Montag, 18. Juni 2007

assoziation: der "neurologischen vielfalt" und dem heutigen "autistic pride day"...

...hat die junge welt vor ein paar tagen einen artikel unter dem sinnigen titel gerechtigkeit und waschmaschinen gewidmet, der sich in sympathisierender (neu-)linker tradition einiger zentraler forderungen der selbsthilfebewegung autistischer menschen annimmt - und diesem vorhaben möchte ich ein paar kommentare meinerseits anschließen.

*

nach dem einstieg ins thema, bei dem sich der autor auch hier hinsichtlich des autismus am bewährten evergreen von den "genialen menschen" sowie der "skurrilen" verhaltensweisen von "berühmtheiten" bedient hat, gibt´s etwas historie:

(...)"Über Isaac Newton wird berichtet, daß er Vorlesungen auch dann hielt, wenn gar keine Hörer kamen, und als er einmal Freunde eingeladen hatte und Wein aus dem Keller holen wollte, kam er nicht wieder – man fand ihn in Betrachtungen vertieft. Der Volksmund spricht von »zerstreuten Professoren«. Heute weiß man, daß deren Verschrobenheit oftmals einen neurologischen Grund hat. Der österreichische Psychia­ter Hans Asperger (1906–1980), der sich in den 1930er Jahren mit hochbegabten Kindern mit gestörtem Sozialverhalten beschäftigte, sah hier eine »autistische Psychopathie«, und er vermutete sogar, daß intellektuelle Höchstleistungen ein gewisses Maß an Autismus voraussetzen."

vielleicht ist es zuviel verlangt, vom autor in einem - na, sagen wir mal, "traditionsmarxistischen" und dementsprechend einem klassisch materialistischen weltbild verpflichteten blatt zu erwarten, sich möglicherweise mal ein paar mehr gedanken zu möglichen zusammenhängen zwischen newtons persönlichkeit und seinem weltbild zu machen? immerhin ist die wiedergebene vermutung von asperger, "ein gewisses maß an autismus" sei eine voraussetzung für intellektuelle höchstleistungen, beim heutigen erkenntnisstand nicht ganz von der hand zu weisen - j.e. mertz hat das in der griffigen metapher vom "gewöhnlichen autismus der gesunden person" zusammengefasst, um den es hier aber nicht geht.

"Der Begriff »Autismus« wird allerdings in erster Linie mit einer geistigen Behinderung assoziiert. Auch hier hat, ungefähr zeitgleich mit Asperger und unabhängig von ihm, ein österreichischer Arzt Pionierarbeit geleistet: Leo Kanner (1896–1981) (...)

Der von Kanner beschriebene »frühkindliche Autismus« fällt als schwere Entwicklungsstörung auf und ist seit den 1960er Jahren eingehender erforscht worden. Die Betroffenen bleiben in den meisten Fällen lebenslang auf Hilfe und Betreuung angewiesen. Manche von ihnen verblüffen allerdings durch »Inselbegabungen«, außergewöhnliche geistige Fähigkeiten in eingegrenzten Teilbereichen wie etwa sensationelle Rechen- oder Gedächtnisleistungen."


das thema der "savants" wird eingehender u.a. in der immer wieder mal wiederholten tv-reihe expedition ins gehirn auf arte behandelt.

"Das Phänomen, dem Hans Asperger nachging, ist weniger dramatisch, und Aspergers Arbeiten sind lange Zeit kaum beachtet worden."(...)

ob das phänomen bei näherer betrachtung wirklich "weniger dramatisch" ist?

(...)"International bekannt wurden Aspergers Schriften erst in den 1980er Jahren, als die britische Psychologin Lorna Wing sie in englischer Übersetzung herausgab. Sie prägte die Bezeichnung »Asperger-Syndrom«, dieses ist seit 1992 von der Weltgesundheitsorganisation anerkannt.(...)

Anders als beim Kanner-Autismus sind »aspergische« Kinder durchschnittlich bis überdurchschnittlich intelligent. Ihre Sprachentwicklung setzt nicht (oder nur wenig) verzögert ein und erreicht in kurzer Zeit ein sehr »erwachsenes« Niveau – bloß mit der Besonderheit, daß sie extrem auf den wörtlichen semantischen Gehalt der Rede fixiert sind und den der Alltagskommunikation innewohnenden pragmatischen Hintersinn nicht verstehen."


mir ist nicht so recht klar, was hier der ausdruck "pragmatischer hintersinn" bedeuten soll - eine meiner meinung nach typische besonderheit im asperger-kommunikationsverhalten besteht eher darin, doppelbedeutungen und metaebenen, auch und gerade non-verbaler, körperlich ausgedrückter art, nicht wahrnehmen zu können - auch ironie gehört hier zb. dazu, und macht aus der nicht-autistischen erfahrung heraus in vielen fällen keinesfalls irgendeinen "hintersinn", sondern dann gerade den eigentlichen inhalt aus. im übrigen hat die erwähnte fixierung - von außen betrachtet - auch durchaus ihre humoristische seite: so ist in einschlägigen foren für "aspies" immer wieder mal die geschichte vom asperger-autisten zu finden, der in einem kleinen kaff übernachten will und pünktlich kurz vor zehn gespannt aus seinem hotelfenster blickt, um das ihm von einem einheimischen angekündigte hochklappen der bürgersteige um diese zeit auch ja nicht zu verpassen - das bringt das wortwörtliche verständnis auf den punkt.

"Im Vor- und Grundschulalter gehen sie oft bizarr anmutenden Spezialinteressen mit großer Intensität nach, beschäftigen sich mehr mit Gegenständen wie Waschmaschinen oder Dachrinnen als mit Menschen. Ähnlich wie Kanner-Autisten meiden sie Blickkontakte und Berührungen und bevorzugen gleichförmige und ritualisierte Routinen, die ihnen zur Strukturierung des Alltags dienen."

und spätestens an dieser stelle wird ein ganz zentraler inhalt autistischer wahrnehmung deutlich, zu dem ich in einem erklärt gesellschaftskritischen medium wie der jungen welt eigentlich mehr fragen erwartet hätte - fragen zb. danach, wie es innerhalb einer nach allgemeinem konsens sozialen und auf vielfältigen beziehungen gründenden spezies wie der menschheit dazu kommen kann, dass sich eine - oder vielleicht sogar die "reinste" - variante von objektfixierter aka objektivistischer, verdinglichender wahrnehmung offensichtlich in den letzten jahrzehnten weltweit ausbreitet? und auch fragen danach, ob es nicht angemessen ist, zwischen dem siegeszug des globalisierten kapitalismus als verdinglichender megamaschine einerseits und der langsam zunehmenden präsenz von irgendwelchen autismusvarianten betroffener andererseits mögliche zusammenhänge, vielleicht gar evolutionärer art, anzunehmen?

stattdessen gibt´s eine beruhigende nachricht:

"Nach außen wirken sie emotional gleichgültig – ohne es tatsächlich zu sein."(...)

ich vermute, dass sich der autor hier besonders auf den streit um die empathiefähigkeiten von autistischen menschen bezieht; vielleicht auch noch auf den punkt der reizüberflutung (mit folgerichtiger wahrnehmungsabschottung nach außen zum selbstschutz). der klarheit halber sollten dann aber auch zustände wie dieser oder auch jener erwähnt werden - denn auch das sind emotionale zustände. oder?

immerhin, jetzt folgt doch noch ein kleiner schlenker zum kapitalismus:

(...)"Die meisten Asperger-Autisten haben keine offensichtliche Behinderung und können ein selbstständiges Leben führen. Weil ihnen die gerade im postfordistischen Kapitalismus fetischisierten Eigenschaften wie »Teamfähigkeit« und »Flexibilität« fehlen, gelingt ihnen meist keine ihren tatsächlichen Fähigkeiten angemessene Berufslaufbahn."(...)

aber ein mehr als ärgerlicher schlenker: erstens, sollen wir den führenden im "forbes-ranking" der weltweit reichsten leute und vermutlich bekanntesten kapitalisten überhaupt nur als ausnahme von der regel ansehen? und wie sieht es zweitens generell in der it-branche aus, die als wirtschaftszweig unser aller leben ja nun nicht unwesentlich beeinflusst? und wie überhaupt in den ganzen sog. neuen technologien, von "bio" bis "nano", in denen zunehmend enorme abstraktionsfähigkeiten - eine der leistungen objektivistischer wahrnehmung - gefordert werden? andererseits: was hat es denn mit der "teamfähigkeit" oder auch den vielbeschworenen "flachen hierarchien" in den ökonomischen strukturen tatsächlich auf sich? hier ist i.d.r. weniger authentische - und befreiende - kollektivität gemeint als vielmehr eine simulation derselben, die nicht geringen leistungsdruck auf die betroffenen ausübt - im interesse der profitrate.

nun wird die asperger-variante des autistischen spektrums im allgemeinen tatsächlich als nicht simulationsfähig angesehen - aber gilt das erstens auch noch unter gesellschaftlichen bedingungen, in denen virtuelle prozesse aller art (v.a. simulierte kommunikation unter ausschluß der körperlichkeit) explosionsartig um sich zu greifen scheinen, und auch in folge dessen zweitens simulierte prozesse als produkt des objektivistischen wahrnehmungsmodus selbst unter grundsätzlich authentizitätsfähigen menschen mehr und mehr im alltag an die erste stelle rücken? bei näherer betrachtung stellen sich bspw. die meisten sog. "geschäftsbeziehungen" als fakes, d.h. beziehungssimulationen, heraus, für die das wort warenbeziehung zwar beliebt, jedoch irreführend ist - es handelt sich schlicht um ein mehr oder weniger anonymisiertes nebeneinander von subjekten, die in ihren "jobs" in verschiedenen objekthaften masken auftreten und dazu neigen, sich selbst und untereinander, erst recht aber die kunden, ebenfalls als - bestenfalls solvente und damit profitable - objekte zu behandeln. von beziehungen, die diesen namen auch verdienen würden, ist dabei keine spur zu entdecken.

und vor diesem hintergrund ist die hypothese durchaus ernstzunehmen, dass derlei verhältnisse selbst "eigentlich" simulationsunfähigen autisten stark entgegenkommen - denn ein "als-ob"-sozialverhalten ist trainierbar, und leute wie temple grandin sind dafür ein ganz gutes beispiel (siehe dazu nochmal den basisbeitrag autismus).

die möglichen simulationsfähigen autismusvarianten (siehe als "verdachtsfälle" hier, hier und auch hier) sind dabei noch nichtmal thematisiert.

jedenfalls ist bei den derzeitigen gesellschaftlichen bedingungen das folgende durchaus schlüssig:

(...)"Viele Menschen mit Asperger-Syndrom und anderen »hochfunktionalen« (selbständige Lebensführung ermöglichenden) Autismus-Varianten wehren sich in letzter Zeit energisch dagegen, daß Autismus nur negativ, durch Defizite charakterisiert und durchweg als »Behinderung« dargestellt wird."

klar - wenn die gesamtgesellschaft in entscheidenden bereichen selbst zunehmend verhältnisse zulässt, die sich als im weitesten sinne autistisch oder zumindest autismuskompatibel (das internet ist dafür übrigens eines der prägnantesten beispiele) begreifen lassen, und das auch noch als "fortschritt" mißversteht - wenn das also der aktuelle status quo ist, dann ist tatsächlich nicht einzusehen, warum die "klassischen" autisten noch länger als "behindert" gelten sollen. allerdings: als emanzipation im authentischen sinn sollte das wirklich niemand begreifen.

"Einer der besten Kenner des Asperger-Syndroms, der australische Psychologe Tony Attwood, schlägt sogar vor, die »Diagnose« des Asperger-»Syndroms« als Pathologie einfach zu vergessen und an ihre Stelle die »Entdeckung« des »Aspie«-Charakters zu setzen. Denn er hat festgestellt, daß unter Menschen mit Asperger-Syndrom mit hoher Regelmäßigkeit mindestens ebensoviele markante positive Charaktereigenschaften wie Defizite anzutreffen sind: Wahrheitsliebe, Aufrichtigkeit, Vorurteilsfreiheit, Gewissenhaftigkeit, Sorgfalt, starker Sinn für Gerechtigkeit."

die gewissenhaftigkeit und sorgfalt - böswillig ließe sich auch pedanterie sagen - hat bspw. im bereich der edv-programmierung tatsächlich ihre vorteile, die allerdings nicht unabhängig von der verwendung der dadurch erzeugten produkte zu sehen sind. ein sorgfältig ausgetüfteltes überwachungs- oder waffensystem mag dem mehr oder weniger autistischen programmierer persönlich freude bereiten (und seinen auftraggebern ebenso) - die späteren opfer jedoch müssen dann den mit den oben genannten fähigkeiten assozierten mehr oder weniger starken verlust der empathiefähigkeit regelmäßig mit einbußen ihrer freiheit, gesundheit oder gar ihres lebens bezahlen.

die wahrheitsliebe bzw. aufrichtigkeit ist hier eher als synonym für die ebenfalls als typische asperger-eigenschaft beschriebene unfähigkeit zur lüge zu begreifen, und das ist ein durchaus zweischneidiges schwert. sicher, wahrheitsliebe wird als moralische forderung in dieser gesellschaft allerorten vor sich hergetragen. und lügen sind pfui. hier geht es jedoch um etwas ganz grundsätzliches: es gibt einige indizien dafür, dass die fähigkeit zu fakes/simulationen (und das sind lügen) als grundaussattung in allen menschen nicht nur angelegt, sondern in bestimmten ausmaß sogar absolut notwendig bei der entwicklung einer authentischen menschlichen identität ist. das mag zunächst seltsam klingen, ist aber bei näherer betrachtung durchaus schlüssig:

es geht v.a. um die "kleinen" lügen, mit denen sich bspw. kinder den zur ihrer entwicklung nötigen freiraum innerhalb der ansonsten dominanten kontrolle seitens des erwachsenen umfeldes beschaffen. ebenfalls gibt es bekanntlich durchaus sinnvolle schutzlügen, die aus einer authentisch empathischen wahrnehmung entspringen, ja sogar ausdruck von liebevoller besorgnis darstellen können. ich rede hier nicht von den gewohnheitsmäßigen simulationen von soziopathen; und andererseits auch nicht von der art von wahrheit, wie sie - achtung, polemik - bspw. die historischen nazis bei der völlig korrekten ankündigung ihrer vorhaben bezgl. mord und totschlag "auszeichnete". brutale wahrheiten, die kaum jemand hören wollte, und die womöglich auch aus einer gewissen zwanghaftigkeit heraus entstanden sind. permanente aufrichtigkeit kann massiv und bösartig grenzverletzend sein, und ist eigentlich nicht vorstellbar bei gleichzeitiger anwesenheit von empathie, die in heiklen sozialen situationen korrigierend wirkt.

die kunst besteht vermutlich darin, an den nötigen und wichtigen stellen jeweils wahrhaftig und bei bedarf auch simulativ zu sein - und dazu muss das volle menschliche wahrnehmungsspektrum vorhanden sein.

und der "starke sinn für gerechtigkeit" hat meiner meinung nach verdammt viel ähnlichkeiten mit dem prinzip, nach dem auch die heutige justiz arbeitet - ein nach objektivistischen prinzipien arbeitendes abstraktes netz, welches über alles und jedes geworfen wird - und eben daher kaum jemals wirkliche gerechtigkeit herstellen kann.

"Asperger-Spezialisten gehen davon aus, daß zahlreiche prominente Persönlichkeiten vom Asperger-Syndrom betroffen waren und sind: Newton, Einstein, Kant, Wittgenstein, Michelangelo, Kafka und viele andere. Würde eine »Heilung« solche Menschen nicht ihrer Produktivität berauben?"

das greift wieder eine diskussion auf, die hier im blog an verschiedenen stellen schon geführt wurde - und aus einer dieser debatten eine für mich immer noch gültige antwort:

"es gibt von temple grandin, die hier im zusammenhang mit dem asperger-syndrom als betroffene an anderer stelle zitiert worden ist, ein zitat, welches sinngemäß lautet, dass, "wenn alle menschen nt´s (neurologisch typisch, asperger-slang für "normale") wären, wir heute noch in höhlen sitzen und nur miteinander reden würden".

manchmal frage ich mich aber, ob das nicht vorziehenswerter wäre als die heutige situation. irgendwo habe ich hier im blog auch die aussage eines psychiaters, "psychopathen sind das salz der erde", zitiert - als ferment /katalysatoren für notwendige grenzverletzungen, die erst weiterentwicklungen möglich machen würden, seien sie für alle gesellschaften unverzichtbar. und wenn ich mir dann so die verschiedenen bereiche der kunst betrachte, mit all ihren freakigen protagonistInnen...

und trotzdem: die logik hinter solchen aussagen wie oben finde ich schon nachvollziehbar - aber gleichzeitig finde ich das auch eine implizite glorifizierung von menschlichem leid, die ich nicht vertreten kann und auch nicht möchte.

meiner meinung nach sind - qualitativ! - andere formen von entwicklung auch möglich ohne die vorbedingung, dass gesellschaften dafür erst eine mehr oder weniger große zahl ihrer mitglieder in den wahnsinn treiben müssen. allerdings meine ich damit entwicklungen, die den heutigen gesellschaftlichen normen dessen, was als wünschenswert erachtet wird, in den meisten punkten scharf zuwiderlaufen."


als nachtrag auch noch dieser aspekt: die erwähnte produktivität ist zu einem nicht kleinen teil bis heute für die leidvollen zustände auf diesem planeten mitverantwortlich.

"Seit 2005 feiern Menschen mit Autismus den 18. Juni als »Autistic Pride Day«. Sie verstehen ihn als Aktionstag gegen die Pathologisierung des Autismus und für die Anerkennung der »neurologischen Vielfalt« unterschied­lich begabter Menschen."(...)

die "neurologische vielfalt" unter und in unserer spezies anzuerkennen wäre tatsächlich ein erster nötiger schritt, um viele destruktive phänomene tatsächlich begreifen zu können. sie würde u.a. zu solchen nicht gerade kleinen konsequenzen führen müssen, das heutige justizwesen komplett umzugestalten. sie würde gleichfalls auch meiner meinung nach zu einer qualitativ neuen bewertung von phänomenen wie dem faschismus führen, und sie würde den zustand derjenigen deutlicher machen, die sich - meist als ideologie oder propaganda abgetan - bis heute gegen den gedanken von der gleichheit aller menschen wenden. als abstraktes existiert diese gleichheit, jedoch nicht in der realität. daraus dann aber wiederum die notwendigkeit sozialer/ökonomischer hierarchien abzuleiten, macht etwas deutlich, was mir bis heute kaum begriffen worden zu scheint (wobei ich das selbst sehr schwierig zu begreifen finde und etliche zeit benötigte, bis mir dieser gedanke plausibler erschien):

nämlich die entwicklung von einen begriff der menschlichen geschichte, der die aus den verstrickungen der verschiedenen neurologischen ( bzw. psychophysischen als begriffserweiterung) zustände, in denen sich menschen befinden, resultierenden konflikte und kämpfe als wichtigen und untrennbaren, vielleicht sogar primären teil der bisherigen sozialen auseinandersetzungen mit selbstverständlichkeit beinhaltet.

ansatzweise findet sich dieser gedanke unausgesprochen im hintergrund zb. hier, wobei es mir mit dem dort dargestellten ansatz ähnlich wie mit teilen des gerade kommentierten artikels geht: einige neurologisch-psychophysische "seinsweisen" kommen mit immanent antisozialer tendenz daher - und das ist nichts, was ich als entpathologisierenswert empfinden würde. im gegenteil.

Samstag, 16. Juni 2007

notiz: und dann waren da wieder the yes men...

...dieses mal mit einer letzten ölung:

(...)"Ein Mann, der sich als Florian Osenberg und Mitarbeiter von Exxon vorstellte, erklärte sodann, wie diese Technologie, welche menschliches Fleisch in ein neues Exxon-Produkt, genannt Vivoleum, umwandelt, aussehen wird. Er wies die Zuhörer darauf hin, dass man sich bei der derzeitigen Energiepolitik, die für Katastrophen prädestiniert sei, keine Sorgen um den Nachschub machen müsse:

Vivoleum works in perfect synergy with the continued expansion of fossil fuel production.With more fossil fuels comes a greater chance of disaster, but that means more feedstock for Vivoleum. Fuel will continue to flow for those of us left.

War das den Zuhörern bis zu diesem Zeitpunkt schon etwas merkwürdig vorgekommen, so entzündete sich der Eklat, nachdem sie aufgefordert wurden, eine seltsam geformte Kerze, hergestellt aus der Leiche eines Mitarbeiters von Exxon, anzustecken. Die Security stürmte die Bühne, die Vortragsredner wurden festgehalten (später aber wieder freigelassen), den Veranstaltern ist die Sache peinlich, die Agentur, welche die Redner angemeldet hätte, sei doch seriös."(...)


immer wieder in elitäre befindlichkeiten treffend, diese medienguerilleros.

notiz: beschämung als machtritual

ein empfehlenswerter text aus dem aktuellen freitag zum thema:

(...)"Scham ist also auch unter politischen Aspekten ein brisantes Thema. Denn Scham ist der politische Affekt schlechthin. Jede Beschämung setzt voraus, dass der Mensch als zoon politikon (frei übersetzt: als "Gemeinschaftstier") mit anderen Wesen seiner Art in Interaktion tritt. Ekel mag durch üblen Geruch, Angst durch ein Unwetter ausgelöst werden - nichts dergleichen ist bei Schamgefühlen möglich. Scham ist stets anthropogen, ein seelisches man-made-disaster. Infolge dieser Zwischenmenschlichkeit, an deren einem Pol der Beschämende, am anderen der Beschämte steht, kann Scham auch zielstrebig zur Durchsetzung oder zur Bekräftigung von Machtinteressen eingesetzt werden. Das weite Feld der Schamszenen reicht daher von der Ehebrecherin oder dem Dieb, die im Mittelalter am Pranger zur Schau gestellt wurden, von der öffentlich gefolterten und verbrannten Hexe bis hin zum Schüler, der, auch heute noch, auf Geheiß des Lehrers, in der Ecke zu stehen hat. Der Beschämte ist, meist schutz- und wehrlos, den Blicken aller preisgegeben. Oft wird diese Schmach noch unterstützt durch besondere Kleidung, geschorene Haare, Schandmasken oder Brandmale bis hin zur auf den Arm tätowierten Nummer des KZ-Häftlings.

Als Rudolf Höß, der Kommandant von Auschwitz, eines Abends mit seinem Schwager Franz Hensel bei einer Flasche Wein gemütlich beisammen saß, fragte Hensel, was der Begriff "Untermensch" bedeute. Höß seufzte. "Du fragst immer und fragst und fragst", erwiderte er. "Sieh dir diese Menschen doch an. Sie sind nicht wie wir. Sie sind anders. Sie sehen ganz anders aus. Sie haben kein menschliches Benehmen. Sie tragen Ziffern auf den Arm. Sie sind hier, um zu sterben".

Die Anonymisierung des Menschen, seine Degradierung zur Nummer, ist eine wesentliche Komponente systematischer, machtpolitisch motivierter Beschämung - vor Jahrzehnten in Auschwitz, vor kurzem erst in Abu Ghraib. Die berechtigte Empörung über die Exzesse der Nationalsozialisten sollte uns nicht an der Frage hindern, wie viel Beschämungspotenzial unseren gegenwärtigen Institutionen innewohnt. Den Schulen beispielsweise. Oder auch der Medizin. Der Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich, vor sechzig Jahren Beobachter der Nürnberger Ärzteprozesse, hat sich nicht gescheut, diese Verbindungslinie zu ziehen. Im Vorwort seiner 1947 erschienenen Dokumentation notierte er: "Es ist fast dasselbe, ob man den Menschen als ›Fall‹ sieht, oder als Nummer, die man ihm auf den Arm tätowiert - doppelte Antlitzlosigkeit einer unbarmherzigen Epoche".(...)


und das thema degradierung zur nummer wird immer aktueller.

Freitag, 15. Juni 2007

notiz: betreff gaza-streifen (update)

aus traurigem anlass nochmals zwei ältere links: Ein Irrenhaus namens Gaza und quellen des islamistischen fundamentalismus. die beschriebenen verhältnisse lassen sich mit fug und recht als die psychophysischen quellen auch der aktuellen gewalt begreifen.

edit am 25.06.07: zum thema auch das folgende interview:

"Das sind Prinzipien, die überall auf der Welt auf Gangs oder Mafia-Familien zutreffen."

assoziation: elitäre mafiosi? mafiöse eliten? was tun? (teil 2)

(da der ganze komplex vermutlich leider immer mehr platz erfordern wird, füge ich hiermit eine eigene fortsetzung dieses beitrags an - sozusagen das dritte update).

*

mittlerweile gerät auch der "verfassungsschutz" ob seines seltsamen umgangs mit den akten bzw. den methoden seiner informationsgewinnung und -weitergabe stärker in die kritik - auszüge aus einem kommentar von h. prantl in der süddeutschen zeitung:

(...)Man kann den Eindruck gewinnen, dass dort eine Mafia ihre Nester hat, deren Paten, getarnt als anständige Staatsbeamte, auf der Brühlschen Terrasse spazieren gehen; selbst Spitzen der staatlichen Gewalten sollen ja verwickelt sein in Laster und Verbrechen. Die Nachrichten aus Sachsen klingen so, als sei dort die organisierte Kriminalität die eigentliche Staatsgewalt.

Das alles soll sich ergeben aus Stapeln von Akten, in denen der Landesverfassungsschutz langjährige Beobachtungen gesammelt hat. Der Verfassungsschutz aber sitzt auf diesen Akten, als handele es sich um einen Schatz in Privateigentum. Er lässt es zu, dass sich unglaubliche, ja ungeheuerliche Gerüchte entwickeln - und verweigert zugleich die Herausgabe der Akten an die Ermittlungsbehörden."(...)


die frage danach, ob und wo möglicherweise die organisierte kriminalität die eigentliche staatsgewalt darstellt, kann ganz verschiedene antworten nach sich ziehen - abhängig besonders von der definition der ok. die definition eines extrembeispiels macht das deutlich:

(...)"Denn die so genannte "Machtergreifung" Hitlers, die in Wirklichkeit eine "Machtübergabe" an die NSDAP war, deren Anführer noch 10 Jahre zuvor wegen Hochverrats im Zuchthaus gesessen hatte, bedeutete das Ende demokratischer Rechtsstaatlichkeit. Business Crime Control betrachtet deshalb die damaligen Nazihorden als eine Variante Organisierter Kriminalität. Damit gerät BCC zwar in Widerspruch zu den offiziell anerkannten OK-Definitionen. Aber es bedurfte nicht der Verbrechen, die unter dem NS-Regime zwischen 1933 und 1945 begangen wurden, die vor 1933 genügen vollauf, um den Nachweis für die Behauptung erbringen zu können, dass die NSDAP mitsamt ihren Unterorganisationen die Kriterien eines Verbrechersyndikats erfüllte."(...)

anders gesagt: es gibt durchaus - in diktatorischen systemen sowieso, aber auch in sog. demokratien - als "legal" besonders im jeweils herrschenden formaljuristischen sinne definierte verhältnisse, die bei realistischer betrachtung als manifestationen organisierter kriminalität begriffen werden müssen. immer dann, wenn ein derartig verfasstes staatssystem vorgibt, kriminalität zu "bekämpfen", handelt es sich in wirklichkeit um stinkbanale bandenfehden, die deutlich das kapitalistische konkurrenzprinzip ausdrücken. und das hat weder mit "recht" im formaljuristischen sinne und erst recht nicht mit gerechtigkeit in einem authentisch-menschlichen sinn irgendetwas zu tun.

ich mache diesen kleinen exkurs deshalb, um ein mißverständnis zu vermeiden: ich gehe nicht davon aus, dass es sich bei den sächsischen verhältnissen um eine art "fremdkörper" innerhalb eines doch ansonsten ganz demokratisch verfassten staates handelt. nein, ich gehe davon aus, dass derlei verhältnisse eher einen blick in die eigentliche innere struktur von kapitalistisch organisierten staatssystemen erlauben, und wir möglicherweise vor unseren augen nur einen sichtbar gewordenen teil der alltäglichen machtkämpfe verschiedener fraktionen der herrschenden "eliten" beobachten können, die sich jeweils selbst und gegenseitig nach bedarf, belieben und machtverhältnissen legitimieren/delegitimieren. die klassische mafia (auch als oberbegriff für die gesamte illegalisierte ok gemeint) bringt in ihrem treiben nur die tatsächliche struktur unserer heutigen ökonomie auf den mörderischen punkt. und es fällt schon seit langer zeit schwer, qualitative unterschiede zwischen den aktivitäten großer transnationaler konzerne einerseits und den als organisierte kriminalität bezeichneten strukturen andererseits zu entdecken (mehr zu diesen gemeinsamkeiten hier). ich vermute, das u.a. genau an diesem punkt auch die affinität beider bereiche zueinander liegt.

und wenn die beiden oben genannten es jeweils schaffen, ganze staatsapparate mitsamt ihrer gewaltmittel unter kontrolle zu bekommen, lässt sich spätestens an diesem punkt nicht mehr wirklich sinnvoll eine unterscheidung treffen zwischen "legaler" und "illegaler" macht. um das zu verdeutlichen, hatte ich in einem früheren artikel u.a. zum thema folter klaus theweleit zitiert:

(...)"Kate Millet betont in ihrem Buch immer wieder, daß die Folter nicht im `Illegalen´ passiert, sondern streng staatlich geregelt ist. Die Folter kommt aus dem Zentrum der offiziellen staatlichen Macht, bezeichnet aber einen Umschlagspunkt dieser Macht, den Umschlag ins Kriminelle:

`Das Vorbild ist nicht die Ethik des Kriegers oder des Offiziers, sondern die Mafia, die Kriminalität. Aber es ist eine hochtechnisierte und hochentwickelte kriminelle Gewalt, die alle Vorteile der Verbindung mit der Regierungsmacht auf ihrer Seite hat: Ihr technisches Kernstück ist das große Kommunikationszentrum im Nationalpalast, wo alle Geheimdienstinformationen koordiniert und die Befehle für die Todesschwadronen ausgegeben werden."(...)


nochmal anders: aufgrund ihrer unsichtbaren basis, die sie in den bis heute dominanten antisozialen gewaltverhältnissen der meisten menschlichen gesellschaften besitzen, sind so ziemlich alle bis heute bekannten staatlichen formationen zwangsläufig anfällig sowohl für die infiltration seitens der ok als auch den offenen umschlag in eine beliebige variante derselben. und ob letzterer zustand dann noch formaljuristisch abgesegnet und durch simulation von "demokratischen verhältnissen" verdeckt wird, ist in einem solchen fall völlig egal.

weiter im kommentar:

(...)"Die dubiose Geschichte in Sachsen hat eine Vorgeschichte: Der sächsische Verfassungsgerichtshof hat vor zwei Jahren Teile des sächsischen Verfassungsschutzgesetzes für verfassungswidrig erklärt - die Teile nämlich, in denen das Gesetz den Geheimdienstlern die Befugnis eingeräumt hatte, Informationen über jegliche Organisierte Kriminalität (OK) zu sammeln.

Das Verfassungsgericht untersagte dies, weil es sich bei der Bekämpfung der OK um klassische Aufgaben von Polizei und Staatsanwaltschaft handele; das höchste Gericht erlaubte die geheimdienstliche Tätigkeit hier nur insoweit, als dies zugleich dem Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung diene.

Der Verfassungsschutz (er verfügt dort immerhin über 211 Planstellen) hätte nach diesem Urteil seine Ermittlungstätigkeiten einstellen müssen - und die Akten, soweit sie Hinweise auf Straftaten enthalten, der Staatsanwaltschaft, und, soweit nicht, dem Staatsarchiv übergeben müssen. Weder dies noch das ist geschehen. Warum nicht? Wer hatte daran welche Interessen?"(...)


bei diesem sachstand drängen sich mehrere fragen auf: ist es nicht vielfältig belegbar, dass sog. geheimdienste jeglicher coleur strukturell immer eine art avantgarde darstellen, wenn es darum geht, die zone des jeweils herrschenden rechtsrahmens zu verlassen? (ohne jetzt den aktuellen rechtsrahmen als maß aller dinge hinstellen zu wollen - das ist er meiner meinung nach absolut nicht). ist es bei solchen "diensten" nicht seit eh und je bekannt, dass sie aufgrund ihrer struktur historisch bereits in vielen situationen selbst zu kriminellen oder gar staatsterroristischen institutionen mutiert sind? was meistens auch mit einer instrumentalisierung seitens verschiedener elitärer gruppen für beliebige machtkämpfe verbunden war/ist? speziell zum aktuellen fall ist aber auch die folgende frage zu stellen: wurde hier nicht die grenze zwischen polizei einerseits und geheimdienst andererseits zum wiederholten male überschritten? und sind solche
schleichenden veränderungen in allen möglichen staatlichen bereichen dieses landes nicht immer öfter zu registrieren?

in diesem zusammenhang finde ich auch eine aussage aus einem interview aus der zeit aufschlußreich:

(...)"Der funktionierende Staat bietet ja genau die Strukturen, die die organisierte Kriminalität für ihre Zwecke nutzen will. Sie ist also gerade nicht bestrebt, die demokratische Grundordnung zu gefährden."(...)

es lohnt sich sehr, darüber nachzudenken, was das eigentlich über die "demokratische grundordnung" im vergleich zur ok aussagt.

ohne weiteren kommentar dann noch dieses hier:

(...)" Am 16. Oktober 2002 findet eine ungewöhnliche Razzia in den Räumen der K26 statt. Fünfzig Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) durchsuchen die Büros ihrer Kollegen, nehmen Akten und Mobiltelefone an sich. Anlass ist das angeblich unlautere Verhalten der K26-Beamten bei der Sicherung einer großen Menge Rauschgift. Die Vorwürfe können nicht bewiesen werden, trotzdem wird K26-Chef Georg Wehling vom Dienst suspendiert. Unterdessen nehmen sich zwei LKA-Beamte den ehemaligen Dealer und K26-Informanten Frank F. vor. Sie versprechen ihm Strafmilderung, »wenn ich gegen Herrn Wehling Aussagen machen würde«, schreibt F. in seiner eidesstattlichen Versicherung, die der ZEIT vorliegt. F. geht nicht auf das Angebot ein, er sitzt noch heute im Gefängnis. Das LKA erklärt dazu, dass gegen beide Beamte Anzeige erstattet wurde, die eingestellt wurde.

Wehlings Rechtsanwalt Rainer Wittner glaubt, dass sein Mandant aus dem Weg geräumt werden sollte. »Das K26 war auf ein Beziehungsgeflecht von Leuten aus dem Milieu, Immobilienmaklern, Polizisten und Juristen gestoßen. Da versuchten wohl einige, Leute aus dem K26 kaltzustellen.« Wehling wusste um prominente Fälle. 1993 wurde das Kinderbordell Jasmin ausgehoben, in dem hochgestellte Personen der Leipziger Gesellschaft verkehrt haben sollen. Als dem Bordellbesitzer MichaelW. der Prozess gemacht wird, wird er zu der erstaunlich milden Strafe von vier Jahren Haft verurteilt. Am 16. Mai 2000 erklärt W. dem K26 in einer Zeugenaussage: »Das Gericht hatte großes Interesse daran, dass in der Verhandlung keine ›dreckige Wäsche‹ gewaschen wird, dass ich keine Angaben zur Kundschaft mache.« Das K26 leitet die Akte an die Staatsanwaltschaft weiter. Angeblich ohne Ergebnis, ein Verfahren wird nicht eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft Leipzig gab bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme dazu ab."(...)

Donnerstag, 14. Juni 2007

notiz: existieren in einem rechts-staat

ähnlich wie bei den bisher eigentümlich zäh sichtbar werdenden informationen über die symbiose von mafia und staatlichen strukturen in sachsen lassen die nun bekanntgewordenen äußerungen eines hohen polizeibeamten jeglichen versuch, den realitäten dieses staates noch mittels eventueller übertreibungen auf die pelle zu rücken, als lächerlich erscheinen - nicht zum ersten male muß ich feststellen, dass sich die herrschenden "eliten" inzwischen immer öfter ganz offen als das sichtbar machen, was sie sind: hochgradig gefährliche antisoziale.

(...)"Besonders in der Kritik steht in der Affäre der Vize-Chef der Polizeidirektion Dessau, Hans-Christoph Glombitza. Dieser hatte laut einem vorliegenden Gedächtnisprotokoll bei einer internen Besprechung versucht, die Verfolgung rechtsextremer Straftaten zu bremsen. Er legte drei Staatsschützern nahe, dass man "nicht alles sehen müsse". Weiter sagte Glombitza, er könne es nicht anweisen, die Einleitung von Ermittlungsverfahren zu "unterlassen", aber man könne Berichte "ja auch langsamer schreiben". Dabei habe der Vize-Polizeichef das Tippen auf einer Tastatur mit nur zwei Fingern angedeutet.(...)

In Sachsen-Anhalt sei niemand glücklich über die ansteigenden Fallzahlen bei der politisch motivierten Kriminalität, sagte Glombitza weiter. "Rechtsextremismus gibt es doch überall." Die drei Staatsschützer versicherten diese Aussagen eidesstattlich. Auch die Kampagne der Landesregierung gegen Rechtsextremismus unter dem Motto "Hingucken!" kommentierte der Vize-Polizeichef: Der Innenminister als politischer Akteur habe ja gar keine andere Wahl, aber "das ist doch nur für die Galerie", man dürfe dies nicht ernst nehmen."


und mit seinen letzten zitierten sätzen hat dieser beamte schlicht und einfach die ganze wahrheit über den staatlich inszenierten "aufstand der anständigen" ausgesprochen - wieder mal nix anderes als eine pr-maßnahme (Sie wissen ja: unser image im ausland...). zu dieser geschichte auch mal wieder einen tv-tipp: heute, 21.45, panorama. ich werde das nicht sehen können, vermute aber, dass den drei inzwischen abgestraften staatschützern eine interessante frage nicht gestellt worden ist: was sie persönlich nämlich inzwischen von diesem staatsgebilde halten.

*

die andere seite der medaille namens verharmlosung von und quasi-kollaboration mit faschisten wird in einem bericht der initiative MegA - menschen gegen atomanlagen waltrop - sichtbar:

(...)"Einen Tag vor unserer Abfahrt zum G8-Gipfel nach Heiligendamm meldete sich ein bisher namenloser Polizist der Kreispolizei Recklinghausen telefonisch bei einem Umweltaktivisten, und drohte, für den Fall das MegA sich an den Protesten gegen den G8 beteilige, mit massiven polizeilichen Maßnahmen dort vor Ort. Angedroht wurden u.a. Aufenthaltsverbote und Festnahmen.

Diese Woche erklärte der Pressesprecher der Kreispolizei RE, Bernhard auf der Springe, gegenüber der Waltroper Zeitung, dass es für den Betroffenen (der zum G8 angerufen wurde) "nicht günstig" sei sich an weiteren politischen Aktivitäten zu beteiligen, da sich dieses negativ auf derzeitige und zukünftige Verfahren auswirken könne. Dazu nannte er den Namen des Betroffenen öffentlich. Wurde auch so in der Waltroper Zeitung vom13.06.07 gedruckt! Das Telefonat diente laut Polizeisprecher natürlich nicht der Drohung oder Abschreckung, sondern war nur ein gut gemeinter Rat der Kreispolizei."(...)


"nicht günstig" ist vielleicht noch die freundlichste formulierung für die entwicklung, die einem solchen rechts-staat zu prophezeien ist.

Sonntag, 10. Juni 2007

notiz: aus aktuellem anlaß...

...der hinweis auf ein weiteres update:
elitäre mafiosi? mafiöse eliten? was tun?

die dort thematisierten geschehnisse haben allergrößte öffentliche aufmerksamkeit nötig.

Samstag, 9. Juni 2007

kontext 35: auf den punkt gebracht

"Ich fühle mich in dieser Gesellschaft in wirtschaftlicher und staatlicher Sicht zunehmend von einem menschlichen Wesen zu einem Objekt denunziert. Das ist falsch, das ist unmenschlich, pervers und schafft Zukunftsängste, zumindest gehts mir so."

ab dem 1. juli 2007 werden wir alle mit einer lebenslangen personenkennziffer markiert - zumindest wird es die herrschende "elite" versuchen. und dieser versuch wird einmal mehr die verschiedenen varianten des in diesen kreisen aller wahrscheinlichkeit nach vorherrschenden wahrnehmungsmodus deutlich machen, der notwendigerweise mit einer in vielen fällen recht offenen paranoiden basis und umfassenden kontrollambitionen einhergeht. bisher fehlt es leider noch an einer herrschafts- und auch selbstkritischen psychiatrie/neurologie, um die in diesem bereich erkennbaren zusammenhänge auf breiter basis zum thema zu machen, zu untersuchen und hinweise auf nötige gesellschaftliche konsequenzen zu geben. objektivistische wahrnehmungsmodi sind eine der tödlichsten gefahren für unsere spezies überhaupt - von john brunner 1975 im "schockwellenreiter" ebenfalls auf den fatalen punkt gebracht:

"Es sind diese entsetzlich tüchtigen Leute, die mit ihren präzise funktionierenden Fischgehirnen Menschen auf Stückgut, auf Menschenmaterial, auf Zahlenkombinationen reduzieren, um sie in den Griff zu bekommen, um sie als numerische Größen in ihren Kalkülen handhaben zu können. Es ist dann nur noch ein winziger Schritt, um Menschen tatsächlich zu verschicken, zu verbrauchen, zu vernichten, zu löschen."

(...)"Wir hatten sogenannte Begleitnummern erhalten. Die Polizisten haben uns mit diesen Nummern angesprochen."(...)

(diese art des umgangs der staatsgewalt mit den ihr ausgelieferten besitzt - nicht nur, aber besonders - in d-land eine gewisse tradition - und das im verlinkten interview beschriebene verhalten seitens verschiedener polizeibeamter ist deshalb umso ekelhafter.)

Dienstag, 5. Juni 2007

assoziation: history repeating ?!?

1967:

"sueddeutsche.de: Können Sie auch ein Beispiel nennen für die Eskalation am späteren Abend des 2. Juni?

Soukup: Kurz vor dem abendlichen Einsatz wurde den Polizisten per Lautsprecherdurchsage mitgeteilt, dass ein Polizist getötet worden war durch einen Demonstranten. Das stimmte nicht, aber hat die Beamten irrsinnig aufgebracht. Selbst wenn die Meldung wahr gewesen wäre, hätte es diese Durchsage nicht geben dürfen – wenn man denn keine Eskalation will."

(quelle)


2007:

"+++ “Clown’s Army” sprüht Gift gegen Polizisten +++"

(die hintergründe dieser überschrift heute am späten vormittag im ticker des derzeitig völlig am staatstragenden rad drehenden "spiegel online" sowie die tatsächliche realität ausführlich beim spiegelfechter)


***

statt vieler worte diesmal nur das folgende - die schreibtischtäter in den redaktionen wird das nicht groß interessieren, aber dafür vielleicht all diejenigen - auch gerade jüngeren - die der illusion einer friedlichen und rechtsstaatlichen bundesrepublikanischen gesellschaft anhingen - zumindest bisher.

***

philipp müller, im alter von 21 jahren 1952 von der polizei in essen erschossen:

(...)"Eine Konferenz von Vertretern verschiedener Jugendorganisationen am 2. März 1952 in Darmstadt unter Leitung des dortigen Pfarrers Herbert Mochalski, eines engen Vertrauten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Martin Niemöller, rief zu einer »Jugendkarawane gegen Wiederaufrüstung und Generalvertrag« am 11. Mai 1952 in Essen auf. Der Aufruf fand bemerkenswert starken Widerhall. Trotz kurzfristigen Verbots der Demonstration am 9. Mai durch den Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Karl Arnold (CDU), der zugleich Ministerpräsident war, nahmen etwa 30.000 Personen teil.

Beim Polizeieinsatz zeichnete sich durch besondere Brutalität der "Einsatzgruppe Wolter" und der "Einsatzgruppe Knobloch" aus. Polizeikommissar Knobloch erteilte den Schießbefehl auf die Demonstranten. Zwei Kugeln eines Polizisten trafen Philipp Müller in den Rücken, eine Kugel traf sein Herz tödlich. Durch Polizeikugeln schwer verletzt wurden außerdem zwei weitere Teilnehmer der Friedenskarawane, der Sozialdemokrat Bernhard Schwarze aus Kassel und ein parteiloser Gewerkschafter aus Münster. Alle wurden von hinten getroffen."(...)


die staatliche version und die juristische reaktion:

(...)"Der eigentliche Grund [für das verbot, mo] war jedoch, dass die seit dem 26. Juni 1951 verbotene FDJ der Veranstalter war. Arnold Haumann, der die Genehmigung bei der Essener Stadtverwaltung beantragt hatte, galt nur als Strohmann. Trotz des Verbotes versammelten sich die Demonstranten gegen Mittag vor dem Eingang der Gruga. Als die Polizei die Versammlung auflösen wollte, kam es zu schweren Auseinandersetzungen, in deren Verlauf Demonstranten und Polizisten verletzt und der 21jährige Philipp Müller von einer Kugel tödlich getroffen wurde.(...)

Während KPD die Polizei als "Mörder" anprangerte, wies die Polizei darauf hin, dass die Demonstranten nicht nur Steine geworfen, sondern auch von Schusswaffen Gebrauch gemacht hätten. Das Dortmunder Landgericht bestätigte schließlich mit seinem Urteil gegen elf Demonstranten am 20. Oktober 1952, dass die Polizeibeamten in Notwehr gehandelt hätten."


*

benno ohnesorg, im alter von 27 jahren 1967 vom polizisten karl-heinz kurras in berlin erschossen:

(...)"Greiftrupps verfolgten diejenigen, die aus dem Kessel entkamen, bis in Nebenstraßen und Häusereingänge hinein, um „Rädelsführer“ festzunehmen. Dies nannte die Polizei „Füchse jagen“. Zu einem solchen Trupp in Zivilkleidung gehörte Karl-Heinz Kurras von der Abteilung I der Politischen Polizei. Er galt als bester Schütze seiner Einheit und war an diesem Abend unter die Demonstranten gemischt gewesen.

Ohnesorg beobachtete, wie mehrere Zivilbeamte einen Mann - Hartmut R. - in einen Häuserinnenhof in der Krummen Straße Nr. 66/67 (300 Meter von der Oper entfernt, heute Schillerstraße 29) zerrten. Er trennte sich an der Kreuzung Krumme Straße/Schillerstraße von seiner Frau und folgte mit weiteren Demonstranten dem Mann, um zu sehen, was ihm geschah, und gegebenenfalls zu helfen.

Dabei wurden etwa zehn Personen im Hinterhof von mindestens zehn zivilen und uniformierten Polizisten gestellt. Diese begannen auf sie einzuschlagen. Der Student Götz F. wurde am Boden liegend von drei Beamten verprügelt und getreten. Ein Demonstrant warf einen Taschenschirm auf einen Polizeibeamten, um ihn abzulenken. Dieser nahm den Schirm auf und schlug damit weiter. Die übrigen Studenten versuchten den Innenhof wieder zu verlassen.

Ohnesorg stand wenige Meter entfernt an einer Teppichstange und beobachtete die Szene. Nach anderen Augenzeugen gehörte er selbst zu denen, die der Greiftrupp zuvor aus der Menge herausgegriffen und in den Hof gebracht hatte. Nach Aussage des Demonstranten Reinhard B., der die Szene auf einer Mülltonne stehend beobachtete, trieb die Polizei dann alle Umstehenden hinaus; nur Ohnesorg habe sich noch im Hof befunden und zwischen geparkten PKW zu fliehen versucht, worauf Polizisten ihm den Weg abgeschnitten hätten. Erika S. sah, dass drei Polizisten um Ohnesorg herumstanden und ihn verprügelten, worauf er seine Hände halb erhoben habe. Sie habe dies als Zeichen der Ergebung und Beschwichtigung gedeutet. Der beteiligte Polizeibeamte Horst Geier sagte zunächst aus, Ohnesorg sei von drei Beamten im Griff gehalten worden. Nach weiteren Aussagen habe er sich mit letzter Kraft loszureißen versucht:[13]

...doch in der Nähe stehende Demonstranten hörten noch den entsetzten Ausruf: 'Bitte, bitte, nicht schießen!'

Andere hörten nur den Ruf „nicht schießen“.

In diesem Moment, etwa 20:30 Uhr, fiel ein Schuss, der Ohnesorg aus etwa eineinhalb Metern Entfernung in den Hinterkopf traf. Der Musikstudent Frank Krüger sagte später aus:[14]

Und dann habe ich das Mündungsfeuer der Pistole gesehen. Das Mündungsfeuer war ungefähr in Kopfhöhe. Im nächsten Moment lag der Student am Boden und rührte sich nicht.

Andere Zeugen bestätigten, sie hätten Mündungsfeuer in etwa 140-150 cm Höhe über dem Boden gesehen und Ohnesorg fallen gesehen. Einige hörten einen Wortwechsel zwischen dem Polizeibeamten Horst Geiger und Kurras:

Bist du denn wahnsinnig, hier zu schießen? - Die ist mir losgegangen.

Ein Tonband, aufgenommen von dem Toningenieur Rainer Bosch vom Süddeutschen Rundfunk, dokumentiert ein Schussgeräusch und gleich darauf einsetzende „Mörder, Mörder!“-Rufe in der Krummen Straße. Zudem ist darauf der Befehl einer männlichen Stimme hörbar:

Kurras, gleich nach hinten! Los, schnell weg!

Mehrere Journalisten - Uwe Dannenbaum, Bernard Larsson, Jürgen Hentschel - fotografierten die Vorgänge im Hof unmittelbar vor und nach dem Schuss. Die Polizisten - darunter der herbeigeeilte Einsatzleiter - versuchten, sie abzudrängen, und brachten Kurras ins Polizeipräsidium."(...)


mediale, staatliche und juristische reaktionen finden sich gesammelt im verlinkten wiki-artikel:

(...)"Auch die Berliner Bildzeitung berichtete am Folgetag, es habe einen Toten gegeben. Abgebildet wurde daneben ein blutender Polizist. Von einem Messerangriff war nichts zu lesen, ebenso wenig von einem Todesschuss. Der Kommentar lautete:

Hier hören der Spaß und der Kompromiss und die demokratische Toleranz auf. Wir haben etwas gegen SA-Methoden.

Am nächsten Tag hieß es:

Die Polizei trägt keine Schuld an den Zusammenstößen, die eindeutig von unseren Krawallradikalen provoziert wurden. Die Polizei tat ihre schwere Pflicht. Benno Ohnesorg ist nicht der Märtyrer der FU-Chinesen, sondern ihr Opfer...Helft der Polizei, die Störer zu finden und auszuschalten."(...)

(wie es sich gleicht! mo)

(...)"Nach dem Polizeibericht, der sich ausschließlich auf Aussagen der anwesenden Polizisten stützte, soll Kurras in Notwehr geschossen haben. Dieser gab in den Folgetagen drei verschiedene Versionen des Tathergangs an, die nur im ersten Punkt übereinstimmten: Er habe sich von den Demonstranten bedroht gefühlt, daraufhin seine Waffe gezogen und entsichert.

* Dann habe er einen oder zwei Warnschüsse abgegeben, von denen einer als Querschläger Ohnesorg getroffen habe.
* Im Handgemenge sei seine Waffe versehentlich losgegangen.
* Zwei Männer mit „blitzenden Messern“ hätten ihn, als er am Boden lag, angegriffen, und er habe sich durch Gebrauch der Schusswaffe schützen wollen. Diese Version vertrat er vor den Behörden unwidersprochen monatelang in der Presse und später auch in seinem Prozess."(...)

(...)"Der Todesschütze Karl-Heinz Kurras blieb zunächst im Dienst. Gegen ihn wurde ein Verfahren wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung eingeleitet. Vor Gericht sagte er aus, er sei in dem Hinterhof von „zwei jungen Männern mit blitzenden Messer“ bedroht worden. Darauf habe er aus seiner Dienstpistole einen Warnschuss abgegeben. Dann sei er „brutal niedergeschlagen“ worden. Dabei habe sich „durch das Zerren und Ziehen der verhängnisvolle zweite Schuss gelöst“, der Ohnesorg traf.

Keiner von 83 Zeugen - auch keienr der beteiligten Kollegen von Kurras - hörte einen Warnschuss, sah Messer, ein Handgemenge und Kurras am Boden liegen. Keiner der Festgenommenen hatte Messer oder andere Waffen bei sich. Das tödliche Geschoss war ebenso wie ein zweites Projektil unauffindbar. Auch das Schädelstück, das die Kugel durchschlagen hatte, blieb verschwunden. Eine Spurensicherung am Tatort hatte nicht stattgefunden; das Pistolenmagazin von Kurras war sofort ausgetauscht worden. Zudem stellte der Richter fest, Ohnesorg habe selbst am Boden gelegen und sei wahrscheinlich sogar noch nach dem Todesschuss verprügelt worden.

Doch die 14. Große Strafkammer des Landgerichts Moabit sprach Kurras am 21. November 1967 frei. In der Urteilsbegründung hieß es, das Gericht habe „keine Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Tötung oder eine beabsichtigte Körperverletzung durch einen gezielten Schuß“ gefunden. Es sei „nicht widerlegbar, dass er sich in einer lebensbedrohlichen Lage glaubte“. Die Reaktion auf eine subjektiv angenommene Bedrohung nannte das Gericht „putative Notwehr“ und schuf damit einen bis dahin unbekannten Rechtsbegriff."(...)


*

olaf ritzmann, im alter von 16 jahren 1980 in hamburg im rahmen eines polizeieinsatzes nach einer demonstration gegen franz-josef strauß vor die s-bahn getrieben:

(...)"Sehr geehrte ‚Spiegel‘-Redaktion! Beiliegend schicke ich Ihnen einen ‚Offenen Brief an den Innensenator‘, den ich schrieb, nachdem mich die Nachricht vom Tode Olaf Ritzmanns, des mittelbaren Opfers des Polizeieinsatzes vom 25.8.1980 auf dem S-Bahnhof Sternschanze, erreichte und erschütterte.

Nach meiner Überzeugung kann der Polizeieinsatz gegen die auf dem Heimweg befindlichen Strauß-Gegner einzig den Zweck eines ‚Rachefeldzuges‘ verfolgt haben, denn die Angegriffenen – ihre Kundgebung war längst beendet – standen friedlich wartend auf dem Bahnsteig (es wurde auch während des Einsatzes niemand verhaftet). Die tatsächlich geworfenen Steine dienten lediglich als Abwehr der Polizisten, die, indem sie mit Gummiknüppeln auf ihre Schilde schlugen, einen furchterregenden Lärm machten, wobei sie keilförmig gegen die Menschen vorrückten. Dieser Lärm und die Tränengasgranaten, die in die Menge geworfen wurden, waren der Grund für die Panik, die Olaf Ritzmann und viele andere – vom Gas fast blind – auf die Gleise trieb; auf dieser ziellosen Flucht ereignete sich dann in einiger Entfernung vom Bahnsteig der schwere, tödliche Unfall.

Da ich der Meinung bin, daß die Polizei ein solches Verhalten vorhersehen mußte, sie aber trotzdem so brutal vorging, ja sogar den anderen Ausgang des überfüllten Bahnhofes abriegelte, muß ich der Polizei bzw. der Einsatzleitung die Schuld für Olaf Ritzmanns Tod geben.
Deshalb schrieb ich den ‚Offenen Brief‘ mit der Bitte um lückenlose Aufklärung und Bestrafung der schuldigen Beamten. Da der ‚Spiegel‘ für seine faire, objektive Berichterstattung, aber auch für seine kritische Haltung der Staatsmacht gegenüber bekannt ist, bitte ich Sie um den Abdruck des ‚Offenen Briefes‘. Es muß auch einmal die andere Seite gehört werden."
(Leserbrief an den "Spiegel")


mediale, staatliche/justizielle version und reaktionen:

""Die Polizei, die bisher immer nur von einem Einsatz im Sternschanzen-Bahnhof sprach, der um 21.40 begann, bestätigte dem Abendblatt gestern nun doch einen zweiten Einsatz am gleichen Ort."
(Hamburger Abendblatt, 5.9.1980)


"Vier Tage wurde Olaf Ritzmann noch künstlich am Leben gehalten. Erst am Freitag vorletzter Woche durfte der 16jährige Tischlerlehrling sterben. Gehirntot aber war er schon am Montag davor, als er von einem Zug der Hamburger S-Bahn erfaßt und auf die Gleise geschleudert wurde. Auf einen Wink der Polizei hatten die Ärzte das kurze Leben des jungen Mannes noch um ein paar Tage verlängert. Man wollte vermeiden, daß es im Anschluß an die blutigen Auseinandersetzungen nach einer Anti-Strauß-Demonstration auch noch zum Märtyrer-Mythos komme."
(Die Zeit, 12.9.1980)


"Die Anwendung von Tränengasgranaten wird ausdrücklich für den gesamten Demonstrationseinsatz bestritten. [...] Nach Darstellung der Polizei hatte Olaf R. zusammen mit anderen Jugendlichen den Bahnsteig verlassen und war auf den Gleisen bis zu einer Eisenbahnbrücke gegangen. Von dort seien Polizeibeamte, die sich unterhalb der Brücke im Einsatz befanden, mit Steinen beworfen worden. Als die Polizei nicht auf die Brücke gekommen sei, hätten sich die Jugendlichen auf den Rückweg zum Bahnsteig gemacht. Dabei sei Olaf R. von dem Zug, der nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, angefahren worden. Erst danach sei ein Gruppe Bahnpolizei und später Schutzpolizei auf den Bahnsteig gekommen."
(taz, 1.9.1980)

"Der Hamburger Staatsanwalt Klein hat am 11. April 1983 das Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Tod von Olaf Ritzmann abgeschlossen. Der Tod des 16jährigen Tischlerlehrlings, der bei der Anti-Strauß-Demonstration am 25. August 1980 am S-Bahnof Sternschanze von einer Bahn überfahren wurde, bleibt danach ungesühnt. Klein kam nach fast dreijähriger Ermittlung zu dem Ergebnis, daß ein ursächlicher Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz im Bahnhofsgebäude und dem Tod des Jungen nicht besteht. ‚Die gegen Polizeibeamte in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe sind unbegründet, zumindest aber nicht nachweisbar‘, schlußfolgerte der Staatsanwalt."
(taz, 2.5.1983)


*

klaus-jürgen rattay, im alter von 18 jahren 1981 während eines polizeieinsatzes nach der räumung mehrere besetzter häuser in berlin von einem bus überrollt:

(...)" Der neue CDU-Senat unter Richard von Weizsäcker, mit Heinrich Lummer als Innensenator, beschließt, ein Exempel zu statuieren und acht Häuser räumen zu lassen. Den Besetzern wird ein Ultimatum gestellt, so dass alle Interessierten wissen, wann die Barrikaden brennen werden. Beide Seiten bereiten sich vor. Am Morgen des 22. September rückt die Polizei gleichzeitig in acht Häuser vor. Als die ersten Häuser geräumt sind, will sich Senator Lummer selbst ein Lagebild verschaffen. Durch die Hintertür wird er ins Haus Bülowstraße 89 geschleust, während vor dem Haus Demonstranten stehen, die von der Polizei in Schach gehalten werden. Es dauert nicht lange, bis die Nachricht von Lummers Anwesenheit die Straße erreicht. Drinnen gibt der Senator eine improvisierte Pressekonferenz, draußen versammeln sich Sympathisanten aus anderen besetzten Häusern und rufen „Lummer raus aus unserm Haus“. Ganz vorne dabei ist auch Klaus-Jürgen Rattay.

Lummer zeigt sich kurz auf einem Balkon, was die Wut der Menge weiter ansteigen lässt. Die Polizei drängt die Demonstranten Richtung Potsdamer Straße ab. Dort geraten sie in den Verkehr. Rattay springt auf die Stoßstange eines Busses – die Polizei erklärt später, er habe die Windschutzscheibe einschlagen wollen, Augenzeugen sagen, er habe seine Arme ausgebreitet, um Stopp zu signalisieren. Der Busfahrer hält nicht. Rattay verliert den Halt, gerät unter den linken Vorderreifen. Er wird tödlich verletzt."(...)


staatliche/justizielle reaktionen 1:

"Berlin/Frankfurt (dpa, ap, ddp) - Nach den schweren Verwüstungen bei den Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei in Berlin zog die Berliner Polizei am Mittwoch eine erste Zwischenbilanz. Danach wurden über 100 Polizeibeamte verletzt, davon allein 50 bei den nächtlichen Krawallen im Anschluß an den Schweigemarsch, zu dem sich die Demonstranten nach dem Tod des 18jährigen Klaus-Jürgen Rattay formiert hatten. Rund 50 Personen seien bei Brandanschlägen und Plünderungen festgenommen worden. Insgesamt 143 Polizeifahrzeuge seien beschädigt worden. Über die Zahl der verwüsteten Scheiben und Geschäftsfassaden lagen keine genauen Angaben vor. Die Sachschäden dürften jedoch Millionenhöhe erreichen. Auch im Ausland, in Amsterdam, kam es im Zusammenhang mit den Berliner Vorfällen zu Ausschreitungen.

Bereits am Mittwochvormittag versammelten sich, wie schon am Abend zuvor, an der Unfallstelle in der Berliner Potsdamer Straße, wo am Vortage der an den Demonstrationen beteiligte Klaus-Jürgen Rattay von einem Bus überfahren worden war, wieder eine große Menschenmenge.

Über den Unfallhergang gibt es nach wie vor unterschiedliche Darstellungen. Polizeipräsident Hübner erklärte, es mehrten sich die Zeugenaussagen, die die von der Polizei gegebene Darstellung bestätigten. Danach sei Rattay nicht mit einer Gruppe von Demonstranten von Einsatzkräften der Polizei in die Potsdamer Straße getrieben worden, auf der reger Autoverkehr herrschte. Der junge Mann sei vielmehr auf die Stoßstange des Busses gesprungen und von dort abgerutscht. Die Vertreter von CDU, SPD und FDP hätten das Vorgehen der Polizei ausdrücklich anerkannt. Lediglich der Vertreter der Alternativen Liste (AL) habe sich der Zustimmung nicht angeschlossen.

Auf einer Pressekonferenz im Schöneberger Rathaus präsentierte die AL acht Augenzeugen, die die Version erhärteten, daß Rattay nicht den Linienbus mit Steinen angegriffen habe. Rattay habe sich vielmehr mit einer Gruppe von Demonstranten auf der Flucht vor der anrückenden Polizei befunden. Dabei sei er über eine Kreuzung gerannt, habe den Bus aber zu spät bemerkt und versucht ihn anzuhalten, indem er sich mit erhobenen Händen vor das Fahrzeug gestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt seien noch keine Steine gegen den Bus geworfen worden. Erst als Rattay von dem weiterfahrenden Bus erfaßt und 60 Meter mitgeschleift wurde, hätten einige Demonstranten versucht, durch Steinwürfe den Busfahrer auf das Geschehen aufmerksam zu machen.

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Herrman, erklärte zu den Vorgängen, die Linie des Senats sei "angemessen und sachgerecht". Die Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund erklärte, es sei "endlich an der Zeit gewesen, der Eskalation der Gewalt Einhalt zu gebieten."(...)


reaktionen 2:

(...)"Er wisse bis heute nicht, warum und weshalb es zu dem Tod des 18-Jährigen gekommen sei, sagt der Potsdamer Oberstaatsanwalt Wolf-Rüdiger Ludwig. Der inzwischen 65-Jährige hat damals die Ermittlungen geleitet. "Das ist meine Vergangenheit", sagt Ludwig auf die Frage, was ihm zu dem Namen Rattay einfällt. Kripo und Staatsanwaltschaft hätten sich wirklich um Aufklärung der Todesumstände bemüht. "Es nicht geschafft zu haben, ist kein gutes Gefühl. Das können Sie mir glauben."

Das Problem ist: Es gibt zu viele Zeugen. Je mehr Menschen von der Polizei befragt werden, desto widersprüchlicher werden die Angaben. "Über 100 Zeugen - das ist ein unvorstellbares Ausmaß", sagt der 61-jährige Rechtsanwalt Wolfgang Meyer-Franck. Er hat die Familie des Toten rechtlich betreut. "Es ist wie immer im Leben: Jeder hat etwas anderes gesehen."

Aus den Zeugenaussagen kristallisieren sich zwei Versionen heraus. Der Gerichtsmediziner Schneider fasst sie in seinem Buch so zusammen: Demonstrationsteilnehmer sagen aus, Rattay sei zusammen mit anderen Demonstranten auf die viel befahrene Potsdamer Straße gedrängt worden. Der Fahrer des BVG-Busses sei "dann voll auf den auf der Kreuzung stehenden 18-Jährigen zugefahren".

Bei der anderen Version handelt es sich um die Polizeiversion, unter Berufung auf andere Zeugen: Demonstranten hätten den BVG-Bus mit Steinen beworfen. Dadurch sei die Frontscheibe und die Seitenscheibe der Fahrerkabine zerstört worden seien. In diesem Augenblick sei der mit einer Kapuze maskierte Rattay auf die Stoßstange des Busses geklettert und habe versucht, die Frontscheibe weiter zu demolieren. "Offensichtlich versuchte der Fahrer, aus dem Gefahrenbereich herauszukommen", zitiert Schneider den Polizeibericht wörtlich. Dabei sei Rattay von der Stoßstange abgerutscht und vor ein Vorderrad geraten. Der Bus habe ihn 80 Meter weit mitgeschleift. Passanten hätten den Fahrer dann auf das Geschehen aufmerksam gemacht.

Hauptbeschuldigte in dem folgenden Ermittlungsfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge sind der Busfahrer und ein Einsatzleiter der Polizei. Dabei handelt es sich um jenen Beamten, der es versäumt hat, die Kreuzung sperren zu lassen, bevor er den Befehl zur Straßenräumung erteilte. Zweimal stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die beiden Beschuldigten ein. Zweimal legt Rechtsanwalt Meyer-Franck Beschwerde ein. Mit einem neuerlichen Verkehrssachverständigengutachten bewirkt Meyer-Franck, dass das Kammergericht eine mündliche Verhandlung zum Klageerzwingungsverfahren durchführen muss. Am Ende wird der Antrag aber doch abgelehnt. Die Begründung der Richter: Gegen die Beschuldigten bestehe zwar ein erheblicher Verdacht, die Beweise reichten aber nicht aus. "Dabei hat der Verkehrssachverständige in seinem Gutachten festgestellt, dass der Bus bei dem Aufprall mindestens 20 Stundenkilometer schnell gefahren ist", erzählt Meyer-Franck. "Die Straße war voller Menschen. Er ist einfach in die Menge reingefahren. In so einem Fall ist ein Bus ein Mordgerät." Das hätte der Fahrer wissen müssen, egal ob ihm die Richtung der Demonstration gepasst habe oder nicht. "Es ist traurig, dass die Rechtssprechung das nicht erkannt hat."(...)


*

günther sare, im alter von 36 jahren 1985 während einer demonstration gegen eine npd-veranstaltung in frankfurt von einem wasserwerfer überrollt (staatliche(justizielle reaktionen im folgenden enthalten):

(...)"Der 36jährige hatte am 25. September 1985 im Gallusviertel an einer Kundgebung und Blockade gegen eine Veranstaltung der NPD teilgenommen, die in dem überwiegend von Einwanderern bewohnten Stadtteil eine Versammlung durchführte.

Massive Polizeikräfte, zu denen auch Wasserwerfer gehörten, gingen in den Abendstunden dazu über, die Strassen von Gegendemonstranten zu räumen. Im Verlauf dieses Einsatzes geriet Günter Sare unter gezielten Wasserwerferbeschuss, versuchte zu fliehen, stürzte und wurde von einem zweiten Wasserwerfer überfahren.

Die Polizei verweigerte zuerst Demosanis und Ärzten die Hilfeleistung und vertrieb unter Schlagstockeinsatz weitere Hilfswillige. Ein Notarztwagen traf verspätet ein. Kurz darauf starb der Schwerverletzte.

Die Angehörigen Günter Sares, Mutter und Schwester, erhielten erst am folgenden Tag von einem Zivilbeamten mehr nebenbei offiziell Kenntnis vom Tod ihres Sohnes und Bruders. Unter Mühen gelang es ihnen, eine Zweitobduktion der Leiche durchzusetzen und dem Gutachter wurden wochenlang wichtige Untersuchungsergebnisse des hessischen Landeskriminalamtes vorenthalten.

Verschiedene Versionen über die Todesursache wurden umgehend in Umlauf gesetzt: So soll sich auf der Kreuzung, wo der Vorfall stattfand, eine Menschenansammlung befunden haben, die die Polizei attackierte. Dann hiess es, Günter Sare sei von einem Stein am Kopf getroffen worden, gestürzt und dann unter die Räder geraten. Als nächstes wurden Günter Sare ein Stein und später ein Rundholz angedichtet, das er auf den Wasserwerfer geschleudert haben soll. Die Meldungen dienten vor der Öffentlichkeit als Begründung, in den kommenden Tagen jegliche Protestversammlungen in der Frankfurter Innenstadt auseinanderzutreiben-, zeitweilig glich die Mainmetropole einer Polizeifestung.

Fast ein dreiviertel Jahr später legte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungsergebnisse vor: Danach war die Kreuzung im Gallusviertel hell erleuchtet und übersichtlich, und Günter Sare stand allein dort, als er unter gezielten Beschuss zweier Wasserwerfer geriet. Der Todeswasserwerfer stand nicht unter Bewurf und aus dem Inneren des Fahrzeugs boten sich beste Sichtverhältnisse.

Doch die beschuldigte Wasserwerferbesatzung will Günter Sare nicht gesehen haben, weder vor dem gezielten Wasserstrahl, noch, als der Getroffene zu entkommen versuchte. Alle fünf Besatzungsmitglieder hatten ihr Augenmerk angeblich gleichzeitig in eine andere Blickrichtung gelenkt.

Merkwürdig bleibt auch, dass die Tonaufzeichnungsanlage, die den Funkverkehr mit anderen Einsatzkräften aufnehmen soll, just in diesem Augenblick funktionsuntüchtig gewesen sein soll. Auch Videobilder der Dokumentationstrupps liegen nicht vor. Eine Erklärung steht ebenfalls aus für die Öffnung des Fahrtenschreibers unmittelbar vor und nach dem tödlichen Einsatz. "Dies legt den Verdacht der Beweismittelmanipulation nahe", schreibt Rechtsanwältin Waltraud Verleih, die die Angehörigen Günter Sares in einer Nebenklage vertritt, in einer Presseerklärung. "Nach diesem Ermittlungsergebnis hat das 26 Tonnen schwere Tatwerkzeug eine Geisterfahrt hinter sich gebracht", kommentiert die Anwältin.

Sie hat deshalb unter anderem Beschwerde dagegen eingelegt, dass die Ermittlungen gegen drei der fünf Besatzungsmitglieder des Todesfahrzeuges eingestellt wurden. Auch mit der Einstellung der Anzeige gegen die verantwortliche Frankfurter Polizeiführung will sich Waltraud Verleih nicht abfinden und kündigt an, die Verhandlung für eine umfassende Klärung des Tatgeschehens zu nutzen. Die Staatsanwaltschaft selbst hat lediglich gegen den WaWe- Kommandanten und den Fahrer Anklage erhoben: wegen "fahrlässiger Tötung". Für ein vorsätzliches Handeln gäbe es keine Anhaltspunkte, erklärt die Anklagebehörde, mehr noch, der Vorwurf habe sich als "ausgesprochen absurd" herausgestellt."(...)


*

erna sielka, rentnerin (alter kann z.zt. von mir nicht festgestellt werden), 1986 während der auseinandersetzungen um die waa in wackersdorf während eines polizeieinsatzes durch einen herzinfarkt gestorben. zu dieser toten gibt es online anscheinend genauso wenig materialien wie zu

*

alois sonnleitner, im alter von 38 jahren ebenfalls 1986 an einem durch einen polizeilichen cs-gas-einsatz in wackersdorf ausgelösten asthmaanfall gestorben. für ergänzungen zu diesen beiden toten wäre ich sehr dankbar.

*

conny wessmann, im alter von 24 jahren 1989 während eines polizeieinsatzes gegen antifaschistische demonstrantInnen in göttingen auf einer vielbefahrenen straße von einem auto überrollt - ein langes interview als .pdf-file dazu.

justizielle reaktion:

(...)"Bei den offiziellen Untersuchungen wurde weder ein Verschulden von Polizeibeamten noch auf Seiten des Autofahrers festgestellt, der nicht mehr ausweichen konnte."(...)

***

falls Ihnen bei den staatlich-justiziellen reaktionen irgendwelche wiederkehrenden muster oder gar parallelen zu aktuellen ereignissen aufgefallen sind, können die nur an zeitweiligen wahrnehmungstrübungen liegen. schließlich ist das hier ein demokratischer rechtsstaat. wer das anders sieht, steht bereits hart am rande der verfassungsfeindlichkeit. und das will doch wirklich niemand. oder?

Montag, 4. Juni 2007

notiz: fakes und lügen als bestandteil staatlicher und medialer propaganda

einige aktuelle beispiele: der fake von den "vermummten" bei der heutigen großdemonstration in rostock gegen die flüchtlings- und migrationspolitik der g8:

"Die heute auf Weisung der Polizei vorzeitig beendete Demonstration gegen die deutsche Migrationspolitik wurde mit der Begründung gestoppt, dass mindestens 2.000 der insgesamt etwa 8.000 Teilnehmer vermummt seien.(...)

Polizeieinsatzabschnittsführer Gerhardt Danzl erklärte kurz vor Beendigung des Protestzuges, er habe «keinen einzigen Vermummten in dieser Demonstration gesehen».

(quelle ist der ticker der "jungen welt")


dazu auch den bericht mehrerer begleitender rechtanwälte:

(...)"Im Verlauf behauptete die Pressestelle von Kavala, die Demonstration sei aufgehalten worden, da sich darin 2.500 vermummte, gewaltbereite TeilnehmerInnen befänden. Vor Ort bestätigte jedoch der Gesamteinsatzleiter, dass es zu keinerlei Straftaten gekommen sei und sich in der Demonstration kein einziger Vermummter befunden habe."(...)

beispiel zwei: der fake von den "tausend verletzten" - wenn Sie heute auch nur ein paar medienstimmen gelesen/gehört haben, können Sie einschätzen, welche bedeutung dieser nachricht seitens detr mainstreammedien gegeben wurde. nun gibt es ebenfalls im jw-ticker die wiedergabe einer "focus"-meldung:

»Die Anzahl der Menschen, die bei der Eskalation der Anti-G8-Demonstration am Wochenende in Rostock verletzt wurden, liegt offenbar deutlich niedriger als angegeben,« bemerkte das Magazin FOCUS am Montag in seiner Online-Ausgabe.

»Alle in die Krankenhäuser eingelieferten Personen wurden zwischenzeitlich entlassen«, zitierte FOCUS Online den Pressesprecher der Hansestadt Rostock, Ulrich Kunz. Von den während der gewaltsamen Ausschreitungen verletzten Polizisten befinde sich lediglich einer noch in stationärer Behandlung in der Universitätsklinik in Rostock. Die Verletzungen seien jedoch nicht lebensbedrohlich. Professor Bernd Freitag vom Klinikum Südstadt Rostock habe erklärt: »Nach Diagnostik und Behandlung haben sich viele Verletzungen als nicht so schwierig erwiesen.« Insgesamt waren nach Polizeiangaben bei den Ausschreitungen am Samstag 433 Beamte verletzt worden, 30 davon schwer.

Auf Nachfrage von junge Welt bestätigte am Montagnachmittag eine Polizeipressesprecherin, daß nur noch ein Polizist in stationärer Behandlung sei. Bei den Verletzungen der 433 Beamten habe es sich mitunter nur um »blaue Flecken« gehandelt.


beispiel drei: der angebliche aufruf - lt. "spiegel online", das sich inzwischen als führendes fakemedium versucht zu etablieren - am samstag "wir müssen den krieg in die demo tragen", ist inzwischen schon vielfach in den korrekten kontext gerückt worden. eine zusammenfassung gibt es derzeit im zdfblog: Das Leben einer Falschmeldung

*

all das macht diskussionen über sinn, unsinn, gründe und berechtigung von militanz - so wie im letzten beitrag hier versucht - zwar nicht überflüssig, rückt sie jedoch im angesicht dreist-frecher offizieller lügen in einen angemessenen zusammenhang. und das stichwort lüge ist auch nochmal die schnittstelle zum verständnis der weltwahrnehmung von leuten, die ihre lügen auf neusprech inzwischen als fiktionale glaubwürdigkeit verkaufen. schauen Sie nochmal in den beitrag rein - es passt wie angegossen:

...)"Sie behaupten auch, Ehrlichkeit sei für die Politik kein relevantes Kriterium.

Kocks: Richtig. Und das ist kein Zynismus, das ist der Zustand des Aufgeklärtseins. Die Wahrheitskategorie hat mit Geschäften nichts zu tun. Ein Autohändler möchte Geschäfte machen, und ein Politiker möchte das auf einer anderen Ebene auch. In Demokratien müssen Sie Machtausübung - zynisch könnte man sagen: leider - legitimieren. Deshalb müssen Sie die Leute von Ihren politischen Maßnahmen überzeugen. Dass es dabei nicht um die reine Wahrheit geht, ist mittlerweile Allgemeingut. Auf die Frage: 'Glauben Sie Politikern?', antworten nur 15 Prozent uneingeschränkt mit ja. Und die müssen Sie im Grunde genommen zum Arzt schicken."(...)


der "gipfel" als gigantische pr-inszenierung. und zwar in jeder hinsicht. vielleicht sollten wir langsam mal die parole ausgeben:

"zerstört die simulationen!"

User Status

Du bist nicht angemeldet.

US-Depeschen lesen

WikiLeaks

...und hier geht´s zum

Aktuelle Beiträge

Es geht ihm gut? Das...
Es geht ihm gut? Das ist die Hauptsache. Der Rest...
Grummel (Gast) - 23. Jan, 21:22
Im Sommer 2016 hat er...
Im Sommer 2016 hat er einen Vortrag gehalten, in Bremen...
W-Day (Gast) - 23. Jan, 14:49
Danke, dir /euch auch!
Danke, dir /euch auch!
Grummel - 9. Jan, 20:16
Wird er nicht. Warum...
Wird er nicht. Warum auch immer. Dir und wer sonst...
Wednesday - 2. Jan, 09:37
Ich bin da, ein Ping...
Ich bin da, ein Ping reicht ;) Monoma wird sich...
Grummel - 15. Sep, 16:50
Danke, Grummel. Das Netzwerk...
Danke, Grummel. Das Netzwerk bekommt immer grössere...
Wednesday - 13. Sep, 10:02
Leider nicht, hab ewig...
Leider nicht, hab ewig nix mehr gehört.
Grummel - 12. Sep, 20:17
Was ist mit monoma?
Weiss jemand was? Gruß Wednesday
monoma - 12. Sep, 14:48
Der Spiegel-Artikel im...
Den Spiegel-Artikel gibt's übrigens hier im Netz: http://www.spiegel.de/spie gel/spiegelspecial/d-45964 806.html
iromeister - 12. Jun, 12:45
Texte E.Mertz
Schönen guten Tag allerseits, ich bin seit geraumer...
Danfu - 2. Sep, 21:15

Suche

 

Status

Online seit 7199 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:08

Besuch

Counter 2


assoziation
aufgewärmt
basis
definitionsfragen
gastbeiträge
in eigener sache
index
kontakt
kontext
lesen-sehen-hören
notizen
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren