kontext

Montag, 21. September 2009

kontext 57: fernsehender amok in der u-bahn

der sog. "amok" von ansbach als auch die schläger aus der münchener u-bahn werden öffentlich-medial wieder in der üblichen weise abgehandelt - zwischen allerlei aufgeblähtem nichts zwecks vernebelung aller wahrnehmungen, die unerwünschter weise in tiefer gehende nachfragen münden können bis hin zur gewohnten instrumentalisierung für allerhand reaktionäre politprojekte finden sich eher zufällig verstreute fragmente der realität, wenn auch meistens ungewollt, so wie in diesem schönen beispiel:

(...) "Aber wir müssen auch ehrlich sein. Das Problem liegt nicht nur in der Psyche der einzelnen Jugendlichen. Wir wollen die individualisierte Gesellschaft, die jedem von uns verspricht, dass er das Beste aus seinen Talenten und Wünschen machen kann. Schuster-bleib-bei-deinen-Leisten ist nicht mehr attraktiv. Das kann missverstanden werden. Wer nicht der Größte sein kann, muss aber noch lange nicht versagt haben. Damit sich keiner abgehängt fühlt, müssen wir also neue attraktive Plots bereitstellen, und zwar Plots für ein glückliches kleines Leben. Preise vergeben für die beste Nebenrolle sozusagen."

plots und (neben-)rollen werden bekanntlich für theaterstücke und filme geschrieben und rollen dort vergeben, die nebenrollen sind dabei den statisten vorbehalten. ich halte den autor dabei gar nicht mal für zynisch, eher hat er eine realistische einschätzung der rezepte gegeben, die in einer gesellschaft, die sich mehr und mehr im grundsätzlichen widerspruch zwischen authentischer realität und inszenierten simulationen derselbigen verheddert, inzwischen als normal angesehen werden - diejenigen, die auf verschiedenste weise an dem bösartigen wuchern der simulationen ver-rückt werden und das u.u. extrem destruktiv an sich und/oder anderen ausagieren, sollen also mittels umschreibens ihrer rollen das versprochene glück finden. weil "wir ja die individualisierte gesellschaft wollen".

was reiner bullshit ist, und zwar deshalb, weil es authentische individualität hier nur in absoluten ausnahmefällen gibt - was u.a. daran liegt, dass sie sich weder kaufen noch verkaufen lässt -, und diese individualität nur innerhalb einer authentischen kollektivität gedeihen und existieren kann. beides ist hier aktuell absolut nicht erwünscht, sondern eher das, was zu lesen ist, wenn der satz realistisch formuliert wird: "wir wollen die vereinzelte gesellschaft", und damit überhaupt keine form der sozialität mehr, sondern nur noch beziehungslose, zum kollektiven handeln absolut unfähige und beliebig manipulierbare monaden, im schlimmen falle von angst, im schlimmsten von absoluter gleichgültigkeit determiniert. und die zwangsläufig pathologischen folgen dieses totalitär kapitalistischen projektes, welches nichts weniger als einen neuen menschen anstrebt, sind es, die in den aktuellen geschehnissen weder zum ersten noch zum letzten mal zu besichtigen sind.

*

im gegensatz zur offenbar völlig unbewussten kenntlichmachung der als-ob-gesellschaft schafft es ein forensischer psychiater, zumindest etwas bewusste realität in die
diskussion zu bringen:

(...) "Säuglinge, die unter solchen Umständen auf die Welt kommen, bedürfen der besonderen Fürsorge, wobei die Konstanz einer mütterlichen Bezugsperson von ausschlaggebender Bedeutung ist. Fehlt dieser Schutzfaktor für das Neugeborene und setzen Eltern ihren Rauschmittelmissbrauch fort, kümmern sie sich nicht um das Kind oder lehnen es gar ab, so führt das schon beim Kleinkind zu Verweigerung und aggressiven Verhaltensweisen - was dann wiederum weitere Ablehnung durch erwachsene Bezugspersonen zur Folge hat.

Auch im Kindergarten werden sie zu Außenseitern. Sie werden zurückgewiesen und sind nicht in der Lage, Beziehungen und Loyalitäten aufzubauen. Ihr störendes und abweisendes Fehlverhalten verstärkt sich. Anschluss finden sie häufig bei Kindern, die sich ähnlich entwickelt haben. Mit ihnen gehen sie auf Abenteuersuche, wobei die Abenteuer oft darin bestehen, Regeln zu brechen und körperliche Kraft zur Positionierung in der Gruppe der Gleichaltrigen einzusetzen. Hinzu kommt, dass ihnen oft männliche Rollenvorbilder fehlen, die ihnen andere Möglichkeiten der Konfliktlösung vorleben und soziale Kompetenzen vermitteln könnten.

Weiter verstärkt wird ihre aggressive Verhaltensbereitschaft, sofern sie sich kontinuierlich und immer wieder mit Gewalt-Videos und -Computerspielen beschäftigen, in denen sie ihre eigene Ohnmacht und Bedeutungslosigkeit mit aggressiver Allmacht kompensieren können. Auf diese Weise stumpft der ihnen verbliebene Rest an mitmenschlichen Empfinden gänzlich ab. Spätestens dann haben die Gene ihre Umwelt gefunden. Kommen schließlich noch Drogen und Alkohol hinzu, sind die weiteren Schritte vorhersehbar." (...)


abgesehen von einigen zu undeutlichen aussagen wie bezgl. der überbetonung der genetischen determiniertheit (die meistens aufgrund des gerade erst ansatzweise zusammenspiels mit umweltbedingten triggern als solche erscheint) und dem nicht falschen, aber auch nicht ausreichenden hinweis auf externe toxische einflüsse während der
pränatalen phase sind in dem abschnitt meiner meinung nach viele treffende individuell-biographische bedingungen benannt, mittels der sich die umsich- und tiefgreifende auflösung elementarer sozialer fähigkeiten in vielen menschlichen gesellschaften manifestiert. wer das wissen will, kann das aufgrund der arbeit etlicher disziplinen auch wissen. solange aber keinerlei konsequenzen - die zwangsläufig radikal umwälzend sein werden und das auch sein müssen - aus diesem wissen gezogen werden, ist letzteres lediglich eine art erklärungsplacebo in dem sinne: "auch wenn alles den bach runtergeht, wissen wir immerhin, warum. ändern? nee, wieso?"

*

das zum letzteren u.a. ein grundsätzlich anderes verhältnis gegenüber kindern bzw. ein anderes verständnis von kindheit gehört, schwang hier in der vergangenheit in vielen beiträgen schon (un-)ausgesprochen mit. eine art unterpunkt jedoch, der sich oben in beiden zitierten artikeln ebenfalls auf unterschiedlichen arten finden lässt, stellt das problem der technisch produzierten medialen simulation / fiktionen dar, in form des fernsehens und auch von video- und computerspielen. hatte ich vor einiger zeit in einem beitrag bereits einmal primär auf mögliche fatale
psychophysiologische wirkungen des fernsehens besonders mittels seines einflusses auf die augen hingewiesen (im verlinkten beitrag recht weit unten), so bin ich kürzlich auf die arbeiten einer britischen hirnforscherin namens susan greenfield gestoßen, die neben anderen einiges vom derzeitigen stand der neurobiologie / - physiologie / - psychiatrie in sachen medienwirkungen deutlicher werden lässt:

(...) "Dass ein Medium, das von einer Mehrheit der Bevölkerung jeden Tag mehrere Stunden genutzt wird, auch das seelische Leben der Menschen und der Gesellschaft verändert, ist offenkundig. Den Einfluss des Fernsehens und des Computers auf die Menschen und ihre seelische Befindlichkeit beschreiben Soziologen, Hirnforscher und Medienwissenschaftler inzwischen als gravierend. Psychologe Winterhoff-Spurk betont, dass heute das Fernsehen die Massstäbe der Lebensgestaltung, der ethischen Werte, setzt. Er charakterisiert das Fernsehen denn auch als den «geheimen Erzieher» der Kinder- und Jugendlichen. Winterhoff-Spurk ermittelte, in welch drastischem Umfang die Gewaltdarstellung im Fernsehen zugenommen hat. Sogar in den Nachrichten hat sich im kommerziellen Kampf um die Quote die Zahl gewalthaltiger Darstellungen im Zeitraum von nur zehn Jahren verdoppelt." (...)

in dieser (und ähnlichen) betrachtung gar nicht berücksichtigt ist dazu die möglichkeit sekundärer traumatisierungen, bei denen es sich durchaus nicht um ein wissenschatfliches konstrukt handelt - bspw. haben feuerwehrleute und beschäftigte bei rettungsdiensten als zeugen menschlichen leidens oft genug damit zu tun. und ich halte es für wahrscheinlich, dass auch medial vermitteltes leid solche traumata - oder aber entsprechende abwehrreaktionen zb. in form der oft genannten abstumpfung - erzeugen kann. weiter heisst es im text:

(...) "Das geschieht nicht nur durch die unbewusste Übernahme von Leitbildern, von Werten und Lebensweisen, die etwa durch TV-Serien als «üblich» oder «richtig» dargestellt werden. Vielmehr wird der Mensch dadurch, dass er sich über einen grossen Teil seiner Zeit der Zweidimensionalität aussetzt – anstatt dem realen Leben – in seinem Innersten, in seinem Wesen verändert.

Dieser erschreckende Befund ist statistisch gut dokumentiert. Die in Oxford lehrende Professorin Susan Greenfield sagt, dass die Menschen als Folge dieses Verhaltens «weniger Empathie» haben und «rücksichtsloser, waghalsiger» werden. Ihr Sozialverhalten verschlechtert sich schnell und gründlich. Mit Blick auf die künftige Entwicklung sagt die Hirnforscherin: «Das wird eine ganz andere Welt sein.»

Der Medienwissenschaftler Peter Winterhoff-Spurk beschreibt die Auswirkungen der Fernsehdominanz auf die Menschen in ähnlicher Weise: «Die Gefühlskultur wandelt sich hin zum Oberflächlichen, Theatralischen, Sexualisierten, zur Selbstinszenierung mit ständigem Drang nach Aufregung. Gefühle werden lediglich dargestellt, aber nicht empfunden; der Trend geht hin zum ‹kalten Herz›.»


das kalte herz der soziopathen. und entscheidend:

(...) "Das Fernsehen beeinflusst den Seelenhaushalt nicht nur durch die Vermittlung von Werten negativ. Es hat zerstörerische Kraft, weil es die Menschen in einer Simulationswelt festhält – und dies über so lange Zeit. Wirklichkeit und Scheinwelt können immer weniger auseinander gehalten werden." (...)

das dürfte verschärft für gerade bei solchen kindern und jugendlichen gelten, die eh schon durch die weiter oben angeführten destruktiven antisozialen bedingungen (selbst-)wahrnehmungsgeschädigt werden und deshalb zwangsläufig in die kompensationsversuche des objektivistisch-konstruktivistischen modus in der menschlichen struktur getrieben werden. die medialen simulativ-virtuellen welten wirken für diesen modus wie ein verstärker - abnahme authentischer sozialer fähigkeiten bei gleichzeitigem training instrumenteller intelligenz, wie susan greenberg in einem
interview genauer ausführt:

(...) Greenfield: Ich denke da in erster Linie an die Monitore, die schon im Leben von sehr jungen Menschen eine zentrale Rolle spielen. Man kann durchaus sagen, dass die Menschen heutzutage in zwei Dimensionen leben – den Dimensionen der Flachbildschirme. Kinder in westlichen Ländern verbringen mittlerweile täglich sechs bis acht Stunden vor einem solchen Display.

WELT ONLINE: Welche Folgen hat das sogenannte Leben in zwei Dimensionen?

Greenfield: Das hat viele Aspekte, auch positive. So hat sich beispielsweise dadurch der Intelligenzquotient der Menschen insgesamt verbessert. Die Fähigkeiten, die bei einem IQ-Test abgefragt werden, sind in vielen Aspekten jenen ganz ähnlich, die man bei Computerspielen trainiert. Man muss Muster und Strukturen schnell erkennen und interpretieren. Was man dabei nicht so sehr braucht, ist detailliertes Wissen. Man nutzt das Gehirn vielmehr in einer recht abstrakten Weise. (...)

Doch das Problem, mit dem wir zunehmend konfrontiert werden, ist: Informationen sind noch kein Wissen. Wer im 20.Jahrhundert aufgewachsen ist, kann Google sehr effizient nutzen, weil man dann noch gelernt hat, die richtigen Fragen zu stellen. Außerdem muss man erkennen können, ob die Antworten der Maschine sinnvoll sind oder nicht. Doch ich beobachte bei jungen Menschen, die von jüngster Kindheit an in der zweidimensionalen Welt der Monitore aufgewachsen sind, dass sie zunehmend den Bezug zur realen Welt verlieren und nicht mehr die Bedeutung der Dinge erkennen können – obwohl ihr Intelligenzquotient beeindruckend hoch ist. (...)


den "bezug zur realen welt verloren" dürfte sich als umfassende diagnose auch bei den protagonisten der eingangs erwähnten taten stellen lassen. interessant finde ich auch ihre hier nicht zitierten bemerkungen zu den (investment-)bankern am bildschirm, während mir ihre definition eines "kindlichen modus" fraglich erscheint - ich nehme kinder durchaus als kleine menschen mit differenzierenden fähigkeiten dar, jedenfalls dann, wenn sie in einem liebevollen umfeld aufwachsen können.

(...) WELT ONLINE: Hat das Leben in der zweidimensionalen Welt auch Konsequenzen für die weitere Evolution des Menschen?

Greenfield: Auf jeden Fall. Dafür muss man gar nicht Jahrtausende in die Zukunft blicken. Das kann man schon heute sehen. Die Menschen werden intelligenter, haben aber weniger Empathie, sind rücksichtsloser, waghalsiger, schnelllebiger. Das wird eine ganz andere Welt sein, in der übrigens auch andere Produkte gefragt sein werden.


äusserst ärgerlich und auch bedenklich, dass sie das unausgesprochen als unabwendbaren prozess beschreibt. denn was sie da beschreibt, ähnelt wieder verdammt der grundausstattung des simulativ intelligenten soziopathen, übrigens völlig analog dem mehr oder weniger unausgesprochen erwünschten und geforderten menschentyp im totalitären kapitalismus. die (instrumentell) intelligente, rücksichtslose und gleichgültige monade.

WELT ONLINE: Die gute Nachricht ist also, die Menschen werden intelligenter?

Greenfield: ...und die schlechte ist, dass sie diese Intelligenz nicht nutzen – und dass es um die sozialen Fähigkeiten schlecht bestellt sein wird. Man kann bereits beobachten, dass manche lieber per Display kommunizieren, als anderen tatsächlich im realen Leben zu begegnen. Es ist sehr traurig, dass erwachsene Menschen – meines Wissens zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte – alleine spielen. Früher ist man zu Nachbarn gegangen und hat Bridge oder Poker gespielt. Dabei hat man leckeren Wein getrunken und sich nett unterhalten. Das waren schöne Abende. Heute sind es Computerspiele, die mit ihrer Geschwindigkeit dem Einzelnen einen Kick geben.

WELT ONLINE: Und dies hat weitreichende Konsequenzen für die Gesellschaft insgesamt?

Greenfield: Ja. Statt im Regen spazieren zu gehen, eine Fremdsprache zu lernen oder eine Liebesaffäre zu haben, verbringen die Menschen ihre Zeit vor einem Bildschirm. Dort findet ihr Leben statt. Die Intensität und Häufigkeit sozialer Kontakte geht zurück. Wir haben es dann mit einer Gesellschaft zu tun, in der das Individuum zwar eine Menge Glücksgefühle erlebt, aber letztlich keinen tieferen Sinn mehr erfährt. (...)


wobei der ausdruck glücksgefühle meiner meinung nach fraglich ist, weil glück nur als moment erfahrbar ist, und ebenfalls nur vor dem hintergrund von frustrationen, leid und unglück als solches erfahrbar ist (wovon ich gesellschaftlich produziertes überflüssiges leid ausdrücklich ausnehme - aber selbst in einer anarchie, als bis dato am weitesten entwickelte menschliche sozialform denkbar, wird es schmerz und trauer, verluste und endgültige grenzen geben).

*

insgesamt aber bestärken mich die obigen medienbezogenen ausführungen dahingehend, dass ich denke, das die genannten und bisher sichtbaren wirkungen besonders des fernsehens mehr als bisher von allen thematisiert werden müssen, denen an emanzipatorischen entwicklungen gelegen ist. "dsds", "gntm", "big brother", "dschungelcamp", all die krawalltalkshows und unsäglichen soaps sind keinesfalls harmlose bis ärgerliche nebeneffekte eines pervertierten systems, sondern funktionieren vermutlich mehr als bisher gedacht als tragende stütze. da fällt mir wieder eine parole ein, die vor langer zeit hier schon einmal zu lesen war:

zerstört die simulationen!

Sonntag, 14. Juni 2009

kontext 56: die (katholische) kirche und ihr ganz besonderes verständnis von "nächstenliebe"...

...hat nicht nur hierzulande in den jahrzehnten von 1945 (wobei ich nicht davon ausgehe, dass es vor 45 irgendwie besser gewesen wäre) bis teils noch die 1980er jahre innerhalb einer relevanten zahl von unter ihrer verantwortung verwalteten kinderheimen und ähnlichen einrichtungen zu einer wahren schreckensherrschaft geführt, sondern auch und gerade in staaten wie irland, in denen die zahl der (bisher ermittelten) täterInnen als auch ihrer opfer in relation zur gesamtbevölkerung so monströs ist, dass sich hier etliche fragen nach dem grad der mitwisserschaft bzw. des nichtwissenwollens auch und gerade im kirchlichen, aber ebenfalls im staatlichen umfeld ergeben. meiner meinung nach sind die vorgänge in irland und der umgang großer teile der kirche damit nicht nur eine (weitere) eins-a-bankrotterklärung dieser institution, sondern erfüllen auch durchaus alle realistischen kriterien für die wertung terroristisch:

(...)"In katholischen Schulen Irlands sind jahrzehntelang Tausende von Kindern geschlagen, gedemütigt und vergewaltigt worden.

Für den 2600 Seiten umfassenden Bericht wurden Tausende ehemalige Schüler und ehemaliges Personal der mehr als 250 von der katholischen Kirche betriebenen Einrichtungen befragt. In die Berufsschulen, Besserungsanstalten, Waisenhäuser und Herbergen wurden in den sechs Jahrzehnten des Berichtszeitraums mehr als 30.000 Kinder eingewiesen, die als Taschendiebe und Schulschwänzer galten oder deren Familien als zerrüttet galten.

Vor allem in Jungenschulen des Ordens Christian Brothers seien Belästigung und Vergewaltigung an der Tagesordnung gewesen, heißt es in dem Bericht. Mädchen in meist vom Orden der Barmherzigen Schwestern betriebenen Schulen seien weniger sexuell belästigt worden, hätten aber regelmäßig Schläge und Demütigungen über sich ergehen lassen müssen, die ihnen ihre Wertlosigkeit vor Augen führen sollten.

"In einigen Schulen war eine ritualisierte Form des Schlagens Routine. Mädchen wurden mit Utensilien auf alle Körperteile geschlagen, die für die Verursachung maximaler Schmerzen konstruiert wurden. Persönliche Herabsetzung und Verunglimpfung der Familie waren weit verbreitet", heißt es in dem Bericht.

Staatliche Kontrolleure hätten es von den dreißiger bis in die neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein versäumt, die chronischen Misshandlungen zu unterbinden.

Die meisten Ordensführer haben die Vorwürfe als Übertreibungen und Lügen zurückgewiesen. In vielen Aussagen hieß es, die Verantwortung für Missbräuche falle allein seit langem verstorbenen Personen zu."(...)


das die verantwortlichen aus der kirche hier selbst noch bei klarster sachlage versuchen, irgendwie ihre köpfe aus der sich zuziehenden schlinge zu bekommen, ist nur zwangsläufig - zu deutlich ist die ans tageslicht gekommene
bösartigkeit bei den täterInnen:

(...)"Die Kinder wurden mit Gürteln und Peitschen geschlagen und lebten in permanenter Angst. Gelegentlich wurden ihnen zur Strafe die Haare geschoren. An den Jungen-Schulen, die überwiegend vom Mönchsorden der Christian Brothers geführt wurden, waren sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen an der Tagesordnung. In den Mädchen-Schulen, hauptsächlich in der Regie der Sisters of Mercy, wurden die kleinen Zöglinge der Nonnen vor allem psychisch gemartert. Aber auch hier kam es regelmäßig zu gewalttätigen Übergriffen.(...)

"Ein Klima der Angst" herrschte dem Bericht zufolge in diesen Institutionen. Brutale und willkürliche Strafen machten den Kindern das Leben zur Hölle. Zugleich waren die Opfer oft unterernährt, und generell in schlechter physischer Verfassung. Sie seien regelrecht wie Verbrecher oder wie Sklaven behandelt worden."(...)


und wie eingangs gesagt: auch der irische staat muss sich fragen gefallen lassen.

(...)"Inspektoren des Bildungsministeriums hätten bei ihren ohnehin seltenen Besuchen in den Schulen keinerlei Interesse daran gezeigt, mit den Kindern selbst zu sprechen. Niemand habe die Misshandlungen und die Ausbeutung der Kinder zu stoppen versucht. Nicht einmal für eine ausreichende Ernährung und Bekleidung hätten die Behörden gesorgt."(...)

vor diesem hintergrund bekommt die regelung der fälligen "entschädigungs"zahlungen einen fatalen beigeschmack:

(...)"Den Kirchenkritikern missfällt auch, dass Irlands katholische Kirche nur etwa ein Zehntel der Entschädigungssumme zahlen muss, die den Opfern zukommen soll. Neun Zehntel, über eine Milliarde Euro, sollen die Steuerzahler übernehmen. Eine entsprechende Vereinbarung hatte die Kirche 2002 mit der damaligen Regierung getroffen."(...)

das klingt nach einem deal, der gerade durch die spezielle irische situation in der aktuellen wirtschaftskrise eigentlich die tatsächlich nichtinvolvierten teile der irischen bevölkerung auf die barrikaden treiben sollte. und der kirche dürfte vermutlich schon damals - vor sieben jahren! - geschwant haben, was da auf sie zukommt. die jahre seitdem waren bis dato von den oben kurz dokumentierten unterschiedlichen versuchen bestimmt, die grausamkeiten zu relativieren, verantwortlichkeiten zu vernebeln und sich mit einer art doppelstrategie von eingeständnissen und sofort folgenden "aber..." noch irgendwie durchzuschlagen.
beispiele dafür:

(...)"Von den religiösen Orden wurde dagegen jede Kooperation verweigert. Die Führungen der verschiedenen Orden haben die Beschuldigungen als übertrieben oder erlogen zurückgewiesen, und falls es doch Missbrauch gegeben habe, seien die Täter längst tot. Die Behauptung der Orden, dass die Menschen in vergangenen Zeiten sexuellen Missbrauch von Kindern nicht als Straftat ansahen, sondern als Sünde, für die man Buße tun musste, wies die Kommission in ihrem 2.600-Seiten-Bericht ausdrücklich zurück. Sie stellte fest, dass Vergewaltiger einfach von der Kirche versetzt wurden, wo sie ungestört weitermachen konnten, wenn der Missbrauch nicht mehr zu vertuschen war.(...)

Die Christian Brothers, die schlimmsten Peiniger, sagten in einer Erklärung: "Wir wissen, dass ein Heilungsprozess nicht möglich ist ohne die Anerkennung unserer Verantwortung als Gemeinde für das Geschehene." Das ist Heuchelei. Gerade die Christian Brothers verzögerten die Untersuchung und setzten vor Gericht durch, dass keins ihrer Mitglieder im Bericht namentlich genannt wird, selbst wenn es sich um verurteilte Kinderschänder handelt. Der englische Erzbischof von Westminster, Vincent Nicholls, lobte die Ordensmitglieder für ihren Mut und befürchtet, dass der Bericht ihre guten Taten überschatten werde. Patrick Walsh, eins der Opfer, sagte: "Müll wäre ein zu freundliches Wort für die Äußerungen des Erzbischofs. Was können solche Menschen Gutes getan haben?" Die Opferorganisationen verlangen, dass der Vatikan seine Orden in Irland unter die Lupe nimmt, vor allem deren finanzielle Machenschaften."(...)


und aus dem zuletzt verlinkten artikel möchte ich auf einen fakt besonders hinweisen:

"Die Kinder hatten keine Namen, sondern Nummern, und so wurden sie auch behandelt."

ein untrügliches zeichen der stattfindenden
verdinglichung in der wahrnehmung der täterInnen - und eine vorbedingung für jede institutionalisierte massengewalt in solchen dimensionen:

"Es sind diese entsetzlich tüchtigen Leute, die mit ihren präzise funktionierenden Fischgehirnen Menschen auf Stückgut, auf Menschenmaterial, auf Zahlenkombinationen reduzieren, um sie in den Griff zu bekommen, um sie als numerische Größen in ihren Kalkülen handhaben zu können. Es ist dann nur noch ein winziger Schritt, um Menschen tatsächlich zu verschicken, zu verbrauchen, zu vernichten, zu löschen."

eine historisch und aktuell völlig zutreffende feststellung. und zur katholischen kirche fallen mir nur noch äußerungen ein, die nicht schreibfähig sind.

Samstag, 6. Juni 2009

kontext 55: "eigentümlich frei" oder doch eher nur eigentümlich beschränkt? von kapitalisten, die sich über soziopathie beschweren

anders liesse sich auch sagen, dass der folgende beitrag in gewissem sinne von pyromanen handelt, die sich über die mitentzündeten feuersbrünste in ihrer straße beklagen. in der selbstdarstellung der zeitschrift "eigentümlich frei" wird in den zentralen sätzen gleich mal die eigene tiefgreifende innere konfusion deutlich:

(...)"Wir wissen, dass die Handwerksordnung, der Meisterzwang oder der ausufernde Sozialstaat ebenso falsch und unsozial sind wie Rauchverbote oder Quotenregelungen. Im Zusammenleben der Menschen gibt es nur zwei Wege: Gewalt oder Freiwilligkeit, Gewehr oder Vertrag, Zensur oder freies Wort, Sozialismus oder Eigentum, Politik oder Handel. Wir treten kompromisslos für Freiwilligkeit, Vertrag, das freie Wort, Eigentum und Handel ein, wo andere der sozialdemokratischen Versuchung oft genug nicht widerstehen können."(...)

die "sozialdemokratische versuchung" wird an anderer stelle auch so beschrieben:

"Der Massenmensch kollektivistisch-totalitärer Ideologien dagegen ist eine Nummer, austauschbar und gewöhnlich."

als oberbegriff für dieses tatsächlich höchst eigentümliche gebräu wird dann noch das schöne wort
"libertär" missbraucht, was deutlich macht, dass es sich hier um selbsterklärte sog. "anarcho"-kapitalisten oder möglicherweise auch individual-"anarchisten" handelt, die sich zumindest von der eigenen ideologie her auf die entsprechenden "traditionslinien" zurückführen lassen. ich habe die wortbezüge zum anarchismus bei den obigen begriffen bewusst in hochkommata gesetzt, weil die gemeinten bezüge meiner meinung nach nicht nur nichts mit anarchismus oder auch libertärer politik zu tun haben, sondern in gewisser hinsicht ihren gegenpol darstellen: einen gegenpol, der nicht authentische individualität - die sich selbstbewusst im besten sinne und aus einsicht in die unaufhebbare beziehungsbasis jeder menschlichen existenz für strukturen authentischer kollektivität einsetzt, was sich durchaus als libertärer sozialismus verstehen liesse - zum ziel hat, sondern genau jene art von egozentrismus, der im totalitären kapitalismus zu häufig mit individualität verwechselt und gleichgesetzt wird und bereits eine mehr als fließende grenze zu all den auch klinisch relevanten phänomenen der antisozialität aufweist, deren gravierendste ausprägung in der form des soziopathen, aka als-ob-persönlichkeit, bekanntlich eines meiner hauptthemen hier darstellt. der benannte egozentrismus führt gesellschaftlich übrigens zu keiner wie auch immer gearteten anarchie, sondern regelmässig zur anomie, d.h. aufgrund seiner immanenten negierung aller sozialen bezüge in ein a-soziales chaos (welches nur aus dümmlicher böswilligkeit ständig als diffamierendes synonym mit der anarchie [= ordnung ohne herrschaft] gleichgesetzt wird).

es ist vor diesem hintergrund auch durchaus nicht zufällig, dass in dieser zeitschrift immer mal wieder
loblieder auf die extremistische objektivistin und kapitalistin ayn rand angestimmt werden, deren beliebtheit bei "eifrei" eben aus dem von ihr konstruierten gerüst herrühren dürfte, welches für anhänger der antisozialen als-ob-"selbst"verwirklichung als ideologische basis dienen kann.

*

bei diesem szenario ist es nun nicht nur ärgerlich, sondern geradezu geschichtsklitternd, was sich ein autor dieser zeitschrift in einem beitrag mit der überschrift
"Der funktionelle Soziopath" geleistet hat - herumlamentierende pyromanen in aktion. es beginnt bereits mit der überschrift, bei der die einschränkung mittels des attributes "funktionell" keinesfalls nachvollziehbar ist, sondern das problem ebenso bei den strukturellen soziopathen liegt, die bereits pränatal in dieser existenzform gelandet sind und nichts anderes kennen können. dazu bedeutet funktionell in diesem sinne eben, dass sich menschen wie soziopathen benehmen können, ohne jedoch im klinischen sinne soziopathen zu sein. oder anders: die oftmals und fälschlicherweise mit der soziopathie gleichgesetzte antisoziale persönlichkeitsstörung enthält zwar die strukturelle soziopathie als untergruppe, reicht jedoch weit darüber hinaus. wir werden gleich noch sehen, dass sich der autor bei seiner ursachensuche in bereichen bewegt, die eher für strukturelle soziopathen relevant sind.

nun besteht eines der probleme für leute wie diesen autor (der sich selbst als "kapitalist" bezeichnet) darin, dass er und seine gesinnungsgenossInnen sich zwar gerne und bevorzugt in den scheinbar grenzenlos "freien" konstruktivistischen bzw. virtuellen welten des
objektivistischen modus herumtreiben, dieser funktionsmodus aber auch nur das simulativ verwursten kann, was er als input aus der authentischen realität erhält (was übrigens eine funktionelle grundlage jeder soziopathischen und antisozialen wahrnehmung ist). und so sah sich der verfasser offenbar dazu gewungen, tatsächlich ein paar teile der realität auch realistisch wahrzunehmen. so lassen sich jedenfalls die einleitenden absätze verstehen, an derem ende zu lesen ist:

(...)"Es erschreckt und gibt uns Rätsel auf, wenn ein Teenager wegen Hänselei oder Depressionen ein Dutzend seiner Mitschüler umbringt; aber ist es nicht genauso rätselhaft und frappierend, wenn „Freunde“ nicht in der Lage zu sein scheinen, genug Sorge zu empfinden um Alarm auszulösen, wenn eine Vertraute einfach verschwindet?

Ich glaube, dass diese Missklänge auffällig und weit verbreitet sind. Bis jetzt ist es immer noch relativ selten, dass sie in extreme Gewalt münden. Wenn meine Theorie über das, was hier passiert, sich jedoch als richtig erweist, werden wir in den kommenden Jahren noch viel mehr scheinbar unerklärliche Gewalt sehen."


soweit d´accord. jetzt aber geht´s zu den möglichen ursachen:

"Was ist meine Theorie? Ich bin davon überzeugt, dass wir zurzeit die ersten Ergebnisse der Folgen eines systemweiten Zusammenbruchs der Kindererziehung im familiären und institutionellen Bereich erleben. Dieser Zusammenbruch bringt einen neuen virulenten Stamm von Persönlichkeitsgestörten hervor: die funktionellen Soziopathen.

Ein Soziopath ist ein Mensch ohne Gewissen und ohne tiefere emotionale Bindungen zu anderen Menschen, individuell und kollektiv. Die Wissenschaft sucht seit langem nach einer organischen Grundlage für diese Art von Krankheit. Es ist aber auch bekannt, dass frühe Umwelt-Einflüsse eine wichtige Rolle bei der Formung einer menschenverachtenden Persönlichkeit spielen."


auch das ist alles, aufgrund relativer oberflächlichkeit, nicht direkt falsch, wenngleich in schlechter dissoziierender tradition hier sowohl die existenz von soziopathie in früheren epochen als auch die sozialen bedingungen, unter denen sich der heutige umgang mit kindern abspielt, abgespalten werden. dazu ist der implizit konstruierte gegensatz zwischen "organischer grundlage" und "umwelteinflüssen" schlicht unzutreffend, weil sich gerade die hirnphysiologie wie überhaupt das ganze gebilde unserer beiden nervensysteme (vergessen Sie nicht das
enterische) unter beteiligung der zuständigen gene in einer sehr engen und sozusagen dialektischen wechselbeziehung mit der sozialen und nichtmenschlichen umwelt entwickelt - die soziopathie als defektphänomen lässt sich aus dieser perspektive als eine sehr drastische art der versuchten kompensation von schweren mängeln bzw. defiziten in der struktur dieser wechselbeziehung begreifen.

bis zu diesem punkt ist aber die eigentliche aussage des artikels immer noch sehr nebulös - worauf will der autor denn nun eigentlich hinaus?

"Ich bin davon überzeugt, dass wir, als Kultur, über eine zufällige Kombination von Bildungspädagogik und Kindererziehung Ansätze geschaffen haben, die praktisch ideal sind für die Erzeugung menschenverachtender Persönlichkeiten bei anderenfalls gesunden Kindern.

Dass die Stärkung des Selbstwertgefühls heute das Haupt-, wenn nicht das Kardinalziel der elementaren Bildung ist, reduziert bei Kindern drastisch deren Möglichkeit, den notwendigen Schmerz darüber wahrzunehmen, dass die Welt, außerhalb von ihnen, Anforderungen an sie stellen kann und stellen wird."(...)


im ersten satz wird unausgesprochen nochmal ein bisschen 68er-bashing betrieben, um dann im zweiten endgültig die hosen herunterzulassen: die "Stärkung des Selbstwertgefühls" führt letztlich zu "menschenverachtenden Persönlichkeiten bei andernfalls gesunden Kindern". ich kann mich gar nicht entscheiden, ob das nun eher dümmer oder dreister ist, aber es kann natürlich auch gut sein, dass ich im gegensatz zum vertreter einer strömung, die ganz im ernst konstruktivistische bzw. objektivistische seinsmodi vertritt, eine andere definition von selbstwert habe - jemand, der wie eingangs dargelegt antisozialen egozentrismus als "freiheit" wahrnimmt und dazu den fetisch "eigentum" anbetet (dessen historisch-materielle grundlage ich weiter in einer sehr alten,
kulturellen und wahrscheinlich traumainduzierten spaltung zwischen "ich/ego" und körper sehe, die in der folge dazu führt, das das "ich" nur als virtuelles wahrgenommen wird, welches den körper "besitzt", ein verhältnis, das real unmöglich ist und bereits eine pathologische konstellation darstellt), dürfte selbstwertgefühl tatsächlich mit dem benannten egozentrismus gleichsetzen, und in einer solchen logik ist die stärkung des letzteren dann natürlich nicht nur überflüssig, sondern auch für antisozialität verantwortlich.

vor dieser logik muss aber eigentlich das attribut pervertiert, d.h. auf den kopf gedreht, stehen - denn selbstwert, besser gesagt ein gesundes selbstgefühl (= authentische identität, aus dem körper stammend und in ihm ruhend) hat sehr viel mit
urvertrauen zu tun, also damit, ob ich bereits in pränatalen zuständen (und natürlich auch später) zweckfrei geliebt wurde, also ausdrücklich nicht wg. irgendwelcher eigenschaften oder gar "leistungen", sondern wegen meines bloßen da-seins. das ist nach allem, was wir wissen können, eine ganz entscheidende basis, auf der sich eine gesunde psychophysische entwicklung erst entfalten kann.

es liesse sich dabei durchaus darüber streiten, ob diese fehlende basis später überhaupt auch nur ansatzweise "nachentwickelt" werden kann, aber um diese frage soll es jetzt nicht gehen. stattdessen geht es um die behauptung, ob die stärkung des selbstwertgefühls "bei Kindern drastisch deren Möglichkeit reduziert, den notwendigen Schmerz darüber wahrzunehmen, dass die Welt, außerhalb von ihnen, Anforderungen an sie stellen kann und stellen wird."

andersrum wird hier ein schuh draus: erst kinder mit einem ausgeprägten selbstgefühl im oben skizzierten sinne, d.h. mit einer authentischen identität, sind überhaupt in der lage, empathisch die welt wahrzunehmen, sich zu ihr bewusst zu positionieren und auch mit den unausweichlichen frustrationen umzugehen (wobei das "unausweichlich" genauer definiert werden muss - frustrationen, die sich bspw. durch die verrückte kapitalistische ökonomie mit ihren teils mörderischen zumutungen ergeben, sind weder nötig noch unausweichlich). es beschleicht mich an dieser stelle auch der verdacht, ob der autor - womöglich projektiv? - hier im hinterkopf dauernd das wort "narzisstisch" mit dem selbstwertgefühl verwechselt hat. aber wie dem auch sei: die fragliche these ist als blanker und gefährlicher unfug zu werten, selbst wenn man die möglichkeit einbezieht, dass bei bereits wahrnehmungsmässig vorgeschädigten kindern mit antisozialen tendenzen versuche, ihr selbstwertgefühl zu stärken, ähnliche effekte nach sich ziehen können wie therapieversuche mit strukturellen soziopathen: sie lernen lediglich besser, zu tun als ob, also auf gesellschaftliche anforderungen in simulativer und mechanistischer weise einzugehen - aber immer zu ihrem vorteil.

weiter im text:

(...)"Die Freizügigkeit, die mit der Emphase auf das Selbstwertgefühl einhergeht, sabotiert die Entwicklung eines echten Selbst jeder Art.

Was will der coole Junge von heute? Respekt!

Wofür? Dafür, das er ein cooler Junge ist.

Und das coole Mädchen und der coole Junge wissen dabei immer weniger, bekommen dafür aber bessere Noten. An den Schulen wird mehr und mehr „eine Leistungsbewertung propagiert, die Quoten für die Vergabe von guten Noten und Abschlüssen unabhängig von der tatsächlich erreichten Leistung“ festlegt, wie Jan Fleischhauer in seinem Buch „Unter Linken“ beschreibt. In der Germanys-next-Superstar-Kultur wird diese (wenn überhaupt) zu Mittelmäßigkeit dann zu Genialität aufgeblasen."(...)


zum ersten satz nur dies: augenscheinlich stört den autor am meisten die freizügigkeit, wobei darin implizit uralte klischees über die "antiautoritäre erziehung" mitschwingen. diese klischees hatten während einer kurzen zeit zwar eine realen kern (wenn antiautoritär mit grenzenlosigkeit gleichgesetzt wurde); jedoch gibt es keinen nachvollziehbaren grund dafür, warum freizügigkeit und sinnvolle grenzen sich gegenseitig ausschließen würden (das ist natürlich nur auf den umgang mit kindern bezogen). dazu gehört gleichfalls, dass wiederum ein intaktes selbstgefühl die wahrscheinlichkeit dafür drastisch erhöht, dass derartige grenzen auch als solche wahrgenommen werden - eine grundlage für die spätere fähigkeit zur selbstregulation innerhalb sozialer beziehungen, was nebenbei gesagt auch eine ganz elementare basis einer anarchistischen gesellschaft darstellt.

dann: wollen alle jungs cool sein? wenn ja, warum wollen sie es? vielleicht auch deswegen, weil ihnen das ständig von kapitalistischen medien als "männlich" vorgekaut wird? weil die kapitalistischen "helden"gestalten in virtuellen welten und der realität ständig das "ideal" cooler unerreichbarkeit, oder besser, unberührbarkeit, simulieren? ein paar veränderungen in richtung (pseudo-)emotionalität haben eher etwas mit den inhalten der jeweils angesagten simulationen zu tun, die nicht zuletzt von der kapitalistischen ökonomie zwecks "teamfähigkeit" u.ä. nachgefragt werden.

das folgende gejammer über die "linke" leistungsbewertung (bei kindern bis zu einem bestimmten alter überhaupt ein skandal), in der neben der nichthinterfragung des konventionellen leistungsbegriffs auch noch ein erzreaktionärer und zwangsweise objektivistischer (orientiert an "noten und abschlüssen", also am schein) bildungsbegriff sichtbar wird, komplettiert das bild einer position, die ganz zurecht u.a. zu diesem schluß gelangt:

"Das alles ist nur die Tünche einer erschreckenden Leere und Kälte."

das sich das vor allem auf seinen eigenen text beziehen könnte, ist dem verfasser wohl bis heute nicht so recht klar.

*

die meisten der angesprochenen zentralen aspekte meiner argumentation sind im blog in diversen artikeln ausführlicher nachzulesen, ich empfehle für interessierte den
index und auch die interne suchfunktion in der sidebar. und zum schluß sollte dann auch noch die wesentlich wahrscheinlichere realität der soziopathie zur sprache kommen, wie ich sie neulich einmal zusammengefasst habe:

"ich betrachte das "subjekt" im kapitalismus immer als ein als-ob-subjekt, weil es sich von seinen dominierenden psychophysischen funktionsweisen her betrachtet eher um ein schwer beschädigtes subjekt handelt, welches diese beschädigungen - die sich vor allem im gesamten bereich der sozialen beziehungen manifestieren - kompensatorisch versucht, mittels verdinglichung/objektivierung seiner selbst und auch aller anderen, genauer gesagt alles lebendigen anderen, auszugleichen - es geht also um überlebensversuche, die bei einer postulierung des subjekts als "eigentlich überflüssig" an stärke und verzweiflung nur noch zunehmen werden. die sog. subjektform, die kurz als identisch mit der "kapitalistischen daseinsform" begreift, ist aus meiner perspektive eigentlich keine authentische subjektform mehr, besser gesagt, es ist ihre totale negierung: nämlich der soziopath (unabhängig davon, unter welchen namen diese extreme manifestation der kapitalistischen normen in körperlicher gestalt nun historisch bisher aufgetreten ist). hier haben wir den meiner meinung nach einzigen tatsächlichen fall, in dem das subjekt aufgrund psychophysischer prozesse tatsächlich zu einer art objekt im totalitären, d.h. allumfassenden sinne, und damit zur kapitalistischen daseinsform, geworden ist."

ein objekt als produkt der ganz normalen
verdinglichung im kapitalismus - das ist das resultat der "freiheit" von "eigentum und handel", wie sie "eifrei" propagiert. und daran sollten sie auch gemessen werden.

Freitag, 15. Mai 2009

kontext 54: die ganz normale verdinglichung im ganz normalen kapitalismus

ohne worte eins:

(...)"In einer Textilfabrik in Bangladesch, die für den deutschen Handelskonzern Metro produziert, hat sich eine junge Frau laut einer Hilfsorganisation unter dem Druck ihrer Chefs zu Tode geschuftet. Die 18-jährige Fatema Akter sei im Dezember während ihrer Schicht tot zusammengebrochen, berichtete die US-Organisation National Labor Committee (NLC).

Demnach musste das Mädchen an sieben Tage in der Woche 13 bis 15 Stunden in der Textilfabrik in der Hafenstadt Chittagong arbeiten und pro Stunde bis zu hundert Jeanshosen reinigen. Bei einem regulären Arbeitstag verdienen die Arbeiterinnen nach Recherchen des (NLC) häufig lediglich 69 Cent.(...)

Der 18-Jährigen wurde NLC-Bericht zufolge trotz Erschöpfung und Schmerzen in Brust und Armen ein freier Tag zur Erholung verweigert. Stattdessen habe der Vorgesetzte das Mädchen hart ins Gesicht geschlagen und ihr befohlen, ihre Arbeit fortzusetzen. Demnach waren für die Arbeiter in der Fabrik 14-Stunden-Schichten ohne Pause, erzwungene Überstunden und Schläge an der Tagesordnung."(...)


*

fast ohne worte
zwei:

"Zeitarbeiter wie Billigware angepriesen - `15 Prozent auf alle´"(...)

"Wenn Arbeitnehmer wie Kühlschränke oder andere Waren mit Rabatten beworben werden, ist dies geschmacklos und verhöhnt die Würde des Menschen und die der Arbeit", unterstreicht André Arenz, Gewerkschaftssekretär der IG-Metall-Verwaltungsstelle Olpe"(...)


warum "würde der arbeit"? was soll denn das bitte sein? und "geschmacklos" würde ich das auch nicht nennen, darum geht es hier nicht. hingegen durchaus als konsequent aus der sicht von verkäufer und kunden. die innere dynamik in solchen verhältnissen scheint sich noch nicht bis zu deutschen gewerkschaftern herumgesprochen zu haben, jedenfalls nicht bis zur ig metall in olpe.

sehr schön aufschlußreich auch das sich-um-kopf-und-kragen-reden des für den slogan offensichtlich (mit-)verantwortlichen:

"Daher sehen wir die Mitarbeiter auch nicht abschätzig als Ware, sondern als wertvolle Humanressource"

und er glaubt vermutlich wirklich ernsthaft daran, dass an der wahrnehmung anderer menschen als humanressource nichts problematisches sei. das ist letztlich ein weiteres beispiel für die verbreitung soziopathischer wahrnehmungsmodi in dieser gesellschaft (ohne das die betreffenden, die sich solcher sprach-, denk- und gefühlsmuster bedienen, nun selbst unbedingt im klinischen sinne soziopathen sein müssten).

*

und ein weiteres kapitel aus der unendlichen liste der normalen praktiken bei diversen hiesigen
discountern schliesst den kreis:

(...)"Aber auch, wenn es nicht Samstag ist: Müller findet die Arbeitsbedingungen bei seinem Arbeitgeber Netto inzwischen "unerträglich". "Ich arbeite 65 bis 75 Stunden pro Woche, wenn es glatt läuft", sagt er. Wenn es nicht glatt laufe, seien es an die 80 Stunden. "Unter zehn bis zwölf Stunden pro Tag komme ich nie raus", sagt er. "Wir arbeiten hier am Limit."(...)

und das ist grundsätzlich durchaus
repräsentativ für die sog. soziale "marktwirtschaft", wie die kapitalisten das hiesige ökonomische system nach dem wk2 fiktional zu verkleistern suchten. auch die paar jahrzehnte scheinbar "besserer" verhältnisse in der alten brd ändern nichts daran, dass dieses scheinbar bessere schon damals mit den opfern in anderen weltregionen erkauft wurde, ähnlich wie im ersten beispiel. nur in anderen konstellationen.

und die frage nach der rolle der verschiedenen manager bei der "metro", der zeitarbeitsfirma oder den discountern ist besonders vor dem hintergrund der gerade laufenden
diskussion interessant. sind die jeweils verantwortlichen in den obigen fällen nur getriebene der "anonymen sachzwänge"?

Donnerstag, 9. April 2009

kontext 53: total kranker scheissdreck aus wahrhaft *rechtsfreien* räumen [update]

(ich sehe mich zur drastischen ausdrucksweise der überschrift mangels alternativen schlicht gezwungen. verhältnisse von solch drastischer erbärmlichkeit wie gleich zu sehen machen eine entsprechend deutliche sprache nötig. ebenfalls wie die nötige triggerwarnung: dieser beitrag enthält dokumentarische szenen von schlägen und folterartigen ausschreitungen).

*

es gehört keine große prophezeiungsfähigkeit dazu, davon auszugehen, dass die derzeitige krise szenen wie die folgenden, die auch in relativ "normalen" zeiten schon oft genug zu verzeichnen waren, in gehäufter form hervorbringen wird - wenn die wahrhaft großen antisozialen kriminellen in den schicken anzügen nicht erreichbar sind bzw. das auch seitens der "eliten" nicht gewünscht wird, bleibt als erwünschtes ventil die hinwendung von öffentlichkeit & repressionsapparaten zu eh schon stigmatisierten gruppen übrig, die sich in verschiedenen ländern teils nur noch mittels kleinkriminalität über wasser halten können. bei einigen besonderen minderheiten wie den roma in osteuropa reicht dabei offenbar bereits die bloße identifizierung als eben solche, um in den augen von einigen staatsdienern der
elementarsten menschenrechte verlustig zu gehen:

(...)"Zwei bellende Hunde an der Kette, ein brüllender Uniformierter, sechs Kinder, vier stehen an der Wand, zwei sitzen auf dem Boden. Dann ein Knall. Das Bild zeigt einen jungen Rom, der einen anderen, etwas kleineren, mit voller Wucht ins Gesicht schlägt. Eine Stimme im Off gibt Anweisungen. Beide blicken fragend in Richtung Kamera. Ein kurzes Zögern. Wieder die Stimme. Dann ein weiterer Schlag, diesmal ist es der schmächtigere Bursche. Neue Kinder kommen ins Spiel. Es sind Ohrfeigen. Ab und zu lachen Männerstimmen. Dann ein Schnitt. Die Kamera zeigt sechs Kinder von oben in einem Raum. Wieder gibt es Anweisungen. Sie ziehen sich aus. Nackt."(...)

eine gekürzte zusammenfassung liefert das folgende video, und ich zeige das wie auch das spätere aus seattle deshalb, weil ich es als nötig empfinde, dass sich möglichst viele menschen einen nachhaltigen eindruck von dem machen können, was in rechtsfreien räumen wie polizeiwachen und -arrestzellen innerhalb eines kollabierenden systems möglich ist:



das video...

"... zeigt laut dem Bericht Misshandlungen und Demütigungen von Roma-Kindern in der ostslowakischen Stadt Kosice. Die Burschen wurden demnach auf der Polizeistation vorgeführt, weil sie verdächtigt wurden, eine ältere Frau überfallen zu haben.

Polizeipräsident Ján Packa erklärte bei einer Pressekonferenz in Bratislava, die beteiligten Polizisten seien vom Dienst suspendiert worden, es würden Ermittlungen eingeleitet, ihre Vorgesetzten würden abgesetzt. Der Vorfall fand in einem Vorort Kosices, in der Roma-Siedlung Lunik IX statt, wo mehr als 7000 Menschen leben und die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist. Der Bürgermeister der Siedlung, Ladislav Saòa, sagte dem Standard, die Kinder stammten aus einer armen Familie. Sie hatten den Vorfall aus Angst zunächst nicht melden wollen."(...)


so nötig die entfernung der betreffenden täter im öffentlichen dienst auch ist - an der basis der strukturellen gewalt, die latent immer in die offene gewalt eines solchen kalibers umschlagen kann, ändert das schlicht - nichts. bin ich eigentlich der einzige, den das ganze an methoden der "schwarzen pädagogik" erinnert?

*

etwas länger zurück liegt der folgende vorfall aus seattle / usa, den ich mir damals bereits vermerkt hatte:



hier ist ein von der polizei wg. fahrens ohne führerschein (meines wissens im wagen ihrer eltern) festgenommenes 15jähriges mädchen zu sehen, die bei ihrem eintritt in die zelle innerhalb eines wortgefechtes einen ihrer schuhe nach den polizisten schleudert. die dokumentierte reaktion lässt sich jedoch selbst bei den größten geistigen verrenkungen nicht mehr im raster von "irgendwie gerade noch angemessen" unterbringen, sondern ähnelt deutlich - zwei starke männer im schutz der relativen anonymität einer arrestzelle überwältigen auf brutale art ein mädchen - einer art vergewaltigungssituation.

*

vielleicht der wirklich einzige nutzbringende vorteil der inzwischen überall präsenten kameras für den großteil der bevölkerung, dass solche angriffe in den staatlichen zonen der realen rechtlosigkeit von fall zu fall durch die selbst geschaffene maschinerie dokumentiert werden. für eine allgemeine befürwortung des überwachungsapparates reicht das jedoch keinesfalls aus.

*

edit am 11.04.: bezüglich der situation der roma empfehle ich diese ergänzung
"Die schwere Misshandlung von acht Roma-Kindern in der Ostslowakei ist kein Einzelfall, sagen Experten. Der Rassismus in der Gesellschaft habe die Übergriffe möglich gemacht." aus dem wiener standard.

Dienstag, 10. Februar 2009

kontext 52: die liste der lobbyisten in der regierung...

...war mir bisher in der form, wie sie gleich per wikipedia zu sehen ist, noch nicht bekannt - und ich finde sie eine der interessantesten listen, die mir je unter die augen gekommen ist. die paranoidesten und abgelutschtesten antworten auf solche fragen wie die, wer in diesem land denn eigentlich die wirkliche macht in den händen hat, werden durch die pure realität schlicht in den schatten gestellt.

das thema kam vor etwas über zwei jahren mal durch einen "monitor"-bericht kurz in die öffentlichkeit, fristet seitdem aber eher ein nischendasein in der öffentlichen diskussion, in der medialen produzierten "öffentlichkeit" sowieso. bemerkenswerterweise verdanken wir die gleich folgenden informationen einer kleinen anfrage der fdp-fraktion im bundestag (nur ein kurzer total-blackout oder regung der letzten reste von "freien demokratischen" regungen?) jedenfalls ist nicht anzunehmen, dass sich die grundsätzlichen zustände in den letzten beiden jahren geändert haben - für hinweise und korrekturen diesbzgl. wäre ich dankbar.

hier also nun die "kleine anfrage" und die regierungsseitigen antworten darauf - oder auch:
wer hier wirklich das sagen hat.

(...)"Mit der Beantwortung der FDP-Anfrage durch die Bundesregierung am 13. November 2006 [9] liegen seitdem konkrete Angaben über die Dimension vor. Auf die Frage:

1. Wie viele Mitarbeiter, die von Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften ganz oder teilweise bezahlt werden, sind in den letzten vier Jahren in den Bundesministerien oder in den obersten Bundesbehörden beschäftigt gewesen bzw. aktuell beschäftigt?

heißt es dort:

„In den Bundesministerien und im Bundeskanzleramt sind für einen befristeten Zeitraum insgesamt 100 externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ganz oder teilweise von Unternehmen, Verbänden oder Gewerkschaften bezahlt wurden, in den letzten vier Jahren im Geschäftsbetrieb tätig gewesen bzw. sind aktuell eingesetzt. [...]“

Die Frage

2. In welchen Bundesministerien oder obersten Bundesbehörden waren oder sind Mitarbeiter, die von Unternehmen, Verbänden oder Gewerkschaften ganz oder teilweise bezahlt werden, beschäftigt? Um welche Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften handelt es sich jeweils?

wird mit folgender Auflistung beantwortet, bei der das Verteidigungsministerium wegen „der Kürze der Zeit“ nicht aufgeführt ist:

* Bundeskanzleramt: KfW-Bankengruppe sowie AOK-Bundesverband bzw. BKK-Bundesverband

* Auswärtiges Amt: Wintershall AG, E.on AG, EADS, Deutsche BP, Lufthansa AG, Daimler Chrysler AG,
Siemens AG und BDI

* Bundesministerium für Arbeit und Soziales: IG Metall und Deutsche Bank AG

* Bundesministerium für Bildung und Forschung: Deutsche Bank AG

* Bundesministerium der Finanzen: Kreditanstalt für Wiederaufbau, Deutsche Börse AG, Zentraler
Kreditausschuss/Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (Mitgliedsinstitut HSH Nordbank),
Zentraler Kreditausschuss/Bundesverband Deutscher Banken (Mitgliedsinstitut Dresdner Bank),
Bundesverband Investmentund Asset Management, Deutsche Bank AG und BASF AG

* Bundesministerium für Gesundheit: Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutsche Apotheker und Deutsche
Bank AG

* Bundesministerium des Innern: Deutsche Bank AG

* Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Bayer AG und BASF AG

* Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Fraport AG, Flughafen Köln/Bonn GmbH,
Deutsche Flugsicherung GmbH, Deutscher Aero Club e. V., Kreditanstalt für Wiederaufbau,
HauptverbandderDeutschenBauindustrie, Bundesverband Öffentlicher Banken e. V. und Industrial
Investment Council GmbH

* Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie: Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.
V., Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, EFET Deutschland – Verband Deutscher
Gas- und Stromhändler e. V., Verband der chemischen Industrie e. V., Verband Forschender
Arzneimittelhersteller e. V., Verband kommunaler Unternehmen e. V., EuroNormGmbH, TÜVSüd AG,
Lanxess AG, Daimler Chrysler AG, Deutsche Telekom AG, Vivento, MorganStanley, LAUBAG, BASF AG,
Bayer AG, Wuppertaler Stadtwerke AG, Lichtblick/bne, Thyssengas, Wingas GmbH, IBM Deutschland

* Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Alstom GmbH (Salzgitter)
und ABB AG (Mannheim)


und wenn ich mir anschaue, wo alleine die deutsche bank überall per "externen mitarbeitern" vertreten ist/war - arbeit/soziales; bildung/forschung; finanzen; innenministerium... und gleichzeitig daran denke, dass nicht nur die deutsche, sondern auch die anderen aufgeführten banken mit den gleichfalls agierenden konzernen quasi ein - nicht widerspruchsfreies - kapitalistisches machtkonglomerat durch diverse gegenseitige beteiligungen, persönliche verbindungen etc. darstellen, fällt mir prompt wieder die
empfehlung von omgus nach dem ende von ns und wk2 ein:

"Es wird empfohlen, daß:

1. die Deutsche Bank liquidiert wird,

2. die verantwortlichen Mitarbeiter der Deutschen Bank angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Gericht gestellt werden,

3, die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Übernahme wichtiger oder verantwortlicher Positionen im wirtschaftlichen und politischen Leben Deutschlands ausgeschlossen werden."(...)


für unser heute sollte daneben noch gelten: es darf keinesfalls alleine bei der "deutschen bank" bleiben.

Montag, 26. Januar 2009

kontext 51: zum phänomen der (autistischen) "savants"...

...gibt es aktuell gerade einen artikel bei telepolis:

(...)"Wie Peek, dessen Gehirnhälften kaum miteinander verbunden sind, weisen Menschen mit Savant-Syndrom häufig deutliche Hirnanomalien oder schwere Hirnschäden auf. Etwa die Hälfte von ihnen leidet unter Autismus, so auch Tammet. Die Inselbegabten leben im Allgemeinen in ihrer eigenen, inneren Welt. Denn da sie häufig eine körperliche und/oder geistige Behinderung haben, können keine Auskunft darüber geben, wie sie ihre außergewöhnlichen Leistungen vollbringen – mit einer Ausnahme: Daniel Tammet.

Der Brite, der Ende Januar 30 Jahre alt wird, leidet nach eigenem Bekunden nur unter einer leichten Form von Autismus, dem Asperger-Syndrom."(...)


einen kommentar meinerseits dazu können interessierte
hier finden.

Mittwoch, 7. Januar 2009

kontext 50: "Da stimmt etwas ganz Fundamentales mit dieser Gesellschaft nicht"

mit diesen sätzen endet ein artikel, der eigentlich nicht nur bei spon als zumindest zeitweise ständige topschlagzeile präsentiert gehört, weil er wissen über uns selbst und unsere psychophysischen funktionen enthält, ohne dessen verbreitung und anschliessende weitreichende konsequenzen keinerlei entwürfe grundsätzlich sozialerer gesellschaftlicher verhältnisse mehr auskommen können. es geht um einen überblick hinsichtlich wichtiger ergebnisse der pränatalen forschung, und dieser überblick lässt sich als ergänzung und vertiefung meines eigenen basisbeitrags zur pränatalen phase nutzen. gleichfalls macht er auch wesentliche strukturen deutlich, die zu den unsichtbaren quellen von kriegen wie aktuell in nahost oder sri lanka gehören.

(...)"Die Annahme oder Ablehnung des Fötus ist die erste, ganz zentrale Erfahrung von Beziehung. Denn nicht nur über die Nabelschnur, auch über seine Sinnesorgane ist der Fötus eng an die Gefühlswelt der Mutter angeschlossen: Wenn sie Angst hat, schlägt ihr Herz schneller, ihre Blutgefäße verengen sich, die Gebärmutter zieht sich zusammen. Der Lebensraum des Fötus wird enger, der Sauerstoff in seiner Blutzufuhr knapp. Gleichzeitig dringen über die Nabelschnur Botenstoffe in seinen Organismus, die ihn biochemisch auf das Gefühl von Angst und Furcht programmieren. Über diesen Umweg hat auch der Vater Einfluss auf das neue Leben.(...)

Die Gefühlswelt des ungeborenen Kindes wird über biochemische Marker als Reaktionsmuster im Organismus tief verankert – mit gravierenden Folgen. Unerwünschte Kinder, deren Mutter keine Bindung zu ihnen aufbauen kann, produzieren deutlich weniger Oxytocin, das Bindungshormon, das für den Aufbau von Beziehungen, vor allem aber für die Liebe zwischen Mutter und Kind zuständig ist. Selbst wenn sie gleich nach der Geburt in die Obhut liebevoller Pflegeeltern kommen, bleibt ihr Oxytocinhaushalt ein Leben lang geschwächt, weil seine Basis bereits in der Schwangerschaft gelegt wird. "Die Fähigkeit oder Unfähigkeit zu lieben", so Pränatalexperte Ludwig Janus, "kann so über Generationen weitervererbt werden." Da jede Schwangerschaft immer auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Kindrolle mit sich bringt, können traumatische Erlebnisse im Uterus auch noch Enkel und Urenkel beeinflussen."(...)


und dieses fazit kann ich - wen wundert´s - nur dreimal dick unterstreichen:

(...)"Die Fähigkeit zum sozialen Miteinander, eine Tendenz zu Kriminalität und Gewalt, aber auch Friedfertigkeit und Empathie werden ganz entscheidend bereits in der Phase vor der Geburt geprägt."(...)

und dabei muss nicht nur an schwangere in offenen kriegsgebieten gedacht werden, sondern auch bspw. an schwangere frauen unter der knute von "hartz-IV" mit allem stress, der damit verbunden ist. solange wir uns unsere antisozialen mutanten auf diesen und anderen wegen selbst weiter produzieren bzw. wir diese vorgänge mehr oder weniger stillschweigend dulden, brauchen wir uns eigentlich über die folgen nicht zu
beschweren.

Samstag, 3. Januar 2009

kontext 49: "eyeless in gaza" - die unendliche re-inszenierung

das ist nicht nur der name einer band der frühen 1980er jahre, sondern auch eine metapher, die mittels drei worten das ganze dilemma eines konfliktes auf den punkt bringt, der durch seinen charakter wie kaum ein anderer die destruktive wucht und dynamik ständiger und sich über generationen hochschaukelnder posttraumatischer re-inszenierungen sichtbar macht.

verwundete palästinensische frau ende dezember 2008; foto: amir farshad ebrahimi

(eine verwundete palästinensische frau nach einem israelischen luftangriff, dezember 2008;
foto: amir farshad ebrahimi via wikipedia)








ein auszug aus einem inzwischen leider kostenpflichtigen artikel der nzz aus dem jahr 2006, "ein irrenhaus namens gaza":

(...)"Psychiater Sarraj fürchtet, das Umfeld der Angst, Gewalt, Armut und Hoffnungslosigkeit werde die Generation der Bettnässer in eine von «Gorillas» verwandeln. Er spricht vom Konflikt als einer Psychopathologie, von Israel und Palästina als psychisch kranken Patienten. Der israelische Patient sehe sich immer noch als Opfer, das keine Versöhnung durchlebt habe und deshalb in all seinen Handlungen von Angst getrieben werde. Der palästinensische Patient bleibe gefangen in Gedanken von Widerstand und Vergeltung. Doch das Schicksal der Menschen liegt nicht in den Händen von Psychiatern, sondern von Politikern. Diese waren bisher unfähig, Heilung und Versöhnung zu bringen. Wer hat je das Leid des anderen anerkannt?"(...)

"Wie viele psychisch krank sind und wie ihre Krankheiten heissen, weiss niemand so genau. Statistiken verzeichnen eine Anhäufung von Borderline-Persönlichkeiten, emotional instabilen Personen, die ein zerrüttetes Selbstbild aufweisen und sich nicht mehr in die Gesellschaft integrieren können. Eine Studie des Gaza Community Mental Health Programme stellt fest, dass über 70 Prozent der Kinder an PTBS leiden und knapp 100 Prozent Symptome davon aufweisen: Albträume, Flashbacks, emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit, Konzentrationsstörung, Schreckhaftigkeit, Angstzustände, Schlaflosigkeit, Depression, manchmal Panik- oder Aggressionsattacken und Bettnässen. Wer Geld hat, kauft Tabletten: Schlaftabletten, Beruhigungstabletten. Man klagt, aber man spricht nicht über psychische Krankheiten. Wenige suchen Hilfe bei einem Psychiater. Wäre das nicht ein Geständnis, dass einen der Besatzer in die Knie gezwungen hat? Ein Eingeständnis von Schwäche in einer Zeit, in der man stark sein muss, in einer Gesellschaft, in der man stigmatisiert würde? Und welche Behandlung ist gut genug, um Wunden zu heilen, die mit jeder Bombe, jedem Angriff erneut zu eitern beginnen?"(...)


und anläßlich der innerpalästinensischen kämpfe im jahre 2007 ergänzte ein anderer psychiater in einem
interview:

(...)SPIEGEL ONLINE: Was für Auswirkungen hat solch ein Bruderkrieg auf eine Gesellschaft?

Sarradsch: Solche Ereignisse sind extrem schmerzhaft, sie schaffen sehr viel Hass und Rachegelüste. Lang anhaltende Gewalt führt zu einem Phänomen, das wir Psychiater chronische soziale Vergiftung nennen. Die Menschen werden weniger sensibel und rational, dafür impulsiver und hemmungslos. Neue Gruppen außerhalb des Familiengefüges bilden sich, reißen Macht an sich und laufen aus dem Ruder. Sie werden zu unantastbaren Herren über Leben und Tod, das zieht viele an, die anderswo keine Chance haben.

: Das sind Prinzipien, die überall auf der Welt auf Gangs oder Mafia-Familien zutreffen. Funktionieren die islamistischen Gruppen im Gaza-Streifen genau so?

: Die islamistischen Gruppen im Gaza-Streifen sind einen Art Vater mit dem heiligen Buch in der Hand. Jeder kann Fatah-Mitglied werden, aber um der Hamas beizutreten, muss man ein neuer Mensch werden. Das ist ein Prozess, der Jahre dauert, mit Prüfungen und Initiationsriten, bis man einen neue Identität angenommen hat. Strikte Disziplin schafft endlose Loyalität. Das ist der erste Schritt dazu, ein Selbstmordattentäter zu werden.

: Anhaltendes Trauma schafft Gewaltbereitschaft. Lässt sich das auch auf Israel anwenden?

: Sicher. Israel gilt als das beste Beispiel dafür, dass sich ein Volk mit dem Aggressor identifiziert und dessen Machtposition einnehmen möchte. Der Effekt des Holocausts auf die jüdische Gesellschaft war unendlich dramatisch und wurde nie richtig aufgearbeitet. Daraus ist eine echte klinische Paranoia entstanden: "Töte deine Feinde bevor sie dich töten". Leider zahlen wir Palästinenser den Preis dafür.

: Die Bevölkerung im Gaza-Streifen ist schlimmes gewöhnt. Wird sie sich rasch von den jüngsten Kämpfen erholen?

: Ich fürchte Nein. Diese Zusammenstöße, die Brutalität, mit der sie sich gegenseitig abgeschlachtet haben, das hat ein länger anhaltendes Trauma geschaffen. Die Schäden an der geistigen Gesundheit der Menschen werden immer schlimmer, wir kommen nicht mehr dagegen an."(...)


und in diesem zusammenhang sollte auch der hinweis auf die psychophysischen
quellen des islamistischen fundamentalismus, wie er zb. in gestalt der "hamas" auftritt, nicht fehlen.

*

beim ganzen thema geht es mir weiterhin so, wie ich es in
diesem alten beitrag schon einmal schrieb:

"ich muß dabei ehrlich gestehen, dass es mich regelrecht überwindung kostet, mich an das knäuel von ineinander verschlungenen dynamiken zu wagen, die sowohl den israelisch-palästinensischen als auch den umfassenderen sog. westlich-islamistischen konflikt kennzeichnen. mein überdruß rührt dabei vor allem aus der hemmungslosen instrumentalisierung der realen - vergangenen und aktuellen - opfer her, die sich sowohl bei allen direkt beteiligten seiten als auch bei denen finden lässt, die sich - aus eigenen und durchaus fragwürdigen motiven, wie ich finde - in diesen konflikten gerade in d-land unbedingt positionieren wollen."

der gleiche beitrag enthält auch den versuch, die quellen des aktuellen israelischen handelns nachzuvollziehen - denn trotz aktueller motivationen der heutigen protagonisten ist die mobilisierung größerer kollektive zu kriegerischen aktionen immer auf die aktivierung von deren untergründigen reservoirs an wut, ängsten sowie paranoiden feindbildkonstruktionen angewiesen, die durch aktuell reale destruktivität nicht nur immer wieder getriggert, sondern noch erweitert und neu "gefüllt" werden.

von einem hamas-raketenangriff getöteter israelischer mann ende dezember 2008; foto: amir farshad ebrahimi

(ein getöteter israelischer mann nach einem hamas-raketenangriff ende dezember 2008;
foto: amir farshad ebrahimi via wikipedia)








abschließend kann ich im angesicht des ganzen trostlosen szenarios nur ein ebenfalls schon älteres
vorläufiges fazit wiederholen, dessen unzulänglichkeiten mir allerdings heute noch deutlicher bewusst sind als damals:

"im nahen osten ist live und seit jahrzehnten eine spirale der gegenseitigen und generationenübergreifenden re-traumatisierung zu beobachten, die - realistisch betrachtet - nur durch eine massive intervention von außen, mit anschließender - vorläufiger - trennung und entwaffnung der kontrahenten sowie isolierung der am extremsten agierenden gruppen auf beiden seiten - betrifft zb. die klar islamistischen fraktionen genauso wie auch die religiös motivierten jüdischen siedler - gestoppt werden könnte. parallel zu diesen maßnahmen müsste dann in allen beteiligten gesellschaften besonderes gewicht auf die entwicklung ziviler strukturen / entmilitarisierung gelegt werden, zu denen neben einer gesicherten grundversorgung besonders bildung und auch ein breites angebot von traumaspezifischen therapeutischen strukturen gehören würde - letzteres ist meiner meinung nach unverzichtbar, um die wesentlichen quellen des konfliktes mittel- und langfristig aufzulösen.

wer die erwähnte massive intervention von außen allerdings durchführen sollte, ist das erste große problem - realistisch ist da eigentlich nur die uno zu nennen, und zwar ohne beteiligung der usa/nato einerseits (besonders d-land hat - als durch die geschichte mitverantwortliche konfliktursache - dort nichts zu suchen), aber auch ohne russland und china. und damit wird´s dann schon wieder unrealistisch. ich bleibe aber dabei, dass bis auf weiteres das oben grob skizzierte szenario dasjenige mit der größten wahrscheinlichkeit darstellt, den ewigen krieg tatsächlich zumindest wirkungsvoll behindern zu können."


es fehlt weiterhin an einer weltweit anerkannten, tatsächlich neutralen, aber mit allen opfern parteiischen instanz, die sowohl den willen als auch die mittel besitzt, in solchen konflikten wirkungsvoll zu intervenieren. und das stellt nicht nur in diesem fall eine schmerzhafte lücke dar.

Freitag, 19. Dezember 2008

kontext 48: guten morgen, kulturwissenschaften - ausgeschlafen?

es ist offensichtlich die zeit der zurückkehrenden gespenster, nicht nur der zottelige marx tummelt sich fröhlich im mainstream und blamiert die kapitalismusgläubige ökonomie, sondern auch in anderen wissenschaftszweigen sieht man sich - natürlich ganz unversehends - mit den als "tot" deklarierten untoten aus dem keller der eigenen fiktiven realitäten konfrontiert. im falle der kulturwissenschaften trägt dieser quicklebendige und mit guten gründen extrem missgelaunte zombie den namen realität:

"Ohne den Anspruch, Aussagen über die Wirklichkeit zu treffen, geht in den Wissenschaften gar nichts. Dabei ist das, was real genannt wird, stets umstritten. Speziell in den Kulturwissenschaften herrscht eine Lesart vor, der zufolge Realität sozial oder kulturell konstruiert sei. Doch auch bei ihnen geht seit geraumer Zeit wieder das "Gespenst des Realen" um."(...)

zynisch könnte man fragen, ob die wiederkehr dieses gespenstes nicht auch etwas mit den trüben ökonomisch-finanziellen perspektiven der sog. geisteswissenschaften generell zu tun haben könnte - die famose konstruktion beliebiger virtueller welten (für die es dann womöglich wissenschaftliche reputation, diplome und fördermittel gab) ist ein unterfangen, welches als basis untrennbar von der befriedigung gewisser körperlicher grundbedürfnisse abhängt (und nein, die halluzinationen von hungernden beruhen zwar funktionsmässig auf den gleichen mechanismen, haben aber einen anderen strukturellen hintergrund).

aber gut, ich lasse den zynismus rechts liegen - immerhin ist das thema bzw. die tatsache überhaupt der gleich zur sprache kommenden
konferenz etwas, was im besten fall einen höchst überfälligen und notwendigen paradigmenwechsel ankündigen könnte:

"In den Kulturwissenschaften gaben im letzten Jahrzehnt konstruktivistische Ansätze den Ton an: Wir konstruieren die Welt durch Symbole und Repräsentationen. Das heißt aber auch, dass wir das Reale "als solches" von uns fernhalten und ungreifbar machen. Wenn dieses Verfahren versagt, kommt es zum "Einbruch des Realen" in die Bedeutungswelt der Kultur. Vor allem in Horror und Trauma zeigen sich, so die These, Einbruchsstellen des Realen, weil Traumaerfahrungen sich nicht in symbolischen Praktiken bewältigen lassen."(...)

klar - wenn es blutig und schmerzhaft wird, brechen die konstruktionen zusammen (der wunsch nach diesem zusammenbruch könnte bekanntlich auch eine hauptrolle bei den diversen praktiken des selbstverletzenden verhaltens spielen), außer bei jenen abgebrühten zeitgenossen, deren wahrnehmung so defekthaft ist, dass zur kompensation dieser defekte nichts anderes mehr als konstruktionen (aka fiktionen, halluzinationen, als-ob-zustände) zur verfügung stehen. den stammleserInnen hier werden diese gedanken nicht neu sein. ebensowenig wie die oben im letzten satz benannte tatsache, die bspw. von einem konstruktivistisch argumentierenden wie dem verstorbenem paul watzlawick
implizit bestritten wurde (im verlinkten beitrag der letzte teil unten). ich hatte die fällige kritik damals so ausgedrückt:

"das der begriff der wahrheit tatsächlich zur rechtfertigung von und für destruktive fiktionen benutzt wird und wurde, macht ihn deswegen absolut nicht überflüssig. wie üblich in den bekannten westlichen philosophischen strömungen, wird schlicht ihre eigene - und wichtigste - voraussetzung vergessen: sie stammen alle aus einer kultur mit verbreiteten traumatischen sozialstrukturen, die sie unreflektiert wiederspiegeln. die real nicht begründbare dominanz, die sie allesamt dem "geistigen" (aka objektivistischen) teil des menschen zusprechen, ist bereits teil einer traumainduzierten strukturellen fragmentierung auch und gerade bei denjenigen, die solche konstrukte entwickeln. sie tun das aus ihrer eigenen - bereits geschädigten - wahrnehmung heraus und setzen die ergebnisse dann als generelles und absolutes.

damit verbunden ist regelmäßig und zwangsläufig die verleugnung des körpers, wobei diese nicht platt wie bspw. im christentum (fiktion religiösen typs), sondern subtiler stattfindet - körperliche vorgänge gerade in sozialen beziehungen werden hier grundsätzlich als manipulierbar verstanden, eine konstellation, die nur bei einer bereits vorhandenen opposition (virtuelles) "geistiges ich" vs. körper überhaupt möglich ist) und der in ihm basierten möglichkeiten der authentischen wahrnehmung, auf der jede authentische - d.h. vollständige und auch gesunde - menschliche identität beruht. die durch die traditionellen erziehungspraktiken verhinderte bzw. gestörte entwicklung dieses identitätsgefühls führt zwangsläufig zu kompensationsversuchen in form von fiktionen und konstruktionen - zu als-ob-realitäten bzw. virtuellen simulationen. die von von foerster angeführten beispiele wie die kreuzzüge stellen letztlich materielle umsetzungen von als-ob-realitäten wie "göttern" (und auch "nationen") dar - und die werden nicht grundsätzlich mittels anderer simulationen aus der welt geschafft (was der konstruktivismus vorschlägt, und besonders watzlawick mit seiner "als-ob-therapie", die zb. bei traumatisierten, deren authentische gewalterfahrungen ganz real in neuronalen sub-netzwerken des gehirns und auch im körpergedächtnis gespeichert sind, dazu führt, dass die betroffenen diese erfahrungen verleugnen, als fiktion betrachten sollen), sondern einzig und alleine durch die in * allen menschen grundsätzlich angelegte volle entfaltung bzw. wiedererlangung der authentischen, körperlich basierten wahrnehmung mit all ihren beziehungsoptionen."


(* = hier würde ich mittlerweile dazu tendieren, das wörtchen "fast" zu benutzen.)

deshalb finde ich töne wie rund um diesen kongress dann auch so interessant - es geht weiter mit zitaten aus dem ersten link ganz oben:

(...)"Mit dem Realen hat es in der Moderne eine merkwürdige Bewandtnis. Spontan wird man sagen: Nichts ist gegenwärtiger und unabweisbarer als das Reale. Und doch tun Dichter, Maler, Philosophen und selbst Naturwissenschaftler sich notorisch schwer damit, Auskunft darüber zu geben, wie es 'wirklich ist'.(...)

tja, dazu braucht es lediglich funktionierende selbst- und fremdwahrnehmung, die von ihrem ganzen ansatz her dafür ausgelegt ist, die (menschliche) realität zu erfassen - genauer: zu spüren. generationenalte praktiken der desensibilisierung und der entwertung der selbstwahrnehmung vor allem bei kindern führen dann u.a. zu genau diesem resultat:

"Und doch tun Dichter, Maler, Philosophen und selbst Naturwissenschaftler sich notorisch schwer damit, Auskunft darüber zu geben, wie es 'wirklich ist'.

und verbringen dann ihr restliches leben mit vielfältigsten versuchen, diese wirklichkeit zu fassen zu bekommen. dabei sind die erstgenannten i.d.r. sogar potenziell erfolgreicher, weil sie es sich zumindest teilweise gestatten, ihre inneren schmerzen wahrzunehmen und sie in teils sehr berührende (genau das macht authentische kunst aus) materielle ausdrucksformen zu transformieren.

"Denn was sich sprachlich und bildnerisch zum Ausdruck bringen lässt oder was sich in wissenschaftlichen Versuchsanordnungen zeigt, ist schon nicht mehr das Reale 'als solches', sondern gleichsam gefiltert (und womöglich verfälscht) durch den Eigensinn subjektiver Erfahrung, kultureller Zeichensysteme oder technischer Apparate."

"eigensinn subjektiver erfahrung" ist nun mal eine der blumigsten metaphern, die ich für inneren schmerz je gehört habe. unerfreulich ist dabei aber auch die notorische implizite entwertung subjektiver wahrnehmung, die ich allerdings für unser mensch-sein konstituierend halte. und zum stichwort "technische apparate" (man könnte hier auch die naturwissenschaftlichen techniken insgesamt anführen): im streit mit konstruktivistischen ideologen jeder coleur kommt meistens als letztes argument die berufung auf die moderne physik, gerade teilchen- und quantenphysik, welche die vorstellung einer objektiven realität ein für alle mal erledigt hätten. darauf hatte ich früher mal die folgende
antwort versucht:

"erstens: ich habe keinerlei grundsätzliche schwierigkeiten mit bestimmten vorstellungen, die sich bspw. durch bereiche wie die neurowissenschaften oder auch die moderne physik ergeben - ganz grob und verkürzt meine ich damit, dass wir durch unser gehirn und mittels unserer wahrnehmung in einem gewissen sinne erst das quasi erschaffen (das wort "konstruieren" greift an dieser stelle zu kurz und inpliziert imo auch etwas falsches), was wir als materielle realität um uns herum wahrnehmen - in dem sinne, das bspw. farben, gerüche, geschmack und all die unzähligen wahrnehmungen durch das zusammenspiel von im "außen" vorhandenen atomen und molekülen mit den atomen und molekülen unseres körpers zustandekommen. und das andere sinne bspw. bei tieren wie fledermäusen (ultraschall) für diese auch dafür sorgen, dass sie eine qualitativ andere welt als die menschliche erleben - wobei wir über dieses erleben nur spekulieren können. ich hoffe, das für Sie einigermaßen deutlich ist, was ich hier meine. aber wie gesagt: eine konstruktion im sinne einer rein aktiven bzw. bewußten handlung ist das für mich nicht, weil wir für die gesamte dauer unserer existenz untrennbar in diesen prozeß eingebunden sind und das sozusagen einen grundlegenden und integralen teil unseres seins ausmacht. ebenfalls ist unsere grundlegende und spezifisch menschliche realitätswahrnehmung an unsere körperlichkeit gebunden. und das ist imo zu unterscheiden von der art konstruktivismus, für die primär der objektivistische modus zuständig ist. und meine kritik bezieht sich eben auf diese letztere art.

zweitens: eine folgerung daraus kann ich hoffentlich ziemlich kurz abhandeln - es geht um den konsens der realität, den wir alle permanent und ununterbrochen produzieren. wobei es hier um die äußere realität geht - in der bspw. ein tisch durch seine funktion und handfeste beschaffenheit definiert wird, und in der wir durch die nutzung der sprache - hier eben des wortes "tisch" - dieses wissen bei uns allen aufrufen und uns derart verständigen können - und zwar relativ unabhängig von unseren ganz persönlichen assoziationen und empfindungen, die wir mit einem tisch ansonsten noch verbinden - die können sehr unterschiedlich sein, und vervollständigen sozusagen den grundkonsens "tisch" um eine einzigartige, individuelle note. nur in diesem sinne ließe sich behaupten, dass jede person einen tisch "für sich" wahrnimmt (wie es der radikale konstruktivismus nahelegen würde) - aber das ist eben nur die eine hälfte der realität, wobei sie untrennbar zur - und hier ist dieses wort angemessen - objektiven realität dazugehört. es lässt sich unmöglich sagen, dass die eine hälfte "besser" oder "realer" als die andere wäre - nur das die funktion, welche die objektive realität schafft, eine elementar subjektive ist (genauer nachzulesen in den weiter unten stehenden beiträgen zum thema objektivismus und subjektivität.)
und so wird hoffentlich deutlich, dass die trennung zwischen subjektiven und objektivitäten realitäten ein grundlegender irrtum ist - wenn es den anschein dieser trennung trotzdem gibt, so hat das gründe, die eher in unseren verrückten sozialen verhältnissen zu suchen (und zu finden) sind.

drittens: wenn schon der allgemeine, eher philosophische konstruktivismus derartige verwirrungen anzettelt, so wird das im falle der konstruktivistischen psychologischen ansichten geradezu kriminell: dieses denken konsequent auf das soziale leben angewandt, landet man(n) schurstracks beim solipsismus - in dieser sicht ist und bleibt jede/r von uns auf ewig eingekerkert in einer inneren zelle ohne ausgang, deren wände aus schichten von abbildungen, illusionen und fiktionen bestehen - ohne jede chance, jemals die tatsächliche realität wahrzunehmen. das erinnert nicht ganz zufällig auch an den autismus , wobei hier defektbedingt das meiste bzw. all das von dem verschwunden ist, was wir allgemein als subjektive realität zu bezeichnen pflegen - es bleibt einzig der objektivistische modus mit seinen konstruktionen übrig, die ohne den elementaren subjektiven teil zwar weiterhin funktional(!) subjektiv sind und bleiben, aber eben die typischen mechanistisch-toten eigenschaften der objektivistischen produktionen als totale und einzige realitätswahrnehmung zulassen - einfach, weil die wahrnehmungsfähigkeiten, die die lebendigen qualitäten wahrnehmen könnten, geschädigt oder nicht (mehr) vorhanden sind."


auch mit inzwischen mehrjährigem abstand scheinen mir in den obigen absätzen die wesentlichen kritikpunkte am konstruktivismus weiter treffend zu sein. und vor diesem hintergrund lese ich im aktuellen text:

"So suggeriert der Begriff des Realen einerseits etwas Eigentliches, Wesentliches und Grundlegendes, dessen man andererseits nur in einer entstellten und verminderten Gestalt habhaft werden kann.

'Das Reale' ist massive Präsenz, die aber nicht repräsentiert werden kann und sich in dem Maß entzieht, in dem man sie zu fixieren versucht. Es liegt geradezu in der Definition des Realen, dass es nicht von den Vorstellungen erreicht wird, die man sich von ihm macht."(...)


nochmal: "entstellt und vermindert" erscheint die "gestalt" der realität nur dann, wenn die psychophysischen funktionen der realitätswahrnehmung entstellt und vermindert sind. und für das letztere ist i.d.r. die vielfältige gewalt in unseren sozialstrukturen verantwortlich.

den letzten satz im zitat hingegen unterschreibe ich, aus einem gleich folgenden grund:

"So paradox es klingt: Das Reale stört als exzentrische Größe die innere Stimmigkeit der Sprach- und Erkenntnissysteme, die sich um seine Bestimmung bemühen. Daher rühren auch die Versuche, es sich unter dem Stichwort der sozialen bzw. kulturellen Konstruktion der Realität gleichsam vom Leibe zu halten."

das die "innere stimmigkeit" der sprach- und erkenntnissysteme nur ein mehr oder weniger schöner schein ist, lässt sich grob gesagt dadurch verstehen, in dem man die psychophysische quelle dieser systeme (ein sehr passender begriff) betrachtet: es ist diejenige instanz in uns, die sich als objektivistischer modus begreifen lässt - derjenige teil, der die (schlimmstenfalls völlig empathielose) art der instrumentellen "vernunft" hervorbringt, deren wildes wuchern dafür mitverantwortlich ist, das die westliche "zivilisation" in nicht mehr allzu ferner zukunft komplett gegen die wand fahren wird, falls wir nicht zuvor die fallen unserer bisherigen annahmen über die realität erkennen. die nur aus psychotraumatologischer sicht verständliche glorifizierung dieser tödlichen art der "objektivität" verhindert bis dato auch weitgehend die erkenntnis des grundes hierfür:

"Es liegt geradezu in der Definition des Realen, dass es nicht von den Vorstellungen erreicht wird, die man sich von ihm macht."

und das liegt schlicht und einfach daran, dass die konstruktionen des objektivistischen modus, wenn sie in einem menschen oder auch ganzen gesellschaften dominant werden, als kompensationsversuch von wahrnehmungsdefekten fungieren. wie schon früher ausführlicher erläutert, ist dieser modus zu unserem unglück funktionell weder dafür gedacht noch ausgestattet, die - hm, ganzheitliche subjektive realitätswahrnehmung zu ersetzen. das geht einfach nicht. und das geht unter anderem auch deswegen nicht, weil die volle realitätswahrnehmung bereiche umfasst, die dem werkzeug der objektiv-instrumentellen vernunft nicht zugänglich sind - bspw. intuitionen, ahnungen, das ganze spektrum der unaussprechlichen und teils widersprüchlichen gefühle. ich kann das werkzeug zwar nutzen, um solche inhalte auszudrücken (das machen zb. wie schon erwähnt künstlerInnen), aber dabei kommt es zwangsläufig trotzdem zu einem informationsverlust, bei dem die entscheidende frage jedoch sein dürfte, wie groß er real ist. kann ich in einer fremden erfahrung sozusagen mitschwingen, und zwar auch in dem wissen, dass ich diese erfahrung in ihrer originären form niemals kennen werde? oder muss ich mir komplett etwas konstruieren, was beliebig weit vom eigentlich gemeinten entfernt sein kann? noch anders: wie weit sind meine möglichen vorstellungen über fremde realität entfernt von der tatsächlichen realität? die beantwortung dieser frage ist meiner meinung nach überhaupt kein intellektuelles spielchen, sondern aufgrund ihrer implikationen lebenswichtig.

und das letztere sehe ich auch dann als gültig, wenn ich mir deutlich mache, dass der realität unsere vorstellungen letztlich egal sein können - sie ist einfach, und wird wahrgenommen, fehlwahrgenommen oder auch gar nicht wahrgenommen.

"Gleichwohl ist es niemals zu bannen. Regelmäßig taucht es wieder auf, wenn die Faszinationsphase eines neuen ästhetischen oder wissenschaftlichen Paradigmas abklingt. Und so könnte man das Reale als eine Art Wiedergänger porträtieren, der jeden Tod übersteht - sei es durch den philosophischen Idealismus, der das schöpferische Ich privilegiert; den Symbolismus, der unsere Weltsicht durch die Art unserer Symbolverwendung geprägt sieht; oder den sogenannten linguistic turn des 20. Jahrhunderts, demzufolge sprachliche Zeichen die Welt nicht bloß abbilden, sondern erzeugen.

Wie ein Kobold schaut das Reale um die Ecke, sobald die Verdrängungsenergien der jeweiligen Theorie zu erlahmen beginnen. Und diese koboldhafte Wiederkehr kennzeichnet offenbar auch die aktuelle theoretische Situation."(...)


"wie ein kobold", allerdings ein ziemlich böser, drängen sich bspw. auch traumatische erinnerungen mittels flashback in die wahrnehmung betroffener - sobald "die verdrängungsenergien zu erlahmen beginnen".

und wenn ich das auf die situation der kulturwissenschaftlichen theorie & praxis beziehe: solche momente sind eine chance für einen prozeß der wiederherstellung oder rückerlangung von verlorengegangenem wahrnehmungspotenzial, in letzter konsequenz also für subjektwerdung. und von daher sage ich nochmal mit nachdruck:

guten morgen!

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