notizen

Samstag, 22. Mai 2010

notiz: zum öligen menetekel im golf - neue updates

ein weiteres update zum supergau im golf - zunächst hat sich der verdacht endgültig bestätigt, dass bp hinsichtlich der real austretenden ölmengen schlicht gelogen hat. trotz der als "erfolg" verkauften maßnahme, mittels eines rohrs im (größten) leck tonnen von öl abpumpen zu können, zeigen neue videos vom grund weiterhin einen ständigen ölausfluss ins meer. ausläufer des öls haben mittlerweile den sog. loop current erreicht, eine starke meereströmung im golf, die das ganze zeug wie schon neulich befürchtet richtung golfstrom / atlantik transportiert. damit kommen absehbar florida (mitsamt seinen ökologisch wichtigen keys), aber auch kuba in den "genuß" der schwarz-bräunlichen pracht. es laufen diesbezgl. bereits gespräche zwischen der us-administration und kuba - wer sich mit dem verhältnis beider länder etwas auskennt, wird an diesem schritt den druck erkennen können, unter dem die usa stehen.

dazu wurde in den vergangenen tagen das ergebnis eines
feldversuchs breiter bekannt, der vor einigen jahren von verschiedenen ölkonzernen (u.a. auch bp) und den zuständigen us-aufsichtsbehörde durchgeführt wurde - da ging es genau um die folgen eines solchen blow-out wie jetzt im golf - das wichtigste ergebnis lässt sich in einem satz zusammenfassen: lediglich ein sechzigstel des gesamten austretenden öls wird überhaupt an der oberfläche sichtbar! wer sich die sichtbaren ölmengen im golf betrachtet, sollte das ab jetzt immer vor dem hintergrund dieser information tun. währendessen sind die ersten wirklichen mengen öls bereits an der küste von louisana angelandet und haben bisher auf ca. 50 km länge die dortigen marschlandschaften zerstört - offizielle des bundesstaates reden davon, dass in diesen abschnitten "alles tot" ist. keine übertreibung - das waren nicht mehr "nur" einzelne flecken oder schillernde schlieren (beides schlimm genug), sondern die küste ist dort bedeckt von einem teils mehrere zentimeter dicken ölschlamm, der alles unter sich erstickt.

mittlerweile werden auch immer neue informationen rund um das verhalten von bp und den zuständigen us-behörden bekannt, die die wertung kapitalverbrechen im wahrsten sinne des wortes dick unterstreichen. hinsichtlich des bisher verwendeten dispersionsmittels "corexit" der firma "nalco" ist bp die weiterverwendung seitens der regierung ab diesem wochenende untersagt worden, die müssen sich jetzt nach einer "ungiftigeren" alternative umsehen. was aber hinsichtlich dieses mittels bisher kaum bekannt war, wird im folgenden
bericht deutlich:

(...) "Der britische Ölkonzern sitzt im Aufsichtsrat der Chemie-Firma Nalco - und hatte damit ein wirtschaftliches Interesse, möglich viele Liter der Chemikalie in den Golf von Mexiko zu sprühen. Nalcos Aktienkurs schoss seit der Ölpest um mehr als zehn Prozent in die Höhe. Durch die Umweltkatastrophe hat die Firma einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Dollar gemacht.

Und die Studie, dass die Chemikalie Corexit ökologisch undenklich sei, kommt aus dem hauseigenen Institut der Öl-Firma Exxon. Die hat seit den 90er Jahren ein Joint Venture mit Nalco und sitzt ebenfalls im Aufsichtsrat." (...)


hübsch, oder? genauso wie die zustände, die inzwischen aus der für die ölbohrungen zuständigen aufsichtsbehörde
"minerals management service" bekannt geworden sind und dort bisher zu einem rücktritt sowie größeren umstrukturierungen geführt haben - dieser laden hat sich als hort der korruption erwiesen:

(...) "Erst 2008 hatte es Schlagzeilen darüber gegeben, dass sie in einem Bett liegen – und das auch im wahrsten Sinne des Wortes. Damals flog auf, dass mehr als ein Dutzend MMS-Mitarbeiter Sex mit Angestellten der Ölindustrie hatten, Berge von Geschenken annahmen und Gelage mit Alkohol und Drogen hielten. Zu den netten Gaben gehörten Golf- und Skiausflüge und feudale Abendessen – das alles in einer frappierenden Menge, hieß es damals in einem offiziellen Untersuchungsbericht." (...)

alles zusammengenommen bietet sich ein bild, zu dem zumindest mir keine passenden beschreibungen mehr einfallen.

Montag, 17. Mai 2010

notiz: krisennews und -gedanken (41)

aus aktuellem anlaß zunächst der hinweis auf ein ganz frisches update zu einem ganz speziellen krisenherd, nämlich einer der - das lässt sich jetzt schon vermuten - katastrophalsten menschlich verursachten ölverschmutzungen innerhalb des bisherigen ölzeitalters im golf von mexico. selbst wenn bp jetzt erste erfolgsmeldungen herausgibt - diese geschichte ist noch lange nicht zuende.

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aufruf krisenproteste zwoelfter juni

diese reihe hatte ich jetzt ansonsten eine ganze zeit lang nicht fortgeschrieben, was nicht etwa daran lag, dass ich das gerede vom "aufschwung" und "krisenende" etwa irgendwie ernstgenommen hätte (kein mensch mit auch nur rudimentärem wahrnehmungsvermögen konnte den quatsch glauben), sondern hauptsächlich eher daran, dass sich die krise - wie es sich schon vor monaten abgezeichnet hatte - inzwischen untergründig in die gefilde der staatshaushalte und währungskreisläufe fortgefressen hat. bereiche, die ich persönlich noch schwerer verständlich finde als das eh schon schwer zu durchschauende treiben in den zeiten rund um den crash 2008 bezgl. der banken- und börsenkrise. aber seit den schweren griechischen unruhen und erst recht seit dem abermals in letzter minute noch
abgewendeten totalcrash am letzten wochenende hat sich die trügerische zwischenzeitliche ruhe auch hierzulande wieder in luft aufgelöst - willkommen zum zweiten akt, der den ersten hinsichtlich seiner widerwärtigen folgen absehbar noch in den schatten stellen wird, bzw. eigentlich die erwähnten folgen erst so richtig sicht- und spürbar werden lässt. und bezgl. des letzteren rückt jetzt das bedrohliche mantra "sparen" in den mittelpunkt - und darum sowie die folgen drehen sich auch hauptsächlich die news:
  • globale wirtschaftskrise I: nach den frühindikatoren der oecd anzeichen für einen erneuten ökonomischen einbruch rund um den globus
  • globale wirtschaftskrise II: zum neuen geab
  • südafrika: massive verarmung breiter bevölkerungsschichten - die folgen können in kürze - vor und während der fussball-wm - eskalieren / flächendeckende streiks angekündigt
  • rumänien: im würgegriff des iwf - schwere soziale kämpfe in sicht
  • usa I: bundesstaat illinois ist faktisch insolvent
  • usa II: kalifornien kürzt brachial im gesamten sozialen bereich
  • deutschland: wie zu erwarten - überschuldete kommunen beginnen mit drastischen kürzungen an der (sozialen) infrastruktur
  • griechenland: interview zu den perspektiven des widerstandes
  • in aller kürze: zusammenfassung der angekündigten (general-)streiks der nächsten zeit in europa / "wir laufen in eine große depression" / das allerletzte: goldman-sachs und die ölpest
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zur kenntnisnahme:

"Die Frühindikatoren der OECD (CLIs) weisen im Monat März 2010 auf eine Abschwächung der globalen ökonomischen Aktivitäten hin. In den meisten OECD-Ländern gibt es zaghafte Anzeichen für ein sich abschwächendes Wachstum, stärkere Signale sind jedoch in Frankreich und Italien in Erscheinung getreten. Auch zeichnen sich mehrende Hinweise für einen potenziellen Expansionsstopp der Wirtschaften in China und Brasilien ab."

die folgenden charts sprechen für sich; insbesondere der zusammenfassende lässt die konturen eines großen "W" schon im ansatz deutlich erkennen, wobei sich ernsthaft die frage stellt, ob der letzte teil dieses "w" dann noch relevant sein wird, wenn die zweite talsohle (von der wird mit großer sicherheit das restliche jahr bestimmt werden) erst einmal erreicht ist - das ist keine "normale" zyklische krise des kapitalismus mehr, sondern eben eine umfassende systemkrise mit enormer sprengkraft auf vielen ebenen. btw: ich habe mir lange überlegt, ob ich die auch in früheren k-news häufiger als quelle zitierten wirtschaftsfacts.de weiter nutzen will, rechnen sich die betreiber doch selbst dem einigermaßen ominösen "infokrieg"-spektrum zu. da sehr viel beiträge aber hinsichtlich ihrer fakten durchaus sachlich aufschlussreiches material bringen (mir ist neben den querschüssen keine weitere seite bekannt, die derart regelmässig die realen ökonomischen entwicklungen dokumentiert), habe ich mich entschlossen, weiterhin auf das dortige angebot zurückzugreifen.

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in etwas anderer hinsicht ist adäquate skepsis auch bei einer anderen quelle angesagt, die in früheren news häufiger eine rolle spielte - das regelmässige bulletin "geab", vom europäischen think tank "leap 2020" herausgegeben, fiel neben größtenteils brauchbaren prognosen zum globalen krisenverlauf auch immer wieder mit einer ärgerlichen verharmlosung der situation in den europäischen regionen auf, was nicht dadurch relativiert wird, dass die dortigen einschätzungen hinsichtlich der wirklich fatalen situation der usa und großbritanniens durchaus realistisch sind. diese früher eher versteckte tendenz tritt jetzt ausgerechnet nach dem ganzen trouble rund um griechenland und die faktische bankenrettung seitens der eu in einer nicht mehr nur ärgerlichen, sondern geradezu propagandistischen art und weise offen zutage, wie sich am neuesten
geab nachvollziehen lässt:

"Wie schon von LEAP/E2020 in der 40. und 42. Ausgabe des GEAB vom Dezember 2009 bzw. Februar 2010 vorhergesehen, durchläuft die umfassende weltweite Krise im Frühjahr 2010 einen weiteren Krümmungspunkt und verschärft sich. Zu groß sind inzwischen die Staatsschulden und öffentlichen Defizite, zu theoretisch bleibt der von den Regierungen häufig angekündigte und dennoch ausbleibende Aufschwung. Die dramatischen sozialen und politischen Auswirkungen dieser Entwicklung kennzeichnen den Anfang der Phase der Auflösung der Welt- und öffentlichen Ordnung, wie wir es in der 32. Ausgabe des GEAB vom Februar 2009 vorhergesagt hatten."

soweit lässt sich das alles noch unterschreiben, aber die nächsten absätze haben mich schon regelrecht ob ihrer realitätsverdrehung schockiert:

"Auch die neuesten Entscheidungen der Regierungen der Eurozone bestätigen die Vorhersagen von LEAP/E2020. Unsere Leser werden sich daran erinnern, wie sehr wir von der damals herrschenden veröffentlichten Meinung abwichen, als wir die Einschätzung äußerten, dass nicht nur der Euro die Griechenlandkrise überstehen, sondern vielmehr die Eurozone aus dieser Etappe der Krise verstärkt hervorgehen werde. Wir wagen jetzt die Behauptung, dass mit der Entscheidung der Eurozone, einen Schutzmechanismus zu schaffen, der die finanziellen Interessen von 26 EU-Ländern schützen soll, die Eurozone (mit Unterstützung Schwedens und Polens), in einer Art Staatstreich die europäische Integration Europas in eine neue Dimension geführt hat. Natürlich werden die Medien und viele Akteure in Europa und weltweit, die ihre Vorurteile und die Wirklichkeit nicht unterscheiden können, einige Monate benötigen, bis sie begreifen, dass hinter einer Entscheidung, die oberflächlich nur von haushälterischem und finanziellem Belang zu sein scheint, sich ein Quantensprung der EU auf dem Weg zu einer politischen Union verbirgt, der weltweit die Gleichgewichte zwischen den Staaten und Regionen verschieben wird. " (...)

bitte was? als eine art "staatsstreich" lassen sich die maßnahmen rund um das "rettungspaket" der eu ja aus einer bestimmten perspektive durchaus begreifen (wenn ich alles richtig verstanden habe, sind letztes wochenende gleich eine ganze palette von eu-verträgen, -richtlinien, -gesetzen etc. na sagen wir mal extrem gedehnt worden) - aber die faktische bedeutung dieser riesigen summe von (noch-)bürgschaften und bereits realen zahlungen liegt sehr offen zutage: es geht einmal mehr primär um die "rettung" des kapitals verschiedenster und "systemrelevanter" europäischer großbanken. wer das ernsthaft als "quantensprung auf dem weg zu einer politischen union" interpretiert, sollte sich dann auch mal die frage stellen, wessen union das dann eigentlich real sein wird - die der europäischen bevölkerungen keinesfalls. leap ist halt eben ein "europäischer think tank", aber derartige interpretationen des handelns der europäischen funktionseliten sind trotzdem hochgradig abstrus.

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die eben angesprochenen europäischen bevölkerungen werden im juni sicherlich zu einem großen teil vor irgendwelchen bildschirmen hängen, um dort einer lieblingsbeschäftigung der massen, dem zuschauersport, zu frönen und der fussball-wm der profis in südafrika zu folgen. in zeiten wie diesen könnte es aber selbst bei so einem event zu überraschungen keinesfalls sportlicher art kommen, und statt der ersehnten ablenkung und zerstreung könnte es passieren, dass stattdessen in ein paar wochen bilder von
sozialen kämpfen über die mattscheiben flimmern:

"4 Wochen vor der WM, die die Stimmung der Ausgebeuteten und Unterdrückten weltweit "aufpeppen" soll, steht nun fast ganz Südafrika still. In den Häfen und auf den Schienen Südafrikas geht nichts mehr. Die beiden grossen Transportgewerkschaften streiken. Andere Gewerkschaften wollen sich anschliessen.

Über 85% der beiden grossen Transportgewerkschaften Südafrikas Satawu und Utatu
(mittlerweile über 90.000 Lohnabhängige) haben sich der Forderung nach 15% Lohnerhöhung bei Transnet angeschlossen. Dem Streikaufruf der beiden Gewerkschaften Satawu und Utatu wollen sich in der kommenden Woche noch weitere Gewerkschaften anschliessen. Die Streiks betreffen das Schienennetz und alle Häfen Südafrikas. Wichtigste Produktionsgüter wie Benzin und Kohle und anderes können nicht mehr transportiert werden. Südafrika wird ab Montag komplett stillstehen. Auch der Personenverkehr fällt komplett aus .Regierungssprecher des Wirtschaftsministeriums und Berater der Regierung verweisen wütend auf die Millionenausfälle durch Produktionsstillstand und den Imageschaden, den die WM nehmen könnte. (Während die Bevölkerung grösstenteils ausgeschlossen ist von der WM, wird die Wut auf diese und die Regierung immer grösser.) Perspektiven des Klassenkampfes die auf den Widerstand in Griechenland verweisen kommen bei verschiedenen Zusammentreffen der Streikorganisation zur Sprache. Ausdrücklich werden Solidaritätsbekundungen und Aktionen aus Europa willkommen geheissen. Die Streiks sollen fortgeführt werden und eine globale Perspektive bekommen."


hui - wenn das passieren sollte und die geliebte wm ins wasser fällt, dürfte das nicht nur hierzulande durchaus relevante massenpsychologische effekte haben. das diese dann u.u. extrem reaktionär ausfallen könnten, liegt auf der hand. deshalb sollten alle emanzipativ interessierten die situation in südafrika spätestens ab jetzt als mindestes aufmerksam beobachten. zur ökonomischen und sozialen situation dort gibt es
hier einen artikel, der einige mir bisher unbekannte infos enthält. die ansicht der kommentare dort macht dann auch gleich klar, warum ich oben das wort "reaktionär" benutzt habe. ziemlich widerlich.

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rumänien war schon in früheren news immer mal wieder thema, u.a. auch deswegen, weil das land medial meistens als "uninteressant" gilt und deshalb vernachlässigt wird. das könnte sich in ein paar wochen ebenfalls ändern - die faktische
kapital-diktatur durch den iwf fängt an, die erwarteten früchte des zorns zu ernten:

(...) "Franks stellte Rumänien die Aufgabe, das Haushaltsdefizit, das sich 2010 voraussichtlich auf 6,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts belaufen wird, im Jahre 2011 auf 4,4 Prozent zu senken. Präsident Traian Basescu kündigte auch umgehend drastische Maßnahmen an: Rumänien müsse Löhne, Gehälter und Renten kürzen. Der aus dem Haushalt finanzierte Lohnfonds wird ab Juni um 25 Prozent reduziert. Die Leiter staatlicher Institutionen werden verpflichtet, eine Auswahl unter ihren Mitarbeitern vorzunehmen, die »nicht auf politischen Kriterien, sondern auf Kompetenz« beruhe. Es geht also um massive Entlassungen! Den Vorstellungen des IWF zufolge muss die Zahl der öffentlich Bediensteten – sowohl in zentralen als auch in örtlichen Behörden – stufenweise um 250 000 gesenkt werden. Mindestlöhne und -gehälter werden Basescu zufolge auf einheitliche 600 Lei (144 Euro) reduziert. Bisher galt in öffentlichen Institutionen ein Mindestlohn von 705 Lei. Renten und Sozialhilfesätze werden um 15 Prozent verringert. Auf diese Weise will Basescu das »Vertrauen« des IWF in die Fähigkeit der Regierung unter Emil Boc wiederherstellen.
Ökonomen weisen darauf hin, dass sich ihr Land nach wie vor in der Rezession befindet. (...)

Einziges Ergebnis des Treffens Präsident Basescus mit Vertretern der großen Gewerkschaften war die Bildung einer »Krisenstruktur«, in der Gewerkschaften, Unternehmerverbände, Regierungsvertreter und Parteipolitiker vertreten sind. Das Gremium soll die vorgesehenen Maßnahmen und Lösungen analysieren.

Die fünf großen Gewerkschaftsorganisationen des Landes haben unabhängig davon ein eigenes Krisenkomitee gegründet. Es soll einen Protestkalender ausarbeiten und Aktionen koordinieren. Für den 19. Mai ist ein »massives Meeting« vor dem Regierungssitz angekündigt. Am 25. Mai soll ein Streik im öffentlichen Dienst beginnen."


rumänien ist nur ein land in osteuropa, in dem sich aktuell jede menge sozialer sprengstoff sammelt. "aus den augen, aus dem sinn" wird keinesfalls als position dabei hilfreich sein, die folgen dieser möglichen explosionen auf die globale situation zu begreifen.

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das die usa als ganzes vor einer aussichtslosen ökonomischen situation steht, macht nicht nur ein blick in den dortigen bundeshaushalt deutlich, sondern lässt sich besonders drastisch im hinblick auf einzelne bundesstaaten begreifen -
beispiel illinois. der ganze artikel ist sehr informativ, ich zitiere zusammenfassend nur mal den letzten teil:

(...) " Paralysiert durch das höchste Defizit in seiner Geschichte, ist der Bundesstaat um Monate zurück gefallen in Bezug auf seine finanziellen Außenstände und das, was er Unternehmen und Organisationen an Geld schuldet. Einige von ihnen stehen deshalb bereits am Rande des Bankrotts oder mussten Insolvenz anmelden. Illinois beschäftige sich nicht einmal mit der Formalität der Emission von IOUs, so wie Kalifornien es im vergangenen Jahr getan habe, sondern zahlt einfache nicht mehr. (...)

Die Unternehmen reagieren darauf jetzt auf eigene Weise. Ein Lieferant habe es abgelehnt, Kugeln und Munition an die Gefängnisbehörde zu liefern, solange er nicht im Voraus bezahlt werde. Verschiedene Gesetzgeber erhielten bereits Räumungsmitteilungen für ihre Bezirksbüros, weil der Bundesstaat die Mietzahlungen seit Monaten nicht mehr geleistet habe. Illinois befindet sich auf dem Weg, das aktuelle Fiskaljahr mit unbezahlten Rechnungen in Höhe von 6 Milliarden abzuschließen. Budgetvorschläge für das kommende Jahr – wenn der Bundesstaat ein Budgetloch von $13 Milliarden entgegen blickt – lassen vermuten, dass sich dieselbe Prozedur wiederholen wird. Der Bundesstaat schuldet Geld für alle Arten erbrachter Dienstleistungen, die in seinem Namen angeboten und ausgeführt wurden. Dazu gehören unter anderem die medizinische Vorsorge für die Bedürftigen, der Schutz des Hauses von älteren und behinderten Menschen sowie die Tagespflege für diejenigen, die arbeiten, sich davon aber trotzdem finanziell nicht über Wasser halten können."


das dürfte dem schon sehr nahe kommen, was unter dem begriff "game over" verstanden wird. die folgen für die betroffenen dürften mitsamt ihren komplexen, weil unendlich vielfältigen, auswirkungen kaum vorstellbar sein.

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gleiches gilt für
kalifornien, schon seit dem letzten jahr faktisch bankrott - nur noch nicht formal, was aber für die realität der menschen irrelevant ist:

(...) "Es gebe nur noch harte Entscheidungen, eine Verwaltung der Mängel in einem der reichsten Länder, wobei Schwarzenegger aber auf Griechenland, Spanien oder Irland verweist, wo ähnliches vorgenommen werden müsse. Natürlich suggeriert der republikanische Gouverneur, dass die Kürzung und Streichung der Sozialprogramme alternativenlos sei.

Zurückgefahren werden vor allem Sozialprogramme für die Armen, beispielsweise wird die Unterstützung für die Behandlung von psychischen Problemen um 60 Prozent gekürzt, die staatlich finanzierte Kinderbetreuung für die Einkommensschwachen soll ebenso gestrichen werden wie die Arbeitslosenhilfe und das Gesundheitsprogramm für die Armen. Das Geld für lokale Schulen wird gekürzt, die Löhne von Staatsangestellten werden weiter heruntergefahren, das Geld für die häusliche Pflege von Alten und Behinderten wird um ein Drittel gekürzt." (...)


SO wird die nächste zukunft der gesamten westlichen welt - und nicht nur da - aussehen, wenn sich eine mehrheit weiterhin derart der passiven agonie ergibt. immerhin haben wir dann zumindest in den lebensverhältnissen gleichheit mit dem trikont hergestellt. (und das das alles nicht nur extrem destruktiv im gesamten sozialen leben wirken und alltäglich vielfältig spürbar werden wird, sondern dazu ein umfassendes verbrechen an millionen von menschen darstellt, muss ich wohl nicht extra betonen.)

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und ja, wir sind auch
hierzulande mittendrin und voll dabei:

(...) "In Hamburg etwa steigen die Kita-Gebühren um bis zu 100 Euro pro Monat. Städte wie Karlsruhe, Mühlhausen in Thüringen oder Feldkirchen bei München haben die Grundsteuer angehoben. Andere stellen neue Radarfallen auf und hoffen darauf, dass Autofahrer rasen.

Einige Städte sind noch kreativer: Die thüringische Gemeinde Niederzimmern verkaufte Schlaglöcher für je 50 Euro. Das gestopfte Schlagloch erhält dann eine Plakette mit dem Namen des Spenders. Insgesamt verkaufte die 1000-Einwohner-Gemeinde 257 Schlaglöcher und nahm so 12.850 Euro ein. Köln hat kürzlich die Einführung einer "Bettensteuer" für Hotels beschlossen, als Kompensation für die gesenkte Mehrwertsteuer für Hoteliers. Die Domstadt rechnet mit jährlichen Einnahmen von bis zu 21,5 Millionen Euro. Das Beispiel macht Schule: Andere Städte wollen den Kölnern folgen, etwa Saarbrücken.

In der Finanznot schlagen Kommunen auch neue Wege beim Schuldenmachen ein. Quickborn in Schleswig-Holstein pumpte im März seine eigenen Bürger an: Einwohner stellten ihrer Stadt eine Million Euro zur Verfügung. Der Bürgerkredit bringt bis zu 2,6 Prozent Zinsen für fünf Jahre. (...)

Auch für Kultur wird weniger ausgegeben: (...) Im schwäbischen Nürtingen erhält die Volkshochschule weniger Geld und muss folglich die Preise erhöhen. In Augsburg muss das Theater auf große Bühnenbilder verzichten und die Zahl der Inszenierungen senken. An den städtischen Bühnen anderer Kommunen ist die Lage ähnlich. Wenn nicht gleich das Haus ganz geschlossen wird, wie das Schauspielhaus in Wuppertal.

Auch der Essener Stadtkämmerer streicht den Kulturzuschuss zusammen. Ohnehin ist die Lage im Ruhrgebiet besonders düster. Beispiel Oberhausen: Die 216.000-Einwohner-Stadt im Westen des Potts ist so gut wie pleite und kürzt die Ausgaben nun radikal. Die Stadt hat den Busfahrplan zusammengestrichen. Viele Busse fahren nun schon ab 21 Uhr im Nachtbetrieb. Einen Bücherbus hat die städtische Bibliothek nicht mehr, Grünflächen werden seltener gemäht. In seiner Not hat Oberhausen zudem mehrere Schwimmbäder geschlossen und eines zu einem Spaßbad umgebaut. Dort wurde dann der Eintrittspreis kräftig erhöht.

Aber auch dort, wo noch Bäder existieren, spüren die Bürger Kürzungen – vor allem in der anstehenden Freibadsaison. Mannheim beheizt nur noch eines seiner Freibäder. In den drei anderen können die Besucher nur hoffen, dass die Sonne kräftig scheint, um das Wasser etwas zu erwärmen. Noch radikaler ging die Stadt Sindelfingen vor: Sie füllte im kommunalen Freibad kurzerhand ein Becken mit Erde und machte es zur Rasenfläche. (...)

Besonders kritisch wird es dann, wenn die Kommunen bei der Infrastruktur für Kinder sparen. Sei es, dass Jugendmusikschulen ihre Preise erhöhen und Jugendzentren schließen müssen. Sei es, dass Schulen so marode sind, dass – wie im Januar in Augsburg – ein Schulleiter aus Sicherheitsgründen Räume sperren muss. Kürzen Gemeinden die Zuschüsse für die Stadtbücherei, fehlt es an aktuellem Bestand. Andernorts verwahrlosen Abenteuerspielplätze und Sportanlagen."


man könnte sich jetzt bei einem teil der beispiele denken: okay, nutze ich eh selbst nie, betrifft mich nicht. anderes erscheint auf den ersten blick verzichtbar. aber: das sind nur die anfänge. für die ärmsten schichten bedeuten diese kürzungen bereits zunehmenden ausschluß vom öffentlichen leben, und in der folge weitere isolation. für viele kinder und jugendliche bedeutet das klassenübergreifend in vielen fällen ebenfalls eine reale beschneidung ihrer lebensmöglichkeiten. und richtig finster wird´s im wahrsten sinne des wortes dann werden, wenn bspw. kommunen und städte beginnen "müssen", an der öffentlichen beleuchtung zu sparen (ich hatte letztes jahr schon mal erwähnt, dass hier in der stadt an vielen stellen kaputte straßenbeleuchtung nicht mehr repariert wird).

ganz eklig wird´s spätestens dann, wenn es direkt an die sozialleistungen geht: von hartz-IV über zuschüsse für kinder bis hin zu den renten. in kombination mit den kürzungsorgien an der öffentlichen infrastruktur wird das alles ausnahmslos alle betreffen: mehr offene armut, psychosoziale verelendung, entsprechende krankheiten, kaputte familien, zunahme von gewalt auf allen gesellschaftlichen ebenen - und nicht nur in diesem land natürlich auch die entsprechende faschistische gefahr. die - ich kann sie nicht anders nennen - ignoranten idioten, die sich besonders im letzten jahr hingestellt und "crisis? what crisis?!?" getönt haben, werden sich in sehr naher zukunft in einer völlig neuen - und kein stück angenehmen - realität wiederfinden. aber auf diese genugtuung könnte ich persönlich sehr gut verzichten.

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zur aktuellen und weiterhin hoch brisanten lage in griechenland möchte ich heute nur auf ein interessantes
interview mit christoforos vernardakis (professor für politische wissenschaften an der universität saloniki und vorsitzenden des wissenschaftlichen beirates des meinungsforschungsinstitutes VPRC) hinweisen. erschienen in der linken, italienischen tageszeitung „il manifesto“ vom 9.5.2010. die implizite schlußfolgerung wird bereits in der überschrift gezogen: „Zusammenbruch des Systems – nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch“ .

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in aller kürze - das krisentelegramm + überblick: (general-)streiks sind in den kommenden wochen zu erwarten in: griechenland (20. mai), spanien (vermutlich anfang juni), rumänien (siehe oben), südafrika (dito) sowie
portugal, wo es die zentrale gewerkschaft besonders schön formuliert hat: "CGTP-IN kündigt neue Massenproteste an und ruft zu allgemeiner Auflehnung auf." yo, die letztere ist seit langem überfällig. + wie gefährlich die zeiten sind, lässt sich u.a. auch daran erkennen, dass selbst ein medium wie das handelsblatt finstere gedanken veröffentlich: "Wir laufen in eine große Depression" - heute noch "querdenker", morgen schon allgemeiner mainstream: "Die Finanzmärkte werden zusammenbrechen, die Europäische Währungsunion zerbrechen und die Welt in eine große Depression schlittern." mögest du in interessanten zeiten leben ! + das allerletzte schließt heute den bogen zum thema ganz zu beginn: schon ende april machte eine meldung die runde, die hierzulande vielleicht bezeichnenderweise nie so recht eine breite wahrnehmungsschwelle durchstoßen konnte - die huffpost dient als quelle für das darauf folgende, sinngemäß: am mittwoch, dem 6. mai 2010 gestand der welt größter finanzkonzern ein, »daß er mit erheblichen finanziellen mitteln auf eine ölpest im golf von mexiko spekuliert hat«, und das ausgerechnet einen tag bevor dort eine der großen bohrinseln im Meer versank (wobei die zu dem zeitpunkt schon in flammen stand, aber eben noch nicht gesunken war). ein mitarbeiter hatte in einem schreiben an eine freundin geprahlt, daß goldman sachs jetzt auf eine ölpest im golf von mexiko spekuliert. »wenn auch nur eine ölplattform absäuft, dann schwimmen wir im geld«, schrieb er in einer mail. ist´s nicht ein emsiges völkchen, was da in den glaspalästen in lichten höhen throhnt ? (siehe dazu die hinweise in den kommentaren)

Freitag, 14. Mai 2010

notiz: aus aktuellem anlaß wichtige updates zu den letzten krisennews

stück für stück kommt jetzt ans licht, wie sehr die hütte tatsächlich brennt - und was rund um die (wiederholte) faktische bankenrettung der eu tatsächlich alles passierte (und noch passiert, wenn man sich mal bspw. nur euro- und goldkurse die letzten tage betrachtet).

hatte ich kommentierend bei den krisennews noch auf indizien für eine hauptrolle frankreichs in dem drama hingewiesen, so pfeifen es seit heute morgen in vielen europäischen ländern - spanien, großbritannien und natürlich auch frankreich selbst - die medialen spatzen von den dächern - hierzulande ist online bisher erst eine einzige quelle zu finden -
Sarkozy soll Merkel Euro-Austritt angedroht haben:

(...) "Im Streit um das Rettungspaket für Griechenland hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nach Presseangaben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem Austritt aus der europäischen Währungsunion gedroht. Beim Krisengipfel der Staats- und Regierungschefs der Eurozone in Brüssel habe „Sarkozy mit der Faust auf den Tisch geschlagen und gedroht, sich aus dem Euro zurückzuziehen“, berichtete die spanische Zeitung „El Pais“ unter Berufung auf Vertreter der in Madrid regierenden Sozialisten, die Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero wiedergaben. Damit habe der französische Staatschef die zögernde Merkel unter Druck gesetzt, dem Hilfspaket zuzustimmen." (...)

das wäre ein sehr nachdrücklicher beleg dafür, wie sehr frankreich bzw. die französischen banken vor dem letzten wochende tatsächlich unter druck gestanden haben - wer ein bisschen recherchiert, wird etliches material darüber finden können, wie sehr die in griechenland direkt und indirekt involviert sind.

und das durchaus die gesamte euro-zone bzw. vermutlich das globale finanzsystem dazu sonntagnacht vor einem realen crash stand, macht die folgende meldung aus
österreich sehr nachdrücklich deutlich:

(...) "Österreich hatte sich bereits gerüstet: Bevor die EU-Finanzminister in der Nacht von Sonntag auf Montag praktisch in letzter Minute ihr Rettungspaket geschnürt haben, um eine Abwertung des Euro zu verhindern, liefen im Innenministerium schon alle Vorbereitungen für den Ernstfall.

Fekter ließ Einsatzpläne aus der Schublade holen, die in ihrem Ressort 2008, zu Beginn der Bankenkrise, entwickelt worden waren: Darin finden sich Maßnahmen „zum Schutz der Infrastruktur“ und zum „Umgang mit aufgebrachten Menschenmassen“ für den Fall, dass wegen der Wirtschaftskrise Bankfilialen geschlossen bleiben oder die Geldausgabe an den Bankomaten gestoppt wird. Ein Bedrohungsszenario, mit dem offenbar ernsthaft gerechnet wurde." (...)


wie lautet aktuell ein begriff für all das ? "lehman 2.0", nur in etwas größeren dimensionen. wie vor zwei jahren ist das globale finanzsystem (und damit auch die globale ökonomie) an einem wirklich fulminanten crash mit allem, was dazu gehört (bank run, bankenschliessungen, faktischer notstand etc.) um haaresbreite vorbeigerauscht. ein drittes mal wird es mit allergrößter sicherheit nicht mehr geben - und zwar nicht, weil das system jetzt irgendwie "gerettet" oder gar stabiler geworden sei. nein, nächstesmal gibt es schlicht keine "retter" mehr. die sind inzwischen alle selbst pleite.

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noch ganz kurz ein paar weitere, besonders vor dem hintergrund der faktischen präsenz des iwf in der euro-zone interessante neuigkeiten:
spanische regierung kündigt massive etatkürzungen an. bejubelt von den allermeisten claqueren der medien, ´türlich. mittlerweile nehmen auch die großen spanischen gewerkschaften, nicht gerade bekannt für wirkliche konfliktfreudigkeit, das wort generalstreik in ihren wortschatz auf. kann bereits ende mai, anfang juni, akut werden. für griechenland ist übrigens ein weiterer selbiger schon für den 20. mai angekündigt. währenddessen werden auch in großbritannien von der neuen "konservativ-liberalen" regierung als quasi erste amtshandlung die allseits beliebten lieder vom "sparen" angestimmt - pleite as fuck und mit einem fetten bankster-cluster in der hauptstadt "gesegnet", lässt sich lebhaft vorstellen, wohin auch auf der insel die reise geht. apropos insel: in den deutschsprachigen medien kaum thematisiert, ging in der woche ziemlich unter, dass sich, vielleicht inspiriert von dem griechischen umschwärmen der eigenen "volksvertretung" aka parlament, auch in irland einige hundert leute anlässlich einer demonstration gegen die dortigen sparorgien abseilten und "ihr" parlament mit einem besuch beglücken wollten. die polizei hatte was dagegen, es gab rangeleien und einige leichtverletzte.

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hierzulande hat sich ja bereits der indiskutable hessen-koch vorgewagt, und er will - wie zu erwarten - der bildung und überhaupt offensichtlich der finanziellen unterstützung von kindern an den kragen. dazu nur noch ein interessanter
userkommentar von 10.35 h zum redaktionellen sz-kommentar heute - der steht da bisher unberührt mit einiger zustimmung, und ich dokumentiere ihn gerne als ganzes, weil er einiges ganz gut auf den punkt bringt:

"Georg Büchner ist aktueller denn je. Heribert Prantl ist zu danken, dass er an diesen großen Deutschen im Zusammenhang mit den aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland an diese Ultima Ratio erinnert.

Die politischen Geisterfahrer à la Koch und Westerwelle werden immer dreister. Sie vertrauen auf das relativ geringe Revolutionspotential der Deutschen, die politisch bewusst eingelullt durch Rund-um-die-Uhr-Privatfernsehen, Fußballmärchen, McDonalds, Aldi-, Lidl- und All-inklusive-Reise-Schnäppchen das politische Treiben nur noch peripher verfolgen. Für die Volksbildung sorgen Jörg Pilawa und Günther Jauch mit Kreuzworträtselquiz-Wissen und für die Volkskultur Andy Borg, Carmen Nebel und Thomas Gottschalk; das Rechtsbewusstsein pflegt Richterin Barbara Salesch in SAT 1.

Und eines scheinen diese politischen Demokratiemörder auch vorauszusetzen: Ein Slum in Kalkutta oder Rio de Janeiro hat noch nie einen Volksaufstand inszeniert. Und von solchen Verhältnissen sind wir Deutsche doch noch Galaxien entfernt. In ihrem Menschenbild sind daher offensichtlich die Schmerzgrenzen der meisten Deutschen noch lange nicht ausgereizt. Sie fürchten sich daher weder politisch noch persönlich und werden deshalb immer furcht- und skrupelloser.

Die Psychologie kennt solche Persönlichkeitsstrukturen zu Hauf. Es sind die Menschen, die ihre gesamte Umwelt und letztlich sich selbst aus reinem Egotrieb an die Wand fahren.

Es wird Zeit, sich in Deutschland vor solchen Kamikaze-Politikern zu trennen, wenn es sein muss auch mit Krieg und Gewalt."


ich wünsche uns schafen trotzdem vorläufig ein schönes wochenende (ich hatte mal vor einem jahr oder noch länger mal geschrieben, dass es davon absehbar nicht mehr viele geben würde - und auf mittelfristige sicht bleibe ich dabei).

Dienstag, 11. Mai 2010

notiz: der ölige superGAU... [2. update am 16.05.]

... im golf von mexico geht nachrichtenmässig im derzeitigen trubel ja fast völlig unter - obwohl die möglichen folgen in gewisser hinsicht von ähnlichem kaliber sind wie bei den raubzügen der organisierten kapitalistischen kriminalität, wenn auch auf anderen, aber eigentlich noch fundamentaleren ebenen. ebenfalls finde ich, dass der ungeist (auch als "rationales gewinnstreben" beschönigt) der ölkonzerne prinzipiell kein anderer ist als derjenige in der sog. finanzwelt.

darum jetzt also ein kleines themenupdate, für das ich nochmals die entsprechende
themenseite der huffington post als quelle nutze und auch ausdrücklich empfehle - kein vergleichbares medium hierzulande berichtet derart umfassend über alle möglichen ökologischen, ökonomischen, sozialen, politischen und technischen aspekte des desasters. aus den letzten tagen halte ich vor allem folgende punkte für wichtig:
  • der ölaustritt ist weiterhin nicht unter kontrolle - bp hat es zwar angeblich geschafft, eines der drei lecks (das kleinste) abzudichten. an der menge des austretenden öls hat sich aber faktisch danach nichts verändert. währenddessen scheiterte am wochenende ein improvisierter versuch, einen großen stahlzylinder über das grösste leck zu setzen. und zwar aus gründen, über die teils widersprüchlich berichtet wird: einmal sollen es gasblasen von methan sein, die sich in der kuppel gefangen und ihr unerwünschten auftrieb verpasst haben. um anderen ist die rede von (eis-)kristallen aus methan(-hydrat), welche sich am meeresgrund an der kuppel gebildet haben und bestimmte leitungen bzw. mechanische teile blockieren. aktuell sollen jetzt weitere möglichkeiten ausprobiert werden, wobei auch von zubetonierung des lecks die rede ist - wie das unter den bedingungen der tiefsee - die ähnlich extrem sind wie im weltraum - vonstatten gehen soll ? keine ahnung.
  • nochmal zum methan: es gibt den verdacht, dass eine entsprechende gasblase auch für den unfall/die explosion auf der bohrinsel verantwortlich gewesen sein könnte.
  • am wochenende hat ein bp-sprecher von der möglichkeit gesprochen, dass der ölaustritt in nächster zukunft noch zunehmen könnte - und zwar durch den weiter vorhandenen ungeheuren druck, mit dem das öl aus der tiefe quillt. dieser druck könnte die lecks mit der zeit vergrößern.
  • die großkotzige ankündigung, bp werde "für alle schäden" aufkommen, ist nicht nur aufgrund ihrer faktischen umsetzbarkeit - vor allem der ökologische schaden und das leid unzähliger lebewesen lässt sich schlicht nicht in geldwert beziffern - eine absolute luftnummer, sondern auch deswegen, weil offensichtlich noch während des bush-regimes in den usa entschädigungsregeln gerade für industrielle unfälle in der hinsicht geändert wurden, dass die summen für betroffene konzerne gedeckelt worden sind. das wird noch interessant werden zu beobachten, wie obama irgendwann damit umgehen wird.
  • die ersten ölschlieren sind inzwischen längst an der us-golfküste angekommen, und es ist faktisch unmöglich, genügend sperren o.ä. einzusetzen, schon gar nicht im missisippi-delta, welches aber gerade eine ökologisch verwundbarsten zonen darstellt.
einen extrapunkt allerdings, der bisher zumindest hierzulande kaum thematisiert wurde, stellt der massive einsatz von sog. dispersionsmitteln zur angeblichen neutralisierung des öls dar - chemische stoffe, deren einsatz wahrscheinlich ebenso
fatale ökologische folgen mit sich bringt wie das öl selbst:

(...) "Durch die Chemikalie soll das Erdöl bis auf feine Tröpfchen zerlegt werden, so daß es auf den Meeresgrund sinken oder auch leichter von Bakterien verdaut und unschädlich gemacht werden kann.

Laut der britischen Zeitung "The Guardian" hat BP bereits 637.000 Liter, das sind ein Drittel der Weltvorräte, dieses Chemiecocktails im Golf von Mexiko eingesetzt und schafft nun weitere Mengen heran. Das Dispersionsmittel Corexit 9500 ist seinerseits nicht harmlos. Welche ökologischen Schäden schwerer wiegen, die aufgrund der Ölverseuchung oder die aufgrund der Ölverseuchung plus ihrer -bekämpfung, steht noch gar nicht fest. Die Dispersionsmittel lösen womöglich genetische Mutationen und Krebs aus, spekuliert der "Guardian". Nun seien die Delphine und Wale, die bereits in dem Ölteppich gesehen wurden, sowie die Meeresschildkröten, der Thunfisch und andere Meeresbewohner einer doppelten Vergiftungsgefahr ausgesetzt.

Erstmals wurde bei einer Ölbekämpfungsmaßnahme Dispersionsmittel direkt ins Bohrloch gepumpt. Inzwischen dürfte es mit der Strömung zu weiter entfernten Meeresregionen verfrachtet worden sein. "Man versucht, das Ausmaß der Verseuchung mit einem Dispersionsmittel zu verringern, doch der Preis, den man dafür bezahlt, besteht in zunehmender Giftigkeit", warnte Richard Charter, wissenschaftlicher Berater der Umweltorganisation Defenders of Wildlife, in dem "Guardian"-Bericht." (...)


der ganze bericht ist empfehlenswert, und u.a. wird auch auf das wichtige detail hingewiesen, dass diese mittel das öl nicht aus der welt schaffen können, aber es faktisch "unsichtbar" machen - und unzugänglich für jede art mechanischer reinigung.

es wurden schon in der vorletzten woche erste bilder u.a. von angeschwemmten toten seeschildkröten, fischen und vögeln veröffentlicht - und zwar zu einem zeitpunkt, an dem sich das öl noch relativ weit vor den küsten bewegte. ebenfalls waren beim großteil der tiere keinerlei äussere ölverschmutzungen zu erkennen. zumindest die schildkröten sollten meines wissens auf die todesursache hin untersucht werden, aber bisher habe ich über mögliche ergebnisse nichts gefunden. es kann sein, dass sich die tiere innerlich mit öl vergiftet haben, es kann aber auch theoretisch möglich sein, dass massive konzentrationen der dispersionsmittel zum tod geführt haben.

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wie dem auch sei: wenn es schlimmstenfalls dazu kommt, dass alle versuche der abdichtung scheitern sollten und dann erst in zwei bis drei monaten mittels einer weiteren bohrung im gleichen feld versucht werden kann, den druck zu reduzieren und derart den austritt zu stoppen, und sich der ölfluss in dieser zeit noch vergrößert - dann könnte sich eine situation ergeben, die mit dem wort supergau eigentlich nur noch unzureichend beschrieben wäre: dann wäre es keine lokale/regionale katastrophe mehr (die jetzt schon schlimm genug ist), sondern dann hätten wir es mit globalen auswirkungen zu tun.

je nach wind und strömungsverhältnissen könnte dann die gesamte region, incl. der karibik betroffen sein (wie würde es wohl bspw. kuba finden, die eigenen küsten von kapitalistischen öl kontaminiert zu sehen? haiti, ein verwüstetes land, existenziell angewiesen auch auf die nahrung aus dem meer? zudem beginnt in der region am ersten juni "offiziell" die hurricane-saison). ebenfalls kann das öl in den golfstrom gelangen - damit dann zuerst nach florida, später dann an die us-ostküste bis hinauf nach kanada und in die arktis. und auch nach europa. im atlantik wäre es dann natürlich ebenfalls längst.

und bp will "für alle schäden" aufkommen? lächerlich.

das einzig positive, was dieses verbrechen am planeten eventuell wirklich auslösen könnte: eine beschleunigte abkehr vom öl. aber das zu hoffen, ist wohl mal wieder schlicht vermessen.

*

edit am 14.05.: das trostlose bild vervollständigt sich langsam, und zwar auch im wahrsten sinne des wortes - es gibt erste bewegte bilder vom meeresgrund zu sehen:



das dürfte wohl von einem der unterwasser"robots" aufgenommen worden sein und zeigt eines der lecks, aus dem unter hohen druck sowohl öl als auch gas (das ist als eher weißliche wolke zu sehen) austreten. unter anderem aufgrund dieser bilder wird inzwischen aber auch offen darüber diskutiert, ob die von bp (und regierung) genannten zahlen hinsichtlich der ölmengen nicht einfach auch
gelogen sind:

(...) "Ist alles noch viel schlimmer als bislang befürchtet? Mehrere Wissenschaftler und Umweltaktivisten sind sich sicher: Im Golf von Mexiko schießen nicht 5000 Barrel Öl täglich aus den Lecks in rund 1500 Metern Tiefe, sondern weitaus mehr. Die Zahlen, die die Forscher nun berechnet haben, sind dramatisch: Möglicherweise tritt aus den Rohren, die einst zur Bohrinsel Deepwater Horizon führten, gut das Zehnfache an Öl aus als bislang von BP und der US-Regierung behauptet wird. Das würde bedeuten, dass täglich fast acht Millionen Liter der giftigen schwarzen Masse ins Meer gelangen würden. (...)

Die neuen Berechnungen stützt Chiang wie auch andere Wissenschaftler auf ein Video, das die Behörden am Mittwoch veröffentlichten. Es zeigt eines der Rohre auf dem Meeresgrund, aus dem anfangs eine hellere, dann eine dunkle Flüssigkeit sprudelt. Zunächst wird offenbar Methan frei, anschließend fließt Öl. Auch Steven Wereley von der amerikanischen Purdue Universität ist überzeugt, dass die von BP und den Behörden genannte Zahl von 5000 Barrel an austretendem Öl deutlich unterschätzt wird. Mithilfe eines Computerprogramms, das die Geschwindigkeit von fließenden Partikeln messen kann, kam auch er auf eine Ölmenge, die etwa bei 70.000 Barrel liegt. Seine Berechnung könne aber um plus oder minus 20 Prozent ungenau sein. Dennoch würde dies bedeuten, dass mindestens das Zehnfache an Öl austritt als angenommen." (...)


und warum das viele leute (incl. mich) nicht groß erstaunen würde? weil fakes und lügen inzwischen ganz "offiziell" und unverblümt zum geschäft gehören, nicht nur in der ölbranche. und wenn man einem weiteren bericht in der huffington post trauen darf, so hat dieses gebahren auch unmittelbar zum jetzigen GAU beigetragen - telepolis
berichtet darüber zusammenfassend:

(...) "Laut Aussagen des demokratischen Kongressabgeordneten Henry Waxman, die er vor dem Untersuchungsausschuss zur Ölpest, gab es im hydraulischen System des BOP ("blow-out-preventer", also dem vorgesehenen sicherheitssystem gegen so einen störfall) ein Loch. Nicht der einzige Fehler im Sicherheitssystem: eine Batterie im Steuerungsteil so außerdem leer gewesen sein, bemängelt wurden bei der Anhörung auch eine nutzlose Testversion eines Teils, das den Ölstrom unterbrechen sollte, und eine Schneidevorrichtung, die zu schwach war.

Auch hatte der BOP einen Drucktest, der nur wenige Stunden vor der Explosion der Bohrinsel durchgeführt wurde, nicht bestanden. Trotzdem erteilte eine Ingenieur von der staatlichen Aufsichtsbehörde die abschließende Erlaubnis für die Bohrung. Bei einer Anhörung gab der Ingenieur zu, dass er sich nicht um einen Nachweis der Funktionsfähigkeit des Blow-out Preventers bemüht habe.

Das Hinwegsehen über mögliche Mängel und sogar das Fälschen von Sicherheitstest sei geradezu üblich und BP sei sich dessen seit längerer Zeit bewusst, behauptet ein Zeuge, der seit 18 Jahren auf Bohrinseln in Alaska arbeitet. Die Huffington Post zitiert Aussagen des Mannes, wonach er bei mindestens 100 BOP-Tests anwesend war, deren Ergebnisse gefälscht wurden. Viele Tests betrafen demnach Arbeiten an Bohrlöchern, die BP gehörten. Üblicherweise, so der Informant, sei bei solchen Tests, auch wenn sie von einer damit beauftragten Firma durchgeführt würden, immer ein Vertreter der BP dabei.

Das Hinwegsehen über mögliche Mängel und sogar das Fälschen von Sicherheitstest sei geradezu üblich und BP sei sich dessen seit längerer Zeit bewusst, behauptet ein Zeuge, der seit 18 Jahren auf Bohrinseln in Alaska arbeitet. Die Huffington Post zitiert Aussagen des Mannes, wonach er bei mindestens 100 BOP-Tests anwesend war, deren Ergebnisse gefälscht wurden. (...)

Die herrschende Praxis in der Ölindustrie und besonders bei BP sei es, dass man die Sicherheitsprozeduren als lästiges Übel hinter sich bringe und dann woanders hinschaue. So würden auch Berichte über Unfälle in vielen Fällen unterlassen. Die Huffington Post stützt die Vorwürfe durch Hinweise auf entsprechende Vorfälle in Alaska, die vor einigen Jahren auffällig wurden. Dabei kam auch zutage, dass Personen, die Vorwürfe gegen Ölfirmen erhoben, von privaten Sicherheitsfirmen überwacht wurden." (...)


man sitzt da und liest das und.... egal: dieses system hat nichts weiter als seinen schnellen und radikalen untergang verdient.

*

edit am 16.05.: weil die aktuellsten entwicklungen es zumindest im moment gerade auf die spitzenplätze der mainstreammedien (zumindest online; wer sich bspw. die
tagesschau von 20.00 h im netz betrachtet, wird einen anderen eindruck bekommen - ganz am schluß, unter "ferner liefen", gespickt mit nicht anders zu nennender bp-propaganda und EXTREM verharmlosend. unmittelbar danach dann ein bericht vom "sport" - formel-1-autorennen...) geschafft haben, hier nur die wichtigsten entwicklungen in stichpunkten:

- trotz der vor einigen stunden eingetroffenen ersten "erfolgsmeldungen" von bp: soweit ich das sehe, ist bis zu dieser minute noch uberhaupt nichts erreicht. sie verfolgen den (gestern zunächst gescheiterten) plan weiter, ein dünnes rohr in das hauptleck zu bugsieren und dann das ganze bzw. zumindest teile über diese quasi-leitung abpumpen zu können. wie das technisch unter den verhältnissen funktionieren soll, vermag ich mir zwar nicht vorzustellen, aber egal - momentan ist tatsächlich vordringlich, den ölaustritt zu stoppen.

- der tatsächlich wesentlich grösser sein dürfte (siehe letztes update oben), als von bp und auch der regierung behauptet - ist schon der ölfilm auf dem wasser von zwar dünner dicke, aber mittlerweile auch gigantischem ausmaß, so wurde dieses wochenende bekannt, dass riesige ölfladen auch
unter wasser herumtreiben:

(...) "Gigantische Ölschwaden treiben in der Tiefe des Meeres. Darum ist der Ölteppich nach der Deepwater-Katastrophe an der Oberfläche nicht dicker. Die Ölschwaden sollen bis zu 16 Kilometer lang und sechs Kilometer breit sein und hätten eine Höhe von rund 100 Meter. "Im Vergleich zu dem, was wir an der Wasseroberfläche sehen, gibt es eine erschreckenden Menge an Öl in der Tiefe", sagte die Meeresforscherin Samantha Joye von der University of Georgia. (...)

Der Sauerstoffgehalt in der Nähe der Ölschwaden liege bereits rund 30 Prozent unter den Normalwerten, dies könnte sich zu einer echten Gefahr für Meerestiere auswachsen. "Dies ist alarmierend", sagte die Forscherin. Ursache könnte der Einsatz jener Chemikalien sein, die das Öl bereits unter Wasser zersetzen sollen." (...)


- aha, gerade die meldungen gesehen (auch in den usa bestätigt), dass die aktion mit dem rohr tatsächlich geklappt habe - "spon" titelt dazu aktuell
"BP meldet Erfolg im Kampf gegen die Ölpest":

(...) "Nun ist offenbar erstmals ein wichtiger Teilerfolg gelungen. Ein Rohr wurde in die zerstörte Steigleitung gesteckt, um das hervorsprudelnde Öl in einen Tanker abzupumpen. Die Vorrichtung sei erfolgreich angebracht worden, sagte ein Unternehmenssprecher am Sonntag. Der größte Teil des Öls könne nun aufgefangen werden.

Ingenieure hatten seit Donnerstag daran gearbeitet, das Rohr in 1.600 Metern Tiefe an die Leitung anzuschließen. Mit ferngesteuerten Untersee-Robotern gelang es nun, das 15 Zentimeter dicke Rohr mitsamt einer Dichtung in die 53 Zentimeter breite Leitung zu stecken." (...)


das dürfte die leitung sein, bei der das leck oben im video zu sehen ist. misstrauisch macht einerseits die bisherige desinformationspolitik seitens bp - ich traue denen mittlerweile so ziemlich jeden fake zu, nur um ruhe zu haben - zum anderen: was bedeutet "der größte teil" ? und nicht zu vergessen, das ist nicht das einzige leck. zum anderen weist die in diversen quellen genannte aktion von bp, dispersionsmittel jetzt auch in nächster nähe des austritts unter wasser einzusetzen, darauf hin, dass hier versucht wird, eine real vorhandene menge des zeugs im wasser per "unsichtbarmachung" aus der öffentlichen wahrnehmung zu entfernen. öffentlichkeitswirksame bilder schwarzverschmierter strände werden dadurch tatsächlich eher seltener werden, die vergiftung aber - gerade im meer und unter wasser - bleibt - aber ist eben nur noch "indirekt", per messungen etc., wahrzunehmen.

- fatal wäre eine entwicklung, bei der es bp mittels solcher meldungen schaffen sollte, das dazu eh potenziell bereite öffentliche bewusstsein wieder zu sedieren - es strömt erstens weiter öl aus, und zweitens ist der bereits eingetretene schaden für sich schon eine katastrophe. dazu kommen zu den umständen der geschichte immer neue
interessante details zur vorgeschichte heraus:

(...) "Schlamperei war offenbar mitverantwortlich für die verheerende Ölpest im Golf von Mexiko. Wie eine Untersuchung des US-Kongresses ergab, hat ein Sicherheitsventil auf dem Meeresboden versagt, weil es schlecht gewartet worden war." (...)

ich würde das wort "schlamperei" hier wg. grober irreführung glatt streichen - eher zutreffend dürfte es sein, von maßnahmen innerhalb eines systemischen zwangs zur profitmaximierung zu sprechen, gekoppelt mit antisozialen wahrnehmungsdefekten.

Montag, 10. Mai 2010

notiz: krisennews spezial - von (mal wieder) geretteten bankstern

na, welch´überraschung - ähnlich wie in jenen herbsttagen 2008, als der begriff "lehman" schlagartig zum symbol für den ökonomischen hades wurde, könnte auch das gerade vergangene wochenende einmal in historischen rückblicken als - nein, keinesfalls als "wendemarke", sondern eher als unübersehbare wegmarke auf dem weg eines ganzen systems in den finalen abgrund stehen. der bail out von eu und iwf mag zwar zugegebenermaßen für alle, die sich nicht ständig mit den mechanismen von finanzmärkten, währungen und ökonomischen prozessen beschäftigen (dazu gehöre ich ebenso wie vermutlich ein großteil der menschlichen gesellschaft), zunächst undurchschaubar in seiner struktur, seinen motivationen und den konsequenzen sein, aber gerade hier lohnt sich die frage: cui bono?

(...) "Neben der Gemeinschaftswährung profitierten am Montag vor allem Finanzwerte. Aktien der Deutschen Bank stiegen um bis zu zwölf Prozent, Commerzbank-Titel legten zeitweise rund zehn Prozent zu. In Madrid und Paris stiegen Papiere der zuletzt arg gebeutelten spanischen und französischen Banken teils um bis zu 20 Prozent." (...)

das ist europa-, und vermutlich weltweit zu
beobachten:

(...) "Die Titel der Schweizer Grossbanken haben rund zehn Prozent gewonnen. Das ist auch verständlich: Die Aktien der Finanzhäuser haben in den letzten Tagen unter einer generellen Verunsicherung gelitten. Wer hat wie viele Staatsanleihen von Griechenland, aber auch von Portugal, Spanien oder Italien in den Büchern, lautete die bange Frage der Investoren. Im Falle einer Umschuldung oder gar eines Staatsbankrottes wären die betroffenen Banken selbst ins Wanken geraten."

das lässt sich oberflächlich durchaus als "lehman 2.0" bezeichnen, wenn auch insgesamt die dimensionen gleich mal um ein vielfaches höher sind - jetzt geht es um die haushalte ganzer staaten, ja staatengruppen:

"Dank der Europäischen Zentralbank (EZB) ist diese Angst wie weggeblasen. Die EZB hat bekannt gegeben, sie werde ab sofort Staatsanleihen und private Schuldpapiere von Euroland-Mitgliedern als Sicherheit akzeptieren. Will heissen: Die EZB setzt auf die gleichen Instrumente wie die US-Notenbank Federal Reserve System nach dem Kollaps von Lehman Brothers: Sie tauscht «Giftmüll» gegen blitzsaubere Euro-Obligationen ein. Damit sind die Banken fürs erste aus dem Schneider. Was aber ist mit dem europäischen Bürger und Steuerzahler? Wird ihm die Rechnung entweder in höheren Steuern oder höherer Inflation präsentiert werden?" (...)

die erschütternde unschuld der letzten (rhetorischen) frage ist schon wieder fast lustig - aber auch nur fast. eine schleichende, immer stärkere inflation dürfte genauso sicher sein, wie weitere cuts von den staathaushalten angefangen bis hin zur ebene von kommunen und gemeinden. wer sich die länder betrachtet, denen der iwf in der vergangenheit schon mal an der halsschlagader saß, kennt das rabiate vorgehen dieser bande. für die bevölkerung von griechenland sowieso, aber auch für die in portugal, spanien und den anderen potenziellen zielkandidaten der "hilfe" dürfte das
mantra des sparens zu bisher ungeahnten gesellschaftlichen konflikten führen:

(...) "Die entsprechenden Staaten hätten sich als Gegenleistung für die Hilfen auch zu neuen Sparanstrengungen verpflichtet. So hat Spanien angekündigt, man wolle 2010 weitere fünf Milliarden Euro und 2011 weitere zehn Milliarden einsparen. Madrid will damit die Neuverschuldung schneller senken. Das Haushaltsdefizit soll 2010 schon auf 9,3 % gedrückt werden. 2011 will man es nach den neuen Plänen auf 6,5% reduzieren. Wie das geschehen soll, da bleibt die Finanzministerin Elena Salgado einsilbig. Bisher war sogar unklar, wie die schon zuvor angekündigten Sparpläne umgesetzt werden sollen, da Madrid auch ständig neue Ausgaben ankündigt.

Wie schon das bisherige Sparpaket Portugals klar, konkret und glaubwürdig war, hat Lissabon erneut konkret erklärt, an welcher Stelle die zusätzlichen Milliarden eingespart werden. Portugals Ministerpräsident Jose Socrates hat angekündigt, dass die sozialistische Minderheitsregierung zwei große Infrastrukturprogramme auf Eis legen werde. Der neue internationale Flughafen in Lissabon und die dazugehörige Brücke über den Tajo werden zunächst nicht gebaut. Das Defizit soll schon in diesem Jahr von 9,4 auf 7,3 % gesenkt werden, bisher hatte Lissabon für 2010 noch 8,3% angesetzt." (...)


die letztgenannten kürzungen bei großprojekten wie in portugal sind ja dabei noch nicht mal das verkehrteste - solche projekte sind bekanntlich aus diversen gründen in aller regel eh fragwürdige und meistens auch überflüssige ausgaben. der eigentliche batzen wird - und zwar mit einiger sicherheit in der gesamten eurozone, wenn auch in unterschiedlichen dimensionen - in solchen bereichen wie soziales, bildung, kultur und öffentliche (notwendige) infrastruktur angepeilt sein - und dieses "sparen" wird auf jahre, wenn nicht jahrzehnte, konsequenzen und folgen haben, die sich in ihrer ganzen unheilvollen komplexität überhaupt niemand vorstellen kann. die "märkte" haben ihre agenda der umverteilung des gesellschaftlichen reichtums bis dato in letzter hinsicht sehr erfolgreich durchsetzen können - und ohne eine massive umwälzung werden sie das aller voraussicht nach auch weiterhin tun (können) - unterstützt von ihren politikerInnen, die wiederum von einer mehrheitlich in agonie befindlichen bevölkerung passiv unterstützt werden (auch das bloße zuschauen erfüllt diesen tatbestand). bankster wie ackermann können ein weiteres mal ihr "victory" grinsend in die kameras zeigen - profite nicht nur gerettet, sondern gesteigert, und alle risiken und kosten einmal mehr erfolgreich sozialisiert.

*

vielleicht werden wir auch zukünftig irgendwann mal erfahren, was in den tagen und stunden seit dem seltsamen "crash" der wallstreet vergangenen donnerstag bis in die letzte nacht hinein eigentlich wirklich passiert ist - warum musste der bail out unbedingt bis heute morgen vor der öffnung der ersten börsen unter dach und fach sein? was wäre passiert, wenn nicht? bei lehman 1.0 stand das ganze (finanz-)system im herbst 2008 ja ca. 24 bis 48 stunden vor dem totalcrash, bevor damals die us-administration intervenierte - das aktuelle geschehen zeigt ein paar parallelen auf - bis dahin, das letzte woche bereits wieder meldungen über zunehmende und größere störungen im sog. "interbankenmarkt" zu sehen waren, d.h. die banken haben angefangen, sich untereinander wieder keine kredite mehr zu geben - wer sitzt auf wieviel "faulen" staatanleihen? da sich das pack untereinander bestens kennt, dürfte das gegenseitige misstrauen eine sehr reale basis besitzen.

*

aber wie dem auch sei - solange dieses system nicht ganz fundamental zerschlagen und umgestaltet wird, werden "wir" alle einmal mehr für eine klitzekleine minderheit zahlen. interessanterweise sind viele ähnliche stimmen auch
jenseits des atlantiks zu vernehmen - ein kommentarstrang der huffington post kann da als exemplarisches beispiel für dienen:

"German Chancellor Angela Merkel accused the financial industry of playing dirty. 'First the banks failed, forcing states to carry out rescue operations. They plunged the global economy over the precipice and we had to launch recovery packages, which increased our debts, and now they are speculating against these debts. That is very treacherous,' she said. 'Governments must regain supremacy. It is a fight against the markets and I am determined to win this fight.'"

UK Telegraph

Didn't she see the preview that happened here? And you want to go bailout?


antwort 1:

She is naive to believe that there is a division between governments and corporations. They are now one in the same.

ich würde das nicht als "naivität" bezeichnen - nennen wir´s eher bewusste mittäterschaft. und das system lässt sich als kapitalistische variante namens korporatismus mit feudalen zügen, vernebelt durch eine demokratiesimulation, begreifen.

antwort 2:

Battle for planet earth! Bankers vs the rest of us.

etwas seeehr verkürzt, aber als parole der stunde durchaus brauchbar - wobei die banken eben nicht alleine das problem sind, sondern das ganze system, in dem sie eingebettet und fett gepolstert existieren.

ebenfalls verkürzt in der benennung der ursachen (es liegt nicht alles nur am zins), aber eben so treffend im versuch der kurzen
gesamtschau klingt es teils hierzulande:

"Willkommen Europäer in Europa, könnte man heute sagen, denn jetzt sitzen wir wirklich alle in einem Boot. Nur heißt das Schiff Titanic und die Kapitäne ignorieren die Finanzeisberge, welche da draußen umher schwimmen. Solange ein Staat, eine Region, ein Kontinent Kredite aufnehmen muss, um funktionieren zu können, solange wird es langfristig immer eine Versklavung der Bevölkerung oder eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen geben. Zinsen müssen schließlich erwirtschaftet werden und dazu muss jemand verlieren.

Der Planet ächzt an allen Enden, Millionen von Menschen hungern täglich obwohl die Nahrungsmittelproduktion für 12 Milliarden Menschen produzieren kann. Das Artensterben geht weiter und hat den Zenit bereits überschritten und wir bekommen es nicht in die Reihe, die Ursachen für den bestehenden Druck und die damit verbundenen ausufernden psychischen Erkrankungen in den Industrienationen in den Griff zu bekommen.

Die Griechen haben Recht wenn sie sagen „Europäer erhebt euch.“ Der Ausverkauf Europas hat begonnen."


ja. jetzt sind wir alle u.a. auch griechen. nur an der widerständigkeit hapert´s noch.

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in dem zusammenhang möchte ich auch noch auf ein äusserst lesenswertes
interview hinweisen, welches der dlf mit dem wirtschaftskolumnisten der französischen zeitung "le monde", paul jorion, geführt hat - lesenswert (für mich) v.a. deshalb, weil dort tatsächlich einmal auch für ökonomische laien gut nachvollziebar etwas von den mechanismen erklärt wird, die rund um die funktion des geldes in dieser gesellschaft existieren. das ist zwar noch vor dem aktuellen geschehen entstanden, jedoch in den grundsätzlichen aussagen natürlich weiter gültig (auch der jetzige bail out wird aus systemsicht eigentlich nur eins bringen: zeitgewinn vor dem großen finale). am ende ist zu lesen:

"Der ökonomische Mainstream hat ja die Krise bereits verabschiedet: Positive Zeichen am Horizont, das Schlimmste haben wir hinter uns, Sie sind da sehr viel pessimistischer, Sie glauben an diesen "Double Dip", also an diesen zweifachen Einbruch in Form eines Ws, wobei der zweite Teil sehr viel dramatischer sein wird als der erste, dieser zweite Teil, auf welchem Feld spielt er? Wird es eine Krise der öffentlichen Verschuldung sein? Wird es eine Krise der Nachfrage sein, die durch das Sparen ausgelöst ist? Also eine deflationäre Krise, wo wird sich das abspielen?

Jorion: Da stelle ich zuerst einmal die Frage, wo ist dieser Mainstream, von dem Sie da sprechen. Das sind ein paar Zeitungen, ein paar Fernsehsender, sicher nicht die Mehrheit! Im April lief eine Umfrage in Frankreich. Man hat die Menschen gefragt, ob sie an das Ende der Krise glauben. 75 Prozent haben darauf mit Nein geantwortet.

Was uns wirklich bevorsteht, ist die japanische Krankheit: eine sich dahinschleppende Periode andauernder Stagnation und Deflation. Für Keynes war Deflation die größte Gefahr. Niemand gibt Geld aus, weil morgen ja alles noch viel billiger zu haben sein wird. Die Wirtschaft kommt nahezu zum Stillstand, die Arbeitslosigkeit steigt steil an, es kommt zu einer Verarmung weiter Kreise der Bevölkerung.

Die Rezession wird sich fortsetzen, die Nationalstaaten haben ihr Pulver verschossen. Da kann man nicht mehr nachladen. Die Rettung des Bankensektors hat die letzten Reserven verbraucht, die Staaten haben mehr ausgegeben, als sie hatten. In ihrer Mehrheit sind sie ebenso insolvent wie Griechenland. Die Versuchung ist groß, die Schuldenlast durch eine Inflation abzutragen. Aber eine Inflation ist wie ein Flächenbrand, sie lässt sich kaum steuern.

Man stellt mir sehr oft die Frage, ob wir die finale Krise des Kapitalismus erleben. Ich denke, das stimmt. Es ist eine Art Todeskampf, der sich da abspielt. Er wird vielleicht nicht aus den gleichen Gründen sterben, die Marx vorhergesagt hat. Aber das ändert nichts. Marx kann sich getäuscht haben und das System trotzdem tödlich getroffen sein.

Man muss endlich handeln, man muss die Finanzindustrie daran hindern, weiter Schaden anzurichten. Seit drei Jahren plädiere ich dafür, Wetten auf Preise zu verbieten. Aber nichts bewegt sich. Enorme Summen werden der Wirtschaft durch diese Art des Zockens entzogen. Das ist etwas sehr, sehr Gefährliches."


wobei es ja jetzt so aussieht, als ob die eurozone der erwähnten "versuchung" einer (kontrollierten?) inflation nachgegeben hat - aber was ist das anderes als die wahl einer todesart?

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(betreffend möglicher inhaltlicher fehler bei meiner bewertung ökonomischer zusammenhänge bin ich natürlich für korrekturen, ergänzungen etc. dankbar - ich finde das wirklich alles hard stuff).

Donnerstag, 6. Mai 2010

notiz: griechenland - oder was Sie heute mit aller wahrscheinlichkeit nicht in Ihrer Zeitung lesen werden [update]

vorweg: als ich gestern nachmittag selbst die medienberichte aus athen das erste mal länger betrachtete, war meine erste reaktion: völlige deprimiertheit. der erste gedanke: idioten! (in bezug auf diejenigen, die mit mehreren molotovcocktails ein gebäude innerhalb einer dicht an dicht bebauten strasse in einer großstadt angreifen - unabhängig davon, dass das nun eine bank gewesen ist. diese art militanz enthält immer ein unakzeptables risiko hinsichtlich der gefährdung von menschenleben. und selbst wenn ich viele "innerlinke" diskussionen der vergangenheit berücksichtige, an die ich mich erinnere, und ein wichtiger punkt darin bei der betrachtung von widerstandsformen in anderen regionen immer war, dass es in der regel nicht angebracht ist, die eigenen maßstäbe aus der friedhofsruhe einer erstarrten demokratiesimulation an das handeln unter ganz anderen bedingungen anzulegen, kann das meine reaktion nicht groß ändern.

was ich allerdings gerade bei solchen ereignissen nicht bloß selbstverständlich, sondern schlicht notwendig finde, ist das genaue hinschauen - wer, was, warum. das macht auch in diesem fall die toten nicht wieder lebendig, verhindert jedoch womöglich ihre instrumentalisierung von leuten, die nun schon unzählige male gezeigt haben, dass sie notfalls auch über leichen gehen und dabei von zeit zun zeit - wenn´s taktisch nützlich ist - krokodilstränen vergießen. und nein, damit sind nicht diejenigen gemeint, die sich in griechenland selbst als anarchisten begreifen bzw. von außen als "autonome" bezeichnet werden.

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vor diesem hintergrund also nutze ich das blog jetzt ausdrücklich als form und möglichkeit der gegenöffentlichkeit, weil ich finde, dass das gleich folgende material mit herangezogen werden muss bei der betrachtung dessen, was sich da gestern in athen abgespielt hat. ich erwarte kein blindes glauben des folgenden, weil auch ich das selbst nicht nachrecherchieren kann. allerdings erhält das dokumentierte durch die anschließend dargestellte reaktion der griechischen gewerkschaft der bankangestellten eine nicht unwesentliche unterstützung. urteilen Sie selbst.

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An employee of the burnt bank speaks out on tonight’s tragic deaths in Athens – please spread:

"I feel an obligation toward my co-workers who have so unjustly died today to speak out and to say some objective truths. I am sending this message to all media outlets. Anyone who still bares some consciousness should publish it. The rest can continue to play the government’s game.

The fire brigade had never issued an operating license to the building in question. The agreement for it to operate was under the table, as it practically happens with all businesses and companies in Greece.

The building in question has no fire safety mechanisms in place, neither planned nor installed ones – that is, it has no ceiling sprinklers, fire exits or fire hoses. There are only some portable fire extinguishers which, of course, cannot help in dealing with extensive fire in a building that is built with long-outdated security standards.

No branch of Marfin bank has had any member of staff trained in dealing with fire, not even in the use of the few fire extinguishers. The management also uses the high costs of such training as a pretext and will not take even the most basic measures to protect its staff.

There has never been a single evacuation exercise in any building by staff members, nor have there been any training sessions by the fire-brigade, to give instructions for situations like this. The only training sessions that have taken place at Marfin Bank concern terrorist action scenarios and specifically planning the escape of the banks’ “big heads” from their offices in such a situation.

The building in question had no special accommodation for the case of fire, even though its construction is very sensitive under such circumstances and even though it was filled with materials from floor to ceiling. Materials which are very inflammable, such as paper, plastics, wires, furniture. The building is objectively unsuitable for use as a bank due to its construction.

No member of security has any knowledge of first aid or fire extinguishing, even though they are every time practically charged with securing the building. The bank employees have to turn into firemen or security staff according to the appetite of Mr Vgenopoulos [owner of Marfin Bank].

The management of the bank strictly bared the employees from leaving today, even though they had persistently asked so themselves from very early this morning – while they also forced the employees to lock up the doors and repeatedly confirmed that the building remained locked up throughout the day, over the phone. They even blocked off their internet access so as to prevent the employees from communicating with the outside world.

For many days now there has been some complete terrorisation of the bank’s employees in regard to the mobilisations of these days, with the verbal “offer”: you either work, or you get fired.

The two undercover police who are dispatched at the branch in question for robbery prevention did not show up today, even though the bank’s management had verbally promised to the employees that they would be there.

At last, gentlemen, make your self-criticism and stop wandering around pretending to be shocked. You are responsible for what happened today and in any rightful state (like the ones you like to use from time to time as leading examples on your TV shows) you would have already been arrested for the above actions. My co-workers lost their lives today by malice: the malice of Marfin Bank and Mr. Vgenopoulos personally who explicitly stated that whoever didin’t come to work today [May 5th, a day of a general strike!] should not bother showing up for work tomorrow [as they would get fired].

- An employee of Marfin Bank"


kurze zusammenfassung: ein mitarbeiter der betroffenen "marfin-bank" (wenn mich nicht alles täuscht, eine "privatbank") erläutert zunächst die mangelhaften bis nicht vorhandenen schutzmaßnahmen gegen feuer im gebäude und die nicht vorhandene vorbereitung der angestellten auf mögliche brandfälle. soweit nichts ungewöhnliches, und zwar nicht nur in ländern wie griechenland.

dann aber folgt eine beschreibung der zustände in der bank (nicht nur) am gestrigen tag des generalstreiks: es wird beschrieben, wie das management der bank sämtliche angestellte unter androhung der entlassung am verlassen des gebäudes hinderte; türen wurden abgesperrt / geschlosssen sowie die kommunikationsverbindungen nach außen - auch das netz - blockiert. daraus zieht der anonyme mitarbeiter einen bemerkenswerten schluß: seine toten kollegInnen gehen für ihn auf das konto der böswilligkeit des managements und des besitzers der bank.

wie gesagt: man muss das nicht unbedingt ungeprüft glauben, und als anonyme einzelmeinung mag das interessant sein, aber nicht unbedingt den blick auf die verantwortlichkeiten verschieben (zu denen übrigens letztlich auch, und zwar nicht nur in einem abstrakten sinne, die griechische regierung sowie die eu-"eliten" und der iwf gehören - sie haben die eigentliche bühne für das tödliche drama ausgestattet). ganz persönlich traue ich zwar nicht unbedingt den leuten, die sich dort im widerstand befinden, so eine fakeaktion zur eigenen entlastung zu - aber man auch schon pferde kotzen sehen.

die bedeutung des anonymen offenen briefes nimmt jedoch eine unerwartete wendung, wenn man sich die folgende
meldung betrachtet:

"GREEK bank staff will hold a nationwide strike today in protest at the deaths of three bank employees in a firebomb attack during general strike demonstrations in Athens yesterday, their union said. (...)

"This tragic event that took the life of three of our colleagues, two women and a man, is the sad consequence of anti-popular measures that whipped up pop popular anger," the OTOE bank employees' federation said.

"The government has very serious responsibilities, as it seems it failed to take account the scale of the consequences which its decisions would have on Greek society," OTOE said.

The federation also criticised Greek police for failing to protect its members, noting that banks are frequently targeted during demonstrations." (...)


die gewerkschaft der bankangestellten OTOE wird also heute aus anlaß des todes ihrer kollegInnen einen landesweiten streik durchführen, und gibt der regierung und ihren wutauslösenden sparpaketen ausdrücklich ! die hauptverantwortlichkeit, incl. des aus ihrer sicht fehlenden polizeischutzes - klar sind banken, und zwar alle ohne ausnahme, in einer solchen massiven krise wahrscheinliche angriffsziele.

*

ich fürchte, dass die nächste zeit allerlei mehr oder weniger fundierte (verschwörungs-)theorien hervorbringen wird; einige davon, die sich auf undercoveraktionen staatlicherseits und / oder eine provokation der griechischen faschisten beziehen, sind schon im umlauf. nicht, dass ich nicht beides gerade in einer solchen situation wie aktuell für unmöglich halten würde - das problem ist jedoch das übliche: solange nicht wirklich faktische belege oder zumindest starke indizien auf dem tisch liegen, bleiben das eben - theorien. die beiden oben vorgestellten berichte jedoch bringen tatsächlich etwas an material, welches zwar die schaurige und traurige dummheit des betreffenden militanten angriffs nicht relativiert, ihn jedoch womöglich in seinen fatalen wirkungen in einen realistischen kontext stellt. und darum halte ich es auch für wichtig, beide berichte weit zu verbreiten.

*

edit am 06.05.: es gibt inzwischen ein paar sehr brauchbare zusammenfassungen der ereignisse aus verschiedenen (linken) perspektiven: einmal bei
entdinglichung, wo nochmal ausführlich die ereignisse rund um den angriff auf die bank zusammengefasst werden. die junge welt konstatiert: proteste gehen weiter, und widmet sich speziell den reaktionen aus parteien und gewerkschaften. ja, und bei indymedia gibt es inzwischen - längst überfällig - so etwas wie ein feature zur gesamten aktuellen situation in griechenland, mit vielen weiteren links und möglichen quellen. ja, und dann kommen ja auch immer blogs auf touren, wie in den kommentaren zu sehen ist.

sowohl gestern als auch heute hatte ich selbst nur begrenzt zeit, mich mit dem thema zu beschäftigen - die (lohn)arbeit hat mich fest im griff, und wer sich die erscheinungszeit des beitrags hier heute morgen betrachtet, wird wahrscheinlich nachvollziehen können, warum ich gerade regelrecht platt bin.

vor diese hintergrund also mit aller vorsicht meine eigene wahrnehmung des ganzen, wie es sich für mich aktuell darstellt:
  • ich halte es - leider - für wahrscheinlich, dass der tödliche angriff tatsächlich aus den reihen der militanten linken gekommen ist. dafür spricht u.a. auch, dass es meines wissen dort bereits früher ähnliche angriffe auf geschäfte, banken etc. gegeben hat, die sich ebenfalls teilweise in bewohnten gebäuden befanden. gekoppelt mit den weiter oben beschriebenen und inzwischen faktisch verifizierten eigenheiten der situation in dem gebäude zum zeitpunkt des angriffs ergab das ein fatales und tödliches desaster.
  • hooligans (als umfassender begriff gemeint), faschisten, undercoverpolizisten: ja, gab es und gibt es immer wieder. an entsprechenden diskussionen stört mich jedoch eine mehr oder weniger unausgesprochene tendenz immer wieder (ähnliches lese ich auch aus einigen kommentaren unten heraus): nämlich die, jede militante aktion in eine dieser schubladen zu stecken. und das halte ich nicht nur für inhaltlichen quatsch, sondern es fördert auch eine bestimmte, im kern fatalistische, haltung der ohnmacht. die ich nebenbei gesagt übrigens für etwas sehr "deutsches" halte und zu großen teilen auf die spezifisch katastrophalen historischen erfahrungen mit militanten bewegungen "von unten" hierzulande zurückführe, beginnend mit der revolution 1848.
  • das militanz zunächst einmal eine innere haltung darstellt, lange vor jedem möglichen ausdruck (der übrigens keinesfalls zwangsläufig den geläufigen klischees entsprechen muss), fällt beim oben angesprochenen fatalismus ebenso unter den tisch wie die einfache tatsache, dass es selbst in der deutschen geschichte immer wieder nicht nur militante kleine gruppen, sondern auch entsprechende massenbewegungen gab (erstere, wie zb. die "rote zora", hat 1987 sehr wirkungsvoll mittels einer reihe von brandanschlägen auf den repressiven umgang mit einem streik südkoreanischer arbeiterinnen in produktionswerken des deutschen textilunternehmens adler interveniert mit der folge, dass sich adler zu einer öffentlichen erklärung gezwungen sah und sowohl entlassungen in südkorea zurücknahm als auch die forderungen der dortigen arbeiterinnen erfüllte. das bka war damals absolut not amused und beschwerte sich postwendend bei der führung von adler - die reaktion der firma würde (sinngemäß) ein sehr schlechtes beispiel liefern. naja, und hinsichtlich von erfolgreichem und militanten massenwiderstand lohnt sich ein blick in richtung des kleinen bayrischen örtchens wackersdorf
  • militanz hat - und gerade gruppen wie die rote zora haben das beispielhaft umgesetzt - ganz entschieden etwas mit dem erarbeiten von verantwortlichkeit zu tun, bekanntlich eine wirklich harte aufgabe. dabei lassen sich gerade in diesem bereich selbstverantwortlichkeit und verantwortung für andere nicht trennen. es ist daher nicht wirklich eine gewagte vermutung, wenn ich glaube, dass es den athener akteuren in diesem fall an beidem massiv gefehlt hat. was sicher auch gründe hat, aber das würde jetzt den rahmen sprengen.
viele weitere meiner gedanken zum ganzen thema militanz und - damit fast untrennbar gekoppelt - auch dem mittel der gewalt finden sich
hier - geschrieben im winter 2008 anlässlich der damaligen massiven riots in griechenland, verweise ich an dieser stelle einfach darauf. und möchte vor allem den letzten abschnitt hervorheben - ein text aus griechenland, der mich bis heute sehr berührt - , weil es das, was ich als militante haltung bezeichnen würde, in einer schon poetischen art und weise ausdrückt.

Dienstag, 4. Mai 2010

notiz: lesetipps weltwirtschaft / griechenland und öl-supergau

bin müde, muss morgen früh raus - aber ein paar sehr informative links gibt´s noch mit in die nacht:

karl-heinz roth dürfte einigen hier noch aus vergangenen krisennews ein begriff sein; von ihm gibt es nun den ersten teil eines für mich wirklich ein paar verständnisschleier auflösenden versuchs eines großen überblicks über das, was sich in der globalen ökonomie spätestens seit 2008 als verschiedene phasen einer massiven krise wahrnehmen lässt - ein
globaler schwelbrand ist im gange, und wie das bei schwelbränden nun so ist, kann daraus jederzeit eine alles verbrennende feuerwalze entstehen. sehr interessante perspektive(n), aus denen roth da die situation wahrnimmt.

ergänzend sei einmal mehr die wildcat empfohlen, mit einer spannenden - ja, sowas lässt sich vielleicht schon als "militante untersuchung" bezeichnen, und zwar aus der innenansicht des griechischen widerstands - "linke" parteien, gewerkschaften bis hin zu den im weitesten sinne autonomen gruppen. ist zwar von mitte märz, aber das beschriebene dürfte auch noch in diesen tagen aktuell eine rolle spielen:
"Hier steht nur noch eine Abrechnung aus: unsere Abrechnung mit dem Kapital und seinem Staat".

*

das wort "abrechnung" ist auch ein begriff, der mir in verschiedenen zusammenhängen immer wieder bei der betrachtung der situation im golf in den sinn kommt - wirklich sehr viele facetten gerade der reaktionen in den usa selbst sowie die jeweils neusten entwicklungen sind im in jeder hinsicht monströsen
themenschwerpunkt der huffington post zu finden - ich bin da in den letzten tagen schon teils stunden über stunden drin hängengeblieben, aber es lohnt sich selbst dann, wenn mensch besonders englischsprachige technologische details oder auch sonstige fachsprachlichen aspekte nicht besonders gut versteht. es gibt da einiges zu lesen, was es offensichtlich nicht oder nur mit verzögerung über den großen teich bis in die hiesige medienlandschaft schafft. tipp.

Montag, 3. Mai 2010

notiz: das schwarze gift - von einem fast völlig unbekannten detail der ölförderung

während sich der störfall im golf von mexico zu einem supergau des ölzeitalters zu entwickeln droht - nach ein wenig recherche stinkt es einerseits penetrant nach verharmlosung, die andererseits durch die inzwischen sichtbaren dimensionen immer weniger aufrechtzuerhalten ist - und dazu bis zur stunde überhaupt nicht absehbar ist, wann und ob überhaupt die lecks geschlosen werden können, geschweige denn wie die folgen nicht mehr nur für die dortigen ökosysteme nach womöglich wochen oder gar monaten des ölaustritts aussehen würden - während also solcherlei und noch andere düstere gedanken wie ölschlieren auf dem wasser durch meinen kopf zogen, kam mir dank eines hinweises im "spon"-forum eine information vor augen, die zumindest mir bis heute abend völlig unbekannt gewesen ist und meinen wutpegel in gefährliche höhen getrieben hat. mir fällt für die gleich folgenden tatsachen keinerlei angemessenes wort ein - "skandal" wäre eine verharmlosende untertreibung, und unsere aller (in variationen sicher jeweils mehr oder weniger ausgeprägte, aber grundsätzlich vorhandene), anscheinend unlösbare involvierung in das ölzeitalter machen das folgende schwer erträglich. vielleicht auch eingrund dafür, dass erst ende letzten jahres überhaupt berichte in der medialen öffentlichkeit auftauchten - berichte über die radioaktive verseuchung im ganz normalen betrieb der ölforderung - ehrlich, haben Sie davon schon mal etwas gehört?

(...) "Seit Jahrzehnten produziert die Öl- und Gasindustrie mit jedem Barrel Öl und jedem Kubikmeter Gas radioaktiven Abfall: Abwässer, Schlämme und Ablagerungen, versetzt vor allem mit dem hochgiftigen und langlebigen Radium 226. Jahr für Jahr sind das weltweit einige Millionen Tonnen - weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. (...)

Konkret darauf angesprochen gibt auch die Öl- und Gasindustrie die Existenz der radioaktiven Abfälle unumwunden zu. "Das Thema ist eigentlich ein Thema seit es die Gasförderung in Deutschland gibt, das ist so seit Anfang der 70er-Jahre", erklärt Hartmut Pick, Sprecher des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG).

Allerdings hat die Industrie das Phänomen der radioaktiven Abfälle bei der Öl- und Gasproduktion bislang konsequent vor der Öffentlichkeit verschwiegen. "Wir haben das natürlich nicht mit der Bevölkerung kommuniziert", sagt Pick. "Wir kommunizieren das Problem mit den Mitarbeitern, die damit beschäftigt sind, mit den Aufsichtsbehörden, die damit zusammenhängen - ja, mit der Branche, innerhalb der Branche."

Der Branchenverband begründet dieses Vorgehen mit der vermeintlichen Ungefährlichkeit der kontaminierten Rückstände. "Wir haben es hier mit natürlicher Radioaktivität in einem relativ geringen aktiven Bereich zu tun, der im Bereich der natürlichen Radioaktivität auch unserer Umgebung liegt", sagt Verbandssprecher Pick.

Diese Aussage ist falsch und widerspricht den eigenen Angaben des Verbandes. Denn danach ist die durchschnittliche Belastung der radioaktiven Öl- und Gasabfälle fast 700 mal höher als die durchschnittliche Belastung des Erdbodens. Dem WDR liegt ein Papier der Firma Exxon vor, wonach die mittlere Belastung der Abfälle sogar 3000 mal höher ist." (...)


und so weiter. eine recherche ergibt auf die schnelle nachweisbare folgen bspw. in kasachstan, nigeria und in den
usa :

(...) "Durch Zufall fand man heraus, dass die Rohre aus den Ölfeldern von Ashland Oil radioaktiv kontaminiert waren. Strahlenschutzexperte Wade Smith hat als Erster systematisch in und um Martha gemessen. "Wir fanden Radioaktivität in Tanks, in Abflüssen und Rohren, in offenen Sickergruben, sogar im Trinkwasser und in einigen Bächen und Flüssen." Als eines der größten Probleme entpuppten sich die ausgedienten Förderrohre. Ashland Oil hatte sie zu Tausenden an Dorfbewohner und Mitarbeiter, an die örtliche Schule und an Farmer verkauft. Und die hatten, ohne von den stark radioaktiven Ablagerungen innerhalb der Rohre etwas zu wissen, daraus Klettergerüste, Zäune, Regale und anderes gebaut.

Rodney Hamilton war früher selbst bei Ashland Oil angestellt. Er nutzte die Rohre, um damit das Fundament seines Hauses zu bauen. Vor zwölf Jahren kam Strahlenschützer Wade Smith in sein Haus und stellte fest: Das ganze Haus ist kontaminiert. "Wir haben Werte gemessen, die lagen bis zu 800 mal über der natürlichen Hintergrundstrahlung," sagt Wade Smith. Für Hamilton war das ein Schock: "Als ich das erfuhr, habe ich mit meiner Frau und meinen beiden Kindern das Haus sofort verlassen." Bis heute steht das verstrahlte Haus leer.

Auch die Schule von Martha musste wegen der Strahlung geschlossen werden. Ashland Oil hat inzwischen überall, wo es ging, die verstrahlten Rohre abgebaut. Tausende Tonnen Erdreich wurden ausgetauscht. Doch die Einwohner von Martha warten noch heute auf Entschädigungen, viele erkrankten an Krebs. Einige sind inzwischen gestorben.

Martha ist kein Einzelfall, sagt Whelma Subra von der US-Umweltorganisation "Earthworks". In der Mehrzahl der 20 Öl produzierenden Bundesstaaten gibt es Probleme mit radioaktiven Abfällen. "In verschiedenen Gerichtsverfahren wurde nachgewiesen, dass die Industrie schon seit den 30er Jahren davon wusste, es aber bis in die späten 80er, frühen 90er Jahre verheimlicht hat," erklärte die Umweltschützerin gegenüber dem WDR." (...)


wenn ich die situation richtig verstanden habe: es betrifft letztlich alle regionen, in denen öl gefördert wird - wie im ersten link hoffentlich deutlich wird, ist die beförderung der radioaktiven stoffe an die oberfläche (das wörtchen " natürlich" als attribut vor der radioaktivität ist in diesem fall völlig bedeutungslos und als implizite verharmlosung gemeint) in verschiedenen konzentrationen eine geradezu zwingende folge der ganz "normalen, unfallfreien" erdölförderung, die auf geologischen und physikalischen gegebenheiten beruht. was seitens der industrie "natürlich nicht in der bevölkerung kommuniziert" wurde.

peak oil erweist sich unter solchen aspekten immer mehr als regelrechter segen - wenn diese sog. "zivilisation" sich angesicht des peaks und angesichts der schlichten normalen unerträglichkeiten bei der ölförderung und auch der verarbeitung als unfähig erweisen sollte, sich selbst zu transformieren, hat sie nichts weiter als den untergang verdient.

in den früheren beiträgen zu peak oil kam öfter mal das gleichnis mit einem junkie oder auch alkoholiker, die auf ihren stoff nicht mehr verzichten wollen und können. in beiden fällen hilft nur der konsequente entzug. das gilt auch für das öl, wobei das angesichts der rolle, die dieser basale rohstoff für die industriellen gesellschaften spielt, gleichzeitig ihr ende bedeuten wird. so oder so. das eine so steht für das (in peak oil-kreisen beliebte) "mad-max-szenario" - eine dystopie nach dem gleichnamigen film. das andere so wäre eine kollektive, rasche und bewusst eingeleitete abkehr vom ölzeitalter - mit allen konsequenzen auch des (scheinbaren oder realen) verzichtes, die das individuell und kollektiv mit sich bringen würde. ich muss wohl nicht mehr schreiben, welches so ich in der derzeitigen situation für wahrscheinlicher halte... der auf öl basierende kapitalismus wird aufgrund seiner inneren widersprüche und der äusseren grenzen des exponentiellen wachstums zur hölle fahren, aber er wird dabei vermutlich auch die eh schon schwer beschädigte menschliche sozialität an den rand des abgrunds bringen.

*

unabhängig davon: meiner wahrnehmung nach sind die obigen informationen noch weitgehend unbekannt. zumindest das können bloggerInnen und auch "nur"-leserInnen ändern - das schwarze gift und die umstände seiner produktion und verarbeitung sind nicht nur hinsichtlich der "rein" chemischen eigenschaften eine gefahr.

*

edit: noch ein zusammenfassendes und vor allem hinsichtlich der bisherigen reaktionen aus wirtschaft und politik sehr aufschlussreiches
manuskript einer radiosendung im dlf.

Samstag, 1. Mai 2010

notiz: von new york nach athen

ich schaffe es momentan nicht, eine neue folge der krisennews zu schreiben, aber natürlich passieren gerade im bereich widerstand immer wieder genügend aktionen in verschiedensten ländern, die hierzulande im mainstream nicht oder nur verzerrt dargestellt werden - und die ich deshalb immer wieder versucht habe, in den news zu dokumentieren. dann also diesmal ausserhalb - besser als gar nicht.

*

eine größere aktion - demonstration plus eher symbolischer bankenstürmung - ist am vergangenen donnerstag in der
wall street gelaufen:

(...) "Es ist der größte Massenprotest gegen die Wall Street seit dem "Bailout" vor zwei Jahren, als die US-Regierung die Finanzbranche mit 700 Milliarden Dollar vor dem Kollaps rettete. Die Polizei schätzt die Zahl der Demonstranten im Finanzdistrikt auf 7500. Die Veranstalter, allen voran der US-Gewerkschaftsverband AFL-CIO, sprechen von 15.000. (...)

Es sind Gewerkschafter, Lehrer, Bauarbeiter, Angestellte, verschuldete Hausbesitzer, Bankkunden, Arbeitslose, Geistliche, Gemeindeführer. Ein paar hundert haben es sogar geschafft, kurz die gläsernen Eingangshallen von JP Morgan Chase und Wells Fargo in Midtown zu stürmen, mit geballten Fäusten, bevor die Polizei sie friedlich abführte." (...)


letzteres ist thema dieses kurzen videos:



wenn ich mich so an die berichte erinnere, die mir seit herbst 2008 aus den usa vor augen gekommen sind, dann gehört diese demo schon zu den auffälligeren, sowohl was beteiligung als auch zusammensetzung anbelangt. ich habe zu wenig einblick in die (potenzielle) linke oder auch linksliberale opposition dort und die sich teils doch sehr von europa unterscheidenden bedingungen und eigenarten. auch per indymedia nyc oder andere einschlägige seiten war nichts wirklich aufschlussreiches zu erfahren. wer diesbezgl. also mehr infos hat, möge die bitte per kommentar teilen - würde mich freuen.

*

fast täglich geht der blick gen griechenland, wo es immer wieder zu solchen
szenen wie ebenfalls am donnerstag kommt:

(...) "Während ihrer Proteste gegen die Sparmaßnahmen der Regierung haben Hunderte Lehrer versucht, das Finanzministerium in Athen zu erstürmen. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, vereinzelt habe es auch Rangeleien gegeben, sagte ein Sprecher der Behörden. Verletzt wurde jedoch niemand. Vor dem Parlamentsgebäude warfen etwa 50 Vermummte Steine auf Polizisten, die ihrerseits mit Schlagstöcken gegen die Randalierer vorgingen." (...)

"kleine scharmützel", würden militärfreaks jetzt vermutlich sagen. bemerkenswert aber die durchaus wahrnehmbaren ansätze zur militanz selbst bei berufsgruppen, von denen hierzulande wohl kaum ein mitglied auf ähnliche ideen kommen würde.

aber die reaktion großer bevölkerungsteile wird bei der jetzt unter iwf- und eu-regie anstehenden finanziellen brachialamputation eben dieser bevölkerung eine sehr wichtige und große rolle mit bedeutung weit über griechenland hinaus spielen - verweigern sich nämlich relevante mengen den geplanten "spar"- ( bzw. umverteilungs-) programmen hauptsächlich zugunsten diverser banken, dann wird es zukunftsweisend sein, wie die "eliten" mit so einer verweigerung umgehen werden - die zeit der militärdiktaturen in europa ist ja bspw. eigentlich vorbei, obwohl sich manch einer der antisozialen organisierten kriminalität solche repressiven gebilde zurückwünschen dürfte, lassen sich doch gerade in deren friedhofsruhe ungestört kapitalistische exzesse organisieren und umsetzen.

bereits heute wird sich aber aller wahrscheinlichkeit nach schon abzeichnen, wie zugespitzt die situation nun real tatsächlich ist - der
erste mai könnte diesbezgl. ein sehr symbolträchtiges datum sein:

(...) "Im ganzen Land finden wieder die traditionell eher friedlichen Mai-Demonstrationen statt. Aber in diesem Jahr erhalten sie vor dem Hintergrund der härtesten Sparmaßnahmen seit dem 2. Weltkrieg eine besondere Dringlichkeit, da Premier Papandreu am Sonntag die Einzelheiten der Kürzungen öffentlich verkünden wird. (...)

Der Blog
"teacher dude" eines in Thessaloniki lebenden "Citizen-Journalist" und Englisch-Lehrers, wagt eine Vorhersage für den 1. Mai. Der Blog gilt seit dem Beginn der Krise als einer der bestinformierten Europas.

"Teacher Dude" misst der Verkündung der Details der Sparmaßnahmen an einem Sonntag eine besondere, nicht zufällige Bedeutung zu, die ihre einschneidende Bedeutung für die Bevölkerung betonen soll.

Dann kommt der blog zu einer Einschätzung des 1. Mai.

Normalerweise seien die Maikundgebungen im Land eher friedlich und durch einen rituellen Charakter als durch einen leidenschaftlichen revolutionären Antrieb gekennzeichnet. Der 1. Mai sei auch für Linke nur ein sekularer Feiertag.

Der morgige Tag verspreche allerdings anders zu werden. Der Ärger über die in den nächsten Jahren zu erwartenden Lohnkürzungen und Absenkungen des Lebensstandards werde sich höchst wahrscheinlich sein Ventil suchen.

Gewerkschaften, Arbeiter des öffentlichen Dienstes, die Opppostition und der ganz normale Bürger werden auf die Straße gehen, wütend wegen der ausweglosen Lage, in die sie die PASOK-Regierung gebracht hat.

In dem die Regierung den Sicherheitskräften bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung freien Lauf lasse, trage sie dazu bei die explosiven Mischung zu verstärken, die durch die augenfällige Wut der Menschen entstanden ist.

Im vollen Bewußtsein dass die Augen der Finanzwelt auf Griechenland gerichtet sind, versuche die Papandreu-Regierung alles in ihrer Macht mögliche um eine Wiederholung des Dezember 2008 zu verhindern.

Auf der anderen Seite sei die Riot Police (MAT) dafür bekannt, dass ihre Einsatztaktik am 1. Mai genau die Bilder produzieren werde, die Papandreu so verzweifelt verhindern will."


vor diesem hintergrund schreibt der
lesende arbeiter auf indy sehr berechtigt:

(...) "Auffallend ruhig bleibt es dagegen auf der linken Seite. Wo hat man bisher von Solidaritätskundgebungen für die streikenden griechischen Lohnabhängigen in Deutschland gelesen? Dabei hat die griechische Linke Solidarität aus anderen europäischen Ländern erbeten: So schrieb der Vorsitzende der griechischen Partei »Koalition der Linken, Bewegungen und der Ökologie«, Synaspismos (SYN), Alexis Tsipras, vor einen Tagen in einen Brief an den Vorsitzenden der Europäischen Linken (EL), Lothar Bisky, und an die Vorsitzenden der in der EL zusammengeschlossenen Parteien:

"Wir fordern euch auf, den Mitgliedern eurer Parteien, der Arbeiterklasse und den Menschen eurer Länder nicht nur Solidaritätsbotschaften mit der griechischen Bevölkerung zu übermitteln, sondern auch Botschaften der Mitwirkung für eine Koordinierung in der Praxis, damit sich in ganz Europa Kämpfe gegen den Angriff entwickeln, dem heute unsere Bevölkerung und morgen alle Menschen Europas ausgesetzt sind. Lasst uns alle zusammen Widerstand leisten! Lasst uns alle zusammen Europa verändern und in ein Europa des Friedens, der Demokratie und der Gerechtigkeit verwandeln! Es ist an der Zeit."

Der 1.Mai, der immerhin einmal als internationaler Arbeiterkampftag entstanden ist, wäre eine gute Gelegenheit, um diese Bitte praktisch zu beantworten. Dabei braucht man gerade in Deutschland nicht bei moralischen Solidaritätsappellen stehen bleiben. Kundgebungen vor den Zeitungen, die sich mit der Hetze gegen Griechenland besonders hervorgetan haben, könnten ein Signal an die griechische Bevölkerung sein, dass es in Deutschland Menschen gibt, die sich davon nicht anstecken lassen. Es gäbe auch genügend weitere konkrete Anknüpfungspunkte für diese Solidarität. So weigert sich die deutsche Regierung noch immer, Reparationen für die Verbrechen während der NS-Besetzung des Landes zu zahlen. Die geschuldete Summe beläuft sich auf mehr als 50 Milliarden Euro. Andererseits geht mittlerweile 13 % des deutschen Rüstungsexports nach Griechenland. Auch hier böte sich eine Möglichkeit an, Solidarität mit der griechischen Bevölkerung zu zeigen." (...)


da sind durchaus ein paar bedenkenswerte ansätze dabei, finde ich.

Mittwoch, 28. April 2010

notiz: kreuz und quer - ein infomix

ach, hätte ich doch heute nachmittag nur dem impuls nachgegeben, irgendwo ein nettes fleckchen in der sonne zu besetzen - stattdessen habe ich angefangen, im netz zu stöbern. ergebnis: rauchender kopf und schlechte laune. ein paar gründe dafür folgen nun.

*

das kuddelmuddel rund um die möglichen staatsbankrotte in der sog. euro-zone mitsamt "rating-agenturen" (private unternehmen, von nichts und niemandem legitimiert - soviel zur realen machtverteilung in den demokratiesimulationen),
medialer hetze, undurchsichtigen motivationen seitens politik und ökonomie, währungsfragen etc. finde ich sehr schwierig zu begreifen - war die erste phase der krise diesbezgl. schon nicht "ohne", wenn auch durch die direkte, besser offensichtliche involvierung der bankster nicht völlig abstrakt, so ist das jetzige geschehen sozusagen auf einer anderen ebene angesiedelt, wenn auch mit strukturell gleichen inhalten und beteiligten. aber eben auch schwerer durchschaubar, und darum auch leichter in der wahrnehmung vieler zu manipulieren. ich habe mir die foren der offen reaktionären medien erspart, bereits die "liberalen" reichen da völlig aus - vom plumpen nationalismus gegen inzwischen "die südländer" bis hin zu etwas, was ich als europäischen chauvinismus gegen " die anglo-amerikaner" bezeichnen würde, reichen viele reaktionen vom standard über die süddeutsche bis zur fr (von spon und zeit einmal ganz ab). sicher, es gibt dort auch ein ganze menge relativ rationales (im besseren sinne gemeint) - aber eben auch zu vieles der ersteren sorten. macht mir ein dumpfes, beunruhigendes gefühl in der bauchgegend - klar gibt es innerimperialistisches interessengerangel zwischen usa/uk und der eu - aber hier sind nicht nur belege für etwas sichtbar, was sich als identifikation mit der eigenen herrschaft bezeichnen ließe, sondern auch erste schritte im massenbewusstsein auf - potenzielle - kriege. wird mir ganz anders, wenn ich solche sachen lese. bitte bei bedarf selbst herumstöbern. ansonsten verweise ich für den moment speziell zu griechenland auf das, was im verlauf dieses beitrags zu lesen ist.

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ich esse ja und mag aus diversen gründen schon seit jahren kein fleisch mehr, aber unabhängig davon ist die folgende
meldung zum treiben eines alten bekannten durchaus auch für vegetarierInnen interessant und wichtig:

"Mit einem Patentanspruch auf Schinken und Schnitzel ist der Biotechnik-Konzern Monsanto erneut in die Kritik geraten. Das US-Unternehmen will sich beim Weltpatentamt in Genf bestimmte Schweineprodukte als Erfindung schützen lassen.

Es geht um das Fleisch von Tieren, die mit gentechnisch manipulierten Pflanzen gefüttert wurden." (...)


"monsanto" würde ohne weiteres, wenn man sie denn lässt, alles und jedes in der lebendigen welt als produkt patentieren - wenn man bspw. mich denn ließe, würde ich diese schwer kriminelle bis deutlich terroristische organisation in form eines sog. "unternehmens" auf der stelle entschädigungslos enteignen, ihre strukturen zerschlagen und sämtliche verantwortlichen personen dazu verdonnern, den rest ihres lebens für entschädigungen an ihre zahllosen opfer weltweit zu arbeiten - vorzugsweise in der landwirtschaft (bioanbau - ich weiß aus eigener erfahrung, wie diese arbeit körperlich schlauchen kann). und mit "verantwortlichen personen" meine ich übrigens auch lobbyisten und die befehlsempfänger der bande in der sog. politik. herrje, man wird doch wohl noch träumen dürfen.

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aktuell stellen sich aber eher alpträume ein - wie schon öfter hier thematisiert, sind (deutsche) knäste nicht wirklich orte, an und in denen sich irgendjemand mit menschlichen empfindungen aufhalten sollte (okay, ein paar ausnahmen würden selbst mir einfallen) - aber was bleibt einem noch
hierzu zu sagen übrig?

"Unmenschliche Verhältnisse: In den nordrhein-westfälischen Frauengefängnissen müssen Schwangere in Hand- und Fußfesseln entbinden. Eine Praxis, die im Düsseldorfer Justizministerium nicht bekannt ist, von der aber Hebammen berichten. Die absurde Begründung: Fluchtgefahr. (...)

Die junge Frau sitzt zurzeit wegen eines Drogendelikts in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Köln. Als ihr Geburtstermin für den 5. Mai errechnet wurde, zeigten sich die Behörden gnädig und stellten ihr ab diesem Tag Haftverschonung in Aussicht. Dann drängte Lars doch früher auf die Welt, was den Richter nicht sonderlich beeindruckte. Antes blieb in Haft, Lars kam zu einer fremden Familie nach Bonn in die Kurzzeitpflege. Immerhin: Mutter und Kind werden "nur" drei Wochen lang getrennt sein. Andere Häftlinge sehen ihre Säuglinge erst nach Monaten wieder. Manche auch überhaupt nicht.

"Das ist, als würde man hilflos ins Weltall geschossen, ohne jeden Kontakt zur Bodenstation", sagt Ursula Volz von der Internationalen Studiengemeinschaft für pränatale Psychologie. "Damit legt man den Grundstein für die nächste Generation von Straftätern", sagt Julia von Seiche, die Vorsitzende des Aktionskomitees Kind im Krankenhaus. Volz und von Seiche gehören zu einer Gruppe von Experten, die sich jüngst an die FR wandten, weil sie die Verhältnisse in nordrhein-westfälischen Frauengefängnissen für unmenschlich halten.

Zu diesen Verhältnissen gehört nach deren Kenntnis nicht nur die Trennung von Mutter und Kind unmittelbar nach der Geburt. Zu diesen Verhältnissen gehöre auch, dass Frauen in Hand- und Fußfesseln zum Gynäkologen gebracht werden - und im Einzelfall sogar gefesselt entbinden mussten. Eine Praxis, die im Düsseldorfer Justizministerium "nicht bekannt" ist, von der aber Hebammen, der Sozialdienst Katholischer Frauen und die Corneliusstiftung sagen: "Wir wissen, dass es das gegeben hat." (...)


jaja, der rechtsstaat - dieser begriff ist bekanntlich wortwörtlich zu nehmen. die vorstellung einer gebärenden in handschellen und fußfesseln ist unbeschreiblich, zumindest für mich (und glauben Sie mir bitte, dass ich mir so einiges an wirklich krankem zeug vorstellen kann). neben allen anderen finsteren aspekten ist das wirklich auch als schwere körperverletzung an den säuglingen zu werten, und die zitate der beiden frauen oben in der mitte sind leider überhaupt nicht so absurd, wie sie sich vielleicht für einige darstellen mögen - um das nachzuvollziehen, empfehle ich eine nähere beschäftigung mit den bisher bekannten eigenheiten der
pränatalen phase.

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der gedanke ist nicht sehr abwegig, dass bei unter solchen umständen (dazu gehören auch die problembelasteten, also im regelfall massiv gestressten, schlimmstenfalls gleichgültigen mütter) geborenen menschen auch ihre
spiegelneuronen nicht so arbeiten, wie´s eigentlich in unserem genetischen code vorgesehen ist (der verlinkte beitrag ist schon sehr alt, aber wie ich gerade feststelle, passt der inhalt perfekt). inzwischen sind neue erkenntnisse zu dieser spezifischen gruppe von neuronen bekannt geworden:

(...) "Gemeint sind damit Neuronen, die im Gehirn einer Person aktiv werden, die ein Verhalten oder auch Gefühle bei anderen Menschen beobachtet. Die senso-motorischen Aktivierungsmuster sollen denen ähnlich sein, die entstehen, wenn eine Person selbst etwas macht oder fühlt. Daher wurden die Spiegelneuronen, deren Existenz man aber bislang bei Menschen nur indirekt nachweisen konnte, auch als Grundlage für Wiedererkennung, Lernen, Nachahmung und Empathie bezeichnet. Sie sollen den neuronalen Mechanismus darstellen, mit dem man andere Menschen verstehen kann, indem man sich an die Stelle eines anderen versetzt, um so etwa erkennen zu können, ob jemand lächelt oder grinst, ob er Angst hat oder Schmerzen empfindet.

Nun wollen Neurowissenschaftler der University of California, Los Angeles, erstmals einen empirischen Nachweis für die Existenz dieser Neuronen bei Menschen gefunden haben, die das Spiegeln oder nachahmende Kopieren von Gehirn zu Gehirn ermöglichen. (...)

Möglicherweise ist dies aber auch ein Mechanismus, der die Menschen, die sich beobachten, einander ähnlich macht, also zu einem konformen Verhalten führt. Das kann offenbar nicht nur in körperlicher Anwesenheit geschehen, sondern auch medial vermittelt. Und natürlich würden Spiegelneuronen, sollten sie tatsächlich automatisch Verhalten und Gefühle anderer reproduzieren, nicht nur Empathie fördern, sondern auch Wut, Panik oder Aggressivität." (...)


finde ich alles sehr interessant, gerade auch die letzten sätze. bei weiterer verifikation wären eigentlich teils recht drastische konsequenzen in verschiedensten gebieten fällig - das fernsehprogramm wäre da nur ein bereich. ist vorgemerkt für einen eigenen beitrag.

*

zum abschluß eine meldung, über ich nur zufällig gestolpert bin - und die sofort zu hochgezogenen augenbrauen geführt hat -
Nationalgarde soll in Chicago einmarschieren:

"Mit einem drastischen Schritt wollen Politiker die rasant steigende Anzahl von Morden und Gewaltverbrechen in Chicago bekämpfen. Weil die Polizei mit der Lage in der drittgrößten US-Stadt offenbar überfordert ist, sollen künftig Soldaten der Nationalgarde für Sicherheit auf der Straße sorgen.

Die Entwicklung ist dramatisch. Seit Beginn des Jahres wurden 113 Einwohner der Stadt am Michigansee ermordet. Damit starben genau so viele Zivilisten in den Straßenschluchten der Stadt wie US-Soldaten bei ihren Kriegseinsätzen in Afghanistan und im Irak. Allein in einer Nacht der vergangenen Woche verzeichnete die Polizei sieben Todesopfer und 18 Schwerverletzte. In den meisten Fällen spielten Schusswaffen eine Rolle. (...)

Den Eindruck, dass bald Panzer durch die Stadt rollen, wollen Fritchey und Ford dabei nicht aufkommen lassen. Nach ihrem Plan sollen die Gardisten in den besonders von Gewalt betroffenen Stadtvierteln Einsatzteams mit der regulären Polizei bilden. Damit solle die Präsenz der Sicherheitskräfte auf den Straßen deutlich erhöht werden. Auch Geld ist ein Thema: Die klamme Stadt Chicago kann sich derzeit keine neuen Polizisten leisten. Einen Einsatz der Nationalgarde müsste zumindest teilweise der Bundesstaat bezahlen. (...)


und das wäre dann nach
italien der zweite, westliche nato-staat, in dem im zuge der krise militärische formationen "legal" in großstädten auftauchen würden - ebenfalls unter dem label der "kriminalitätsbekämpfung". nun dürfte eben die dargestellte (gewalt-)kriminalität mittelbar ebenfalls zu den (in maßen tolerierten, weil aus elitärer sicht nützlichen) krisenfolgen zählen - die deklassierten gehen sich selbst an die gurgel (vermutlich auch noch in den typischen formen der bandenstruktur) und lassen sich derart noch als vorwand für die innere aufrüstung sowie als schreckgespenst gegen "das chaos" nutzen, welches ohne den starken staat losbrechen würde. ich fürchte, da sehen wir eine art blaupause für die nähere zukunft in vielen staaten.

*

kurz noch in eigener sache: versprochene kommentare und beiträge sind nicht vergessen. aber momentan ist mal wieder vieles eine zeitfrage bei mir.

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