notizen
...heute erteilt vom sächsischen "ministerpräsidenten" georg milbradt:
(...)"Es sei falsch, von einer sächsischen Korruptionsaffäre zu sprechen."(...)
sicher, sicher - da es keineswegs nur um korruption geht, sondern auch um solche dinge wie zweifelhafte todesfälle und kinderprostitution - aber der milbradt hatte dem kontext nach etwas ganz anderes bei seinem spruch im visier, nämlich die reinwaschung seiner selbst plus der diversen, in die affäre involvierten und mehr oder weniger guten bekannten.
eine der beliebtesten devisen der konstruktivistischen ideologie drückt sich in der behauptung aus:
"wahrheit ist die erfindung eines lügners" (heinz v. foerster)
und wie derart versucht wird, realität zu de-realisieren, war schon öfter blogthema - wie zb. hier im letzten teil.
ich musste bei der milbratschen fiktion übrigens an einen seiner vergangenen kollegen denken, dessen legendärer dekonstruktionsversuch den älteren von Ihnen vermutlich noch im gedächtnis präsent sein wird:
„Über die (…) Eidesstattliche Versicherung hinaus gebe ich Ihnen mein Ehrenwort, ich wiederhole: mein Ehrenwort, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind“.
das ende dieser geschichte dürfte vielen ebenfalls noch erinnerlich sein.
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derartig pathologische projekte der de-realisierung seitens der herrschenden "eliten" sind nur möglich in einem umfeld, in dem (zu) viele menschen von beginn ihres lebens in und von ihren authentischen wahrnehmungsfähigkeiten verunsichert und entfremdet worden sind und als konsequenz u.a. dazu gezwungen werden, zwecks eigenen überlebens in einen kompensatorisch teilweise nützlichen, konstruktivistischen (bzw. objektivistischen) wahrnehmungszustand zu wechseln - und eines der bewährtesten mittel innerhalb von machtstrukturen dafür besteht bis heute in den vielfältigen formen von traumatisierung, und zwar möglichst schon bei kindern:
"Hunderttausende Kinder in Deutschland werden nach einer Studie von ihren Eltern brutal geschlagen, misshandelt oder vernachlässigt. «Das sind mindestens 30 000 Jungen und Mädchen eines Jahrgangs», sagte der Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik Ulm, Jörg Fegert. Dies gehe aus Zahlen einer bundesweiten Kindergesundheitsuntersuchung des Robert Koch Instituts hervor, sagte Fegert in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Nur selten dringt das Leiden der Kleinen an die Öffentlichkeit. «Frühe Misshandlung und Vernachlässigung von Kindern beschränkt sich nicht auf spektakuläre Einzelfälle wie etwa im Fall "Kevin"», mahnte Fegert. Gewalt gegen Kinder sei vielmehr «eine gesellschaftliche Herausforderung».(...)
das inzwischen bei diesem thema überhaupt ein öffentliches interesse vorhanden ist und - hoffentlich! - den meisten von uns die durchgängig pathologische qualität von gewalt gegen kindern bewußt ist, darf als ausdruck einer der wenigen und qualitativ echten gesellschaftlichen fortschritte (der allerdings jeden tag neu erkämpft und auch verteidigt werden muss) nicht nur, aber besonders in d-land angesehen werden - wie die früheren deutschen traditionen des umgangs mit kindern aussahen, hat lloyd deMause in einer beklemmenden zusammenfassung in "das emotionale leben der nationen" dargestellt (an dieser stelle hätte ich gerne auf utopie1 verlinkt, bei der diese zusammenfassung bis vor kurzem online zugänglich war - aber leider hat sich die utopie mal wieder verabschiedet).
jedenfalls: bei vielen der betroffenen kinder besteht aufgrund der ihnen zugefügten gewalt je nach weiteren entwicklungschancen und -möglichkeiten eine erhöhte wahrscheinlichkeit dafür, dass sie sich im späteren leben in das heer derjenigen einreihen werden, für die eine konstruktivistische wahrnehmung das "normalste" der welt darstellt.
über beliebig viele generationen jedoch sind solche prozesse ohne gravierende destruktive folgen für die gesamte spezies schlicht nicht durchzuhalten. die uhr tickt in dieser hinsicht immer schneller.
...stellt heute ein zeit-artikel etwas genauer vor - das sog. "münchhausen-by-proxy-syndrom":
(...)"Zum ersten Mal hat nun Martin Krupinski, Leiter der Abteilung für Forensische Psychiatrie der Universitätsklinik Würzburg, in einem Pilotprojekt bundesweit Fallzahlen ermittelt. Von 379 Kinderkliniken beteiligte sich rund die Hälfte an der Datenerhebung. Sie berichteten von insgesamt 91 medizinisch gesicherten und 99 ernsthaften Verdachtsfällen von MBPS.(...)
Im Gegensatz zu anderen Formen der Kindesmisshandlung scheuen die Täter bei MBPS nicht den Besuch beim Kinderarzt, sondern verlangen ganz im Gegenteil für ihr angeblich krankes Kind immer neue Untersuchungen, Operationen, Medikamente. Mediziner werden so unfreiwillig zu Komplizen, wenn sie versuchen, dem vermeintlich schwer kranken kleinen Patienten zu helfen.
Und die Täterinnen wirken sehr überzeugend. »Die Frauen sind oft überdurchschnittlich intelligent«, sagt Ulrike Böhm, Rechtsmedizinerin an der Universitätsklinik in Leipzig, »sonst wären sie nicht in der Lage, die Symptome der angeblichen Erkrankung ihres Kindes so detailliert und schlüssig zu schildern.«(...)
der mittlere teil des obigen zitates macht den vielleicht wesentlichen unterschied zu den anderen, "offeneren" formen von infantizid und gewalt gegen kinder recht gut deutlich.
aber auch über einige gemeinsamkeiten darf spekuliert werden:
(...)"Was treibt Mütter zu solchen Taten? Krupinski hat sich 50 MBPS-Fälle seiner Studie im Detail angesehen. In 48 Fällen war die Mutter die Täterin. Sie war im Durchschnitt 30,7 Jahre alt, ihr Nachwuchs vier Jahre. Neun Kinder trugen bleibende Schäden davon, eines der Opfer starb. »Ein Drittel der Frauen wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen«, sagt Krupinski. Denn die Täterinnen leiden oft an einer schweren Persönlichkeitsstörung. Sie sehnen sich nach Aufmerksamkeit, wissen nicht, wie sie Beziehungen zu ihren Mitmenschen knüpfen sollen, fühlen sich isoliert und einsam. Manche entwickeln ein Borderline-Syndrom, einige sind drogen- oder alkoholabhängig, andere depressiv. Nicht selten wurden sie selbst in ihrer Jugend emotional vernachlässigt oder sexuell missbraucht."
täter-opfer-dialektik...wir sehen genau die gleichen zuschreibungen und das wohlbekannte sammelsurium verschiedener diagnosen, wie es auch aus anderen zusammenhängen rund um (mütterliche) gewalt gegen kinder bekannt ist. nur eine besondere variante der simulation sorgt hier für ein verändertes bild:
"Mit einem kranken Kind wendet sich für diese Frauen das Blatt. Plötzlich finden sie Anerkennung, gelten als perfekte Mütter, die sich aufopfernd um ihr schwer krankes Kind kümmern und nicht von dessen Krankenbett weichen. »Die beste Freundin der Frauen ist dann die Krankenschwester auf Station«, sagt die Kinder- und Jugendpsychiaterin Carola Bindt."
für die kinder jedoch bleiben die destruktiven bis tödlichen folgen die gleichen:
"Den Kindern selbst glaubt meist niemand – wenn sie überhaupt den Mut haben, sich einem Erwachsenen anzuvertrauen. Schätzungen zufolge sterben etwa zehn Prozent der Opfer an den Folgen dieser krankhaften Mutterliebe."(...)
ich zweifle stark daran, ob das wort "mutterliebe" selbst mit dem obigen attribut in diesem kontext grundsätzlich angebracht ist. eher scheint mir wahrscheinlich, dass es an dieser stelle wie so oft mal wieder einen ausdruck der ideologischen selbstvergewisserung dieser gesellschaft darstellt. und solange das so bleibt - neben anderen existenziellen voraussetzungen - , solange wird weder diesen müttern noch den kindern wirkungsvoll geholfen werden können.
...dieses mal mit einer letzten ölung:
(...)"Ein Mann, der sich als Florian Osenberg und Mitarbeiter von Exxon vorstellte, erklärte sodann, wie diese Technologie, welche menschliches Fleisch in ein neues Exxon-Produkt, genannt Vivoleum, umwandelt, aussehen wird. Er wies die Zuhörer darauf hin, dass man sich bei der derzeitigen Energiepolitik, die für Katastrophen prädestiniert sei, keine Sorgen um den Nachschub machen müsse:
Vivoleum works in perfect synergy with the continued expansion of fossil fuel production.With more fossil fuels comes a greater chance of disaster, but that means more feedstock for Vivoleum. Fuel will continue to flow for those of us left.
War das den Zuhörern bis zu diesem Zeitpunkt schon etwas merkwürdig vorgekommen, so entzündete sich der Eklat, nachdem sie aufgefordert wurden, eine seltsam geformte Kerze, hergestellt aus der Leiche eines Mitarbeiters von Exxon, anzustecken. Die Security stürmte die Bühne, die Vortragsredner wurden festgehalten (später aber wieder freigelassen), den Veranstaltern ist die Sache peinlich, die Agentur, welche die Redner angemeldet hätte, sei doch seriös."(...)
immer wieder in elitäre befindlichkeiten treffend, diese medienguerilleros.
ein empfehlenswerter text aus dem aktuellen freitag zum thema:
(...)"Scham ist also auch unter politischen Aspekten ein brisantes Thema. Denn Scham ist der politische Affekt schlechthin. Jede Beschämung setzt voraus, dass der Mensch als zoon politikon (frei übersetzt: als "Gemeinschaftstier") mit anderen Wesen seiner Art in Interaktion tritt. Ekel mag durch üblen Geruch, Angst durch ein Unwetter ausgelöst werden - nichts dergleichen ist bei Schamgefühlen möglich. Scham ist stets anthropogen, ein seelisches man-made-disaster. Infolge dieser Zwischenmenschlichkeit, an deren einem Pol der Beschämende, am anderen der Beschämte steht, kann Scham auch zielstrebig zur Durchsetzung oder zur Bekräftigung von Machtinteressen eingesetzt werden. Das weite Feld der Schamszenen reicht daher von der Ehebrecherin oder dem Dieb, die im Mittelalter am Pranger zur Schau gestellt wurden, von der öffentlich gefolterten und verbrannten Hexe bis hin zum Schüler, der, auch heute noch, auf Geheiß des Lehrers, in der Ecke zu stehen hat. Der Beschämte ist, meist schutz- und wehrlos, den Blicken aller preisgegeben. Oft wird diese Schmach noch unterstützt durch besondere Kleidung, geschorene Haare, Schandmasken oder Brandmale bis hin zur auf den Arm tätowierten Nummer des KZ-Häftlings.
Als Rudolf Höß, der Kommandant von Auschwitz, eines Abends mit seinem Schwager Franz Hensel bei einer Flasche Wein gemütlich beisammen saß, fragte Hensel, was der Begriff "Untermensch" bedeute. Höß seufzte. "Du fragst immer und fragst und fragst", erwiderte er. "Sieh dir diese Menschen doch an. Sie sind nicht wie wir. Sie sind anders. Sie sehen ganz anders aus. Sie haben kein menschliches Benehmen. Sie tragen Ziffern auf den Arm. Sie sind hier, um zu sterben".
Die Anonymisierung des Menschen, seine Degradierung zur Nummer, ist eine wesentliche Komponente systematischer, machtpolitisch motivierter Beschämung - vor Jahrzehnten in Auschwitz, vor kurzem erst in Abu Ghraib. Die berechtigte Empörung über die Exzesse der Nationalsozialisten sollte uns nicht an der Frage hindern, wie viel Beschämungspotenzial unseren gegenwärtigen Institutionen innewohnt. Den Schulen beispielsweise. Oder auch der Medizin. Der Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich, vor sechzig Jahren Beobachter der Nürnberger Ärzteprozesse, hat sich nicht gescheut, diese Verbindungslinie zu ziehen. Im Vorwort seiner 1947 erschienenen Dokumentation notierte er: "Es ist fast dasselbe, ob man den Menschen als ›Fall‹ sieht, oder als Nummer, die man ihm auf den Arm tätowiert - doppelte Antlitzlosigkeit einer unbarmherzigen Epoche".(...)
und das thema degradierung zur nummer wird immer aktueller.
aus traurigem anlass nochmals zwei ältere links: Ein Irrenhaus namens Gaza und quellen des islamistischen fundamentalismus. die beschriebenen verhältnisse lassen sich mit fug und recht als die psychophysischen quellen auch der aktuellen gewalt begreifen.
edit am 25.06.07: zum thema auch das folgende interview:
"Das sind Prinzipien, die überall auf der Welt auf Gangs oder Mafia-Familien zutreffen."
ähnlich wie bei den bisher eigentümlich zäh sichtbar werdenden informationen über die symbiose von mafia und staatlichen strukturen in sachsen lassen die nun bekanntgewordenen äußerungen eines hohen polizeibeamten jeglichen versuch, den realitäten dieses staates noch mittels eventueller übertreibungen auf die pelle zu rücken, als lächerlich erscheinen - nicht zum ersten male muß ich feststellen, dass sich die herrschenden "eliten" inzwischen immer öfter ganz offen als das sichtbar machen, was sie sind: hochgradig gefährliche antisoziale.
(...)"Besonders in der Kritik steht in der Affäre der Vize-Chef der Polizeidirektion Dessau, Hans-Christoph Glombitza. Dieser hatte laut einem vorliegenden Gedächtnisprotokoll bei einer internen Besprechung versucht, die Verfolgung rechtsextremer Straftaten zu bremsen. Er legte drei Staatsschützern nahe, dass man "nicht alles sehen müsse". Weiter sagte Glombitza, er könne es nicht anweisen, die Einleitung von Ermittlungsverfahren zu "unterlassen", aber man könne Berichte "ja auch langsamer schreiben". Dabei habe der Vize-Polizeichef das Tippen auf einer Tastatur mit nur zwei Fingern angedeutet.(...)
In Sachsen-Anhalt sei niemand glücklich über die ansteigenden Fallzahlen bei der politisch motivierten Kriminalität, sagte Glombitza weiter. "Rechtsextremismus gibt es doch überall." Die drei Staatsschützer versicherten diese Aussagen eidesstattlich. Auch die Kampagne der Landesregierung gegen Rechtsextremismus unter dem Motto "Hingucken!" kommentierte der Vize-Polizeichef: Der Innenminister als politischer Akteur habe ja gar keine andere Wahl, aber "das ist doch nur für die Galerie", man dürfe dies nicht ernst nehmen."
und mit seinen letzten zitierten sätzen hat dieser beamte schlicht und einfach die ganze wahrheit über den staatlich inszenierten "aufstand der anständigen" ausgesprochen - wieder mal nix anderes als eine pr-maßnahme (Sie wissen ja: unser image im ausland...). zu dieser geschichte auch mal wieder einen tv-tipp: heute, 21.45, panorama. ich werde das nicht sehen können, vermute aber, dass den drei inzwischen abgestraften staatschützern eine interessante frage nicht gestellt worden ist: was sie persönlich nämlich inzwischen von diesem staatsgebilde halten.
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die andere seite der medaille namens verharmlosung von und quasi-kollaboration mit faschisten wird in einem bericht der initiative MegA - menschen gegen atomanlagen waltrop - sichtbar:
(...)"Einen Tag vor unserer Abfahrt zum G8-Gipfel nach Heiligendamm meldete sich ein bisher namenloser Polizist der Kreispolizei Recklinghausen telefonisch bei einem Umweltaktivisten, und drohte, für den Fall das MegA sich an den Protesten gegen den G8 beteilige, mit massiven polizeilichen Maßnahmen dort vor Ort. Angedroht wurden u.a. Aufenthaltsverbote und Festnahmen.
Diese Woche erklärte der Pressesprecher der Kreispolizei RE, Bernhard auf der Springe, gegenüber der Waltroper Zeitung, dass es für den Betroffenen (der zum G8 angerufen wurde) "nicht günstig" sei sich an weiteren politischen Aktivitäten zu beteiligen, da sich dieses negativ auf derzeitige und zukünftige Verfahren auswirken könne. Dazu nannte er den Namen des Betroffenen öffentlich. Wurde auch so in der Waltroper Zeitung vom13.06.07 gedruckt! Das Telefonat diente laut Polizeisprecher natürlich nicht der Drohung oder Abschreckung, sondern war nur ein gut gemeinter Rat der Kreispolizei."(...)
"nicht günstig" ist vielleicht noch die freundlichste formulierung für die entwicklung, die einem solchen rechts-staat zu prophezeien ist.
...der hinweis auf ein weiteres update:
elitäre mafiosi? mafiöse eliten? was tun?
die dort thematisierten geschehnisse haben allergrößte öffentliche aufmerksamkeit nötig.
einige aktuelle beispiele: der fake von den "vermummten" bei der heutigen großdemonstration in rostock gegen die flüchtlings- und migrationspolitik der g8:
"Die heute auf Weisung der Polizei vorzeitig beendete Demonstration gegen die deutsche Migrationspolitik wurde mit der Begründung gestoppt, dass mindestens 2.000 der insgesamt etwa 8.000 Teilnehmer vermummt seien.(...)
Polizeieinsatzabschnittsführer Gerhardt Danzl erklärte kurz vor Beendigung des Protestzuges, er habe «keinen einzigen Vermummten in dieser Demonstration gesehen».
(quelle ist der ticker der "jungen welt")
dazu auch den bericht mehrerer begleitender rechtanwälte:
(...)"Im Verlauf behauptete die Pressestelle von Kavala, die Demonstration sei aufgehalten worden, da sich darin 2.500 vermummte, gewaltbereite TeilnehmerInnen befänden. Vor Ort bestätigte jedoch der Gesamteinsatzleiter, dass es zu keinerlei Straftaten gekommen sei und sich in der Demonstration kein einziger Vermummter befunden habe."(...)
beispiel zwei: der fake von den "tausend verletzten" - wenn Sie heute auch nur ein paar medienstimmen gelesen/gehört haben, können Sie einschätzen, welche bedeutung dieser nachricht seitens detr mainstreammedien gegeben wurde. nun gibt es ebenfalls im jw-ticker die wiedergabe einer "focus"-meldung:
»Die Anzahl der Menschen, die bei der Eskalation der Anti-G8-Demonstration am Wochenende in Rostock verletzt wurden, liegt offenbar deutlich niedriger als angegeben,« bemerkte das Magazin FOCUS am Montag in seiner Online-Ausgabe.
»Alle in die Krankenhäuser eingelieferten Personen wurden zwischenzeitlich entlassen«, zitierte FOCUS Online den Pressesprecher der Hansestadt Rostock, Ulrich Kunz. Von den während der gewaltsamen Ausschreitungen verletzten Polizisten befinde sich lediglich einer noch in stationärer Behandlung in der Universitätsklinik in Rostock. Die Verletzungen seien jedoch nicht lebensbedrohlich. Professor Bernd Freitag vom Klinikum Südstadt Rostock habe erklärt: »Nach Diagnostik und Behandlung haben sich viele Verletzungen als nicht so schwierig erwiesen.« Insgesamt waren nach Polizeiangaben bei den Ausschreitungen am Samstag 433 Beamte verletzt worden, 30 davon schwer.
Auf Nachfrage von junge Welt bestätigte am Montagnachmittag eine Polizeipressesprecherin, daß nur noch ein Polizist in stationärer Behandlung sei. Bei den Verletzungen der 433 Beamten habe es sich mitunter nur um »blaue Flecken« gehandelt.
beispiel drei: der angebliche aufruf - lt. "spiegel online", das sich inzwischen als führendes fakemedium versucht zu etablieren - am samstag "wir müssen den krieg in die demo tragen", ist inzwischen schon vielfach in den korrekten kontext gerückt worden. eine zusammenfassung gibt es derzeit im zdfblog: Das Leben einer Falschmeldung
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all das macht diskussionen über sinn, unsinn, gründe und berechtigung von militanz - so wie im letzten beitrag hier versucht - zwar nicht überflüssig, rückt sie jedoch im angesicht dreist-frecher offizieller lügen in einen angemessenen zusammenhang. und das stichwort lüge ist auch nochmal die schnittstelle zum verständnis der weltwahrnehmung von leuten, die ihre lügen auf neusprech inzwischen als fiktionale glaubwürdigkeit verkaufen. schauen Sie nochmal in den beitrag rein - es passt wie angegossen:
...)"Sie behaupten auch, Ehrlichkeit sei für die Politik kein relevantes Kriterium.
Kocks: Richtig. Und das ist kein Zynismus, das ist der Zustand des Aufgeklärtseins. Die Wahrheitskategorie hat mit Geschäften nichts zu tun. Ein Autohändler möchte Geschäfte machen, und ein Politiker möchte das auf einer anderen Ebene auch. In Demokratien müssen Sie Machtausübung - zynisch könnte man sagen: leider - legitimieren. Deshalb müssen Sie die Leute von Ihren politischen Maßnahmen überzeugen. Dass es dabei nicht um die reine Wahrheit geht, ist mittlerweile Allgemeingut. Auf die Frage: 'Glauben Sie Politikern?', antworten nur 15 Prozent uneingeschränkt mit ja. Und die müssen Sie im Grunde genommen zum Arzt schicken."(...)
der "gipfel" als gigantische pr-inszenierung. und zwar in jeder hinsicht. vielleicht sollten wir langsam mal die parole ausgeben:
"zerstört die simulationen!"
...kommen dabei solche szenarien heraus:
(...)"Seit Monaten legte die Kavala ihr Spionage-Netz über die ganze Republik. Alle Informationen liefen an der Ostsee zusammen: Zwei Anti-G8 Plakate in einer Unterführung im schwäbischen Schorndorf, Bezugsgruppenfindung an der Uni Feiburg, Straßentheater in Ulm, ein Vortrag in Erlangen, angekündigt in der sozialistischen Hochschulzeitung, Fahrradsternfahrt in München, Infoveranstaltung im Berliner Szenelokal "Vetomaat", Infostand auf einem Parkplatz im brandenburgischen Straußberg, Mahnwache auf der Bremer Domtreppe, Pappmaschépuppenbau-Workshop in der "Roten Flora" in Hamburg. Im schleswig-holsteinischen Ahrensburg wurden zwei CDU Plakate überklebt, und überall im Lande Schmierereien mit schwarzem Edding, auf einer Hauswand in München ein Anarcho A. Nichts sollte den Polizeispähern entgehen. Alles wurde nach Rostock gemeldet: Vorträge in Herford, Paderborn, Essen, Chemnitz, Leipzig und Magdeburg, Kapitalismuskritik in Erfurt, ein "warm-up" der Verdi-Jugend in Hagen. Pax Christi in Horheim hat schon einen Bus gechartert, auch der DGB in Hannover. Eine Schülerzeitung an der Windschutzscheibe eines Polizeifahrzeugs in der Nordheide wurde sichergestellt."(...)
einen passenden kommentar dazu reiche ich noch nach, wobei ich mir die anmerkung gestatte, dass es für viele - wie für den kommentator - anscheinend erst der leibhaftigen begegnung mit der staatsmacht bedarf, um ins grübeln zu kommen - was aber sein fazit nicht entwertet:
(...)"Es findet in diesem Land eine allgemeine Verrohung statt, eine Entdemokratisierung, eine Refeudalisierung: Für die führenden Politiker scheint der Bürger kein Bürger mehr zu sein - er ist bloß noch Objekt, ein lästiges Objekt. Das man herumschubst und anbellt: Ihr habt zu spuren! Seid ruhig, wenn wir eure Computer durchsuchen, seid ruhig, wenn wir eure Fingerabdrücke in die Pässe pressen, seid ruhig, wenn wir eure biometrischen Daten erfassen, seid ruhig, wenn wir eure Geldbewegungen durchleuchten, seid ruhig, wenn wir an euch rumschnüffeln, seid ruhig, seid ruhig - denn Ihr seid alle verdächtig!"(...)
in den nächsten tagen folgt in diesem blog ein basisbeitrag zum thema paranoia. dieser fatale wahrnehmungsmodus ist nicht unwesentlich beteiligt an der konstruktion von lästigen objekten.
aktuell macht eine meldung in diversen foren für erwerbslose die runde, die wieder einmal schier sprachlos macht:
Guten Tag. Sie erhalten die vorliegende Zusammenfassung aus dritter Hand. Die Arge Rhein-Lahn-Kreis plant die Kasernierung von Arbeitslosengeld- II-Empfängern unter 25 Jahren, die nicht zur Schule gehen oder in Ausbildung sind, bzw. keinen Job haben. Das Konzept hat den Namen "Juwel" - das steht für "Jugendliche auf dem Weg in Arbeit". Das Konzept wurde im März 2007 bereits der Landesregierung in Mainz vorgestellt. Von Seiten der Regierung sollen bereits hohe Bezuschussungen in Aussicht gestellt worden sein. Das Konzept wurde bisher weder auf seine mögliche Verfassungswidrigkeit, noch auf die sozialpädagogischen Besonderheiten geprüft, die man insbesondere bei der Betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen beachten muß.
Das Konzept sieht folgendes vor: Die Jugendlichen müssen demnach von in der Früh bis spätnachmittags in einem von der ArGe gemieteten Haus verbleiben. Sie müssen pünktlich zum Apell auf dem Hofgelände des Anwesens erscheinen und werden das Haus in dieser Zeit nicht ohne Genehmigung der Arge verlassen dürfen. Abends dürfen sie heimgehen. Es ist vorgesehen, daß diejenigen, die sich der Betreuung entziehen, mit Sanktionierung bis auf völlige Versagung von Arbeitslosengeld II inklusive Mietkosten zu rechnen haben. Angeblich wird an einem Bewertungssystem gearbeitet, nach welchem die Jugendlichen Punkte in den geplanten Kursen erzielen müssen. Was die Jugendlichen in der Aufbewahrung lernen sollen, bzw. wie die bewerteten Kurse aussehen, drang bisher nicht bis zu mir vor. Das Konzept beinhaltet jedoch die Idee der Finanzierung eines Führerscheines/von Führerscheinen für den Besten (oder die Besten). Das Konzept beinhaltet außerdem ein System der Bestrafung per Pranger. Dieses Wort ist mehrmals gefallen. Ich kann nicht beurteilen, ob das ggf. ein sehr schlechter Scherz sein soll.
Und offensichtlich hat man sich über die Freude an der Ausarbeitung des Konzeptes weder über fällige Anfahrtkosten für die Jugendlichen noch über deren Verpflegung vor Ort Gedanken gemacht. Da das Konzept der Kasernierung unter drohenden Entzug der Geldmittel als Freiheitsentzug und das Bewertungs- sowie das Bestrafungssystem als kontraproduktiv bis entwürdigend betrachtet werden muß, das gesamte Konzept nicht auf Freiwilligkeit der Jugendlichen basiert, und ausserdem das Konzept den Anschein erweckt, als verstünden die Planer rein gar nichts von Sozialarbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, gebe ich diese Informationen zu treuen Händen für eine Anfrage an die Regierung.
Mit freundlichen Gruß.
die initiative "tacheles-sozialhilfe.de" hat die obige information grundsätzlich bestätigt - zitat eines vorstandsmitglieds im dortigen forum:
"die Information stimmt als solches und wurde von der Amtsleitung gegenüber Tacheles auch bestätigt. Wir sind an der Sache auf jeden Fall dran."
und so lässt der totalitäre kapitalismus schritt für schritt seine als-ob-maske von "demokratie" und "rechtsstaat" fallen.
*zum begriff bootcamp
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edit am 09.06.2007: wednesday hat im kommentar unten auf eine offizielle reaktion seitens der betreffenden "arge" aufmerksam gemacht, in der es u.a. heißt:
(...)"Soweit in einer Internetverِöffentlichung vom 27.05.2007 dargestellt wird, es sei im Rahmen dieses Projekts geplant, Jugendliche im Alter unter 25 Jahren „täglich per Zwang zu kasernieren“, „sie pünktlich zum Appell im Hof antreten zu lassen“ und bei Fehlverhalten „eine Bestrafung per Pranger“ durchzuführen, entbehrt dies offensichtlich jeglicher Grundlage und würde auch den oben dargestellten Zielen der Maßnahme vِöllig zuwider laufen."(...)
gut. warten wir ab, wie sich "juwel" in der realität verhält. wird weiter unter beobachtung bleiben, und bis zur umsetzung werde ich hier nicht über mögliche erklärungen, rückzieher u.a. spekulieren.