notiz: "14N / N14" - erster transeuropäischer generalstreik am 14. november [update am 03.11.]

selten genug, dass es in all diesen monaten und jahren mal etwas zumindest potenziell positives zu berichten gibt. in diesem fall jedoch dazu noch die ankündigung eines ereignisses, welches sich das strapazierte attribut "historisch" durchaus verdienen könnte.

die idee für einen gemeinsamen streik- und aktionstag der in europa besonders in die mangel genommenen länder des südens ist eigentlich naheliegend und durchaus nicht neu; meines wissens sind in den letzten jahren mindestens zwei versuche in die richtung gescheitert - nicht nur aus gründen nationaler egoismen, sondern auch wegen zögerlichen bis offen reaktionären gewerkschaften, die sich quer durch europa immer noch nicht so recht an den seit langem offen erklärten klassenkampf von oben gewöhnen mögen - und das betrifft nicht nur die jeweiligen und meist kapitalgepamperten funktionäre, sondern ebenso große teile der basis.

inzwischen haben jedoch die dimensionen der sozioökonomischen und auch psychosozialen verelendung nicht nur in griechenland, sondern auch in portugal, spanien und zunehmend italien ein ausmaß angenommen, welches den widerstand gegen die unter dem unwort "austeritätsmaßnahmen" laufende plünderungs- und umverteilungspolitik existenziell werden lässt (wer für beides eine art unvollständiger chronologie sehen will, sei einmal mehr auf
diese seite verwiesen).

und es dürfte am ende nicht zuletzt dieser existenziellen wucht zu verdanken sein, die sich seit wochen auf den strassen und plätzen des europäischen südens manifestiert, dass sich jetzt selbst die bisher mehrheitlich sehr staats- und systemtragenden führungsfunktionäre der jeweiligen großen landesgewerkschaften dazu genötigt sehen, eine der schärfsten waffen der bisher deutlich schwächeren partei in diesem klassenkampf nicht nur zu zeigen, sondern auch sozusagen zu modifizieren. denn auch, wenn ein tag generalstreik weiterhin nur eine, wenn auch starke, symbolische aktion darstellt: die premiere eines bewusst und zusammen organisierten transnationalen streiks lässt sich durchaus aus mehreren gründen als schritt in eine bessere richtung begreifen:
  • zum einen wird damit endlich einmal dem schon lange transnational betriebenen ständigen drehen an der krisenschraube auf gleicher ebene begegnet.
  • zum anderen ist das ein starkes und überfälliges signal gegen alle nationalistischen und rasssistischen "krisenlösungen", deren schärfste und übelste ausprägungen momentan wahrscheinlich in griechenland (aber nicht nur dort) zu betrachten sind. dieser unheilvollen tendenz eine ganz andere erfahrung und auch perspektive entgegenzusetzen, ist überfällig. und dazu eignet sich der kommende transnationale streik in idealer weise.
  • und nicht zuletzt wäre das auch einmal eine zur abwechslung wirklich positive form der europäischen einigung
*

bisher sind bestätigt die folgenden länder beteiligt:
  • portugal
  • spanien
  • malta
  • zypern
mit unterschiedlicher wahrscheinlichkeit werden bzw. könnten dazu kommen:
  • griechenland (sehr wahrscheinlich)
  • italien (diskussionen laufen)
  • frankreich (hier wird darüber nachgedacht, die zu diesem datum geplanten solidaritätsaktionen auch in form von streiks durchzuführen)
  • belgien (ähnlich wie frankreich)
und wenn es so tatsächlich passieren sollte, dass an diesem tag dann der gesamte europäische mittelmeerraum plus große teile westeuropas lahmliegen, dann wäre das ein signal, welches weder zu überhören noch zu ignorieren wäre - nicht von den "eliten", aber besonders auch nicht von den streikenden selbst, denen so die leider nur allzuoft als entleerte phrase daherkommende "internationale solidarität" einmal als lebendiger teil des eigenen aktiven handelns begegnen kann. und eine solche erfahrung ist in zeiten wie diesen nicht zu unterschätzen.

*

noch eine kleine materialsammlung: für einen allgemeinen überblick zur jeweils aktuellen entwicklung dieses projektes empfiehlt sich
europeanstrike. ebenfalls ist das ein neues schwerpunktthema beim labournet, dessen schwerpunktseiten zu solchen aktionen nicht nur wegen der dortigen einblicke in das innenleben der europäischen gewekschaften zu empfehlen sind. und auch telepolis hat begonnen, sich mit dem thema zu beschäftigen.

*

die nächsten wochen werde ich bei gelegenheit in diesen beitrag und die kommentare immer wieder mal updates einbauen; und auch die frage, ob und was hierzulande in diesem kontext passiert, soll noch thema werden.

logo 14n

update 1 am 03.11.: yo, der
kommentar von mrs. mop (danke & gruß!) unten veranlasst mich neben ein paar freien stunden heute dazu, etliche nachträge los zu werden - es hat sich zwischenzeitlich eine menge getan. bevor ich auf das thema des kommentars bzw. die situation rund um 14N hierzulande komme, zunächst ein europäischer überblick:
  • die anfangs genannten länder sind fest dabei; in spanien rufen auch die zunächst noch nicht im boot befindlichen anarchosyndikalistischen gewerkschaften (CNT und co.) mit zum 14. auf.
  • ich persönlich kann den griechischen status immer noch nur auf "wahrscheinlich" lassen, obwohl griechenland quer durch viele seiten als teilnehmendes land benannt wird. ich habe schlicht und einfach noch nirgends etwas "offizielles" seitens der gewerkschaften dort gefunden. kann aber auch sein, dass diese mit dem für die kommende woche geplanten zweitägigen generalstreik am mittwoch & donnerstag erstmal voll beschäftogt sind.
  • neues aber aus italien: hier wird nun - neben vielen weiteren aktionen - gewerkschaftsübergreifend zu einem vierstündigen (general-)streik aufgerufen.
  • ebenfalls hat mindestens eine der großen belgischen gewerkschaften einen streikaufruf draussen.
  • in frankreich läuft die mobilisierung v.a. neben den gewerkschaftsapparaten bzw. direkt an der basis - neben vielen strassenaktionen sind auch hier streiks in nicht vorhersagbarem ausmaß zu erwarten.
  • neu dazu auf der karte kommt großbritannien; auch hier hat eine größere mobilisierung gestartet und es scheint eine gewisse chance dafür zu geben, dass sich auch das gewerkschaftliche schwergewicht TUC einklinkt.
quellen zum obigen sind neben den bereits verlinkten seiten auch viele facebook-pages, die - aus meiner sicht bedauerlicherweise - bei dieser mobilisierung europaweit eine große rolle spielen. schon länger ist einer der zugrundliegenden aufrufe lesbar, nämlich der vom "europäischen gewerkschaftsbund" (egb) - hier in einer
übersetzten version. und unter punkt fünf dürfte eine wesentliche motivation für diesen aktionismus zu lesen sein:

"Der Exekutivausschuss konstatiert einen wachsenden Widerstand der Bürger/-innen und Arbeiter/-innen in den betroffenen Ländern..."

und in gewisser weise setzen sich quer durch europa alle im egb organisierten gewerkschaften mit solchen aktionen auf diesen widerstand drauf; teils mehr, teils weniger freiwillig. aber auch wenn weniger freiwillig, so schaffen sie mit dem ereignis an sich doch eine art präzedenzfall, hinter den sie zukünftig nur schwer zurückkönnen, weil die bisherige mobilisierung darauf hindeutet, dass der 14. november durchaus ein bemerkenswerter tag werden wird.

*

und nun zur brd: nach dem in vielen städten bereits bündnisse mit vereinzelter teilnahme gewerkschaftlicher organisierter entstanden sind, und dazu - auch via facebook - die dgb-führung ein gewisses ausmaß an verärgerter post zu bewältigen hatte, kam vor ein paar tagen die folgende erklärung an die öffentlichkeit:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

besten Dank für das Interesse an dem europäischen Solidaritäts- und Aktionstag am 14.11.2012.

Dieser Solidaritäts- und Aktionstag wurde von der Exekutive des EGB am 17. Oktober 2012 beschlossen. Den Resolutionstext senden wir anbei.

Der Geschäftsführende Bundesvorstand vom DGB hat am 29.10.2012 hierüber beraten und folgendes beschlossen.

Der DGB wird Solidaritätsaktivitäten anlässlich des europaweiten Solidaritätstages am 14.11.2012 durchführen. Die DGB-Bezirke werden gebeten diesen Solidaritäts- und Aktionstag zu unterstützen, in dem sie in ihrem Bereich Solidaritätsbotschaften organisieren. Insbesondere bieten sich hierzu auch Städtepartnerschaften mit den Krisenländern bzw. anderen Kooperationsstrukturen – wie zum Beispiel Partnerregionen – an.

Eine Solidaritätsbotschaft wurde verabschiedet, die wir Ihnen in der Anlage übersenden. (...)

Mit den Mitgliedsgewerkschaften des DGB ist verabredet, dass diese auf betrieblicher Ebene insbesondere von Euro-Betriebsräten verabschiedet werden.

Die DGB-Bezirke werden unterschiedliche Aktivitäten zu diesem Aktionstag entwickeln. Nähere Informationen erhalten Sie bei Ihrem zuständigen DGB-Bezirk.

Wir werden ab spätestens 05.11.2012 hierüber auch regelmäßig auf unserer Internetseite http://www.dgb.de informieren."


der erwähnte resolutionstext kann inzwischen an vielen stellen im netz nachgelesen werden; da es sich hierbei um wohlfeile worte handelt, die niemandem weh tun, spare ich mir die dokumentation. und das es sich bei der empfohlenen "aktion" des verfassens von "solidaritätsbotschaften" um das absolute minimum handelt, unterhalb dessen nur noch das blanke nichts-tun rangiert, lässt aus meiner sicht durchaus rückschlüsse auf die tatsächliche motivation der deutschen gewerkschaftlichen funktionärsschicht zu (ausnahmen bestätigen wie immer die regel). das die führung dann den bezirken (und in weiterer konsequenz dann auch den einzelgewerkschaften) einen gewissen spielraum für eigenes lässt, wird bspw. von der führung der ig metall als vielleicht der einflussreichsten einzelgewerkschaft in einem sinne genutzt, der
verräterisch antisozial daherkommt:

(...) "Bereits beim Manager-Forum auf Phoenix am 14. Oktober pöbelte der IG Metall Vorsitzende Huber, die spanischen Gewerkschaften hätten durch hohe Lohnabschlüsse ihre Vorteile verspielt (...). Er verließ damit nicht nur die gebotene Solidarität der europäischen Gewerkschaften, sondern hinterging die Vereinbarung, durch eine koordinierte europäische Tarifpolitik mindestens die Reallöhne zu sichern.

Im Gespräch mit der Zeitung Schwäbisches Tagblatt vom 25.10.2012 ging er jetzt noch einen Schritt weiter in der Zerstörung europäischer gewerkschaftlicher Zusammenarbeit, indem er die geplanten Streiks in einigen Ländern als voluntaristischen Unfug bezeichnete und allen Solidaritätsaktionen der IG Metall an diesem Tag eine Absage erteilte: Das eine ist ein Aufruf, das andere die Frage der Organisation. Die europäische Gewerkschaftsbewegung sei relativ schwach. Die einzige Gewerkschaft, die keine Mitglieder verliere, sei die IG Metall. Doch für einen Streik, wie ihn vier Länder planen, brauche es hierzulande eine Urabstimmung. Stattdessen will Huber in den Betrieben mit den Leuten reden. Er hat wohl bewusst ignoriert, dass im EGB-Aufruf von Streiks, Versammlungen und anderen Aktionen die Rede ist. Es ist weit mehr und anderes vorstellbar und gewünscht, als in den Betrieben mit den Leuten zu reden auch unterhalb von Streiks, die, zumal in Deutschland, eine lange Vorbereitungszeit benötigten. Und worüber will Huber mit den Leuten reden? Vielleicht über Subventionen und Steuererleichterungen für die deutsche Industrie?" (...)


das bestätigt nur einmal mehr, was von dieser gewerkschaftsführung mit ihrer unlösbaren anklettung an die chefetagen und die spd zu erwarten ist: nämlich genau nichts.

nichtsdestotrotz werden von den "üblichen verdächtigen" der wie auch immer linken außerparlamentarischen potenziellen opposition (potenziell deshalb, weil´s in diesem land schlicht keine reale opposition gibt) plus den übriggebliebenen occupy- und edj-strukturen (doch doch, die gibt´s noch) nach meinen infos bisher in folgenden städten aktionen verschiedener art geplant:

düsseldorf, köln, bochum, dortmund, bremen, hamburg, kassel, berlin, frankfurt/main

die eine oder andere stadt dürfte bis zum 14. noch dazukommen. eventuell etwas verwirrender könnte der ganze tag - in einem positiven sinne - dadurch werden, dass vom 14. bis zum 21. november eine globale woche der bildungsproteste bevorsteht (für d-land mehr z.b.
hier), was sich bei uns in der stadt (bremen) dann zb. am 14. in einem stadtweit ausgerufenen schulstreik äussern wird. etwas, woran sich nach vielen erfahrungen durchaus immer ein paar tausend schülerInnen beteiligen. die kontakte hinsichtlich 14N sind geknüpft, was bei diesem thema ebenso wie in südeuropa nicht nur naheliegt, sondern schlicht eine notwendigkeit darstellt. durch diese am gleichen tag startende aktionswoche jedenfalls dürften die strassen in vielen europäischen städten zusätzlich belebt werden, und zumindest einen hauch dessen könnten wir auch hierzulande verspüren.

die situation in meiner stadt zum 14N will ich, weil sie durchaus einiges über die allgemeinen deutschen zustände aussagt, in einem eigenen beitrag thematisieren.
Mrs. Mop (Gast) - 3. Nov, 08:49

"die Frage, ob und was hierzulande in diesem kontext passiert..."

...meine Antwort: ich befürchte, nichts Gutes. Jedenfalls nichts, was irgendjemanden oder irgendetwas ernsthaft in die Knie zwingen könnte, denn genau das wird von den üblichen Verdächtigen gescheut wie die Pest; also von den üblichen Wir-machen-ein-breites-Bündnis-Kräften, sprich Attac, Linkspartei und Gewerkschaften (zu denen Du oben ja bereits alles gesagt hast). Ich verlinke in dem Kontext mal auf einen bitterbösen Kampftext bezüglich der Weichspülstrategie des Frankfurter Blockupy-Bündnisses, wenn es um Themen wie "Internationale Solidarität" geht:

http://kwassl.net/2012/10/28/blockupy-im-oktober-2-von-wegen-internationale-solidaritat/

- und erlaube mir, daraus zu zitieren:

"Schaut her, ihr Genoss*innen aus dem Süden, wir sind auch ganz schön betroffen und trotzdem sind wir solidarisch. Fein, da kann es ja losgehen. Hier herrscht zwar Friedhofsruhe und der Merkelantismus hat eine solide Mehrheit, das werden wir aber aufwiegen – mit den besseren Parolen."
"Polemisch gewendet: man hat sich mit einigen Genoss*innen aus dem Süden dekoriert, um eine brüchige Koalition hierzulande zu kitten und sich selbst zu bestätigen, dass damit eine breite Basis vertreten sei."
Die Kritik bezieht sich auf eine sog. Blockupy-"Arbeitskonferenz" vor zwei Wochen, wo griechische, spanische und italienische Aktivisten - wie menschlich-leibhaftige Alibis - auf dem Podium saßen und aus ihrer Praxis erzählten (spannend mit militant-anarchistischen Untertönen), neben deutschen Gewerkschaftern und Linksparteilern (zahnlos-brav ihr unermüdlich-reformistisches Bemühen abspulend).

Bezüglich 14N ist von dieser Seite ähnlich Zahnloses zu erwarten. Drum erlaube ich mir noch ein drittes Zitat, das die Zahnlosigkeit und den fehlenden Arsch in der Breite-Bündnis-Hose gut dokumentiert:

"...wie wirksam Widerstand inszenieren, ohne dadurch jemanden zu belästigen, denn das könnte ja nach hinten losgehen, wie besetzen, ohne zu blockieren, da hat man ja diese Geschichte mit Gewalt und so, man will ja sich verständlich machen und dazu benötigt man das offene Ohr der Bevölkerung. Das nenne ich mal 'Solidarität mit Erlaubnis'. Es scheint so zu sein, dass Widerstand hier sich im wesentlichen darauf zu beschränken hat, in Form legalisierter Bahnen abzulaufen, damit das Erfolgsmodell Deutschland weiterhin funktioniert und lediglich in der einen oder anderen Hinsicht anders akzentuiert werden muss. Solange das irgendwie funktioniert, gibt es offenbar kaum Anlass, konkrete Veränderungen vor Ort einzuleiten, es scheint, als müsse ein bestimmter Verelendungszustand eintreten, aus dem heraus alles von allein zum Richtigen drängt."

- wobei das mit dem "Verelendungszustand" (im doppelten Wortsinne) durchaus auch auf die Qualität der genannten Solidaritätsbündnisse anzuwenden ist. Es ist ein Elend, ein elendes.

Bin trotzdem gespannt auf Deine Updates und hoffe, Du wirst Stimmungsaufhellendes beisteuern ;)!

Mrs. Mop (Gast) - 9. Nov, 17:46

"Ein Grund zur Freude in düsterer Zeit..."

...liest sich ein bisschen wie selbstgebackene Adventsplätzchen, ist aber anders gemeint ;)

http://umsganze.org/ein-guter-abschluss-fuer-2012-ein-grund-zur-freude-in-duesterer-zeit/

sansculotte - 23. Nov, 20:27

Das Netzwerk der Macht


Grummel - 17. Dez, 16:37

Lit?

Eine Gesellschaft stürzt ins Bodenlose..

15.12.2012 · Georg Pieper machte sich keine Illusion, als er nach Athen fuhr. Aber was der Traumatherapeut dort sah, hat die schlimmsten Befürchtungen übertroffen: Die griechische Gesellschaft explodiert unter dem Druck der Krise.

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/krise-in-griechenland-eine-gesellschaft-stuerzt-ins-bodenlose-11992352.html



Ich bin gespannt was kommt ..
Wenn die Schafe zu ihren Wurzeln gedrängt werden.
http://de.wikipedia.org/wiki/Andrewsarchus_mongoliensis ;)

PS: wie ich sehe veröffentlicht der Autor einen neue Ratgeber zum Thema? .... hmmm ...

Grummel - 18. Dez, 09:39

hab noch ein Buch gefunden welches ein extrem Psychopathisches System beschreibt..

Flucht aus Lager 14
Die Geschichte des Shin Dong-hyuk, der im nordkoreanischen Gulag geboren wurde und entkam .

Nach lesen der Rezensionen waren mehrere Aspekte für mich interessant.
Überleben, dann die soziologische Perspektive des "Systems" (Semiotik, Codes etc.) und vor allem die psychischen Deformationen / Defizite die mit diesem verbunden sind, von denen sich auch der "Flüchtling" nicht lösen kann (extrem egoistisch/ Psychopathisch, unfähig zur Beziehung, ein Systempsychopath?... mit massiven Problemen sich anzupassen)
Grausamkeiten als Maß der Objektivierung?

Harter Stoff mit Massen an Triggern....

Zugegeben ein extremes Beispiel, aber wo wenn nicht bei Extremen kann man erkennen wie sich Dinge entwickeln können.
Von wegen Engel und Geflügelfarm und so....
Wednesday - 18. Dez, 10:06

Nordkoreanischer Gulag

Weil Du Nordkorea ansprichst: Da gebe ich auch einen Buchtipp, bei dem Nordkorea und die meisten anderen Nationen bearbeitet werden: "Schlimmer als Krieg - Wie Völkermord entsteht und wie er zu verhindern ist". Das Buch ist nicht aus der Sicht eines Traumatherapeuten geschrieben, sondern ist das Werk eines Politologen. Ich habe bisher erst ein Drittel gelesen und frage mich, welche Lösungen er vorschlagen wird. Es ist übrigens leicht zu lesen.
Grummel - 18. Dez, 10:36

Hört sich interessant an!
Kannst du ein Statement abgeben wenn du es durch hast?
Wen gut kauf ichs mir auch.

Ach ja, "Die Flucht aus Lager 14" ist aus Sicht von Shin (?) also dem Flüchtling geschrieben (also nicht aus therapeutischer Sicht). Die Perspektiven muss ich mir selber zusammen zimmern ;)
Wednesday - 19. Dez, 09:27

Goldhagen stellt in "Schlimmer als Krieg" dar, welche Gruppen andere Gruppen zu welcher Zeit verfolgen oder verfolgt, vertreiben oder vertrieben und ermorden oder ermordet haben und zählt dafür viele Beispiele aus Vergangenheit und Gegenwart auf, er beschränkt sich dabei nicht allein auf die bekanntesten Beispiele, sondern nennt auch solche, die sonst eher am Rande behandelt werden, zB die Massenmorde an den Maya in Guatemala. Er nennt nicht allein die Täter, sondern stellt auch die weiblichen Verfolger und Mörder dar. Es kommen Opfer und Täter zu Wort. Er stellt bei der Gegenüberstellung von Völkermorden die Einzigartigkeit der Shoa in Frage und bietet Argumente dafür, was gegen die Einzigartigkeit spricht, und zählt auf, was die Shoa von anderen Völkermorden unterscheidet. Er beschreibt, wie Regierungen vorgehen, um einen Völkermord, manchmal akribisch, vorzubereiten, und wie sie bei der Ausführung von der Bevölkerung unterstützt werden, und daß ohne diese Unterstützung Massenvertreibungen und -morde nicht möglich wären. Er erklärt, daß Kriege und Demokratisierung nicht automatisch zu Verfolgungen und Ermordungen führen. Dafür werden Beispiele aufgezählt, zB Südafrika nach Ende der Apartheid.
Er beschreibt ebenfalls, daß bei der Vertreibung und Ermordung überhaupt keine Rücksicht auf die Auswirkungen auf Kultur und Wirtschaft genommen wird, dies ua anhand des Beispieles an Kambodscha: die Roten Khmer ermordeten dermassen viele Kambodschaner, daß die Wirtschaft zum Erliegen kam und Hungersnöte ausbrachen. Solche Auswirkungen scheinen beim Willen, bestimmte Menschengruppen zu vernichten, völlig egal zu sein, auch wenn das bedeuten kann, daß der nicht verfolgte Rest der Bevölkerung leiden wird. Einiges zu diesem gewaltigen, die gesamte Erdkugel umfassenden Themas wusste ich bisher nicht, aber nicht nur darum glühen mir immer wieder die Ohren.
Ich bin nun bei dem Teil angekommen, in welchem er zu ergründen beginnt, "warum die Täter handeln".

Eine Kritik an dem Werk ist übrigens in einem Büchlein, in welchem für das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" und gegen Einmischung "von außen" plädiert wird, bei einem rechtsradikalen Verlag aufgelegt erschienen. Beinahe wäre ich auf die Werbung reingefallen, weil Amazon keinen Peil hat und mir das Buch als eines von Goldhagen vorgeschlagen hat. Bäh.
Grummel - 21. Dez, 13:49

Danke!

Werde mir das Buch auf jeden Fall anschaffen^^

Dann mal zu Lager 14
Die Geschichte ist erst mal ziemlich grußelig, die beschriebenen Umstände einfach nur Grausam.
Die Eindrücke in von der Gedankenwelt der Gefangenen vermittelt einen durch die Umstände erzeugten krassen Egoismus. Die Abwesenheit von Liebe, eine permanente tödliche Bedrohung, Willkür und Gewalt formen.
Im Buch wird diese "Welt" auch einmal als "Skinner-Box" beschreiben, ein Art autarkes selbstreferentes System ... für Wärter wie Gefangene.
Shin bricht daraus, überlebt aufgrund seiner "Survivalskills" ohne die er im Lager sonst keine Changse gehabt hätte. Schlägt sich ein paar Jahre lang durch, bis er auf Menschen trifft die ihm wirklich helfen.
Wirklich befreien kann er sich nur sehr langsam, wie weit das gelingt bleibt offen.
Bezeichnend ist auch wie er, nach dem er in Sicherheit ist, eine PTBS entwickelt.
Welcher Mechanismus steckt da dahinter?

Im Buch sind auch viele Infos zu Nordkorea enthalten, politische (Komplex Nord/Südkorea, China, USA) wie Wirtschaftliche (Zusammenbruch der Sowjetunion, Einstellung von Öllieferungen ... Entwicklung der prekären Situation, ... Reis als Luxusgut).
Die Geschichte wird auch angerissen.
Die soziale Komponente, also auch den Zustand der Bevölkerung und wie es dahin kam spielt auch eine Rolle. Hungersnöte, Anstieg der Kriminalität (Lebensmittelbeschaffung), Entstehung von Netzwerken von Schwarzmarkt bis Menschenhändler... was auch seinen Beitrag zur erfolgreichen Flucht von Shin geleistet hat.

Krass finde ich die Einschätzung das dieses "System" sich nur durch Hilfslieferungen halten kann. Also von sich aus nicht überlebensfähig wäre. Mal davon abgesehen das ein nicht geringer Teil der Devisen durch Kriminalität erwirtschaftet wird.

Fazit: Was die psychosoziale Ausbeute angeht hätte ich mir mehr versprochen, Lehrreich was Perspektiven und Wissen um diese Ecke des Planeten angeht wars auf jeden Fall.





"Überleben oder Scheitern" hatte ich jetzt auch ein paar Stunden in der Hand ...


Mein Eindruck, das gesammelte Wissen beeindruckt.
Der Mann ist wirklich sehr viel rum gekommen, hat die psychischen Folgen von Entführungen, Geiselnahme, Berkwerksunglücken, Amokläufe etc. beobachtet, analysiert und behandelt.
Ein Todesfall in der Familie durch den Tsunami 2004 am eigenen Leib erfahren.
Der weiß was er sagt.

Eine Aussage die mich in meine Sichtweise des "survivals" bestätigt hat war, "Überleben ist zu aller erst eine soziale Leistung".
Egal ob es KZ-Häftlinge, Opfer einer Geiselnahme oder verunglückte Bergleute sind.
Auch wenn man den Artikel über Griechenland liest ist am Ende von der "Glocke der Solidarität" die Rede, aus meiner Sicht eine sehr wichtige Perspektive des oberen Satzes, denn nicht jeder ist in der Lage in so einer Situation "das Soziale" zu bedienen.


Ansonsten jede menge Tipps. Anleitungen zu Techniken die mich an Autogenes Training erinnern, die Funktion von Ritualen und Glauben, Vorgehensweisen die es erlauben auch in extremen Situationen der Psyche etwas "Raum" zu verschaffen damit sich diese regenerieren kann....

Alles in einem, sehr empfehlenswert!
Grummel - 6. Jan, 17:51

Propaganda mit Propaganda

Hier ein Video zum Thema Propaganda im "Westen" von Seiten Nordkorea?
(Man kann ja nie sicher sein von wem das letztendlich kommt)

http://www.youtube.com/watch?v=PZ3OJWLWxDQ

Streift einiges vom Themengebiet das auch hier eine Rolle spielt (Psychopathie, Occupy, PR, Kapitalismus etc.).

Lustig wirds wenn der "geliebte Führer" ins Spiel kommt, wie Militär und Bilder von Massenaufmärschen ... nachdem über Mechanismen gesprochen wurde.
Und die eigenen Leute sind natürlich über jeden Zweifel erhaben...

Entweder ist der Macher ein riesen Schlitzohr oder ziemlich indoktriniert/auf dem Auge blind.

Mit dem Hintergrund dessen was dort so läuft/gelaufen ist (und auch dem Buch oben), sind die reinen Aussagen dieser Produktion mehr als Menschenverachtend "-wir sind die guten"?
(ob und was zwischen den Zeilen ist, hängt vom Empfänger ab)

Man könnte darin auch ein Beispiel sehen, wie versucht wird sich verschiedene Strömungen zu nutze zu machen, sich an die Spitze zu setzen, sich Deutungshoheit zu verschaffen.... (ich weiß ja nicht in wie weit die Entwicklung dort angekommen ist?... Nordkoreanischer Frühling?)

Grummel - 14. Jan, 19:57

Hmmm ... @Monoma

kennst du schon diese Geschichte?
http://www.youtube.com/watch?v=vumCPEJ3CZ0&feature=youtu.be


Weiß nicht so recht was ich davon halten soll.

monoma - 14. Jan, 23:24

krass. thx für den hinweis

die sache mit den geleakten fbi-akten ist ja schon ein paar wochen alt und durchaus bekannt; auch die grenzenlose (in vielfacher bedeutung) zusammenarbeit zwischen staat & corporations war zu erwarten, ist keine überraschung und dennoch so belegt beklemmend. aber im video geht´s ja noch um etwas anderes - angeblich sind in den leaks hinweise auf staatliche mordpläne, und das ist etwas, was mir neu ist. werde mal anfangen, zu recherchieren.

*

in eigener sache: ich bin seit wochen am überlegen, wie´s hier weitergehen soll - real life, lohnarbeit, gesundheit sowie die aktivitäten bei edj nehmen wesentlich mehr zeit - und das auf dauer - in anspruch, als ich selbst mal eingeschätzt habe. das kann für das blog nicht ohne konsequenzen bleiben, aber ich bin noch etwas unschlüssig, wie genau ich weitermachen will. das immerhin steht soweit für mich.
Grummel - 15. Jan, 12:27

Hmm .. ich würde mich freuen wenn ich hier ab und an was von dir lesen könnte.
Da ich zu Facebook etc. relativ skeptisch eingestellt bin ist das hier für mich eine relativ bequeme Möglichkeit zwanglos Kontakt zu halten, oder auch mal interessante Infos zu bekommen.

Da steht ja auch gewaltig viel Arbeit von deiner Seite dahinter.

Ich würds an deiner Stelle einfach mal als Backup stehen lassen...
Bin aber sicher nicht der einzige der hier liest?
Grummel - 15. Jan, 15:32

Noch was nettes


Grummel - 4. Jun, 12:02

PR?

Gestern lief eine Sendung auf 3 Sat.... Psychopathen als Vorbilder

Zitat:
Der ganz normale Wahnsinn
Kevin Dutton sieht Psychopathen als Vorbilder

Was hat Richard Fuld, Ex-Chef von Lehman Brothers und Milliarden-Pleitier, mit Neil Armstrong, dem ersten Menschen auf dem Mond, gemeinsam? Welche Wesenszüge teilt manch erfolgreicher Chirurg mit manchem Priester? Der Psychologie-Professor Kevin Dutton kennt die Antwort: Viele sind Psychopathen. Dutton hält nicht alle Psychopathen für geisteskrank. Im Gegenteil: Er lobt sie als Vorbilder.

"Psychopathen haben gewisse positive Wesenszüge", sagt Dutton. "Wenn wir es auf einer professionellen Ebene betrachten, sind Psychopathen durchsetzungsfähig. Sie schieben nichts vor sich her, konzentrieren sich auf das Positive, nehmen nichts persönlich, hadern nicht mit sich selbst, wenn die Dinge einmal schiefgehen und unter Druck handeln sie sehr überlegt. Ich denke, im Alltag könnten wir alle von derartigen charakteristischen Merkmalen profitieren."

/Zitat

http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/lesezeit/169958/index.html

Fazit: Alle Helden sind Psychopathen?
Wie kommt man auf so einen Stuss.
Da wird zB. Abwesenheit von Angst mit Abwesenheit von Empathie gleich gesetzt?
und der Mensch hat echt studiert? .. oder ist das ne ähnliche Masche wie INSM?

Wednesday - 8. Jun, 13:22

Träumen Soziopathen von elektronisch vermittelter Empathiefähigkeit?

Es gibt jedenfalls Forscherinnen und Wissenschaftlerinnen, die von einer (von ihnen) verbesserten Menschheit träumen, die sie dadurch erreicht, indem sie sie schrittweise zu Androiden wandelt, die mit ihrer Umwelt besser klarkommen als die aus ihrer Sicht unvollkommenen "natürlichen" Menschen.
Ob diese Forscherinnen und Wissenschaftlerinnen Soziopathen sind? Ich gehe davon aus. Wären sie es nicht, wären sie an der Anpassung der Bedingungen AM MENSCHEN, an der sozialen Frage, dem Ende von Herrschaft und Ausbeutung interessiert - nicht an der Anpassung des Menschen an die verrückte Warenwelt, die durch Herrschaftsverhältnisse, durch Ausbeutung, durch Krieg gegen die Armen , Hilfebedürftigen, Kranken, am Laufen gehalten wird.
Grummel - 9. Jun, 18:43

Anpassung an was?
Implantierte Schnittstellen? Dauerberieselung ala Twitter etc.?

Man könnte es auch so sehen ... Empathie mit der daraus resultierenden Konnektivität ergibt, wenn sie ausreichend kompromitiert wurde, ein ausgezeichnetes Instrumentarium um Massen zu lenken. Vergessen der Geist der freien fühlenden Menschen inne wohnt.
Dann halt nicht zu dem Zweck durch den diese sich Evolutionär entwickelt hat.

(Die Tendenzen lassen sich gut an den Umfassenden Anstrengungen beobachten Information zu überwachen, zu kontrollieren und gezielt zu beeinflussen)

Gleichgeschaltete Roboter ... ?


Was die Wissenschaftler angeht, gleiches zu gleichem... Zucht im entsprechenden Umfeld... oder die Regulation über Forschungsgelder ...sich entsprechende intelligente Drohnen ab zu richten, das geht auch heute schon.


Die Natur wirds richten. ... x.x


Was die "Anpassung" an zB. neue Lebensräume angeht .. sehe ich nicht so kritisch, der Mensch hat sich immer schon beholfen.
Das All, die Tiefsee, den Himmel ... warum denn nicht?
Die Biologie wird dieser Entwicklung folgen, tut sie jetzt schon, braucht halt seine Zeit.
Wednesday - 11. Jun, 16:25

42

> Anpassung an was?
> Implantierte Schnittstellen?

Siehe zB diesen Wiki-Artikel.

Ich weiß, daß Wissenschaftler tatsächlich den Wunsch zu einer Verbesserung *für* den Menschen bzw. die Menschheit in sich tragen können; ich kann mir vorstellen, daß sich viele davon wenig oder keine oder vor allem positive Gedanken um die sozialen, ethischen und psychischen Folgen machen, sondern sich vor allem von den technischen Möglichkeiten herausgefordert fühlen, und vom ganz schön gewaltigen Versuchsfeld.

Eine weitere Sache ist, wie Du auch andeutest, daß Evolution ähnlich funktioniert: biologische Reaktionen starteten und starten unentwegt etliche Versuche, Leben zu gestalten und dabei an die Umweltbedingungen anzupassen. Wir können nur von ungefähr ausrechnen, wieviele dieser Versuche auf ein totes Gleis führten/führen, und Arten wegen mangelnder Anpassung aussterben/ausstarben; ein schönes Beispiel sind die Organismen rund um Tschernobyl. Man staunt (und mich erstaunt das Staunen), wieviele Lebewesen es schaffen, in hochverstrahltem Umfeld zu leben. Es gibt Menschen, die das als ein gutes Zeichen für das Überleben von Menschen in verstrahlten Gebieten ansehen. Aber man vergißt dabei, wieviele Organismen aufgrund der Strahlungsdosis schon im Ei oder Uterus sterben, oder überlebensunfähig zur Welt kommen, bzw. an welchen schweren Mißbildungen oder Krankheiten die Geburt Überlebenden sterben, da das Gebiet ja nicht flächendeckend kontrolliert wird auf Gestorbenes und auf die Ursachen ihrer Tode. Solche "Versuchsreihen" sind gruselig, ich seh da nichts Positives: daß Millionen Organismen leidvoll entstehen und absterben, damit wir irgendwann ein befriedigendes Ergebnis errechnen können.

Der Transhumanismus ist eine vom Menschen herbeigeführte und gut mögliche Evolution. Alles, was bisher für den Menschen machbar war, hat der Mensch bisher immer erreicht. Darum darf die Kritik nie schweigen.
Grummel - 12. Jun, 14:20

Leben

bahnt sich immer einen Weg.

Der Vorteil des Menschen liegt meiner Meinung nach gerade darin das er nicht im Sinne von der Belegung irgend welcher Nischen spezialisiert ist. Anders, der Mensch ist spezialisiert nicht spezialisiert zu sein und damit in seiner Fähigkeit sich Anzupassen.
Da diese Flexibilität vor allem in seiner Intelligenz/Problemlösefähigkeit/Kreativität begründet ist, kann ich erst mal einer konstruktiven Anwendung dieser auf den Menschen selbst nichts negatives abgewinnen.
Es gilt dabei den Überblick zu wahren und auch ein Stück weit Kontrolle um dafür zu sorgen das die Dinge die Mensch in die Welt setzt in ihrer systemischen Dynamik konstruktiv sind und bleiben.

Auch wenn Mechanismen wie Evolution für ein Ergebnis gesorgt haben welches hervorragend seinen Zweck erfüllt (Leben) ist Mensch allerdings alles andere als perfekt.
zB. Krebserkrankungen treten meist gegen Ende/ nach der fertilen Phase auf. Selektion auf der Basis von Fortpflanzung greift da nicht.
Wenn Mensch jetzt die Möglichkeit hat das in Eigenregie auszubügeln, beseitigt er Leid und verschafft sich möglicherweise einen Vorteil der zu früheren Zeiten nicht wirklich ins Gewicht gefallen ist.

Bei allen Möglichkeiten die der Mensch heute hat, sich und sein Umfeld zu gestalten, kann es sich also sehr wohl lohnen daraus zu schöpfen.

Zu den Voraussetzungen damit das gut geht gehört zB.
Sicherstellung von "Parallelität", damit nie die Gesamtheit betroffen ist und destruktive Entwicklungen aufgefangen werden können.
Sicherstellung von Ethik, denn Differenzen in der Identität tendieren immer zu Ausgrenzung und damit zu destruktivem Verhalten.
Sicherstellung von Anschlussfähigkeit auf möglichst vielen Ebenen, damit das ganze als Einheit funktionieren kann.
Ich könnte jetzt noch was von Menschenwürde etc. schreiben... aber bei dem Eindruck den ich von ein paar mächtigen "Affen" hab wird Mensch wohl erst wieder lernen müssen das so was ein Kriterium ist.

so was mir im Moment dazu einfällt...

Zitat:
, ich seh da nichts Positives: daß Millionen Organismen leidvoll entstehen und absterben, damit wir irgendwann ein befriedigendes Ergebnis errechnen können.
/Zitat

Leben funktioniert so, try und Error ... Mensch hat es da etwas einfacher, der zieht ne Gasmaske an, hüllt sich in Blei, oder verpisst sich.
Analog dazu kennt er die Medizin, kann sich meist helfen...
Er schafft sich Widerstandsfähigkeit, Handlungsfähigkeit, welche nicht Naturgegeben sind.
Mensch kann sich ein Bild davon machen und erfolgversprechend planen/handeln und das kann er immer besser. Auf die Weise reduziert er das von dir beklagte Leid.

Aus dem Grund gibt es so viele von uns.


Ich denke dein "Aber" beim Transhumanismus begründet sich in der Befürchtung das gegen das menschliche Wesen an sich gearbeitet wird?

Ich hab den Standpunkt, Mensch ist nicht ohne Grund so wie er ist (stecken ja Mio Jahre von Entwicklung drin)... wer dagegen agiert kassiert höchstwahrscheinlich eine Niederlage... wer das beste aus der menschlichen Natur macht, hat die besseren Chancen auf Erfolg (im Sinne der Gesamtheit).

Der Rest entscheiden die Umstände.

Spiegeln diese Möglichkeiten deine Analogie zu Tschernobyl?
Dann hoffe ich die Betrachtung aus der Metaebene ist Mensch nicht fremd, bevor Entscheidungen getroffen werden.
monoma - 22. Jun, 23:57

@grummel & w-day

ja, mich gibt´s noch ;-) - hoffe, ich komme im demnächst anstehenden urlaub mal wieder zum schreiben.

aber zu dutton: ist für eine rezension vorgemerkt, und ich kann schon mal sagen, dass ich das buch empfehle - seine "hauptthese" ist natürlich eine katastrophe und zeugt von völliger ignoranz gegenüber den heutigen verhältnssen. aber zum thema soziopathie ist das eine wahre fundgrube, und letztlich werden so ziemlich alle - auch hier im blog - schon mal geäusserten befürchtungen und überlegungen noch krasser bestätigt, als selbst ich mir das vorstellen konnte. es ist ein reales phänomen mit extrem destruktiven gesellschaftlichen folgen. das macht dutton, trotz seiner eigentlich gegenteiligen intention, ziemlich gut deutlich und nachvollziehbar.
Wednesday - 23. Jun, 17:43

:-)
Grummel - 16. Jul, 10:04

Hallo Monoma

Genießt du den Urlaub?

Ich bin gespannt was du schreiben wirst.
Gibts eig. was neues von D. jetzt? .. aus der "Gast" Perspektive rührt sich da ja gar nix mehr.

GG
Wednesday - 15. Jun, 11:23

Von Arno Gruen gibt es ein neues Buch.

Grummel - 26. Jun, 18:57

Habs gelesen, kann einiges davon verifizieren, bei anderem muss ich noch über die Zusammenhänge nachdenken... das Buch lohnt sich *find*.
Wednesday - 24. Jul, 06:22

24.07.13: Eintrag von "Presswurst" gelöscht.

Rassistische Texte bzw. links werden hier nicht geduldet.
Bibi (Gast) - 5. Aug, 22:21

DEUTUNGEN/001: Auf Narziss folgt der Psychopath - Ein Abgesang auf das Zeitalter des Narzissmus (Götz Eisenberg)

Hey ihrs,

hier, falls es noch nicht hier verlinkt wurde, aber ich glaube nicht.

http://www.schattenblick.de/infopool/geist/philo/gpde0001.html

und dennoch einen lieben Gruß da lasse.
Grummel - 8. Aug, 11:46

Den Artikel finde ich gut.

Danke!
bibi2005 - 4. Dez, 21:58

Politische Ponerologie

http://www.ponerology.com/pp-preview.pdf

"Politische Ponerologie
ist in seiner klinischen und nüchternen Beschreibung der Natur des Bösen schockierend. In seinen literarischen Textstellen ist es aber auch ergreifend, wenn der Autor die immensen Leiden jener Wissenschaftler beschreibt, die von der Krankheit, die sie untersuchten, angesteckt oder gar von ihr vernichtet wurden.
Politische Ponerologie analysiert Gründer und Unterstützer von politisch unterdrückenden Regierungen. ŁOBACZEWSKI
untersucht Faktoren, die zusammenwirken, wenn Menschen sich gegenseitig unmenschlich behandeln. Moral und Menschlichkeit können den Raubzügen des Bösen nicht lange standhalten. Das einzige Mittel gegen das Böse und
seine hinterlistige Vorgehensweise einzelnen Menschen und Gruppen gegenüber ist das Wissen um seine Existenz und sein Wesen"
Grummel - 8. Dez, 19:49

Hmm ... wo bekomme ich das her?
Ist weder auf Amazon noch sonst wo her zu beziehen.

Die letzte Auflage war 2012? .. seltsam .. vielleicht mach ich was falsch...
Wednesday (Gast) - 9. Dez, 06:13

Gibt es als
eBook.
Als Taschenbuch anscheinend nur in Französisch.
Grummel - 9. Dez, 10:16

So weit ich weiß gab es das auch auf Deutsch, eine ungekürzte Version (?) aufgelegt 2012.
Als Buch (halte ich für haltbarer als ein Kopiergeschütztes pdf) .

Ich wundere mich da halt warum das nicht mehr zu bekommen/nach zu bestellen ist.
So lange ist das ja nicht her.
bibi2005 - 19. Dez, 10:59

Politische Ponerologie

Ich habe die Vollversion (nicht als ebook, ich zB verwende Linux, da funktioniert das nur sehr begrenzt...)-
jedenfalls muß ich sie "nur"suchen, dann knn ich sie einstellen...

Ich wollte nur darauf auch hinweisen.

lg + Frohes Fest und so (trotz ALLEM)
bibi2005 - 19. Dez, 11:03

da isses

http://www.dieaufdecker.com/index.php?action=dlattach;topic=451.0;attach=694

wenn man auf den link klickt, kann man es direkt downloaden...
Grummel - 20. Dez, 18:52

Danke!

Grummel - 7. Jan, 10:11

Hmmm... ich bin noch nicht ganz durch, einige Gedanken...

Vielen Gedankengängen kann ich folgen, viele Beobachtungen kenne ich selbst.

Einige Erklärungen haben mir eine neue Perspektive verschafft, andere habe ich als zu einseitig empfunden.

Unabhängig davon das der Autor auf eine profunde Lebenserfahrung zurück greifen kann und auch der Fakt das angeblich einiges an Wissenschaftlichen Daten fehlen... die Datenlage an sich ist dünn.

Mich wundert zB. das Quellen zur systemischen Betrachtung fehlen oder auch Erläuterungen wie sie in der moderneren Literatur zu finden sind.

Luhmann, v.Foerster, Watzlawick... ich denke da gibt es jede Menge erhellende Querverbindungen die zt. differenzierter sind als das Erklärungsmuster von mikro-Verletzungen im Gehirn (wobei es das sicher auch gibt) / einen größeren "Erklärungsraum" schaffen.


Was mich auch wundert ist der Aufruf zur Vergebung.
Vergebung macht nur Sinn wenn der dem Vergeben wird das auch versteht, nur dann kann das heilend wirken. Vergebung ist aus meinem Verständnis nur denen vorbehalten die in der Lage sind darauf eine konstruktive Beziehung auf zu bauen (Psychopathen sind im Kern "Beziehungslos").
Aus der Perspektive eines Psychopathen ist der Vorgang nur eine weitere Dummheit die sich hervorragend ausnutzen lässt.
Solchen Charakter-Mustern darf man nicht auf eine solche Weise begegnen wenn man nicht die nächste erbarmungslose Attacke aus dem Hinterhalt riskieren will.
Kein Vergessen, kein Vergeben, keine Gnade und ständige Wachsamkeit ist das einzige was solche Charaktere vorsichtig werden lässt und einigermaßen Schutz verspricht.
Wednesday - 8. Jan, 06:15

Schutz

> Kein Vergessen, kein Vergeben, keine Gnade und ständige Wachsamkeit
> ist das einzige was solche Charaktere vorsichtig werden lässt und
> einigermaßen Schutz verspricht.

Das hast Du gut erkannt.
bibi2005 - 22. Jan, 21:23

Konsequenz

Ja, ich muß zugeben, ich habe das noch gar nicht ganz durchgelesen, weil ich ua noch soviel Arno Grün lese.
Aber ich sehe es wie ihr!

Sehr wichtig!

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