notizen

Freitag, 23. April 2010

notiz: alice miller... [update]

...ist nach längerer krankheit, wie erst heute bekannt wurde, bereits am 14. april verstorben.

und die "zeit" hat einen etwas sparsamen
nachruf.

während sie meiner wahrnehmung nach die größte öffentliche wirkung vor allem in den 1970er und 80er jahren erzielte, wurden wesentliche inhalte ihres ansatzes vor allem in den letzten beiden jahrzehnten durch die psychotraumatologie wissenschaftlich untermauert.

mit respekt für eine "outsiderin", die sich besonders immer wieder mit der orthodoxen psychoanalyse anlegte, verweise ich einfach mal auf diesen früheren beitrag zu
saddam hussein, in dem zentrale teile ihres denkens sichtbar werden. und natürlich nochmals auf das video unter dem titel die wurzeln der gewalt sind NICHT unbekannt. und gerade die aktuell diskutierte jüngere vergangenheit in heimen, schulen und religiösen einrichtungen lässt sich auch wie ein stiller kommentar zu ihren thesen begreifen.

auch, wenn ich einige von den letzteren ergänzungsbedürftig finde: sie wird nicht nur dieser gesellschaft fehlen.

*

edit: der tagesspiegel mit einem informativen
nachruf; und ein ebenfalls interessanter findet sich in der faz - interessant deshalb, weil das zentralorgan der so called "bürgerlichen mitte" immer noch die zentralen befunde der alice miller nicht nachvollziehen will und kann:

(...) "Einwände, dass man doch nicht gegen die Lebensberichte Kinderleid unterstellen dürfe, parierte Miller mit dem Hinweis, das Leid sei immer dort am schlimmsten, wo es abgespalten, verdrängt und also heute nicht mehr erinnert werde. Der Gesunde ist demnach unter den Kranken derjenige, der am schlimmsten dran ist. Wer sein frühes Leid bestreite, fliehe vor ihm. Und diese Flucht finde ihren Ausdruck in Formen der Selbstentfremdung, die sich unter anderem als Philosophie oder Literatur tarnten. Von diesem Punkt an nimmt der Pathologiezusammenhang, den Miller behauptet, einen ungeschminkt totalitären Zug an. Es gibt schlechterdings nichts, das der Kindheitsfalle entkommen kann. Die Frage ist bloß noch, ob die frühen Verletzungen in entdeckter oder unentdeckter Form überdauern.

Caroline Neubaur hat die Irrtümer der Alice Miller konzise zusammengestellt. Dazu gehört, dass entgegen Millers Unterstellung Freud die Verführungs- und Traumatisierungstheorie nie aufgegeben habe. Hätte Miller, so Neubaur, ihre Sache, die Sache des Kindes, voranbringen wollen, dann hätte sie etwa mit der Frankfurter Psychoanalytikerin Marianne Leuzinger-Bohleber kooperieren können, die in einer breitangelegten Studie herausfand, dass sechzig Prozent aller Patienten als Kinder traumatisiert wurden." (...)


zu den ersten sätzen des zitats drängt sich förmlich ein verweis auf den letzten
beitrag auf - der dort zitierte n. walter, der durchaus als mitglied der "elite" durchgehen darf und muss, liefert mit seiner verklärung der schläge von der "liebenden mutter" die passende kakophonische begleitmusik - dieses muster hat die "faz" in ihrer auflistung zumindest nicht explizit benannt. meiner meinung nach gehört es aber mit zu den schlimmsten überhaupt - das ist nicht unbedingt als dissoziation zu bezeichnen, sondern eher eine dekonstruktion der eigenen - authentischen - erinnerungen zu etwas, was offensichtlich nicht nur die erlebten schmerzen abspaltet, sondern diesen auch noch nachträglich einen positiven sinn verleiht. eine art totaler kapitulation mitsamt übernahme des im wahrsten sinne des wortes eingeprügelten (bürgerlichen) "wertesystems".

das die handelnden protagonistInnen in bereichen wie der kunst oder auch den wissenschaften sich in psychophysischer hinsicht oft genug auf einer sozusagen "verschobenen" ebene kompensatorisch an ihren biographischen beschädigungen abarbeiten und die existenzielle dringlichkeit dieser arbeit dann eben auch die basis für die allseits gerühmten vielfältigen leistungen bildet - sei´s nun literatur, ein musikstück oder auch eine bahnbrechende wissenschaftliche theorie - , ist ein zusammenhang, der einem beim blick auf die geschichte geradezu ins auge springt (im blog habe ich den an ein paar stellen ebenfalls aufgegriffen). und für den gesamten "politischen" bereich gilt das natürlich erst recht.

diese realitätswahrnehmung muss die "faz" natürlich als "totalitär" bezeichnen, werden damit doch nicht nur die ideale und selbstbilder der bürgerlichen gesellschaft, sondern ihre ganze existenz überhaupt selbst als ausdruck einer totalitären matrix, und einer überaus gewalttätigen dazu, erkennbar. und das ist nicht nur eine schwere narzisstische kränkung für die konstruktion des angeblich "freien und unabhängigen" (bürgerlichen) menschen (der sich real immer wieder als äusserst determiniert durch seine biopsychosoziale struktur erweist, aber diese determinierung per ideologischer blasen ständig leugnen muss - sogar gegen seine ureigene authentische erfahrung), sondern entzieht auch dem selbstbild der "friedlichen und zivilisierten" gesellschaft jeglichen boden, besser: macht das als ständigen selbstbetrug (im wahrsten sinne des wortes!) kenntlich.

der satz mit der kindheitsfalle ist bei einem wachen blick in die menschliche historie durchaus richtig (wie es auch
lloyd deMause - aus einer etwas anderen, aber verwandten perspektive konstatiert).

was ich bei beiden als kritik anmerken würde bzw. früher auch schon getan habe: die nicht primär kindlichen traumata bei erwachsenen durch kriege, soziale und natürliche katastrophen etc. und ihre folgen werden zu wenig berücksichtigt. und die möglichkeit der "verarbeitung" im sinne einer evolutionären mutation, die sich im extrembeispiel des soziopathen manifestieren könnte, wird überhaupt nicht berücksichtigt. beide punkte existieren vielleicht auch deshalb, weil beide aus einer explizit psychoanalytischen tradition kommen.

von der die neuesten entwicklungen, wie bspw. die im folgenden verlinkten beitrag näher vorgestellte
relationale psychoanalyse, durchaus erfreuliche tendenzen mitbringt, die gesellschaftliche realität jenseits der wie ein stein auf der gesamten zunft lastenden freudianischen orthodoxie und ihrer konstrukte mal wirklich wahrzunehmen. und mag freud selbst auch wie dargestellt insgeheim weiter an seinem ursprünglichen (und realistischen) einblick in die verhältnisse der bürgerlichen welt seiner zeit festgehalten haben, so hat sich das doch in seiner theoriebildung später nicht - bzw. schlimmer noch: völlig verzerrt - niedergeschlagen - zum schaden aller tatsächlich traumatisierten (was sein verdienst als "türöffner" für diverse wichtige entwicklungen, wie früher schon mal gesagt, in meinen augen nicht schmälert).

und dem "faz"-autor scheint auch nicht aufgefallen zu sein, dass das ergebnis der zitierten - psychoanalytischen - studie ebenfalls eher als beleg für die existenz der hartnäckig geleugneten totalität aufzufassen ist (und wenn die entsprechende analytikerin ihren traumabegriff anhand der "offiziellen" kriterien für ptbs abgeleitet hat, so würde ich behaupten: das ergebnis ist noch geschönt).

und die totalitäre existenz der traumatischen matrix lässt sich keineswegs nur durch beobachtungen der umwelt ableiten - meine in gewisser hinsicht durchaus "unspektakulären" persönlichen erfahrungen reichen von selbst erlebter primär "psychischer" gewalt (die, wie wir heute wissen können, ebenfalls etwas durchaus körperliches darstellt bzw. auf dieser ebene erst zur wirkung kommt) über viele abende in meinem kinderzimmer, in denen ich beim versuchten einschlafen vom gewimmer des nachbarsjungen im haus nebenan (wir hatten da sehr hellhörige wände) begleitet wurde, der seinen vater anflehte, mit dem schlagen aufzuhören (ohne erfolg), bis zu anderen kindheits- und schulfreunden, die ebenfalls teils gnadenlos geprügelt wurden (und deren spätere und frühe zuneigung zum alkohol ich erst viele jahre danach wirklich verstehen konnte - meine eigene entsprechende phase incl. zweier ausgewachsener alkoholvergiftungen mit 14 bzw. 15 dito).

dazu kamen die ebenfalls "ganz normalen"
schulerfahrungen in den 1970ern, und wo ich dann im folgenden in völlig verschiedenen bereichen später überall sonst noch über die wirkungen der traumatischen matrix gestolpert bin, würde den rahmen des blogs hier sprengen. ein teil ihrer gesellschaftlichen manifestationen - derjenigen, die dann die geschichtsbücher füllen - ist hier eh ständiges thema.

alice miller hat mit ihrer arbeit schlicht einen wichtigen schlüssel zum verständnis dieser sehr bösartigen strukturen geliefert - und das zu negieren, wird auch der "faz" nicht gelingen.

Samstag, 17. April 2010

notiz: eyjafjallajökull [update]

"Der unaussprechliche Vulkan stemmt sich nicht nur sprachlich gegen den mainstream, sondern ist konsequent und schreitet auch in der Praxis zur anarchistischen Tat. Vorbildlich ! Bravo !". yo ;-) ein beeindruckender vulkan auf einer sympathischen insel - wunderschöne photos gibt´s hier - mein favorit ist die nummer 17. es ist immer wieder nötig, den größenwahn besonders der "zivilisierten" menschlichen welt auf normalmaß herunterzuholen. und letzteres darf aktuell wortwörtlich verstanden werden.

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edit am 18.04.: ich finde solche ereignisse - wie auch andere naturphänomene wie erdbeben, tsunamis, tornados, hurricanes etc. - deswegen so faszinierend, weil sie trotz all ihrer zwar potenziell traumatischen, aber unpersönlichen gewalt jedes mal eine sehr nachdrückliche erinnerung an unsere spezies vermitteln: nämlich die, dass wir ein untrennbarer teil der gesamten planetarischen bios- und geosphäre sind, und unser gesamtes soziales leben nicht nur in engen wechselwirkungen mit den diesbezgl. aktivitäten steht, sondern schlicht auf dieser basis beruht. ebenso wie bspw. die großen seuchen des mittelalters können auch geologische und meteorologische gewalten nicht nur einzelne gesellschaften, sondern im extremfall ganze kontinente bzw. ihre menschliche bevölkerung mit krassen und nachhaltigen brüchen in ihrem sozialen leben konfrontieren und den "lauf der geschichte" in völlig andere richtungen lenken. gerade der isländische vulkanismus hat da aller wahrscheinlichkeit nach schon früher mindestens ein prägnantes
beispiel für geliefert:

(...) "Aktuell besteht jedoch noch kein Anlass zur Sorge, dass unser Sommer unterkühlt ausfällt, beruhigt Karsten Haase: "Momentan reicht die Menge an freigesetztem Schwefeldioxid noch nicht aus, um das Klima zu beeinflussen." Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass isländische Vulkane das Wetter in Europa beeinflussten: "1783 fand auf der Insel eine sehr starke Eruption statt, während der enorme Mengen Lava freigesetzt wurden. Ganz Europa war davon massiv betroffen."

Damals brach der Vulkan Laki aus und schickte seine Schwefelfracht ostwärts: Rund 120 Millionen Tonnen Schwefeldioxid könnten damals den Himmel getrübt haben, schätzt der britische Geologe Colin Macpherson von der University of Durham - das Dreifache dessen, was Europas Industrie im Jahr 2006 produzierte. Die Folgen waren verheerend: Auf Island starben tausende Menschen an einer Hungersnot, weil Felder verwüstet wurden und das Vieh starb. Großbritannien und weite Teile Kontinentaleuropas lagen unter einer quasi konstanten Nebeldecke und mussten 1783/84 durch einen extrem kalten Winter, der ebenfalls viele Opfer forderte. Womöglich wurde sogar die Französische Revolution durch die vulkanischen Kalamitäten mit ausgelöst: Die dadurch verursachten Wetterextreme vernichteten Ernten und töteten das Vieh, was die verarmte und ausgezehrte Bevölkerung schließlich zum Aufstand trieb." (...)


nebenbei gesagt, ist der verlinkte artikel, aus dem das obige stammt, eindeutig einer der besten mir bekannten, die bisher zum aktuellen ausbruch und seinen folgen veröffentlicht worden sind - tipp! davon abgesehen, lässt sich bei der betrachtung des gesamten irdischen vulkanismus vor dem hintergrund der aktuellen folgen der isländischen asche lebhaft vorstellen, wie die heutigen hochindustrialisierten gesellschaften regelrecht kollabieren würden, wenn zb. einer der bekannten
supervulkane wie der yellowstone in den usa ausbrechen würde - ereignisse, die schon öfter in der vergangenheit zu zuständen geführt haben, die sich aus menschlicher sicht nur als globale katastrophe bezeichnen lassen; incl. mehrjährigen drastischen klimaveränderungen mit allen folgen für flora und fauna. die heutige welt ist nicht zuletzt von solchen ereignissen nachhaltig geprägt worden - eine art schöpferische zerstörung.

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aktuell ist auf island kein ende des ausbruchs abzusehen, und auch die meteorologischen bedingungen sprechen nicht dafür, dass sich die aschewolken schnell verflüchtigen würden. kein wunder also, dass die luftfahrtbranche langsam sehr nervös wird und laut diversen medienberichten beginnt, das flugverbot in frage zu stellen. hier bahnt sich ein schwerer konflikt zwischen profitinteressen und menschenleben an, der direkt auf weitere anstehende, strukturell ähnliche großkonflikte in unseren gesellschaften in den kommenden jahren verweist - ganze industriezweige und wirtschaftsgebiete werden u.a. durch peak oil in ähnliche situationen geraten, wenn deutlich wird, dass die materielle basis bestimmter industrien einfach nicht mehr aufrechterhalten werden kann. wenn der vulkan die nächsten wochen und monate weiter aktiv wäre, käme es auch immer wieder zu passenden wetterlagen, in denen die asche nach europa gelangen würde - die folgen für den luftverkehr - den ich persönlich zu großem teilen für überflüssig und ersetzbar halte - wären ein desaster. von daher ist das derzeitige gemotze schon verständlich, aber nicht nur den betreffenden managern, sondern auch den inzwischen wieder auf der bildfläche erscheinenden verschwörungstheoretikern sei dieser
bericht aus finnland vom vergangenen freitag empfohlen, in dem die finnische luftwaffe von eigenen erfahrungen mit der asche (incl. photos) am vergangenen donnerstag berichtet - die haben schlicht sehr viel glück gehabt mit ihren maschinen.

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bestenfalls kann der vulkan bei entsprechenden bedingungen hier in wichtigen teilbereichen, die auf dem luftverkehr beruhen - u.a. tourismus, just-in-time-produktion etc. - für ein phase der längeren entschleunigung sorgen. und das wäre dann mal eine wirklich beeindruckende einmischung natürlicher gegebenheiten ins menschliche treiben, zumal es zumindest bisher keine todesopfer gefordert hat. schlimmstenfalls sind dieser ausbruch wie auch die auffällig vielen schweren erdbeben der letzten monate aber auch das indiz für eine phase global gesteigerter geologischer aktivitäten, die sich dann zu folgen akkumulieren können, die nicht mehr als entschleunigung, sondern nur noch als gegen-die-wand-fahren-lassen der menschlichen gesellschaft generell bewertet werden können. machen könnten "wir" dagegen garnix, und so bleibt - wiedereinmal - im angesicht der naturgewalten als vielleicht wichtigste lektion die demut übrig, die uns in aller wünschenswerten deutlichkeit an unseren platz im gefüge der natürlichen beziehungen erinnert - wenn nötig, auch mit dem holzhammer.

Donnerstag, 15. April 2010

notiz: georg schramm - eine trauerrede

hatte mir schon am dienstag in der "anstalt" gefallen; er verpackt da eine harsche kritik in ungewöhnliche formen. zwei tage später aktueller denn je, und wenn man sich die statements unserer sog. "regierenden" anhört, befürchte ich, dass ich die rede künftig wöchentlich so zwei-, dreimal immer wieder ins blog stellen muss...

Dienstag, 6. April 2010

notiz: die frauen und mädchen in afghanistan...

...werden ja nicht nur hierzulande von befürwortern des westlichen kriegseinsatzes dort quasi als kronzeuginnen dafür benannt, warum dieser einsatz angeblich unverzichtbar, humanitär und freiheitsbringend sei - gerade für den weiblichen teil der dortigen bevölkerung, die unbestritten unter dem talibanregime eine unmenschliche existenz fristen mussten. andererseits sind den gleichen befürwortern die guten westlichen kontakte zu einem regime wie dem im klerikalfaschistischen, ultrapatriarchalen und plump sexistischen saudi-arabien in aller regel aber sowas von egal, das die instrumentalisierung der frauen in afghanistan vor diesem hintergrund um so schärfer heraustritt.

und nicht nur die eben genannten ignorieren bis heute weitgehend die eigenen stimmen der von ihnen genannten zielobjekte (das hat durchaus mehrere bedeutungsebenen) der westlichen menschenliebe. würden sie das nicht so halten, müssten sie nämlich zu kenntnis nehmen, dass gerade solche frauen in afghanistan, die selbstbewusst und mutig genug sind, öffentlich aufzutreten, sehr begründet oppositionell gegen die islamistischen fundamentalisten, die nicht primär religiös orientierten warlords und die westlichen truppen stehen.

aber was nicht passt, wird gerade von den predigern des freedomanddemocracy (TM) ohne weiteres passend gemacht, wenn´s nicht in den eigenen kram passt. bedeutet auf einer niedrigen stufe meist konkret: totgeschwiegen.

alle anderen sollten sich aber nicht nur intensiv mit den inhalten der frauen von


RAWA - Revolutionary Association of the Women of Afghanistan

beschäftigen, sondern auch deren existenz überhaupt breiter in das öffentliche bewusstsein bringen. ich wünsche mir den obigen link an ganz vielen stellen im netz.

Montag, 5. April 2010

notiz: und nochmal - auf den müllhaufen der geschichte, aber subito !

"Darunter steht auf dem Regal ein Foto des Teenagers Barry in Uniform. Dem 18-jährigen Katholiken mit irischen und mexikanischen Wurzeln, der auszog, gegen das "Böse" zu kämpfen. "Schon auf der katholischen Highschool haben sie uns eingetrichtert: Kämpft gegen die Kommunisten, schützt die vielen Glaubensbrüder in Vietnam", sagt Barry Romo. Er meldet sich freiwillig."

("Nachts, wenn die Toten zurückkommen")

"Und auch über das Töten? Auch das wird immer häufiger Alltag eines deutschen Soldaten. Was sagen Sie als Geistlicher dazu, wo doch das biblische Gebot das Töten verbietet?

"Als Militärgeistlicher unterstütze ich ja nicht das Töten. Ich bin für die Menschen da, und die Soldaten der Bundeswehr sind keine Killermaschinen, sondern Menschen, die bei der Erfüllung ihres Auftrags in Gewissensnöte kommen können. Viele fragen sich, wie es ist, wenn sie schießen müssen. Was, wenn sie dabei töten? Damit setzen sie sich auseinander - und beantworten die Frage für sich so, dass sie es jedenfalls theoretisch mit ihrem Gewissen vereinbaren können."


(aus einem interview mit einem katholischen militärpfarrer bei der bundeswehr in afghanistan)

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es ist ja nicht so, dass speziell die katholische kirche "nur" wegen ihrer besonders gegen kinder gewaltaffinen institutionellen struktur in die tonne gehört, obgleich das alleine schon völlig ausreichen würde - nein, auch was das sog. kriegshandwerk, das
segnen der waffen, die bereitstellung pseudomoralischer korsette (wie oben im zitat) für zweifelnde sowie die ideologische unterfütterung von kriegen und diktaturen ("für gott, kaiser und vaterland") im allgemeinen betrifft, hat die katholische sekte derart viel historisches unheil angerichtet, das sie längst - wenn´s das denn gäbe - ein wahrhaftiges gottesgericht mit blitz, donner und sintflut mehr als verdient hätte. da solche fiktionalen gebilde wie götter den vorteil haben, dass man sie bei bedarf wie das kaninchen aus dem zaubererhut hervorziehen kann, und dieser trick auch bei allen großen und kleinen sekten weltweit sozusagen zum fundamentalen handwerkszeug gehört, lässt sich gegen derlei treiben bis auf weiteres u.a. nur die methode einsetzen, ihnen den jeweils sichtbaren dreck solange unter die nase zu reiben, bis der gestank schier unerträglich wird - und das gilt von "scientology" bis hin zum vatikan.

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perfide und infam hatte ich letzteren schon genannt - und was in den paar tagen seit diesem letzten beitrag alles folgte, unterstreicht dieses urteil auf eine art und weise, die neben wuterzeugend schon regelrecht ekelerregend ist. einen klopper nach dem anderen hauten die kostümierten mumien heraus, gefolgt von an den haaren herbeigezogenen ausreden, lächerlichen dementis, abstrusen rechtfertigungsversuchen und ständigen belegen einer wachsenden paranoia. und nein, ich habe gerade keine lust mehr, mich hier noch so nüchtern auszudrücken wie das die "frankfurter rundschau" in einem kommentar tut:

(...) "Vom Propaganda-Vorwurf an die Kritiker ("Geschwätz des Augenblicks") über die Solidaritätsadresse an den Papst bis hin zum Antisemitismusvergleich hatte Rom alles zu bieten, was zu einem ordentlichen PR-Desaster gehört." (...)

ja, als "pr-desaster" lässt sich das alles auch begreifen, und für den konzern "katholische kirche", der ja als hauptprodukte "seelenheil" und "moral" unters volk bringen will, ist das derzeitige geschehen aus einer sozusagen betriebsökonomischen sicht ein ähnliches debakel wie durchdrehende gaspedale für einen autokonzern. aber dieser blickwinkel ist zu beschränkt - darum jetzt noch mal die widerlichkeiten des wochenendes der reihe nach.

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die rede des "persönlichen predigers" von ratzinger, cantalamessa, hatte ich ja schon im letzten beitrag kommentiert. nachdem die internationale kritik immer heftiger wurde, hat der vatikan das ganze als "nicht repräsentative einzelmeinung" und
bedauerliches missverständnis versucht zu dementieren:

(...) "Indes bemüht sich der offizielle Vatikan um Schadensbegrenzung. "Ich dementiere auf die strikteste Weise, dass dies ein vom Vatikan angeregter Vergleich zwischen dem Antisemitismus und der derzeitigen Situation die Pädophilie betreffend wäre", erklärte Lombardi. Das Zitat habe allein ein "Zeugnis der Solidarität" von einem Juden sein wollen. Dies habe absolut kein Angriff auf die jüdische Welt sein sollen und sei auch "kein passender Vergleich", so der Vatikansprecher." (...)

auch cantalamessa versuchte sich selbst mit der sinngemässen aussage zu dementieren, dass er ja nur "einen solidarischen brief eines jüdischen freundes" zitiert hätte (den er übrigens nicht nennen will; und seltsam genug: wenn denn dieser angebliche freund tatsächlich so solidarisch ist, warum spricht er dann nicht selbst?); ratzinger hätte von der predigt "nichts gewusst" (und hat sie sich kommentar- und auch sonst ziemlich regungslos angehört) und überhaupt hätte er das "natürlich" alles gar nicht so gemeint (wie´s sowohl bei großen organisationen von überlebenden der innerkirchlichen gewalt in den usa als auch bei vielen jüdischen gruppen / organisationen angekommen ist). festzuhalten bleibt für mich zweierlei: die besondere perfidität, die darin liegt, dass, was man sich selbst nicht auszusprechen traut, dann einen - womöglich (!) noch imaginären - , scheinbar "neutralen" dritten sagen zu lassen. und eben auch die durchschimmernde feigheit der ganzen funktionäre, die im gleichen moment als sie merkten, was ihre institution da für einen rohrkrepierer produziert hat, versuchten, alles kleinzureden bzw. zurückzunehmen. hat glücklicherweise nach meinem eindruck nicht ganz so funktioniert, wie es sich die kostümierten vielleicht vorgestellt haben.

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letzteres lag zu einem nicht geringen teil auch an dem, was kurze zeit später ein weiterer funktionär meinte von sich geben zu müssen - sodano heisst er, und ist jetzt für folgende
unverschämtheit bekannt:

(...) "Umso ungewöhnlicher war es, dass einer der einflussreichsten Kardinäle in Rom, der Dekan des Kardinalskollegiums, zu Beginn der Messe das Wort ergriff und den Papst der rückhaltlosen Unterstützung versicherte. Vom "unbedeutenden Geschwätz dieser Tage" würden sich die Gläubigen nicht beeinflussen lassen, sagte Kardinal Angelo Sodano. "Die Kirche ist mit dir", versicherte der 82-Jährige dem Papst - und das gelte nicht nur für Kardinäle und Bischöfe auf aller Welt, sondern vor allem für die 400.000 Priester, die im Dienst der Kirche stünden. Der Papst sei "der makellose Fels der heiligen Kirche Christi". (...)

das "unbedeutende geschwätz dieser tage" sieht zb. so aus -
"Ich verwalte meinen Körper nur noch" - oder auch so: Scham fressen Seele auf. vom ozean der "stinknormalen" prügel, demütigungen und ängste innerhalb (ja, nicht nur!) kirchlicher institutionen gar nicht zu reden. sodano hat immerhin klartext geredet und überdeutlich gemacht, was von den vielen rhetorischen schuld- und reuebekenntnissen seitens der sekte in der letzten zeit wirklich zu halten ist (ich finde es übrigens keinen zufall, dass es sehr ähnlich auch besonders im herbst und winter 2008 von einer anderen, ebenso nutzlosen, überflüssigen und destruktiven gesellschaftlichen gruppe zu hören war: die bankster und ihr gesinde in der sog. "politik" wimmerten und jammerten ähnlich "voller reue" herum, bevor sie dann im großen und ganzen kollektiv den beweis dafür antraten, dass es schuld- und reuebekenntnisse von leuten eines solchen kriminellen kalibers kostenlos für alle - und besonders für sie selbst - im grabbeltisch am ausgang gibt - quasi zur allgemeinen sedierung).

*

und nicht nur vor dem hintergrund des obigen werden auch die am wochenende gefallenen salbungsvollen erklärungen und versprechungen verschiedener hiesiger kirchenfunktionäre - "bischöfe" - zurechtgerückt (innerhalb der hierarchischen kirchenlogik und -struktur müssten sie sich, wenn sie es denn ernst meinen würden, ebenso ernsthaft mit ihrem obersten "weltlichen" chef und seinem apparat anlegen - dafür gibt es nicht das geringste anzeichen) - nein, auch die unterstützung dieser leute für den notorischen mixa widerlegt ihre frommen wünsche auf das allerdeutlichste. die fragen am ende dieses
beitrags stellen sich nach den jüngsten äusserungen mixas nochmals verschärft:

(...) "Mixa kann sich indes nach eigenen Angaben nicht an die Personen erinnern, die ihm Misshandlungen vorwerfen. Zugleich erneuerte der Bischof sein Angebot, mit ihnen zu sprechen.

Mixa sagte der "Welt am Sonntag": "Diese Leute können sich doch gar nicht mehr an mich erinnern." Angesprochen auf die aktuellen, in Zeitungen veröffentlichten Fotos der Personen fügte er hinzu: "Ich erinnere mich auch nicht mehr an sie."

Er wolle sich weiterhin "gerne mit den Betroffenen zu persönlichen Gesprächen treffen, um zu erfahren, was ihnen widerfahren ist", sagte er der "Bild am Sonntag". Er werde für sie beten, denn für ihn als Seelsorger seien sie Opfer, denen offenbar Unrecht geschehen sei." (...)


also doch eine (praktische) amnesie? ein durchaus beliebtes mittel bei angehörigen von "eliten" jedenfalls; oft genug schon bewährt bei kriegsverbrechen, waffengeschäften, korruptionsfällen und parteispenden - "ich bin klein, mein herz ist rein, mein hirn ist leer und meine geldbörse schwer" - mixa würde sich damit bei einer ganzen armee sehr illustrer gestalten einreihen, die plötzlich und unerwartet einfach ihre erinnerung "verloren" haben - bevorzugt vor irgendwelchen untersuchungsauschüssen, oder aber ganz generell in der öffentlichkeit.

schier unerträglich ist jedenfalls weiterhin seine herablassende attitüde gegenüber seinen opfern - perfide und infam sind auch hier angemessene worte. wäre ich selbst betroffen, würde ich ihm seine gebete persönlich vor die füße spucken.

mir kommt es übrigens nach ansicht des fr-artikels so vor, als hätten in der zwischenzeit neben den zehn in meinem damaligen beitrag schon genannten betroffenen jetzt weitere ihren mut zusammengenommen - schilderungen ähnlich den folgenden sind zumindest für mich neu:

(...) "Derweil berichtete ein 40-jähriger Mann aus dem Rosenheimer Raum, der von Mixa in der Grundschule unterrichtet worden war, dem in Ingolstadt erscheinenden "Donaukurier" (Samstagausgabe) über Misshandlungen durch den heutigen Bischof. "Mixa war nicht nett, er hat uns an den Haaren und den Ohren gezogen", wird der Mann zitiert. Er sei ganz anders gewesen, als der Augsburger Bischof sich in den Medien darstelle, behauptete der Mann. Es sei Zeit, dass die Dinge ans Licht kämen.

Ein weiterer, in Innsbruck lebender Mann sagte dem Blatt, von Mixa geschlagen worden zu sein, weil er aus dem Heim abgehauen gewesen sei. Als die Polizei ihn zurückgebracht habe, habe er sich "vom damaligen Stadtpfarrer Mixa" wortlos eine gefangen. Eine Frau aus Weilach behauptete, Mixa habe sie im Firmunterricht geschlagen, danach habe sie ihm die Hand küssen müssen." (...)


aber klar, alles "lügen", "unbedeutendes geschwätz" von bösen menschen, die der heiligen kirche und ihren heiligen kostümträgern aus zielichtigen gründen ans bein pissen wollen. natürlich kommen dafür dann auch prompt entprechende
gemeindeschafe als zeugen zum vorschein:

(...) "Gewalttätige Übergriffe des damaligen katholischen Stadtpfarrers von Schrobenhausen hätten sie niemals miterlebt, schreiben knapp 20 Bürger, die damals Ministranten waren oder sich als Jugendliche in der Pfarrei St. Jakob engagierten, in einem Offenen Brief. Sie können sich auch nicht vorstellen, dass Mixa zu solchen Übergriffen fähig gewesen wäre." (...)

die können sich offensichtlich so einiges nicht vorstellen - mit etlicher wahrscheinlichkeit deshalb, weil sonst ihre scheinheilige idylle zusammenbrechen würde. ich glaube mixa nach wie vor kein einziges wort.

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um die dimensionen des ganzen widerwärtigen schauspiels, welches die katholische sekte gerade bietet, einigermaßen zu komplettieren, sei hier noch kurz auf zwei interessante artikel hingewiesen: einmal die zeit mit der aufschlußreichen und detaillierten darstellung der mittel, methoden und handelnden personen in einem deutlichen fall von vertuschung in den usa -
Geheimprotokoll belastet wichtigsten Mitarbeiter des Papstes; zum anderen spon mit einem einblick in die derzeitige situation in mittel- und südamerika:

(...) "In der Kathedrale von Mexico City begann die Karwoche mit einem Eklat: Die Oppositionspolitikerin Julia Klug legte vor dem Gotteshaus ein Tuch aus, auf dem Parolen gegen Kardinal Norberto Rivera und den Papst prangten: "Benedikt und Norberto Rivera schützen Vergewaltiger! Was sind das nur für Gottesvertreter?", war auf dem Banner zu lesen. (...)

Mexiko fühlt sich besonders betroffen: Marcial Maciel Degollado, der vor zwei Jahren verstorbene mexikanische Gründervater des einflussreichen Ordens Legionäre Christi, aus dem sich eine große Zahl des Priesternachwuchses rekrutiert und der im Vatikan längst glänzend vernetzt ist, verging sich jahrzehntelang an Jungen und Mädchen, mehr als 70 angebliche Missbrauchsopfer haben sich gemeldet.

Als Kardinal und Chef der Glaubenskonkregation leitete Joseph Ratzinger im Jahr 1997 eine Untersuchungskommission im Vatikan, die alle Vorwürfe gegen Maciel aufklären sollte. Maciel, der eine "Einladung" der Kongregation nach Rom erhalten hatte, erschien nicht - aufgrund seiner schlechten Gesundheit wurde das Verfahren eingestellt. Er wurde jedoch in ein Kloster verbannt. Die Legionäre Christi hielten es inzwischen für geboten, sich offiziell und "zutiefst erschüttert" von ihrem Gründer Maciel - der übrigens mindestens drei Kinder zeugte - loszusagen." (...)


auch interessant - und beunruhigend - ist die darstellung der evangelikalen fundamentalistischen sekten, die in das vakuum drängen, welches die katholen zunehmend produzieren. pest oder cholera ist in keinem fall, egal in was für bereichen, eine akzeptable wahl.

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soweit die mir nötig erscheinenden nachträge speziell zur kk. ein kleiner, aber durch ein paar eigenarten besonders widerlicher ausschnitt aus dem ganzen bild der gewalt gegen kinder und jugendliche, welches in diesem
kommentar umrissen ist. und das wird hier weiterhin thema bleiben.

Samstag, 3. April 2010

notiz: perfide und infam = vatikan

fast wäre mir die gestern stattgefundene fortsetzung der unendlichen geschichte entgangen, nämlich ein beleg absolut geschichtsvergessener bösartigkeit und des-selbst-zum-opfer-machens seitens der katholischen sekte - bei der karfreitagspredigt im hauptquartier ließ der "persönliche prediger" des ratzinger alle masken fallen:

(...) "Der persönliche Prediger von Papst Benedikt XVI. hat die im Zusammenhang mit der Missbrauchsaffäre gegen die katholische Kirche und ihr Oberhaupt erhobenen Vorwürfe mit dem Antisemitismus verglichen. Die Juden seien in der Geschichte Opfer kollektiver Gewalt geworden, und die Anschuldigungen gegen die Kirche und den Papst erinnerten an die "schändlichsten Aspekte des Antisemitismus", sagte Pater Raniero Cantalamessa bei einem Karfreitagsgottesdienst im Vatikan. Ein jüdischer Freund habe ihm geschrieben, dass er die "gewaltsamen und konzentrierten Angriffe" auf die Religionsgemeinschaft und ihr Oberhaupt mit Abscheu verfolge. (...)

Nach scharfer Kritik aus dem Ausland hat sich der Vatikan vom Antisemitismus-Vergleich eines hohen Geistlichen in der Missbrauchsdebatte distanziert. Ein solcher Vergleich könne zu Missverständnissen führen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Freitagabend der Nachrichtenagentur AP. Die Äußerungen von Raniero Cantalamessa seien nicht die offizielle Position des Vatikans." (...)


nachdem sie also gemerkt haben, dass dieses absolut unverschämte manöver einer organisation, die nicht nur selbst in ihrer langen unheilvollen geschichte immer wieder antisemtismus geschürt hat, sondern dazu noch nach dem wk2 diversen nazis mithalf, den kopf aus der schlinge zu ziehen, ausserhalb ihres clubs der wahnhaften zwangsvorstellungen nicht sooo begeistert aufgenommen wird, distanzieren sie sich von sich selbst.

aus der vielzahl entsprechender kommentare im forum des "standard" sei nur
einer als repräsentativ zitiert - das spart mir an dieser stelle einen enormen wutausbruch:

"Diese selbstgefällige Vatikanbrut schafft es, in einem Vergleich gleichzeitig die Opfer der Shoah und die Missbrauchsopfer der sadistischen Pfarrer zu verhöhnen."

grenze endgültig erreicht und überschritten. diese sekte gehört abgewrackt auf den müllhaufen der geschichte.

Mittwoch, 31. März 2010

notiz: schwarz vor augen... [2. update am 01.04.]

...wird´s zumindest mir, wenn ich mir kommentare wie die folgenden betrachte:

"ich wurde "misshandelt". Als Messdiener und im Religionsunterricht vom Pfarrer, im weiteren Unterricht von den Lehrerinnen und Lehrern und zu Hause von den Eltern. Es gab nämlich Ohrfeigen schon für die kleinsten "Vergehen", bei denen die heutigen Erziehungsberechtigten nichteinmal mit den Schultern zucken würden. Und meinen Schulkameraden erging es genau so. Mensch, lasst mal die Kirche im Dorf und erklärt nicht jede Ohrfeige zur Misshandlung.


Schreibt Jahrgang 44"


"Die Christen sollten sich wieder an das Wort Gottes, Sprüche 8,23 einnern.

Die Wiedereinführung der Prügelstrafe (Rohrstock auf das Gesäß - aber keine Faustschläge ohne sonstigen Mißhandlungen) würden den Kindern und den Jugendlichen von heute wohltun und
"anständige" Menschen aus ihnen machen."

(der satz "keine faustschläge ohne sonstigen mißhandlungen" steht da so im original; ein haarsträubendes beispiel für das, was klaus theweleit als "halluzinatorische wunscherfüllung" bezeichnet - der kommentator hat da wohl aus versehen völlig offen geschrieben)

(...) "Hat Mixa jemand getötet, zusammengeschlagen, sexuell belästigt? Wohl nicht! Ohrfeigen in Familien und teilweise in der Schule gehörten noch zu meiner Kindheit zur Normalität! Wenn auch nicht in jeder Familie u. Schule. Vielleicht hat man damals noch gewußt, was in den Sprüchen Salomos steht: "Züchtige deinen Sohn, solange Hoffnung da ist, aber laß dich nicht hinreißen, ihn zu töten. Großer Grimm muß Strafe leiden, denn willst du ihn steuern, so wird er noch größer. Höre auf Rat und nimm Zucht an, daß du hernach weise seist." Spr. 19,18-20.
Ist das grundsätzlich falsch ?"

"Sicher, mit Faustschlägen sollte niemand traktiert werden. Aber Ohrfeigen waren früher ganz normal! Und legal dazu. Das sollte man wieder einführen, besonders an Schulen wie der Rütli-Schule! Wir sind zu weich geworden, verschwunden
preussische Zucht und Ordnung!"

*

so also einige statements aus dem
forum von "spon" zu den heute bekannt gewordenen schilderungen mehrerer ehemaliger heimkinder bezgl. gewalttätiger übergriffe des notorischen bischofs mixa gegen sie in der vergangenheit - ausführlich in der sz:

(...) "Der Kreis der ehemaligen Heimkinder, die dem Augsburger Bischof Walter Mixa körperliche Züchtigung vorwerfen, wird größer. Jutta Stadler aus Pfaffenhofen bestätigt die in der Süddeutschen Zeitung vom Mittwoch veröffentlichten Beschuldigungen und schreibt in einer eidesstattlichen Versicherung: "Er hat mir mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen." Der SZ liegen damit sechs eidesstattliche Erklärungen vor, in denen berichtet wird, dass Walter Mixa in seiner Zeit als Stadtpfarrer Heimkinder in Schrobenhausen geschlagen habe.

Jutta Stadler lebte von 1968 bis 1977 im Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef in Schrobenhausen. Die 47-Jährige legt großen Wert darauf, mit vollem Namen genannt zu werden, "damit ich dieses Thema endlich abschließen kann". Sie berichtet davon, dass Mixa als damaliger Stadtpfarrer "öfters sein Auto" zum Kinderheim gebracht habe. "Dieses musste dann von jeweils vier Kindern stundenlang geputzt werden", schreibt sie. Jutta Stadler bestätigt auch brutale Übergriffe zweier Klosterschwestern, die damals als Erzieherinnen tätig waren. "Ich hatte am ganzen Körper blaue Flecken", sagt sie. Als sie einmal ihr Essen nicht aufessen wollte, habe ihr eine Schwester die heiße Suppe "über den Kopf gegossen". (...)


aus einer anderen
erklärung:

(...) ""Herr Mixa hat mir im Laufe der Jahre mindestens 50-mal die Hose heruntergezogen und mit einem Stock fünf- bis siebenmal kräftig auf das Gesäß geschlagen", sagt Markus Tagwerk (Name geändert). Der 41-jährige Familienvater lebte von 1972 bis 1982 in dem Kinderheim. Heute arbeitet er selbst als Erzieher, "aber antiautoritär", wie er betont.

Weil er für eine kirchliche Einrichtung arbeitet und Repressalien befürchtet, will er seinen Namen nicht in der Zeitung veröffentlichen. In seiner eidesstattlichen Erklärung schreibt er: "Einmal hat er (Mixa, Anm. d. Red.) einen Kochlöffel genommen. Dieser ist abgebrochen, dann nahm er die Hand." Während der Schläge soll Mixa laut Tagwerk gesagt haben: "Kind Gottes, nimm diese Strafe", oder: "In dir ist der Satan, den werde ich dir schon austreiben." (...)


bei ansicht der letzten sätze kam mir wieder dieser
beitrag in den sinn, den ich vor einigen wochen als ersten zu alldem geschrieben habe, was jetzt (nicht nur) hinsichtlich der praktiken der hiesigen katholischen kirche im umgang mit kindern und jugendlichen an den tag kommt:

(...) "Wie der Bayerische Rundfunk mittlerweile erfahren haben will, soll der Augsburger Bischof Walter Mixa in Bayern einen Exorzisten zur Teufelsaustreibung beauftragt haben." (...)

das lässt sich nur noch zynisch kommentieren, tut mir leid - offensichtlich sehen gestalten wie mixa überall den teufel am werk, dem man(n) dann eben auch ganz handgreiflich zu leibe rücken muss - jemand ohne amt und würden würde sich heute bei derlei tun mit solchen " begründungen" wie von mixa gegenüber den kindern sehr schnell in der geschlossenen abteilung der nächstgelegenen psychiatrischen klinik wiederfinden. es ist schlicht unerträglich mit anzusehen, wie solche formen von schon regelrecht klassisch zu nennendem religiösen wahn incl. destruktiven ausagieren seitens des staates und teilen der öffentlichkeit nicht nur hingenommen, sondern auch noch durch passivität oder gar - siehe oben - verbale unterstützung gerechtfertigt werden.

gleichzeitig ist das ganze aber auch eine lektion in der hinsicht, wie die zugehörigkeit zu einem beliebigen teil der sog. "elite" selbst offene wahnzustände im klinischen sinne durch eben die funktion in genannten "ämtern und würden" mitsamt allem zugehörigen formalen und mystifizierendem faulen zauber regelrecht vernebelt und verschwinden lässt - die geschichte der "eliten" rund um den globus ist voll von beispielen durchgeballerter adliger, völlig gestörter religiöser verkünder, wahnsinniger politiker, total abgedrehter wirtschaftsdynastien - vom militär erst gar nicht zu reden; und nicht zuletzt ist auch im gesamten sog. künstlerischen und teils auch wissenschaftlichen bereich historisch bis heute die wahrscheinlichkeit übergroß, es bei einigermaßen bekanntheit immer auch mit beispielen für diverse psychophysische verfallszustände zu tun zu haben - im blog sind für so ziemlich alle eben aufgeführten gruppen entsprechende (und durchaus repräsentative!) belegfälle zu finden (okay, den adel habe ich bislang weitgehend aussen vor gelassen).

und wie schrieb es j.e. mertz in seinem borderline-buch in einigen seiner besten und treffendsten anmerkungen zu den "funktionseliten", zu denen auch solche figuren aus der höheren religiösen hierarchie wie mixa gezählt werden müssen?
"Wer einigermaßen unauffällig und effizient funktioniert, insbesondere in herausgehobener Position, kann nicht wirklich, nicht ernsthaft krank sein, weil er nicht krank sein darf."

und an anderer stelle:

"Ich kann keinen einzigen vernünftigen Grund finden, warum psychisch kranke Personen ihre Krankheit nicht im Medium des gesellschaftlich historischen Geschehens artikulieren und realisieren (materialisieren) sollten, sei´s als Kunstwerk, exakte Wissenschaft, politisches Projekt oder eben als Menschentötungsfabrik. (...)

Das Symptom wird auf der Bühne der Geschichte und mit geschichtlichen Mitteln aufgeführt. Es stimmt einfach nicht, dass der Wahnsinn immer nur am wahnsinnigen Menschen haften bleibt und ausschließlich in den dafür zuständigen Institutionen verwaltet und unter Verschluß gehalten werden könnte. Das ist allenfalls eine beruhigende Mystifikation. Die große und weltmächtige Seite des Wahnsinns wird weitgehend ignoriert, man tut so, als gäbe es diese Seite nicht, man will nichts davon wissen und nichts damit zu tun haben. Man hält dem Wahnsinn sozusagen die gesellschaftliche Bühne frei, bis zum nächsten Auftritt."


und die angesprochene krankheit lässt sich auch in form einer (religiösen) sekte materialisieren, sei angemerkt.

*

wer hier schon länger mitliest, wird sich darüber im klaren sein, dass ich unter "wahnsinn" nun eben nicht das übliche klischeebild des "sabbernden psychotikers in der zwangsjacke" verstehe (von dem sich fast jede/r leicht abgrenzen kann), sondern eher ansätze favorisiere, die uns das, was unter dem begriff firmiert, unangenehm nah auf die pelle rücken lassen. hinsichtlich einer gestalt wie mixa, der sich ja durchaus ohne "auffälligkeiten" innerhalb der gesellschaftlichen konventionen bewegen kann, tendiere ich aber tatsächlich dazu, aufgrund der sichtbaren struktur im hintergrund - extrem fiktionaler (religion) bis halluzinatorischer ("teufel") inhalt der ideologie, scharf ausgeprägte machthierarchien in der institution selbst, die im übrigen in vielen bereichen die klassischen formen einer
totalen institution aufweist, sowie - erschwerend - züge eines angeblich göttlich verliehenen delegiertenmandats und besonderer auserwähltheit - , die grenzen zwischen den zwei früher genannten qualitativ grundsätzlich verschiedenen psychotischen zuständen (einmal das klassische modell; zum anderen das, was im extrem vom soziopathen verkörpert wird) durchlässiger zu sehen und eine seltsame und bösartige mischform anzunehmen. die simulativen fähigkeiten und das instrumentell-intelligente kalkül zwecks ausagieren der antisozialen tendenzen sind ebenso vorhanden wie symptome einer ganz typischen, im religiös verbrämten gewand auftretenden stinknormalen psychotischen grundstruktur, incl. paranoiden anwandlungen, wahrnehmungen halluzinatorischer qualität (wer ernsthaft anderen mit exorzismus auf den leib rücken will und derart dämonenglauben demonstriert...) und narzisstisch erscheinenden zügen.

"wahnsinn" ist letztlich "nur" ein synonym für: gestörte bzw. stark beeinträchtigte realitätswahrnehmung. und unter dem aspekt sollten nicht nur leute wie mixa betrachtet werden.

*

das ich bei den eingangs dokumentierten zitaten nicht komplett rot gesehen habe, liegt u.a. auch daran, dass nicht nur bei "spon" sondern inzwischen auch bei anderen berichtenden medien wie "zeit", "fr" u.a. eine doch relevante zahl der kommentierenden mehr als deutliche worte findet - ein regelrecht vernichtendes
urteil von einem, der die verhältnisse mit am besten kennen dürfte:

(...) "Inzwischen aber ist das Klima derart vergiftet, dass man einem katholischen Geistlichen ersteinmal jede Schandtat zutraut. Dass es soweit gekommen ist, haben die Verantwortlichen in den Kirchenleitungen sich selber zuzuschreiben. Jetzt rächen sich Wegschauen, Leugnen und Vertuschen, wie sie über Jahrzehnte praktiziert wurden.

Bei aller grundsätzlichen Sympathie für eine Kirche, der ich selber lange Zeit angehörte, auch als Priester, kann ich nur sagen: Sie hat es nicht besser verdient."


dazu ist verstärkt etwas zu sehen, was sich bereits in den vergangenen wochen abzeichnete - es werden sehr viele persönlich-biographische fragmente veröffentlicht, speziell auf die zeiten von 1950 bis ca. mitte der 80er jahre bezogen - erfahrungen aus staatlichen sowie religiösen schulen und heimen, aber auch schilderungen des "ganz normalen" familienlebens. was da zu lesen ist, ist ein grosses puzzlestück beim versuch, zu begreifen, warum "wir" heute mehrheitlich so ticken, wie wir´s eben tun. das ist, zumindest für mich, nichts neues, aber in derart geballter form doch schmerzlich. die innere psychosoziale struktur dieser gesellschaft wird in wesentlichen teilen sichtbar, alice miller und lloyd deMause werden x-fach in ihren beschreibungen der tieferen dynamiken der (westlichen) gesellschaften bestätigt. es sind formen und wirkungen der traumatischen matrix in aller deutlichkeit zu sehen, wie sie bisher nur erahnbar waren. und das bild ist noch verheerender, als ich es selbst vermutet und befürchtet habe.

*

edit, leider kein aprilscherz: in einer öffentlichen
erklärung gibt mixa am ende das folgende von sich (nachdem er natürlich "nie" undsoweiter):

(...) "Ich bin gerne bereit, mit Männern und Frauen, die in ihrer Jugendzeit im Kinderheim St. Josef in Schrobenhausen gelebt haben, über ihre Erinnerungen, Erlebnisse und Vorwürfe zu sprechen, um zuzuhören und zu erfahren, was sie in ihrer Kindheit belastet hat." (...)

zu dieser herablassenden gnädigkeit jenes "herrn" fällt mir nun absolut nichts mehr ein, ausser dem punkt, dass bei bestimmten - besonders von ihrem tun überzeugten - gewalttätern immer mal wieder amnesien bezgl. ihrer eigenen vergangenheit beobachtet werden und sie wirklich ernsthaft überrascht sind, wenn sie von dieser vergangenheit per vorwurf/anklage eingeholt werden (eine andere möglichkeit, nämlich die, dass er darauf setzt, dass seine ehemaligen opfer durch eine persönliche konfrontation wiederum in ein schockinduziertes abhängigkeitsverhältnis verfallen, möchte ich noch nicht als option in betracht ziehen - das wäre ein gipfel an kalkulierender niedertracht, der bereits soziopathische "qualität" hätte. aber vielleicht bin ich da selbst auch nur zu naiv.)

wie dem auch sei: der ganze satz ist einfach schlicht unglaublich. und ja, ich glaube ihm kein einziges seiner salbungsvollen worte.

und noch ein nachtrag, da gerade erst gesehen -
''Mixas Erklärung ist verlogen und unverfroren'':

(...) "Zwei der sechs Betroffenen sind bei der Nachricht über Mixas Stellungnahme aus allen Wolken gefallen. Hildegard Sedlmair aus Stadtbergen bei Augsburg zeigte sich nur "geschockt". Der Mann "belügt sich selbst", sagt sie.

Auch Jutta Stadler aus Pfaffenhofen ist "fassungslos", wenn sie den ersten Satz der Erklärung liest. Darin heißt es: "Ich bin zutiefst erschüttert über die Anschuldigungen, die mir gegenüber erhoben werden". Als "verlogen und unverfroren" bezeichnet sie Mixas Äußerungen, in denen er seine "Sorge um das Wohl und die Zukunft von Kindern, Jugendlichen und Familien" betont. Sie seien, so der letzte Satz der Stellungnahme, "ein vorrangiges Anliegen meiner seelsorgerischen Arbeit seit eh und je."

Ein annehmbares Gesprächsangebot sehen beide Frauen in den Äußerungen des Bischofs nicht. Bevor Jutta Stadler überhaupt zu einem Gespräch mit dem Bischof bereit wäre, müsste dieser erst einmal eingestehen, dass er sie geschlagen hat. "Ich spreche auf keinen Fall mit jemandem, der mich als Lügner hinstellt." (...)


dem ist vorläufig nichts weiter hinzuzufügen. ich weiß gar nicht, was ich schlimmer finden würde: tatsächlich etwas wie die weiter oben benannte amnesie; die unerschütterliche überzeugung, vor seinem halluzinierten "gott" immer das richtige getan zu haben, oder aber kaltes kalkül eines machtmenschen, der den apparat einer weltweit agierenden sekte hinter sich weiß und jetzt aufs ganze geht. alle drei varianten wären ohne weiteres jeweils als ausdruck einer psychopathologischen struktur zu bezeichnen.

*
ein weiterer nachtrag -
ohne kommentar:

(...) "Auch von schweren körperlichen Züchtigungen mit einem Stock, mit dem Teppichklopfer und mit einem Ledergürtel ist die Rede. Den Gürtel, so sagt eines der früheren Heimkinder, habe Mixa aus der Hose gezogen und dann damit zugeschlagen. (...)

Vier weitere ehemalige Heimzöglinge, darunter eine Frau, haben sich an eine Lokalredaktion im Bistum Augsburg gewandt und schlimme Erfahrungen mit Mixa aus dessen Schrobenhausener Zeit geschildert. Alle berichten von heftigen Ohrfeigen, einer von Prügeln mit dem Gürtel. Eine Journalistin sagte gegenüber unserer Redaktion, sie habe bisher trotz der eidesstattlich vorgebrachten Vorwürfe gegen Mixa daran geglaubt, dass der Bischof unschuldig sei. »Was ich jetzt selbst von Betroffenen gehört habe, lässt mich aber sehr zweifeln.« (...)

Sonntag, 28. März 2010

notiz: blanke inkompetenz bei gerichtsgutachten

aus österreich kommt die folgende meldung:

"Misshandeltes Baby: 20 Monate Haft für Vater
Am Freitag ist erneut jener Vater vor Gericht gestanden, der seiner sieben Woche alten Tochter 24 Knochen gebrochen haben soll. Das nicht rechtskräftige Urteil: 20 Monate unbedingte Haft. (...)

Das Baby wurde Anfang Dezember 2008 mehrmals untersucht. Am Freitag waren die beiden medizinischen Gutachter Regina Gatternig und Karl Fritz am Wort. Sie hatten sich die Befunde von Anfang Dezember genau angeschaut.

Der Mann gab zu, dem Säugling den Kopf verdreht zu haben, weil er nicht trinken wollte. Zudem gestand er, dem Mädchen den Brustkorb zusammengedrückt zu haben, und rechtfertigte sich mit Überforderung." (...)


so weit, so schlecht und trostlos - aber nicht um zustand und mögliche motivationen des täters soll es gerade gehen, sondern um eine bodenlose ignoranz von "professioneller" seite:

"Dass der Mann das Kind so stark geschüttelt hatte, dass es ein Schädel-Hirn-Trauma davontrug, schlossen die Mediziner aus, ebenso psychische Folgeschäden. Das Kind könne das noch nicht realisieren, sagte Gatternig."

bitte wie?!? "Das Kind könne das noch nicht realisieren". so ein satz von einer medizinerin und gerichtsgutachterin ist im jahr 2010 nichts weiter als eine persönliche bankrotterklärung und die öffentliche zurschaustellung eines katastrophalen informations- und wissensdefizites. jahrzehnte der pränatal- und säuglingsforschung sowie der psychotraumatologischen arbeit sollten eigentlich so eine absurde äusserung schlicht undenkbar gemacht haben - offensichtlich gibt es aber "professionelle", die sich ungefähr auf dem stand der 1950er jahre befinden.

das schlimme daran ist, dass sie damit nicht unbedingt alleine stehen könnte, sondern es womöglich eine kluft gibt zwischen der allgemein "erwachsenenmedizin" einerseits sowie der pädiatrie und den bereichen von psychiatrie und psychologie, die sich mit babys und (klein-)kindern beschäftigen, andererseits. während bei den letzteren i.d.r. der stand so ist, wie zb.
hier zwar sehr "populär", aber durchaus brauchbar, zusammengefasst:

(...) "Dachte man noch Anfang der fünfziger Jahre, ein Neugeborenes könne keinen Schmerz empfinden, so weiß man heute, daß der Schmerzsinn schon lange vor der Geburt ausgebildet ist. Bereits ab dem dritten Schwangerschaftsmonat reagieren Föten empfindlich auf Berührungsreize am Mund. Nicht viel später verfügen sie über eine differenzierte Geruchs- und Geschmackswahrnehmung. So kann man bei Neugeborenen feststellen, daß sie den Geschmack süßer gegenüber saurer Flüssigkeiten bevorzugen. Auch scheinen sie den Geruch des eigenen Fruchtwassers oder des Schweißes der eigenen Mutter gegenüber dem Geruch von fremdem Fruchtwasser bzw. Schweiß zu präferieren.

Die Hörfähigkeiten sind zum Zeitpunkt der Geburt ebenfalls gut entwickelt. Säuglinge interessieren sich für Geräusche und Musik, besonders aber für die menschliche Sprache." (...)


oder auch
hier:

(...) "Es ist ein Mythos, dass Früh- und Neugeborene keine Schmerzen haben oder sich nicht mehr an die Schmerzen erinnern können", sagt Professor Franz-Josef Kretz, Anästhesist am Klinikum Stuttgart. "Diese Märchen sind schuld daran, dass die Schmerztherapie in der Kinderheilkunde noch immer ein Stiefkind ist", klagt der Intensivmediziner.

Stattdessen ist bewiesen, dass Kinder bereits ab der 22. Schwangerschaftswoche im Mutterleib - also dann auch Frühchen - Schmerzen empfinden. Erfahrungen von Kinderärzten zeigen, dass Babys bei einer schmerzhaften Behandlung mit Schreien, Abwehr und Blaufärbung (Zyanose) reagieren. Studien belegen außerdem, dass Kinder ein Schmerzgedächtnis haben. Denn wer in den ersten Lebenswochen Schmerzen ausgesetzt war, zeigt später eine größere Schmerzempfindlichkeit." (...)


- , braucht es anscheinend für die ersteren und offensichtlich auch teile der pädiatrie sowie perinatalen medizin immer noch mehr beweise, um sich vom oben angesprochenen unheilvollen mythos zu verabschieden - anders lässt sich eine meldung wie
diese aus dem jahr 2008 nicht interpretieren:

(...) "Für Ärztinnen und Ärzte, die Frühgeborene, Säuglinge und Kleinkinder betreuen, ist nur annäherungsweise einschätzbar, ob und wie viel Schmerz die kleinen Patienten empfinden. Britische Wissenschafterinnen zweifeln nun im Fachjournal "PLoS Medicine" an, dass die gegenwärtig zur Anwendung kommenden Beurteilungskriterien ausreichend sind. Wie die Forscherinnen schreiben, wird der Schmerz derzeit hauptsächlich anhand von körperlichen Reaktionen und Verhaltensmerkmalen eingeschätzt – wie etwa einer Veränderung des Gesichtsausdrucks.

Das Team um Rebeccah Slater führte Messungen der Gehirnaktivität durch, um auf diesem Weg Aufschlüsse über das Auftreten von Schmerzen zu erhalten. Diese Messungen verglichen die Wissenschafterinnen mit den aktuellen Kriterien der Schmerzerfassung, also Hinweisen auf körperlicher und Verhaltensebene. Dabei kamen Slater und Kolleginnen zu dem Schluss, dass die Schmerzen von Säuglingen gegenwärtig möglicherweise unterschätzt werden." (...)


die gründe dafür genauer zu betrachten, wäre einmal ein lohnendes unterfangen - auch wenn ich fürchte, dass die ergebnisse alles andere als positiv für teile der "professionellen" zunft wären. für den moment aber bleibt mir nur, das angesprochene gutachten als das zu bezeichnen, was es real ist: ein ganz professionelles stabbrechen über ein kaum begonnenes leben - egal ob (bestenfalls) aus unwissenheit oder aber anderen, versteckten und destruktiven motiven.

das baby könnte mit entsprechender unterstützung wahrscheinlich selbst noch einiges von der massiv traumatischen gewalt zukünftig bewältigen - aber dazu müsste diese überhaupt erst einmal gesehen und anerkannt werden.

Sonntag, 21. März 2010

notiz: spieltherapie mit traumatisierten kindern

finde ich interessant, zumal spielerische elemente wie zb. der sceno-test schon seit jahrzehnten in der kinder- und jugendpsychiatrie, aber auch in ambulanten psychotherapien, eingesetzt werden - aber diese arbeit des italienischen psychologen claudio mochi war mir bisher unbekannt:

"Die Kinder plappern, malen mit Fingerfarben und spielen mit Puppen und Spielzeugautos. Eine Ambulanz jault durch bunte Glasmurmeln auf dem Boden. Ein Haus ist eingestürzt. Es muss schnell gehen, sonst sterben Menschen. Dann kommen Puppen herbeigeeilt. Sie helfen jedoch nicht, sondern schießen auf die Verletzten unter dem Blauklotz-Haus, welches in Trümmern liegt" – so ist es, erzählt der italienische Psychologe Claudio Mochi, wenn Kinder im Gaza-Streifen spielen. Mit zu ihrem Spiel gehört: das Wegschaffen von Leichen, knatternde Maschinengewehre, gebrüllte politische Slogans.

Der 38-jährige Mochi spielt schon seit über zehn Jahren mit Kindern aus der ganzen Welt: in Pakistan, Iran, Palästina, Afghanistan und im Libanon. Dazu bringt er alles mit, was nötig ist: Malbücher, Spielzeugautos, Barbies, Legosteine oder Knete. (...)

"Oft lassen die Kinder die Geschichten sehr abrupt enden. So kontrollieren sie die Tragödie, die über ihre Puppen hereinbricht", erklärt Mochi.

Das ist der Kern seiner "Playtherapy", die der römische Psychologe an traumatisierten Kindern anwendet. Spielen die Kinder ihr Unglück noch einmal nach, können sie selbst bestimmen, an welcher Stelle ihnen geholfen wird oder wann sie aus ihrer Geschichte aussteigen. Die Kinder erlangen dadurch die Kontrolle wieder. Das ermöglicht ihnen, auch die Freude wieder ins Leben zu holen. (...)


und da die neuronalen strukturen bei kindern flexibler sind als bei älteren, was bspw. hinsichtlich der beeinflussung von traumainduzierten neuronalen subnetzwerken im gehirn ein wichtiger aspekt ist, kann die erwähnte freude durchaus eine fundierte basis besitzen.

sehr sinnvolle und auch gesellschaftlich extrem wichtige arbeit, die der mann da macht.

Montag, 8. März 2010

notiz: bundesweite demonstration von (ehemaligen) heimkindern am 15. april in berlin

ergänzend zur gestrigen beitragsreihe möchte ich schon mal im vorlauf auf diesen termin hinweisen und auszugsweise einen der kursierenden aufrufe zitieren - diesen besonders, weil ich finde, dass er das ganze ausmaß dessen, worum es geht, wirklich gut benennt:

"Wir wollen ein Zeichen setzen. Wollen klarmachen, dass die Zeit des Stillhaltens vorbei ist !

Wir lassen uns nicht länger veralbern !

Ehemalige Heimkinder
Ehemalige Schulkinder
Ehemalige Jugendliche
klagen an !

Wir klagen an

weil wir geschlagen wurden
weil wir zwangsgefüttert wurden
weil wir sexuell missbraucht wurden
weil wir gefoltert wurden
weil wir in dunklen Kellerzimmern eingesperrt wurden
weil wir seelisch zu Grunde gerichtet wurden
weil wir isoliert wurden
weil wir unzureichend ausgebildet wurden
weil wir zu Zwangsarbeit gezwungen wurden
weil man Hunde auf uns hetzte
weil man uns aufeinander hetzte und uns für gegenseitige Misshandlungen lobte
weil man uns von unseren Geschwistern trennte
weil man uns in die Kirche zwang
weil uns ehemalige KZ-Aufseher erziehen sollten
weil man uns medizinische Hilfe versagte
weil man uns sogar in den letzten 4 Jahren immer beleidigte und die Gewalt und Verbrechen an uns leugnete oder verniedlichte

Wir klagen an

die heute noch lebenden Verbrecher, die unser Leben zerstört haben
die Katholische Kirche, die die Verbrechen unter Ihrem Dach duldete
die Evangelische Kirche, die ebenfalls die Augen fest zudrückte
die staatlichen Heimträger, die ebenso Verbrechen duldeten oder übersahen und die Akten fälschten
die Landschaftsverbände, die mit Ihren Landesjugendämtern die Aufsichtspflicht nicht ausgeführt hatte
die Kommunalverwaltungen, weil sie nicht sehen und hören und schon gar nicht sprechen wollten, wenn sie doch mit den Verbrechen konfrontiert wurden
die Menschen, die unser Leid sahen und feige schwiegen

Wir fordern

Entschädigung
Entschuldigung
Rentennachzahlungen
Schmerzensgeld
Kostenübernahme für medizinische und psychologische Maßnahmen
ein Lebensende in Würde ohne Angst vor weiterer Gewalt im Altenheim"


bereits seit dem letzten jahr liegt die geforderte höhe der
entschädigung auf dem (runden) tisch:

"Sie wurden erniedrigt, geschlagen und zu Schwerstarbeit gezwungen - und das vor allem in kirchlichen Einrichtungen im Deutschland der fünfziger und sechziger Jahre. Jetzt fordern die Mitglieder des Vereins ehemaliger Heimkinder ein Entschädigung von 25 Milliarden Euro. (...)

"Auch wenn die Forderung auf den ersten Blick hoch erscheint, ist sie angesichts der großen Zahl der Betroffenen und der Schwere des erlittenen Unrechts, das ganze Biografien zerstört hat, maßvoll", erklärte VEH-Anwalt Gerrit Wilmans. "Auch im internationalen Vergleich liegt die Forderung bezogen auf den Einzelfall absolut im Schnitt." Die VEH-Vorsitzende Monika Tschapek-Güntner erklärte: "Jede dieser Taten ist eines zivilisierten Staates unwürdig und ist gleichermaßen zu entschädigen, unabhängig davon, wo sie geschehen ist."

Die Entschädigung soll dem VEH zufolge nicht vorwiegend vom Steuerzahler getragen werden. Verantwortlich seien in erster Linie die meist kirchlichen Heimträger sowie die beteiligten Betriebe, die von der Zwangsarbeit profitiert hätten.

Der VEH fordert neben der Entschädigung auch einen rentenversicherungsrechtlichen Ausgleich für die Zwangsarbeit sowie sofortige Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Behandlung der Traumata, unter denen viele ehemalige Heimkinder leiden." (...)


eine völlig berechtigte forderung, wenn man sich die hunderttausende von betroffenen betrachtet, von deren zwangsarbeit kirchen und private betriebe profitierten - und dazu kommt der aspekt, dass geld für ein zerstörtes leben wenig mehr als ein trostpflaster darstellt. gerade die kirchen könnten hier mal einiges von ihrem vermögen wirklich menschenfreudlich anlegen...

hier gibt es ein aufruf-flugblatt als .pdf zum download. und folgend noch einige seiten bzw. blogs von ehemaligen heimkindern:

verein ehemaliger heimkinder

heimkinder-überlebende

heimkinderopfer

ständig aktualisierter pressespiegel bei EMAK

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WikiLeaks

...und hier geht´s zum

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monoma - 12. Sep, 14:48
Der Spiegel-Artikel im...
Den Spiegel-Artikel gibt's übrigens hier im Netz: http://www.spiegel.de/spie gel/spiegelspecial/d-45964 806.html
iromeister - 12. Jun, 12:45
Texte E.Mertz
Schönen guten Tag allerseits, ich bin seit geraumer...
Danfu - 2. Sep, 21:15

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