Montag, 26. Januar 2009

notiz: krisennews spezial - situation in den usa

und für diese situation finde ich nur noch die bezeichnung heulender wahnsinn angemessen - wäre es nicht an der zeit, zumindest dort von einer depression zu sprechen?

(...)"Die Suppenküchen und Lebensmitteltafeln zwischen New York und Los Angeles wappnen sich dem Artikel zufolge für die größte Herausforderung, der sich dieses Wohltätigkeitssystem seit dessen Aufbau in den Sechzigern stellen muß. Es gebe Planungen, neue, große Einrichtungen zur Nahrungsmittelvergabe in den Städten zu errichten. Das Ziel, besonders den »arbeitenden Armen« genügend Nahrungsmittel zur Verfügung zu stellen, die neuesten Untersuchungen zufolge bereits die größte Gruppe der Unterernährten in den USA stellen. Der Bedarf wachse der ersten Generation der Suppenküchen bereits »über den Kopf«, berichtete Robert Egger, der Präsident das Wohltätigkeitsverbandes Central Kitchen.(...)

Derzeit bemühten sich viele Sozialverbände, staatliche Zuschüsse für ihre Lebensmittelprogramme zu erhalten, berichtete die Washington Post. Allerdings ließe das Engagement der Bundespolitik arg zu wünschen übrig. Der Harvard-Professor J. Larry Brown stellte beispielsweise kürzlich eine Studie vor, derzufolge die Ausweitung staatlicher Zuschüsse um zwölf Milliarden Dollar ausreichen würde, um Hunger und Unterernährung in den Vereinigten Staaten größtenteils zu beseitigen. Dennoch sei eine Ausweitung der Vergabe von staatlich finanzierten Lebensmittelmarken nicht in Sicht, monierte die Washington Post. »Mir ist keine Nation bekannt, die die Ernährungssicherheit ihrer Bevölkerung durch private Wohltätigkeitsorganisationen sichergestellt hätte«, erklärte Brown. Es gebe »eine bundesstaatliche Verantwortung, der nicht nachgekommen wird.«

Insgesamt sind 35 Millionen Bürger der Vereinigten Staaten von Hunger oder Mangelernährung betroffen. Auf der anderen Seite werden laut Erhebungen des US-Landwirtschaftsministeriums jährlich Lebensmittel im Wert von 31 Milliarden Dollar – was etwa einem Fünftel der gesamten Produktion entspricht – vernichtet, da sie auf keine zahlungskräftige Nachfrage treffen. 49 Millionen Menschen hätten mit diesen Nahrungsmitteln ernährt werden können.

Wachsende Verelendung mitten im Überfluß kennzeichnet auch die Wohnsituation von immer mehr US-Amerikanern. Landesweit entstehen immer neue Zeltstädte. In diesen wild wuchernden provisorischen Siedlungen sammeln sich all jene ehemaligen Hausbesitzer, die ihre Hypotheken nicht mehr abzahlen konnten und sich nach einer Zwangsversteigerung auf der Straße wiederfanden. Allein im Großraum Los Angeles seien 60000 Häuser auf diesem Wege in den Besitz der Banken übergegangen, meldete die BBC. Die ehemals der amerikanischen Mittelklasse angehörenden neuen Obdachlosen würden oft schikaniert oder vertrieben. In etlichen Städten gingen Sicherheitskräfte gegen die Lager vor und zerstörten die Zelte."(...)


letzteres ist in diesem video zu sehen:



und nicht nur in der nahrungsfrage werden die spezifischen eigenarten des kapitalismus dann voll sichtbar:

(...)"Auf der anderen Seite hat die Hypothekenkrise zu Wohnraumleerständen in bisher unvorstellbaren Größenordnungen geführt. Laut dem US-Ökonomen Richard Wolff beträgt die Quote beispielsweise in Cleveland (Ohio) bereits zehn Prozent. Die Konsequenz der Stadtverwaltung ist nicht etwa, die Obdachlosen dort einzuquartieren. Im Gegenteil: Wenn die Häuser nach einer gewissen Zeit keinen neuen Besitzer finden, sollen sie abgerissen werden. Ähnlich würden auch viele andere Städte handeln, so Wolff. »Es gibt Tausende von leeren Häusern und Tausende von Obdachlosen – und wir leben in einer Wirtschaftsordnung, die beide Probleme nicht lösen kann«, lautet sein bitteres Fazit."

ja, was sagt das wohl über diese wirtschafts"ordnung" aus? darüber dürfen jetzt immer mehr
"freigesetzte" in den usa nachdenken - wenn sie von selbst drauf kommen würden, ihr bisheriges leben sowie ihre ziele einmal gründlich zu reflektieren. nicht nur ständige grenzverletzer und -überschreiter sind in ihrer funktion als täter verantwortlich, sondern ab einem gewissen punkt auch diejenigen, die diese ständigen übergriffe - und der entzug von nahrung und wohnung bzw. das stürzen von millionen in armut und verelendung ist ein existenzieller und brutaler übergriff - dulden und tolerieren:

(...)"Wegen der sich vertiefenden Rezession entlassen große Konzerne aus den USA und Europa quer durch alle Branchen zehntausende Mitarbeiter. Zum Wochenauftakt gaben etliche börsennotierte Unternehmen an einem Tag den Abbau von mehr als 50 000 Stellen bekannt."(...)

um genauer zu sein: es waren alleine heute 56.000 stellen! und das nur von den bekannteren und "großen" namen; wieviele kleine betriebe geben wohl derzeit täglich den löffel ab? es deuten jedenfalls zur zeit verdammt viele indizien darauf hin, dass wir tatsächlich in die endphase der globalen raub- und plünderungsökonomie, die auf ein ständiges und real unmögliches exponentielles wachstum angewiesen ist, eingetreten sind. und das bisher ohne praktikable alternativkonzepte.

wie lautet doch jener chinesische fluch noch?

"mögest du in interessanten zeiten leben"

kontext 51: zum phänomen der (autistischen) "savants"...

...gibt es aktuell gerade einen artikel bei telepolis:

(...)"Wie Peek, dessen Gehirnhälften kaum miteinander verbunden sind, weisen Menschen mit Savant-Syndrom häufig deutliche Hirnanomalien oder schwere Hirnschäden auf. Etwa die Hälfte von ihnen leidet unter Autismus, so auch Tammet. Die Inselbegabten leben im Allgemeinen in ihrer eigenen, inneren Welt. Denn da sie häufig eine körperliche und/oder geistige Behinderung haben, können keine Auskunft darüber geben, wie sie ihre außergewöhnlichen Leistungen vollbringen – mit einer Ausnahme: Daniel Tammet.

Der Brite, der Ende Januar 30 Jahre alt wird, leidet nach eigenem Bekunden nur unter einer leichten Form von Autismus, dem Asperger-Syndrom."(...)


einen kommentar meinerseits dazu können interessierte
hier finden.

Sonntag, 25. Januar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (19)

um die jeweiligen inhalte der krisennews etwas übersichtlicher zu gestalten, werde ich ab jetzt einleitend die themen kurz skizzieren.
  • wie sich die krise ins reale leben frisst: beispiele aus guatemala und österreich
  • bankster und die mafia: un sieht anzeichen für einsatz von drogengeldern zur banken"rettung"
  • britischer minister: "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked."
  • die krise und der profisport: "es geht ans eingemachte" im fußball und der formel 1
  • krisenkaskade: warum peak oil dafür sorgen wird, dass ein hypothetischer "aufschwung" sofort wieder abgewürgt werden wird
  • europäische staaten richten zentrale stelle zur beobachtung und vorwarnung von inneren unruhen ein
  • neues aus griechenland
  • und ein nachtrag: island
*

hierzulande ist es wohl größtenteils immer noch so: wer nicht gerade freunde/bekannte im umfeld hat, die zu der inzwischen in die hunderttausende gehenden zahl von entlassenen leih-, zeit-, oder kurzarbeitern gehören und selbst nicht über genügend kapital verfügte, um sich am weltweiten treiben der finanzmärkte zu beteiligen, dazu noch einen job hat und bei bedarf immer noch geld aus dem automaten bekommt, neigt verständlicherweise dazu - auch bedingt durch die regierungsamtliche desinformationspolitik - im angesicht der immer greller leuchtenden alarmsignale nur noch mit den schultern zu zucken - "ja und? was geht´s mich an?"

neben der bereits öfter konstatierten allgemeinen sozialen trance sowie der oben skizzierten eigenen erfahrungswelt dürfte zu diesem fatalen fehlschluss ein weiterer wahrnehmungsfehler beitragen, der daran liegt, dass menschen in der mehrheit dazu neigen, die verhältnisse bei sich und in dem ihnen zugänglichen umfeld umstandlos auch auf den rest der welt zu projizieren. das ist allerdings ebenfalls ein prozeß, der untrennbar mit dem vorgang der verdrängung all dessen zusammenhängt, was einen selbst in angst versetzen könnte. und eigene vorhandene zweifel werden im zuge dessen gleich mit (scheinbar) entsorgt, was sich daran erkennen lässt, dass nachfragen bezgl. der krise bei solchen zeitgenossen zunehmend zu genervteren bis aggressiven reaktionen führen können.

in gebieten wie bspw. den entvölkerten und vom leerstand befallenen vorstädten vieler us-städte, in den elendszonen osteuropas, in den globalen "automobilstandorten" und anderen zuerst von den krisenfolgen betroffenen zonen sieht die wahrnehmung entsprechend anders aus. erst recht in den planetaren elendszonen des trikonts, der sog. "dritten welt" - was der zusammenbruch der westlich dominierten globalen ökonomie dort anrichtet, lässt sich anhand dieses
beispiels aus guatemala ansatzweise erahnen:

(...)"28 Jahre lang hat sich Casa Alianza intensiv in Mittelamerika um Straßenkinder und mißbrauchte Heranwachsende bemüht. Ihre Sozialarbeiter waren wichtige Ansprechpartner für Tausende Kinder und Jugendliche, die ohne erwachsene Bezugspersonen aufgewachsen sind. In verschiedenen Krisenzentren und Kinderheimen wurde ausgestoßenen Kindern ein neuer Anfang ermöglicht und eine Zukunftsperspektive eröffnet. Das alles ist absehbar vorbei, von heute auf morgen. »Die Arbeit kann nicht weitergeführt werden«, erklärt Leonel Dubon, der Programmdirektor von Casa Alianza. »Uns stehen nicht mehr die notwendigen Mittel zur Verfügung.« Dabei sei die Lage der Kinder insgesamt »ziemlich hoffnungslos. Es gibt keine andere Organisation, die die Rolle von Casa Alianza übernehmen könnte. Dies ist ein harter Schlag für die Straßenkinder und für die Präventionsarbeit in den städtischen Armenvierteln.«(...)

Das Hilfswerk wird seit Jahren auch aus anderen Ländern unterstützt, doch der wichtigste Finanzgeber ist die US-amerikanische Organisation Covenant House. Als die Direktorin von Casa Alianza in Guatemala, Claudia Rivera, vor wenigen Wochen von einem Besuch der Covenant-House-Zentrale in New York zurückgekommen ist, war das düstere Ende schon abzusehen. »Ein gewisser Teil unserer Einnahmen hängt von den Börsenwerten ab. Die Einbrüche der Aktien haben uns geschadet. Außerdem hat die steigende Arbeitslosigkeit in den USA dazu geführt, daß weniger gespendet wird.«(...)


und so wird eine arbeit, die gesellschaftlich nicht nur dort vor ort, sondern auch global von unschätzbarer bedeutung ist - wenigstens die versuchte eindämmung von posttraumatischen störungen im gefolge von armut, struktureller gewalt, elendsökonomie und bürgerkrieg - ebenso bedenkenlos geopfert wie gleichzeitig versucht wird, den strukturell verantwortlichen weltweit die fortsetzung ihrer "spiele" zu ermöglichen - unter einsatz von fantastilliarden. straßenkinder, auch noch ohne weiße hautfarbe? wen interessieren die?

»Jetzt müssen die Straßenkinder die Konsequenzen der Fehler von Wallstreet-Brokern zahlen. Es trifft diejenigen am härtesten, die überhaupt nichts haben, keine Familien, kein Zuhause. Einige haben über Jahre hier im Heim gelebt, und jetzt werden sie wieder rausgeschmissen, vor die Tür gesetzt.«

Der fünfzehnjährigen Brenda steht der Schrecken ins Gesicht geschrieben. »Ich werde meine Freunde vermissen«, sagt sie. »Es ist schwierig, woanders neue Freundinnen zu finden. Wir waren aneinander gewöhnt. Es wird mir schwerfallen, all die Mädchen zu vergessen.« Brenda weiß nicht, wie es jetzt weitergehen soll. »Als ich noch zu Hause war, habe ich nie gelernt, was richtig ist und was falsch. Das habe ich erst hier erfahren und noch vieles mehr. Vielleicht werde ich jetzt auf der Straße leben.« Jedoch danke sie Gott für die 17 Monate, »die ich hier sein durfte«. Allerdings: »Ich habe Angst vor dem, was kommt.«


der letzte satz spielt, wenn auch in anderen dimensionen, ebenfalls eine hauptrolle in der befindlichkeit der bewohnerInnen einer
kleinstadt in österreich:

(...)"In den Medien ist die Wirtschaftskrise allgegenwärtig. Aber richtig spüren kann sie erst, wer hierher kommt; oder in eine andere kleine Gemeinde in einer strukturschwachen Gegend. Kaum wo hat die Krise so stark eingeschlagen wie in Knittelfeld und Umgebung. Sie verändert das Leben von fast jedem hier. Viele Leitbetriebe haben bereits Kurzarbeit oder Stellenabbau angekündigt – vom Motorenbauer ATB in Spielberg über den Leiterplattenhersteller AT&S in Hinterberg bis zu Stahl Judenburg und Austria Federn. Das Ebenseer Betonwerk in Knittelfeld sperrt zu, das Wienerberger Ziegelwerk im angrenzenden Apfelberg hat Anfang November einen unbegrenzten „Winterstillstand“ verhängt.

„Früher hat es halt geheißen, die Leute müssen ein bissel flexibel sein und nach Graz fahren, wenn sie ihren Arbeitsplatz verloren haben. Aber dort wird jetzt auch massiv abgebaut“, sagt ATB-Betriebsrat Michael Leitner, der sich gerade mit 80 Kündigungen im Betrieb herumschlagen muss. Die Leute sind verunsichert, und die Angst vor der Zukunft frisst sich wie ein Krebsgeschwür in die Köpfe. Ob beim Stammtisch, beim Damenkränzchen oder im Sparverein, es gibt kaum noch ein anderes Thema. „Viele fragen sich: Bin ich dabei? Trifft’s mich auch?“, erzählt der Knittelfelder „Bachwirt“ Sepp Hölzl."(...)


zuerst kommen die offenen elendszonen, dann die strukturschwachen gebiete, und am ende werden sich immer mehr auch in den strahlenden metropolen des planeten ebenfalls diesen fragen stellen müssen. in dieser hinsicht zumindest ist die krise eine art gleichmacher.

*

könnten solche ängste gekoppelt mit weiteren informationen über die reale struktur der globalen wirtschaft bei den betroffenen wenigstens eine art aha-effekt erzeugen? die sehr fließenden grenzen zwischen "legaler" und "illegalisierter" ökonomie waren im blog schon öfter thema, und vor diesem hintergrund mutet das folgende auch
nicht wirklich überraschend an:

(...)""Vielfach ist Drogengeld derzeit das einzige verfügbare liquide Investmentkapital", so Costa: "In der zweiten Hälfte des Jahres 2008 wiederum war Liquidität das größte Problem des Bankensystems, und damit wurde flüssiges Kapital zu einem wichtigen Faktor."

Die UNODC habe Anzeichen gefunden, dass "Interbank-Kredite durch Geldmittel finanziert worden, die aus dem Drogenhandel und anderen illegalen Aktivitäten kommen". Es gebe "Hinweise, dass manche Banken auf diese Art und Weise gerettet wurden"(...)


wenn man sich klar macht, dass banken in verschiedenem ausmaß auch den service der geldwäsche für solche und andere (waffen- und menschenhandel zb.) gelder anbieten, auf den die verschiedenen global aktiven mafiösen corporations zwecks aufrechterhaltung des legalitätsanscheins dringend angewiesen sind, bekommen fragen danach, warum eigentlich seitens der "offiziellen" politik das ganze globale finanzsystems bis an den rand des eigenen ruins um jeden preis "gerettet" werden soll, eine weitere mögliche antwort - und zwar eine, die aufgrund ihrer unglaublichen implikationen für verhalten und position jedes einzelnen menschen in diesem system kaum jemand hören werden will.

*

und auch vor diesem hintergrund möchte ich hier ein
zitat dokumentieren, welches der betreffende zwar hinsichtlich der besonders prekären britischen situation gemacht hat, das aber nichtsdestotrotz in den heutigen zeiten eine deftige allgemeingültigkeit beanspruchen darf:

(...)"After watching the slide in bank shares on Friday, one cabinet minister did not altogether joke when he said: "The banks are fucked, we're fucked, the country's fucked."(...)

and capitalism sucks!

*

wer will, kann in den medienwirksamsten sportarten wie fußball und dem total durchgeballerten rennirrsinn der "formel 1" wie im spiegel die gleichen merkmale eines pathologischen exponentiellen wachstumszwangs erkennen, unter denen auch die restlichen bereiche der globalen gesellschaften ächzen: immer mehr von allem muss es sein; mehr zuschauer, mehr fernsehgelder, höhere ablösesummen und gehälter, mehr leistung - letzteres auch, wenn´s denn "sein muss", unter inkaufnahme des psychophysischen ruins von gedopten sportlern. aber auch hier beginnt die krise, die strukturellen
grenzen des ganzen sichtbar zu machen:

(...)"In dieser Krise geht es wirklich ans Eingemachte", sagte Manager Hoeneß dem "Spiegel". Der Manager erwartet in den kommenden sechs Monaten deutliche Veränderungen bei den Besitzverhältnissen der Vereine.

Auch Bayern-Vorstandschef Rummenigge fürchtet angesichts der Krise um die Zukunft europäischer Klubs. Er habe von Kollegen aus England, Spanien und Italien von "ganz massiven Problemen" gehört, "weniger bei den absoluten Topklubs, aber eine Stufe darunter", sagte er der "Süddeutschen Zeitung": "Es scheint zahlreiche Klubs zu geben, die ernsthaft bankrottgefährdet sind."(...)


interessant ist vor allem, dass die argumentation analog der von hiesigen politikern in der jüngsten vergangenheit anmutet: "die großen" sind sicher, was sich bspw. beim blick nach spanien, wo die tatsächlichen - und seit eh und je hoch verschuldeten - riesen wie bspw. real madrid nicht unwesentlich von spanischen bauunternehmen gesponsert werden, irgendwie doch relativiert - das dürfte bei der rasanten krisenentwicklung nicht nur in spanien in bälde bei allen beteiligten zu der frage führen: "brot oder spiele?"

zum anderen erklärt rummenigge gleich mal die deutsche bundesliga implizit für "solide" und "krisenfest", was sich gleichfalls so überzeugend anhört wie das geschwafel von steinbrück im vergangenen herbst - "krise? nicht bei uns". schönreden bis zum eigenen untergang. und ähnliches ist auch beim nur noch mit dem wort "dekadent" zu bezeichnenden quatsch zu verzeichnen, hochgetunte autos
im kreis um die wette fahren zu lassen:

"Die Weltwirtschaftskrise bremst die Formel 1 aus und zwingt die Rennställe, die Gürtel deutlich enger zu schnallen. Ein rigider Sparkurs soll den Teams und Herstellern das langfristige Überleben in der Königsklasse ermöglichen. Die Verantwortlichen sind bemüht Optimismus zu verbreiten – und beschwören die Chancen, die in der erzwungenen Schrumpfkur stecken. Echte Zuversicht oder Durchhalteparolen?(...)

Die Weltwirtschaftskrise bremst die Formel 1 aus und zwingt die Rennställe auf Sparkurs - mit teils drastischen Folgen: So schockte Honda die Serie Anfang Dezember mit dem sofortigen Rückzug aus der Formel 1. Aber auch Ferrari, Toyota und McLaren-Mercedes reagierten, verzichteten auf die bislang übliche pompösen Präsentation ihrer neuen Wagen für die Saison 2009. Und das Wort Personalabbau ist in aller Munde. Renault hat angeblich bereits 100 Mitarbeiter entlassen und Red-Bull-Teamchef Christian Horner befürchtet Ähnliches. Erste Betroffene sind die Mitarbeiter der Testteams, die wegen des Testverbots während der Saison alle aufgelöst werden."(...)


wenn die "formel 1" in den orkus gehen würde, wäre das endlich mal eine absolut positive krisenfolge.

*

in dieser reihe habe ich unter dem stichwort der krisenkaskade öfter versucht, meinen eindruck zu vermitteln, dass es sich bei der weltwirtschaftskrise "nur" um einen stein innerhalb eines gebildes handelt, welches die dem westlichen "way of life" huldigenden gesellschaften global an ihre grenzen und darüber hinaus führen wird. und so ist die derzeitige aufmerksamkeitsfixierung auf die ökonomische krise zwar verständlich, jedoch - wie eigentlich üblich - mal wieder außerordentlich kurzsichtig. genauso wie das bestreben, das system doch bitte so weiterlaufen lassen zu können wie bisher. peak oil war bereits oft ein thema, und ich kann zum wiederholten nur dringend davor warnen, die niedrigen ölpreise im moment als grund für sorglosigkeit anzusehen. es ist nämlich bereits jetzt schon absehbar, was im - allerdings immer hypothetischer werdenden - fall passiert, dass die derzeitige globale ökonomie nochmals die kurve kriegen sollte - sie würde in diesem falle umstandlos in ihre
nächste strukturkrise eintreten:

(...)""Die Zeit billiger Energie ist vorbei“: Damit überschrieb die Internationale Energieagentur (IEA) im November ihren neuen Weltenergiebericht. Die weltweit geförderte Ölmenge, so die Kernbotschaft, werde im Jahre 2020 ihr Maximum erreichen (peak oil) und danach sukzessive zurückgehen. Hingegen werde die Ölnach-frage weiter anwachsen und das Preisniveau deutlich nach oben treiben. Von 2025 an sei ein Ölpreis von bis zu 200 Dollar pro Barrel möglich.

Zu Beginn des Jahres 2008 hätte diese Prognose sicherlich für viel Aufregung gesorgt. Doch Anfang 2009, in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise, ist diese überaus wichtige Meldung leider untergegangen. Die neue Ölmarktanalyse unterscheidet sich deutlich von früheren Berichten der IEA. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte weist die Energieagentur darauf hin, dass das Ölangebot weltweit seinem Ende entgegengeht – und die Ölpreise diesen Sachverhalt widerspiegeln werden. Besonders interessant ist das Ergebnis auch deshalb, weil die IEA bis vor Kurzem noch betont hatte, das Öl werde noch deutlich über 40 Jahre in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, und der Ölpreis werde auf maximal 60 Dollar pro Barrel im Jahre 2030 steigen."(...)


die jetzige krise stoppt u.a. auch alle investitionen in die schwerer zu erschließenden ölquellen wie die ölsande u.ä. - was zur folge haben wird, dass es sehr schnell zu einem unterangebot kommen würde, falls die globale nachfrage im zuge eines aufschubs (und nichts anderes wäre ein "aufschwung") für unsere art der ökonomie wieder anziehen würde - für diesen fall wird von verschiedenen seiten mit einem preisanstieg auf bis zu 200 $ pro barrel gerechnet, der sich sofort wieder in krisensymptomen niederschlagen würde. das ist übrigens auch der grund, warum ich die bisherige autoindustrie als historisches auslaufmodell bezeichne - aus dieser situation gibt es für diese industrie (und ganze andere ölabhängige industriezweige) in ihrer jetzigen form kein entkommen mehr. game over und ab zur mülldeponie der geschichte.

und das
blog der sehr lesenswerten seite oelschock.de drückt das grundsätzliche problem hinsichtlich wirtschaftskrise & peakoil so aus:

(...)"Stattdessen ist der Super-GAU aller Peak-Oil-Warner eingetreten: Ohne dass die allgemeine Öffentlichkeit sich des Problems „Hubbert-Maximum“ überhaupt ausreichend bewusst wäre, hat schon der erste Ansturm der Ölpreise mit dazu beigetragen, dass die Weltwirtschaft abgeschmiert ist wie ein Luftballon beim Kindergeburtstag, der knatternd und mit waghalsigen Flugmanövern seine Luft ausstößt und als schlaffes Häufchen Elend hinter dem Sofa landet. Und schon reden alle nur noch davon, wie man den Laden wieder in Gang bekommen kann. Wie die Regierung doch bitte nur irgendwie genug Geld herbeizaubert, damit nicht noch eines der Supermonster von Banken, Versicherungen oder Konzernen – die man doch früher so schrecklich und bedrohend fand, ohne die aber unser „System“ nicht einen Tag fortbestünde – den Jordan von der anderen Seite kennen lernt. Welchen Preis man zahlen muss, damit nur ja keine radikalen Änderungen notwendig werden.

Alle sind am Zittern. Wer sich in der Mittelschicht oder weiter unten ein Haus gebaut hat, ein neues Auto fährt, gerne drei Flugreisen im Jahr macht und immer die neueste Konsumelektronik kauft, muss in der Regel Schulden abstottern, jeden Monat, jahrelang, jahrzehntelang. Ein Ausfall kommt nicht in Frage, schon eine längere Krankheit des Familien-Hauptverdieners kann ganze Lebensplanungen zerbröseln lassen wie Pergament aus der Zeit der salischen Kaiser. Und dann erst „die schlimmste Krise, die ich in den letzten 30 Jahren erlebt habe“ (Josef Ackermann), die 2009 möglicherweise dazu führt, dass nicht nur die Zeitarbeiter einer ungewissen Zukunft entgegen sehen...! Beinahe jeder ist heute ein „Stakeholder“ der Mega-Maschine Kapitalismus, die so effizient ist, wenn es um die die schnelle Ausbeutung und Nutzung von Rohstoffen zur Produktion von „Überfluss“ geht, die aber so kläglich versagt, wenn es um die Entwicklung einer dauerhaft haltbaren Perspektive geht. Beinahe jeder ist strukturell unfähig, über die Mega-Maschine hinaus zu denken. Wo doch nichts dringender notwendig wäre.(...)

In all den kakophonischen Meldungen zur „Krise“ droht die wirklich wichtige Botschaft unterzugehen: dass uns das Hubbert-Maximum und all die parallelen Ressourcen- und Stabilitätskrisen zwingen, unsere bisherige Wirtschafts- und Lebensweise zu überdenken und neu auszurichten. Dass wir gar keine Wahl haben – außer der, den Übergang zu einer weniger energieintensiven Gesellschaft bewusst und bewahrend oder chaotisch und zerstörerisch anzugehen."(...)


nein, wir haben tatsächlich keine wahl mehr. und ich vermute, auch nur noch ein relativ schmales zeitfenster, um das mit allen konsequenzen zu realisieren, bevor es hier völlig ungemütlich wird - mit extrabetonung auf "völlig".

*

diese aufziehenden ungemütlichkeiten haben innerhalb der europäischen union dazu geführt, dass aktuell eine - durch wen eigentlich legitimierte? - instanz in brüssel geschaffen worden ist, deren einzige funktion die beobachtung der bevölkerungsstimmungen zwecks zeitiger
vorwarnung vor inneren unruhen darstellt:

"EU member states are "intensively" monitoring the risk of spreading civil unrest in Europe, as riots over the economic crisis erupt in Iceland following street clashes in Latvia, Lithuania, Bulgaria and Greece.(...)

EU ambassadors in Brussels are discussing the issue and receiving "regular updates", according to another official, although he added that more intelligence on the situation is needed to see whether the riots are "part of a social trend" or manipulation by opposition elements.(...)

"[It could happen] almost everywhere, in Europe certainly, and also in emerging countries," he said. "You've had some strikes that look like normal, usual strikes, but it may worsen in the coming months."

Asked which countries were most at risk, Mr Strauss-Kahn mentioned Hungary, Ukraine, Latvia and Belarus. "It can be my own country [France], the UK, it can be eastern Europe," he said.

"The situation is really, really serious," he added."


die herren bereiten sich also vor. noch fragen, warum in der eu und speziell hierzulande in den letzten jahren die berge an gesetzen zur inneren "sicherheit" bzw. repression durchgeprügelt worden sind?

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genau deswegen, um solche situation des sozialen ausnahmezustands wie im dezember in griechenland noch irgendwie unter kontrolle halten zu können. während die mainstreammedien hierzulande nur noch die jeweils aktuelle randale kurz erwähnen - wie vor ein paar tagen in athen -, so sind die eigentlichen auflösungs- und neufindungsprozesse dort kein
thema mehr:

(...)"Aus Solidarität mit Cuneva sind die Gewerkschaftszentralen in Thessaloníki, Ioánnina, Pátras und Vólos besetzt. In Thessaloníki wurden am 7.1. und 8.1. die Niederlassungen von OIKOMET und der Leiharbeitsfirma Adecco durch AktivistInnen vollkommen zerstört.(...)

In ganz Griechenland sind momentan 5o Fakultäten besetzt - in den Vollversammlungen bekämpfen sich BefürworterInnen der Besetzungen einerseits und Néa Dimokratía-StudentInnen oder KKE-StudentInnen (beide wollen Vorlesungen durchsetzen) andererseits mit allen Mitteln.

Momentan findet in Athen erneut eine Demonstration für eine Bildungsreform statt. Die Regierung Karamanlís hat einen Bildungsdialog auf der Basis Null angeboten, was die Gewerkschaften des Bildungssektors und Studi/schülervereinigungen für einen Trick halten um Zeit zu gewinnen."(...)


(constantina cuneva ist eine gewerkschafterin, auf die im dezember ein säureattentat verübt wurde).
und warum sich griechische, besonders die jüngere, bevölkerung sowohl nicht so schnell wieder ruhigstellen lassen wird als auch tatsächlich ein fanal für europa, vielleicht sogar die übrige welt, gesetzt hat, macht der folgende
artikel deutlich:

(...)"Entscheidend wird sein, ob die Protestbewegung einen langen Atem entwickelt. "Die große Finanzkrise wird bald auch bei uns ankommen. Deshalb werden viele Jugendliche auch weiterhin keine besseren Zukunftsaussichten haben", meint der Journalist Dimitris Tsiodras. "Weder kann man im Bildungswesen von heute auf morgen alles verbessern noch wird man die politische Korruption rasch beseitigen. Zündstoff bleibt da also genug."(...)

Die Proteste der Jugend werden nicht auf Griechenland beschränkt bleiben, sondern auch andere Länder erfassen und dort mit gleichgesinnten Gruppen verschmelzen. Der Grund dafür ist in all diesen Gesellschaften derselbe: Die heutigen Jugendlichen können - als erste Generation seit 1945 - nicht mehr erwarten, dass es ihnen künftig besser gehen wird als ihren Eltern."


wahrlich, es wird ein bemerkenswertes jahr werden.

edit: einen nachtrag möchte ich noch loswerden - der letzte satz gerade ist für
island schon jetzt realität:

"Big Trouble in little Island: Die Regierung des kleinen Inselstaates sieht sich derzeit täglich dem Zorn ihrer Wähler über die katastrophale Finanzkrise ausgesetzt. Am Samstagabend erreichten die Proteste ihren vorläufigen Höhepunkt. Rund 6000 Demonstranten marschierten vor das Parlament in Reykjavík und skandierten: "Für eine neue Republik". Es war die größte Demonstration in der erst 64 Jahre alten Geschichte der Republik, die ja bekanntlich nur rund 320.000 Einwohner zählt. Die Proteste eskalierten zuletzt, die Polizei setzte erstmals seit 1949 Tränengas ein."(...)

und das ist auch eine antwort auf die im kommentar zu den letzten news geäusserte frage meinerseits, wie sich die proteste nach der ankündigung von neuwahlen weiter entwickeln - sie werden größer.

(...)"Unter dem Druck der täglichen Straßenproteste und immer neuer Hiobsbotschaften schlug Haarde am Wochenende ganz neue Töne an: "Ich möchte meine Verachtung für all das zum Ausdruck bringen, was jetzt über unsere Banken ans Licht gekommen ist", sagte der Regierungschef."(...)

und solchen aussagen wird offensichtlich nicht (mehr) geglaubt.

Donnerstag, 22. Januar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (18)

zu beginn möchte ich ein paar worte dazu äußern, dass momentan etliche der "eigentlichen" schwerpunkte im blog zu kurz kommen bzw. zu kommen scheinen. das primär damit etwas zu tun, dass ich erstens die auswirkungen der krise für enorm halte (auch für mich persönlich) und ich zweitens speziell diese reihe hier als eine art gegeninformation verstehe, mittels derer ich für alle interessierten (und für mich) diejenigen informationen bündeln möchte, bei denen ich das gefühl habe, dass sie mittel- und langfristige entwicklungstrends der krise und der weltweiten reaktionen darauf anzeigen könnten. dazu kommt noch die mediale fragmentierung von informationen, die - nicht nur bei diesem thema - darauf angelegt ist, fragen nach zusammenhängen und strukturen gar nicht erst aufkommenz zu lassen.

als drittes aber kommt ein aspekt dazu, der in "le mondes diplomatique" vom dezember 08
so umrissen wurde:

(...)"Und, diese kleine Hoffnung keimt am Ende meines Rundgangs über die Gedankenmesse der Neurowissenschaftler, so es könnte ja sein, dass wir nach den cartesianischen Fortschrittsjahrhunderten eine neue Einheit finden, weil wir nun auch dem härtesten Positivisten "beweisen" können: Nicht die Genetik der Aggression und nicht die Biochemie der Bindung erklärt uns, wer wir sind, sondern nur unsere ganze, kollektive und individuelle Geschichte - und der geteilte Blick und die gemeinsame Aufmerksamkeit auf die Gegenwart.

Wäre das ein unnötiger Umweg gewesen? Nun, wir haben auf diesem Weg der Trennung von Welt und Leib und Seele einige Kenntnisse erworben, die unser Leben erleichtern; und überdies die religiösen und metaphysischen Annahmen über eine hinterweltliche Verursachung unseres Lebens destruiert. Und am Ende steht eben nicht eine neue, diesmal materialistische Kausalitätsmetaphysik, sondern etwas, das sehr viel Ähnlichkeit hat mit der 6. Feuerbachthese von Marx: "Das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse." Das ist kein billiger Triumph, denn andere als Marx haben das auch schon immer gewusst.

Und so lande ich nach meinen Ausschweifungen in die Menschenwissenschaften doch immer wieder in der politischen Ökonomie: denn es ist eine Frage der Ökonomie, wie Eltern die Genese der Gefühle, der Intelligenz, der Gemeinschaftsfähigkeit in den Situationen der "joint attention" gestalten; und der Zustand der Welt ist der stärkste Einflussfaktor, den wir beeinflussen können."(...)


ja, es geht u.a. um das wechselspiel zwischen äußeren und inneren strukturen; und sowohl genetik als auch biochemie erklären nicht "uns", sondern eher das "wie" - auf welchen wegen prägen uns äußere soziale verhältnisse, und wie werden diese wiederum von unseren reaktionen darauf geprägt? auch dieser apsekt kommt momentan zwar zugegebenermaßen noch zu kurz, aber für mich waren die letzten monate hauptsächlich von versuchen bestimmt, überhaupt ansatzweise begreifen zu können, was da draußen eigentlich ökonomisch vor sich geht. die anknüpfungspunkte zu den "klassischen" blogthemen sind vielfältig und nicht nur auf den aspekt beschränkt, den der autor oben genannt hat. und sie sollen zukünftig auch - vermutlich in eigenen beiträgen außerhalb der news-reihe - mehr platz finden als bisher.

*

ansonsten ist in diesen tagen kaum mehr drin, als den nachrichten hinterherzuhecheln. und ganz aktuell und auffällig in diesen stunden bei spon sind zb. die folgenden schlagzeilen:
Experten erwarten Erfolg des Konjunkturpakets, Schluß mit den Weltuntergangsszenarien! - ein interview, in dem die ollen (konstruktivistischen) kamellen des sog. "positiven denkens"...

"Wir sollten uns ein neues Denken angewöhnen - wir können alles schaffen, was wir wirklich wollen."

...zusammen mit ungehemmter wachstums- und fortschrittsgläubigkeit unters volk geschmissen werden:

"Es gibt immer noch Millionen Menschen in aufstrebenden Staaten wie Indien und China, die nach mehr Wohlstand streben - die wird auch diese Krise nicht stoppen. Es gibt die Antriebskraft des technischen Fortschritts ..."

ja, das sind auch so ungefähr die einzigen und höchst sinnstiftenden "inhalte", die die propagandamäuler des systems noch zur verfügung haben - selbstbeschiss mittels eigener sedierung, fixierung auf einen objektivistischen wachstumsbegriff sowie die hoffnung auf "die technik". ein großartiges programm, um noch schneller komplett gegen die wand zu fahren.

und sehr interessant auch dieses
interview mit einem fdp-mann, dessen namen man sich nicht merken muss:

(...)"SPIEGEL ONLINE: Warum profitiert von der Wirtschaftskrise ausgerechnet die kapitalistische FDP und nicht die sozialistische Linkspartei?

Zeil: Weil wir - anders als Sie es in Ihrer Frage unterstellen - eben nicht für den ungehemmten Kapitalismus stehen.

SPIEGEL ONLINE: Bisher aber vernahmen wir von der FDP den Ruf nach Deregulierung und mehr Markt ...

Zeil: Ja, aber wir stehen für den dritten Weg zwischen schrankenlosem Kapitalismus und Sozialismus, die soziale Marktwirtschaft. Der Neoliberalismus, der die Grundlagen für die soziale Marktwirtschaft gelegt hat, wird uns den Weg aus der Krise weisen …

SPIEGEL ONLINE: Moment, erleben wir nicht gerade das Scheitern des Neoliberalismus?

Zeil: Nein. Der Neoliberalismus ist eben kein Marktradikalismus, sondern er steht für die soziale Marktwirtschaft. Alles andere ist Geschichtsfälschung, das lasse ich nicht zu. Das sind wir Neoliberalen wie Alfred Müller-Armack, Walter Eucken und Ludwig Erhard schuldig, die der Marktwirtschaft einen staatlichen Ordnungsrahmen beifügten."(...)


auch das ist wirklich großartig in der hinsicht, wie hier erstens - und zwar berechtigt - die fiktion namens "sozialer marktwirtschaft" durchaus unfreiwillig als das kenntlich gemacht wird, was sie tatsächlich im kern immer gewesen ist. und zweitens reicht ein kurzer blick auf die postulate des von hayek, der als geistiger an- und brandstifter des totalitären kapitalismus unter dem label des neoliberalismus gelten muss, aus, um diesen "staatlichen ordnungsrahmen", den der fdpler da im sinn hat, richtig zu
verstehen:

(...)"die ideen von hayek lassen sich komprimieren im folgenden...

"...Zitat aus einem Interview, das von Hayek in Chile gab, um seinen Freund Milton Friedman zu unterstützen, der vom Diktator Pinochet beauftragt worden war, den Neoliberalismus eins zu eins umzusetzen:

`Eine freie Gesellschaft benötigt moralische Bestimmungen, die sich letztendlich darauf zusammenfassen lassen, dass sie Leben erhalten: nicht die Erhaltung aller Leben, weil es notwendig sein kann, individuelles Leben zu opfern, um eine größere Zahl von anderen Leben zu erhalten. Deshalb sind die eigentlichen wirklichen moralischen Regeln diejenigen, die zum *Lebenskalkül* führen: das Privateigentum und der Vertrag."(...)


und der staat muss in dieser perspektive allein darauf reduziert werden, mittels seiner repressionsinstrumente die einzigen "wirklich moralischen regeln" zu garantieren - im interesse der privateigentümer. wenn sich der fdpler hier nicht selbst geschichtsklitterung vorwerfen lassen will, bleibt nur zu konstatieren, dass er bzw. seine partei genau das im sinn hat. ich finde ja, dass hier der begriff "extremistisch" mal wirklich sinn machen würde.

*

solche durchhalteparolen und schönfärbereien wie oben werden mit einer
roubini-prognose nicht unter einem totalcrash bestraft:

"Das US-Bankensystem ist bankrott. Das schreibt der New Yorker Professor und Nationalökonom Nouriel Roubini. Nichts Neues für ihn, schließlich prophezeite er für das US-Finanzsystem Billionenverluste und wurde als geisteskrank hingestellt, während die Märkte noch deutlich besser aussahen als heute. Neu ist das nur für diejenigen, die ständig Lichter am Ende eines Tunnels sehen, die sogenannten Irrlicht-Späher…

Auf einer Investorenkonferenz in Dubai sagte Roubini, dass die Kreditverluste auf 3,6 Billionen Dollar ansteigen werden, hälftig für Banken und Broker und die US-Institutionen. "Wenn das wahr sein sollte, bedeutet das, dass das US-Banksystem effektiv insolvent ist. Es hat ein Grundkapital von 1,4 Billionen Dollar. Das ist eine systemische Bankenkrise", meint Roubini."(...)


was in dieser deutschen übersetzung meines wissens "vergessen" wurde: auch das europäische bankensystem hat er bei der gelegenheit in den gleichen status befördert. und wenn man sich bspw. alleine die aktuellen nachrichten aus
großbritannien anschaut...

(...)"Ausnahmezustand in Großbritannien: Die Anleger fürchten um die Kreditwürdigkeit des Landes. Bankaktien und das britische Pfund waren am Mittwoch im freien Fall. Der Grund: Die Sorgen wachsen, dass das Land nach der Hypothekenbank Northern Rock weitere Banken verstaatlichen muss - und deshalb seine Top-Bonitätsnote verliert."(...)

...und auch die hiesigen aktionen, zombies wie der "hypo real estate" im wochentakt weitere milliarden in den schlund zu werfen, dann kann einen schon mal der eindruck einer systemischen krise überkommen (okay, das war jetzt understatement). die
realität lässt sich jedenfalls so zusammenfassen:

(...)"Trotz staatlicher Hilfen in Höhe von Hunderten Milliarden kämpfen heute nicht nur in den USA und in England, sondern auch im Rest Europas wieder zahlreiche Banken akut um ihr Überleben. In einer zweiten Runde werden neue staatliche Hilfspakete geschnürt. Aber der Finanzspielraum der Staaten ist begrenzt; am Ende sind vielleicht die Zockerbanken gerettet und dafür die Staaten pleite."

*

so ziemlich alle ökonomischen indikatoren befinden sich global in einem sich weiter beschleunigenden freien fall, und die bereits jetzt in vielen staaten wahrnehmbaren auswirkungen dieses falls haben auch vermutlich die londoner "times" zu dieser schlagzeile veranlasst:
World Agenda: riots in Iceland, Latvia and Bulgaria are a sign of things to come:

(...)"The LSE economist Robert Wade – addressing a protest meeting in Reykjavik’s cinema – recently warned that the world was approaching a new tipping point. Starting from March-May 2009, we can expect large-scale civil unrest, he said. “It will be caused by the rise of general awareness throughout Europe, America and Asia that hundreds of millions of people in rich and poor countries are experiencing rapidly falling consumption standards; that the crisis is getting worse not better; and that it has escaped the control of public authorities, national and international.”

Ukraine could be the next to go. The gas pricing deal agreed with Moscow could propel the country towards a serious financial crisis. Russia, too, is looking wobbly. A riot in Vladivostok may have been an omen for things to come. What will happen when the wider economic crisis translates into higher food prices? Or if Gazprom has no choice but to increase domestic gas prices?"(...)


ich hoffe, das ich das nicht übersetzen muss? da werden erste kalte füße sichtbar, und wenn ich nochmal auf die in den letzten news erwähnten militanten proteste in
island verweisen darf, langsam auch zurecht - vielleicht erleben wir hier den ersten sturz einer regierung als krisenfolge:

(...)"Derart heftige Auseinandersetzungen zwischen einer großen Menschenmenge und der Polizei hat die kleine Inselrepublik im Atlantik mit ihren 320.000 Einwohnern seit dem umstrittenen NATO-Beitritt 1949 nicht erlebt. Erstmals zeichnete sich auch ab, dass die seit November immer wieder vor dem Parlament versammelten Demonstranten Erfolg mit ihrer Forderung nach dem Rücktritt des konservativen Ministerpräsidenten Geir Haarde und seiner großen Koalition haben könnten. Der Vizechef der mitregierenden Sozialdemokraten, August Olafur Augustsson, sagte, vorzeitige Neuwahlen im Frühjahr "könnten eine gute Idee sein". Die Regierung verfüge nicht über genug Handlungsspielraum."(...)

wenn sich die leute dann noch mit wahlen abspeisen lassen. noch der hinweis auf einen
tp-artikel zum gleichen thema.

*

als krisenindikator lässt sich so langsam - auch, wenn´s zynisch ist - eine
suizid-chronik führen - ähnlich wie bei den riots kommen die meldungen mittlerweile im wochentakt:

"Tod eines Investors in der Finanzkrise: Der irische Multimillionär Patrick Rocca, ein Freund Bill Clintons, erschoss sich. Er hatte wohl den Ruin vor Augen.(...)

Dem Vater dreier Kinder habe der finanzielle Ruin gedroht, vertraute ein namentlich nicht genannter Freund irischen Zeitungen an. Offenbar habe sich Rocca mit einem Engagement bei der Großbank Anglo Irish verhoben, hieß es weiter. Das Institut war am Freitag durch Verstaatlichung vor dem Kollaps gerettet worden."(...)


*

währenddessen gibt es indizien für das, was ich im letzten jahr bereits beim offenen beginn der krise im herbst befürchtet hatte - das
hauen und stechen des normalen konkurrenzgerangels könnte sich drastisch verschärfen, und zwar nicht nur in den betrieben, um die es hier geht:

(...)"Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise fürchten viele Arbeitnehmer einen verschärften Wettbewerb unter Kollegen. Wie eine internationale Studie des Online-Stellenportals StepStone ergab, glauben mehr als die Hälfte, dass sich die Ellbogenmentalität in deutschen Unternehmen aus Angst vor einem Jobverlust verstärken wird.

Nur 15 Prozent sind der Ansicht, dass die gegenwärtige Krise sie und ihre Kollegen zusammenschweißt. Ein Drittel der Befragten erwartet den Angaben zufolge eine unveränderte Konkurrenzsituation."(...)


teile und herrsche - das prinzip funktioniert bis dato unangetastet. wobei ich das jetzt nicht so überraschend finde - aber trotzdem desillusionierend. denn all die potenziellen mobber werden wohl nicht auf den straßen zu sehen sein:


aufruf zu den märz-demonstrationen gegen die kapitalistische krise
weitere informationen dazu bei
kapitalismuskrise.org


und welches ausmaß die ganze geschichte erreichen kann, worauf ihre dynamik beruht und ob und wie sie mit vergangenen krisen verglichen werden kann - dazu gibt es abschließend meine heutige leseempfehlung - ein langer text des neulich schon in einem interview zitierten marxistischen historikers karl-heinz roth:

"Wir bewegen uns in eine weltgeschichtliche Situation hinein, in der alle Weichen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens neu gestellt werden. Für meine Generation wird es nach den Jahren 1967 bis 1973 der zweite Epochenumbruch sein. Alle wichtigen Fakten und Indikatoren der letzten Wochen weisen darauf hin, dass eine Weltwirtschaftskrise begonnen hat, die schon jetzt das Ausmaß der Krise von 1973 und der Zwischenkrisen von 1982 und 1987 überschreitet und sich an die Dimensionen der Weltwirtschaftskrise und der anschließenden Depression von 1929 bis 1940 annähert.

Wie sollen wir auf diese gigantische Herausforderung antworten? Das ist inzwischen zur entscheidenden Frage geworden, und deshalb habe auch ich ein gerade in der Werkstatt befindliches Traktat, in dem ich auf die Kritik an meinen 2005 veröffentlichten Hypothesen über den »Zustand der Welt“ antworten wollte, völlig neu konzipiert."(...)


fand ich sehr anregend zu lesen.

(ps: das folgende fand sich noch bei google-news und gehört zum ersten kommentar unten; als dokumentation eines kleinen matrix-fehlers.


screenshot spon-schlagzeile via g-news

Mittwoch, 21. Januar 2009

notiz: "...mindestens 130 millionen dollar..."

meine inhaltliche skepsis bezgl. des neuen us-präsidenten hatte ich bereits bei seiner wahl im vergangenen november skizziert; aber wenn ich mir sowohl die kosten der gestrigen, eher an pompöse monarchistische und/oder religiöse rituale erinnernde amtseinführung - aufgepimpt zu einer us-spezifischen show - betrachte...

(...)"Laut Medienberichten werden die Feierlichkeiten mindestens 130 Millionen Dollar kosten."(...)

...als auch die quellen und umstände, aus und unter denen dieses geld aufgetrieben wurde...

(...)"Ein Blick auf die Liste der großzügigsten Spender ist trotzdem aufschlussreich: Laut einem Bericht des Wall Street Journal sind Wall-Street-Angestellte bislang die fleißigsten Spender – 5,7 Millionen Dollar stammen aus ihren Taschen. Pikant dabei: Ausgerechnet jene Banken, die am meisten Geld von der US-Regierung kassieren, zahlen fleißig für Obamas Feiern."(...)

...und mir deutlich mache, dass der große rest natürlich aus steuermitteln bzw. budgets des bundes sowie der betroffenen bundestaaten kommt, dann muss ich sagen, das obama vermutlich nicht nur für mich wesentlich glaubwürdiger gewesen wäre, wenn er sinngemäß etwa folgendes gesagt hätte:

"liebe leute, im angesicht tatsächlich existenzieller not bereits hier unmittelbar vor meiner haustür, im angesicht von millionen mit hunger, obdachlosigkeit und krankheit bedrohter us-bürgerInnen bevorzuge ich einen formlosen und kostengünstigen akt - das geld, das hier ansonsten für show und glitter draufgehen würde, kann ganz aktuell ganz reale not lindern. ich bitte um Ihr verständnis."

da wäre ich der erste gewesen, der ein lautes "respect!" verkündet hätte. und ja, das wäre ein echtes zeichen gewesen.

so aber bleibt nichts anderes, als zusätzlich noch den üblichen "elitären"
zynismus zu konstatieren:

(...)"Die Stadt ist ausverkauft. Hausbesitzer haben ihr Heim für Tausende Dollar an Obama-Fans vermietet. Im Luxushotel Four Seasons gab es eine Suite zum Sonderangebot von 10.000 Dollar. Nur die wenigsten waren so generös wie der Unternehmer Earl Stafford aus Virginia: Er lud mehr als 400 sozial benachteiligte Bürger nach Washington ein, Arme, Obdachlose. Spendierte ihnen den Smoking, das Ballkleid, das Hotel, ein Ticket zum Ball, Limousinentransfers inklusive. Allein die Hotelzimmer ließ sich Stafford eine Million Dollar kosten."(...)

worüber jenseits dieses "wohltäters" nichts mehr geschrieben wird: durften denn die armen und obdachlosen ihren smoking und ihr ballkleid wenigstens wieder mit in ihren slum oder auf ihre parkbank nehmen?

wie ich schon im november schrieb: don´t believe the hype!

Dienstag, 20. Januar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (17) [update]

eine ganze menge ist nachzutragen - aber beginnen möchte ich heute mit einer meldung, die geradezu danach drängt, fragen zum ganz banalen kapitalistischen alltag sowie zur strukturellen verwandtschaft zwischen "legaler" (konzerne, firmen etc.) und "illegaler" ökonomie (mafia) zu stellen. ebenso gibt sie möglicherweise einen kleinen ausblick auf die verhältnisse, die uns unter verschärften (über-)lebensbedingungen in diesem system erwarten.

das kämpfe und konflikte zur verbesserung der sozialen lage von arbeiterInnen zb. für gewerkschaftsmitglieder unter anderem auch körperliche angriffe (bis hin zum mord) mit sich bringen können, ist als realität bspw. in diversen mittel- und südamerikanischen ländern aus vergangenheit und gegenwart bekannt; ebenso meines wissens nach in einigen asiatischen staaten sowie in
sachsen-anhalt. nein, Sie haben sich nicht verhört - ebenda:

"Calbe/Saale, 19.01.09: Der Betriebsratsvorsitzende der Doppstadt Calbe GmbH, Andreas Kirchhoff, wurde am 14. Januar auf dem Werksgelände überfallen. In einem dunklen Flur wurde ihm ein Plastiksack über den Kopf geworfen. Dann wurde er mit Schlägen und unter Zuhilfenahme von Gegenständen zusammengeschlagen. Er wurde verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.

Von diesem Überfall distanzierte sich Doppstadt-Geschäftsführer Klaus Denkewitz in der Presse öffentlich. Mahnte aber an, dass der Betriebsrat der Kurzarbeit im Betrieb zustimmen solle.

Der Anschlag steht in einer Reihe mit Mobbing, öffentlichem Rufmord über Anzeigen, Hausverboten für IG-Metall-Sekretäre und fristlosen Kündigungen in den letzten fünf Jahren."(...)


und wie aus dem oben verlinkten video zu entnehmen ist, auch in einer reihe mit prügeleien der kinder der verfeindeten fraktionen auf dem schulhof. call this soziale marktwirtschaft! die, die die menschen wirklich glücklich macht!

*

und so richtig glücklich werden wir alle - in form der steuerzahlenden zwangsgemeinschaft namens "bevölkerung" - auch sein, wenn wir uns demnächst als stolze als-ob-mitbesitzer (das bezieht sich auf die frage nach realen einflussmöglichkeiten) noch einer bank fühlen dürfen, und zwar einer ganz besonderen, nämlich einer ganz besonders schlechten - die bad bank wirft ihre schatten mittels allgemeiner diskussion voraus. was das eigentlich genau ist? nun, bekanntlich gibt es ja keine guten, sondern nur schlechte, noch schlechtere und die schlechteste bank - nachvollziehbar umrissen mittels fragen von einem user im
tp-forum:

(...)"Also, was ich mir dahingehend so angelesen haben: Verschiedene Banken haben Leichen im Keller, genauer gesagt irgendwelche, nennen wir es "Beteiligungen", die momentan nicht das Wert sind, was irgendwann einmal dafür aufgewendet wurde. Um die anstehende Neubewertung / Abwertung dieser "Beteiligungen" zu vermeiden, da diese sich negativ auf die Bilanzen auswirken würde, sollen diese nun von einer staatlichen(?) Organisation aufgekauft werden, vermutlich nicht zum derzeitigen Marktpreis, sondern zu einem Buchwert, der deutlich darüber liegt oder dem *damaligen* Einstandpreis? Wenn das aufgekaufte Bad-Zeug irgendwann(?) mal einen Wert haben sollte, der möglicherweise über dem Kaufpreis liegt(?), dann soll das Zeug aus der Bad Bank wieder verkauft werden, richtig? Das Geld für den Aufkauf der "Beteiligungen" kommt vom Staat, also vom Steuerzahler oder aus der Neuverschuldung?"(...)

ich würde sagen: alles ganz richtig erkannt. und ein plan der bankster von so einer erstaunlichen und unverschämten dreistigkeit, dass es in allen schwarten kracht. sämtliche hemmschwellen sind längst gefallen, moral und ethik waren real niemals bzw. nur als simulation vorhanden und haben in diesen kreisen sowieso keinerlei relevanz. sie wollen nur noch auf teufel komm raus ihre geschäfte so weiterführen wie bisher, koste es was es wolle - das ist in diesem fall absolut wörtlich zu nehmen. und mit einer bad bank ist auch klar, wen das am ende real kosten wird. die banken sind - und zwar international - endgültig zu einem
fass ohne boden geworden, was sich in den letzten tagen immerhin auch an den börsen wiedergespiegelt hat (ein kleiner einbruch von realität ins casino). und vor diesem hintergrund ist ebenfalls die wahl des unwortes des jahres sehr schlüssig - es ist der begriff notleidende banken. "notleidend" - da steigen bilder von hungerbäuchen und traurigen kinderaugen auf, obdachlose unter brücken und flüchtlinge in kriegsgebieten - wer auch immer auf die idee gekommen ist, dieses attribut ganz ironiefrei vor das wort "bank" zu setzen, hat ebenso teer & federn verdient wie die bankster selbst.

*

wobei keinesfalls vergessen werden sollte, dass wir alle es sind, die dieses für alle augen sichtbar außer rand und band geratene und in allen fugen krachende system weiterhin dulden, tolerieren und mindestens mittels passivität stützen. und das bezieht sich zwar nicht nur, aber besonders auf d-land. die schon öfter in dieser reihe thematisierte merkwürdige friedhofsruhe im angesicht dieser globalen systemkrise (und genau das ist es; wer heute immer noch die these von einer normalen zyklischen krise vertritt, darf sich ein zettel "merkbefreit" vor die brust hängen und weiterschlafen) wird zumindest mir mittlerweile geradezu unheimlich und verdient als auffälliges psychosoziales phänomen eigentlich gebündelte interdisziplinäre forschende aufmerksamkeit. die antwort von den fehlenden alternativen betrachte ich höchstens als eine teilantwort, denn es müsste eigentlich jedem menschen, der die vorgänge noch halbwegs realistisch wahrnimmt, deutlich sein, dass sich bei den verzwickten eigenarten dieser art von machtsystem, mit dem wir es hier zu tun haben und das seine schmutzigen tentakel bis tief ins innere jedes menschen hier ausgefahren hat, jede funktionsfähige alternative erst sowohl durch try & error als auch im bewussten und aktiven konflikt mit den systemmanifestationen im alltag entwickeln lässt - per plan am reißbrett kann und wird das nicht funktionieren. und der erste schritt ist in meinen augen tatsächlich der, die eigene sedierung aufzulösen. zum "wie?" werde ich die tage noch ein paar ideen nachreichen.

*

und nein, ich betrachte innere unruhen nach griechischem oder isländischen muster nicht als den königsweg zu einer qualitativen veränderung - eine solche muss im täglichen alltag und vor allem in unseren sozialen beziehungen entwickelt und gelebt werden, was häufig genug völlig unspektakulär und vor allem eine kontinuierliche arbeit ist. aber die sichtbare unruhe in einer gesellschaft kann sowohl als seismometer für den stand ihrer sozialen konflikte angesehen werden als auch als versuch, sich selbst zusammen mit anderen von bestimmten systemimmanenten hemmungen zu befreien und mittels angriffen bspw. auf materielle symbole eine ahnung davon zu bekommen, dass selbst diese art von system nicht für immer und ewig existieren muss. vor diesem hintergrund also jetzt eine kleine und unvollständige übersicht, zunächst aus
osteuropa:

(...)" Nach Lettland und Bulgarien kam es am vergangenen Freitag auch in Litauen binnen einer Woche zu gewaltsamen sozialen Protesten. Im Anschluss an eine von den Gewerkschaften in der Hauptstadt Vilnius organisierte friedliche Kundgebung flogen erst Schneebälle und Eier und danach Flaschen und Steine auf das Parlamentsgebäude und die Polizei. Diese antwortete mit Tränengas und Gummigeschossen. Krankenhäuser meldeten mehr als ein Dutzend verletzte DemonstrantInnen und es gab 82 Festnahmen.(...)

Protestkundgebungen fanden Ende vergangener Woche nicht nur in Vilnius, sondern in mindestens fünf anderen Städten Litauens statt. Daran beteiligten sich mehr als 20.000 Menschen.

Der Zorn der "Diebe, Diebe" rufenden Protestierenden richtete sich gegen die erst zwei Monate amtierende konservative Regierung unter Andrius Kubilius und deren im Dezember beschlossene Maßnahmen zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise.(...)

Nun warten auf die Menschen in Lettland, Litauen und Estland nicht nur Lohnkürzungen und Einschränkungen der Sozialleistungen, sondern auch eine kräftig wachsende Arbeitslosigkeit.

"Die Frustration der Menschen ist nachvollziehbar und sie wird die Politik treffen", sagt Lars Christensen, Baltikum-Analytiker bei der dänischen Danske Bank. "Die Politiker können kaum etwas anderes tun, als das, was sie angekündigt haben, und das ist den Leuten schwer zu erklären." Die Regierungen hätten wohl noch nicht richtig realisiert, welche sozialen Proteste in nächster Zeit auf sie zukommen werden, sagt Vladas Gaidys, Soziologieprofessor an der Universität Vilnius. Und sein Kollege, der Politologe Raimundas Lopata, hält die Proteste in Lettland, Litauen und Bulgarien erst für den Beginn eines heißen Frühlings in Osteuropa."




streetart in ost-london von d*face
(via)



nun ist in vielen ehemals "realsozialistischen" ländern osteuropas die innenpolitische situation so, dass es allerhöchstens fragmente einer libertären sozialistischen linken gibt, was dann schnell zum problem werden kann, wenn sich die proteste dort in nationalistische und schlimmere richtungen zu entwickeln drohen - ansätze dafür wurden zb. von den riots in sofia berichtet, an denen sich auch rechte gruppen beteiligt haben sollen. eine situation, die sich bei fortschreitender eskalation der krise auch hier entwickeln kann. oder sollte ich besser sagen: gerade hier?

*

währenddessen ist in griechenland ein
bekennerschreiben zu den in den letzten news thematisierten schüssen auf einen polizisten aufgetaucht, welches die von mir umschriebene variante einer falschen einschätzung der gesamtgesellschaftlichen situation untermauert - auch, wenn selbst ein medium wie die "taz" bei der wiedergabe der intentionen der stadtguerilleros mit vorsicht betrachtet werden sollte:

(...)"Die Wochenzeitung Pontiki veröffentliche am vergangenen Donnerstag ein 11-seitiges Manifest, mit dem die Gruppe nicht nur die Verantwortung für den Anschlag vom 5. Januar übernimmt, sondern auch für die Schüsse auf einen Polizeibus am 29. Dezember 2008. Im letzten Fall wurde niemand verletzt, in beiden Fällen war die Tatwaffe eine Kalaschnikow.

Darüber hinaus bekennt sich der EA zu einem bislang ungeklärten Attentatsversuch. Am 24. Oktober 2008 hatte sie am Eingang der Athener Hauptverwaltung von Shell eine Bombe platziert, die aber nicht explodierte. Der Sprengstoff stammte von einem Diebstahl in einem Steinbruch, der 2003 stattgefunden hatte. Die Gruppe ist also seit mindestens fünf Jahren aktiv.(...)

Die politische Analyse der Gruppe ist ähnlich schlicht wie die ihrer Vorgänger vom 17N. Seit dem Tod des jungen Alexis habe die Mehrheit der Bevölkerung verstanden, dass "die Würde des menschlichen Lebens […] nur noch mit Waffen verteidigt werden kann". Die ökonomische Krise eröffne "revolutionären Kräften die einmalige Chance, die Revolution voranzutreiben".

Als Ziel dieses Kampfes wird nicht weniger als die "Abschaffung des Kapitals und des Staats" proklamiert. Die Gruppe kritisiert alle politischen Parteien und diagnostiziert weltweit den Bankrott aller Sozialdemokratien."(...)


das im letzten satz genannte ist ja durchaus nachvollziehbar, aber ansonsten verweise ich auf meine gedanken dazu in den letzten news nr. 16 - um es metaphorisch auszudrücken: das wasser steigt zwar, und in ländern wie griechenland deutlicher wahrnehmbar als bisher hier - aber noch steht es nicht so vielen tatsächlich bis zum hals (bzw. sind diejenigen, denen es tatsächlich bis zum hals steht, (noch) mehrheitlich nicht in der lage, für sich positive alternativen zu entwickeln), die sich dann bei den eigenen überlebensversuchen sowie den darauf fälligen angriffen des wankenden systems auch handfest selbst verteidigen werden müssen.

im gegensatz dazu wirken solche
aktionen wie in der schweiz dann andererseits seltsam unangemessen:

(...)"Der Farbanschlag auf den UBS-Sitz am Paradeplatz geht auf das Konto von Zürcher Linksautonomen. In einem Schreiben, das im Internet publiziert worden ist, bekennen sich «verschiedene revolutionäre Kräfte» dazu, die Fassade eingefärbt zu haben. Die UBS, heisst es, «ist für uns ein Symbol der Krise des Kapitalismus, aus der es nur einen revolutionären Ausweg geben kann.» Kritisiert wird auch das milliardenschwere Rettungspaket des Bundes für die Bank wie auch die ankündigten Massenentlassungen, «um sich profitabel zu sparen».(...)

interessant auch die kommentare unter dem beitrag, von denen sich ein teil als ausdrücke von ruhe- und sauberkeitsfetischisten entpuppt, während ein nicht geringer teil einen etwas anderen tenor enthält - beispiel:

"Diese Jugendlichen zeigten Courage. Die Farbtupfer sollen dafür sorgen, dass nichts vergessen wird. Die Justiz würde besser einmal die UBS-Verantwortlichen, diese Ospels und Co vorladen! Eine scheinheilige Rechtskultur in diesem Land! Richter und Banker stecken wohl alle unter einer Decke."

das in diesem kommentar umrissene verhältnis meinte ich mit "seltsam unangemessen", und zwar nicht nur in obiger hinsicht - farbe gegen eine bankfassade steht in keinem verhältnis zu den verbrechen der raub- und plünderungsökonomie namens kapitalismus weltweit, für die eben auch die ubs steht.

*

und wer sich hierzulande aktiv einschalten möchte, könnte das mit einem besuch des
antikapitalistischen ratschlags am nächsten sonntag in frankfurt/main beginnen, zu dem ein breites spektrum linker und linksradikaler organisationen aufruft. bleibt nur zu hoffen, dass sich im angesicht von prekären bis existenzbedrohenden verhältnissen nicht wieder der übliche innerlinke spaltungsvirus bahn bricht.

*

und sonst? was hier hintenüber fällt: spanien wurde als eines der ersten eu-länder in seiner kreditwürdigkeit
herabgestuft, weitere werden folgen, was auch mir noch unklare konsequenzen für den wert des euros haben wird. es wimmelt von nachrichten über stellenstreichungen (wobei: wenn´s nicht gleich ein paar tausend sind, schaffen es viele meldungen nicht mal mehr in die randspalten), kurzarbeit sowie weitere rufe nach staatlicher stützung wie bspw. aus der autoindustrie. auch das finde ich seitens einer sparte, die insgesamt als historisches auslaufmodell gelten muss, eine frechheit. krisenfolgen versteckterer art, die für millionen menschen jedoch zur existenziellen bedrohung werden können, thematisiert dieser artikel bei telepolis, der sich mit der situation in den nicht unwesentlich von auslandstransfers von seiten in den usa arbeitender migranten abhängigen ökonomien in mittelamerika beschäftigt. und das ist zum abschluß für heute auch mein definitiver lesetipp.

*

edit: nicht unterschlagen möchte ich das neueste bulletin vom europäischen think-tank leap, den ich in den news nr.12 näher vorgestellt hatte - das neueste
geab endet mit den folgenden absätzen:

(...)"Inzwischen steht der gesamte Finanz- und Bankenbereich unter Verdacht, nur noch ein Fass ohne Boden zu sein. Bei den Unternehmen geben die Auftragsbücher keinen verlässlichen Ausblick auf die zukünftige Auslastung und damit Ertragslage mehr, da in allen Wirtschaftsbereichen die Kunden massiv Aufträge stornieren oder schlichtweg den Konsum einstellen, selbst wenn sie mit äußerst preiswerten Angeboten gelockt werden, wie man an den zusammen brechenden Einzelhandelsumsätzen der letzten Wochen sehen konnte. Den Staaten und sonstigen Gebietskörperschaften brechen die Steuereinnahmen weg, so dass die öffentlichen Haushaltsdefizite noch weiter explodieren werden, was wiederum zu weiteren Insolvenzen führen kann. Von den russischen Milliardären über die Ölmonarchien des Persischen Golfs bis zum Wirtschaftseldorado China leiden alle Gänse, die noch vor kurzem für die globalen, insbs. europäischen, japanischen und nord-amerikanischen Unternehmen und Banken goldene Eier legten, plötzlich unter akutem Darmverschluss, da Ihnen das Geld schon ausgegangen ist oder sie kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen. Die Frage nach der Solvenz der USA und ihrer Bundesstaaten sowie der von Russland oder Großbritannien wird allmählich auch in den großen internationalen Medien gestellt. Ebenso gibt es Zweifel an der Solidität der großen Pensionsfonds, die maßgeblich an der Wirtschaftsaktivität der letzten zwanzig Jahre beteiligt waren.

Für LEAP/E2020 ist die Tendenz eindeutig: die Sequenz, die mit Jahresanfang 2009 eingesetzt hat, ist sehr wohl die der weltweiten Insolvenz."


nein, kein planet und auch (noch) keine spezies namens "homo sapiens", wohl aber ein system geht bankrott. und wenn nicht die folgen so mies werden würden, wäre das eigentlich ein grund für eine große globale party. so aber finde ich den gedanken an meine kürzliche vollnarkose gerade wieder sehr reizvoll.

*

edit nr.2 am 21.01.: während ich das obige gestern schrieb, waberten auch in
island wieder tränengasschwaden durch die luft:

"Mit Tränengas hat die isländische Polizei Demonstranten auseinandergetrieben, die vor dem Parlamentsgebäude in Reykjavik gegen die Folgen der Finanzkrise protestierten. Wie der Rundfunksender RUV berichtete, belagerten etwa tausend Bürger das "Althing", dessen Mitglieder zur ersten Sitzung im neuen Jahr zusammengekommen waren. Ähnliche Krawalle wegen der Finanzkrise hatte es in der vergangenen Woche auch in Lettland, Litauen und Bulgarien gegeben."(...)

ich möchte keine prognosen darüber abgegeben, aus wievielen ländern im laufe der kommenden monate ähnliches zu vermelden sein wird.

Montag, 19. Januar 2009

glück im unglück...

...hatte ich letztlich, als mir am morgen nach der kniearthroskopie bei der visite der diensthabende arzt quasi im vorübergehen sein "kein befund!" zurief - puh! mit einem meniskusanriss hatten verschiedene ärzte (und ich) schon fest gerechnet, und selbst der worst-case in form eines kreuzbandschadens schwebte drohend im hintergrund und versprach mehrere monate ärger und stress. aber alles schnee von gestern - ich humpel zwar noch ganz ordentlich durch die gegend, aber das sollte ende dieser woche schon anders aussehen. die letzten tage nach dem frühen verlassen des krankenhauses habe ich mir eine allgemeine auszeit genommen, und deshalb melde ich mich jetzt erst wieder.

vielen dank für all die guten wünsche, die mich hier begeleitet haben! die hatte ich u.a. im gedächtnis, als ich mich innerlich auf die vollnarkose vorbereitete, die dann zu einem ebenso relativ angenehmen erlebnis wurde wie meine bis dato einzige ein paar jahre vorher (und ehrlich gesagt: bei den nachrichten, die ich seitdem wahrgenommen habe, erscheint eine narkose manchmal als verlockende alternative).

ich konnte mich selbst natürlich in der phase des wegdämmerns nicht sehen, und so bleibt es eine frage der imaginären perspektive, ob mein gesichtsausdruck in jenen momenten eher einem entspannten lächeln oder einem debilen grinsen entsprach - fakt ist jedenfalls, dass das psychoaktive medikament zur narkoseeinleitung (ein ordentliches
benzodiazepin) mich in einen zustand versetzte, der sich während der berieselung durch das morgenprogramm im obligatorischen tv (okay, das könnte man natürlich auch zur narkosevorbereitung zählen...) zu einem wahren glücksmoment auswuchs, als nämlich auf einmal eines meiner lieblingslieder über den schirm flimmerte:



ach! was sollte dann noch schiefgehen? tammi terrell und marvin gaye, beide viel zu früh verstorben und beide mit einer - ganz ironiefrei - wirklich wunderschönen ausstrahlung, sangen und wiegten mich wie ein großes kind in wolken aus immer dichter werdender und leuchtender rosa zuckerwatte. einfach schön. und hinterher war mir nicht mal übel.

Sonntag, 11. Januar 2009

notiz: krisennews und -gedanken (16)

und zur einleitung dieser neuen folge möchte ich die leserInnen zunächst davon in kenntnis setzen, das der heutige beitrag mindestens für die nächste woche vorläufig mein letzter sein wird - passend zum allgemeinen (wirtschaftlichen) desaster habe ich das krisenjahr 2009 gleichmal mit einem persönlichen fiasko eingeläutet, welches in der letzten woche in der kombination von vereister straße und einem fahrrad dazu führte, dass ich mich morgen unters messer auf einem op-tisch legen muss. einer der seltenen anlässe, bei dem ich die mir persönlich verhasste durchhalteparole "muss ja!" wenigstens etwas sinnvoll finden kann.

*

und als ich dann vorhin so auf krücken in der kälte zum netcafé meiner wahl humpelte, habe ich mir überlegt, was denn wohl zur zwischenzeitlichen ansammlung immer neuer krisenbotschaften aus meiner sicht zu sagen wäre. und bin zu dem schluß gekommen, dass vieles vor allem ein ausdruck dafür ist, dass sich die krise inzwischen dem erwarteten verlauf aus sicht der sog. pessimisten annährt, und zwar in mehrdimensionaler hinsicht. einmal wäre da die weiter wirkende sedierung großer teile der hiesigen bevölkerung, die vermutlich bei vielen selbst dann noch das verhalten als untertäniges braves schaf stützen wird, wenn sie selbst aus ihren jobs geflogen sind und sich vor den örtlichen agenturen drängeln, um ihre staatlich gewährten brosamen in empfang zu nehmen. das dürfte in vielen fällen gleichfalls gekoppelt auftreten mit der - und in diesem fall ist das attribut angemessen - urdeutschen tradition des tretens und keilens gegen alle, die als noch schwächer und weiter "draußen" stehend wahrgenommen bzw. als solche seitens der "elitären politik" gekennzeichnet und stigmatisiert werden. tatsächlich haben wir die volle aktivierung all der unsichtbaren antisozialen spaltungslinien rassistischer und faschistischer coleur noch nicht einmal ansatzweise in größeren dimensionen erlebt - "deutsche" vs. "ausländer", "moslems", "juden"; aber auch "undeutsches" in form von "schwäche" bzw. minderleistung - obdachlose, kranke, erwerbslose. wobei: vielleicht gibt es gerade wenigstens bei den letzteren einen kriseneffekt, der neulich in der taz
so beschrieben wurde:

(...)"Eine reale Wirtschaftskrise fordert Arbeitsplätze. Psychologisch stellt sich die Frage: Wird nun die Arbeitslosigkeit wieder mehr zu einer kollektiv erlebten Erfahrung?(...)

Wenn Auswirkungen der Krise auch Bessergestellte treffen können, dann ist es nicht mehr so leicht, betroffene Bevölkerungsgruppen deswegen moralisch auszugrenzen. Es gab zuletzt eine Studie des Mannheimer ZEW-Instituts, wonach in Abschwungzeiten Erwerbslosen weniger unterstellt wird, sie seien selbst verantwortlich für ihr Schicksal. In vielen Milieus könnte die Krise eine ähnliche moralische Entlastung für Jobverlust und Firmenpleiten mit sich bringen."(...)


wenn man es so eng begrenzt sieht, könnte ich durchaus vorsichtig zustimmen. allerdings bezweifle ich sofort danach eben auch die fähigkeiten vieler "deutscher" erwerbsloser, ihre aufgrund der üblichen hiesigen sozialisation vorhandenen hasspotenziale jenseits von selbsthass und/oder tretens nach unten in eine richtung gegen oben und die dort favorisierten gesellschaftlichen verhältnisse focussieren zu können, die nicht in eine quasi-faschistische sackgasse führt. die fähigkeit zur kollektiven solidarität beruht u.a. eben auch auf den persönlichen empathiefähigkeiten, die in diesem land bekanntlich bis dato weder gefördert noch im größerem umfang gewünscht sind. daran ändern auch entsprechende bekenntnisse zur simulation von als-ob-empathie bspw. innerhalb von unternehmen nichts. dazu kommt die in vergangenen krisennews öfter erwähnte notwendigkeit, eine grundsätzliche und qualitative alternative jenseits des herrschenden systems von exponentiellem wachstum, konsum als lebenssinn, gesellschaftlichen hierarchien und posttraumatischer antisozialität zu entwickeln. dazu müsste aber bspw. der fortfall von zwangsweiser lohnarbeit von betroffenen ebenso als chance begriffen werden können wie die veränderung des bisher konsumfixierten eigenen lebens, was wiederum eine tiefgreifende auseinandersetzung mit den diese muster tragenden eigenen inneren psychophysischen strukturen zur bedingung hätte. ob eine solche weitgehende und auch schmerzhafte konfrontation mit sich selbst durch zunehmenden druck in den äußeren und alltäglichen strukturen entstehen kann, darf zumindest angezweifelt werden. aber vielleicht erleben wir auch hier positive überraschungen?

*

zum anderen können sich die pessimistischen prognosen der jüngeren vergangenheit in ausmaß und geschwindigkeit des prozesses bestätigt sehen, in dem sich die krise bis in die letzten winkel der herrschenden ökonomie frisst - alleine die schlagzeilen der letzten tage sind so spektakulär, dass ein social fiction-autor, der das hypothetisch bspw. vor zwei jahren als plot irgendwelchen verlagen präsentiert hätte, unter allgemeinem hohngelächter auf die straße befördert worden wäre. wieder einmal zeigt sich, dass die realität regelmässig die schärfsten geschichten schreibt und die größten überraschungen bereithält.
breite schrumpfung der industrieproduktion - unvorstellbar, zweistelliger rückgang der hiesigen exporte - absurd, staat wird größter aktionär bei commerzbank - grotesk. und so weiter und so fort. wobei es nicht nur, aber besonders rund um die bankster zum himmel stinkt - hinter diversen aktuellen aktionen zur "bankenrettung", die gerade weltweit unternommen werden, lassen sich prozesse und strukturen erahnen, die immer neue belege für die these liefern, dass es sich beim attribut "legal" innerhalb einer kapitalistischen ökonomie tatsächlich nur um ein leeres wort für eine als notwendig betrachtete simulation handelt, die prozesse decken soll, welche bei genauerer betrachtung keine strukturellen unterschiede mehr zu den illegalisierten schattenökonomien unter der fuchtel von mafia und co. erkennen lassen. wobei sich auch "der staat" in form von diversen landesbanken keinesfalls zurückhält - die sog. steuerparadiese bieten halt für alle leute mit sehr viel geld ihren service an:

"Die staatliche HSH Nordbank hat nicht nur kräftig beim globalen Finanz-Roulette mitgespielt, sie half auch, dem Staat Steuern zu hinterziehen: Briefkastenfirmen in der Karibik, Beteiligungen an dubiosen Fonds auf den britischen Kanalinseln und Tochtergesellschaften in Steuerparadiesen.

Die von der Finanzkrise schwer erschütterte Nordbank unterhält weltweit über 160 Beteiligungen, darunter Niederlassungen auf den karibischen Cayman Islands, den britischen Kanalinsel Guernsey und Jersey sowie den Marshallinseln im Pazifik. Offensichtlich bietet die Staatsbank ihren Anlegern Renditen in Steuerparadiesen an."(...)


was in diesen "paradiesen" wie genau abläuft, lässt sich ganz gut anhand der
kanalinsel jersey nachvollziehen. aber nicht nur deutsche banken handeln nach dem systeminternen zwang der kapital- und profitakkumulation; auch anderswo wird deutlich, dass begriffe wie "legalität", "gesetze" und vor allem "seriösität" für leute mit sehr viel geld offensichtlich eine andere bedeutung haben als für das normale bürgerliche schaf (welches sich natürlich in kleineren dimensionen von fall zu fall an den großen vorbildern orientiert) - "anderswo" liegt in diesem falle in der direkten nachbarschaft :

"Die Schweizer Großbank UBS gibt dem Druck der US-Behörden nach und wird rund 19.000 Offshore-Konten wohlhabender amerikanischer Kunden schließen, berichtete die New York Times am Freitag. Der größte Vermögensverwalter der Welt geriet unter Beschuss, da nur ein Bruchteil der Konten von amerikanischen Anlegern bei der Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) gemeldet waren. Die Zahl der Konteninhaber, die auf diesem Weg Steuern hinterzogen haben, soll sich auf einige tausend belaufen."(...)

wer immer noch glauben sollte, das seien nur ausnahmen von der regel, kennt die regel(n) noch nicht. die lassen sich zb.
hier studieren.

*

zum suizid des "pharma-milliardärs" merckle ist schon so viel gesagt und geschrieben worden, dass ich heute nur noch auf eine art nachruf bei
ad sinistram hinweisen möchte, ebenso auf den dortigen nachtrag:

(...)"Verschiedene Medien berichteten vom Spekulationsfiasko dieses Mannes, der angeblich sein ganzes Firmenimperium an der Börse verspielt hätte. Milliarden hätte er verloren - Milliarden, so wurde zudem berichtet, die er als williger Bruder im Geiste des Profites, skrupellos akkumulierte, die er seinen Kontrahenten regelrecht aus der Tasche nahm. Der freie Markt dieses Herrn war der unfreie Markt all jener, die ihm in die Quere kamen. Wir erinnern uns an den Ausspruch, dass man an ein Milliardenvermögen nicht mittels Ehrlichkeit herankommt - und erfahrungsgemäß wissen wir, die wir nicht einmal fähig sind, eine Million ehrlich zu verdienen, dass diese proletarische Polemik in Spruchform, durchaus ein Korn Wahrheit in sich bergen könnte. Zwar wurde er als bescheidener Patriarch dargestellt, der privaten Asketismus lebte, zwischen Bundesverdienstkreuz, Alpenverein und Studentenverbindung, der aber im Geschäftlichen aufblühte, was soviel heißt wie: verwelkte, weil er alles Zwischenmenschliche absterben ließ. Menschen, ob Angestellte oder Vertreter aus Politik, waren für ihn nur Mittel zum Zweck, benutzbare Bestandteile aus einem Kollektiv verwertbarer Humanroboter, die zur Sicherung und Wahrung, aber natürlich auch zum Ausbau seines Vermögens heranziehbar seien.

Vor diesem Hintergrund ist sein letzter Akt zu sehen. Er suchte ein Gleis auf, weil er selbst nicht tun wollte oder konnte, was einem Menschen, selbst bei größter Lebensmüdigkeit, nicht leichtfällt. So bediente er sich der Deutschen Bahn, genauer eines Lokführers, der zum ungewollten Tötungsinstrument werden sollte."(...)


bingo. nimmt man dazu noch die "öffentliche erklärung" seitens der familie...

"Adolf Merckle hat für seine Familie und seine Firmen gelebt und gearbeitet. Die durch die Finanzkrise verursachte wirtschaftliche Notlage seiner Firmen und die damit verbundenen Unsicherheiten der letzten Wochen sowie die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können, haben den leidenschaftlichen Familienunternehmer gebrochen, und er hat sein Leben beendet."

...vervollständigt sich der eindruck einer unglaublichen kälte in diesen kreisen, die sich ein leben jenseits ihrer wert- und normenskala so vollständig nicht mehr vorstellen können, das der tod in so einer situation als kleineres übel erscheint. sie begreifen sich tatsächlich primär als "unternehmer", "finanziers" u.ä. - und nicht mehr primär als menschen. wer glaubt denn wirklich, dass der milliardär selbst bei einem völligen crash seiner unternehmen verarmt auf der straße gelandet wäre? aber vor allem: wen wundert die breite berichterstattung über einen der ihrigen und das ebenso breite schweigen über
die anderen?

der vollständigkeit halber und in der sprache, die angemessen ist - hier die bisher bekannte "elitäre"
suizidale bilanz...

(...)"Im Mai vergangenen Jahres sprang Barry Fox, der neun Jahre für Bear Stearns gearbeitet hatte, aus seiner Wohnung im 29. Stock. Das geschah kurz nachdem Fox erfahren hatte, dass er nicht von JP Morgan übernommen wird. Im September stürzte sich der Chef einer Private-Equity-Firma in Großbritannien vor einen Zug. Im November erschoss sich in Brasilien ein Trader auf dem Parkett der Börse in São Paulo. Im Dezember nahm sich in den USA der Hedge-Fonds-Manager Eric Von der Porten das Leben. Und zwei Tage vor Weihnachten schnitt sich René-Thierry Magon de la Villehuchet in seinem Büro an der Madison Avenue in Manhattan die Pulsadern auf. Das Büro lag nur einige Blocks von der Wohnung von Bernard Madoff entfernt. Villehuchet hatte etwa 1,5 Mrd. $, sein Vermögen und das vieler Freunde und Familienmitglieder, bei dem Madoff-Betrug verloren."(...)

...die womöglich
erweitert werden muss:

"Der Chef eines führenden US-Immobilienauktionshauses, Steven Good, ist tot aufgefunden worden. Der 52-Jährige weise eine Schussverletzung auf, die er sich offenbar selbst beigebracht habe, teilte das Sheriff-Büro des Bezirks Kane bei Chicago mit."(...)

und es fällt mir durchaus sehr schwer, bei all diesen toten so etwas wie mitleid in mir zu entdecken.

*

zumal sie durch ihr treiben im leben einiges zur notwendigkeit von einrichtungen wie
suppenküchen beigetragen haben, die für sie selbst immer nur unendlich ferne parallelwelten darstellten:

(...)" Mutter Liz ist gewiss kein zorniges Gemüt, aber wenn sie anfängt, über die soziale Gesamtsituation ihrer Stadt zu reden, gerät sogar sie in Rage. Die Tatsache, dass es im Schatten der opulentesten Konsumtempel und der Konzernzentralen in solch unfassbarem Ausmaß Hunger gebe, wettert sie, werde ignoriert - von der Politik, von der Wirtschaft, von den Medien. "Es ist einfach unakzeptabel, dass Millionen von Menschen nichts zu essen haben. Wir brauchen eine völlig neue Diskussion darüber, was Gemeinwohl bedeutet."

Gewiss, Armut und krasse soziale Gegensätze hat es in New York immer gegeben. Seit sich die Finanzkrise zur Depression ausweitet, scheint jedoch niemand mehr wirklich gefeit davor, bei Mutter Liz in der Schlange zu stehen. "Wir sehen hier vielleicht noch keine arbeitslosen Banker, aber ihre arbeitslosen Putzfrauen und die arbeitslosen Chauffeure, die sind schon da." In vielen Fällen, so die Pastorin, hätten ihre Gäste sogar Arbeit, könnten von dem Lohn in New York jedoch nicht leben."(...)


mit einer gewissen wahrscheinlichkeit demnächst auch in unseren straßentheatern zu sehen - eine 1929er-revival-aufführung, präsentiert von wirtschaft & politik.

*

falls nicht auch hier doch noch entwicklungen eintreten, die der marxistische historiker und
optimist karl-heinz roth in einem interview so umschreibt:

(...)"Der Marktradikalismus selber war doch schon für viele Menschen mit Verunsicherung besetzt. Seine Krise löst nun die große Panik aus?

Ja, denn er hat den Alltag auch großer Teile der Unterschicht bestimmt. Es gab eine unglaubliche Expansion der Konsumentenkredite, die Masseneinkommen sind in den letzten Jahren radikal gesunken - auch in der Unterschicht. Millionen Menschen haben ihre prekäre Lage durch Kredite verdrängt und sitzen nun in der Falle. Die Unterklassen der entwickelten Welt kompensierten ihre Prekarität durch Verschuldung. Das spielt auch in der Alltagskultur eine gewaltige Rolle.

Inwiefern?

Das alte Sozialstaatsmodell ist gescheitert. Seine Wiederherstellung ist genauso in Frage gestellt wie der Marktradikalismus. Das sind Prozesse unheimlicher Dynamik. Alle bemerken: So geht es nicht weiter! In Italien führen die Bildungsreformen der Berlusconi-Regierung seit Monaten zu Massenaufständen. Die Jugendlichen sagen: Wir zahlen eure Krise nicht. In Griechenland gab es eine extrem weit fortgeschrittene Erwerbslosigkeit, dort existieren heute keine Perspektiven nach dem Studium. Das sind neue existenzielle Bedrohungen, die dort zu einer ganz breiten Sozialrevolte geführt haben.(...)

Sie werden dem, was Sie "dissidente Strömungen" nennen, zugerechnet. Was sind denn Ihre Rezepte?

Wir müssen die Krise analysieren und über aktuelle Teilaktivitäten hinaus eine konkrete Utopie formulieren. Das ist ein ungeheurer Anspruch, aber nur so wird man der epochalen Bedeutung der neuen Situation gerecht.

Können Sie das konkretisieren?

Bremerhaven etwa wird massive Problem bekommen. Als Folge der Wirtschaftskrise brechen seit dem Spätsommer weltweit die Frachtraten im Schiffsverkehr ein. Es gibt deshalb in Bremerhaven - wie auch anderswo - eine ungeheure Überakkumulation an Transportkapazität. Und es ist klar, dass deswegen alles abstürzen wird. Hier müsen wir Prozesse in Gang bringen, die die Privatisierung stoppen und die Wiederaneignung der Anlagen und der Infrastruktur auf die Tagesordnung setzen.

Wie soll das gehen?

Gefragt ist ein alternatives Restrukturierungsmodell für die Hafenindustrie. Die Arbeiter sollten sich selber organisieren und müssen dabei über das Klein-Klein der gewerkschaftlichen Betriebsgruppen hinausgehen. Mit ihnen werden neue Modelle zu entwickeln sein, die das katastrophale Scheitern der Managerklasse mit der Entlassung und Abschaffung der Managerklasse beantworten. Das steht an. Das ist sicher sehr weitgehend, aber so muss die konkrete Utopie aussehen, die es zu entwickeln gilt.

Die BLG ist rund eine Milliarde Euro wert, profitabel und gehört dem Land Bremen. Warum sollte dieses eine solche Form von Selbstverwaltung tolerieren?

Der Weg führt über die Arbeiter. Zu ihnen müssen wir mit unseren Konzepten gehen. Die Perspektive für sie muss lauten: Radikale Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Nur so können Massenbedürfnisse befriedigt und kann die für die gesellschaftliche Selbstverwaltung erforderliche Nicht-Arbeitszeit erobert werden."(...)


das finde ich tatsächlich ganz schön optimistisch, zumal über den inneren zustand des einzelnen arbeiters im angesicht der krise die gleichen bedenken angebracht erscheinen, die ich eingangs schon bezgl. der erwerbslosen geäussert hatte. wie gern würde ich mich in beiden fällen irren!

*

im interview oben ist auch das stichwort "griechenland" gefallen, und die durchaus sympathisierende beobachtung der dortigen sozialrevolte habe ich bekanntlich ebenfalls in dieser beitragsreihe eingeführt. ein mediales aufflackern der berichterstattung war zuletzt allerdings nur bei den
schüssen auf einen polizisten anfang januar zu registrieren, zu denen ich zunächst auszugsweise eine stellungnahme direkt "aus der bewegung" zitieren möchte:

(...)"Unser erster Gedanke war, dass keine Person, die Teil unserer Bewegung ist - egal wie wütend sie ist oder wie sehr sie die Taktiken der Stadtguerilla unterstützt - sich ausgerechnet den, in den letzten Tagen buchstäblich unter Besatzung der Polizei stehenden, Bezirk Exarchia aussuchen würde, um solch eine Attacke auszuführen und anschließend sicher zu entkommen.

Daher können wir es nicht als Zufall ansehen, dass Massenmedien, Politiker_innen und ihre Lakaien eine Athmosphäre aufgebaut haben, dass irgendeine dynamische Racheaktion unmittelbar zu erwarten sei. Wir können die Möglichkeit natürlich nicht ausschließen, dass so was passiert - aber wir sind nicht so dumm zu glauben, dass es in Exarchia passiert, oder wie das Mal zuvor [die Schüsse auf den Polizeibus einige Tage vorher, anm.ü.] vom Unicampus Zografou aus. Der Staat hatte über sein mediales Sprachrohr die öffentliche Meinung schon auf eine "bevorstehende" Aktion gegen die Polizei vorbereitet. Die Auswahl des Angriffsortes (das Kultusministerium in Exarchia) hat ihnen irgendwie die Suppe versalzen: Ein Angriff in dieser schwerstüberwachten Gegend verweist ganz klar auf Angreifer_innen, die nur vom Staat selbst kommen können. Es ist nicht der Rede wert festzustellen, dass diese Leute keine Skrupel haben, einen der ihren zu erschießen - darüber brauchen wir nicht nachdenken: Menschenleben bedeuten ihnen nichts.(...)

Bereits jetzt gab es 75 Verhaftungen, viele Übergriffe der Polizei auf Bewohner_innen und Passant_innen in Exarchia und Hausdurchsuchungen - wie praktisch für sie."(...)


nun meine persönliche meinung: spätestens seit dem bekanntwerden der existenz von "gladio" und der betrachtung der us-amerikanischen praktiken der aufstandsbekämpfung weltweit ist natürlich nicht auszuschließen, dass es sich bei dem athener angriff tatsächlich um eine klassische counter-insurgency-aktion gehandelt haben könnte. könnte deswegen, weil ich mir durchaus auch vorstellen kann, dass die schüsse tatsächlich von leuten abgegeben worden sind, die - ganz ähnlich wie einst hierzulande die raf - sich aufgrund einer falschen analyse der gesamtgesellschaftlichen situation zum handeln in ihrem sinne entschlossen haben. und das würde ich für falsch halten, zumal die griechischen verhältnisse noch nicht die einer offenen diktatur sind, in der sich die frage nach der legitimität von bewaffnetem widerstand sozusagen von selbst beantwortet. in den aktuellen westlichen demokratiesimulationen ist und bleibt das eine sehr, sehr zwiespältige sache. und wesntlich vielversprechender und auch wichtiger schätze ich die ersten ansätze für eine breite selbstorganisierung immer mehr gesellschaftlicher klassen ein, wie ich sie in den krisennews nr. 14 am ende dokumentiert hatte.

erste folgen dieser schüsse waren aktuell bereits wahrzunehmen, bei der ersten
großdemonstration des neuen jahres in athen kam es zu harten polizeiangriffen:

"Während der heute Mittag stattgefundenen ersten Demo von SchülerInnen und StudentInnen im neuen Jahr in Athen wurden 15 Rechtsanwälte die versuchten juristische Hilfe anzubieten, an ihrer Arbeit gehindert und festgenommen! Mindestens zwei Journalisten wurden verletzt, mehrere andere an ihrer Arbeit gehindert und festgenommen. Sogar Krankenwagenpersonal das Verletze abtransportieren wollte, wurde von der Polizei angegriffen und verletzt. Zwei Verletzte, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden, sind von der Polizei nochmal einmal angegriffen und verletzt wurden."

es bleibt zu hoffen, dass der wichtige und eher unspektakuläre prozeß der selbstorganisation nicht von einer eskalierenden gewaltspirale aufgehalten bzw. verhindert wird.

Mittwoch, 7. Januar 2009

kontext 50: "Da stimmt etwas ganz Fundamentales mit dieser Gesellschaft nicht"

mit diesen sätzen endet ein artikel, der eigentlich nicht nur bei spon als zumindest zeitweise ständige topschlagzeile präsentiert gehört, weil er wissen über uns selbst und unsere psychophysischen funktionen enthält, ohne dessen verbreitung und anschliessende weitreichende konsequenzen keinerlei entwürfe grundsätzlich sozialerer gesellschaftlicher verhältnisse mehr auskommen können. es geht um einen überblick hinsichtlich wichtiger ergebnisse der pränatalen forschung, und dieser überblick lässt sich als ergänzung und vertiefung meines eigenen basisbeitrags zur pränatalen phase nutzen. gleichfalls macht er auch wesentliche strukturen deutlich, die zu den unsichtbaren quellen von kriegen wie aktuell in nahost oder sri lanka gehören.

(...)"Die Annahme oder Ablehnung des Fötus ist die erste, ganz zentrale Erfahrung von Beziehung. Denn nicht nur über die Nabelschnur, auch über seine Sinnesorgane ist der Fötus eng an die Gefühlswelt der Mutter angeschlossen: Wenn sie Angst hat, schlägt ihr Herz schneller, ihre Blutgefäße verengen sich, die Gebärmutter zieht sich zusammen. Der Lebensraum des Fötus wird enger, der Sauerstoff in seiner Blutzufuhr knapp. Gleichzeitig dringen über die Nabelschnur Botenstoffe in seinen Organismus, die ihn biochemisch auf das Gefühl von Angst und Furcht programmieren. Über diesen Umweg hat auch der Vater Einfluss auf das neue Leben.(...)

Die Gefühlswelt des ungeborenen Kindes wird über biochemische Marker als Reaktionsmuster im Organismus tief verankert – mit gravierenden Folgen. Unerwünschte Kinder, deren Mutter keine Bindung zu ihnen aufbauen kann, produzieren deutlich weniger Oxytocin, das Bindungshormon, das für den Aufbau von Beziehungen, vor allem aber für die Liebe zwischen Mutter und Kind zuständig ist. Selbst wenn sie gleich nach der Geburt in die Obhut liebevoller Pflegeeltern kommen, bleibt ihr Oxytocinhaushalt ein Leben lang geschwächt, weil seine Basis bereits in der Schwangerschaft gelegt wird. "Die Fähigkeit oder Unfähigkeit zu lieben", so Pränatalexperte Ludwig Janus, "kann so über Generationen weitervererbt werden." Da jede Schwangerschaft immer auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Kindrolle mit sich bringt, können traumatische Erlebnisse im Uterus auch noch Enkel und Urenkel beeinflussen."(...)


und dieses fazit kann ich - wen wundert´s - nur dreimal dick unterstreichen:

(...)"Die Fähigkeit zum sozialen Miteinander, eine Tendenz zu Kriminalität und Gewalt, aber auch Friedfertigkeit und Empathie werden ganz entscheidend bereits in der Phase vor der Geburt geprägt."(...)

und dabei muss nicht nur an schwangere in offenen kriegsgebieten gedacht werden, sondern auch bspw. an schwangere frauen unter der knute von "hartz-IV" mit allem stress, der damit verbunden ist. solange wir uns unsere antisozialen mutanten auf diesen und anderen wegen selbst weiter produzieren bzw. wir diese vorgänge mehr oder weniger stillschweigend dulden, brauchen wir uns eigentlich über die folgen nicht zu
beschweren.

assoziation: im schatten von nahost - der "vergessene" krieg in sri lanka

und das wort vergessen steht deshalb in hochkommata, weil diese art des vergessens meiner meinung nach erstens eine medial produzierte, zweitens aber auch ein ausdruck dafür ist, dass nicht alleine die entsetzlichen bilder aus gaza und israel derart mobilisierend und vor allem polarisierend wirken, sondern die beteiligung israels am krieg offensichtlich affekte und emotionen aufwühlt, die tief in der geschichte der jüdischen bevölkerungsteile weltweit, realem und/oder fehlwahrgenommenem antisemitismus sowie der extremtraumatischen shoa und ihrer jeweiligen (nicht-)verarbeitung wurzeln. denn bei näherer betrachtung sind die parallelen zwischen der situation im indischen ozean und der im nahen osten frappierend - das beginnt bei der in sri lanka sogar weitaus längeren konfliktgeschichte, bei der ebenso wie im nahen osten großbritannien eine gelinde gesagt unrühmliche rolle spielte...

(...)"Unter den Briten werden in der Verwaltung vor allem hochkastige Tamilen eingesetzt, was durch ihre traditionell gute Bildung begünstigt wird, aber wohl hauptsächlich einer Divide et impera-Taktik entspricht; dadurch genießen die Tamilen einige Privilegien. Die britische Regierung holt zahlreiche indische Tamilen nach Ceylon, die sie als Arbeitskräfte auf ihren Teeplantagen benötigt. Der Anteil von Tamilen an der Gesamtbevölkerung steigt dadurch im Lauf der Zeit von 12 auf 18 Prozent an. Bereits 1840 kommt es daher zu ersten Spannungen wegen des unterschiedlichen Glaubens."(...)

...setzt sich im laufe des krieges mit einer art selektion mittels brutalität bei den kriegsparteien fort...

(...)"Nach dem Anschlag kommt es zu landesweiten Pogromen gegen die tamilische Minderheit. In ihrem Verlauf werden, vor allem in den Gebieten mit singhalesischer Bevölkerungsmehrheit, zwischen 1000 und 5000 Tamilen ermordet und mindestens 100.000 zur Flucht in andere Landesteile gezwungen, wobei ein großer Teil des tamilischen Eigentums in singhalesische Hände übergeht; dabei werden die Täter teilweise von regierungsnahen Politikern angestachelt, und Mitglieder von Polizei und Militär beteiligen sich an den Ausschreitungen.

Auf Seite der Tamilen gewinnt bald die LTTE (auch als „Tamil Tigers“, tamilische Tiger bezeichnet) die Oberhand, indem sie andere separatistische tamilische Gruppierungen rigoros und teilweise gewaltsam bekämpft. Im andauernden Krieg kann sie als stärkste militärische Kraft auch schnell die politische Führung der Tamilen übernehmen."(...)


...mit dem ebenfalls aus nahost bekannten ergebnis, das kein mensch mit emotionaler vernunft sich vorbehaltlos irgendwie positionieren könnte. und geht mit der ebenfalls bekannten konstellation eines "asymmetrischen krieges", bei dem von beiden seiten aus auch die zivile bevölkerung attacktiert wird, weiter:

(...)"Am 14. Juni 2006 starben bei einem mit zwei mit Metallkugeln gefüllten Sprengsätzen durchgeführten Anschlag auf einen Reisebus bei Kebitigollewa (nördliche Zentralregion, nahe Anuradhapura) mehr als 60 Menschen. Es war der schwerste Anschlag seit 2002. Während die Regierung die LTTE dafür verantwortlich macht, sagte ein Sprecher der Organisation, sie habe nichts damit zu tun. Die srilankische Luftwaffe flog noch am selben Tag Einsätze gegen Stellungen der LTTE an der nordöstlichen Küste, dabei wurden 1000 tamilische Zivilisten getötet.(...)

Ebenfalls in Muttur wurden am 6. August 17 tamilische Mitarbeiter der französischen Hilfsorganisation „Aktion gegen Hunger“ ermordet aufgefunden. Regierung und LTTE gaben sich gegenseitig die Schuld an dem Massaker. Am 8. August 2006 erklärte die LTTE überraschend ihren Rückzug von dem umkämpften Stausee, so dass die Schleusentore wieder geöffnet werden konnten. Am 14. August 2006 wurden durch einen Bombenangriff der Armee Sri Lankas mit Kampfflugzeugen des Typs KFIR auf das Kinderheim „Chencholai“ in Mullaithivu 61 Schulmädchen getötet und über 129 verletzt. Die Regierung gab an, sie habe nur ein LTTE-Ausbildungslager bombardiert, aber unter Umständen griff die Armee diese Schule gezielt an."(...)


kommen solche nachrichten Ihnen nicht von woanders her sehr bekannt vor? und halten Sie
selbstmordattentate eventuell für ein rein islamistisches phänomen?

(...)"Die LTTE führt mit rund 250 ihr zugeschriebenen Anschlägen die Statistik der weltweit verübten Selbstmordattentate an. Die Selbstmordattentate würden, laut LTTE, nicht zum Erreichen eines Ziels oder zum Durchdrang in die von der Regierung kontrollierten Gebiete (anfänglich) eingesetzt, sondern seien vorwiegend zur Abwehr von Großoffensiven der oppositionellen Parteien auf die tamilische Bevölkerung."(...)

wie auch in nahost (und jedem anderen krieg) hat sich ein geschlossener kreis aus gegenseitiger traumatisierung und brutalisierung inzwischen verselbstständigt - mit der folge des entstehens einer
"kultur" der gewalt:

(...)"Des einen Freiheitskämpfer sind des anderen Terroristen – dies gilt insbesondere auch für die LTTE. Immer wieder gelang es den Befreiungstigern mit Minenanschlägen und Selbstmordattentaten, die auffällig häufig von Frauen begangen wurden, Vertreter des Staats und noch mehr Unbeteiligte zu ermorden. Die LTTE hat einen martialischen Kult um ihre so genannten Black Tigers aufgebaut, eine Eliteeinheit von Selbstmordattentätern, die nach ihrem Tod als "Märtyrer" verehrt werden. Sie trugen den Konflikt wiederholt in die Hauptstadt Colombo und die eher ruhigen Landesteile.

Doch auf Seiten der Regierung bedienen sich insbesondere paramilitärische Gruppen ebenfalls terroristischer Mittel, um sich missliebiger Personen zu entledigen oder häufig einfach nur um die tamilische Bevölkerung in umstrittenen Gebieten einzuschüchtern. Es herrscht eine Kultur der Gewalt, die Angst eines Großteils der Bevölkerung begünstigt jene, die sich als Schützer der jeweiligen Gruppeninteressen aufspielen.

Rund 80.000 Menschenleben hat der Bürgerkrieg bislang gefordert. Hunderttausende wurden in seinem Verlauf immer wieder zur Flucht gezwungen."(...)


im laufe des letzten jahres und besonders in den letzten wochen bis heute hat sich der ständig glühende konflikt zu einem aufgeflammten
krieg entwickelt:

(...)"Es geht um das Kernland der Rebellen, auch Tamilen-Tiger genannt, im Norden der Insel. Es sind die heftigsten Kämpfe seit Jahren, und die Welt nimmt vergleichsweise wenig Notiz von ihnen. Perera sagt, was die Zahl der Opfer angehe, spiele Sri Lanka in einer Liga mit anderen, keineswegs vergessenen Konflikten: "Sri Lanka kommt gleich nach dem Irak und Afghanistan. Dann gibt es noch Somalia. Sri Lanka ist also unter den ersten Vier, was Kriege auf dieser Welt angeht, aber das spielt in den internationalen Medien und auch für die Regierungen kaum eine Rolle", meint Perera, und: "Weil es geopolitisch und strategisch nicht so wichtig ist. Und es hat auch kein Öl, was der Grund dafür sein dürfte, dass andere Länder viel prominenter behandelt werden."

Hinzu kommt, dass die Regierung in Sri Lanka kaum unabhängige Journalisten in dem umkämpften Gebiet zulässt und Beobachtern zufolge die Presse in der Hauptstadt ohnehin gut im Griff hat - oder wieder fester zupackt, wenn das mal nicht der Fall sein sollte. Was aus der Kampfzone nach außen dringt, ist viel Propaganda: Erfolgsmeldungen der Regierungstruppen, dass sie Fortschritte machen; so genannte Erfolgsmeldungen der LTTE-Rebellen, dass sie viele Soldaten getötet hätten."(...)


wie, auch die situation der berichterstattung kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? und womöglich auch noch die frage am ende des folgenden zitats?

(...)"Die Großen, die USA, Indien, China würden mittlerweile, wo nicht laut, so doch stillschweigend dulden, dass die Regierung sich offenbar fest vorgenommen hat, die Tamilen-Rebellen ein für alle Mal militärisch in die Knie zu zwingen. Die Frage ist nur, ob ein solcher Krieg überhaupt gewinnbar ist."(...)

wie gesagt: die parallelen sind frappierend, wobei sich hier ebenfalls die frage nach unserer involviertheit - in gestalt "unserer" angeblichen repräsentanten aka regierung(-en) - genauso wie bei vielen anderen kriegen stellt -
deutsche waffen, deutsches geld... - in diesem speziellen fall deutsche lizenzen:

(...)"Nachweisliche Abnehmer sind auch Bangladesch und Sri Lanka, dessen Armee das G3 im Bürgerkrieg gegen die Rebellen der Tamil Tigers einsetzt."(...)

eine auswahl weiterer und recht "versteckter" deutscher beteiligungen an der ausrüstung der regierungstruppen in sri lanka ist u.a.
hier zu finden; wobei dort ebenfalls zu sehen ist, das bspw. der großteil der ausrüstung der dortigen marine von israel geliefert wurde - so schliesst sich denn der traurige kreis am ende auch hier wieder. ein kreis, der hauptsächlich durch unsere von der allgegenwärtigen aufmerksamkeitsökonomie verzerrten wahrnehmung sowie eben bei etlichen auch durch die direkte beteiligung israels in nahost mobilisierten antisemitischen ressentiments zu ausschließlich hauptsächlich die dortige situation im focus hat (was sich auch als beleg für die instrumentalisierung der palästinensischen opfer für diese ressentiments begreifen lässt). das menschliche leiden ist jedoch rund um den planeten überall das gleiche. und kann nicht durch räumliche distanzen relativiert werden.

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