notizen
in kürze einige leseempfehlungen: die überwachungsmanie in großbritannien treibt weitere schlechtriechende blüten. die routinemäßige implantierung von rfid-chips in den menschlichen körper ist dann tatsächlich einer der nächsten logischen schritte, wenn solche projekte geschluckt werden.
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bekanntlich gab und gibt es einigen staatlichen wirbel um die sog. "militante gruppe", der im juli zu einer verhaftungsaktion mit größerem öffentlich-medialen echo geführt hat. "anna", die freundin eines der angeblichen "terroristen", schreibt nun aus ihrer persönlichen perspektive ein blog, in dem die realität und die formen staatlicher paranoia sehr anschaulich nachvollziehbar gemacht werden. absolut wichtiges blog!
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eine ebenfalls wichtige und empfehlenswerte diskussion über zwischenmenschliche bösartigkeit und ihre herkunft läuft gerade bei citronengras. weitere einmischungen sind willkommen.
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und zum schluß in eigener sache nur noch der hinweis, dass der beitragsindex mal wieder aktualisiert ist - wer also heute langeweile verspürt, kann dort ruhig herumstöbern.
im september gab es in der "arge" in aachen eine gimpflich verlaufene situation, während der zwei dortige sachbearbeiterInnen von einer erwerbslosen frau mit einer luftdruckwaffe bedroht wurden - aus dem polizeibericht:
(...)"Nach ersten Ermittlungsergebnissen kam die Tatverdächtige zusammen mit einem 66-jährigen Begleiter in das Büro des Geschädigten und verlangte Geld oder Lebensmittelgutscheine. Als ihr dies verwehrt wurde, bedrohte die Täterin den ARGE-Mitarbeiter mit vorgehaltener Waffe."(...)
es ist nicht nur eine spekulation, dass sich derartige geschichten seit ein paar jahren - ohne große mediale beachtung, was sich in diesem fall auch mit dem staatlichen interesse decken dürfte - häufen - eine zahl alleine für die stadt hamburg:
(...)"Hinzu kamen allein im vorigen Jahr 1268 Übergriffe auf Mitarbeiter der Job-Center der Arbeitsgemeinschaft Arge, die Hartz-IV-Empfänger betreuen."(...)
und es scheint logisch zu sein, dass nicht alle betroffenen der repressiven staatlichen arbeitslosenverwaltung die überall vermittelte unausgesprochene botschaft "du / ihr seid überflüssig" bis zur letzen konsequenz des suizids in die tat umsetzen (was medial ebenfalls gerne beschwiegen wird), sondern sich jeweils auch so bedrängt / berechtigt / getrieben fühlen, in ihrem sinne zurückzuschlagen. das muss niemand im einzelfall akzeptabel finden, allerdings können vermutlich sehr viele betroffene der antisozialen politik ein solches handeln zumindest nachvollziehen. so weit, so bezeichnend für die derzeitigen verhältnisse.
was aber passieren kann, wenn erwerbslose (und andere betroffene) laut über aktionen wie die eingangs erwähnte nachdenken, und sich dabei eben auch u.u. in die täterin versetzen können, ist derzeit thema im erwerbslosen-forum - die aachener staatsanwaltschaft ermittelt gegen einzelne userInnen im forum wg. "volksverhetzung":
(...)"Am Dienstag wandte sich der Staatsschutz an das Erwerbslosen Forum Deutschland und begehrte die Daten von einigen Nutzern des Online-Forums, die sich dazu öffentlich geäußert hatten."(...)
im sinne der staatlichen paranoia ist das nur logisch - wenn sich vorfälle wie solche in aachen häufen und herumsprechen, könnte das eines tages mindestens zu hochsichherheitstrakten in den "jobcentern" führen, was auch die motivation der dort arbeitenden nicht unbeeinflusst lassen dürfte. was allerdings die verfolgung der bloßen äußerung von verständnis für derartige aktionen betrifft, dürfte das in der jetzt vorliegenden form ein neues kapitel in der unrühmlichen geschichte der durchsetzung antisozialer politik mit immer weiteren repressiven mitteln darstellen. ich schätze und hoffe, dass ich nicht der einzige sein werde, der diese geschichte weiter aufmerksam beobachtet. für die anstehende juristische auseinadersetzung gibt es übrigens seitens des forums einen spendenaufruf.
eine meldung von 2006:
(...)"Der 14 Jahre alte Martin Anderson kam am 5. Januar in das Bay County "Boot Camp" in der Nähe von Panama City im US-Bundesstaat Florida, nachdem er gegen seine Bewährung für das Entwenden des Autos seiner Großmutter verstoßen hatte. Schon an diesem ersten Tag brach er zusammen und starb, während er gezwungen wurde, Runden zu laufen. Der Leichenbeschauer von Bay County, Dr. Charles Siebert, attestierte später eine natürliche Todesursache, die er darauf zurückführte, daß der Junge "Überträger" der genetischen Erkrankung der Sichelzellenanämie - aber eben nicht selbst daran erkrankt - war.
Kürzlich gelangte nun aber eine Aufzeichnung einer Überwachungskamera innerhalb des "Boot Camps" an die Öffentlichkeit. Darin ist zu sehen, wie 7 der "Ausbilder" auf den schlaffen Körper des Jungen einschlagen. Daneben stand eine Krankenschwester und schaute mit den Händen in den Hüften tatenlos zu."(...)
eine präzisere beschreibung:
(...)"Eine Überwachungskamera nimmt die nun folgende Auseinandersetzung zwischen den Aufsehern und dem Jugendlichen auf. Sie dokumentiert die Agonie eines Teenagers, der hilflos der Willkür seiner Bewacher ausgesetzt ist. Sieben Männer umkreisen Martin Lee, treten und schlagen ihn. Die Aufseher zwingen ihn, Ammoniak aus Kapseln zu inhalieren, indem sie ihm den Mund zuhalten. Die Beine des Jungen geben nach, immer wieder wird er hochgerissen.
Eine dralle Krankenschwester steht direkt daneben und beobachtet, wie der Junge mehrfach kollabiert. Mit in die Hüften gestemmten Händen umkreist sie den Ort des Geschehens, scheint eher gelangweilt als alarmiert. Quälend lang wiederholt sich die Prozedur, bis plötzlich so etwas wie Unruhe in der Gruppe aufkommt. Die Krankenschwester bequemt sich, den am Boden Liegenden näher zu betrachten."(...)
nachdem die mutter des jungen einen prozeß erwirken konnte, hat nun ein gericht in panama city...
(...)"...die sieben Wachleute und die Krankenschwester heute vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen. Rund eineinhalb Stunden brauchte die Jury, die nur aus Weißen bestand, um zu ihrer Entscheidung zu kommen. Die Mutter des Jungen verließ nach dem Urteilsspruch der Geschworenen empört den Gerichtssaal. "Ich kann meinen Sohn nie mehr sehen. Das Urteil ist falsch", rief sie. Ihr Anwalt, Benjamin Crump, sagte anschließend zu Journalisten: "Wenn du einen Hund tötest, kommst du ins Gefängnis. Wenn du einen kleinen schwarzen Jungen tötest, passiert nichts."(...)
was nur ein weiteres bezeichnendes schlaglicht besonders auf den umgang mit schwarzen kindern in den usa wirft.
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es wäre nun als dringlichstes an der zeit, wenigstens die unsitte der "bootcamps" abzuschaffen, über die anläßlich des prozesses schon einmal gewußtes wieder bekannt wird:
(...)"Parallel zum Prozess hat der US-Kongress einen neuen Bericht vorgelegt, in dem noch einmal die ganze Grausamkeit der Erziehungsmethoden in Boot-Camps offengelegt wird: Demnach gab es allein im Jahr 2005 mehr als 1600 dokumentierte Fälle von Kindesmissbrauch. Zehn Kinder seien seit 1990 in Boot Camps oder vergleichbaren Institutionen ums Leben gekommen."(...)
(wobei mir die letztere zahl zu niedrig vorkommt, was aber bei offiziellen berichten auch nix neues wäre - im netz kursieren jedenfalls berichte, die von 30 toten seit 1980 ("new york times") bis zu über 50 ausgehen, incl. einer dunkelziffer).
und auch die praktiken sind bekannt:
(...)"Kinder werden gezwungen, ihr eigenes Erbrochenes zu essen, in Urin oder Kot zu liegen. Sie werden getreten, geschlagen und zu Boden geworfen", berichtet ein Ermittler des US-Kongresses, Gregory Kutz (...)".
aber die absicht, kinder bzw. jugendliche durch das brechen ihres noch in der entwicklung befindlichen selbst zu - aus sicht der quäler - "besseren", sprich fügsamen und innerhalb der herrschenden ordnung funktionierenden menschen zu machen, habe ich früher schon einmal so kommentiert:
(...)"einen sehr, sehr finsteren aspekt habe ich - unzulässigerweise, wie ich finde - auf das militär beschränkt. und zwar einfach die sehr reale variante, dass das brechen gerade, aber nicht nur, von kindlichen persönlichkeiten von denjenigen gewollt und propagiert wird, die selbst in unbeschreiblicher art davon wissen, dass sie auf diese weise erstens eine art sklaven zur persönlichen verfügung bekommen (die eher innerfamiliäre variante), und/oder von den heute herrschenden a-sozialen gesellschaftlichen machtverhältnissen profitieren und ebenfalls wissen, dass eingeschüchterte, verängstigte und zur freien kollektivität unfähige menschen keine bedrohung für den status quo darstellen (diejenigen, die auf die gewalt selbst mit gewalt reagieren, können ebenfalls instrumentalisiert werden - so funktioniert das militär - oder aber sind eine aufgabe für die repressionsapparate und geben dazu noch prächtige gesellschaftliche feind- und schreckbilder ab)."(...)
und da ich leider keinerlei gründe sehe, von dieser einschätzung abzugehen, wird uns diese institutionalisierte und auch für die jeweiligen betreiber profitable form der gewalt gegen kinder und jugendliche vorläufig vermutlich weiter begleiten - bis beim nächsten toten die gleichen schlagzeilen wie jetzt zu lesen sein werden.
in den kommentaren zu einem beitrag weiter unten wurde dankenswerterweise auch ein link auf einen artikel von steve wright, medikamente als waffen, gepostet. als ich den damals gelesen hatte, dämmerte mir die erinnerung an eine broschüre der deutschen gesellschaft für soziale psychiatrie aus dem jahr 1983 mit dem titel "panikpersonen sofort eliminieren! über die pläne der militärpsychiatrie, die ordnung des staates zu sichern (...)"
in dieser inzwischen vergriffenen und nur schwer aufzutreibenden broschüre (nur wildwuchs besitzt anscheinend auch noch ein exemplar, und gibt in ihrem artikel einen empfehlenswerten überblick zum inhalt) wird ganz gut deutlich, dass es sich bei den gedanken zum quasimilitärischen einsatz von psychopharmaka (und anderen medikamenten) erstens keinesfalls um überlegungen aus den letzten jahren handelt; und zweitens kann sie auch mit einigen mythen über "die gute alte zeit der alten brd" aufräumen - die entwicklungen, die wir heute wahrnehmen müssen, sind eben kein bruch und etwas qualitativ neues, sondern fußen allesamt auf der vergangenheit. darum finde ich diesen kurzen ausflug in die historie auch ganz angebracht. zumal zu bedenken ist: wer schon damals keinerlei skrupel hatte, eine verängstigte bevölkerung im falle des falles mit psychopharmaka zu traktieren, wird sich in der heutigen zeit erst recht nicht zurückhalten.

in der broschüre jedenfalls ist u.a. die nebenstehende anzeige aus der "Deutschen Apothekerzeitung" vom juli 1982 abgedruckt - mit folgenden anmerkungen:
"Für den, der die Präparate nicht kennt: Bei Diazepam handelt es sich um Valium, bei Droperidol und Haloperidol um starke Beruhigungsmittel, die bei massiven psychischen Störungen angewandt werden. Unseren Berechnungen nach können allein mit den Valium-Mengen die 230.000 Einwohner von Lübeck mindestens für einen Tag `flachgelegt´ werden.(...)
Auf die Frage nach dem Zweck von solchen Unmengen Beruhigungsmitteln erklärte das Bundesinnenministerium u.a.: `Haloperidol wird benötigt zur Behandlung akuter Erregungszustände bei Einzelpersonen, die ansonsten sich und andere gefährden würden.´ Im 1981 erschienenen Leitfaden für die ärztliche Versorgung im Katastrophenfall (Herausgeber: Bundesinnenministerium) kann man es genauer nachlesen: `...können auch laute Befehle und hartes Angreifen das Verhalten nicht beeinflussen, muß man den Erregten (...) festhalten, wenn möglich ihn außer Sicht bringen und ihm ein kräftiges, angstreduzierendes Beruhigungsmittel spritzen.´ An anderer Stelle heißt es: `Panikstifter müssen so schnell wie möglich isoliert und ruhiggestellt werden.´ Offensichtlich rechnen das Innenministerium und die verantwortlichen Stellen mit einer großen Anzahl erregter Menschen.(...)"
("panikpersonen sofort eliminieren!"; s.2)
wenn Sie sich nun einmal die in den links angegebenen (neben-)wirkungen der beiden neuroleptika anschauen, und dazu die medizinischen empfehlungen für den einsatz von haloperidol, wird zum mindesten eine art vabanque-spiel der damaligen verantwortlichen deutlich: im einsatzfall hätte die wahrscheinliche nichtberücksichtigung der obigen punkte bei den betroffenen zu schweren schäden führen können. dazu ziehen die autoren der broschüre damals den vermutlich zutreffenden schluß, dass eine derartige bevorratung mit hochpotenten psychopharmaka keinesfalls alleine hinsichtlich sog. ziviler katastrophen sinn macht, sondern speziell für den spannungs- bzw. kriegsfall gedacht ist/war. dazu präsentieren sie dann viele belege besonders aus der damaligen militärpsychiatrie, bei denen deutlich wird, dass mit dem begriff "panikpersonen" auch und bevorzugt politisch bzw. als solche verstandene oppositionelle gemeint waren - ein beispiel:
(...)"Als Panik nach vorn, so das Bundesministerium der Verteidigung 1962, `kann ferner jede gewalttätige Meuterei bezeichnet werden. Wie das Wort schon sagt, wird aus der Truppe dann eine Meute, die sich, statt auf den Feind, auf den Vorgesetzten stürzt´."(...)
(s.4)
(was daran nun so verwerflich sein soll, wissen nur die herrschenden "eliten"...) - aber im ernst: der panikbegriff, der dort sichtbar wird, ist ein hochgradig verzerrter mit schwerpunkt auf vermuteten und/oder tatsächlichen angriffen auf verschiedene aspekte der herrschenden gesellschaftsordnung.
neben dem sog. verteidigungsfall dürften auch die planspiele im hinblick auf mögliche atomare katastrophen einen ähnlichen schwerpunkt besitzen - ein indiz dafür könnte die folgende kleine meldung darstellen:
"Bonn: Zivilschutz testet Drogen gegen Angstreaktionen. Der Münchner Psychiatrieprofessor Hippius untersuchte im Rahmen eines von 1986 bis 1992 laufenden Forschungsvorhabens im Auftrag des Bundesamtes für Zivilschutz die Eignung von Psychopharmaka für die Angstbewältigung im Katastrophenfall. Das bestätigte das Bundesinnenministerium im August 1989."
1986 war bekanntlich für die atomindustrie ein spezielles jahr...sollen wir den zeitlichen zusammenhang nur als zufall betrachten?
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ich schrieb von "historie", und speziell für das oben dargestellte dürfte das in einem gewissen sinne auch gelten. wie einem artikel der zeitschrift des "bundesverbandes der apotheker im öffentlichen dienst" aus dem jahre 2002 zu entnehmen ist, ist die oben thematisierte bevorratung mitte der 1990er jahre vorläufig eingestellt worden:
(...)"Die Bevorratung mit Sanitätsmaterial für die medizinische Notfallvorsorge im Rahmen des Zivilschutzes ist seit der Mitte der 90er-Jahre durch die Bundesregierungen aus Kostengründen abgeschafft worden. Diese Massnahme wurde mit dem Wegfall der äusseren Bedrohung seit der Beendigung des Ost-West-Konfliktes begründet. Der ersatzlose Wegfall der Sanitätsmittelbevorratung des Bundes wird zur Zeit in keiner Weise flächendeckend durch adäquate Vorsorgemaßnahmen der Bundesländer für die friedenszeitliche Notfallvorsorge kompensiert. Die Bundesländer haben in der Vergangenheit keine wesentliche Bevorratung für den Katastrophenschutz betrieben, da sie sich in ihren Vorsorgeplanungen bis 1995 stets auf Zivilschutzvorräte stützen konnten."(...)
was nicht heißt, dass es im falle des falles nicht wieder sehr schnell gehen könnte:
(...)"Um die vermeintliche Entbehrlichkeit von medizinischen Notfallvorräten zu begründen wurde auch auf die Vorräte bei der Industrie, den Händlern und Apotheken verwiesen, die man im Bedarfsfall nur zusammenführen müsse."(...)
was der autor durchaus als nicht ausreichend empfindet. an dieser stelle werde ich aber das gefühl nicht los, dass die erwähnten defizite vielleicht die allgemeinmedizinische versorgung der bevölkerung im katastrophenfall betreffen könnten - das ganz oben erwähnte jedoch lässt sich in der logik des herrschenden als unter sicherheitsaspekten besonders relevant begreifen, und ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass hinsichtlich von echten oder vermeintlichen notwendigkeiten aus dieser perspektive keine prioritäten gesetzt werden.
und dann kommt der autor mit tönen, die inzwischen bis zum verdruß nur allzu bekannt sind:
(...)"Die Ereignisse der letzten Wochen zeigen uns, dass die alten Denkmuster von äusserer und innerer Bedrohung nicht mehr zeitgemäss und ganzheitliche Konzepte erforderlich sind. Sie machen inzwischen auch der Bevölkerung deutlich bewusst,
* dass wir nicht ungefährdet in einer friedvollen und heilen Welt leben,
* dass die Potenziale der Bedrohung der Bevölkerung durch Terrorismus viel grösser sind, als allgemein angenommen wurde,
* dass die allgemeine Sicherheitslage in den vergangenen 10 Jahren zu optimistisch eingeschätzt wurde,
* dass unsere Vorsorgemassnahmen zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung bei Katastrophenfällen in der Vergangenheit kontinuierlich reduziert wurden und nicht mehr ausreichend sind,
* und in welchem Ausmass sowohl die professionellen als auch die ehrenamtlichen Rettungskräfte bei ihrer Arbeit selbst gefährdet sind."(...)
kommt einem diese argumentation nicht verdammt bekannt vor? es wäre sehr aufschlußreich zu wissen, ob, was und wieviel inzwischen wieder an medikamenten "bevorratet" wird. und wie hoch dabei der anteil von psychopharmaka ist.
so, im schnelldurchlauf jetzt ein paar links aus den letzten wochen, die mir bei meinen sporadischen besuchen in der virtuellen sphäre besonders aufgefallen sind und starken bezug zu den blogthemen hier haben - mit besonderem dank ans nettblog, welches einige spannende artikel gesammelt hat.
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die welt lieferte vor einiger zeit einen neuen beleg dafür, dass sich der qualitative und elementare unterschied zwischen simulierter und authentischer kommunikation zu unser aller schaden noch keineswegs überall herumgesprochen hat:
(...)Aber nicht nur autistische Menschen können durch das Internet und Games mit anderen kommunizieren. Die britische Organisation ARCI setzt Second Life für missbrauchte Kinder ein. Im Spiel lernen die Kinder, wieder mit sozialen Kontakten umzugehen. "Sie kommen leicht mit Personen ins Gespräch, die sie nicht persönlich kennen. Dies bedeutet, dass wir eine soziale Barriere zu durchbrechen scheinen", erzählt Gwyneth Llewelyn, Mitarbeiterin bei ARCI."(...)
"zu durchbrechen scheinen" - eben. die ausblendung der körperlichen präsenz des jeweiligen gegenübers mag sowohl für autisten als auch traumatisierte kinder angstreduzierend wirken (und über die gründe dafür bzw. die aussage, die sich hinter dieser feststellung verbirgt, empfiehlt sich ausgiebiges nachdenken) - aber letztlich ist sie für ein soziales leben, welches diesen namen auch verdient, unverzichtbar.
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bei telepolis gab es gleich eine ganze serie von artikeln zum themenkomplex neurowissenschaften, (straf-)justiz und dem "freien willen". dazu ergänzend nur nochmal die erinnerung an diesen beitrag.
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in der zeit fand sich ein interessanter hinweis auf mögliche zusammenhänge zwischen essstörungen und alexithymie:
(...)"Die Symptome der Alexithymie finden Therapeuten vermehrt auch bei ihren essgestörten Patientinnen. In jüngeren Untersuchungen haben Wissenschaftler außerdem festgestellt, dass die Erkrankten nicht nur ihre eigenen Gefühle nicht wahrnehmen. Auch die Gefühlsregungen ihrer Mitmenschen können sie nur schwer interpretieren. Neele Lehmanns Vermutung: Die Betroffenen sind nicht in der Lage, das Gesicht des Gegenübers nach Hinweisen auf die Gemütslage abzusuchen."(...)
im sinne der hier im blog vertretenen argumentation ist das plausibel: wenn ein virtuelles, quälendes etwas (aka objektivistischer modus in einer pathologischen monopolposition) die herrschaft in einem menschen übernommen hat, wird der körper zum "feind", der hier mittels versuchter kontrolle über die ernährung in die knie gezwungen werden soll. das ein solches projekt und ein solcher seinszustand nicht ohne schwere wahrnehmungsstörungen (besonders bei den empathischen fähigkeiten) abgehen kann, ist dabei nur logisch.
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und vor dem gerade erwähnten hintergrund ist auch das folgende interview ganz aufschlußreich:
(...)"Die Ergebnisse der empirischen Forschung deuten aber stark darauf hin, dass es im klassischen philosophischen Sinn keine Seele gibt, die ohne den Körper existieren könnte, auch keinen essenziellen Ich-Kern."(...)
ärgerlich finde ich dabei nur den luschigen umgang des interviewten mit den begriffen identität und authentizität: die oben erwähnten ergebnisse deuten eben auch darauf hin, dass es weder identität noch authentizität ohne die notwendige körperliche basis geben kann. und nicht darauf, das beides obsolet wäre. im übrigen empfehle ich auch zu diesem interview nochmal den oben verlinkten beitrag zum objektivistischen modus.
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anläßlich des beruflichen tuns des forensischen gutachters hans-ludwig kröber hatte ich vor langer zeit hier einen ordentlichen wutanfall bekommen - nun wurde kröber vor einigen wochen in der zeit u.a. folgendermaßen portraitiert:
"(...)Würde ist für den Psychiater die Kehrseite der Verantwortung. „Die bürgerliche Gesellschaft ehrt den Verurteilten durch die Strafe als einen der Ihren“, so sieht es Kröber. „Sie zeigt ihm: Du bist Mitspieler, und wenn du foul spielst, wird das geahndet. Du bist ein Mensch, der weiß, was er tut. Du bist kein Tier!
Auch deshalb lässt Kröber in seinen Gutachten fast nur klassische psychiatrische Phänomene wie Schizophrenie, Psychosen, Debilität oder andere schwere seelische Abartigkeiten, die die Handlungsfreiheit des Probanden beeinträchtigen, als Grund für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit gelten. Seelische Notlagen, schlimme Kindheit, Vereinsamung oder andere soziale Verwerfungen, die zur Tat beigetragen haben, sieht er wohl und bedauert ihre Tragik, doch führen sie bei ihm kaum zur Schuldminderung und damit zum Strafrabatt für den Angeklagten. Solcherlei Rücksichtnahmen betrachtet Kröber als Gutachter-Kitsch. „Dass alltägliche Lebensbelastungen zumutbar sind, ihre sozialverträgliche Meisterung in die Verantwortung des Einzelnen fällt, selbst dann, wenn er unattraktiv, minderbegabt und arbeitslos ist, wird mancherorts geleugnet – und zwar nur in Gutachten“, schreibt Kröber in einem Aufsatz.
Ab einem gewissen Alter sei der Mensch „für sein Gesicht selbst verantwortlich“, findet der Sachverständige in Übereinstimmung mit Albert Camus. Was für ihn heißt: verantwortlich auch für den vernünftigen Umgang mit destruktiven Erfahrungen, menschlichen Defiziten und persönlichen Beschädigungen, die wie Hindernisse im eigenen Leben stehen. Und mit Schicksalsschlägen, für die er selber gar nichts kann. „Das ist Erwachsensein: Ein Mensch muss bewirtschaften, was er mitbekommen hat, auch wenn es wenig ist oder schlecht“, sagt Kröber. Das habe mit Ehre zu tun oder manchmal – im umgekehrten Fall – eben mit Verbrechen."(...)
mal abgesehen davon, dass kröber anscheinend kein bewußtsein dafür besitzt, dass die erwähnten "seelischen notlagen" im extrem krankheitsbilder und symptome erzeugen können, die von ignoranten psychiaterInnen als "schizophrenie" und "psychose" fehlgedeutet werden - was sich als beleg dafür nehmen lässt, dass an ihm und seinesgleichen die gesamte psychotraumatologische diskussion der letzten jahrzehnte vorbeigelaufen ist - abgesehen davon also ist es in meinen augen eine frechheit und auch empathielosigkeit eines angeblich "helfenden", traumatisierten menschen (gequälte kinder, folteropfer, vergewaltigte frauen etc.) mit begriffen wie "würde" und "ehre" zu kommen bzw. solche begriffe als begründung dafür anzuführen, das erlebte leid letztlich zu negieren. das ist für mich nix weiter als ideologie im angesicht realen menschlichen elends, und ich sehe deshalb keinen grund dafür, mein damaliges und harsches urteil bezgl. kröber zu korrigieren.
ps: das folgende ist in seiner mörderischen konsequenz meiner meinung nach strukturell sehr verwandt der ideologie eines kröber - nicht genau das gleiche, aber strukturell eine ähnliche vorstellung - ein folteropfer mit der diagnose einer "schizophrenen psychose" zu belegen, ist eh schon fragwürdig (aber vielleicht in diesem fall sogar als schützende diagnose gedacht gewesen) - dann aber faktisch überhaupt keine schwere beeinträchtigung zu attestieren, macht das maß mehr als übervoll:
(...)" Im Gefängniskrankenhaus urteilte der zuständige Psychiater Heinrich Wilmer - ohne Rücksprache mit der Hanauer Klinik -, Mustafa Alcali sei überhaupt nicht krank, er habe nur die übliche Angst vor der Abschiebung. Die anderslautende Stellungnahme des Klinikums Hanau sei ein typisches "Gefälligkeitsgutachten". Der Inhaftierte sei "sowohl reise- als auch abschiebefähig".
Am selben Tag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylfolgeantrag ab, der mit der im Hanauer Klinikum diagnostizierten schizophrenen Psychose begründet worden war; Folter- und Todesängste, so die dortigen Ärzte, prägten die Träume von Alcali, bestimmten seine wachen Gedanken, und immer wieder würden Wahnvorstellungen von ihm Besitz ergreifen. Die Beamten des Bundesamtes fällten ein anderes Urteil: Der Antragsteller sei hinreichend gesund. Und ganz im Sinne der gängigen Rechtsprechung: Die Krankheit liefere ihn nicht mit der "erforderlichen Wahrscheinlichkeit dem sicheren Tod aus".(...)
und den letzten satz sollten wir alle gut im gedächtnis behalten. so sieht empathielosigkeit und objektivistisches konstruieren aus.
dann gibt es hier heute - völlig ungewohnt und unüblich - einmal eine kaufempfehlung: das strike-bike. und das hat folgenden hintergrund:
(...)"Es begann mit einem unglaublichen Streik. Seit gut zwei Monaten besetzen 135 ArbeiterInnen einer Fahrradfabrik im thüringischen
Nordhausen ihr Werksgelände, halten eine ständige Betriebsversammlung ab, Tag und Nacht und wehren sich so gegen die Werksschließung, die von Investoren aus Deutschland und den USA angeordnet wurde. Der Mut der Belegschaft spricht sich rum - bis ins Altonaer Café Libertad. Hier verkauft eine selbst verwaltete, anarcho-syndikalistische Firma Bio-Kaffee von zapatistischen Bauern aus Mexiko, und hier ist die Gewerkschaft Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union tätig. Den streikenden Kollegen wird Kaffee zugeschickt, man besucht sie - und tauscht ungeheuerliche Ideen aus: Was, wenn wir ein Management gar nicht bräuchten? Wenn wir die Maschinen wieder anschmeißen und in Eigenregie weiterproduzieren?
Das Ungeheuerliche soll jetzt in die Tat umgesetzt werden - wenn bis zum 2. Oktober mindestens 1.800 Strike-Bikes bestellt werden. Erst diese Anzahl könnte die Produktionskosten decken und der Belegschaft eine neue, selbst verwaltete Perspektive eröffnen. Aus ganz Europa liegen Bestellungen vor."(...)
ganz spontan sag ich mal: schöne aktion!
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edit am 01.10: das strike-bike wird produziert:
(...)"Basis-Solidarität, Bestellungen und Aktionen verschiedenster Art gab es z.B. aus Israel, Südafrika, den USA, Kanada, Australien, Ägypten sowie nahezu allen europäischen Ländern. Meist handelt es sich um Sammelbestellungen von sozialen Kollektiven oder Gruppen.(...)
Die Kolleginnen und Kollegen vom Fahrradwerk sind von der Welle der Solidarität sichtlich beeindruckt. Sie sind zurecht stolz auf die öffentlichen Reaktionen und auf die gemeinsame Aktion – die Produktion des „Strike-Bike“ in eigener Regie. Ständig bekommen sie Anrufe und Briefe in denen ihnen gesagt wird, dass ihre Aktion Mut macht und was für einen Vorbildcharakter die Aktion zukünftig für Leute in ähnlichen Situationen haben wird. All dies sorgt dafür, dass alle Beteiligten trotz der anstrengenden Kampagne mit großem Spaß und gutem Gefühl dabei sind. Für alle ist es wunderbar, so viel praktische Solidarität auszuüben und zu erhalten.
Inzwischen ist es sicher, dass die 1800 Räder ohne weiteres verkauft werden. Schon mehr als 1400 Bestellungen aus aller Welt liegen vor, täglich kommen hunderte dazu."(...)
eigentlich habe ich weder lust noch zeit, hier die täglichen produktionen der regierenden antisozialen darzustellen bzw. zu kommentieren. vorgestern jedoch gab es ein paar nachrichten, die das schlicht und einfach notwendig machen:
„Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) prescht vor: Schäuble habe bereits Formulierungsvorschläge für eine umfassende Änderung des Grundgesetzes vorbereitet, berichtet die "Passauer Neuen Presse" unter Berufung auf einen dem Blatt vorliegenden Katalog. Demnach soll durch eine Ergänzung des Artikels zu den Aufgaben der Streitkräfte der Bundeswehreinsatz "in ganz außerordentlichen Extremsituationen" ermöglicht werden.(...)
Außerdem solle eine "Eilkompetenz" für Bundesinnen- und Bundesverteidigungsminister geschaffen werden, um Einsätze der Streitkräfte mit militärischen Mitteln im Notfall allein anordnen zu können, schreibt die Zeitung.(...)“
und in einem der selten gewordenen lesbaren sponkommentare wird weitgehend richtig gefolgert...
(...)“Die Argumentation wird unter Grundgesetz-Experten zunehmend akzeptiert. Ein Kreis konservativer Verfassungsjuristen, auf die sich Schäuble ausdrücklich beruft, entwickelt dazu Theorien, die sehr stark an die Lehren vom "Ausnahmezustand" des Nazi-Kronjuristen Carl Schmitt erinnern. Der Kölner Staatsrechtler Otto Depenheuer etwa sieht im Krieg gegen den Terror die Bürger in einer ähnlichen Pflicht wie die Soldaten: Ein "Bürgeropfer" müsse gebracht werden, eine im Grundgesetz verankerte Pflicht, im Kampf gegen die Soldaten Allahs notfalls sein Leben zu geben - und sei es als Passagier in der Economy-Class eines Ferienfliegers. Depenheuers neues Buch, die "Selbstbehauptung des Rechtsstaates", sagt Schäuble, gefalle ihm sehr.“
...das all das buhei von schäuble und konsorten aller wahrscheinlichkeit eben nicht der frage nach dem umgang mit zu bomben umfunktionierten passagierflugzeugen gilt (ein szenario übrigens, welches vermutlich seltener auftreten wird als bspw. schwere zwischenfälle in irgendeinem akw, die bekanntlich mehr oder weniger in kauf genommen werden), sondern eine ganz andere und grundsätzlichere richtung verfolgt:
„Setzt der Innenminister seine Grundgesetzänderung durch, so wäre die Erlaubnis zum Abschießen von Flugzeugen das Einfallstor für eine umfassende Militarisierung der Innenpolitik. Wenn mitten im Frieden Krieg ist, hat das Verfassungsgericht seine Kraft verloren. Wenn es möglich ist, die Menschenwürde im Kampf gegen den Terrorismus zu überspielen, warum dann nicht gleichfalls im Krieg gegen das organisierte Verbrechen, gegen Staatsfeinde jeder Art, warum eigentlich soll dann das Foltern noch verboten sein?“(...)
leider hat der kommentator vergessen zu erwähnen, dass sich regierungen in ihrem handeln – und zwar ganz pauschal gemeint – in allzu vielen fällen überhaupt nicht vom organisierten verbrechen unterscheiden lassen. das heißt, einen wichtigen unterschied gibt es: diese – mehr oder weniger gewählten - leute drehen ihre dinger meistens im ganz großen stil.
...macht gerade wieder schlagzeilen - aber darüber sollten einige andere verhältnisse im sog. profisport nicht übersehen werden.
womöglich steht uns demnächst endlich eine breite diskussion über die realität und die konsequenzen tradierter traumata ins haus - wenn das folgende nicht gleich in einem schwall von (antisemitischen) ressentiments untergehen sollte. eine annahme, für die es in diesem land bekanntlich viele gründe gibt:
"In einer Sammelklage wollen Kinder von Holocaust-Überlebenden vor dem Tel Aviver Bezirksgericht Entschädigungen von der Bundesregierung einklagen: für seelische Schäden, die sie durch ihre Kindheit im Schatten des Holocaust erlitten haben und deren psychiatrische Behandlung bis heute Kosten verursacht. Rechtsanwalt Gideon Fisher, selbst Sohn von Überlebenden, will die Klage im Namen von "10 000 bis 14 000 Angehörigen der zweiten Generation" einbringen. Die Zeitung "Yedioth" sprach von 40 000 Klägern."(...)
medial wird das bis jetzt relativ kleingehalten, vielleicht ist aber auch vielen der mit dieser meldung konfrontierten nicht klar, was für ein potenzieller sprengstoff sich in vielerlei hinsicht - wissenschaftlich, sozial, politisch, historisch - dahinter verbirgt. und zwar keinesfalls nur hinsichtlich der enkel der kz-überlebenden.
in den simulierten fiktionen, die v.a. medial in vielfältigster weise immer wieder zur unterstützung der tragenden ideologien dieser gesellschaft verbraten und verbreitet werden, spielen der fetisch arbeit (und die arbeitswelt) sowie die besinnung auf familiäre werte eine herausragende rolle. der wahre kern in diesen fiktionen - und der mag auch ihre ungebrochene anziehungskraft zumindet zu einem großen teil erklären - besteht nun darin, dass eine sinnvolle und erfüllende, d.h. nicht fremdbestimmte, nicht als zwang zur bloßen existenzsicherung konzipierte und nicht zur bloßen profitmaximierung egal mit welchen destruktiven folgen verbundene arbeit genauso wie eine großzügige und liebevolle familiensituation, die sich nicht auf biologistische und patriarchale mythen beruft und v.a. nicht als "schule der nation" bzw. "keimzelle des staates" gebrauchen lässt, ganz wesentliche elemente einer gesunden menschlichen entwicklung darstellen.
eine mehr oder weniger zufällige auswahl aktueller nachrichten macht deutlich, wieweit die herrschenden gesellschaftlichen strukturen diese fundamentalen menschlichen sehnsüchte inzwischen täglich pervertieren. arbeit und familie werden zum schlachtfeld, und nicht nur diese bereiche.
der verdacht, dass an den verschiedensten "zivilen" kriegsfronten nicht zufällig das mittel der traumatisierung als waffe eingesetzt wird, drängt sich nicht zum erstenmal regelrecht auf - im folgenden bericht zu den nicht anders als menschenverachtend zu nennenden praktiken eines rechtsanwalts wird das in den letzten sätzen auf den punkt gebracht:
(...)"Wenn Naujoks Methoden Schule machten, "wirft uns das zurück in die Zeiten des Manchester-Kapitalismus. Das ist einfach reaktionär", sagt der Berliner Arbeitsrechtler Volker Ratzmann. "Es geht ihm weit über die rechtliche Auseinandersetzung hinaus darum, Konfrontationen aufzubauen und den Gegner persönlich zu treffen."
Roland Renger ist darüber krank geworden. Wer ihn wie seine Kollegin Regenfelder gut kennt, erinnert sich an ein "absolutes Alpha-Männchen, ein herausragender Stratege, den nichts so schnell umwarf und der flammende Reden gehalten hat".
Jetzt raubt ihm die Erinnerung an seine Zeit als Betriebsratschef bei Kabel BW nachts den Schlaf, der Schweiß bricht ihm aus, wenn er darauf angesprochen wird. Seit Monaten ist er krank; die Ärzte attestieren, Renger leide an "posttraumatischen Belastungsstörungen". Das kennt man von Soldaten, die im Krieg Schlimmes erlebt haben."
im folgenden zitat können Sie übrigens beliebige namen von irgendwelchen metropolen einsetzen - es ist grundsätzlich gültig, zumal bei den heute global herrschenden ökonomischen strukturen:
(...)"Wirtschaft ist Krieg", heißt es von Managern in den Straßenschluchten Seouls. "Und für den Krieg muss man immer gewappnet sein!"(...)
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da die eindimensionale - und im schlimmsten sinne dumme - wahrnehmung aller aspekte des menschlichen lebens alleine unter ökonomischen - also grundsätzlich verdinglichenden - perspektiven im totalitären kapitalismus als "normalität" durchgesetzt werden soll (stichwort "familienmanagement"; und gar nicht zufällig taucht hier das altbekannte nlp mal wieder auf), breitet sich folgerichtig die grundsätzliche kriegssituation bis in die anscheinend "privatesten" refugien aus:
(...)Ein 14 Jahre altes Mädchen muss wegen Totschlags an ihrer Mutter für vier Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Es hatte im Dezember vergangenen Jahres ihre 34 Jahre alte Mutter mit 24 Messerstichen getötet.
Die Tat sei maßgeblich auf eine jahrelange mütterliche Tyrannei zurückzuführen, berichtete der Sprecher des Gerichts. Das Kind sei emotional vernachlässigt, misshandelt und gedemütigt worden.(...)
nicht nur wird hier zum wiederholten male das sichtbar, was als täter-opfer-dialektik bezeichnet werden kann - auch die völlig unangmessene justizielle reaktion spricht wieder einmal bände - wer glaubt wirklich, dass diesem kind im sog. strafvollzug eine perspektive geboten werden kann? die justiz agiert hier hier zum wiederholten mal als gnadenloser exekutiver apparat im interesse von diffusen rachebedürfnissen und vor allem im interesse der gesellschaftlichen verdrängung - wenn wir uns ernsthaft als gesellschaftlich beteiligte wahrnehmen und begreifen würden, könnten wir bei derartigen gewaltereignissen schlicht und einfach nicht mit unserem alltäglichen kram fortfahren.
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dieser ach so wichtige alltagskram zu vieler menschen - "kriege/behalte ich die stelle?" "sehe ich gut genug beim date aus?" " wer wird der nächste superstar?" "wie komme ich an das coole auto?" etc.) wird ebenfalls durch meldungen wie diese in den relationen zurechtgerückt (und vielleicht auch gleichzeitig als integraler bestandteil des kriegsszenarios kenntlich) :
(...)"Im sauerländischen Iserlohn ist ein drei Monate alter Junge durch Verwahrlosung ums Leben gekommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die 26-jährige Mutter und deren 25-jährigen Lebensgefährten wegen eines Tötungsdeliktes.
"Außerdem ermittelt die Behörde wegen fahrlässiger Tötung gegen Mitarbeiter des Iserlohner Jugendamtes“, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Rahmer.
Wie jetzt öffentlich bekannt wurde, starb der Junge vor drei Wochen an den Folgen von Unterernährung. Dem Jugendamt seien die Verhältnisse in der Dachgeschoss-Wohnung in der Nähe der Iserlohner Innenstadt bekannt gewesen, erklärte der Staatsanwalt."(...)
das letztere erinnert frappierend an den "fall" kevin - und bei der mutter dürfte eine hohe wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass sie in zukünftigen forensisch-psychiatrischen gutachten als borderline klassifiziert werden wird - schauen Sie ruhig nochmal in den index dieses blogs, um nachzuvollziehen, warum das mitnichten als bloße spekulation anzusehen ist.
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borderline ist dann auch das stichwort für eine grausige geschichte rund um einen doppelmord bzw. den prozeß darüber - auszug aus einem disput zwischen dem anwalt des angeklagten und dem staatsanwalt:
(...) Was er als mögliche Borderline-Erkrankung, als den angesichts hoher Schulden nicht mehr zu verhindernden Zusammenbruch einer Scheinwelt mit eruptivem Kontrollverlust einstuft, ist aus Sicht von Staatsanwalt Justus Koch allenfalls die nicht krankhafte Wahnvorstellung eines Hochstaplers.(...)
das konstrukt der "nicht krankhaften wahnvorstellung" ist hier besonders interessant - jenseits der obligatorischen juristischen spitzfindigkeiten wird hier mal wieder der katastrophale und letztlich unhaltbare begriff von realität und wahnsinn der aktuellen justiz deutlich - mehr und ausführlicher gibt´s dazu hier und hier zu lesen. zum begriff der scheinwelt würden mir diverse beispiele aus der welt der sog. "eliten" einfallen, aber justiziell verfolgt wg. konstruktion von scheinwelten werden bis heute nur die simulierenden "kleinen fische" - lesen Sie den zweiten teil des beitrags.
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das oben gesammelte hat mich heute irgendwann so frustriert, dass ich mich zum schreiben regelrecht genötigt sah - aber ich hatte auch mal etwas freiraum und zeit, um dem nachzugeben. ansonsten bin ich gerade so vielfältig beschäftigt, dass hier auch weiterhin nur sporadisch etwas passieren wird. wenn Sie zufällig das erste mal auf dieser seite sein sollten und die themen Sie interessieren, empfehle ich zum stöbern den index. und allen stammleserInnen hier wünsche ich inzwischen eine gute zeit.