seien offenkundig: Extremismus, Hungeraufstände, Unterdrückung, alte und neue Kriege. In Kongo und Sri Lanka zum Beispiel seien die Kämpfe erneut wieder heftig aufgeflammt. Eine gutes Viertel aller Regierungen rund um den Globus sei bereits in Bedrängnis geraten. Im Angesicht des Volkszorns würden vielerorts Bürgerfreiheiten beschnitten. In Wladiwostok gehe Russlands Polizei schon seit Monaten brutal gegen Demonstranten vor, die gegen höhere Steuern für Importautos protestierten."(...)


das einzige, was sie offensichtlich nicht erwähnt haben: ihr eigenes land befindet sich im ebenfalls im stadium des rapiden sozioökonomischen zerfalls. aber davon abgesehen, habe ich gerade nur einen, ganz unanalytischen gedanken:

HOLY SHIT!

edit: auch mit einigen stunden abstand wird das bild kein stück besser. sicher, das kapitalistische system hat bereits bei seinem ganz normalen funktionieren ständig krisen erzeugt, die in vielen weltregionen zu einer dauerhaften anomie - der zustand, der fälschlicherweise immer mit "anarchie" bezeichnet wird, aber das genaue gegenteil von dieser ist - geführt haben, die in gewisser weise als grundlage für das relativ behagliche leben auf den wohlstandsinseln gesehen werden muss. aus planetarer perspektive ist das ganze system eindeutig dysfunktional.

was aber jetzt gerade passiert, hat nicht nur das potenzial, regionen in der anomie in einen zustand der aufflammenden verwüstung zu befördern, bei dem womöglich noch die letzten kümmerlichen reste an sozialität - sowohl materiell als auch immateriell - unter die räder kommen, sondern es geht auch zunehmend den bisherigen inseln der scheinbaren glückseligkeit an den kragen. und da diese bisher mit ihren weitgehend sedierten bevölkerungen sowohl profiteure als auch stützen des ganzen waren, ist es aus sicht der "eliten" eine existenzielle notwendigkeit, diesen zustand mit allen mitteln zu verteidigen, bevor die auf sand, blut und knochen gebaute illusionäre wohlstandsblase, deren leeren versprechungen immer noch zu viele hier glauben, endgültig platzt und die erwähnte dysfunktionalität so überdeutlich spürbar wird, dass gar nichts mehr anderes übrigbleibt, als bohrende fragen zu stellen und umstürzlerische antworten zu geben. dieser letzte prozess hat nach meinem eindruck in kleinem umfang bereits begonnen, und er wird in den nächsten monaten zunehmen. all die in den letzten news erwähnten mobilmachungen der "sicherheits"apparate sind aus meiner sicht als präventive oder bereits in aktion befindliche reaktionen der "eliten" genau auf diesen und ähnliche prozesse zu sehen.

die leap-leute haben ja den "g20-gipfel" im april als letzten punkt markiert, bei dem elitärerweise noch ein halbwegs geordneter übergang (der bereits dann schon ordentlich rumpeln dürfte) in eine wie fragil auch immer seiende stabilisierung des systems möglich sei. ich halte das aus gründen, die in der vergangenheit öfter thema waren - stichwort krisenkaskade - grundsätzlich für illusorisch, glaube aber kurzfristig tatsächlich an eine art "stimmungsoffensive", die rund um und vom diesen gipfel lanciert werden wird: botschaften "wir machen was" bzw. "wir haben die kontrolle". die meldungen vom jüngsten europäischen vorbereitungsgipfel deuten da sehr drauf hin. es geht weiter nur um zeitgewinn, mit dessen hilfe dann zumindest die rudimentärsten eigenen machtstrukturen abgesichert und ausgebaut werden sollen, um in der phase x - wenn das gigantische ausmaß des debakels wirklich in seiner ganzen größe für relevante menschenmengen nicht nur sicht-, sondern auch spürbar wird, das dann folgende auf den kleinen abgesicherten halligen der "eliten" zu überstehen. ich glaube aus verschiedenen gründen nicht, dass deren horizont weiterreicht.

wer sich übrigens einen teil der im "zeit"-bericht benannten ökonomischen verwerfungen hübsch verpackt in diagrammen und kurven betrachten möchte, kann das
hier tun.

Sonntag, 22. Februar 2009

basis: zum "institutionellen autismus" der wirtschaftswissenschaften aus sicht der postautistischen ökonomie

die derzeitige ökonomische krise ist auch eine krise der bisher dominierenden strömungen der orthodoxen wissenschaftlichen ökonomie, deren prognosefähigkeiten nicht nur grundsätzlich angezweifelt werden müssen, sondern die auch während der laufenden krise mehrheitlich wie das kaninchen vor der schlange erstarrt ist und offensichtlich mit der immer breiter werdenden kluft zwischen ihren modellen und simulationen einerseits sowie der realität andererseits nicht mehr so recht klar kommt.

irgendwann im jahr 2005, als dieses blog schon einige zeit existierte, wurde ich zufällig auf die website des
arbeitskreis postautistische ökonomie aufmerksam, und angesichts dieses begriffs natürlich sofort sehr neugierig. worum geht es denn da?

"Alles begann sehr unspektakulär im Juni 2000 an der Sorbonne in Paris. In einer Petition Autisme-Économie protestierte eine kleine Gruppe von Wirtschaftsstudierenden gegen „autistische Wissenschaft“ im Internet. (etwas unglücklich fomuliert, sie protestierten "im internet gegen...", anmerk. mo) Die unkontrollierte Anwendung der Mathematik und formaler Modelle dürften nicht Selbstzweck sein. Sie forderten Wissenschaft statt Szientismus, Pluralismus statt neoklassischem Monotheismus, empirischen Realismus statt deduktiver Abstraktionen und riefen ihre Professoren auf, die Ökonomik aus ihrem autistischen und sozial unverantwortlichen Zustand zu retten (...). Die Protestierenden forderten eine Économie Post-Autiste (Autisme-Économicie 2001)."


(geschichte des arbeitskreises)

auf der alten webpräsenz des deutschen ablegers des ak (noch zu erreichen über den link rechts in der sidebar) fanden sich in einem grundsatzpapier zur einleitung die markanten sätze:

"Das Menschenbild des Homo Oeconomicus ist autistisch: Die sozialen und kooperativen Wesenszüge des Menschen bestimmen ebenfalls sein Handeln."

das fand ich natürlich schon damals alles äusserst spannend, zumal ich, von einer anderen, eher kritisch psychiatrisch-psychologischen seite her kommend, die beziehungskrankheiten und ihren aus meiner sicht vorhandenen strukturell oder funktionell autistischen kern sowie ihre zusammenhänge mit der gesellschaftsformation, in der sie sich entwickeln, für das blog zum leitthema gewählt hatte. und nicht nur deshalb fand ich sowohl den begriff als auch die dahinterstehenden inhalte der postautistischen kritik bemerkenswert, schienen hier doch menschen aus einem ganz anderen bereich für diesen ähnliche beobachtungen und gedanken gemacht zu haben.

es war dabei zu erwarten und auch notwendig, dass innerhalb der postautistischen strömung zur nutzung des wortes autismus bis heute diskussionen stattfinden, vielleicht inhaltlich denen ähnlich, die ich hier im blog schon an einigen stellen mit offiziell als autistisch diagnostizierten leuten zu meinem verständnis von autismus hatte. bisher wird der begriff bekanntlich sowohl hier als auch bei paecon weiter verwendet, und wie ich finde, aus durchaus berechtigten gründen.

in den inzwischen international agierenden paecon-gruppen kursiert speziell zum thema des vergleichs zwischen klinischem und institutionellem autismus schon seit längerem ein thesenpapier des us-amerikanischen ökonomen
james devine, der das nicht nur hinsichtlich seiner kenntnis der eigenen zunft formulierte, sondern auch als vater eines autistischen sohnes aus ganz eigener erfahrung verständnis von der klinischen seite des autismus besitzt - wobei ich allerdings betonen möchte, der "offiziell" anerkannten. wie ich erst vor kurzem erfreut feststellte, gibt es dieses papier - Psychologischer Autismus, institutioneller Autismus und die Ökonomik - inzwischen auch in deutscher übersetzung. und daraus möchte ich im folgenden ein paar grundlegende dinge zitieren und kommentieren, wobei ich mich dabei auf die punkte konzentrieren möchte, zu denen ich andere ansichten habe - implizit beziehe ich mich dabei vor allem auf diejenigen, die ich im basisbeitrag autismus beschrieben habe.

zunächst zu divines sicht auf den klinischen autismus:

(...)"Als ein in Psychologie interessierter Laie habe ich, beruhend auf Forschung anderer und Gesprächen mit anderen Eltern autistischer oder teilweise autistischer Kinder, ein grundlegendes Verständnis von Autismus erworben. Eine „autistische Erkrankung“ besteht in der Störung sozialer Kommunikation und in Entwicklungsstörungen, die sich in „eingeschränkten, sich wiederholenden und stereotypen Verhaltensmustern, Interessen und Aktivitäten“ zeigen. In meiner Interpretation sind diese Symptome das Ergebnis eines organischen (neurobiologischen) Problems bei der Sinneswahrnehmung, welches das genaue Gegenteil von Taubheit ist. Anstatt zu wenig zu hören, hört eine autistische Person wahrscheinlich zu viel, da sie unfähig ist Lärm, also Unwichtiges, herauszufiltern. Sie ist nicht in der Lage, die empfangene Information nach Wichtigkeit zu ordnen und sie so verständlich zu machen. Die externen Reize, die von den meisten als normal empfunden werden, scheinen für autistische Personen ein dauerndes Sperrfeuer von Geräuschen zu sein, ähnlich denen, die an der Tafel quietschende Kreide erzeugt. Nicht überraschend, dass sich eine autistische Person die Ohren zuhält, um diesem sinnlosen Missklang zu entgehen. Leider tritt dieses Übermaß an Information bei autistischen Personen nicht nur bei Geräuschen, sondern auch bei allen anderen Sinneswahrnehmungen (Sehen, Schmecken, Riechen, Tasten) und bei internen Empfindungen auf."(...)

ich habe das thema der - aus meiner sicht bei einigen autismus-formen bzw. betroffenen - durchaus vorhandenen reizüberflutung mit der folge des abschottens der jeweils betroffenen wahrnehmungsbereiche hier bisher nur am rande erwähnt; speziell in der wahrscheinlichkeit, dass sich hier auch die diagnostischen schnittstellen zum aufmerksamkeitsdefizit(hyperaktivitäts)syndrom ad(h)s finden lassen. für die individuellen und kollektiven implikationen von autistischen zuständen ist es aus meiner sicht erstmal nachrangig, aus welchem grund sich jemand im autistischen spektrum - und das definiere ich weiter als die offizielle sichtweise - befindet, da es im endeffekt zu ähnlichen konsequenzen führt, ob eine reizüberflutung oder aber eine grundsätzliche störung der (selbst-)wahrnehmungsfähigkeiten überhaupt in der form vorliegt, dass sich diese fähigkeiten aus diversen gründen gar nicht oder nur sehr unvollständig entwickeln konnten. die reizüberflutung mag dabei durchaus ein möglicher ausdruck / eine folge der zuletzt genannten konstellation sein.

(...)"Einige Personen, aber längst nicht alle, kompensieren ihre Verarbeitungsprobleme in einem Bereich mit außerordentlichen Fähigkeiten in einem anderen, wie z.B. der Rainman aus dem gleichnamigen Kinofilm. Es gibt außerdem Abstufungen darin, wie stark eine Person von den neurobiologischen Problemen betroffen ist – und darin, wie viele emotionale und intellektuelle Fähigkeiten sie besitzt, um diesen Einschränkungen entgegen zu wirken. Deswegen sprechen Wissenschaftler von dem „autistischen Spektrum“, das Kontinuum vom extremen Autismus, über den high-functioning autism, das Asperger Syndrom, den Borderline Autismus (AS), bis hin zu der bei Professoren, Buchhaltern und Computerspezialisten so verbreiteten Einzelgängermentalität.

Personen aus dem autistischen Spektrum neigen dazu, sich von der Außenwelt zu isolieren, haben Probleme bei der Kommunikation mit anderen, verharren in sich wiederholenden Bewegungen, beharren auf Gleichheit, Wiederholung und Routine und behandeln andere scheinbar als Objekte."(...)


der begriff "borderline autismus" dürfte hier nicht für die art bzw. das modell von simulationsfähigem autismus stehen, wie es von j. erik mertz entwickelt wurde und für mich eine grundlage bildet, sondern eher als beschreibend im wortwörtlichen sinne für die asperger-variante - in den grenzgebieten zwischen schon autistisch und noch vorhandener psychophysischer gesundheit. so jedenfall verstehe ich den satz. das wort "scheinbar" jedoch würde ich vor dem hintergrund solcher
forschungen streichen - diese wahrnehmungsmässige verwandlung von lebendigem in unbelebtes stellt für mich einen höchst problematischen kern der ganzen geschichte dar.

(...)"Menschen mit Autismus haben es sehr schwer damit, nicht nur innerhalb ihrer eigenen Welt zu leben, unabhängig davon, wie freundlich die soziale Umgebung ist.

Es überrascht deshalb nicht, dass eine autistische Mutter, die ich kenne, ihren zwei autistischen Kindern erklären musste, dass es „da draußen“ etwas gibt, das sich „Gesellschaft“ nennt, mit Normen und Sitten, die sie lernen und befolgen müssen. Menschen aus dem autistischen Spektrum erleben Baroness Thatchers Hypothese, wonach es so etwas wie Gesellschaft nicht gibt, sondern nur Individuen, als selbstverständlich."


ach ja, die thatcher - "There is no such thing as society, only individual men and women and their families" - auch, wenn im originalzitat vor society noch "free" gestanden haben mag, ändert das aus meiner sicht wenig an der tatsächlichen aussage, die sich, wie devine deutlich macht, tatsächlich als ausdruck strukturell autistischer wahrnehmung begreifen lässt. und in der überlieferten form zum kernbestand neoliberaler ideologie gehört. und das "lernen und befolgen müssen" sozialer regeln wird bei simulationsfähigen autistischen menschen wie bspw. temple grandin zu einer art theaterspiel, dazu mehr im oben verlinkten basisbeitrag autismus.

aufgrund des sich hier implizit bereits andeutenden, aber von devine nicht weiter verfolgten problems der simulation bei strukturell autistischen zuständen kommt er aus meiner sicht bei seinen nächsten ausführungen - und wir begeben uns jetzt in das gebiet der ökonomischen wissenschaften - auch zu einem fehlschluss:

"Dass orthodoxe Ökonomen a priori mit der Hypothese von Thatcher einverstanden sind – beispielsweise das verbindliche Einverständnis mit dem methodischen Individualismus – legt den Schluss nahe, dass der Homo oeconomicus (HO) aus dem Textbuch autistisch ist. Zum Beispiel haben autistische Personen, wie der HO, häufig Präferenzen, die kaum von ihrer sozialen Umgebung beeinflusst sind (oder zumindest für frustrierte Eltern oder Partner so scheinen). Aber es gibt entscheidende Unterschiede. Erstens sind Probleme bei der Informationsverarbeitung, anders als bei normalen Personen und beim HO, entscheidend für Autismus, wie bei Herbert Simons bounded rationality. Zweitens haben Menschen mit Autismus, anders als der HO, aber wie normale Menschen auch, ein Bewusstsein, werden von mentalen und emotionalen Konflikten zerrissen und wünschen sich sozialen Kontakt zu anderen Personen, wenn sie dazu in der Lage sind."

und in einer fußnote zum abschnitt heißt es:

"Abgesehen davon, dass dem HO ein Bewusstsein fehlt ist er nicht sozio- oder psychopathisch, denn eine Person mit asozialem Charakter benutzt die Gesellschaft meist für ihre eigennützigen Ziele. Das verdeutlicht, dass es ein Verständnis von Gesellschaft gibt, das weder der HO noch eine autistische Person besitzt."

hier sehe ich gleich mehrere punkte grundlegend anders: erstens ist das konstrukt des HO (ich bleibe mal bei dieser abkürzung) tatsächlich auf eine mechanistische art der instrumentellen rationalität sowie die behauptung eines "natürlichen" und extrem egozentrischen eigennutzens gebaut, wobei letzterer dann im angeblichen zusammenspiel bzw. der konkurrenz mit den eigennützigen anderen für eine optimale leistungsentfaltung sorgen soll. dabei ist jedes verständnis für sinn und notwendigkeit sozialer beziehungen, ja überhaupt die wahrnehmung der eigenen untrennbaren eingewobenheit in die menschliche gesellschaft, extrem reduziert bis nicht vorhanden. das aber beschreibt wesentliche merkmale des klinischen soziopathen, der gerade letzteres aufgrund gestörter und/oder nicht vorhandener entsprechender wahrnehmungsfähigkeiten tatsächlich nicht als realität erkennen kann - aber aufgrund seiner psychophysischen ausstattung kompensatorisch soziales verhalten simulieren, so tun als ob, kann. das lässt sich zweitens durchaus als "problem der informationsverarbeitung" sehen. und drittens besitzt der soziopath tatsächlich eine art von verständnis der gesellschaft, die aber in ihrem wesen auf ein objektivistisches und konstruktivistisches "verständnis", also letztlich auf ein konstrukt bzw. eine simulation hinausläuft. und das hat mit einem authentischen verständnis der gesellschaft bzw. der sozialen beziehungen, die eine gesellschaft eigentlich ausmachen, nichts zu tun. der soziopath simuliert die gesellschaftlichen regeln für sich aus einem anpassungsdruck heraus, um über die runden zu kommen und nicht auffällig zu werden (wenn er denn eine gewisse intelligenz besitzt, die ihm den qualitativen unterschied zwischen ihm und anderen menschen deutlich macht).

die unterschiede zum "klassischen" autismus sehe ich einerseits im grad der fähigkeit zur simulation, die bei soziopathen tatsächlich extrem ausgeprägt sein können. andererseits sind die, wie fragmentarisch auch immer ausgebildeten, wünsche nach sozialität bei autisten ein weiterer, wenn nicht sogar der entscheidende, unterschied, an dem sich die soziopathie vom "offiziellen" autistischen spektrum trennt. von daher ist die abwehr von als autistisch diagnostizierten auf den vergleich mit der soziopathie zwar einerseits verständlich und auch berechtigt, wenn man nur auf der eben skizzierten ebene vergleicht. gehe ich aber - wofür es in meinen augen gute gründe gibt - auf eine andere ebene, so erscheint auch die simulationsfähige, aber komplett beziehungsunfähige soziopathie als ein strukturell autistisches phänomen, wobei der autismus hier eben als synonym für für weitgehende bis totale beziehungsunfähigkeit steht. die sich daneben funktionell wenn nicht aus den gleichen, dann doch aus sehr ähnlichen gründen wie bei "klassischen" autisten entwickeln dürfte - auch, wenn sich der soziopath später ganz anders entwickelt und auch in der gesellschaft ganz andere rollen einnehmen kann. dazu auch:
als-ob-persönlichkeiten - leben als totale simulation.

kurz: das problem der einordnung des konstrukts "homo oeconomicus" als autistisch oder nicht ergibt sich ebenso wie die frage nach der soziopathischen qualität dieses konstrukts nur dann, wenn es weder einen begriff von strukturellem autismus noch einen von den fähigkeiten zur simulation im menschen gibt. mit den beiden begriffen hingegen ist die einordnung nicht nur möglich, sondern sogar zwingend.

"Statt autistisch zu sein, ist der HO eher roboterartig bzw. kybernetisch. Die Anwendung dieses eindimensionalen Menschenbildes in der Theorie passt zu einer Wissenschaft, die auch unter „institutionellem Autismus“ leidet (siehe unten). Jemand mit Autismus behandelt andere Menschen wahrscheinlich, als wenn sie Möbelstücke oder Automaten sind. Anders gesagt, vermisst die dominante Vorstellung von ökonomischen Wissenschaftlern eine „Theorie des Verstands/Geistes“. Das bedeutet, dass die, die den HO als theoretisches Modell verwenden, wie autistische Individuen auch, „nicht verstehen, dass andere Menschen ihre eigenen Pläne, Gedanken und Ansichten haben ... und Schwierigkeiten beim Verstehen von Überzeugungen, Haltungen und Emotionen anderer.“(...)

den ersten satz verstehe ich nicht als widerspruch, wenn ich mir klar mache, dass die für strukturelle autistische zustände kompensatorische instanz in uns allen, der objektivistische modus, durchaus ähnlich wie ein computer arbeitet - und gerade die teils autistischen savants mit ihren einzigartigen fähigkeiten wie fotografischem gedächtnis bzw. der verblüffenden informationsverarbeitung in einem einzigen beschränkten bereich bei gleichzeitig vorhandener weitgehender sozialer behinderung zeigen aus meiner sicht ganz gut funktion und arbeitsweise diese modus wie in einem kleinem fenster an.

aber inzwischen sind wir bei devines betrachtung der institutionellen autistischen tendenzen innerhalb seiner profession angelangt, und das finde ich ebenfalls durchaus aufschlußreich. ich überspringe dabei ein paar seiten, auf denen er weitere vergleiche sowohl zwischen vorherrschenden ökonomischen postulaten / methoden als auch den ökonomen persönlich und dem klinischen autismus vornimmt, weil ich hier grundsätzlich die verhältnisse - mit dem verweis auf das, was ich oben geschrieben habe - ähnlich sehe. in einem nächsten schritt macht devine ebenfalls berechtigt darauf aufmerksam, dass es womöglich - analog den diagnostischen unterscheidungen im klinischen autistischen spektrum - auch nichts schaden kann, die autistischen tendenzen in der ökonomik ebenfalls mit einem solchen raster zu betrachten:

(...)"Wie bei psychologischem Autismus auch, existiert ein Spektrum an Abstufungen. Der extreme Autismus, der zu einer Abschottung von der sozialen Umwelt führt, kann am deutlichsten in der spezifischen, hoch abstrakten und axiomatischen („Bourbakist“) Schule gesehen werden, gegen die die Studierenden protestierten. Weiter in Richtung Mitte des Spektrums findet sich mit der Betrachtung der Welt als ein Objekt der eigenen Lehrtätigkeit oder Machtausübung eine Herangehensweise (wie beim Asperger Syndrom), für die der Internationale Währungsfond (IWF) exemplarisch ist. Der IWF wendet die gleiche vorgefasste Vorstellung eines idealen Marktes (und die gleichen neoliberalen Politikmaßnahmen) auf jedes Land an. Am anderen Ende des Spektrums stehen all die Ökonomen, die für Regierungen, Unternehmen, Stiftungen und auch Gewerkschaften arbeiten. Die Tatsache, dass diese Institutionen der „realen Welt“ bereit sind, für diese Ökonomen zu bezahlen, zeigt, dass die soziale Vernetzung der Ökonomen für ihre Aufgabe ausreicht. Sie mögen zwar abstrakte Mathematik oder Ökonometrie verwenden, aber es wäre verleumderisch ihnen das autistische Etikett anzuhängen.

Dass es Abstufungen im Autismus gibt, heißt aber nicht, dass der wissenschaftliche Betrieb selbst weniger autistisch sei. Die autistische Ökonomik der „Bourbakists“ und ihrer angloamerikanischen Gegenstücke oder des IWF’s und ähnlicher Organisationen stellen den am meisten privilegierten Teil des Berufsstandes dar, dem „junge geschäftstüchtige Ökonomen auf der Karriereleiter“ gerne nacheifern möchten. Deswegen werden die „großen Namen“ der ökonomischen Institutionen, wie der Fachzeitschriften, Universitäten, Berufsorganisationen und Lehrbücher, von autistischen Tendenzen dominiert.(...)"


nun, an den punkt, den iwf als ein institutionelles äquivalent zu einer asperger-person zu betrachten, bin ich bisher nicht gekommen - andererseits hat das durchaus was für sich, wenn ich mir die kernthese des films "the corporation" in erinnerung rufe, in der anhand des besonderen juristischen status von us-konzernen als juristische personen diese sich den vergleich anhand der üblichen diagnostischen kriterien für soziopathen gefallen lassen müssen, und dabei dann auch als solche klassifiziert werden (das das auch eine menge über das zugrundeliegende ökonomische - kapitalistische - und politische, demokratiesimulierende system aussagt, deutet der film leider nur implizit an).

ich kann aber beim obigen spektrum, das divine skizziert, dem letzten teil nicht zustimmen. eine authentische "soziale vernetzung" der betreffenden ökonomen daran festzumachen, dass sie von diversen institutionen für ihre arbeit bezaht werden - hallo? wenn es darüber hinaus auch noch reale soziale persönliche kontakte und beziehungen gibt, ist das was anderes - aber gerade das benannte kriterium ist durchaus kein maßstab für das vorhandensein authentischer sozialität.

ich überspringe jetzt wieder einen weiteren teil, in dem sich divine speziell mit dem einfluss der mathematischen modelle sowie den internen hierarchischen strukturen im wissenschaftsbetrieb und ihren selektierenden mechanismen befasst, und komme zu einem anderen punkt:

(...)"Der institutionelle Autismus der Ökonomik muss in seinem sozialen Kontext betrachtet werden. Der ökonomische Wissenschaftsbetrieb kann nicht ohne seine Abgrenzung zu den anderen Sozialwissenschaften verstanden werden. Während des letzten Jahrhunderts hat sich die ökonomische Wissenschaft über die Abgrenzung zu anderen Wissenschaften definiert. Diese Tatsache hat, im Zusammenspiel mit ihrer selbstzufriedenen Anwendung der mathematischen Kunst, dazu geführt, dass Ökonomen über andere Disziplinen, insbesondere über die Sozialwissenschaften, spötteln (so wie sich die Hutmachergilde über die einfachen Arbeiter lustig machte) – oder sie versuchen die Sozialwissenschaften zu erobern, wie es Becker und seine Schule versucht. In jedem Fall geht der Fluss an Informationen von der Ökonomik zu anderen Fachgebieten und nicht umgekehrt. Dieses elitäre Denken im Stil des Asperger Syndroms führt dazu, dass der Berufsstand eine ganze Reihe an Fragen und Teilen der Gesellschaft von ihrer Analyse ausschließt. Damit werden die empirischen und theoretischen Informationen, die Ökonomen für ihre Arbeit zur Verfügung stehen, eingeschränkt, um Ordnung in die komplexe und konfuse Wirklichkeit zu bringen. Das ermöglicht Ökonomen an ihren geliebten Voraussetzungen, wie unrealistisch sie auch sein mögen, festzuhalten."(...)

das lässt sich auch als klassische komplexitätsreduktion betrachten, wie sie bei individuen sowohl beim normalen als auch pathologischen funktionieren des objektivistischen modus beobachtet werden kann. was nicht weiter verwunderlich ist, ist das doch eine der hauptaufgaben dieses werkzeugs: ordnung schaffen, um in der (scheinbar) geordneten welt überleben zu können.

ich finde ja die andockpunkte vom bereich der ökonomischen wissenschaften hin zu den beziehungskrankheiten und ihren gesellschaftlichen voraussetzungen, wie sie teils von devine, wenn auch unter etwas anderen prämissen, beschrieben werden, eigentlich augenfällig. dazu kommt noch ein aspekt, den ich hier nicht zitiere: es geht um den von ihm konstatierten neid der wissenschaftlichen ökonomie auf die "exakte" physik, die mit ihren jeweils wie in stein gemeisselten ergebnissen und ihrem anspruch an verifizierbarkeit eigentlich für die meisten wissenschaftlichen disziplinen als mehr oder weniger unausgesprochenes leitbild gilt. nun hat aber auch die physik ihre beziehungskranken leichen im keller; eine davon habe ich in der vergangenheit unter dem namen
isaac newton näher beschrieben, dessen leben und weltwahrnehmung in gewisser hinsicht als paradigmatisch für die westliche kultur angesehen werden kann. aus dieser perspektive kann der verfassung nicht nur der ökonomischen wissenschaft nicht nur nicht überraschen, sondern stellt sich als eine art fataler zwangsläufigkeit dar. ich erwähne das deshalb, weil mir der hinweis wichtig erscheint.

eine art fazit von devine:

(...)"Die Neoklassik kann durch das Festhalten an folgenden Prinzipien charakterisiert werden: (1) häufige Anwendung mathematischer Methoden, (2) Utilitarismus und methodologischer Individualismus, (3) Gleichgewicht, (4) Naturalismus und (5) Positivismus.18 Nicht zu vergessen, zeichnet sich das neoklassische Ideal dadurch aus, dass (6) alle menschlichen Handlungen als von Märkten organisierter Tausch gesehen werden, entweder als realer oder als modellhafter.

Im Sinne der vorherigen Diskussion spiegeln alle diese Punkte, zumindest in Teilen, die autistische Geisteshaltung der Ökonomen wider. Die zwei zuerst genannten Punkte wurden bereits diskutiert. Die weiter unten in der Liste stehende Fixierung auf gleichgewichtige Zustände scheint ein Symptom völlig autistischer Denkweisen zu sein, bedenkt man, dass wir in einer kapitalistischen Gesellschaft leben, in der endogene Veränderungen – manchmal sehr drastische, wie beispielsweise große Finanzkrisen – die Normalität darstellen. Damit in Zusammenhang steht Punkt (4), also die Ansicht, dass von Menschen erschaffene Institutionen wie Märkte, genauso wie individuelle Präferenzen und Technologie, zu „Naturkräften“ reduziert werden können. Dabei wird die Komplexität und Künstlichkeit von menschlichen Institutionen abstrahiert oder vergessen. Der Positivismus, also die Überzeugung, dass eine wertfreie Forschung erreichbares Ideal sei, dass der Beobachter von dem System, dessen Teilnehmer er ist, nicht beeinflusst würde und dass ernsthafte philosophische Reflexion unnötig sei, stimmt ebenfalls mit generellen autistischen Verhaltensmustern überein.

Die Betonung von Märkten und Tausch – im Gegensatz zu anderen menschlichen Institutionen wie Tradition, demokratische Kooperation und Hierarchie – sind eindeutig Teil der Welt, in der Ökonomen leben und lernen. Auch wenn die neoklassische Vorstellung von Tausch und Märkten übermäßig vereinfacht, idealisiert, formalisiert, statisch und individualisiert ist (alles Symptome autistischer Verhaltensweisen), gibt uns die Tatsache, dass auch Ökonomen von realweltlichen Problemen berührt werden, einen Hoffnungsschimmer."(...)


naja, was den letzten satz anbelangt, so sehe ich bei betrachtung der aktuellen reaktionen von diversen ökonomen diesen schimmer bisher nicht. sie sind nicht nur von der realität "berührt" worden, eher ist die realität wie ein riesiger meteorit in all ihre luftschlösser eingeschlagen. dabei könnte die ökonomik durchaus ihren beitrag zu einer sozialeren und emanzipativen entwicklung der menschlichen welt leisten - was sieht divine für heilmittel?

(...)"Wie kann nun der ökonomische Wissenschaftsbetrieb von seinem institutionellen Autismus geheilt werden? Es wird wohl keinen überraschen, dass es keine einfache Lösung gibt. Die Beharrlichkeit autistischer Symptome (wie sie von den französischen Studierenden beschrieben wurden) hat seinen Grund in der Hierarchie und dem Konkurrenzmechanismus, der den Aufstieg regelt. Dieser Autismus wird durch die Verweigerung der gleichberechtigten Kooperation mit anderen sozialen Wissenschaften noch unterstützt bzw. verstärkt. Zusätzlich zu Bemühungen, unnötige Hierarchie und Konkurrenz loszuwerden, können Außenseiter und Abweichler den Berufsstand eventuell in seiner Entwicklung vorantreiben und so den Solipsismus verringern. Diese Anstrengungen werden vielleicht durch den Lauf der Dinge unterstützt, so wie beispielsweise der Schock durch die Große Depression den Berufsstand ein Stück von der Neoklassischen Ökonomik zu Keynes verschoben hat. Auf jeden Fall muss die Bemühung, den Berufsstand in eine aktive Auseinandersetzung mit der Realität einzubinden, im Mittelpunkt stehen.

Aber solche Kritik aus empirischer Sicht reicht nicht aus. Genauso wie eine autistische Person Hilfe braucht, um die Realität zu verstehen, braucht es eine Theorie, um eine andere abzulösen. In den meisten Fällen bedeutet das nichts anderes, als dass wir eine der Neoklassik überlegene Theorie benötigen, die die empirisch ermittelte Realität besser versteht und erklären kann. Diese Theorie wäre sich der Grenzen der sinnvollen Anwendung mathematischer Methoden bewusst, würde die Heterogenität der Wirklichkeit umfassen, würde ein tieferes Verständnis der Psychologie beinhalten, würde die Ökonomik als pfadabhängige Entwicklung begreifen, institutionelle Aspekte untersuchen, den Anspruch auf eine ungerechtfertigte wissenschaftliche Objektivität aufgeben und es vermeiden, alle Aktivität auf den Tausch zu reduzieren. Dazu müsste sie von anderen sozialen Wissenschaften dazulernen."(...)


also mit anderen worten: weitgehende interdisziplinarität, eigene bescheidenheit bezgl. des wissenschaftlichen anspruchs sowie ein ordentlicher schuß wissen um das menschliche psychophysische funktionieren in kombination mit einer internen grundsätzlichen neustrukturierung. und da das forderungen sind, die aus meiner sicht auch an viele andere gesellschaftlich relevante wissenschaften zu stellen wären, würde ich vorschlagen, diese punkte einfach mal als eine der nötigen konsequenzen festzuhalten, die gesellschaftlich als lehre aus der aktuellen systemkrise zu ziehen sind.

Samstag, 21. Februar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (25)

ein fiktiver kurzdialog, irgendwo irgendwann im sommer 1988:

"du, ich glaube, dass es ende nächsten jahres im ostblock krachen wird."

"spinner!"


*
  • europäischer "think tank" leap: beginn des "zerfalls der öffentlichen ordnung in europa im vierten quartal 2009"
  • russland: breite mobilisierung von "sicherheitskräften" in erwartung innerer unruhen
  • frankreich / franz. antillen: hintergrundbericht zur situation in guadeloupe und martinique
  • spanien: erste kleinstadt im "generalstreik gegen die krise"
  • deutschland: die ganz normale armut im ruhrgebiet
  • usa / kalifornien: staatsbankrott formal abgewendet - den preis bezahlt die bevölkerung
  • griechenland: von den straßen in den untergrund? anschlagsserie in den letzten wochen gegen "elitäre" institutionen
  • in aller kürze: lettische regierung tritt ab / erklärung zum anstieg des baltic dry index / horrorschätzung der gesamtverluste europäischer banken / dito für die "hypo real estate" / krisenindikator goldpreis knackt die 1000$
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den u.a. in regierungsberatender funktion tätigen think tank leap hatte ich in den news nr.12 schon einmal näher vorgestellt; damals mit der prognose, dass ca. ab märz diesen jahres die krise in vielen aspekten nochmals eine spürbare beschleunigung erfahren würde. und wie mir scheint, werden die leap-leute auch da nicht ganz falsch gelegen haben, wenn ich mir die situation so betrachte. vor ein paar tagen nun ist das monatliche bulletin
geab veröffentlicht worden, und in der frei zugänglichen zusammenfassung ist harter tobak zu lesen:

"Seit Februar 2006 vertrat LEAP/E2020 die Auffassung, dass die umfassende weltweite Krise in vier Grundphasen ablaufen würde, nämlich die Anfangsphase, die Beschleunigungsphase, die Aufprallphase und die Dekantierungsphase. Die Ereignisse der letzten zwei Jahre fügten sich hervorragend in dieses Schema. Jedoch müssen wir uns endlich in die Einsicht finden, dass die Regierenden unfähig sind, die wahre Natur der Krise zu verstehen. Denn seit nunmehr mehr als einem Jahr bekämpft die Politik mit ihren Maßnahmen nur die Symptome der Krise, nicht aber die Ursachen Deshalb gehen wir heute davon aus, dass mit dem vierten Quartal 2009 eine fünfte Phase der Krise einsetzen wird, in der die öffentliche Ordnung zerfallen wird.

Nach der Auffassung von LEAP/E2020 werden zwei bedeutende Phänomene diese neue Phase der Krise prägen; die kommenden Ereignisse werden damit in zwei parallelen Entwicklungen ablaufen:

A. Die zwei bedeutenden Phänomene:
1. Das Wegbrechen der globalen Finanzbasis (Dollar + Schulden)
2. Die sich beschleunigende Divergenz der Interessen der großen Staaten und der internationalen Organisationen

B. Die zwei parallelen Entwicklungen:
1. Die rasche Auflösung des gesamten gegenwärtigen internationalen Systems
2. Die Auflösung der Handlungsfähigkeit der mächtigen Staaten und großen internationalen Organisationen

Wir hatten gehofft, dass die Dekantierungsphase den Regierenden dieser Welt ermöglichen würde, die Schlussfolgerungen aus dem Zusammenbruch der Nachkriegsweltordnung zu ziehen. Man kann heute mit größtem Bedauern nur feststellen, dass solcher Optimismus nicht mehr zu rechtfertigen ist. In den USA wie auch in Europa, in China oder in Japan handeln die Regierenden, als ob die Weltordnung nur von einer vorübergehenden Krise erfasst wäre und es genügen würde, noch etwas Treibstoff (Liquidität, also weitere Schulden) und weitere Tinkturen (Leitzinssenkungen, staatlicher Aufkauf von wertlosen Forderungen, Konjunkturförderprogramme zu Gunsten insolventer Industriezweige …) in das System zu gießen, um den Motor wieder zum Anspringen zu bringen. Sie wollen einfach nicht verstehen, dass, wie der Begriff der umfassenden weltweiten Krise, den LEAP/E2020 im Februar 2006 prägte, zu vermitteln versucht, die Weltordnung nicht mehr funktionsfähig ist."(...)


ich hatte ja bei der ersten vorstellung von leap schon meinen eindruck festgehalten, dass sich die inhaltliche oder meinetwegen auch ideologische tendenz dieser institution im weitesten sinne als (links-)liberal fassen lässt, also keineswegs als grundsätzlich systemkritisch. umso bemerkenswerter sind die nüchtern-niederschmetternden feststellungen im aktuellen geab, die im fazit -mit anderen begründungen - auch von marxistischen krisentheoretikern kommen könnten. es ist eine tiefe und umfassende system- und strukturkrise des globalen kapitalistischen systems, die wir hier erleben, und die bisherigen "antworten" der "eliten" sind in ihrer wirkungslosigkeit ganz gut zusammengefasst. und so werden wir mit von tag zu tag größerer wahrscheinlichkeit alle kollektiv den bitteren kelch bis zur neige leeren müssen - zerfall der öffentlichen ordnung. nein, der kapitalismus wird leider nicht mit einem winseln von der weltbühne abtreten, wie es nach 1989/90 häufig seinem mißratenen staatsmonopolistischen abkömmling, dem "realen sozialismus" sowjetischer coleur, schon fast höhnisch nachgesagt wurde. eher wird es ein knall, der die menschliche welt bis in ihre grundfesten erschüttern wird. aber den weltuntergang kann auch dieses system glücklicherweise nicht bewirken, selbst die allerletzte option - krieg - mit einbezogen.

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für russland hatte ich in früheren news ja schon meine eigenen befürchtungen formuliert, und heute wurde aktuell etwas bekannt, was diese befürchtungen extrem verstärkt - vielleicht wird auch von den dortigen "eliten" der geab gelesen? die machen jetzt jedenfalls ihren "sicherheitsapparat"
massiv mobil:

"Russlands Führung hat aus Furcht vor Unruhen im Zuge der Finanzkrise laut Medienberichten mit einer breiten Mobilmachung von Sicherheitskräften begonnen. Die Zahl der Sicherheitseinheiten für die innere Abwehr nehme immer weiter zu, berichtete die Wirtschaftszeitung "RBK daily" in ihrer Freitag-Ausgabe.

Präsident Dimitri Medwedew hatte am Vortag angeordnet, eine nationale Reserve aus Vertretern verschiedener Staatsdienste zu bilden. Nach Kreml-Angaben gehören dazu unter anderem Angehörige des Militärs, des Zivilschutzes sowie die Truppen des Innenministeriums. Das Blatt sieht darin eine "Militarisierung des Landes für Krisenzeiten".

Die Zahl der für Einsätze im Inneren vorgesehenen Kräfte sei mit 2,5 Millionen inzwischen deutlich höher als die der Soldaten, berichtete "RBK daily". Zur Eindämmung von Straßenprotesten hatte Moskau im Dezember Einheiten der Sonderpolizei OMON nach Wladiwostok in den Fernen Osten Russlands geflogen. Das Nachrichtenmagazin "Russki Reporter" berichtete in dieser Woche von der verstärkten Produktion gepanzerter Wasserwerfer, die bei künftigen Demonstrationen eingesetzt werden sollen."(...)


ich fasse nochmals die sicht- und nachweisbaren globalen tendenzen zusammen, die hier seit letzten herbst in verschiedenen news thema waren: in den usa sind seit dem ersten oktober aktive und in aufruhrbekämpfung spezialisierte einheiten der army in bereitschaft. in europa wurde nach den unruhen in griechenland, island und verschiedenen osteuropäischen ländern in brüssel in aller eile eine informelle zentrale stelle zur prävention und beobachtung von riots in allen eu-ländern geschaffen, dazu kommt jetzt die in den letzten news thematisierte vervielfachung der zahl von soldaten im inlandseinsatz in italien. china hat vor einiger zeit ebenfalls das militär auf absolute loyalität zur regierung eingeschworen und mehr oder weniger der eigenen bevölkerung damit gedroht. nun also schliesst sich russland dieser illustren gesellschaft der bereitschaft zur inneren repression gegen die "eigene" bevölkerung an.

sicher wird es trotz dieser nicht mehr zu übersehenden zeichen dessen, was rund um den globus in den nächsten monaten an staatlicher schwerkriminalität zwecks systemerhalt zu erwarten ist, immer noch genügend leute geben, die die positionen der drei affen bevorzugen. das können die auch gerne tun, bloß möchte ich dann kein gejammer vernehmen, wenn an die verrammelte tür zur eigenen kleinen "heilen" welt von draußen nicht nur nicht höflich angeklopft, sondern gleich die gesamte wand incl. tür weggesprengt werden wird. in borderline states lebt es sich nun mal höchst ungemütlich.

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zu den eskalierenden auseinandersetzungen in den französischen karibischen kolonien empfehle ich zur vertiefung den heutigen
lesetipp:

"Die administrativ zu Frankreich gehörende Antilleninsel Guadeloupe, auf der seit dem 20. Januar 2009 ein massiv befolgter Generalstreik stattfindet, hat ihren ersten Toten zu beklagen.

Am späten Mittwoch Vormittag nach mitteleuropäischer Zeit (gegen 8 Uhr Ortszeit) wurde der Tod des Gewerkschafters Jacques Bino vermeldet. Der circa 50jährige war gewerkschaftlicher Vertrauensmann (délégué syndical) und ein Aktivist des Netzwerks „ Liyannaj Kont pwofitasyon “, LKP. Dieses Netzwerk (der Name bedeutet „Kollektiv gegen Ausbeutung“, im Hochfranzösischen ergäbe er in etwa „Ensemble contre l'exploitation“) setzt sich aus einem Geflecht von Gewerkschaften, kulturellen Vereinigungen wie etwa karibikfranzösischen Karnevalsgruppen, Stadtteilgruppen und ähnlichen Initiativen zusammen. Es animiert seit nunmehr bald vier Wochen den massenhaft befolgten Generalstreik auf der Insel, der sich u.a. „contre la vie chère“ , also „gegen das teure Leben“ richtet. Der Protest wird so mit einem Ausdruck bezeichnet, der im vergangenen Jahr 2008 in drei Dutzend französischsprachiger - vor allem afrikanischer - Länder zur Benennung von Brotrevolten und sozialen Protesten benutzt wurde. Neben den Schwierigkeiten, unter den völlig überteuerten Lebensverhältnissen in den französischen „Überseebezirken“ (DOM, départements d'outre-mer ) wie Guadeloupe noch halbwegs seine Grundbedürfnisse zu befriedigen, gehört aber auch der Protest gegen die rassistischen, postkolonialen Gesellschaftsstrukturen auf den Antillen zum Kerninhalt der Bewegung.(...)

Dass die Mehrheitsbevölkerung - die bunt durchmischt ist (noch weniger als irgendwo anders auf der Welt gibt es auf den Antilleninseln keinerlei „abstammungsreine“ Bevölkerung), aber viele frühere schwarze Sklaven zu ihren Vorfahren zählt - nicht mehr kann und nicht mehr will, ist absolut nachzuvollziehen. Infolge der Eskalation, die seit Wochenanfang eingetreten ist, explodiert nunmehr der Zorn. Sechs Angehörige der uniformierten „Ordnungskräfte“ wurden laut offiziellen Angaben in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch durch Schüsse - die aus Pump-guns abgegeben wurden - „leicht verletzt“. Feuer lodern an zahlreichen Orten auf Guadeloupe."(...)


die folgende video-montage bringt, mit einem etwas surrealistischen touch, einige impressionen dieser tage aus guadeloupe:



(versteht übrigens jemand, was da im begleitenden lied gesungen wird?)

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aus der karibik geht´s nach spanien, wo auch hier die parole "generalstreik" heißt - allerdings bisher beschränkt auf die kleinstadt
lebrija in der nähe von sevilla. aus spanien waren im letzten herbst hier schon mal einige miliatnte demonstrationen von automobil- und werftarbeitern thema, ansonsten ist es meines wissens dort bisher erstaunlich ruhig geblieben, obwohl das land von der krise vielfältig gepackt wurde. analog griechenland gibt es aber dort ebenfalls eine lange und teils immer noch starke anarchistische strömung, in spanien v.a. in form anarcho-syndikalistischer gewerkschaften. und gerade die haben den aktuellen streik - gegen sämtliche anderen politschen und gewerkschaftlichen kräfte - in gang gebracht:

"Mindestens 90 Prozent der Beschäftigten sind im andalusischen Lebrija einem Aufruf zum Generalstreik seitens der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft CNT und eines BürgerInnen-Komitees gefolgt. Kaum ein Geschäft in der 26.000 EinwohnerInnen zählenden Stadt in der Nähe Sevillas hatte geöffnet. Der konkrete Anlass für den Generalstreik ist die Vetternwirtschaft der regierenden Linkskoalition aus PSOE und IU sowie der mit diesen verbändelten Gewerkschaften UGT und CC.OO bei der Vergabe von Jobs aus staatlichen und kommunalen Hilfsprogrammen. Die Gruppen, die den Generalstreik organisiert haben, haben für diesen allerdings auch ausdrücklich mit dem Hinweis mobilsiert, er sei „der erste Generalstreik gegen die Krise“.

Die einzigen Geschäfte, die in Lebrija am 18. Februar 2009, dem Tag des Generalstreiks, geöffnet hatten, waren eine Tankstelle, zwei Kneipen und acht Gemüsestände auf dem Marktplatz. Ansonsten glich der Ort einer Geisterstadt. Die Belegschaften der Supermärkte Día, Lidl, Eroski und die ArbeiterInnen in den Bäckereien befolgten den Streikaufruf zu hundert Prozent. Ebenso die Beschäftigten auf den Baustellen, in den Dienstleistungsfirmen und Versorgungsbestrieben sowie die fast aller Kneipen und Restaurants. Als einziger Supermarkt hatte Mercadona zunächst geöffnet, schloss dann aber die Pforten, als ein Demonstrationszug von 1.500 EinwohnerInnen sich näherte. Die CNT liegt seit längerer Zeit mit der Supermarkt-Kette in mehreren Städten im Konflikt.

Das Streikkomitee gab gegen Mittag bekannt, dass rund 90% der Bevölkerung der 26.000 EinwohnerInnen zählenden Stadt „mit einem unverkennbaren Ja“ auf den Streikaufruf reagiert habe."(...)


generalstreik unter schwarzroten fahnen in lebrija

na, das klingt und sieht doch gut aus - wobei nicht vergessen werden sollte, dass sich genau gegen solche menschen, die auf dem foto und auch auf dem video aus guadeloupe zu sehen sind, die weiter oben dokumentierten mobilmachungen der "sicherheitsapparate" richten.

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das sich hingegen hierzulande immer noch kaum etwas bzw. jemand rührt, mag ich nicht mehr groß kommentieren - wer sich nicht wehrt, muss sich dann eben mit solchen
zuständen abfinden - ein schlaglicht aus nordrhein-westfalen:

"Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) registriert eine Zunahme von Verwahrlosung, Zerfall von Familien, Wut und Gewalt. Folgen der sich ausbreitenden Armut seien das – und Folgen einer gescheiterten Politik.

Die Armut hat nach Ansicht der Arbeiterwohlfahrt in einzelnen Stadtteilen von NRW ein so großes Ausmaß angenommen, dass unsere Demokratie und Gesellschaftsordnung gefährdet sind. 2,1 Millionen Menschen seien in NRW arm; jedes vierte Kind ist von Armut betroffen.(...)

Die gesellschaftszerstörerische Wirkung von Armut erlebt Thomas Rüth vom AWO-Jugendhilfe-Werk täglich in einzelnen Siedlungen von Essen-Katernberg. „Die Schlangen vor unserer Suppenküche werden immer länger”, erzählt Rüth. „Wir erleben zunehmend, dass sich Leute um einen vorderen Platz in der Schlange prügeln; in den Schulen fallen Kinder wie hungrige Wölfe über das Frühstück her – und kommen selbst im Winter ohne Socken in den Unterricht.” Verwahrlosung, Zerfall der Familie, Wut und Gewalt seien zwangsläufig Folgen von Armut.

Armut sei regional äußerst ungleich verteilt: In verschiedenen Bezirken Essens lebten 65 Prozent der Bewohner in Armut. Rüth wirft der Politik vor, sich im Ruhrgebiet mehr um den reichen Süden als um den armen Norden zu kümmern: „Bei uns sind Kindergärten und Schulen deutlich verwahrloster als im Süden – das ist skandalös, man raubt den Kindern ihre Chancen.”(...)


bitte beachten: das beschreibt die jetzige situation noch vor dem vollen durchschlagen der krise. es bedarf mittlerweile wirklich keiner prophetischen fähigkeiten mehr, um zu sagen: wir werden uns demnächst hier alle ganz ganz böse wundern über das, was in diesem land zur "normalität" werden wird.

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das sich kalifornien schon länger im zustand eines de-facto-bankrotts befindet, kann auch nicht dadurch verschleiert werden, dass der formale bankrott vorläufig
abgewendet werden konnte - auch hier hatte ich vor ein paar wochen schon das gefühl, dass die negative symbolkraft eines solchen ereignisse viel zu groß sein würde, als das nicht wirklich alles versucht werden würde, um die insolvenzerklärung zu vermeiden. aber auch das hat bittere konsequenzen:

(...)"Jetzt wurde der Durchbruch geschafft und das befürchtete 42-Milliarden-Dollar-Haushaltsloch vorerst einmal geschlossen und der Bankrott abgewendet. Für die Kalifornier brechen nun harte Zeiten an, die trotz Konjunkturpaket auch für andere US-Bundesstaaten warten dürften.(...)

Die Steuererhöhungen sollen 12, Milliarden Dollar in die Staatskasse fließen lassen. Die Zustimmung der Republikaner wurde durch Steuersenkungen für Filmproduzenten und für kleine Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen, erkauft. Auch Käufer neuer Häuser werden unterstützt.

14,8 Milliarden sollen durch Kürzungen eingespart werden. Das trifft vor allem Schulen, Colleges und Universitäten. Studiengebühren für staatliche Collges und Universitäten werden weiter steigen. Gekürzt wird auch bei den öffentlichen Verkehrssystemen, der medizinischen Versorgung und den Gerichten."(...)


in erinnerung an die in den letzten news dokumentierte lage des sunshine borderline state frage ich mich nur, wo die da real noch etwas sparen wollen - demnächst lässt sich kalifornien als typisches "dritte-welt-land mit ein paar filmstudios" ausreichend beschreiben.

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wieder mal neues aus griechenland: neben weiteren protesten, besetzungen und demonstrationen u.a. im dortigen bildungs- und gesundheitswesen sorgt zur zeit eine ganze
serie von anschlägen unter den labels verschiedener gruppen von aufsehen. bitte benutzen Sie den link zur information, dort hat sich jemand die mühe eines entsprechenden pressespiegels gemacht. und selbst, wenn man - wie in einem der kommentare zum link thematisiert - die wahrscheinlichkeit von counter-insurgency-aktionen als hoch ansetzen muss, so sollte das doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es tatsächlich so aussieht, als hätten die massiven unruhen des dezembers tatsächlich als eine folge die neugründung bzw. reaktivierung von stadtguerillagruppen im gepäck. was mir bei der weiter oben dokumentierten inneren aufrüstung in vielen staaten rund um den globus eben grundsätzlich nicht als sehr erstaunliche reaktion erscheint. auch hier lässt die zentrale these des aktuellen geab grüßen.

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um schluß möchte ich innerhalb dieser reihe eine neue rubrik einführen: in aller kürze finden sich hier zukünftig telegrammmäßige infos und links, die ich nicht ausführlich kommentieren, aber auch nicht hintenrüberfallen lassen möchte. zum teil sind sie auch medial an vielen anderen orten schon ausreichend thema. also, zum schlechten ende gibt´s heute noch zu melden:

+
lettland: nach island das aus für die zweite regierung in der krise +in den vorletzten news war der überraschende anstieg des baltic dry index ein thema, ohne das ich eine befriedigende erklärung finden konnte - hier ist nun ein verständnisansatz:

(...)"Den Anstieg des Baltic Dry Index zuletzt hatten Optimisten als Beleg dafür genommen, dass sich der Welthandel erholen könnte. Das Volumen an Containerverschiffungen in Singapur ist jedoch im Januar um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesunken, Schätzungen gehen für 2009 insgesamt von minus 20 bis 30 Prozent aus. Jeder Markt hat zwei Seiten - Angebot und Nachfrage. Der Hupfer im die Seefrachtraten wiedergebenden Index dürfte eher durch knapperes Angebot bewirkt worden sein, als durch steigende Nachfrage. Und das wäre ein weiterer Hinweis darauf, dass die aktuelle Rezession in eine Depression übergeht"(...)

(und so platzt dann auch eine weitere optimismusblase.)+
europäische banken sitzen lt. vertraulicher eu-analyse auf faulen vermögenswerten in höhe von unfassbaren 18,2 BILLIONEN euro - "wer soll das bezahlen, wer hat soviel geld?" *sing* +und das selbe liedchen stimmen wir gleich nochmal an: "hypo real estate" hat kredite und derivate in höhe von einer BILLION euro laufen - das wurde zwar heute eiligst dementiert, aber welcher mensch mit einem fünkchen denkvermögen würde dem herrschenden gesindel aus politik und banken denn inzwischen auch nur noch eine auskunft auf die frage nach der uhrzeit abnehmen? selbst ich als immer noch weitgehender laie in fragen der sog. finanzwelt habe das deutliche gefühl, dass sich die erbitterte hartnäckigkeit, mit der so ziemlich die gesamte deutsche politische klasse diesen bankenzombie unbedingt durchfüttern will, am ehesten dadurch erklären lässt, dass sich im keller der hre ein ganzer haufen stinkender leichen aus bayrischer landes-, aber auch bundespolitik befindet, die bei einem kollaps womöglich auf die straße kippen würden. wir werden es sehen.+am heutigen abend ist übrigens der goldpreis über die schwelle von 1000$ pro unze geklettert, was bei der funktion von gold in krisenzeiten ein sicherer indikator dafür ist, dass es jetzt ökonomisch noch brenzliger wird.+

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ich wünsche allen leserInnen ein entspanntes und ruhiges wochenende. genießen Sie´s - die wahrscheinlichkeit dafür ist groß, dass es davon nicht mehr allzu viele geben wird.

Mittwoch, 18. Februar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (24) - meet the borderline states

borderline states ist ein ausdruck, der für das folgende in seiner zweideutigkeit wie angegossen passt - einmal ist er im weitesten sinne ein psychiatrischer ausdruck für scheinbar plötzlich auftretende borderline-zustände bei anscheinend relativ gesunden personen, die "nur" von zeit zu zeit dekompensieren, was dann aber bis hin zu psychotischen episoden führen kann. zum anderen ist er auch eine treffliche bezeichnung für die situation, in die momentan mehr und mehr staaten geraten - ein immer schnelleres und bis dato unaufhaltbares rutschen in die borderlinezone, die grenzgebiete der krise, in der alles gewohnte auf einmal eine bedrohliche, unheimliche und auch schrille färbung bekommt - eine zone, in der buchstäblich alles möglich erscheint. die hauptsächlich in den letzten achtundvierzig stunden angefallenen news jedenfalls haben nach meinem empfinden eindeutig einen touch zwischen alptraum und bangend-hoffender erwartung an sich - aber urteilen Sie selbst:
  • frankreich: kurz vor dem offenen aufruhr in den übersee-kolonien
  • frankreich: die stimmung wird schlechter und schlechter
  • frankreich: massive ausweitung der videoüberwachung besonders in den banlieus geplant / 4000 zusätzliche polizisten sollen präsenz im öffentlichen raum zeigen
  • italien: regierung will bürgerwehren legalisieren gegen "ausländische vergewaltiger" / zahl der soldaten im inlandseinsatz soll auf 30.000 aufgestockt werden
  • usa: kalifornien endgültig auf der kippe
  • usa: wie sich wall-street-banker auf den crash vorbereiten - gold & guns
  • usa: wen sich der neue finanzminister zur "bankenrettung" ausgesucht hat - oder von böcken & gärtnern
  • rumänien: bericht zur sozialen situation
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in den letzten news hatte ich die situation in den karibischen kolonien schon erwähnt, inzwischen hat sich die lage dort scharf
zugespitzt:

(...)"Seit fast vier Wochen wird dort gestreikt, und immer offensichtlicher ist, dass Paris das Problem nicht in den Griff bekommt. Der Generalstreik auf Guadeloupe etwa blockiert die Lebensmittelversorgung, die Läden sind seit Tagen geschlossen, das wichtige Tourismusgeschäft kommt allmählich zum Erliegen. Auf Martinique haben der Club Med in Saint Anne und andere Hotels die Tore versperrt, Reiseveranstalter streichen Flüge.

Dort hat sich eine Bewegung gegründet, die "LKP", eine kreolische Abkürzung für "Kollektiv gegen Ausbeutung". Angeführt von lokalen Gewerkschaftsführern organisieren sie Proteste gegen Billiglöhne und die soziale Misere mit den Mitteln des Volksaufstands. Gestern wurde aus Guadeloupe gemeldet, dass die Streikbewegung wichtige Verkehrswege mit Barrikaden versperrt hat. Schon droht Paris kaum verhohlen mit Gewalt. Der Staat werde "rigoros dafür sorgen, dass der Rechtsstaat respektiert wird", warnte am Wochenende Sarkozys Überseeminister Yves Jégo."(...)


ich schreibe übrigens ganz bewußt von kolonien:

(...)"Die Preise sind höher als in Frankreich, das Einkommen per Einwohner liegt weit unter dem nationalen Durchschnitt, die Kinder haben kaum Schulabschlüsse und landen in der Arbeitslosigkeit, und alle Führungsposten in der Privatwirtschaft und in der Verwaltung sind von Leuten aus Frankreich besetzt", resümierte der aus Guadeloupe stammende Patrick Karam, der im Auftrag der Regierung für Chancengleichheit sorgen soll.

Die Arbeitslosenquote liegt auf allen Inseln über 20 Prozent. Fast 18 Prozent der Bevölkerung in den Überseegebieten erhalten Sozialhilfe. Rund 40 Prozent der Arbeitsplätze in Martinique und Guadeloupe sind bei öffentlichen Einrichtungen, die Wirtschaft fast völlig vom Mutterland abhängig. Die reinen Daten klingen, als bestehe die koloniale Realität fort. "Es gibt auf den Antillen brutale soziale Ungleichheiten, die historisch noch direkt in der Sklaverei gründen", sagt die bekannte Abgeordnete Christiane Taubira aus Französisch-Guayana, die einst als liberale Präsidentschaftskandidatin in Paris antrat. Sie spricht von "sozialer Apartheid".(...)


es ist eine sehr interessante entwicklung, dass die krise tatsächlich wie ein trigger zu wirken scheint - überall, wo auch und gerade bisher eher "versteckte" und gern übersehene antisoziale verhältnisse existieren, kann die krise in mehr oder weniger kurzer zeit eine solche verschärfung der situation bewirken, dass der alltag und die normalität von unterdrückung derart unerträglich und offensichtlich werden, das die betroffenen in angesicht der perspektive totaler verelendung gar nicht mehr anders können, als offensiv zu reagieren. das dürfte allerdings primär für viele regionen im trikont gelten, und vielleicht werden guadeloupe und martinique einmal in historischen rückblicken als
anfang gelten...

(...)"Ein wochenlanger Generalstreik auf der französischen Karibik-Insel Guadeloupe droht sich zu einem Aufruhr zuzuspitzen. In der Nacht auf Dienstag kam es zu schweren Zusammenstößen. Demonstranten errichteten Barrikaden, steckten sie in Brand und bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen. Nach Behördenangaben wurden 50 Personen festgenommen. Die Polizei setzte Tränengas ein. Mehrere Streikende seien verletzt worden, darunter Gewerkschaftsführer Alex Lollia, teilte die linksgerichtete Partei NPA mit.(...)

"Wir stehen am Rande des Aufruhrs", sagte der Präsident des Regionalrates von Guadeloupe, Victorin Lurel, am Dienstag dem Sender France Info. "Wir haben eine politische und institutionelle Krise, es droht eine Radikalisierung des Konflikts."(...)

Die Demonstrationen richten sich gegen die hohen Lebenshaltungskosten und zunehmend auch gegen die Machtverteilung. Unter den Arbeitgebern sind viele Nachkommen früherer Sklavenhändler oder Einwanderer aus Festland-Frankreich."(...)


ich kann nur hoffen, dass es in frankreich selbst genügend menschen gibt, denen die kolonialistische und rassistische vergangenheit ihres landes so bewußt ist, dass sie sich die chance klar machen, die im aktuellen geschehen liegt - die der aufarbeitung und auch endgültigen abrechnung mit den eigenen schatten der vergangenheit, die kaum angemessener begonnen werden könnte als in der gemeinsamen aktion gegen die herrschenden "eliten" und verhältnisse. wie gesagt eine hoffnung.

zumal sich auch im "kernland" selbst die verhältnisse und deren widersprüche von woche zu woche zuzuspitzen scheinen - einige
einblicke bietet der folgende artikel:

"Erst die Wirtschaftskrise, nun die politische Krise? "Ruhig Blut" empfiehlt der Chef seinen Ministern, aber seit den Massenstreiks vom 29. Januar geht die Sorge um, das Land könne unregierbar werden. Nicht umsonst hat Präsident Nicolas Sarkozy in den vergangenen Wochen mehrmals auf die Revolutionsgeschichte des Landes verwiesen.

Für die am höchsten lodernden Konflikte - Schulen, Universitäten, Jugend, Massenproteste in den Überseegebieten - hat er bereits "Moderatoren" eingesetzt. Offenbar packen es die Minister nicht mehr aus eigener Kraft. Moderierend sollen doch bitteschön auch die Gewerkschaften wirken. Mit ihnen wird seit Tagen fieberhaft über soziale Trostpflaster verhandelt, am Mittwoch treffen ihre Bosse den Staatspräsidenten - haben aber bereits einen Generalstreik für Mitte März angekündigt.

Bis dahin wird sich noch ordentlich Druck aufbauen. Am Donnerstag dieser Woche landesweiter Streik an den Universitäten, Aktionen der Schüler, und bald darauf geht’s wieder in den Betrieben rund."(...)


die interessantesten informationen aber verbergen sich in den nächsten absätzen:

(...)"Und während bis vor Kurzem noch Schreckstarre statt Aufruhr herrschte, sammelt sich nun der Zorn, und er entlädt sich. Nicht nur auf großen Demonstrationen, sondern auch im hässlichen, scheinbar unpolitischen Klein-Klein der Sozialkonflikte: Unternehmer und Soziologen berichten von zunehmender Sabotage, anonymen Gewaltattacken gegen Vorgesetzte, Bankbeamte, Schaffner, von Drohungen, Rempeleien, vom Mobbing nach oben, nach unten und nach allen Seiten.

Als Anfang November eine TGV-Linie fachgerecht lahmgelegt wurde, war die Furcht im Management der Bahngesellschaft SNCF groß, es habe sich womöglich um Sabotageaktionen der eigenen Mitarbeiter gehandelt. Nun, wer weiß. Seither sitzt ein junger Mann namens Julien Coupat in Haft, dem diese Aktion zur Last gelegt wird; Beweise wurden bisher nicht präsentiert. Wohl aber hat er ein militantes Buch über den "kommenden Aufstand" geschrieben, das reißenden Absatz in Frankreich findet."(...)


das erwähnte "klein-klein der sozialkonflikte" ist etwas, auf dessen rasante eskalation wir uns alle in den kapitalistischen metropolen einstellen müssen. und je nach der vorherrschenden kollektiven psychophysischen verfassung breiterer bevölkerungsteile wird dieses "klein-klein" eher befreiende (in einem emanzipatorischen sinn) oder aber faschistoide züge annehmen - meine prognose für d-land fällt in der hinsicht eindeutig negativ aus. vor dem hintergrund dieser entwicklungen ist es aber logisch, dass die "eliten" auf die ihnen einzige vertraute und "normal" erscheinende weise reagieren, mittels mehr präventiver repression - scheinbar ohne in ihrer unendlichen einfalt zu erahnen, dass das ein garantiertes mittel ist, den druck gerade in den
"sozialen brennpunkten" derart zu erhöhen, dass es dort in kürze zuverlässig knallen wird:

(...)"Frankreichs Innenministerin Michele Alliot-Marie (UMP) will die Videoüberwachungskameras auf den Straßen bis Jahresende verdreifachen und zusätzliche 4.000 Polizeibeamte in Vorstadtzonen einsetzen. Man werde die Anzahl der Videokameras in den Städten von 20.000 auf 60.000 anheben, sagte Alliot-Marie am Montag gegenüber der Pariser Tageszeitung "France-Soir".(...)

der artikel erwähnt des weiteren explizit, dass die kriminalitätsrate zurückgegangen ist - vor diesen maßnahmen. ich zweifle auch nicht die angabe an, dass es sich bei den opfern der straßengewalt hauptsächlich um frauen handelt. es geht nicht darum, diese erbärmlichen zustände zu zementieren, sondern ihnen an der wurzel - ja, radikal - zu begegnen, und zwar mittels stärkung der sozialstruktur und der sozialen fähigkeiten der dortigen menschen. und das kann von fall zu fall sogar aus meiner sicht einen gewissen einsatz an begleitenden und dosierten repressionen nötig machen, um grenzen aufzuzeigen. hier jedoch zeigt der gesamte kontext an, dass es darum nicht geht, sondern das riecht verdammt nach präventiver "behandlung" von potenziellen ausbruchszonen, die im weiteren verlauf dieses jahres zu zonen jenseits aller staatlichen "ordnung" mutieren könnten. und diese art ordnung ist aus elitärer sicht das entscheidende, nichts anderes. die - realen - gewaltopfer in den banlieus betrachte ich für dieses vorhaben als vorgeschoben, also als typische und widerliche instrumentalierung.

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letzteres ließe sich auch für die aktuellen entwicklungen in
italien konstatieren - bekanntlich war dort am vergangenen freitag ein erster großer streik- und protesttag, und ich halte die zeitliche abfolge, mit der das folgende bekannt wurde, keinesfalls für zufällig:

"Der Regierungschef fällt mit einer neuerlichen Provokation auf: Als Reaktion auf mehrere Vergewaltigungen will er per Dekret Bürgerwehren gestatten und 30.000 Soldaten einsetzen. Italiens schöne Frauen könne er dennoch nicht alle beschützen."(...)

berlusconi hat sich ja schon mehrfach als hochgradig narzißtisch, zynisch und antisozial geoutet, aber damit hat er sich wieder einmal selbst übertroffen. der reihe nach:

- es gab eine häufung von teils extrem brutalen vergewaltigungen, angeblich allesamt von "ausländern" - osteuropäisch, arabisch, afrikanisch - begannen.

- daraufhin fällt der regierung natürlich - und hier sehe ich analogien zu frankreich - nicht als erstes ein, sich mit den realitäten von vergewaltigung und sexualisierter gewalt in der öffentlichkeit und den familien zu befassen, mit ihren grundlagen in den herrschenden frauen- und männerbildern, ihren bedingungen in den sozioökonomischen zuständen, ihrer beeinflussung von reaktionärer katholischer "moral" etc. zu befassen und dort und an anderen stellen das problem ebenfalls an der wurzel anzugehen - nein, natürlich werden auch hier die opfer instrumentalisiert, um gleich zwei fliegen mit einer klappe zu schlagen: feindbilder werden verankert und der "sicherheitsapparat" wird von der leine gelassen.

(...)"Die Regierung plant demnach bereits in der nächsten Ministerratssitzung, eine Verschärfung von Sicherheitsmaßnahmen per Dekret zu verabschieden. Neben der Erlaubnis von Bürgerwehren sei eine finanzielle und personelle Verstärkung der Polizei vorgesehen."

und das hat folgen:

"In der Nacht zum Montag hatte eine Gruppe von 20 Italienern in Rom vier jugendliche Rumänen vor einem Imbiss angegriffen. Die Italiener seien vermummt gewesen und mit Schlagstöcken und Baseball-Schlägern auf die Ausländer losgegangen. Zwei Rumänen seien krankenhausreif geschlagen worden, hieß es. Die Polizei sieht einen Zusammenhang zu der brutalen Vergewaltigung einer 15-Jährigen am Vortag in Rom. In diesem Kontext wird nun nach zwei Männern mit osteuropäischem Akzent gesucht.

Auch in Bologna und Mailand kam es am Wochenende nach ähnlichen Vorfällen zu ausländerfeindlichen Übergriffen. Anfang Februar hatten drei Jugendliche in Nettuno bei Rom einen Inder anzündet, der bis heute mit schweren Verbrennungen auf der Intensivstation liegt."(...)


hatte es am freitag bei den massenprotesten in rom noch solche bilder wie nebenstehend gegeben, so wird das sich darin abzeichnende gemeinsame agieren von "einheimischen" arbeitern und migranten - was aus sicht von berlusconi und seinem regime reale gefahren birgt - nun von den rassistischen schlägertrupps und der aufstachelung des "volkszorns" überdeckt.

arbeiter und migranten gemeinsam im protest in rom

und ich betrachte gerade die "legalisierung" von sog. bürgerwehren als alarmzeichen allerersten ranges, denn es dürfte nur zu klar sein, was für leute sich da sammeln werden. faschistische schlägertrupps unter regierungsfuchtel, angeblich im interesse vergewaltigter frauen unterwegs. berlusconi ist noch viel widerwärtiger, als es bisher den anschein hatte.

und er geht in die vollen:

"Als Reaktion auf die Vergewaltigungen versprach Regierungschef Silvio Berlusconi den Einsatz von 30.000 Soldaten und sagte: "Wir müssten so viele Soldaten haben, wie es in Italien schöne Frauen gibt. Das werden wir nicht schaffen“.

Die Opposition und Frauenorganisationen reagierten empört auf die Aussage: "Diese Äußerungen belegen einmal mehr die fehlende Sensibilität des Premiers, der das Drama der sexuellen Gewalt ignoriert, die Frauen beleidigt und der gleich auch noch den Sinn des Militäreinsatzes infrage stellt", sagte Oppositionschef Walter Veltroni.(...)

Berlusconi verteidigte sich, sein "Scherz" sei als "Kompliment" gemeint gewesen, er verliere eben "in keiner Situation den Sinn für Leichtigkeit und Humor".


boah! (diese art von humor habe ich schon mal zum
thema gemacht.)
die äusserungen der (parlamentarischen) opposition lassen leider nicht erkennen, dass sie den ernst der lage tatsächlich begriffen haben. wie schon in frankreich die zusätzlichen polizisten, so werden in italien die geplanten
zusätzlichen militärs vor allem für den einsatz im zweiten halbjahr 09 disponiert - ausgerechnet die phase dieses krisenjahres, in der die massiv ansteigende erwerbslosigkeit und ihre folgen überall in europa deutlich spürbar sein dürften:

(...)„Die Forderung nach einem Einsatz der Soldaten kommt vor allem aus Städten in Norditalien, vielleicht weil es dort mehr illegale Migranten gibt“, sagte der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa im Interview mit der Tageszeitung „Il Giornale“ am Sonntag.

Das Heer sei in der Lage, in sechs Monaten mit den Patrouillen zu beginnen. ’’Soldaten in den Städten können eine wichtige Vorbeugungsrolle spielen“, sagte La Russa. Die Ausbildung des Militärs für die Patrouillen in den Städten werden in knapp einem Monat abgeschlossen werden.

Regierungschef Silvio Berlusconi kündigte am Samstag an, dass die Zahl von rund 3.000 Soldaten, die in den Städten eingesetzt werden, sogar um das Zehnfache erhöht werden könnte. „Die Soldaten sollen die Kriminalität bekämpfen“, sagte Berlusconi.

Seine Meinung teilt auch Innenminister Roberto Maroni. „Der Einsatz von rund 3.000 Soldaten in den Städten hat hervorragende Resultate gezeitigt. Jetzt wollen wir die Soldaten für eine noch effizientere Kontrolle der Gebiete rund um die Städte einsetzen“, sagte Maroni."(...)


bin ich der einzige, der bei der fomulierung "rund um die städte" in hinsicht auf mögliche krisenauswirkungen ganz bestimmte assoziationen bekommt?

(...)"Die Opposition warf der Regierung Berlusconi vor, die Städte zu militarisieren. Der Einsatz des Militärs sei eine glatte Verschwendung von Ressourcen und ohne Durchschlagskraft."

und was ist das für eine "opposition", die die fehlende "durchschlagskraft" moniert? insgesamt bietet das alles ein bild, bei dem einem nur noch schlecht wird. es gibt aber noch ein vorhaben, das alle klassischen merkmale populistischer und
faschistischer "politik" erfüllt:

(...)"In diesem Zug soll auch die von 2 Ministern der Berlusconi-Regierung beschlossene Kastrierung von Sexualstraftätern durchgesetzt werden. Einig ist man sich nur noch nicht über das Verfahren: Chemische Kastration oder chirurgische."

das ist populistisch zum einen deshalb, weil mit solchen mitteln die strukturellen brutstätten und das reale vorkommen der tatsächlich existierenden sexualisierten gewalt, die v.a. in familien und sog. "beziehungen" (die ich meist nicht für authentische beziehungen halte) vorhanden ist, weder erreicht noch wirkungsvoll verändert werden kann, aber das bild der "reinen familien & ehen" unbefleckt bleibt. und es ist tatsächlich faschistisch zum anderen deshalb, weil hier mit einem bild eines rein triebgesteuerten tätertypus gearbeitet wird, der erstens real eher die ausnahme darstellt, aber zweitens in der suggestion seitens der regierung auch noch dazu ausländer ist. und vor diesem hintergrund ist leider ein ganzes stück realität an dem fazit, welches die autorInnen bei indy ziehen:

"Italien ist nun ein faschistisches Land mit einer faschistischen Regierung."

und anscheinend hat´s kaum jemand bemerkt - oder es stört niemanden.

*

es fällt mir zugegebenermaßen etwas schwer, nach all dem die kurve nach kalifornien zu kriegen - aber auch dort hat sich die situation, wenn auch vorläufig noch in anderer hinsicht, zugespitzt - der us-bundesstaat ist nur noch einen schmalen grad vom vollständigen
bankrott entfernt:

(...)"Die öffentliche Infrastruktur verrottet seit einem halben Jahrhundert: Autobahnen brechen auseinander, Brücken fallen ein, Staudämme entsprechen nicht den Sicherheitsvorschriften. Das Schulsystem ist notorisch unterversorgt, immer mehr Lehrer kehren den Großstädten wie San Francisco und Los Angeles den Rücken. Ihre Bezahlung ist mies, die Mieten gigantisch und das Lehrniveau auf einem jämmerlichen Zustand, wo schon als Schüler eine gute Note bekommt, wer überhaupt auftaucht. Die Kriminalität auf den Schulhöfen steigt und selbst in besseren Schulen patrouillieren uniformierte Sicherheitskräfte und werden nicht selten von den Lehrern in die Unterrichtsräume gerufen, um statt der Lehrer für Ordnung zu sorgen.

Nirgendwo sonst in den USA ist der Gegensatz zwischen arm und reich so krass und extrem wie in Kalifornien, nirgendwo sonst gerät die Mittelklasse außer Tritt und verlässt zu Hunderttausenden - früher undenkbar - den landschaftlich so reich beschenkten Staat. Die Hauptstadt Sacramento ist ein finsteres Loch, dessen Zentrum verödet: Immer mehr Geschäfte geben auf, Restaurants sind verbarrikadiert, ganze Straßenzüge atmen den fauligen Odem einer verkommenden Drittwelt-Stadt. Obdachlose bestimmen hier wie in anderen Großstädten "downtown". Kein Wunder, dass Schwarzenegger "seiner" Hauptstadt allein die Ehre der Missachtung gönnt: Der frühere Mime wohnt weiter unter den Reichen und Schönen in Hollywood und wird deshalb auch wahrscheinlich nie der Autobahn um Sacramento ansichtig, auf der man übler als dereinst zu DDR-Zeiten um die Hauptstadt rumpelt."(...)


und dieses land ist angeblich unter den zehn größten volkswirtschaften der welt?

(...)"Tatsächlich künden von der Export-Stärke die wirtschaftlichen Zahlen, die von immensen Exporterlösen sprechen, vor allem in High-Tech-Bereich und in der oft unterschätzten Landwirtschaft des Landes, die beispielsweise ganz Deutschland monopolartig mit Mandeln überschwemmt. Millionenweise tragen legale und illegale Einwanderer - zumeist aus Südamerika und auch Asien, oft als Tagelöhner sich verdingend, oft mit Minimallohn - zu diesem Erfolg bei. In zwei Jahren, so die Statistiken Kaliforniens, werden diese Latinos die Mehrheit stellen, so wie bereits jetzt den Oberbürgermeister von Los Angeles. Offizielle Schätzungen sprechen von 2,5 bis drei Millionen illegaler Immigranten allein aus Südamerika.

Im Central Valley oder im San Joaquin Valley, den fruchtbarsten Tälern der gesamten USA, leben rund 30 Prozent der Kinder unter der Armutsgrenze, weisen minderjährige Mädchen die höchste Schwangerschaftsrate der USA auf. Die Gefängnisrate ist in Kalifornien pro Kopf gesehen höher als in China, die völlig überalterten Knäste, darunter die berühmten St. Quentin und Folsom State Prison verschlingen mehr als 10 Mrd. Dollar aus dem Staatsbudget (rund 10 Prozent) und sind in einem hygienischen Zustand, der Washington regelmäßig alarmiert. Kalifornien gibt bald mehr für seine Gefängnisse als für seine Universitäten aus. Die Budget-Steigerungsraten bei den Gefängnissen liegen bei zehn, bei den öffentlichen Universitäten bei nur fünf Prozent. Rund 15 Prozent der Einwohner Kaliforniens hocken im Knast."(...)


ein echter borderline state in einem system, das schon lange einem mausetoten verfaulenden zombie ähnelt, der nur noch nicht gemerkt hat, dass er längst hinüber ist und jetzt mit seinem gestank die luft verpestet. und wie in vergangenen news vielleicht deutlich wurde, mag kalifornien in macher hinsicht extremer als andere us-staaten sein, strukturell jedoch gibt es bei den grundsätzlichen problemen wenig unterschiede. die usa als ganzes sind in einem zustand, der es absolut fraglich werden lässt, ob "die heimstatt des kapitalismus" da überhaupt noch mal rauskommen kann. als friedliches land mit akzeptablen sozialen strukturen und ohne führungs- und imperiumswahn würde ich mir das vor allem für die dortige bevölkerung wünschen.

*

wobei es im hinblick auf den letzten satz gerade auch
ausnahmen gibt:

"During the final months of 2008, as the financial markets imploded, talk on trading desks turned to food and water stockpiles, generators, guns, and high-speed inflatable boats. “The system really was about six hours from failing,” says Gene Lange, a manager at a midtown hedge fund, referring to the week in September when Lehman went bust and AIG had to be bailed out. “When you think about how close we were to the precipice, I don’t think it necessarily makes a guy crazy to prepare for the potential worst-case scenario.”(...)

so beginnt eine reportage über die gewisse sorte smarter typen, die sich inzwischen mit fug und recht als bankster schimpfen lassen müssen. und es ist aufschlußreich, wie diese herren sich auf die möglichen folgen des u.a. von ihnen mit verursachten desasters vorbereiten. besonders interessant aber fand ich das in meinen augen ziemlich treffende fazit am ende des berichtes:

(...)"While it may look like these Wall Streeters are betting on such a collapse, their embrace of survivalism is an outgrowth of their professional habits of mind: Having observed the economy’s shaky high-wire act from their ringside seats, they are trying to manage their risk and “hedge” against a potential fall. “It’s like insurance,” says an investor who has stockpiled MREs and a hand-cranked radio. “And by the time you need it, it’s way too late.” Leave it for others to weep for the collapse of the social order. These guys would prefer to be in a high-speed boat or ex-military vehicle, heading off toward their fully provisioned compounds in pursuit of the ultimate goal: to win the chaos."

und dieses benannte ultimate goal kann ich mir bei diesen mutanten wirklich gut vorstellen. ihr einziger lebens"sinn": überleben.

*

diejenigen, die sich noch nicht von ihren ihr eigenes überleben bisher garantierenden machtpositionen verabschieden wollen, haben in obamas regierung einen ganz
besonderen freund sitzen:

(...)"Der Kern von Geithners Programm für die Banken sieht vor, dass der Staat private Investoren für den Aufkauf der toxischen Wertpapiere findet. Wie das geschehen soll, ließ er offen. Stattdessen sagte er, man sei im Gespräch mit privaten Investoren. Im Klartext: Die Wall Street ist eingeladen, ihre Vorstellungen für einen Rettungsplan auf Kosten der Steuerzahler zu entwerfen.

Das lassen sich die Banker und Fondsmanager nicht zweimal sagen. Am Abend nach Geithners Rede hatte Goldman Sachs zu einem exklusiven Dinner eingeladen. Die Gäste: die 30 Chefs der wichtigsten Hedgefonds, Beteiligungsgesellschaften und Vermögensverwalter.(...)

Dass Geithner sich ratsuchend an die Wall-Street-Insider wendet, liegt nahe. Als Obama Geithner vergangenes Jahr als Finanzminister ins Spiel brachte, reagierte die New Yorker Börse prompt mit einer Erleichterungsrally von 500 Punkten. Die Wall Street sieht den ehemaligen Chef der New Yorker Notenbank als einen der ihren. Als Notenbanker pflegte er engen Umgang mit den Chefs der großen Banken. Regelmäßig lud er die Topmanager zum Essen im Executive Dining Room der New Yorker Fed.

Mit John Thain, dem ehemaligen Vorstandschef von Merrill Lynch, der kürzlich über Bonuszahlungen und eine 1,2 Millionen Dollar teure Bürorenovierung seinen Job verlor, verband ihn sogar ein freundschaftliches Verhältnis. Die beiden telefonierten täglich, erzählte Thain einem Reporter des Magazins Portfolio.

In der New Yorker Finanzgemeinde wird schon darüber spekuliert, dass jetzt Goldman Sachs einen "Rettungsplan" entwerfen könnte. Mit ihm könnten die Banker dann den Finanzminister wissen lassen, zu welchen Bedingungen Hedgefonds, Beteiligungsgesellschaften und Banker bereit wären, bei seinen Plänen mitzumachen."


"change? yes, we can!" mr. obama, so wird das garantiert nix. und da ich ihn eigentlich nicht für so naiv halte, muss ich leider die schlimmere variante in betracht ziehen - die duldung dieses mannes in dieser position mit vollem bewußtsein. jedenfalls brauchen wir zukünftig nicht lange über die tatsächlichen empfänger und profiteure der us-"pakete" für dieses und jenes zu rätseln. ich hingegen rätsele langsam über die geduld der us-bevölkerung.

*

zum schluß dieser news, die mich selbst mit einem wirklich miesen gefühl in bezug auf unser aller zukunft zurücklassen, wieder ein lesetipp - wildcat kommt mit einem zweiten tiefgehenden länderreport heraus, den ich nur empfehlen kann - diesmal zu
rumänien, mit einem schwerpunkt auf die dortigen migrationsbewegungen.

Sonntag, 15. Februar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (23)

zur einleitung gibt´s heute mal etwas aus der "welt", die sich seit letzter woche - ähnlich wie die "faz" - mit einem grundsätzlichen artikel unter dem aufhänger der untauglichkeit der konjunkturprogramme inzwischen auch höchst systemanzweifelnde tendenzen leistet:

(...)"Längst besteht kein Zweifel mehr daran, dass die Welt den gewaltigsten ökonomischen Erdrutsch seit 80 Jahren erlebt. Und allein sein bisheriger Verlauf lässt darauf schließen, dass die Krise, zumal in ihrer sozial-gesellschaftlichen und politischen Dimension, noch gar nicht richtig begonnen hat.(...)

Der US-Pulitzer-Preisträger Thomas L. Friedman sagt: "Wir sollten uns von dieser Vergangenheit verabschieden. Wir können uns eine Zukunft, die aussieht wie die Vergangenheit, nicht leisten." Recht hat er. Nur leider hört niemand auf ihn. Stattdessen versuchen Politiker weltweit nichts anderes, als die Krise mit den Methoden der Vergangenheit zu bewältigen und riskieren damit vielleicht alles."


ein treffender satz - "wir können uns eine zukunft, die aussieht wie die vergangenheit, nicht leisten". auch, wenn ich ihn vermutlich anders verstehe und weiter fasse als ein "welt"-redakteur, so kann er doch gut als motto über den heutigen news stehen, die da wären:
  • italien: massendemonstrationen und -streiks gegen krisenfolgen und regierungspolitik
  • frankreich: neuer generalstreik geplant / laufend proteste gegen bildungspolitik im zeichen der krise / generalstreiks in den französischen überseekolonien
  • deutschland: erste (?) größere gewerkschaftsdemonstration gegen krisenfolgen in hamburg
  • deutschland: innergewerkschaftliche kritik an den positionen der führungsfunktionäre
  • deutschland: aufruf zu den bundesweiten märzdemonstrationen veröffentlicht
  • usa / kalifornien: de-facto-bankrott befreit knastinsassen
  • aus den abgründen des finanzsystems: was sind eigentlich "credit default swaps"?
  • und was sind "abs" und "cdo"?
  • "europa am rande der depression"
*

für den vergangenen freitag hatten etliche große gewerkschaften in italien zu einem protest- und streiktag aufgerufen - und es ist
einiges losgewesen:

(...)"Mit Streiks und Demonstrationen haben hunderttausende Italiener am Freitag gegen die Regierung von Silvio Berlusconi protestiert und ein soziales Netz gegen die Krise verlangt. Unter einem Meer roter Fahnen forderten die Demonstranten "Arbeit für alle".

Allein in Rom reihten sich nach den Angaben der Organisatoren 700.000 Menschen bei drei Demonstrationszügen ein. Italiens stärkste Gewerkschaft CGIL hatte zu den Arbeitsniederlegungen aufgerufen, an denen sich Lehrer, Staatsbeamte und Metallarbeiter beteiligten. Von Gewerkschaftsseite wird der Mitte-Rechts-Regierung in Rom vorgeworfen, nur unzulänglich mit sozialen Maßnahmen auf die schwere Wirtschaftskrise zu antworten. Auch in anderen Städten gab es Großdemonstrationen gegen Berlusconi."(...)


das "meer von roten fahnen" ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen, wie das folgende video zeigt - kann hier übrigens jemand italienisch und vielleicht kurz die statements zusammenfassen?



nicht nur die erwähnten branchen bzw. dienste, sondern auch das motto "arbeit für alle" - zu dem es ja nun etliches anzumerken gäbe - machen meiner meinung nach deutlich, dass hier die gewerkschaften tatsächlich ihre "kerne" mobilisiert haben - interessieren würde mich dabei, ob es auch eine art schulterschluß mit den ebenfalls in den letzten monaten protestierenden schülerInnen / studentInnen gibt? und wo ist die in italien immer noch relativ starke radikale linke in diesen konfrontationen? wenn sich alle beteiligten zur abwechslung erstmal unter einem minimalkonsens bezgl. der krise finden könnten, würde ich italien ebenso wie frankreich als erste kandidaten für soziale massenbewegungen ansehen, die tatsächlich einiges an gegenmacht entwickeln könnten - in beiden ländern gibt es dafür jedenfalls ausreichend
gründe:

(...)"In Rom zogen Hunderttausende in zwei riesigen Demonstrationszügen unter roten Fahnen auf die zentrale Piazza San Giovanni im Herzen der Hauptstadt. »Italien erlebt einen sozialen Notstand, auf den die Regierung Berlusconi nur mit unzulänglichen Maßnahmen reagiert hat. Immer mehr Werke werden dichtgemacht, die Arbeitnehmer werden auf Kurzarbeit gestellt, überall wächst die Verzweiflung und die Wut«, sagte FIOM-Sprecher Gianni Rinaldini.

Besonders schwierig sei die Lage der vielen Arbeiter mit unsicheren Arbeitsverhältnissen. Über 600 000 Menschen mit befristeten Arbeitsverträgen könnten im Laufe dieses Jahres den Job verlieren, warnte die CGIL. Der Generalsekretär der kommunistischen »Rifondazione Comunista«, Paolo Ferrero, appellierte an die CGIL, gemeinsame eine starke Opposition in Italien aufzubauen. »Wir müssen die Rechte der Arbeiter in dieser schweren Krise verteidigen und wollen dabei die CGIL unterstützen«, so Ferrero."


*

währenddessen scheinen große teile der französischen sozialen bewegungen, incl. der gewerkschaften, auf den geschmack der rebellion gekommen zu sein - dazu braucht es bei unseren nachbarn bekanntlich und erfreulicherweise auch nicht viel, und mit einem sarkozy an der spitze gibt´s auch jemanden, der es immer wieder schafft, durch seine narzißtische ader noch weiteres öl ins feuer des allgemeinen unmutes zu gießen - der folgende
bericht gibt einige fundierte einblicke in die aktuelle soziale situation:

"Die französischen Gewerkschaftsverbände rufen, nach der gelungenen Mobilisierung vom 29. Januar, zu einem neuen Streik—und Aktionstag am 19. März auf. Reichlich spät, wie Viele finden. Doch in der Zwischenzeit halten der Arbeitskampf der Hochschullehrer (inzwischen mit Unterstützung der Studierenden), der Generalstreik auf den französischen Karibikinseln Guadeloupe & La Martinique und andere Ereignisse den sozialen Druck aufrecht. Die Regierung darf sich in den kommenden Wochen warm anziehen.(...)

„Glauben Sie, dass meine Arbeit einfach ist?“ fragte er die Journalisten- die Nachrichtensprecher der beiden größten französischen Fernsehanstalten, Laurence Ferrari von TF1 und David Pujas von France2 - die ihm anderthalb Stunden lang vorher ausgewählte und abgesprochene Fragen stellen durften. 15 Millionen Zuschauer verfolgten die Sendung.

Ob die Übung aber Erfolg hatte, ist eine offene Frage. Laut ersten Umfragen zeigen sich nur rund 35 Prozent der Franzosen von seinem Auftritt überzeugt, über die Hälfte der Befragten erklären das Gegenteil - außer in einer Auftragsstudie für die konservative Tageszeitung Le Figaro, die eine gegenläufige Tendenz belegen soll. Und zudem ergab eine am Montag publizierte Befragung, dass 53 Prozent sich derzeit bereit zeigen, „einer sozialen Bewegung zu folgen“, also beispielsweise in den Streik zu treten."


das ist auch so eine der vermutlich vielen regierungen, die sich am liebsten eine neue bevölkerung wählen würden. aber da das nur in den alpträumen der "eliten" möglich ist, muss sich sarkozy zwischenzeitlich damit beschäftigen, sich mit den folgen seiner absichten
auf den straßen zu konfrontieren:

(...)"Mehr als 40.000 Studenten, Forscher und Professoren haben am Dienstag in Paris und weiteren französischen Städten gegen umstrittene Bildungsreformen der Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy protestiert. Allein in der Hauptstadt versammelten sich nach Polizeiangaben 17.000 Demonstranten. Gewerkschaften gaben die Teilnehmerzahl der Proteste im ganzen Land mit 100.000 an, die Behörden sprachen von 43.000 Menschen.

Auslöser der Demonstration war eine Änderung des Statuts von Wissenschaftlern, was zu einer Beschneidung der Forschungstätigkeit führen könnte. Viele Studenten und Lehrer schlossen sich den Protesten aus Unzufriedenheit mit der Bildungspolitik der Regierung an."(...)


es ist einerseits - wie in italien - auch hier zu konstatieren, dass die krise längst in den gesellschaftlichen und ökonomischen kernbereichen angekommen ist und ihre - aus regierungssicht unabänderlichen - folgen dort auch exekutiert werden sollen, was in beiden ländern augenscheinlich in großer breite massiven widerstand mobilisiert. andererseits sehe ich bei diesen und auch anderen protesten das hauptproblem darin, dass die bedeutung der krise als symbol und symptom nicht nur für das bevorstehende ende einer art der ökonomie, sondern auch für das ende des westlichen "way of life", bisher überhaupt nicht - jedenfalls nicht wahrnehmbar - thematisiert wird. so sympathisch und für notwendig ich die meisten streiks und demos bisher empfinde und halte, so bedenklich finde ich doch die tendenzen zur besitzstandswahrung gerade in branchen wie der autoindustrie, aber auch von seiten der öffentlichen dienste. sozioökonomisch erträgliche verhältnisse für alle zu fordern, ja, das ist nötig. aber darüber hinaus auch zu sagen, dass gerade europa und die usa generell und systemisch nicht über ihre, sondern primär über die verhältnisse des planeten gelebt haben - auf kosten und zum schaden der großen mehrheit der weltbevölkerung -, also diese realität und ihre konsequenzen wahrzunehmen, aufzuzeigen, zu thematisieren und vor allem deutlich zu machen, dass die diesbezgl. nötigen strukturellen massiven veränderungen letztlich auch für den großteil der menschen hier von vorteil und im eigenen interesse wären - das ist aus meiner perspektive erst der schritt, mit dem tatsächlich die systemfrage gestellt werden würde. als indiz für den jeweiligen stand der entwicklung eines solchen bewußtseins würde ich die ausbreitung von nationalistischen und rassistischen tendenzen in den europäischen ländern betrachten - wenn es gelingt, die möglichst klein zu halten, wäre das aus meiner sicht ein erstes zeichen dafür, das zumindest ein paar grundbedingungen dafür vorhanden sind, die erwähnten schritt überhaupt als realistische option zu betrachten.

und unter den obigen aspekten finde ich auch die folgenden entwicklungen, ebenfalls im bericht beim labournet enthalten, ziemlich interessant:

(...)"So wird die französische Karibikinsel Guadeloupe seit dem 20. Januar durch einen Generalstreik in Atem gehalten. Gefordert wird u.a. eine wirksame Armutsbekämpfung, die Erhöhung des Mindestlohns und eine Aufwertung aller Tieflöhne um 200 Euro. Am gestrigen Donnerstag (12. Februar) brachen die Gewerkschaften die Verhandlungsrunde mit den Unterhändlern der Regierung ab, „weil diese keine Ahnung haben und ihr Dossier nicht kennen“. Inzwischen hat der Generalstreik auch auf die andere französische Antilleninsel La Martinique, und in Ansätzen fern auch auf einen weiteren französischen „Überseebezirk“ - La Réunion im Indischen Ozean - übergegriffen."(...)

auch dort regt sich die vom eurozentrischen blick gerne vergessene "peripherie" also wahrnehmbar. falls jemand mehr informationen über die dortigen sozioökonomischen verhältnisse hat, wäre vermutlich nicht nur ich über entsprechende anmerkungen erfreut.

*

kommen wir zur eigenen haustür. gibt es inzwischen vielleicht erste
anzeichen für eine langsame lockerung der kollektiven hiesigen apathie?

(...)"Bereits am Donnerstagabend marschierten 1.500 GewerkschafterInnen durch die Hamburger City. "Schließt das Finanzcasino - in Arbeit, Bildung und Zukunft investieren", lautete das Motto des DGB-Marsches. "Finanzcasinos schließen heißt Kapitalismus überwinden", setzte die Gruppierung Jour Fix der Gewerkschaftslinken drauf. "Sachdebatten und Fachvorträge, die wir in den vergangenen Monaten vielfach hatten, können die demokratischen Aktionen, die Willensäußerungen in der Öfentlichkeit nicht ersetzen", sagte DGB-Chef Erhard Pumm vor der Finanzbehörde "Wir gehen auf die Straße, weil wir politischen Druck machen wollen, gegen die sozialen Ungerechtigkeiten, die sich durch die Finanz- und Wirtschaftskrise noch zu verschärfen drohen."

Für die Bezirksleiterin der IG Metall Küste, Jutta Blankau, muss Schluss sein mit dem "neoliberalen Geschwafel". " Wir setzen ein Zeichen gegen soziale Spaltung." Manager von Banken müssten die Grenzen aufgezeigt werden, notfalls durch Verstaatlichung. Ver.di Landeschef Wolfgang Rose stellte sogar die Haltung der Gewerkschaften in der Lohnpolitik in Frage."(...)


die überaus nötige stellungnahme aus der gewerkschaftslinken ist in den kommentaren
hier nachzulesen, und es sind klare und deutliche worte an die funktionäre - auszug:

(...)"Wir unterstützen Sommer und den DGB dabei, daß wegen der Krise niemand entlassen wird, daß die „Aufgaben der Daseinsvorsorge“ nicht privatisiert und die Arbeitslosen, die Alten und die Alleinerziehenden geschützt werden! Sobald der DGB den ersten Schritt tut zur Verwirklichung dieser Ziele und nicht nur redet, sind wir die ersten, die sich einreihen bei den Auseinandersetzungen – trotz aller sonstigen Kritik an der Ideologie von Michael Sommer und anderen Gewerkschaftsführern.

Bei der Schaffung einer neuen Grundlage zwischen Kapital und DGB müssen wir Michael Sommer allerdings allein lassen, auch seiner Forderung nach einer „Marktwirtschaft für Menschen“ (Rede am 22.1.09) können wir allerdings nicht beipflichten. Was heute „Marktwirtschaft für Menschen“ genannt wird hieß früher: Dem Kapitalismus ein „menschliches Antlitz“ zu geben oder ihn zu „zähmen“, noch früher „Arzt am Krankenbett des Kapitalismus“ zu sein (1931 Gewerkschaftsführer Tarnow auf SPD-Parteitag). 75 Jahre nach dem Überfall auf die Gewerkschaftshäuser in Deutschland wurde am 2. Mai 2008 im Hamburger Gewerkschaftshaus dieser schändlichen Tat gedacht. Wenn auch heute noch einem Kapitalismus gesucht wird, der den Menschen dient, die Fiktion aufrecht erhalten wird, das Verhältnis zum Kapitalismus auf eine neue Grundlage stellen zu können, so ist es nicht schwer, vorauszusagen, daß auch dieser Versuch wieder scheitern und in einer Niederlage enden wird. Diesmal aber werden keine Schlägertrupps der SA wie am 2. Mai 1933 notwendig sein, weil die Gewerkschaftsführungen dabei sind, selbst die Gewerkschaften zu zerstören, indem sie sich weigern, den Kampf um eine antikapitalistische Gesellschaftsordnung aufzunehmen."(...)


es ist jetzt schon absehbar, dass nicht nur die deutschen gewerkschaften, sondern all jene, die sich mittels der fiktion der "sozialpartnerschaft" um die wahrnehmung des klassenkampfes von oben gedrückt haben, im weiteren verlauf der krise vor echten zerreißproben stehen werden. aber das ist und war auch überfällig.

*

währenddessen zeichnet sich für die außerparlamentarische und radikale linke ab, dass die beiden seit längerem angekündigten demonstrationen in berlin und frankfurt/m. nicht nur ein ernstzunehmender test für die eigenen mobilisierungsfähigkeiten werden, sondern auch zeigen könnten, wieweit sich meine weiter oben bezgl. frankreich und italien formulierten gedanken bezgl. der inhaltlichen ausrichtung des jetzt nötigen widerstands tatsächlich aktuell umsetzen lassen. dieses fazit ziehe ich v.a. aus der betrachtung des jetzt vorliegenden
aufrufes:

(...)"Der Kapitalismus steckt in seiner schlimmsten Krise seit 1929. Sie hat verschiedene Gesichter: die Beschleunigung des Klimawandels, Kriege um den Zugang zu Rohstoffen, Hungerrevolten, Finanzmarkt-Crash und Rezession. Ausgehend von den Industrieländern wird auch der globale Süden hart getroffen, weil noch weniger Mittel für Klimaschutz und Entwicklung bleiben, und weil die globale Konkurrenz um Märkte und Profit noch brutaler zu werden droht. Millionen Menschen verlieren ihre Arbeit, ihre Wohnungen und ihre Lebensperspektiven.


demoplakat 28maerz

Zeit für Systemwechsel - Für eine solidarische Gesellschaft


Die Entfesselung des Kapitals und der erpresserische Druck der Finanzmärkte haben sich als zerstörerisch erwiesen. Ein anderes Weltwirtschaftssystem ist nötig. Eines, das Mensch und Natur dient; das auf den Prinzipien globaler Solidarität, ökologischer Nachhaltigkeit und demokratischer Kontrolle aufbaut. Dazu gehört, dass Bildung, Gesundheit, Alterssicherung, Kultur und Mobilität, Energie, Wasser und Infrastruktur nicht als Waren behandelt werden, sondern als gesellschaftliche Leistungen, die allen Menschen zur Verfügung stehen müssen."(...)


weder wird die krisenkaskade noch die nötige globale sichtweise und ausdrückliche benennung des trikonts vergessen, und das macht sofort die unterschiede bspw. zur "offiziellen" gewerkschaftlichen perspektive oben deutlich. deshalb ist es immerhin sehr erfreulich, dass im gegensatz zu einigen gewerkschaftsspitzen viele basisverbände mit zu den beiden demonstrationen aufrufen. und sich derart gleich zu beginn einer möglichen breiteren sozialbewegung deutlich positionieren.

*

zum neulich erwähnten kalifornischen quasi-bankrott gibt es noch eine konsequenz nachzutragen, die vermutlich von nicht direkt involvierten kaum jemand auf dem schirm hatte - und wenn sich das so umsetzt wie beschrieben, finde ich einen
grund zum mitfreuen zumindest mit all jenen gefangenen, die wg. vergleichsweiser lappalien - zb. sog. drogen- oder auch kleinen eigentums"delikten" - unter üblen bedingungen eingesperrt sind:

(...)" Kalifornien steht nicht nur vor dem Bankrott und ist mit einem Haushaltsloch von 42 Milliarden Dollar konfrontiert, auch die staatlichen Gefängnisse des Landes sind überfüllt. Weil die Verwahrung der Häftlinge katastrophal ist, gegen die Verfassungsrechte der Inhaftierten verstößt und sie in Zukunft aufgrund der Wirtschaftskrise schlimmer werden dürfte, hat nun ein Bundesgericht in einem vorläufigen Urteil angekündigt, dass Kalifornien ein Drittel aller Häftlinge aus den staatlichen Gefängnissen freilassen müsse. Nach Informationen der LA Times will die kalifornische Regierung dagegen Einspruch erheben.

Vor allem die medizinische und psychologische Versorgung der Inhaftierten sei aufgrund der Überfüllung völlig unzureichend, während die Ausbreitung von Krankheiten gefördert werde. Da es angesichts der Wirtschaftskrise und der Verschuldung des Bundesstaates keine Aussicht auf mehr Geld für die Gefängnisse gebe, sei die einzige Lösung eine massenhafte Entlassung. Die Gefängnisse wurden für eine Belegungskapazität von 85.000 Häftlingen gebaut, jetzt sind dort 158.000 eingesperrt. Weitere 170.000 Menschen sind in nicht-staatlichen Gefängnissen oder anderen Einrichtungen inhaftiert."(...)


das knastsystem der usa, aber auch hier, war ja schon öfter thema. und nicht nur unter den jetzigen skizierten bedingungen ist das quasi die einzig mögliche humane umgangsweise mit den folgen, die die krise innerhalb dieses kernbereiches des systems - seinem repressionsapparat - zeitigt. aus elitärer sicht natürlich eine katastrophe, und vermutlich werden auch etliche "normale" bürgerInnen schlecht schlafen. aber wenn die westlichen gesellschaften, bzw. in diesem fall ein us-bundesstaat, nicht auch noch die allerletzten reste ihrer demokratie- und humanitätssimulation aufs spiel setzen wollen (was vielleicht früher oder später sowieso passieren wird), bleibt ein solcher schritt die logische konsequenz. und wenn eine gesellschaft deshalb gezwungen sein sollte, sich mit den folgen ihrer "aus-den-augen-aus-dem-sinn"-praxis des wegsperrens aller delinquenten zu beschäftigen, finde ich das keinesfalls bedauernswert. knäste sind für nichts und niemanden eine wirkliche lösung.

*

themensprung: im verlauf der krise wurden alle interessierten beobachterInnen u.a. mit diversen esoterischen bezeichnungen von virtuellen und hochabstrakten "finanzprodukten" konfrontiert, die so virtuelle und abstrakt sind, das selbst die damit "professionell" beschäftigten am ende keinen rechten überblick mehr über das hatten, was sie da eigentlich wie sauerbier aller welt aufgeschwatzt haben. und wer könnte schon so aus dem stegreif erklären, was es bspw. mit den sog. "credit default swaps" auf sich hat? ich traue mir das jedenfalls erst nach ansicht des folgenden videos zu, welches sehr anschaulich - und tendenziell ein bißchen like-sendung-mit-der-maus - erklärt, was es mit diesen cds eigentlich so auf sich hat. und vor allem: warum sie auch unter dem namen "finanzielle massenvernichtungswaffen" bekannt sind:



und wo ich gerade dabei bin, möchte ich auf einen in meinen augen sehr aufschlußreichen
artikel hinweisen, der nicht nur sinn und funktion einiger analoger "finanzprodukte" wie "abs" und "cdo" erklärt, sondern generell etwas licht auf das treiben und die zusammenhänge wirft, die sich im schattenreich der "toxischen kredite" sowie der virtualisierten finanzwelt überhaupt in den letzten jahren abgespielt haben:

(...)"Zweifel an der Stimmigkeit seiner Welt kamen Kneißl erst allmählich. Der Aufbau der CDOs wurde fortwährend komplexer, bald gab es die CDO der CDO der CDO der CDO. "Ab der dritten oder vierten Verbriefung einer CDO haben wir nichts mehr gewusst." Dem Kreditfonds hätten Daten auf CD-ROM beigelegen, aber auch die seien nicht sehr ergiebig gewesen. "Wir haben nicht mal das Einkommen der Leute gekannt. Auf der CD stand nur die Bonitätsklasse und das Verhältnis Kreditsumme zu Immobilienwert. Der Rest war nicht gefragt." Immer weniger wussten die Banken, mit wem sie eigentlich Handel trieben. Das hauseigene Risk Office, so die Erfahrung von Kreißl, brachte wenig Licht ins Dunkel. "Da reicht man die CD an einen Junior-Analysten weiter, dem gibt man das Internet und die Yahoo-Finanzen und die Berichte der Rating-Agenturen von vor einem halben Jahr." Kneißl behauptet, der einfache Arbeiter in der internen Prüfung verfüge nicht über wichtige Quellen wie Bloomberg, das Börseninfosystem. Die BayernLB bestreitet dies. Auch die Wirtschaftsprüfer kritisierten die Zustände im Risk Office. Ein einziger Analyst sei für das gesamte "Subprime"-Portfolio von etwa 350 Wertpapieren zuständig. In ihrem Bericht bemängeln sie zu wenig Personal und veraltete Technik. Die BayernLB investierte ins Unbekannte. Eine Bank auf Autopilot."(...)

innenansichten aus einem winzigen teil eines verotteten systems.

*

und um Ihnen und mir jetzt den rest zu geben, besuchen wir zum schluß mal wieder die wirtschaftsquerschüsse, heute mit der erbaulichen botschaft:
europa am rande der depression - und die jüngsten zahlen zum absturz der europäischen ökonomien haben es wahrlich in sich. lesetipp!

Dienstag, 10. Februar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (22)

bei ansicht der im letzten beitrag dokumentierten liste der regierungs"berater" aus banken und konzernen ist natürlich gerade am beispiel des finanzministeriums schön zu sehen, wer da wirklich u.a. genau diejenigen gesetze und regelungen gestaltet hat, die jetzt ihren teil zur aktuellen situation beigetragen haben. so ziemlich alle namen dort sind inzwischen mehrfach extrem unangenehm aufgefallen; nicht zuletzt deswegen, weil sich die dort genannten schon seit längerer zeit selbst als "systemisch unverzichtbar" deklarieren und aus diesem grund mittels der gleichen staats- und demokratiesimulation, in der ihre gesetze stecken, jetzt auch den großteil der hiesigen bevökerung um milliarden erleichtern. ich hatte früher mal von den "neidischen mafiosi" im angesicht der wirklich großen dinger ihrer "legalen" brüder im ungeist geschrieben; mittlerweile dürften aus den tränen des neides ganze sturzbäche und weinkrämpfe geworden sein. zumindest bei denen, die noch nicht in der "legalität" mitspielen dürfen. und nun zu weiteren formen und folgen dieser hoch organisierten kriminalität - die news:
  • welthandel I: "baltic dry index" hat sich auf niedrigem niveau stabilisiert
  • welthandel II: aber warum? zu krisenauswirkungen im globalen transportsektor
  • argentinien 2002: wie fühlt sich eigentlich ein staatsbankrott an?
  • irland: kürzen, streichen, "opfer bringen" - die krise wird schmerzhaft
  • usa: die krise ist schmerzhaft - obdachlosigkeit in new york
  • panne oder inszenierung? zwei wirtschaftskommentatoren reden klartext zur "hypo real estate"
  • meldungen von großen und kleinen unruhen: china, polen, italien
  • prognose für deutschland aus bürgerlicher sicht: aufruhr zu erwarten?
  • italienischer gewerkschafter zu den wilden streiks in großbritannien und ihren nationalistischen tendenzen
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zu denjenigen dingen, von deren existenz ich erst durch die krise erfahren habe, gehört auch der in mehreren krisennews des letzten herbstes erwähnte
baltic dry index, der v.a. deswegen zum thema wurde, weil er sich aufgrund seiner relativen unabhängigkeit von spekulativen prozessen als frühindikator für den welthandel eignet:

(...)"Ein Zusammenhang besteht von Frachtraten mit Rohstoffpreisen und der Nachfrage nach Metallen, Treibstoffen und Nahrungsmitteln. Da der BDI die Verschiffungskosten von Rohstoffen, der Vorstufe der Produktion ermittelt, mißt er präzise das Volumen des Welthandels auf der Anfangsstufe.(...)

Je größer die Anzahl der zu verschiffenden Güter ist, desto größer ist die Nachfrage und desto höher der Verschiffungspreis. Eine Aufwärtsbewegung des BDI signalisiert einen Anstieg des globalen Handels, eine Abwärtsbewegung das Gegenteil."(...)


vom herbst bis dezember letzten jahres befand sich der bdi auf einer bisher einmaligen sturzfahrt:

(...)"Auf den tiefsten Stand seit 1986 sank der Index am 5. Dezember 2008 mit einem Schlussstand von 663 Punkten. Seit dem Allzeithöchststand vom 20. Mai 2008 entspricht das einem Rückgang um 94,4 Prozent. Das ist der größte Sturz in der Geschichte des Baltic Dry Index."

seitdem hat er sich, wie es so schön heißt, "erholt":

"Am 27. Januar 2009 überwand der Index mit 1004 Punkten erstmals seit 27. Oktober 2008 wieder die Marke von 1000 Punkten."

und steht am heutigen tag bei aktuell 1974 punkten. woher nun kam der erwähnte sturz, und was sagt das aktuelle steigen aus?

(...)"International wurden 2007 Güter im Wert von 14 Billionen US-Dollar gehandelt (Waren-Exporte). Davon waren nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) 90 Prozent durch Akkreditive (englisch: „letters of credit“) oder sonstige Zahlungsgarantien abgesichert. Im gleichen Jahr wurden weltweit Neubauaufträge für mehr als 10.000 Schiffseinheiten mit einem Wert von 233 Milliarden US-Dollar erteilt. Die Auftragszahlen bedeuten für den Seetransport einen historischen Rekord.

Die Finanzkrise hat zu einem Zusammenbruch der Handelsfinanzierung geführt, da die Banken untereinander kaum noch Zahlungsverpflichtungen eingehen. Überkapazitäten aufgrund fehlender Nachfrage und Konjunktursorgen bereiten der Schifffahrt Probleme. Zahlreiche Bestellungen neuer Schiffe mussten wegen Finanzierungsproblemen verschoben oder storniert werden, Reeder legten Frachter still oder schlossen ganze Betriebsteile."(...)


der anstieg des bdi zur zeit ist vor allem deswegen erstaunlich, weil sich die oben skizzierte situation keinesfalls verbessert hat,
im gegenteil:

(...)"Die weltweite Aufblähung des Finanz- und spekulativen Kapitals begünstigte die Produktionssteigerung im internationalen Schiffbau in einem Maß, das jeglichen Bezug zum tatsächlichen Transportsektor verloren hat. Da die real existierenden Werften seit 2005 mit Aufträgen auf Jahre hinweg völlig ausgebucht waren, wurden Verträge über Hunderte große Containerschiffe mit sogenannten Greenfield-Werften (Werften auf der grünen Wiese) abgeschlossen, die es noch gar nicht gab (und die es nun nie geben wird).(...)

Noch im Januar 2008 kostete die Beförderung eines Containers von China nach Europa rund 2500 US-Dollar. Anfang 2009 ist dieser Preis auf ein Zehntel, auf 250 US-Dollar gesunken. Oder, bezogen auf eine konkrete Ware: Vor einem Jahr lagen die Kosten für den Transport einer Flasche australischen Weins nach Europa bei rund 20 Cent. Anfang 2009 liegen sie bei weniger als zehn Cent. Diese – durch gewaltige Überkapazitäten bewirkten – Dumping-Transportpreise werden die Tendenz zu ständig absurderen Arbeitsteilungen und zu einer fortgesetzt erhöhten Beförderungsintensität – zu immer mehr Transportkilometern, die in einer Ware stecken – steigern.(...)

In den vergangenen Jahren haben die Reedereien im festen Glauben an ein göttlich vorgegebenes kontinuierliches Wachstum 1350 weitere Containerschiffe bestellt. Allein 2009 werden 470 neue Frachter mit einer Kapazität von 1,8 Millionen Standardcontainern die Werften verlassen – das ist ein Plus von 15 Prozent der gesamten Weltflotte in einem Jahr, in dem die realen Transporte in einer ähnlichen Dimension rückläufig sein dürften. Die Folge ist ein Absturz der Charterraten. Rund die Hälfte der Container werden von den großen Reedereien mit gemieteten Schiffen transportiert. Die Leihgebühren haben sich im Zeitraum März 2008 bis Januar 2009 auf weniger als die Hälfte reduziert. Die Frachtraten für Massengüter sanken sogar um mehr als 90 Prozent."(...)


das im letzten satz beschriebene ist genau das, was sich im sturz des bdi wiedergespiegelt hat. aber nochmal zur zentralen frage: woher entsteht die jetzige aufwärtstendenz, die hier und da schon als erstes und frühes zeichen eines baldigen "aufschwungs" interpretiert wird? als ich das erste mal von steigen des bdi erfuhr, kam mir spontan der gedanke, dass sich hier vielleicht die frühen auswirkungen der weltweit aufgelegten "konjunkturprogramme" manifestieren könnten, die in bestimmten, von diesen programmen jeweils besonders profitierenden branchen zu einer art aktivität auf vorschuß geführt haben. desweiteren könnte eine - wie auch immer - durchgesetzte entspannung hinsichtlich der sog. akkreditive den handel aus der ernstesten gefahr vorläufig gerettet haben - vielleicht erinnern sich manche leserInnen daran, dass im herbst tatsächlich auf bestimmten seeschifffahrtsrouten bereits tote hose war, und die gefahr von lieferengpässen bei bestimmten gütern durchaus genau so real war wie der anfang oktober in mehreren staaten stattgefundene "stille" bank run.

was sich nun aber genau im anstieg des bdi spiegelt, ist mir im kern durchaus unklar, zumal viele andere relevante krisenindikatoren weiterhin genau in die andere richtung tendieren. die börsen lasse ich dabei mal aussen vor, weil sich das geschehen dort meiner meinung nach schon länger von der realen ökonomischen situation verabschiedet hat. ich kann mich auch nicht so ganz mit erklärungsansätzen wie in einem
kommentar bei denwirtschaftsquerschüssen anfreunden:

"Die Stahlproduktion der letzten Wochen und Monate befindet sich auf den Weltmeeren, mangels Abnehmer. Die Schiffchen befahren mit Ihren Ladungen die Weltmeere mit der wagen Hoffnung auf Besserung. Vielleicht ist das der Grund warum der Baltic Dry Index "steigt". Habe ich vorhin am Telefon geflüstert bekommen. Und die Liquidität ist nur noch für 3 Monate austeichend was Thyssen-Krupp betrifft. Könnte mir gut vorstellen, dass das für andere Stahlproduzenten auch gilt."(...)

das liegt nicht nur an der nicht verifizierbaren quelle, sondern auch daran, dass stahl kein unverarbeiteter rohstoff ist. ähnliche gerüchte geistern momentan nebenbei gesagt auch bezgl. millionen barrel an rohöl herum, die sich in tankern befinden, die schon seit längerer zeit still auf den meeren liegen sollen - aus spekulativen gründen. das könnte ich mir irgendwie sogar vorstellen, sehe aber nicht die relevanz für den bdi. ich wäre sehr neugierig auf erklärungsansätze neben dem, dass sich hier tatsächlich eine kurzfristige "erholung" andeutet - was ich von einer solchen halte und warum, war oft genug thema in dieser reihe.

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wobei gewissheit darin besteht, dass sich so einen aufschwung gerade am innigsten die "eliten" weltweit wünschen, hat die krise doch ein stadium erreicht, in dem ganz grundsätzliche fragen plötzlich nicht mehr in rubriken alá "spinnerei", "utopisch" oder "weltfremd" sortiert werden, sondern auch aus ecken zu vernehmen sind, aus denen so etwas als allerletztes zu nerwarten gewesen wäre - jüngstes beispiel der im vorletzten beitrag zitierte artikel der faz.

aber sie haben auch durchaus etwas zu verlieren, und das betrifft nicht nur materiellen reichtum, sondern auch machtpositionen. wie so etwas in zugespitzen ökonomischen momenten - und ein staatsbankrott lässt sich durchaus so einordnen - aussehen kann, hat der argentinische schriftsteller ariel magnus neulich in der taz genauer beschrieben -
lesetipp!:

(...)"Es ist schwer einzusehen, dass nicht mal der letzte Garant weiter zahlungsfähig ist. Als ob man das Fahrrad an einer Laterne gesichert hätte und bei der Rückkehr entdeckt, dass nicht nur das Fahrrad, sondern auch die Laterne weg ist. Wenn nicht nur das Angebundene, sondern das, woran es festgemacht wurde, selbst von Wind verweht wird, was bleibt dann noch stehen?

Als die Krise kam, gab der Finanzminister bekannt: Wer in Dollars anlegte, wird Dollars wiederkriegen. Das konnte nur eines heißen: Vergiss es! In der Tat wurden alle Dollars auf den Konten automatisch auf Pesos umgestellt. Dadurch verloren sich zwei Drittel ihres Wertes. Als ob von heute auf morgen - bloß ein Gedankenspiel, bitte keine Panik! - alle Euros auf den Privatkonten in Mark zurückgestellt würden. Mit dem Unterschied, dass man jetzt für jede Mark nicht wieder einen Euro, sondern nur 30 Cent bekäme.

Wie damals für uns die deutschen Haushaltsgeräte oder die US-amerikanischen Medikamente werden hier nun der venezolanische Sprit, das argentinische Fleisch und das chinesische Allesmögliche dreimal so teuer. Dreist, oder?

Und das war nicht das Schlimmste. Denn selbst wenn jemand die Reste seines Vermögens aus der Bank retten wollte, stand ihm sein Geld nicht zur Verfügung."(...)


und das sorgte dann für verdammt schlechte laune:

(...)"Auf einmal nahm Geld seine wahre Gestalt an: Es war all das, was wir versäumt hatten, vorher zu machen. Nicht Zeit war Geld, sondern Geld war Zeit, und zwar verlorene.

Die Mittelschicht entdeckte sich als politische Gruppe. Man sang das inzwischen klassische "¡Que se vayan todos!" ("Alle sollen weg!") gegen Politiker aller Parteien, während man durch die sommerlichen Straßen demonstrierte, machte alle Lichter zu einer gewissen Uhrzeit aus und klopfte eifrig auf die eigenen Küchentöpfe. Dies führte zu weiteren Gewinnen in Sachen Wortschatz: "apagón" (Stromausfall) wurde zu einem Kampfwort, während "cacerolazo" (Topfschlagen) für immer auf dem Soundtrack der Revolution der Kontoinhaber bleiben wird. Die "Alles, nur nicht mein Sparkonto"-Partei organisierte später auch Tausch-Flohmärkte mitten in der Stadt und "asambleas" (Volksversammlungen) in den Barrios. Auf einmal herrschte so etwas wie ein gemeinschaftliches Gefühl im Land, als hätten wir endlich wieder eine Weltmeisterschaft gewonnen. Und als wäre uns im Nachhinein die Trophäe unrechtmäßig geraubt worden.

Außer den Politikern galt die Wut natürlich auch den Banken, staatlichen wie privaten. Ihre Fassaden wurden mit allem Möglichen verschmutzt, von Eiern und Spucke bis Farbe und Kot.

Berühmt wurde ein Mann, der mit Sonnenschirm und Liegestuhl, Sandalen und Badehose seine Ferien vor seiner Bank verbringen wollte, nachdem das Geld für die wirkliche Reise ferner als der Strand selbst lag. Lehre Nr. 1 in einer Finanzkrise: Man lasse sich den Humor nicht nehmen."(...)


der mann spricht aus erfahrung. weitere lehren?

(...)" Lehre Nr. 2: Auch die massivsten Begriffe verlieren während einer Finanzkrise an Speck - ob sie nun Staat heißen, Sparkasse, absolut oder sicher. Die Proteste verloren allerdings nicht an Kraft. Sogar McDonalds-Filialen wurden attackiert, als ahnte man schon damals, woher die Krise wirklich kam (also von Landsleuten, die gute Geschäfte mit Auslandskapital machten).

Ende Dezember 2001 kam es dann zu massiven Plünderungen und Straßenkämpfen mit der Polizei, die zu vielen Toten führten. Der Präsident musste fliehen, im etymologischen Sinne: Er nahm einen Helikopter direkt vom Dach des Regierungssitzes, um den wütenden Massen auf der Straße aus dem Weg zu gehen. In den letzten Tagen dieses Schicksalsjahres hatte das Land mehrere Regierungschefs nacheinander, deren erster Verwaltungsakt ihre eigene Kündigung war.

Und während Neujahr hatten wir überhaupt keinen Präsidenten. Kurios: Niemand hat ihn vermisst.

Lehre Nr. 3 könnte deswegen heißen: Bloß nicht die Ruhe da unten bewahren, wenn man da oben was umrühren will."(...)


da muss ich einfach mal wieder sagen: strike! (und mal im ernst, würden Sie wirklich auch nur eine der fratzen vermissen, die hier unter dem label "regierung" ständig äusserst zweifelhafte sachen verbraten?)

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ich hoffe ja sehr, dass es auch in irland menschen gibt, die sich den argentinischen umgang mit dem eigenen systemzerfall sehr genau betrachtet haben, und sich vielleicht die drei lehren zu herzen nehmen im kommenden
heulen und zähneklappern:

(...)"Der Weg aus der »schwersten Wirtschaftskrise seit 70 Jahren«, so Ministerpräsident Brian Cowen, wird die Iren teuer zu stehen kommen. Mit einem radikalen Sparprogramm versucht die konservative Regierung, den Staatsbankrott abzuwenden und in den nächsten fünf Jahren 16,5 Milliarden Euro (etwa zehn Prozent des BIP von 2008) einzusparen. In einem ersten Schritt werden nun für dieses Jahr die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zur Kasse gebeten, die ab sofort erstmals in die staatlichen Pensionsfonds einzahlen müssen. Mit weiteren Maßnahmen – wie Kürzungen beim Kindergeld, Einsparungen in der Verwaltung und der Verschiebung von vereinbarten Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst – sollen allein in diesem Jahr zwei Milliarden Euro eingespart werden. Die Gewerkschaften versagten dem Sparpaket in letzter Sekunde ihren Segen.(...)

Die dramatische Verschlechterung ist ein Resultat der verheerenden Rezession, die Irland 2009 ein Schrumpfen der Wirtschaft um bis zu fünf Prozent bringen wird. Jeden Tag verlieren 330 Menschen ihre Arbeit, die Regierung erwartet eine Arbeitslosenrate von zwölf Prozent. Firmen gehen Pleite oder verlassen die Insel (wie der Computerriese Dell, der nach Polen abgewandert ist), ausländische Investitionen bleiben aus. Der »keltische Tiger« ist K.o..

Die Folge dramatisch sinkender Steuereinnahmen und wachsender Ausgaben sind ein Budgetdefizit, das in diesem Jahr auf bis zu 15 Prozent geschätzt wird. In dieser Situation musste die Regierung nun nach langer Realitätsverweigerung die Notbremse ziehen: »Dieses Jahr werden wir 55 Milliarden Euro ausgeben und bestenfalls 37 Milliarden einnehmen. Für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in diesem Land müssen wir 4500 Euro Schulden aufnehmen. Wir müssen ein Drittel unserer Ausgaben durch geborgtes Geld begleichen«, warnte Ministerpräsident Cowen. »So kann es nicht weitergehen.«

Für viele Jahre werden sich die Iren damit auf deutlich niedrigere Lebensstandards einstellen müssen."(...)


was vielleicht viele leute in anderen eu-ländern sogar mit befriedigung vernehmen werden - bis es ihnen dann selbst an den kragen geht. um keine mißverständnisse aufkommen zu lassen: ich bin sehr dafür, "lebensstandard" neu und anders zu definieren als die vulgärkapitalistische bisherige variante. aber bei den anstehenden streichungsorgien nicht nur in irland werden ohne jeden zweifel diejenigen am härtesten über die tische gezogen werden, die jetzt eh schon per definition als loser gelten. und das wird in letzter konsequenz auch tote produzieren.

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und obdachlosigkeit ist nicht selten ein stadium auf dem weg dorthin; und dazu ein problem, das speziell in den usa ausmaße angenommen hat, die verstörend sind - war hier immer wieder thema, wird auch leider eines bleiben - heute eine art blitzlicht auf die
obdachlosigkeit in new york:

(...)"Rund hundert Menschen stürmten den Ballsaal im Grand Hyatt in Manhattan, sie trugen Schilder, auf denen stand, "Bürgermeister Bloomberg, rede mit allen New Yorkern“. "Anstatt sich um die Armen, um die Obdachlosen zu kümmern, interessiert sich Bloomberg nur für die Banker, die doch für die Rezession verantwortlich sind“, meinte einer der Protestler.

Die Demonstranten, die rasch von der Polizei aus dem Saal gedrängt wurden, gehören zu Bürgerinitiativen, die sich um Obdachlose kümmern. Denn diese sind ein wachsendes Problem. Ihre Zahl ist in einem der kältesten Winter des Jahrhunderts auf Rekordhöhen geklettert. Aber die Stadt hat ihren 600-Millionen-Dollar-Etat um 2,5 Prozent gekürzt."(...)

Obdachlos zu werden, kann in New York schnell gehen. Einer, den es erwischt hat, ist Harald Gardner, ein Taxifahrer aus Poughkeepsie, ein Städtchen im Norden der Bronx. Er hatte einen Unfall, bei dem er schwer verletzt wurde. Er verlor sein Haus und mietete den Wohnwagen eines Bekannten in einem Trailerpark. Der kostete jedoch 350 Dollar im Monat und Gardner bekam nur 300 Dollar Sozialhilfe — und bis er sie bekam, dauerte es mehr als sechs Wochen. Nach ein paar Monaten musste er auch aus dem Wohnwagen ausziehen. Heute lebt er in einem Obdachlosenheim. "Mit 300 Dollar schaffe ich es nie wieder, auf die Füße zu kommen”, sagt er. “Davon kann ich kaum das Essen bezahlen.”

Gardner ist kein Einzelfall. In New York City gibt es mehr Obdachlose als jemals in den letzten 25 Jahren: Im Februar waren 9427 Familien mit 15049 Kindern in Obdachlosenheimen untergebracht, 35.275 Menschen insgesamt, und deutlich mehr als Ende 2008. "Die Zahl der Familien in Obdachlosenheimen ist seit der Krise um 15 Prozent gestiegen“, meint Gordon Campbell, Präsident von United Way of New York City, ein Verein, der arme New Yorker unterstützt. Dazu kommen noch mindestens 3000 Menschen, die draußen oder in der U-Bahn schlafen."(...)


von 35000 menschen 15000 kinder - nicht, das erwachsene das unbedingt besser wegstecken könnten, aber kinder in so einer situation? die "beste aller welten" zeigt sich mal wieder jenseits ihrer unzähligen fakes und masken ganz real. und ganz widerlich.

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wir machen einen räumlichen und gedanklichen sprung - das folgende video ist zwar schon an diversen stellen im netz zu bewundern, aber selbst, wenn es hier nur ein(e) leserIn noch nicht gesehen haben sollte, wäre die weitere veröffentlichung schon gerechtfertigt. ich bin mir immer noch nicht schlüssig, ob ich das eher für eine geschickte inszenierung halten soll, oder aber tatsächlich "nur" eine panne vorliegt - sehen Sie sich´s selbst an und erfahren Sie nebenbei ein paar fundamentale wahrheiten (ausdrücklich nicht: angemessene lösungen) zur "hypo real estate" - zumindest von einem der beiden ;-)



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aber wieder ernsthaft: unter anderem genau die zustände, die auch im video thema sind, führen auf verschlungenen wegen in vielen ländern und planetaren regionen zu ereignissen, die als innere unruhen schon häufig thema der news waren. und beim folgenden handelt es sich um meldungen, die ich eher zufällig entdeckt habe, was zur frage führt, wieviel ähnliches wir gerade nicht erfahren. es handelt sich übrigens bei allen drei beispielen um länder, die diesbezgl. auch "offiziell" als kandidaten für solche krisenfolgen gelten -
china dabei an erster stelle:

(...)"Am Beginn stand das Verbot eines Drachentanzes, wie er zu den traditionellen Feiern des neuen chinesischen Jahres gehört. Die Sicherheitsgründe, die ins Treffen geführt wurden: Die Drachentänzer würden Feuerwerkskörper an ihren Kostümen tragen und gleichzeitig Alkohol konsumieren. Es folgte am Sonntag ein Protesttanz in der Verwaltungsmetropole der südwestchinesischen Provinz Guizhou und Zusammenstöße mit der Polizei, die diesen unterbinden wollte. Zwischen 2000 und 10.000 Menschen waren beteiligt, mindestens drei Polizisten und zehn Zivilpersonen wurden verletzt.

Dieser Vorfall zeigt die Spannungen in den ländlichen Regionen Chinas, auch wenn es meist um ernstere Anlässe geht: Mangelnde Entschädigung für Landkonfiskationen, Korruption und Umweltverschmutzung gehören zu den häufigsten. 2007, im letzten Jahr, für das Zahlen vorliegen, stieg die Zahl solcher Proteste auf 80.000 gegenüber 60.000 im Jahr davor."(...)


proteste= streiks, demonstrationen, betriebsbesetzungen und riots diverser ausmaße. jeden tag mehrfach an diversen orten. ich glaube, wir können uns keine rechte vorstellung machen von dem, was passieren wird, wenn die chinesischen millionen tatsächlich in großen aufruhr geraten.

zu polen ist es medial insgesamt gesehen erstaunlich ruhig; eher sind die (süd-)östlichen nachbarn ständiges thema. aber mit dieser ruhe dürfte es nach diesen
indizien bald vorbei sein:

(...)"Die Wachstumsprognose von knapp fünf musste mittlerweile auf 1,7 Prozent gesenkt werden, erklärte Premier Tusk. Um die lahmende Konjunktur anzukurbeln, setzt man in Polen nicht nur auf Ausgabenprogramme, sondern entwickelte ein straffes Sparpaket – fast 20 Milliarden Zloty weniger sind im Haushalt 2009 vorgesehen. Kritik am Sparkurs kommt aus dem nationalkonservativen Lager. Präsident Lech Kaczynski glaubt, dass die rigide Ausgabenpolitik den Abschwung noch verstärke.

Einen Vorgeschmack darauf, was dem Land dann blühen könnte, haben über tausend Stahlarbeiter gegeben. Im Rzeszow protestierten sie Ende der Woche gegen drohende Entlassungswellen. Reifen brannten, Absperrgitter wurden umgerissen. Nur der Einsatz der Polizei konnte Schlimmeres verhindern."


der dortige sicherheitsapparat weiß schon, warum er nach den unruhen im baltikum eine kooperation mit den dortigen staaten eingegangen ist. nebenbei: ist Ihnen auch aufgefallen, wie inhaltlich gleichgeschaltet in diesen tagen die wirtschaftsnachrichten aus fast jedem land der welt klingen? überall der gleiche und üble tenor.

eine kleine geschichte aus
italien noch:

"In Italien ist es bei Protesten von rund 100 Fiat-Mitarbeitern gegen Entlassungen zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Sieben Demonstranten wurden zur Feststellung ihrer Identität vorübergehend festgenommen, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte. Die Arbeiter des Fiat-Werks in Pomigliano bei Neapel hatten versucht, die wichtigste Nord-Süd-Autobahn Italiens zu blockieren. Demonstranten klagten, sie sie von der Polizei geschlagen worden."(...)

hatte ich schon mal gesagt, dass sich solche und ähnliche meldungen zukünftig häufen werden. ja? dann habe ich das jetzt halt wiederholt. hier waren es "nur" hundert - dabei wird es nicht bleiben.

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für dieses land hier gibt es nun - in buchform - eine weitere prognose unter dem titel "brennpunkt deutschland - warum unser land vor einer zeit der revolten steht". in einem
interview zu ihren thesen sagen die autorInnen unter anderem:

"LifeGen.de: Ihr Buch, das Sie nach dem Bestseller „Die Joghurt-Lüge“ geschrieben haben, trägt den Untertitel „Warum unser Land vor einer Zeit der Revolten steht“. Glauben Sie wirklich, dass es dazu kommt?

Vollborn: Vieles spricht heute dafür, dass wir in Deutschland französische Verhältnisse haben werden. Ich befürchte, dass Milliardenpakete für Banken und Kindergelderhöhungen von 10 Euro pro Monat wenig dazu beitragen, Vertrauen zu schaffen. Auch das Urteil gegen ex-Postchef Zumwinkel löst ungute Gefühle aus, zumal der Bundesgerichtshof im Dezember 2008 klar dargelegt hatte, wie Steuerhinterziehungen über eine Million Euro zu bestrafen sind: mit Gefägnis. Gilt das Urteil des BGH für Herrn Zumwinkel nicht? Bedauerlicher Weise braut sich neben den bevorstehenden und im Rahmen der Gesetze zu erwartenden Massenproteste auch weniger friedfertiges Potenzial auf. Die linksextreme Szene hat die seit zehn Jahren andauernde Militanzdebatte beendet und sich nun für den Einsatz von Gewalt ausgesprochen, zumindest sind Teile dieser Szene dafür. Am anderen Rand des extremen Spektrums plädieren rechte Parteien wie die NPD ganz offen für die „Abwicklung“ des demokratischen Systems der Bundesrepublik. Und die Mitte der Gesellschaft wendet sich von der Politik ab, weil sie sich verlassen und verraten fühlt – das sind die Zutaten, die als Mix mit dem anhaltenden soziale Abbau im Lande zu Unruhen führen können.

LifeGen.de:Aber im Lande ist es doch friedlich.

Vollborn: Glauben Sie das weiter, denn es gibt Ihnen ein Gefühl der Sicherheit. Die Sicherheitsbehörden wissen das anders, die Politik befürchtet es, doch man hält den Ball flach."(...)


neben solchen eher realistischen einschätzungen wie zu den nachweißlich geschönten offiziellen erwerbslosenzahlen ist der blick auf "extremisten" in unterschiedsloser aufzählung etwas, was micht dazu veranlasst, die autorInnen als eine art "besorgte staatsbürgerInnen" zu betrachten, was ich keinesfalls als kompliment meine. ich glaube aber, dass ihre recherchen bei den sog. "sicherheitsorganen" und deren einschätzungen teils ganz aufschlußreich sind, und weise speziell auf die aussagen zur neofaschistischen szene hin. denn deren entwicklung ist genau zu beobachten.

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was mich inhaltlich nochmals zu den streiks der letzten woche in großbritannien bringt, die mit inhalten und untertönen daherkamen, aufgrund derer sich nicht nur nationalisten in england die hände gerieben haben dürften. eine gewerkschaftliche
stellungnahme aus italien (wo übrigens am freitag auch eine art generalstreik stattfinden soll) finde ich inhaltlich bedenkenswert:

(...)„Das ist ein schwerer Schlag. Das zeigt wie sich ein Arbeitskampf in eine Auseinandersetzung unter Arbeitern verwandeln kann.“ Der Sekretär der FIOM, Gianni Rinaldini versucht nicht die Pille zu versüßen. Im englischen Hafen von Lincolnshire spielt sich eine Tragödie ab.

Haben wir es mit Sozialdumping zu tun?

„Was im Moment in Großbritannien passiert, ist ein Zeichen dafür, dass diese Krise destruktive Dynamiken in Gang setzt und der Protest der englischen Arbeiter ist das Gegenstück zu den protektionistischen Logiken, die überall aus dem Boden schießen. Das erste, was deutlich wird, ist die Verzweifelung der Arbeiter. Gewiss gibt es die Gefahr von Dumping. Einerseits hast Du ein Unternehmen aus Syrakus mit geringem gewerkschaftlichen Organisationsgrad, andererseits hast Du die Arbeitslosigkeit in einem der Länder, die am heftigsten für die Krise bezahlen. Großbritannien hat unter Jahrzehnten der Deindustrialisierung zu leiden. Die industrielle Produktion wurde seit Thatcher durch die Finanzbranche und den Immobiliensektor ersetzt. Das erklärt die Rebellion der Arbeiter, die im industriellen Bereich tätig sind. Ja, wir stecken voll im Dumping. Ich würde gern genauer wissen, ob sich das bestätigt hat, was mir die englischen Gewerkschafter gesagt haben: Sie behaupten, dass der ((Subunternehmer-))Vertrag, den die italienische Firma ((IREM)) im Ausschreibungsverfahren gewonnen hat, nicht nur ein Lohndumping provoziert, sondern auch eine Klausel vorsieht, die die Einstellung lokaler Arbeitskräfte ausschließen und damit eine elementare Norm verletzen würde, die eine Anwendung der Arbeitsverträge aus den Ursprungsländern verbietet. In wenigen Worten: Wer ausländische Arbeiter nach Großbritannien bringt, muss dieselben Lohn- und Vertragsbedingungen garantieren, wie sie von der englischen Gesetzgebung vorgesehen sind.“

Was einen betroffen macht, ist die Unzulänglichkeit, ja fast die Inexistenz der Gewerkschaften angesichts der Globalisierungsprozesse.

„Es fehlt eine Organisation und damit ein Handeln auf globaler Ebene. Dieses Problem betrifft über die Gewerkschaften (die nur in der Lage sind, Land für Land zu agieren, wenn es gut läuft) hinaus auch die Linken, die keine Vorstellung eines anderen Auswegs aus der Krise anzubieten haben, das heißt eine solidarische und nicht protektionistische Idee. Über den englischen Fall müssen wir auf der nächsten Versammlung des Internationalen Metallarbeiterbundes diskutieren, die am 18. und 19.Februar stattfinden wird. Bei dieser Sitzung steht bereits ein Treffen mit den US-Gewerkschaften auf der Tagesordnung, das für uns nach dem geplanten Abkommen zwischen FIAT und Chrysler von grundlegender Bedeutung ist. Wir brauchen eine gemeinsame Aktion. Wir müssen Strategien und eine gemeinsame Praxis entwickeln. Zu meinen, dass man alles durch einen allgemein gehaltenen Appell an die Solidarität lösen könne, wäre eine Dummheit. Das hat in der Geschichte der Arbeiterbewegung noch nie funktioniert. Nötig sind eine Antwort und ein Vorschlag auf globaler Ebene.“


dem letzteren möchte ich zustimmen. wenn ich mir allerdings bisher die hiesigen gewerkschaften so anschaue...hm.

kontext 52: die liste der lobbyisten in der regierung...

...war mir bisher in der form, wie sie gleich per wikipedia zu sehen ist, noch nicht bekannt - und ich finde sie eine der interessantesten listen, die mir je unter die augen gekommen ist. die paranoidesten und abgelutschtesten antworten auf solche fragen wie die, wer in diesem land denn eigentlich die wirkliche macht in den händen hat, werden durch die pure realität schlicht in den schatten gestellt.

das thema kam vor etwas über zwei jahren mal durch einen "monitor"-bericht kurz in die öffentlichkeit, fristet seitdem aber eher ein nischendasein in der öffentlichen diskussion, in der medialen produzierten "öffentlichkeit" sowieso. bemerkenswerterweise verdanken wir die gleich folgenden informationen einer kleinen anfrage der fdp-fraktion im bundestag (nur ein kurzer total-blackout oder regung der letzten reste von "freien demokratischen" regungen?) jedenfalls ist nicht anzunehmen, dass sich die grundsätzlichen zustände in den letzten beiden jahren geändert haben - für hinweise und korrekturen diesbzgl. wäre ich dankbar.

hier also nun die "kleine anfrage" und die regierungsseitigen antworten darauf - oder auch:
wer hier wirklich das sagen hat.

(...)"Mit der Beantwortung der FDP-Anfrage durch die Bundesregierung am 13. November 2006 [9] liegen seitdem konkrete Angaben über die Dimension vor. Auf die Frage:

1. Wie viele Mitarbeiter, die von Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften ganz oder teilweise bezahlt werden, sind in den letzten vier Jahren in den Bundesministerien oder in den obersten Bundesbehörden beschäftigt gewesen bzw. aktuell beschäftigt?

heißt es dort:

„In den Bundesministerien und im Bundeskanzleramt sind für einen befristeten Zeitraum insgesamt 100 externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ganz oder teilweise von Unternehmen, Verbänden oder Gewerkschaften bezahlt wurden, in den letzten vier Jahren im Geschäftsbetrieb tätig gewesen bzw. sind aktuell eingesetzt. [...]“

Die Frage

2. In welchen Bundesministerien oder obersten Bundesbehörden waren oder sind Mitarbeiter, die von Unternehmen, Verbänden oder Gewerkschaften ganz oder teilweise bezahlt werden, beschäftigt? Um welche Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften handelt es sich jeweils?

wird mit folgender Auflistung beantwortet, bei der das Verteidigungsministerium wegen „der Kürze der Zeit“ nicht aufgeführt ist:

* Bundeskanzleramt: KfW-Bankengruppe sowie AOK-Bundesverband bzw. BKK-Bundesverband

* Auswärtiges Amt: Wintershall AG, E.on AG, EADS, Deutsche BP, Lufthansa AG, Daimler Chrysler AG,
Siemens AG und BDI

* Bundesministerium für Arbeit und Soziales: IG Metall und Deutsche Bank AG

* Bundesministerium für Bildung und Forschung: Deutsche Bank AG

* Bundesministerium der Finanzen: Kreditanstalt für Wiederaufbau, Deutsche Börse AG, Zentraler
Kreditausschuss/Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (Mitgliedsinstitut HSH Nordbank),
Zentraler Kreditausschuss/Bundesverband Deutscher Banken (Mitgliedsinstitut Dresdner Bank),
Bundesverband Investmentund Asset Management, Deutsche Bank AG und BASF AG

* Bundesministerium für Gesundheit: Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutsche Apotheker und Deutsche
Bank AG

* Bundesministerium des Innern: Deutsche Bank AG

* Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Bayer AG und BASF AG

* Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Fraport AG, Flughafen Köln/Bonn GmbH,
Deutsche Flugsicherung GmbH, Deutscher Aero Club e. V., Kreditanstalt für Wiederaufbau,
HauptverbandderDeutschenBauindustrie, Bundesverband Öffentlicher Banken e. V. und Industrial
Investment Council GmbH

* Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.
V., Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, EFET Deutschland – Verband Deutscher
Gas- und Stromhändler e. V., Verband der chemischen Industrie e. V., Verband Forschender
Arzneimittelhersteller e. V., Verband kommunaler Unternehmen e. V., EuroNormGmbH, TÜVSüd AG,
Lanxess AG, Daimler Chrysler AG, Deutsche Telekom AG, Vivento, MorganStanley, LAUBAG, BASF AG,
Bayer AG, Wuppertaler Stadtwerke AG, Lichtblick/bne, Thyssengas, Wingas GmbH, IBM Deutschland

* Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Alstom GmbH (Salzgitter)
und ABB AG (Mannheim)


und wenn ich mir anschaue, wo alleine die deutsche bank überall per "externen mitarbeitern" vertreten ist/war - arbeit/soziales; bildung/forschung; finanzen; innenministerium... und gleichzeitig daran denke, dass nicht nur die deutsche, sondern auch die anderen aufgeführten banken mit den gleichfalls agierenden konzernen quasi ein - nicht widerspruchsfreies - kapitalistisches machtkonglomerat durch diverse gegenseitige beteiligungen, persönliche verbindungen etc. darstellen, fällt mir prompt wieder die
empfehlung von omgus nach dem ende von ns und wk2 ein:

"Es wird empfohlen, daß:

1. die Deutsche Bank liquidiert wird,

2. die verantwortlichen Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden,

3, die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden."(...)


für unser heute sollte daneben noch gelten: es darf keinesfalls alleine bei der "deutschen bank" bleiben.

Sonntag, 8. Februar 2009

assoziation: "es gibt systemkrise, baby!"

von der krisenkaskade hatte ich bereits öfter geschrieben; so bin (nicht nur) ich bekanntlich zb. der meinung, dass selbst dann, wenn die derzeit praktizierte ökonomie aktuell auf welchen wegen auch immer nochmals unter enormen aufwand in eine richtung des wachstums gezwungen werden sollte, die nächsten strukturellen krisen unmittelbar eintreten würden - und als erstes würde peak oil bzw. die folgen des peaks dafür sorgen, dass ein sog. aufschwung sehr sehr schnell wieder aufgrund rasant steigender energiepreise zum rohrkrepierer wird. aber das ist nur ein punkt, den ich v.a. deswegen immer wieder erwähne, weil er mir ansonsten überall zu kurz kommt. mittlerweile kommt die diagnose einer ausgewachsenen systemkrise jedoch aus immer mehr ecken, und es werden weitere - reale und halluzinierte - gründe genannt, mit denen sich eine nähere beschäftigung lohnt - ein paar beispiele jetzt.

interessanterweise ist der autor des ersten textes ein selbsterklärter anhänger der sog. "österreichischen schule", also jener spielart der sog. wirtschaftswissenschaften, die unter ihrem guru von hayek das ideologische konstrukt verbrochen hat, was heute unter neoliberalismus allgemein selbst bis in bürgerliche kreise hinein für eine mischung aus aufstöhnen und hohngelächter sorgt. es ist aber durchaus spannend, die aktuelle
sicht der dinge aus dieser ecke zu verfolgen:

(...)"Zum einen ist es keine Rezession; es ist eine Krise. Es gibt zwischen den beiden keinen genauen Unterschied, aber eine Krise hält man für noch ernster... und man geht NICHT davon aus, dass sie durch normale Regierungsmaßnahmen lösbar ist. Normalerweise begegnet man einem Konjunkturabschwung mit günstigeren Zinssätzen und höheren Regierungsausgaben. Diese beiden Zwillingswaffen der gesteigerten Verbraucherkredite und der höheren Defizite sprengen den Asteroiden normalerweise in seine Einzelteile, noch ehe er die Erde erreichen kann.

Aber ich habe schon mehrfach die Meinung geäußert, dass es diesmal anders ist. Wir haben es mit einer echten, strukturellen Krise zu tun... die durch zu hohe Schulden hervorgerufen wurde. Wenn die Menschen in eine solche Situation kommen, dann können sie nicht weiter Geld ausgeben - selbst wenn ihnen jemand mehr Kredite zu günstigeren Bedingungen anbietet."(...)


in diesem kleinen absatz, ja eigentlich in nur wenigen worten steckt nach meinem verständnis die gesamte neoliberale "antwort" auf die frage, wer oder was eigentlich schuld an der situation ist. "die menschen" haben "zu hohe schulden" gemacht, sprich "über ihre verhältnisse" gelebt. aha. he, Sie da draußen - ja, auch Sie stützeempfänger - "wir" müssen jetzt alle den gürtel enger schnallen, weil Sie über ihre verhältnisse gelebt haben! wie, Sie behaupten, dass Sie ständig genau dazu aufgefordert worden wären und das bspw. die werbung nichts anderes suggerieren würde als "kaufen Sie noch mehr mist, weil Sie sonst kein ganzer mensch sind"? und was, Sie haben trotz arbeit irgendwie immer weniger geld in der tasche? und die staatlichen hilfen sind almosen, von denen höchstens ein hund einigermaßen gut leben könne? hörnsemal, wir müssen jetzt auf etliche prozente unserer renditen verzichten, und da kommen Sie mit solchem gejammer? wo ist unsere polizei?!? wird zeit, euch undankbarem pack euren platz zu zeigen...

in dieser sicht der dinge fungiert als "eigentlicher" auslöser bzw. grund der krise die entscheidung der damaligen us-regierung unter clinton, möglichst vielen bürgerInnen der usa eine eigene wohnung zu ermöglichen; auch und gerade solchen, die sich das unter anderen - also den "normalen" - umständen niemals hätten "leisten" können. aber anstatt diesen durchaus lobenswerten vorsatz auch richtig durchzuführen - was nichts anderes bedeutet hätte, als wohnen als menschenrecht auch gegen die herrschenden besitzverhältnisse und mechanismen des wohnungs- und immobilienmarktes durchzusetzen, also als durchaus revolutionäre strukturelle veränderung weg vom "wohnraum-als-ware" -, statt solcher aktion also, die real weder gewünscht noch beabsichtigt gewesen ist, versuchte die administration, ihr vorhaben systemimmanent umzusetzen. und benutzte dazu eben dann die üblichen instrumente, zu denen primär billige bzw. staatlich geförderte kredite gehörten. was sich daraus dann aufgrund der systemimmanenten funktionsgesetze entwickelte, hat lange zeit niemand in den usa interessiert, solange die sache scheinbar gut ging bzw. ihr absehbares ende mittels weltweiter verlagerung der risikokredite in die länge gezogen werden konnte. das ist jetzt eine extrem geraffte kurzform, die aus neoliberaler perspektive implizit folgende auf den punkt gebrachte aussagen enthält:

- wer sich kein "eigenes" haus bzw. wohnen generell nicht leisten kann, muss halt im wahrsten sinne des wortes draußen bleiben. also im wohnwagen, zelt oder auf der strasse. und lebt dann immerhin nicht "über seine verhältnisse"
- die erwähnten versuche der us-regierung waren ein "unzulässiger eingriff" in das "freie spiel der marktkräfte", bei denen unter anderen umständen niemals "kreditunwürdige" kredite bekommen hätten.
- die involvierten banken waren geradezu "staatlich gezwungen" (= wider besseren wissens), solche kredite herauszugeben und später damit zu handeln.
- die staaten sind generell zu sehr damit beschäftigt, unproduktive minderleister - zu letzteren zählen auch schwächelnde branchen und firmen - aus steuergeldern zu subventionieren, und deshalb auch so hoch verschuldet.
- die löhne und sozialleistungen sind immer noch zu hoch und erwecken deshalb ungesunde konsumbegehrlichkeiten bei der masse, die am ende mit zu hoher privatverschuldung beitragen.
- deshalb sind auch alle versuche der konsumankurbelung mittels "konjukturpaketen" verabscheuungswürdig

was empfielt also im angesicht dieser gar erschröcklichen verhältnisse der (us-)neoliberale - ganz recht, "der markt" soll es richten, allerdings unter administrativer lenkung zu beginn:

(...)"Es gibt ungefähr 6 Billionen Dollar in Schulden, die beseitigt werden müssen, ehe die Wirtschaft wieder wachsen kann. Die Liqudierung würde es bringen - schnell und schmerzhaft. Die Leute würden bekommen, was sie verdient haben. Das auf dem Dollar basierende System würde zusammenbrechen. Alle würden ihre Lektion lernen und hinterher besser dastehen."(...)

immerhin zählt er zu "den leuten, die dann das bekommen würden, was sie verdient haben", nach meinem verständnis auch die ganze schar kapitalistischer brüder im ungeiste, die jene teile der finanz- und wirtschaftswelt repräsentieren, die inzwischen faktisch - wie die banken und auch die autoindustrie - im koma in den staatlichen intensivstationen am tropf hängen. die mehrheit jener "leute" aber - damit sind Sie und ich gemeint, die wir gemeinsam schändlich "über unsere verhältnisse" gelebt haben (das haben wir hier im westen zwar mehrheitlich tatsächlich, aber auf eine ganz andere art & weise, als sich die neoliberalen das vorstellen).

insgesamt sind das alles fragmente einer art krisentheorie, die dann durchaus plausibel erscheint, wenn man sich die ohren verkleistert, die augen fest zuhält und die eigene wahrnehmung primär auf die objektivistische schiene polt. oder anders: wenn man sich in einen zustand der dissoziierenden antisozialität begibt.

*

um diesem höchst ungesunden zustand entgegenzuwirken, hilft eine
konträre sicht der dinge, hier aus dem umfeld der zeitschrift krisis:

(...)"Im Unterschied zum Platzen der New Economy-Blase ist auffällig, dass dieser Kriseneinbruch nicht nur eine Branche, sondern nahezu alle Branchen erfasst. Dass die Krise zunächst als Immobilien- und Spekulationskrise aufgetreten ist, sollte nicht dazu verleiten, in den Finanzmarktoperationen die wahren Ursachen der Krise zu sehen. Denn wo und wie eine Krise erscheint, muss nicht zwangsläufig darauf hindeuten, wo sie entstanden ist und welchen Charakter sie hat. Bereits 1857 bemerkte Marx solche Kurzschlüsse in der zeitgenössischen Debatte und formulierte dazu in einem Leitartikel im New York Daily Tribune derart treffend, dass es als Kommentar zur aktuellen Diskussion gelesen werden könnte:

„Wenn Spekulation gegen Ende einer bestimmten Handelsperiode als unmittelbarer Vorläufer des Zusammenbruchs (crash) auftritt, sollte man nicht vergessen, daß die Spekulation selbst in den vorausgehenden Phasen der Periode erzeugt worden ist und daher selbst ein Resultat und eine Erscheinung (accident) und nicht den letzten Grund und das Wesen (the final cause and the substance) darstellt. Die politischen Ökonomen, die vorgeben, die regelmäßigen Zuckungen (spasms) von Industrie und Handel durch Spekulation zu erklären, ähneln der jetzt ausgestorbenen Schule von Naturphilosophen, die das Fieber als den wahren Grund aller Krankheiten ansehen.”(...)


und das lässt sich als direkte antwort auf die oben vorgestellte variante neoliberaler krisentheorie verstehen - "die spekulationen" können nach meinem verständnis auch als synonym für jene prozesse des handels mit den sog. "faulen krediten" in all seinen bisher bekannten formen gelten, mit dessen hilfe sich die banken gerade selbst in den finanziellen hades befördert haben (das sie sich mithilfe von phantastilliarden an steuergeldern immer noch an dessen eingang festklammern, ändert nichts an der grundsätzlichen situation - alle banken weltweit sind faktisch insolvent, und zwar sogar in "normalen" zeiten. das hat etwas mit dem grundsätzlichen "funktionieren" unseres geldsystems zu tun, wie es zb. im film
money as dept dargestellt wird. diese tatsache, die ständig durch unsere eigenen fiktionen bezg. des geldes verdeckt wird, kommt momentan nur einmal deutlich sichtbar an die oberfläche).

also, die kredite für die häuslebauer in den usa sind aus dieser perspektive nicht der kern des problems. aber was dann?

"Der jetzige Kriseneinbruch setzt sich in seinem Umfang von dem, was wir aus den letzten Jahrzehnten gewohnt sind, deutlich ab. Nicht nur, weil alle Branchen betroffen sind, sondern auch dadurch, dass im Unterschied zur Asien-, Mexiko- oder Argentinienkrise sich die Krise nicht nur auf einen Staat oder eine Weltregion beschränkt.(...)

Es handelt sich also um einen weltweiten Krisenprozess und es liegt die Frage nahe, ob es sich hier vielleicht um das Ende einer sogenannten „Langen Welle“ handeln könnte. Gemäß der Theorie der Langen Wellen wird die kapitalistische Wirtschaft etwa alle 50 Jahre von stetig wiederkehrenden großkonjunkturellen Zyklen erfasst. Es könnte hier argumentiert werden, dass auf den letzten Zyklus nach dem Kriseneinbruch ein weiterer folgen würde.

Auf den ersten Blick entbehrt diese Überlegung durchaus nicht einer gewissen Plausibilität. Wenn es der Kapitalismus bislang immer wieder geschafft hat, hinter jeden großen Krisenprozess einen Neustart zu setzen – warum sollte es dieses Mal nicht funktionieren? Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass es so einfach nicht ist. Zunächst deshalb, weil diesem Gedanken eine falsche Geschichtsphilosophie zugrunde liegt. Nur, weil sich die Kapitalverwertung bislang nach jeder Krise erholen konnte, heißt das nicht automatisch, dass ihm das auch in diesem Fall gelingen wird."(...)


ein
kondratjew-zyklus also, der sich seinem ende zuneigt - wer jetzt einwirft, dass diese zyklen von der orthodoxen und etablierten wirtschaftswissenschaft nicht ernstgenommen werden, sollte sich den aktuellen zustand dieser disziplin nochmals vor augen führen. ich akzeptiere diese these vorläufig und frage, was denn jetzt an wahrhaft neuen produktiven innovationen kommen sollte, die gemäß theorie die nächste "lange welle" einleiten müsste. sehen Sie da was in reichweite? ich nicht. dazu kommt noch ein aspekt, der in den mainstreamdebatten bis dato auch keine rolle spielt, der aber womöglich ein ganz entscheidendes puzzlestückchen zum verständnis der krisenursachen darstellt - gleich im nächsten absatz:

(...)Nun ist der Kapitalismus bereits seit Mitte der 70er Jahre mit der Situation konfrontiert ist, dass der ihm eigentümliche Rationalisierungswetbewerb technische und organisatorische Veränderungen im Produktionsprozess hervorgebracht hat, die in einem so hohen Maße Arbeitskraft durch Maschinerie ersetzen konnten, dass immer mehr Arbeit überflüssig wurde.

Seitdem warten nun die ExpertInnen gespannt darauf, welche Technologie wohl den nächsten prosperierenden Zyklus, die nächste Welle kapitalistischer Akkumulation einleiten und tragen könnte. Die New Economy war lange Zeit ein heißer Tipp, doch seit die 2000/2001 eingebrochen ist, ist das keine ernsthaft diskutierte Alternative mehr. Und dass das „finanzmarktgetriebene Akkumlationsregime“ auf Sand gebaut war, haben spätestens die Ereignisse seit dem Spätsommer 2008 gezeigt. Die Vermehrung von Finanztiteln an den Finanzmärkten ist nun mal keine Kapitalverwertung. Diese setzt nämlich immer die Verausgabung von Arbeit voraus, um Wert und Mehrwert zu produzieren. Nachdem die Finanzblase geplatzt ist, stellt sich also nach wie vor die alte Frage: wo soll er herkommen, der neue Aufschwung? Seit dreißig Jahren schon wird das Wirtschaftswachstum mittlerweile simuliert: durch staatliche Verschuldung, ungedeckte Geldschöpfung und Finanzmarktblasen.(...)


das finde ich vor dem hintergrund meiner inhaltlich auf unsere sozialstrukturen gemünzten these der um sich greifenden ersetzung von authentischem menschlichen sozialen verhalten durch simulierte und antrainierte als-ob-zustände plus der parallel wahrnehmbaren dafür notwendigen psychophysischen umstrukturierungen (als deren ausdruck ich u.a. viele beziehungskrankheiten begreife) einen höchst interessanten satz: "seit dreißig jahren schon wird das wirtschaftswachstum mittlerweile simuliert..." - wenn sich diese einschätzung näher begründen lässt, stellt sich sofort die frage, ob es da nicht etliche zusammenhänge gibt? was treiben eigentlich all die soziopathen, die großmeister der simulation, in den elitären führungsebenen? im hinterkopf notiert; und weiter im text:

(...)"Wenn wir es also mit mehr zu tun haben als mit einem vorübergehenden Kriseneinbruch – lässt sich das Geschehen dann als Hegemonieverschiebung sinnvoll beschreiben? Oft zu lesen ist etwa von einer relativen Abnahme der Macht der USA, in deren Folge aus dem klassischen Imperialismus ein Empire geworden sei. So richtig diese Beobachtung sein mag, so oberflächlich bleibt sie auch. Denn es ist ja keineswegs ausgemacht, das dieser relative Hegemonieverlust die Ursache der zu beobachtenden Prozesse ist – und nicht vielleicht ihre Folge."

das lasse ich mal so stehen mit der bemerkung, dass ich ebenfalls zur im letzten satz geäusserten variante neige.

"Das wird deutlicher, wenn wir uns vor Augen führen, das auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen Veränderungen ausgemacht werden. Jede Form gesellschaftlicher Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit scheint verloren gegangen zu sein, selbst Unternehmen könnten nicht mehr langfristig planen und sind von stetig undurchschaubarer werdenden Marktlagen abhängig und die herrschenden Institutionen verlieren mehr und mehr die Fähigkeit zur Integration. Doch auch diese Feststellung bleibt auf einer sehr oberflächlichen Ebene. Denn woher rühren nun diese allumfassenden Desintegrationstendenzen? Am Ende gar aus einer Systemkrise?"

möchten Sie das publikum fragen oder doch lieber den telefon-joker nutzen? jenseits dessen bekomme ich hingegen beim wort "desintegrationstendenzen" assoziationen, die hier im blog vielfach thema waren und sind - werfen Sie einfach mal ein blick auf den
index; da ist jede menge an zuständen, situationen und ereignissen versammelt, die ich insgesamt durchaus als ausdruck einer gigantischen desintegrationstendenz bezeichnen könnte. was aus einer marxistischen perspektive wie der dargestellten hauptsächlich an folgendem liegt:

"Tatsächlich sieht es sehr danach aus. Wenn es stimmt, was Karl Marx sagte, und „die Warenform des Arbeitsprodukts oder die Wertform der Ware die ökonomische Zellenform“ der kapitalistischen Gesellschaft darstellt – müsste dann nicht ihre Krise auch weite Teile der kapitalistischen Institutionen, Lebenspraxen und Ideologien umfassen? Sollte es dem Kapitalismus tatsächlich seit dem Ende des Fordismus nicht mehr gelingen, in ausreichendem Maße Arbeit einzusaugen, dann hätte dies eine Krise der Wertvergesellschaftung zur Folge. Die gesellschaftliche Synthesis über Arbeit, Wert und Kapital würde sich immer weniger in der Lage erweisen, einen kohärenten sozialen Gesamtzusammenhang herzustellen. Nun ist aber die Gesellschaft, in der „das Verhältnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhältnis ist“, die Voraussetzung menschlicher Vorstellungen von Gleichheit und Freiheit, die Basis der abstrakten Vergesellschaftung über Recht und Staat und überhaupt die Grundlage für gesellschaftliche Vorstellungen und Ideologien."

nun, ich finde ja, dass das doch eher abstrakte - in dem sinne von nicht unmittelbar fühlbar - postulat vom "verhältnis der menschen als warenbesitzer" präsenter gemacht werden kann, wenn wir uns bspw. einmal die aus- und vor allem unausgesprochenen fragmente der aktuellen sprache anschauen, in denen viele zeitgenossInnen heute nicht nur über ihre "beziehungen" reden und denken, sondern auch über sich selbst:

- "ich investiere zuviel in diese beziehung"
- "ich erwarte einen gerechten ausgleich zwischen geben und nehmen"
- "ich bin nichts wert"
- "mein körper ist mein eigentum"
- "was nutzt mir das? (bzw. der / die)?"
- und speziell zur sexualität hatte ich in einem früheren beitrag mal die wirkung der marktgesetze
so formuliert:
"äußere attraktivität konform der jeweiligen mainstreamproduzierten nachfrage mitsamt der
fähigkeit, das eigene image gut zu verkaufen, erhöhen die eigenen chancen, von anderen als
investitionswürdiges (zeit, aufmerksamkeit) objekt der begierde wahrgenommen zu werden"


das mag zwar alles platt klingen und auch "irgendwie" schon bekannt sein, aber die konsequenz zu ziehen, dass eine derartige sprache auch etwas über die jeweils vorhandene neuronale konfiguration bzw. die psychophysischen zustände der solcherart sprechenden aussagt, und sich diese zustände wiederum in einem dialektischen wechselspiel zwischen individuum und gesellschaft entwickelt haben müssen, bei dem sich die bekannten sozialisationsinstanzen die klinke in die hand geben bei der bewußten und v.a. unbewußten "wertevermittlung", und sich diese "werte", die ja allgemein verbindliche sein sollen, in letzter hinsicht und im kern nicht von der beschränkten gefühls- und denkwelt eines, sagen wir mal durchtriebenen gebrauchtwagenhändlers unterscheiden - diese konsequenz also mögen nur die wenigsten ziehen, weil sich damit sofort fragen von solcher grundsätzlichkeit hinsichtlich der eigenen existenz und auch des eigenen sozialen umfeldes stellen, die metaphorisch gesprochen das potenzial einer ordentlichen portion nitroglyzerin besitzen und den ernsthaft fragenden sofort in eine völlig unbekannte zone jenseits aller gewohnten sozialität befördern können. was im allgemeinen unglaubliche ängste mit sich bringt. und auch diese erpresserische konstellation, mit der (wir) solche fragen im allgemeinen unterdrücken, ist eine komponente des klebstoffes, der den ganzen laden hier bis dato (noch) zusammenhält - noch:

"Eine Systemkrise in diesem Sinn ließe sich daher durchaus als „fundamentale Krise“ beschreiben: nicht nur im Bereich der Ökonomie, sondern weit darüber hinaus wären gesellschaftliche Institutionen und Vorstellungen von ihr betroffen. Den Ausweg aus dieser Krise würde dann auch nicht eine sorgfältig geplante Form von Politik darstellen, mit der sich das Ganze dann ein wenig effizienter und ein wenig sozialer organisieren ließe. Stattdessen steht die Menschheit vor der Wahl zwischen Emanzipation und Barbarei.

In diesem Sinne birgt die Systemkrise auch durchaus die Gefahr, zu einer noch tiefgreifenderen Menschheitskrise zu mutieren. Denn nicht nur, dass der Kapitalismus die natürlichen Lebensgrundlagen zu unterhöhlen droht und aufgrund des ihm innewohnenden Wachstumszwangs davon auch nicht ablassen können wird; die immer durchgeknalltere Formen annehmende ideologische Krisenverarbeitung hält noch weitere Spannungspotentiale bereit, bei denen sich mit gutem Grund fragen lässt, wie die Menschheit da wieder rauskommen will.

Aber malen wir das Szenario nicht in zu düsteren Farben. Denn der aktuelle Krisenprozess ist gewissermaßen hausgemacht. Er ist weder vom Himmel gefallen noch von unbesiegbaren Naturkräften ausgegangen. Er hat seine Ursache vielmehr in der simplen Tatsache, wie Menschen ihr Leben und damit ihre Produktion organisieren – und was das mit ihnen macht. Das bedeutet aber auch, dass es es die Möglichkeit zur Veränderung gibt. Die jedoch kann nur darin bestehen, neue Formen sozialen Miteinanders zu finden, die nicht auf der Logik von Ware, Geld und Staat beruhen."


die folgen des zwangs zum - exponentiellen - wachstum sollten deutlich sein; beispiele einer "ideologischen krisenverarbeitung", hier einer nationalistischen, lassen sich in den in den letzten news erwähnten streiks in großbritannien betrachten. und so augenöffnend ich in mancher hinsicht solche texte mit schwerpunkt ökonomiekritik auch finde, die beliebigkeit und unkonkretheit hinsichtlich "neuen formen sozialen miteinanders, die nicht auf der logik von ware, geld und staat" beruhen, liegt zu einem großen teil aus meiner perspektive darin begründet, dass die fragen danach, wie, auf welchen wegen und mittels welcher prozesse sich einerseits denn die benannten logiken ganz konkret und real in die menschliche struktur, d.h. unsere körper und die darauf basierende psyche, ihren verheerenden weg bahnen, und wie sie sich andererseits in "normalen" und pathologischen formen des fühlens und denkens in jedem menschen kenntlich machen, bisher überwiegend nicht gestellt werden - und genau aus diesem grund habe ich in verschiedenen debatten hier und an anderen orten auch das fazit gezogen, dass ich mir keine emanzipativen prozesse mehr vorstellen kann, die nicht auch ganz zentral auf dem heutigen wissen zu unserem psychophysischen funktionieren beruhen. das betrachte ich weiterhin als schwerstes manko, nicht nur der politischen linken.

*

die in obigen text drohend skizzierte - und sehr realistische - möglichkeit einer menschheitskrise wird mittlerweile auch an solchen orten wie dem feuilleton der frankfurter allgemeine als option ernstgenommen, und das sogar in sehr
drastischen worten, die für solche eine zeitung eher ungewöhnlich sind. und vor allem taucht hier als wahrnehmung wiederum das auf, was der "krisis"-autor ganz treffend mit dem begriff der desintegretationstendenzen zu fassen versuchte:

(...)"Bald ist das richtige Politikinstrument – irgendwo muss es doch liegen – gefunden, dann wird, Lieblingsvokabel des Politsprechs, die „Stellschraube“ angezogen, und wir setzen die Fahrt fort wie zuvor, bitte entschuldigen und verkennen Sie die Tatsache unseres anhaltenden Absturzes.(...)

Alle (...) schauen zu, geduldig und nett, wie wir postmodernen Menschen heute sind. Es ist viel zu ruhig.

Es ist längst Zeit, das Staunen über die irrwitzige Geschichte von den mehrfach gebündelten Schrottpapieren und den kriminellen Systemen, die ihre Verbreitung zum Geschäft gemacht haben, diesen Dealern mit gepanschten Finanzspritzen, zu überwinden und das ganze Ausmaß der sich gerade voll entfaltenden Weltkrise ins Auge zu fassen. Das monatelange öffentliche Kümmern um die Banken hat wenig gebracht und führt dazu, die akute Gefahr kommender sozialer Krisen zu vernachlässigen. Wir haben bald ganz andere Probleme, abstrakt war letztes Jahr: In Island führten Proteste der chronisch friedlichen Bevölkerung, die langen schlechten Zeiten entgegensieht, zum Sturz der Regierung, der auch nur ,abwiegeln‘ und ,weiter so‘ einfiel.

Die angesehene Zeitschrift „Foreign Policy“ hat nun die Liste der „nächsten Islands“ veröffentlicht, Staaten, bei denen sich totale Überschuldung, politisches und wirtschaftliches Missmanagement und ein kompletter Glaubwürdigkeitsverlust der Regierenden krisenhaft zuspitzen. Nicaragua ist dabei, alle anderen aber liegen in und bei Europa: Großbritannien, Griechenland, Lettland und die Ukraine. Deren wachsendes Elend wird nicht stumm bleiben. Abgesehen von Streiks, Demonstrationen, Unruhen und Plünderungen können wir rassistische Ausschreitungen gegen Migranten und Minderheiten, politische Instabilität, höhere Kriminalität und generell eine um sich greifende Gewaltbereitschaft und Radikalisierung erwarten. Diese Krise beschert uns zerfallende Gesellschaften in unserer Nachbarschaft: Wo noch die Republik war, herrscht bald die Mafia. Krise ist keine Frage von Blasen und Buchungen, da geht es um durchgeheulte Nächte. Anderswo, unter den chinesischen Wanderarbeitern und bei den Illegalen, die aus Afrika nach Europa wollen, wird die Krise Leben kosten."(...)


noch mehr leben als im kapitalistischen normalbetrieb schon, muss ergänzt werden. und ob der zerfall nur auf die nachbarschaft beschränkt bleibt? ansonsten gäbe es auch zu anderen stellen des textes etliches anzumerken, aber ich finde ihn nicht nur wegen seines umfeldes bemerkenswert, sonder vor allem wg. seiner expliziten botschaften erstaunlich - neben dem neulich thematisierten "zeit"-artikel ist das nun eine weitere breitseite für ein "bürgerliches" publikum, von dem gefordert wird, sich mit dem gedanken an eine gesellschaftliche umwälzung zu beschäftigen:

(...)"Es ist derzeit völlig offen, ob die Textur der Gesellschaft diese Krise übersteht. Denn das Versagen der Banken war ja in der herrschenden Ideologie, die sich als Wissenschaft tarnte, gar nicht vorgesehen: Weniger Steuern und mehr Freiheiten für die Tüchtigen, dann geht es allen gut. Doch wir sehen: Nirgendwo gibt es so viele tüchtige und berühmte Millionäre wie in Kalifornien. Hollywood und Silicon Valley ziehen Talente aus der ganzen Welt an, und doch kann es sein, dass dieser reiche, dynamische Staat bald seine Lehrer nicht mehr bezahlen kann. Da ist mehr faul als nur ein Stapel Papiere. Wie lebt der Kalifornier, zu dessen Betriebssystem das große Versprechen auf ewige Verbesserung gehört, mit einer dauerhaft verbauten und überschuldeten Zukunft?

Die deutsche Gesellschaft hat auf die Krise erst mal recht liebevoll reagiert: Jemand ist süchtig geworden, hat alles Geld verbraucht und verlangt nun nach mehr. Also räumt man die Schränke aus, um ihm über die nächsten Tage zu helfen. So haben wir, obwohl der Haushalt fast ausgeglichen war, Schulden gemacht und Bürgschaften abgegeben, wie in den „Kindern vom Bahnhof Zoo“ die Freunde den Junkies Rotwein und Hustensaft gemixt haben – um die Schmerzen zu lindern.

Aber so kann es nicht weitergehen. Die Republik kann nicht länger koabhängig sein und muss auf die systemische Krise mit einem Systemwandel reagieren.(...)

Um die Gesellschaft vor Unruhen und kalten Bürgerkriegen zu bewahren, muss ein großer Dialog begonnen werden. Das alte System wird sich nicht fangen, für die Ramschpapiere gibt es keinen Markt, und es wird auch keinen mehr geben. Mit gouvernementalem Herumfuchteln in Klüngelrunden, um irgendwelche Stellschrauben zu befingern, ist nichts mehr zu gewinnen. In solch einer Lage kann es einen Fortschritt nur geben, wenn man sich von ideologisch begründeten Prinzipien verabschiedet und all das stärkt, was Gemeinsinn stiftet."(...)


ich nehme dem autor dabei durchaus ab, dass er mit der konservativen floskel "gemeinsinn" durchaus kein revival der volksgemeinschaft im sinn hat. fragt sich allerdings nur, wie verbreitet dieses verständnis ist?

*

um schluß dieser völlig persönlichen auswahl an theoretischen und/oder beschreibenden stellungnahmen zur krise sei noch auf einen text hingewiesen, der vor kurzer zeit bei telepolis veröffentlicht wurde und von krisenthesen des soziologen immanuel wallersteins handelt -
In dreißig Jahren wird es keinen Kapitalismus mehr geben. na, das ist doch mal ne ansage! solange ich allerdings keine genaueren texte von wallerstein selbst speziell zu diesem punkt (und bei diesem thema auch lieber in deutscher sprache) zur verfügung habe, möchte ich diese these hier erstmal nicht weiter kommentieren.

Donnerstag, 5. Februar 2009

notiz: und sonst? der kleine medienüberblick - armut & hirnentwicklung; desaster in hauptschulen; kriegstraumata aus afghanistan; tierquälerei und bahnschnüffelei

ich hätte auch von news neben und jenseits der krise schreiben können, finde aber, dass das aus diversen gründen auch anders gesehen werden kann - schließlich ist die aktuelle krisenkaskade etwas durchaus hausgemachtes und besser als symptom für grundsätzlich strukturelle systemfehler zu verstehen, die jetzt nicht nur in vielerlei hinsicht gemeinsam kumulieren, sondern in vielen ihrer wirkungen und rückkoppelungen erst in etlicher zeit voll einschlagen werden. und sowieso ließe sich bei unseren gesellschaftlichen verhältnissen mit einigem recht sagen "krise is immer", zumindest in gerade den bereichen, in denen sich all die aufhalten, die aus verschiedensten gründen draußen sind und teils schon immer waren. "draußen" meint in diesem fall: die teile der realität, die von systemimmanter wahrnehmung entweder schlicht geleugnet, ignoriert, und/oder mit simulationen zugekleistert werden. im folgenden nun ein paar berichte von draußen.

*

das kinder in ihrer gesamten entwicklung von ökonomischer armut schwer geschädigt werden können, war hier in einem älteren
beitrag schon mal kurz thema; nun gibt´s auch eine längere version:

"Fast 2,5 Millionen Kinder gelten bei uns als "armutsgefährdet". Das ist nicht einfach nur schade oder bemitleidenswert, sondern Grund zu großer Sorge, wie auch Hirnforscher bestätigen. Denn der äußere Mangel kann schon bei Babys zu inneren Reifungsverzögerungen führen, die sie ein Leben lang nicht mehr los werden.(...)

Seit etlichen Jahren wird dieses Forschungsfeld beackert. Martha Farah und Daniel Hackman, Psychologen der University of Pennsylvania in Philadelphia, haben jetzt alles zusammengetragen und ziehen eine erschreckende Bilanz. Vor allem in zwei wichtigen Hirnbereichen lassen sich Entwicklungsstörungen festmachen, die mit einem niedrigen Sozialstatus einhergehen: In Arealen der linken Hirnhälfte nämlich, die mit dem Sprachvermögen zusammenhängen, und dazu auch im Stirnhirn, dem "präfrontalen Kortex", der entscheidend dazu beiträgt, wie wir uns tagtäglich verhalten. Dort werden Handlungsalternativen abgeschätzt. Dort wird der Gefühlsstrom aus dem Inneren des Gehirns kontrolliert und reguliert. Dort wird auch anhand sozialer Erfahrungen beurteilt, was "man" so tut in einer bestimmten Situation und was eher nicht. Was also soll aus einem werden, wenn die verinnerlichten Maßstäbe entweder nicht stimmen oder aber nicht angelegt werden können?

Schon früh lassen sich Veränderungen entdecken. Bei gerade mal sechs Monate alten Babys fanden niederländische Forscher der Erasmus-Universität Rotterdam deutliche Einflüsse eines niedrigen Sozialstatus auf das Temperament der Kinder. Die stärkste Beziehung fanden die Rotterdamer bei der Ängstlichkeit der Kinder - je ärmer, desto zaghafter. Und je ärmer die Umgebung war, in der sie aufwuchsen, desto zappeliger waren die Babys. Auch wenn diese frische Studie noch manche Frage offen lässt und mit ähnlichen Untersuchungen verglichen werden muss, gibt es doch klare Tendenzen, die sich in der Entwicklung von über 7000 Kleinkindern verschiedener ethnischer Herkunft abzeichnen. Schon in den Köpfen von Kindern, die erst wenige Monate alt sind, lässt sich wenigstens statistisch ablesen, aus welcher gesellschaftlichen Schicht sie stammen.(...)


im weiteren verlauf macht der artikel das vielleicht zentrale dilemma deutlich, welches durch die neurowissenschaften zwar nicht ausgelöst, aber in gewissem sinne getriggert wurde: wie determinierend für die betroffenen sind solche durch die sozioökonomischen verhältnisse verursachten entwicklungsstörungen? darauf gibt es - und kann es meiner meinung nach zum jetzigen zeitpunkt auch (noch) nicht - keine deutliche antwort. aber von den durchaus möglichen geschichten mal abgesehen, in denen menschen selbst trotz solch schlechter "startbedingungen" es schaffen, ein authentisches leben zu führen (wozu eben nicht unbedingt der "erfolg" im herrschenden sinne gehört, sondern eher eine in sich ruhende zufriedenheit) - eine mehrzahl dieser kinder wird bis dato irgendwann früher oder später in der rubrik "problemfall" landen, ohne je überhaupt die chance gehabt zu haben, sich irgendetwas anderes aussuchen zu können. und zu den dann fälligen konsequenzen stellt der artikel ganz treffend fest:

(...)"Passt das in unseren "Sozialstaat"? Auch mitten in einer Wirtschaftskrise sind wir noch lange nicht arm genug, um solche Armut zulassen zu dürfen. Und mit nüchternem Blick auf die so oder so gemeinsame Zukunft könnten wir sie uns nicht einmal leisten, wenn uns verkrachte Einzelschicksale gänzlich ungerührt ließen."

leider ist die im letzten satz angesprochene kollektive blindheit immer noch der verbreitete obligatorische wahrnehmungsstatus. für den wir alle vielfältig bezahlen (ja, die ökonomistisch verseuchte sprache ist auch so ein ärgernis. aber mir fiel kein anderer passender ausdruck ein).

*

"problemfälle" jedenfalls landen oft genug in den späteren phasen ihres von anfang an gesellschaftlich behinderten lebens in den entsprechend dafür vorgesehenen institutionen, von der psychiatrie bis zum knast. vorher gehen sie - vielleicht sogar nur, um den gesellschaftlichen normalitätssimulationen zu genügen? - wie alle anderen auch in die schule. und zwar in eine, die nicht nur der im folgenden interview zitierte lehrer als eine art gesellschaftliche
entsorgungsanstalt empfindet:

(...)"sueddeutsche.de: Glaubt man der aktuellen Berichterstattung über die Hauptschule, müssten Sie an einem Ort des Schreckens arbeiten. Mögen Sie Ihren Beruf?

Hartmut Groß*: Ja, meistens mag ich ihn. Ich bin seit mehr als 30 Jahren Lehrer und habe mir in dieser Zeit nur selten gewünscht, ich hätte einen anderen Job. Doch die Unterrichtsbedingungen werden immer schwieriger. Die Politik übt großen Druck auf uns aus, die Schüler werden von vorneherein als Verlierer abgestempelt und die Zusammenarbeit mit den Eltern ist oft katastrophal. In unseren Klassen sitzen viele Gestrandete, Demotivierte und auch Verhaltensgestörte. Doch nachdem ich ihre Eltern kennengelernt habe, hatte ich oft mehr Verständnis für die Kinder.

sueddeutsche.de: Was meinen Sie damit?

Groß*: Ich habe mir schon oft gedacht: "Dafür, wie XY aufwächst, schlägt er sich sogar sehr gut." Wir haben zum Beispiel viele Schüler, die am Ende des Monats einfach nichts mehr zu essen bekommen, weil kein Geld mehr da ist. Dann haben wir Kinder mit psychisch kranken Eltern, oder solche, die geschlagen und missbraucht werden. Das sind traurige Extremfälle, die aber an der Hauptschule häufiger vorkommen als an anderen Schulformen. Dazu kommen dann die "normalen" Erziehungsfehler, die Eltern begehen und wir ausbaden müssen.

sueddeutsche.de: Was sind das für Fehler?

Groß*: Wir bemerken eine grundsätzliche Vernachlässigung. Auf Klassenfahrten etwa spüren wir deutlich, dass es die Kinder überhaupt nicht gewöhnt sind, den ganzen Tag einen erwachsener Ansprechpartner zu haben. Sie finden es toll, dass plötzlich jemand für sie da ist und werden richtig anhänglich. Wir sind dann Familienersatz, der am liebsten noch beim Einschlafen dabei sein soll. Außerdem stellen wir fest, dass die Schüler von zu Hause keinerlei Anregungen bekommen. Da wird nicht gelesen oder mal gemeinsam etwas unternommen."(...)


das thema vernachlässigung musste ich hier leider schon öfter aufgreifen, hier nur ein
beispiel. und mir scheint das erstens ein unheilvoller trend zu werden, bei dem man sich zusätzlich fragen muss, ob nicht auch seitens der wirtschaft & "ihres" staates eine faktische, wenn auch spezifische art der vernachlässigung gegenüber all den "abgehängten" und "überflüssigen" der "leistungsgesellschaft konstatiert werden muss; und zweitens würde ich das im gegensatz zum lehrer nicht unbedingt als "normale erziehungsfehler" betrachten - für diese art der eingefrorenen gewalt aus kälte und ignoranz sind psychophysische strukturen nötig, die aus meiner perspektive die grenze zu klinisch relevanten störungen deutlich überschreiten. aber die anerkennung ernsthafter pathologien würde natürlich nicht nur die entsprechenden statistiken in die höhe treiben, sondern auch den gesamtzustand des systems noch deutlicher werden lassen als jetzt schon. davon abgesehen, sind die beschriebenen verhältnisse ein weiterer skandal unter den inzwischen unzähligen und nicht mehr überschaubaren, die sich zu jenem einzigen großen gesamtskandal addieren, der deckungsgleich mit dem herrschenden system ist.

*

bleiben wir noch ein etwas bei den "problemfällen" und verfolgen mögliche lebenswege weiter, so landen wir auch bei der variante, dass sie - immer noch mehr männer als frauen - im zuge der ihnen aufoktroyierten perspektivlosigkeit zb. beim militär landen, was ihnen einerseits eine gewisse ökonomische sicherheit verschafft, andererseits für entsprechend disponierte persönlichkeiten möglichkeiten zum ausagieren - und zwar zu einem staatlich geduldeten, wenn nicht gewünschten - ausagieren ihrer ganz eigenen täter-opfer dialektik bietet. was konkret heißen würde: als kind ein opfer, später in uniform ein (mit-)täter - und dann eventuell
wieder ein opfer:

(...)"Marco Hölzken, 32 Jahre alt, Oberfeldwebel und Ausbilder im Fernmelderegiment, wird in Berlin stationär wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung behandelt. Vor nicht allzu langer Zeit reichte eine Spezialabteilung im Hamburger Bundeswehrkrankenhaus aus, um alle psychisch Kranken der deutschen Streitkräfte zu versorgen. Jetzt werden auch in Berlin traumatisierte Soldaten therapiert, mehrere andere Bundeswehrkrankenhäuser in Koblenz und Ulm bauen psychiatrische Stationen zur Traumabehandlung auf. 


Denn Soldaten, die nicht nur am Körper, sondern auch an der Seele verletzt aus einem Krieg zurückkehren, gehören wieder zu Deutschland. Mit den gefährlicheren Einsätzen werden es immer mehr.(...)

Als er nach der Weihnachtspause im Januar 2005 wieder seinen Dienst zu Hause antritt, hält er den Stress nicht mehr aus. Viele seiner Kollegen sind im Einsatz, und er ist für 30 Leute allein zuständig. “Ich wollte einfach meine Ruhe.” Er schreit seine Leute an, weist sie zurecht wegen Nichtigkeiten. Er versucht, die Bilder mit Bier zum Verschwinden zu bringen, aber der Rausch macht alles noch schlimmer. Zu Hause weint er viel, ist depressiv und schickt seine Freundin weg, wenn sie ihm helfen will."(...)


es scheint hinsichtlich der medialen berichterstattung zum thema
kriegstraumata und bundeswehr regelrechte wellen u geben; und die jüngste wurde durch einen weiteren film zur thematik angestoßen, "willkommen zuhause, der am montagabend zur hauptsendezeit in der ard lief und die erlebnisse eines afghanistan-"veteranen" mit ptbs nachzeichnete. ja, dieses land nimmt real an kriegen teil, und deutsche soldaten befinden sich in kampfeinsätzen. und so ist es eine zwingende konsequenz, die die passive inkaufnahme dieser realität für diese gesellschaft eben auch eine konfrontation mit ähnlichen folgen bedeutet, wie sie bspw. die usa schon seit langem kennen. und die fragen, die sich in der hinsicht stellen, sind in einem kommentar bei der "taz" so gut auf den punkt gebracht, das ich mir viel arbeit sparen kann:

"Die Schlagzeile könnte auch lauten: Jetzt auch deutsche Soldaten kriegstraumatisiert!

Es ist schon seltsam,
1) dass Kriegstraumata hierzulande ein Tabuthema sind, wo doch vor nicht allzu langer Zeit fast die ganze Bevölkerung traumatisiert war - und manche Menschen es noch heute sind. (vermutlich gerade deswegen, anmerk. mo)

2) dass unser Verteidigungsminister auf die Verdreifachung der (offziell bekannten) Fälle von PTBS nur stotternd reagieren kann: "Im Vergleich zu anderen Ländern sieht es bei uns noch ganz vernünftig aus." Vernünftig? Die Wortwahl lässt seine Einstellung zu psychischen Erkrankungen gut erkennen.

3) dass es erst einen TV-Spielfilm geben muss, damit die Medien das Thema überhaupt aufgreifen.

4) dass damit aber der Blick noch nicht über den Tellerrand reicht: Natürlich ist es dramatisch, dass deutsche Soldaten diesen Belastungen ausgesetzt werden. Und sie müssen Hilfe von höchster Stelle bekommen.

Aber wieviele Millionen Menschen sind täglich der Todesangst ausgesetzt und leiden unter Traumata? Wie entwickeln sich Gesellschaften, in denen jeder einzelne traumatisiert ist? Welche Zukunftschancen haben Kinder, die nie Frieden kennen lernen?

Die deutschen Medien sollten das Verhältnis wahren und im Zusammenhang mit dem Thema Trauma auch anderen wichtigen Fragen nachgehen. Es ist doch wirklich eine gute Gelegenheit."


das einzige, was ich nicht so unterschreiben würde: warum müssen deutsche soldaten, warum muss überhaupt irgendwo irgendjemand solchen "belastungen" ausgesetzt werden? für welche und wessen interessen? ich sehe eigentlich nur einen krieg als überhaupt gerechtfertigt an; und das ist einer, der vom gegner bereits geführt wird, und zwar seit langer zeit, weltweit und mit allen mitteln - indirekt übrigens auch mit den "mitteln", die weiter oben im beitrag thema sind. und den betrachte ich als echten verteidigungskrieg.

*

eines der hauptsächlichen mittel, ziele und zwecke jenes eben erwähnten krieges, dessen fronten auch in mehr oder weniger großem maße in uns allen verlaufen, stellt dabei die verdinglichung alles lebendigen dar - und wo auf menschen keine rücksicht genommen wird, werden erst recht auch pflanzen und
tiere als objekte betrachtet, mit denen beliebig umgesprungen werden kann:

(...)"Es schläft sich herrlich auf Daunenkissen und unter der Daunendecke. Und eine Daunenjacke sorgt für mollige Wärme, wenn es kalt ist. Doch dieser Komfort hat einen Preis, über den die Branche nicht so gerne redet: Millionenfache Tierquälerei. 80 Prozent der auf dem Markt befindlichen Enten- und Gänsedaunen stammen nämlich nicht von toten Vögeln. Sie werden im Abstand von jeweils mehreren Wochen lebenden Tieren herausgerissen. Nicht nur in China, sondern trotz gesetzlichen Verbots auch innerhalb der EU. Beispielsweise in Ungarn und Polen. Auf Höfen, die für ihre Tierhaltung EU-Subventionen bekommen.(...)

"Ich zeige ihnen jetzt, wie man die Flügel zusammenhält, damit die Vögel nicht wegfliegen", erklärte die Chefin des mobilen Daunenpflückteams, das regelmäßig die Höfe der Gegend bereist. Sie hielt dasschreiende Tier hoch, dem sie die Beine zusammengebunden hatte, und zeigte dann, wie man die Daunen erst an den Seiten, dann am Bauch und an den Beinen, dann am Hals und zuletzt am Rücken abpflückt. Bei zahlreichen Vögeln reißt die Prozedur bis zu 10 cm lange und mehrere Zentimeter breite Wunden, die die ArbeiterInnen an Ort und Stelle mit Nadel und Faden zunähen - ohne Betäubung natürlich. 300 Vögel pflückt eine gute Arbeiterin am Tag."(...)


ich habe zu tierquälereien eine klare position, und erst recht dann, wenn sie noch dazu als angeblich "ökonomisch sinnvoll" hingestellt werden. trotzdem finde ich die öffentlichen reaktionen nicht nur positiv, sondern auch bedauerlich und bezeichnend:

(...)"Nach der Ausstrahlung der TV-Reportage brach ein regelrechter Proteststurm los, gefolgt von Boykottaufrufen von Tierschutzorganisationen aus ganz Skandinavien. Die Anbieter von Daunenware reagierten binnen weniger Stunden. Von Ikea bis hin zum Dänischen Bettenlager und Fjällräven versprachen die Unternehmen, Daunenprodukte mit Federn lebender Vögel vom Markt zu nehmen und in Zukunft nur noch solche zu verkaufen, die nachweislich von toten Tieren stammen."(...)

und zwar einfach in der hinsicht, dass bei offensichtlichen menschenquälereien sowohl proteste als auch reaktionen der täter selten so eine schnelligkeit und dimension erreichen wie in solchen fällen. und ich fürchte, dass das nicht nur daran liegt, dass tiere generell als unschuldig wahrgenommen werden, sondern sich auch ein großes stück mißtrauen und selbstabwertung von menschlicher seite aus dahinter verbirgt. und das zieht für mich zu oft die motivationen von tierschützerInnen ins zwielicht.

*

und das stichwort "mißtrauen" leitet über zum letzten thema, der schnüffelpraxis bei der deutschen bahn. es fehlt in der öffentlichen diskussion darum einfach ein aspekt, der
hier genauer umrissen wird:

"Die aktuelle Schnüffel-Affäre bei der Deutschen Bahn AG (DB) hat auch eine politische Dimension jenseits der Korruptionsbekämpfung. „Wurden auch wir ausgeschnüffelt?“, fragen Mitglieder der Gewerkschaft TRANSNET, die die privatisierungskritische Initiative Bahn von unten unterstützen.

So kamen engagierte Eisenbahner bei einem aktuellen Erfahrungsaustausch am Wochenende zu der Schlussfolgerung, dass in den letzten Jahren eine politisch motivierte Beschnüffelung und Überwachung von Telefonaten und dienstlicher E-Mail-Korrespondenz im Konzern Deutsche Bahn stattgefunden haben muss. Anhaltspunkte hierfür ergaben sich für die Betroffenen etwa aus Gesprächen mit Vorgesetzten und EDV-Spezialisten bei der Bahn. Gegner eines Börsengangs und der Expansionsstrategie des Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn wie auch Kritiker von Personalabbau- und Umstrukturierungsmaßnahmen würden im Konzern systematisch beargwöhnt und gälten für das Management als „unzuverlässig“. Entsprechende „dezente Hinweise“ erhielt nach eigenen Angaben auch der Betriebsratsvorsitzende und Bahn von unten-Mitbegründer Alfred Lange."(...)


ich würde mich keinesfalls wundern, wenn sich hier die eigentliche motivation seitens der konzernführung befinden würde - es würde jedenfalls sehr gut erklären, warum auch bahnpersonal gescannt wurde, welches nun mit korruptionsrelevanten bereichen überhaupt nichts zu tun haben kann. und das wäre dann aus meiner sicht der eigentliche hammer bei der ganzen geschichte, der dazu voll in das erbärmliche bild passen würde, welches wir tag für tag von diesem system ertragen müssen. ich bin sehr gespannt, ob und wie dieser verdacht ein öffentliches thema wird.

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