notiz: in der bestenallerwelten [TM]... (update)

...stellen sich verschiedene fragen: sind die zeichen für eine um sich greifende agonie - oder auch implosion, das kommt auf die perspektive an - des sozialen lebens tatsächlich mehr geworden? oder verändert sich einfach die allgemeine und persönliche wahrnehmung dahingehend, dass früher als "normal" betrachtete zustände u.a. im zuge von tiefgreifenden umwälzungen kritischer gesehen werden? die position "alles wird immer schlimmer" jedenfalls ist zwar verführerisch einfach, trifft jedoch real längst nicht auf alle so wahrgenommenen entwicklungen zu (eines der nachdrücklichsten beispiele für diese differenz zwischen persönlicher und objektivierter wahrnehmung stellt immer noch der bereich der als solches definierten kriminalität dar - während bspw. alte menschen sehr häufig angstbestimmt in öffentlichen räumen unterwegs sind, stellen real tatsächlich junge männer unter dreißig jahren den hauptteil der opfer von gewaltkriminalität in eben diesen räumen. eine wahrnehmungsdifferenz, die sicher z.t. auch durch entsprechende mediale focussierung mit produziert wird, aber imo auch einiges über die persönlichkeitsstrukturen in der älteren bevölkerung aussagt. nur sehr selten bis nie wird nämlich nachgefragt, ob die - unbestritten vorhandenen - benannten ängste eigentlich tatsächlich ihre quellen in der aktuellen realität haben, oder vielleicht doch eher quasi mischungen aus aktuellen wahrnehmungen und vergangenen, quasi immer wieder neu getriggerten ängsten darstellen (letzteres dürfte dabei besonders auf die generation der kriegskinder des zweiten weltkriegs zutreffen, die teils mit bis heute unausgesprochenen traumata der verschiedensten art - bombenkrieg, flucht etc. - durchs leben geht)?

zu solchen und anderen wahrnehmungsdifferenzen zukünftig mehr. nichtsdestotrotz gibt es aber immer wieder meldungen wie die folgende , die deutlich machen, dass die unguten gefühle beim anblick des zustands der westlichen gesellschaften durchaus berechtigt sind:

"Eine aktuelle Studie der Duke Universität und der Universität von Arizona belegt, dass jeder vierte Amerikaner niemanden kennt, mit dem er wichtige Themen und Probleme besprechen kann. Die Anzahl der Menschen, die sagen keine Freunde zu haben, hat sich damit seit 1985 verdoppelt. Im Schnitt haben die Amerikaner zwei Vertrauenspersonen. Im Jahr 1985 waren es noch drei."(...)

"Der Trend der Vereinsamung der US-Bürger ist den Wissenschaftlern zufolge das Ergebnis der amerikanischen Lebensweise, die größtenteils im Büro und im Internet stattfindet. Die Menschen haben dadurch immer weniger Zeit für externe soziale Aktivitäten, die persönliche Beziehungen stärken könnten."(...)


die "(us-)amerikanische lebensweise" ist dabei durchaus als prototyp der existenz in den welten des spätmodernen kapitalismus anzusehen, dementsprechend in teils modifizierten formen auch an vielen ecken in europa zu beobachten. gleichzusetzen ist die us-gesellschaft mit den europäischen jedoch nicht - aber es lassen sich ja bekannterweise durchaus trends ausmachen, die mit mehr oder weniger zeitlicher verzögerung auch hier vielfach als modelle des angesagten lebens auffällig und verbreitet werden. was dann im bereich bspw. der popkultur noch mehr oder weniger geschmackssache ist (auch, wenn sich näheres betrachten der jeweiligen inhalte und botschaften sehr lohnt), wird bei solchen entwicklungen wie der dargestellten jedoch zur eindeutigen bedrohung (der grundlagen jedes sozialen lebens). gerade bei den mit pc und handy sozialisierten generationen wird diese entwicklung erst so recht durchschlagen. und beim stichwort computer verweise ich nochmals auf die hier und hier erwähnten sichtbaren möglichen zusammenhänge zwischen der herrschenden akzeptanz der allgegenwart von computern mit dem objektivistischen modus einerseits und autistischen störungen andererseits.

"Auch bei der Begeisterung über die zunehmende Rolle, die das Internet bei persönlichen Kontakten spielt, sei einige Zurückhaltung geboten, meint Smith-Lovin. Einerseits trägt E-Mail tatsächlich zum Pflegen von sozialen Kontakten bei. Laut einer aktuellen Studie des US-Instituts Pew Research Center teilen Familienmitglieder über Internet oft wichtige und seriöse Angelegenheiten miteinander. Auch ist es eine gute Methode, um die Kontakte mit weit weg wohnenden Familienmitgliedern und Freunden zu pflegen. E-Mail und SMS können Face-to-Face-Kontakt jedoch nicht ersetzen, warnen die Forscher. "Die richtig interessante Frage ist daher, wie wir das Internet anwenden können um unsere Offline-Beziehungen zu stärken und zu vertiefen", so Soziologe Putnam abschließend."

virtuelle räume als werkzeug nutzen, um das reale leben vielfältiger und auch angenehmer zu gestalten - genau dieses verhältnis könnte auch als metapher für ein gesundes psychophysisches verhältnis zwischen objektivistischen modus und subjektivem sein in uns menschen durchgehen. umgekehrt aber wird die dominanz von virtuellen (und simulativen) räumen als surrogat bzw. kompensation fehlender sozialer kontakte / beziehungen ebenfalls zur metapher, und zwar genau für diejenigen psychophysischen zustände, die hier immer wieder thema sind.

wenn Sie sich nochmal den letzten blogbeitrag unten betrachten, wird Ihnen sicher nicht entgangen sein, dass dort ebenso wie hier jetzt das thema beziehungs(un)fähigkeit im weitesten sinne eigentlich den gar nicht groß versteckten kern der jeweils thematisierten entwicklungen ausmacht. und ob es sich dabei um die folgen von hartz-IV oder aber von übermässiger pc-nutzung handelt -stets stehen diese entwicklungen im kontext der verdinglichung und durchkapitalisierung, die von elitärer seite aus als einziges modell für den gesamten planeten versucht wird durchzusetzen. der angriff auf unsere ganz spezifisch menschlichen beziehungsfähigkeiten ist dabei inzwischen unübersehbar, und der "erfolg" dieses angriffs ist u.a. in den steigenden zahlen der sog. psychischen krankheiten abzulesen. und dieser angriff zielt ebenfalls ganz unübersehbar auf den eigentlichen kern dessen, was uns überhaupt erst zu menschen macht: die fähigkeiten zur solidarität, empathie/mitgefühl, altruismus - die menschliche liebesfähigkeit in all ihren ausprägungen.

und wenn dieser angriff durchkommt, wird er der tödlichste überhaupt aller denkbaren angriffe sein. er zielt auf die absolute basis aller sozialität.

*

im eben erwähnten zusammenhang muss imo auch das thema mobbing als eine art symptom angesehen werden - mobbing verdient hier eigentlich auch einen eigenen beitrag, aber in der heutigen taz schildert ein autor persönliche eindrücke unter dem titel Neue Deutsche Asozialität , die es in sich haben:

"Das Klima wird rauer", sagen die Soziometeorologen. Was auch rassistischer meint. So wurde kürzlich eine tschechische Porzellanbemalerin nach 23 Dienstjahren in einer Berliner Geschirrfabrik Knall auf Fall entlassen - mit der Begründung: ihr fehle die nötige Qualifikation. Und in einem Ausbildungsinstitut entließ man eine tschechische Sekretärin, bloß weil dem neuen Vorstand ihr "Arbeitsstil" nicht gefiel, begründet wurde dies mit 10,5 Fehlstunden seit 2005. Es handelte sich dabei um zwei Tage, an denen sie Migräne hatte und früher nach Hause gegangen war, um sich krankschreiben zu lassen. In Wirklichkeit stand dahinter das Drängen einer deutschen Kollegin."(...)

"Gestern diskutierte ich im Advena darüber mit Fatih, der im Kotti-Quartiersbeirat mitarbeitet - und sich quasi laufend Gedanken über diesen neuen Hang zur Asozialität und Antisolidarität macht. Er ist selbst Opfer dieses Trends: Seine Firma, die alte Leute pflegt, kündigte ihm nach einer Rehamaßnahme wegen eines Bandscheibenvorfalls. Zwar gewann er den Arbeitsgerichtsprozess, arbeitslos ist er trotzdem. Fatih erzählte, dass auch in Kaufhäusern sowie in Altersheimen und Krankenhäusern das Mobbing epidemisch geworden sei, in Letzteren reagieren die Gemobbten sich an den Patienten ab. Er meinte, das alles sei Folge einer um sich greifenden "sozialen Verwahrlosung". Eine Ursache dafür ist laut Fatih die Schwäche der Gewerkschaften. Ich nickte. Von einer alten IG-Metall-Sekretärin hatte ich erfahren, dass dort das "Klima" ebenfalls extrem mies geworden sei: Man duze sich nicht mehr und feiere auch nicht mehr zusammen. Alle Kontakte würden sich formalisieren, jeder sei vor mobbenden Kollegen auf der Hut. So etwas hätte es früher nicht gegeben - vor dem Fall der Berliner Mauer. Die anscheinend so etwas wie eine tragende Wand gewesen ist."


die "schwäche der gewerkschaften" ist besser ebenfalls eher als symptom denn als ursache auf den punkt gebracht. und der bezug auf die "mauer" (aka kalter krieg) lässt sich möglicherweise als hinweis auf den wegfall einer gesamtgesellschaftlichen und beidseitigen (in west wie ost) projektionsfläche betrachten, die quasi als eine art giftcontainer funktionierte, in denen das jeweilige abgespaltete "böse" bequem untergebracht werden konnte (zu dieser these hat sich klaus theweleit in "das land, das ausland heißt" viele gedanken gemacht).

nun ist mobbing aber weder eine speziell deutsche angelegenheit noch alleine ein produkt medialer inszenierung. oberflächlich betrachtet, stellt es u.a. die perfekte versinnbildlichung vom krieg "aller gegen aller" dar; die manifestation sozialdarwinistischer alpträume sowie das bitterernst genommene konkurrenzprinzip, gemixt mit eigenen abstiegs- und untergangsängsten sowie selbstzweifeln. boshaftig- und niederträchtigkeit gibt´s als garnierung oben drauf.

wie bei so ziemlich allen anderen sozialen phänomen haben wir es uns mehrheitlich angewöhnt, auch mobbing als scheinbar isoliertes ereignis zu betrachten (ausdruck und folge zugleich von fragmentierender wahrnehmung). und wie in anderen bereichen auch, so ist auch diese reduktionistische wahrnehmungsweise hier unzulässig, fatal und verzerrend-irreführend. mobbing wird bspw. untergründig im zitierten faz-artikel im letzten beitrag nahegelegt, wenn es dort heisst:

(...)"Außerdem müsse derjenige, der nach Macht strebe, gewisse Spielregeln befolgen und dabei auch in Kauf nehmen, ethische und moralische Hürden zu überschreiten."(...)

und mobbing wird ebenso quasi wie eine naturnotwendigkeit hingenommen - und die opfer als quasi "kollateralschäden" -, wenn folgende "empfehlung" gegeben wird (das dieses antisoziale gerede dazu noch von einer psychotherapeutin kommt, ist schlicht deprimierend):

(...)„Aber wer Macht will, muß bereit sein zu kämpfen und muß wissen, mit welchen Waffen er einerseits selbst ausgerüstet ist und welche andererseits auf dem gewählten Schauplatz von Nutzen sind“, erklärt Christine Bauer-Jelinek, die als Wirtschaftscoach und Psychotherapeutin arbeitet. „Wer weiterkommen will, muß strategisch vorgehen.“(...)

(...)"Ein kluger Machttaktiker läßt sich eben nicht in die eigenen Karten schauen, schaut anderen jedoch - oft mit Hilfe seiner Seilschaft - ständig ins Blatt. „So kann man Angriffe schon im Keim ersticken“, erklärt Zielke. Und gleichzeitig den Gegner schwächen. Zum Beispiel, indem man geschickt Gerüchte streut oder streuen läßt. „Der Stratege sieht dann gelassen zu, wie die Öffentlichkeit den Feind richtet.“

Gelingt es nicht, einen möglichen Angriff schon im Vorfeld abzuschmettern, dann müssen einflußreiche Verbündete her, die sich ganz demonstrativ auf die Seite des Angeschossenen stellen. Eine starke Seilschaft ist dafür das A und O. Aber wie baut man eine solche auf? „Zunächst einmal sollte man die Unglücklichen und Glücklosen meiden“, rät Zielke. Denn diese zögen das Unglück nach sich und brächten es auch über ihre Gefolgsleute."(...)


"gerüchte streuen, seilschaften aufbauen, die unglücklichen und glücklosen meiden" - und konkurrenten aus dem weg räumen - damit sind ganz wesentliche aspekte des mobbings auf den irren punkt gebracht (den zusammenhang mit verschiedenen psychophysischen störungen hatte ich im letzten beitrag schon umrissen).

für derlei kriegsführung - denn nichts anderes ist das - ist eine verdinglichende wahrnehmung, in der andere menschen nur noch als objekte des eigenen handelns und der eigenen - objektivistischen - kalkulationen auftauchen, die notwendige basis. symptom und (psychopyhsische) quelle zugleich für eine pathologische deformation des menschlichen lebens, die alle alarmleuchten angehen lassen muss. und deren - ja, bekämpfung, genau die gleiche priorität haben müsste wie der umgang mit einer lebensbedrohlichen epidemie. und eine politk, die diesen namen auch verdienen würde, hätte zunächst keine dringenderen ziele auf ihrer agenda zu führen.

aber derartige gedanken entsprechen ja mal wieder nicht den nüchternen sachzwängen dieser welt.

*

edit am 11.08.: im letzten jahr gab es hier schon beiträge zum thema alexithymie zu lesen (eins und zwei), und ich empfehle Ihnen, diese nochmals im hinblick auf das obige zu betrachten - und dabei besonders über diese sätze nachzudenken:

"In vielen Berufen sind Alexithymie-Eigenschaften in unserer Industriegesellschaft eine durchaus erwünschte Eigenschaft.

Daraus wird ersichtlich, dass es sich bei der Alexithymie nicht um eine Krankheit handelt."


so wie die aktuelle realität ausschaut, lässt es sich tatsächlich als eine art - allerdings kurzfristigen - "evolutionären vorteil" begreifen, von funktioneller bzw. struktureller wahrnehmungsreduktion betroffen zu sein - nichts anderes ist gefühl- bzw. empfindungslosigkeit nämlich. das dabei natürlich auch die beziehungsfähigkeiten den bach runtergehen, ist in einer welt, in der dinge und die sog. objektivität zu absoluten fetischen (gemacht) geworden sind, tatsächlich eher hilfreich - zumal im konkurrenzkampf, der als zivil angesehenen variante des krieges.

und, wie schon gesagt, langfristig absolut tödlich.
Faroer (Gast) - 8. Aug, 23:24

Die heulende Familie

Ein paar Kleinigkeiten mögen hier von mir angemerkt werden:

Marx war eben kein Ökonom - seine Werttheorie war ein Vorschlag gegen die herrschenden Geldalchemievorstellungen - sondern er war Philosph. Seine Hauptfrage war die Entfremdung, dieses "Irr da oben, wirr da unten". Da er nun auch über Ökonomie einiges wusste, meinte er, dass die Heilige Familie was ganz unheiliges sei, ein Zweckverband unter ökonomischen Zwängen.
Zum hier und heute: Sarkastisch ausgedrückt ist es für eine Frau ökonomisch machbar, dass,vor die Wahl gestellt, sich freitäglich prügeln zu lassen und zu wenig Geld zum Leben vom Göttergatten zu kriegen oder selbst zu arbeiten und mit gleich wenig Geld auszukommen und auf die Prügel zu verzichten ja klar, wofür Frau sich entscheidet. Ok, ok, etwas Mottenkistenbilderwelt aber in der Tendenz ja wohl erkennbar: Die gigantische (ein anderes Diminutiv fällt mir bei bestem Willen nicht ein) Produktivitätssteigerung HAT zur Folge, dass "Leben" (==Lebensunterhalt) billiger geworden ist. Das heisst: Die "Familie" als ökonomischer (!) Zwangsverband wird obsolet. Ich weiss dass diese Vorstellung unvorstellbar erscheint und viele Familienvorstellungen im Kern, nämlich der Existenzberechtigun dieser Vorstellungen, trifft (Ein kleiner Hinweis darauf, dass Familie ja nicht mehr so wichtig sein kann, sind diverse Erbschaftssteuervorstellungen und -Diskussionen).
Jedenfalls sind wir in der idiotischen Lage - nicht erst seit gestern - dass der immense Reichtum, den wir produzieren, nur Mangelvorstellungen generiert und kein Bewusstsein über die von uns geschaffen Reichtümer vorherrscht. Entfremdung eben.

Faroer

monoma - 9. Aug, 13:11

ein wichtiger aspekt...

...den du da ansprichst. tatsächlich hat die durchkapitalisierung auch mit ein paar herrschaftsrelikten der letzten jahrhunderte schluß gemacht bzw. doch einige - materielle - bedingungen dafür geschaffen (und ich vermute, darauf beziehen sich im weitesten sinne auch die sog. antideutschen bei ihrer neuentdeckten liebe für kapital und bürgerlich-kapitalistischen staat).

allerdings ist auch zu fragen, was die konsequenzen dieser imo nicht beabsichtigten - hm, modernisierung sind? den klassisch patriarchalen familienverband hat sie zwar weitgehend zu einem auslaufmodell gemacht, aber erstens sind die folgen dessen jahrhundertelanger gewalttätiger präsens noch lange nicht abgearbeitet, und zweitens hat er eine art von pseudostabilität geliefert (in dieser funktion imo zu vergleichen etwa mit einigen "realsozialistischen" diktaturen). das macht sicher den raum für neue, potenziell freiere entwicklungen frei - aber eben nur dann, wenn dieser raum von menschen mit den entsprechenden inneren strukturen auch genutzt werden kann. ansonsten werden das die meisten doch eher als angstmachend und destabilisierend empfinden, und sich u.u. neue käfige suchen, die zumindest "sicherheit" versprechen zu scheinen (imo sind derartige prozsse in den letzten zwei jahrzehnten verschäft zu beobachten, u.a. sind für mich die verschiedenen fundamentalismen dafür ein symptom).

und im übrigen ist die mogelpackung "individuelle freiheit", mit der die westlichen gesellschaften so gerne hausieren gehen, ein rein abstraktes ding, in der eine perverse und wahnsinige vorstellung des "ich" die hauptrolle spielt - ein "ich", dass sich imo hauptsächlich als identitätskonstruktion des objektivistischen modus begreifen lässt. und dieser modus - das kann aus meiner sicht nicht oft genug wiederholt werden - ist in seiner wirkung im bereich sozialer beziehungen, wenn er da in einer dominanten position auftritt, nur als hochgradig a-sozial denkbar. was denn auch durch einen blick in die realität jeden tag bestätigt wird.

von daher also ist auch die erwähnte auflösung der klassischen familie, so sehr sie in vielen fällen real befreiend sein mag (was gerade für frauen eine hauptrolle spielt), doch eine sehr ambivalente geschichte - erst recht dann, wenn keine wahrhaft lebens- und menschenangemessenen alternativen sichtbar zu sein scheinen.
Faroer (Gast) - 10. Aug, 00:41

Kein "Aspekt"

sondern eher Voraussetzung. Die eingeübte, erfahrene oder meinethalben tradierte Form mit - meist begrenzten oder mangelnden - Ressourcen umzugehen geraten in Konflikt mit den Möglichkeiten, die "Innovation", Fortschritt, bietet. Der erste, unglaubliche "Innovationsschub" war mit der Erfindung der Landwirtschaft verbunden, die die Grundlage aller Zivilisation, wie wir sie heute wahrnehmen, bietet. Die zweite wichtige "Erfindung" war die "Gleichheit" (==dadurch Dinglichkeit) aller Menschen, die durch die in diesem Ausmass nur durch die geographische Gegebenheit des Mittelmeeres möglich war: Erstens die Warenproduktion von Waren geringer Werdichte (Fernhandel war zu dieser Zeit nur mit Gütern hoher Wertdichte möglich, Weihrauch, Gewürze, Edelmetalle) und der Handel damit über das Mittelmeer, dann auch der erwähnte "Gleichheitsgedanke", denn auf See und vor Gott sind alle gleich, der auch ein Freihandelsgedanke war, dieser konnte klarerweise auf Handelsrouten über Land, die kontrollierbar waren, nicht entstehen, die Kontrollierbarkeit der Seewege, selbst der des Mittelmeeres, war da schon erheblich schwieriger bis unvorstellbar. Mein Standard-Tip: Thompson, The First Philosphers, dt. Die ersten Philosophen, Akademieverlag, war auch in der DäDäRäh im Giftschrank. Dann _den_ Spezialisten der Verdinglichung: Günther Anders, Die Antiquitiertheit des Menschen.

An die Zahnräder
Täglich steigt aus Automaten
immer schöneres Gerät.
Wir nur bleiben ungeraten,
uns nur schuf man obsolet.
Viel zu früh aus dunklem Grunde
vorgeformt und abgestellt,
stehn wir nun zu später Stunde
ungenau in dieser Welt.
Ach, im Umkreis des Genauen
ziemt uns kein erhobnes Haupt.
Dingen nur ist Selbstvertrauen,
nur Geräten Stolz erlaubt

Günther Anders.

mfg Faroer
kandinsky (Gast) - 10. Aug, 01:47

delegieren heißt das zauberwort

zitat:
"Jedenfalls sind wir in der idiotischen Lage - nicht erst seit gestern - dass der immense Reichtum, den wir produzieren, nur Mangelvorstellungen generiert und kein Bewusstsein über die von uns geschaffen Reichtümer vorherrscht. Entfremdung eben."

Diese "Mangelvorstellungen" werden delgiert, und zwar an die, die den reichtum schaffen...
und die, die delegieren, wissen schon warum und zu welchem zweck

wie wäre es mit sartre, camus und vor allen dingen nicolai hartmann und seine "ethik"
auf ca. 800 seiten handelt hartmann die wirklich wichtigen und wesentlichen dinge ab
husserl, scheler, jaspers, cassierer und nietzsche nicht zu vergessen....

ausser locke und russel kenne ich keinen ernstzunehmenden angelsächsischen philosophen

kandinsky
monoma - 11. Aug, 10:35

@faroer: ob es sich tatsächlich um eine "voraussetzung" handelt, wage ich zu bezweifeln. es ist wohl die alte "henne oder ei?"-frage, wenn es um die möglichen ursprünge von "eigentum" und kapitalismus geht. letzterer erzeugt sich sicherlich in einem gewissen sinne die ihm passenden menschen - aber andererseits konnte er sich imo nur auf der basis einer entsprechenden psychophysischen disposition überhaupt entwickeln, will sagen: die spaltung/dissoziation zwischen körper und geist/psyche mit der folge der entwicklung des westlichen standard-egos, welches sich als herrscher über "seinen" körper fühlt, ist imo die basis jeglichen begriffes von eigentum. und diese spaltung wird ganz primär durch gewalt erzeugt, auch in sehr subtilen formen. und genau an dieser stelle ist da für mich die psychohistorische betrachtungsweise mit ihrem verweis auf äußerst gewaltvolle formen des umgangs mit kindern in so ziemlich allen kulturen rund um den globus (und zwar schon in ferner vergangenheit) eher als mögliche erklärung einleuchtend.

@kandinsky: die von dir genannten autoren haben aus meiner sicht zwar durchaus ein paar mehr oder weniger brillante konstruktionen produziert, aber eben ihr objektivistisches werkzeug - mit dem sie konstruiert haben - faktisch nie selbst untersucht - dessen funktionsweise(n), und v.a. dessen stellung innerhalb der menschlichen subjektivität. ich fürchte, dass der großteil gerade der westlichen philosophie der letzten paar jahrhunderte mit diesem manko belastet ist.

das sie dabei auch immer wieder ein paar aspekte der realität zu fassen bekommen hat, liegt einfach daran, dass der objektivistische modus nichts aus sich selbst heraus schaffen kann, sondern als werkzeug auf material - d.h. in diesem fall sinnlich-körperlich basierte wahrnehmungen - angewiesen ist. die aber im falle der pathologischen dominanz dieses modus´ regelmäßig mehr oder weniger verzerrt sind. und dann mit ebenso unschöner regelmäßigkeit zu genauso verzerrten produkten (philosophischen gedankengebäuden, theoretischen konstruktionen etc.) führt.
che2001 - 5. Nov, 13:50

Ooooops!

" Im Schnitt haben die Amerikaner zwei Vertrauenspersonen. Im Jahr 1985 waren es noch drei."(...)" - Ich wüsste nicht auf Anhieb, wie viele Vertrauenspersonen ich so habe, aber auf zwei Dutzend käme ich. Eine solche Vereinsamung wie dort dargestellt wäre mir gar nicht vorstellbar.
mo (Gast) - 5. Nov, 17:33

@che:

wobei ich deine von dir beschriebene situation auch schon eine ausnahme finde, wenn ich mich so umschaue.

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