notiz: "gebt endlich auf - es ist vorbei"

(zur überschrift empfehle ich das video am ende. ansonsten war dieser beitrag bereits am gestrigen abend zur veröffentlichung gedacht, was aber dann an technischen problemen scheiterte.)

die fälligen antworten zu einigen kommentaren der letzten beiträge muss ich verschieben - einerseits wieder mal aus zeitgründen, weil ich mich ausserstande sehe, die auf dem tisch liegenden themen "mal eben so" und quasi nebenbei abzuhandeln. nein, das wird zeit brauchen. zum anderen habe ich mir selbst mediale auszeiten verordnet, und stattdessen lieber viel zeit im frühling der letzten tage verbracht. wobei ein gefühl kommenden unheils ständiger und unerfreulicher begleiter gewesen ist.

dieses gefühl verschwand natürlich nicht nach ein paar stunden herumstöberns im netz, im gegenteil - gerade gestern waren die nachrichten mal wieder so derart dystopisch-surreal, dass ich mich frage, was eigentlich all die noch vorhandenen sci fi- und social fiction-autoren zukünftig noch schreiben wollen...

drei news, die für mich besonders relevant sind: erstens werden Sie am heutigen tag eventuell bereits zeuge der finalen hochstufung des fukushima-GAUs auf "ines-7" sein - die gerüchte und meldungen verdichten sich in diesen stunden, und es wäre zusammen mit der ebenfalls angekündigten ausweitung der evakuierungszone das erstemal, dass die japanischen behörden nach wochen der desinformation so etwas wie realitätssinn zeigen würden. über die möglichen gründe dafür darf spekuliert werden.

zweitens liesse sich partieller realitätssinn auch einer durch und durch antisozial agierenden institution unterstellen, nämlich dem "internationalen währungsfond" iwf - der grund dafür ist eine faktische
anerkennung der realität von peak oil:

(...) "Der Internationale Währungsfond, der in den kommenden Tagen zu Beratungen über steigende Rohstoffpreise zusammenkommt, warnt vor zunehmenden Knappheitsrisiken auf dem Ölmarkt. Der IWF empfiehlt politischen Entscheidern weltweit, "sicherzustellen, dass ihre Ökonomien mit unerwarteten Veränderungen in der Ölversorgung und bei Ölpreisen umgehen können". (...)

Ein Wachstum der Ölfördermenge von 1,8% wie in den Jahren 1981 bis 2005 erscheint laut IWF unwahrscheinlich, vielmehr wird vor einer Stagnation oder gar einem Absinken der Produktion gewarnt. Der IWF erkennt in seinem Bericht an, dass insbesondere ältere Ölfelder die Fähigkeit einzelner Produzenten begrenzen, zusätzliche Produktionskapazitäten verfügbar zu machen." (...)


drittens hat es in griechenland einen ziemlich spektakulären
tv-auftritt des "heimlichen nationalheldens" mikis theodorakis gegeben, dessen wirkungen noch nicht abschätzbar sind - die wichtigsten aussagen sind diejenigen, dass er von einer ökonomischen junta spricht, die in griechenland - unter beteiligung des gerade erwähnten iwf - faktisch mit einem staatstreich die regierung übernommen hätte, und gegen die er englisch übersetzt das folgende empfiehlt:

(...) "It needs a peaceful revolution by the people. (...) We need a revolutionary government." (...)

yo, das ist schlicht ein revolutionsaufruf - und zwar von jemandem, dessen worte in dem land durchaus gewicht haben. es empfiehlt sich, immer wieder ebenso einen blick nach griechenland zu werfen wie nach spanien, porugal, irland, großbritannien - in den ländern sind ebenso wie in vielen arabischen und (nicht nur mehr nord-!) afrikanischen staaten sehr interessante gärungsprozesse wahrzunehmen, von denen uns einige mit großer sicherheit im laufe der nächsten monate um die ohren fliegen werden, und zwar wieder mal völlig verdientermaßen.

*

warum ich den letzen satz so formuliere, beantwortet jetzt blumfeld - gerichtet an jene sedierte und in
sozialer trance versunkene bevölkerungsmehrheit hierzulande, deren energie sich im panischen blöken "ich WILL..." erschöpft...



"Ihr habt alles falsch gemacht
Habt Ihr nie drüber nachgedacht?
Gebt endlich auf - Es ist vorbei"


oh ja.
Peter (Gast) - 14. Apr, 00:29

Manchmal denke ich, es wäre fast ausschließlich der Überfluss an Konsumwaren, der diese soziale Trance aufrechterhält. Der Konsum heilt alle Wunden des Systems (allerdings nur scheinbar, als Droge), selbst wenn schon kognitive Dissonanzen existieren. Würden diese Waren wegfallen (leere Regale), würden die Leute nach einer kurzen Schockphase hellwach. Das ist die letzte tragende Säule. Die Europäer haben aber wohl noch genug in den Regalen.

Quetzalcoatl (Gast) - 14. Apr, 01:40

industrielle Rituale

@ Peter

Sehe ich ähnlich.

Die Menschen werden in ihrer sozialen Trance durch immer wiederkehrende Abläufe gehalten...

...wichtig aus Sicht der System-Architekten ist es die Leute zu beschäftigen und in Rollen zu spalten...

Die meisten Menschen sind doch mit ihrer von der Gesellschaft zugewiesenen Rolle scheinbar zufrieden und identifizieren sich auch noch freiwillig damit!

http://www.irwish.de/Site/Konst1.html
demon driver (Gast) - 14. Apr, 18:35

Immer diese verkürzte Konsumkritik

Für immer größere Massen inzwischen auch in den "reichen" Industrienationen sind doch die vollen Regale längst gerade so gut wie leere, denn sie können über das zur Reproduktion hinaus Notwendige mangels Einkommen nichts bis fast nichts mehr daraus konsumieren.

Trotzdem identifizieren selbst unter denen noch viele mit der profitbasierten Erwerbsarbeits- und Warengesellschaft, weil sie nichts anderes kennengelernt haben, oder weil das Andere, was sie eventuell kennengelernt haben, auch scheiße war – und weil ihnen bis heute niemand glaubhaft gangbare Alternativen aufzeigen kann.

Und andererseits, verdammt nochmal, bedeutet Teilnahme am Konsum nicht, dass jemand hinter dem profitbasierten, warenproduzierenden System stünde.

Und, drittens, was zur Hölle soll denn bitteschön schlecht sein an "vollen Regalen"? Schlecht ist doch nur, dass unsere real existierenden Regale voll sind mit Gütern, die in einer destruktiven, unter Profitzwang stehend die Menschen und die Erde ausbeutenden Warenproduktion entstehen, und dass unter den herrschenden globalökonomischen Bedingungen die Destruktivität dieser Produktion im Grunde genommen immer nur noch weiter zunehmen kann.

Wer aber glaubt, ein umfassendes Angebot an Gütern aller Art könnte nur in destruktiver, kapitalistischer Warenproduktion entstehen, der geht unwillentlich genau der kapitalistischen Propaganda auf den Leim, die behauptet, dass materieller Wohlstand nur im Kapitalismus, auf Profit, Markt und Konkurrenz gegründet möglich sei.

Und wenn hier mit in keinster Weise gerechtfertigter Überheblichkeit pauschal eine "soziale Trance" angeprangert wird, dann wird damit auf etwas gezeigt, was von weitem betrachtet genauso, wie es tatsächlich ein kritikwürdiges, unbekümmertes Desinteresse an der katastrophischen Entwicklung der menschlichen Gesellschaftssysteme, der Menschheit und der Erde sein kann, ebensogut eine umfassender Erkenntnis folgende Weigerung sein kann, die eine, gerade ablaufende Menschheitskatastrophe nicht mutwillig und planlos durch eine andere, nicht weniger schlimme ersetzen zu wollen.
genova (Gast) - 14. Apr, 13:59

Das Gefühl kommenden Unheils?

Was ist denn gegen "ich will" einzuwenden? Ohne den Satz gibt es keinerlei politische Aktion.

"stattdessen lieber viel zeit im frühling der letzten tage verbracht. wobei ein gefühl kommenden unheils ständiger und unerfreulicher begleiter gewesen ist."

Was soll das denn genau heißen? Du läufst in der Sonne rum und hast ein ständiges Gefühl kommenden Unheils? Kann es sein, dass du deine privaten Probleme da mit reinhängst, für die die Gesellschaft nur bedingt etwas kann?

Eine präzise politische und gesellschaftliche Analyse bedingte es, dass gerade das auseinandergehalten wird. Das bedeutet nicht, dass für persönliche Probleme keine gesellschaftlichen Ursachen auszumachen wären. Aber eben nicht nur.

Ich behaupte, dass du gerade dann, wenn das "Unheil" nicht bald kommt, unzufrieden sein wirst. Das ist dieses komische christliche oder überhaupt religiöse Erlösungsding. Die Sintflut kommt, aber danach wird es mir hoffentlich besser gehen. So wird das nichts.

Ich fürchte, du wirst auch diese Bemerkungen missverstehen und sie mir um die Ohren hauen. Sei´s drum. Ich lese deine Sachen hier ganz gerne, kann mich aber dieser Eindrücke nicht erwehren.

Quetzalcoatl (Gast) - 14. Apr, 14:50

Quantenverschränkung

Wir sind alle miteinander verbunden und die Gefühle, die in uns auftauchen sind nicht nur unsere eigenen, sondern es ist eher wie Wetter...

http://www.das-weisse-pferd.com/04_05/von_der_einheit_der_natur.html

Quetzalcoatl (Gast) - 15. Apr, 13:24

hirnverseuchte Geschäftigkeit

Es geht doch überhaupt nicht um volle oder leere Regale...

...sondern das in unserer Gesellschaft das MACHEN und TUN einen höheren Stellenwert einnimmt als das SEIN...

Wednesday - 15. Apr, 16:07

Seinsein

Naja, es ist eine Tatsache, daß Machen und Tun existentiell sind, daß man ohne Machen und Tun schwer sein kann. Und das hat sich im Übermass durch den Einfluß vor allem der protestantischen Arbeitsethik eingeschliffen, daher scheint der Stellenwert der Arbeit höher zu sein als das "Sein" (wär noch zu klären, was das eigentlich sein soll, das "Sein" - ich will das jedem selbst überlassen, wie er/sie/es sein/ihr Sein gestalten will, und wenn jmd. lieber tut und macht, anstatt sein "Sein" wichtig zu nehmen, dann bitte... solang jmd. der Umgebung damit nicht schadet - obwohl die sog. Natur in irgendeiner Weise immer Schaden nehmen muss, wenn man sie nutzt).

Wie das Sein beschaffen ist, wie es wahrgenommen wird und wie bewertet, ist abhängig von den materiellen Umständen. Wer so richtig arm ist, ist gezwungen, zu tun und zu machen, mehr zu kümmern als jemand, der keine Probleme hat, sich zu erhalten. Daß das, was getan und gemacht wird, oft falsch, verkehrt, lebens- und lustfeindlich ist, auf Kosten der Ausbeutung von Mensch, Tier, Umwelt beruht: ja
Aber andererseits wird man auch in freier Kooperation, in solidarischer Gemeinschaft ganz schön viel machen und tun müssen. Anders; aber um das Arbeiten kommen wir nicht rum.
Wie gesagt, was soll das sein: das "Sein". Das Leben schlechthin? Das kann auch betriebsam gestaltet sein. Für viele Menschen, ich nehm mal als Beispiel die Öko-Bäuerin, den Künstler, die Lehrerin, den Arzt, ist ihr Tun und Schaffen oft ihr Sein. Und das ist ja nichts an sich Schlechtes.

Im Übrigen stelle ich im Berufsleben immer wieder fest, daß manche Gschaftlhuber, vor allem Vorgesetzte, mit übermässig eifrigem Tun und Machen von dem Umstand abgelenken, daß ihre Funktion eine eher überflüssige ist, und sie vor allem eines gut können: delegieren.

W.
demon driver (Gast) - 16. Apr, 01:01

Das Machen und das Tun

Nur als Ergänzung zu Wednesday, da ist eigentlich schon alles gesagt:

Das Problem ist doch, dass unser "Machen" und "Tun", und das hat eben auch dieselben Ursachen wie die Frage, womit wir unsere Regale füllen, überwiegend fremdbestimmt und entfremdet ist. Und das hat eigentlich nichts mit "Stellenwert" zu tun, sondern das sind die global fest vorgegebenen gesellschaftlich-ökonomischen Rahmenbedingungen, und die diktieren die Bedingungen für die persönliche materielle Existenzsicherung. Das ist keine Frage, wo man sich mal ganz losgelöst überlegen könnte, welchen Dingen man denn nun "gesellschaftlich" einen "Stellenwert" beimessen sollte oder nicht, die sind vorgegeben von den Strukturen, in denen sich die Welt bewegt. Und dioe gehört es umzuwerfen – vorher geht nämlich genau gar nichts.
quirinus - 15. Apr, 13:55

Als alle ALLES zu WOLLEN begannen


taz-1988
Ein Fund aus dem Jahre 1988.

demon driver (Gast) - 16. Apr, 00:49

Sehr schön

Und heute feiert die taz bzw. ihr Online-Berater ein freiwilliges Bezahlmodell für Online-Inhalte als die Erfüllung der Marxschen Forderung, "die erste Freiheit der Presse ist es, kein Gewerbe zu sein".
Quetzalcoatl (Gast) - 16. Apr, 19:55

Kooperation statt Konkurrenz

Eine erfrischende Brise...

DAS ENDE DES GELDES

http://youtu.be/a4p4pA8ivZo

demon driver - 16. Apr, 21:01

"Ressourcenbasierte Ökonomie"

Danke für den Hinweis. Diese "ressourcenbasierte Ökonomie" ist endlich mal ein konkreter Ansatz. Und noch dazu ein ganz und gar vernünftiger. Meines Erachtens vom Grundprinzip her auch der einzige Ansatz für ökonomische Rahmenbedingungen, der langfristig eine für die (alle!) Menschen funktionierende Basis sein kann.
schiaparelli (Gast) - 23. Apr, 17:39

marsianischer Zeitsturz

"dass ich mich frage, was eigentlich all die noch vorhandenen sci fi- und social fiction-autoren zukünftig noch schreiben wollen..."
(Antwort: Ich werde schon arbeitslos bevor ich richtig angefangen habe. Ich komm nicht mehr dazu, etwas zu Ende zu schreiben, die Entwicklungen erreichen so schnell traurige Höhepunkte, bevor ich überhaupt ein Plot fertig hab. Future History war gestern. Wenn man aber anfängt, an jenen Denkverboten zu nagen, die unserer geliebten Bundesregierung ein Dorn im Auge sind, dann kommt man zwar schnell zu spannenden neuen/alten Möglichkeiten, aber nicht zu Zukünften, in denen man leben wollte. Und nur Prophet des Untergangs zu sein und Depressionen zu verbreiten... Die Nische ist von John Shirley besetzt)

Es ist wirklich erschreckend, die Realität scheint Drehbüchern zu folgen. Die Bezüge und Parallelen sind so offensichtlich, aber es kann noch viel, viel trashiger und punkiger werden. Als ehemaliger SF-Vielleser überkommen mich beim Nachrichten-Sehen so merkwürdige Derealisations-Phänomene. Da bin ich mir schon unsicher, ob das dann immer Déjà-vu oder Jamais-vu ist. Ent-setzen. In welchem Film sitz ich hier eigentlich? Fährt mein Zug oder der andere? Kneif mich mal jemand! Mediales Borderline!
Man braucht keine Drogen zur Bewusstseinsverzerrung, aufmerksam Fernsehen reicht völlig! Da wird diese Woche die Weltlage mit dem genauen Gegenteil der Analyse der letzten Woche erklärt, Krieg ist Frieden! Irgend ein Olivgrüner hat letzt wieder "humanitäre Bombardierung" ins Mikro gerülpst.

Offene Stilkritik
(an den Fernsehrat, Medien- und Aufmerksamkeitsgestalter, Illuminaten u.ä.)
"Die Realität der letzten Wochen war von einer radiohead-artigen "Kunstlicht, das durch grünes Plastik fällt"- Optik. Wütet zunächst aggressiv an den Geschmacksknospen wie "Matrix" und "Fightclub", entfaltet dann ein betäubendes, schweres Bukett zwischen Kellermuff ala "1984" und Mutterkornpilz wie von Phillip K. Dick, um als "Todesmarsch" von King/Bachmann im Abgang den Gaumen zu kitzeln wie eine Tasse warmer Eiter.
Keine Kaufempfehlung!"

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