assoziation: nochmal "duisburg" - gedanken und links [update]

(der erste beitrag zur katastrophe findet sich hier.)

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da immer neue materialien dem geschehen weitere aspekte hinzufügen, kommt nun doch ein weiterer beitrag.

bis heute unbekannt war mir
julias loveparade blog, obwohl das anscheinend schon breit verlinkt ist. das, was da steht, ist heftig. ich finde es schwierig, nach dem lesen des kernbeitrags über ihre erlebnisse am samstag noch anmerkungen zu machen, ohne irgendwie herzlos zu erscheinen - aber dann doch ein paar kurze: nein, ich glaube nicht, dass das ein fake ist. und julia beschreibt in ihren ganzen postings eigentlich so ziemlich alle symptome einer massiven und akuten traumatisierung, was ja nun kein wunder ist - von der "schuld der überlebenden" über alpträume, offensichtlich dissoziativen und de-realisierenden phasen bis hin zu einem totalen emotionalen chaos. es tut regelrecht weh, das zu lesen, und ich hoffe bloß, dass sie die nötige hilfestellung bekommt - wenn sie vorher ein relativ unbelastetes leben geführt haben sollte, ist die chance gar nicht mal schlecht, dass sie selbst ein trauma eines solchen kalibers verarbeiten kann. die therapeutischen möglichkeiten gibt es heute dafür. die frage stellt sich aber auch: wieviele julias laufen jetzt eigentlich nach diesem desaster herum? neben den toten und massiv körperlich verwundeten haben die verantwortlichen auch diese menschen auf dem gewissen - und ja, im strengen sinne sind das letztlich auch körperliche wunden im gehirn und nervensystem.

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vielleicht hat sich der eine oder die andere ja schon gefragt, warum ich dem thema trauma nach der katastrophe bisher keinen platz gegeben habe, zumal in einem blog wie diesem. ich habe mir selbst einige statements und interviews von traumatherapeutInnen seit samstag angehört und fand dabei keines so bemerkenswert und/oder wichtig, dass ich das gefühl hatte, mich dazu äussern zu wollen. meistens ist die eingeräumte zeit bzw. spaltenzahl für die leute zu kurz, um wirklich tiefgehender zu erklären. regelrecht falsches habe ich noch nicht vernommen, und als einen schritt in die richtige richtung betrachte ich die erklärung einer therapeutin, dass das erbärmliche schauspiel der verschiedenen funktionäre gerade für viele traumatisierte weiteren schaden anrichten kann. insgesamt wäre das jetzt aber zum wiederholten male eine notwendigkeit, sich seitens der psychotraumatologie massiv in die öffentliche debatte einzumischen - dieses überwiegende (es gibt ein paar ausnahmen) schweigen zu letztlich gesellschaftlich (d.h. durch die herrschenden verhältnisse) produzierten traumata betrachte ich nach wie vor als manko.

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in vielen foren, kommentaren und erlebnisberichten taucht öfter mal das wort vieh auf - meistens als assoziation zur situation in und vor den tunnels. wie vieh seien dort die menschen hineingetrieben und zusammengepfercht worden. daran musste ich auch denken bei einem weiteren
augenzeugenbericht, einem sehr speziellen, weil er von einem 60jährigen erziehungswissenschaftler stammt:

"Es war ein befremdliches Bild, das Duisburg am Samstagvormittag bot: ein riesiges Polizeiaufgebot; dutzende Beamte vor Spielplätzen oder Grünanlagen, denen man, wie mir eine Polizistin bestätigte, aufgetragen hatte, die Besucher abzuwehren. Schon der Anblick der Jugendlichen, die auf der Straße saßen, weil man ihnen keine Parkbank gönnte, erweckte bei mir den Eindruck: Hier geht es nicht darum, die Jugendlichen zu schützen, es geht darum, Duisburg vor den Jugendlichen zu schützen.

Diese schlechte Behandlung der Besucher setzte sich auf dem Gelände fort: der Schotter, den man ausgelegt hatte und der alles in eine schwarze Staubwolke hüllte; die Zäune, mit denen das Gelände doppelt und dreifach abgesperrt war - eine gigantische Geringschätzung mit diesem beängstigenden Tunnel als traurigem Höhepunkt.

Spätestens als ich mittags dort durchging, war mir klar: Die Belange und Bedürfnisse der Besucher zählen hier kaum, man will lediglich im Rahmen der "Kulturhauptstadt Ruhrgebiet" ein Event inszenieren und bestimmte Bilder produzieren." (...)


ein eindeutig stellung beziehender bericht, und die schilderung finde ich interessant - tatsächlich kann ich mich manchmal des eindrucks nicht erwehren, als wäre das alles, was da am samstag in duisburg passiert ist, auch als eine art unbewusste inszenierung zu begreifen, und zwar inszenierung als ausdruck eines enormen hasses auf all diejenigen, die da erwartet wurden: es liegen viele berichte vor, die vom ankunftspunkt vieler teilnehmerInnen - dem hauptbahnhof - von mangelhafter ausschilderung sprechen, d.h. dass viele erst mal ein paar stunden herumirrten, bevor sie überhaupt das gelände fanden. dann: die geplanten hauptrouten scheinen allesamt mittels zäunen und polizei abgegrenzt gewesen zu sein. und wurden wie auf einen trichter zu immer enger (durch die konzentration immer mehr menschen), je näher es dem gelände zuging. dann die falle des tunnels, über die man nichts mehr sagen muss. das gelände selbst ein schottergelände, mit etlichen baufälligen und gesperrten gebäuden, eingezwängt zwischen autobahn und bahnlinie. "eine gigantische geringschätzung" - ja, das dürfte noch positiv formuliert sein. selbst die loveparade in ihren letzten berliner jahren, dort schon bereits zu einem mega-konsum-event mutiert, mutet gegen dieses szenario noch regelrecht unbeschwert an. von dem, wofür "techno" vor langer langer zeit zumindest mal teilweise stand (speziell in detroit), ist das alles weltenweit entfernt.

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(...) "Das bringt uns zu dem zweiten Eindruck, der sich beim Betrachten der Duisburger Bilder aufdrängt: Durch die Anwesenheit zu vieler Menschen hat nun gerade jene Musik zur größten Massenkatastrophe der jüngeren Pop-Geschichte geführt, die einst durch die katastrophale Abwesenheit von Menschenmassen entstand - eine Musik, die sich in entleerten und verfallenden Städten entwickelte, in verlassenen Häusern, Fabriken, Theatern. Fast auf den Tag genau ein Vierteljahrhundert ist es jetzt her, dass der Produzent Juan Atkins mit "No UFOs" jene Single aufnahm, die rückblickend als erstes Techno-Stück angesehen werden kann. Er lebte in Detroit, einer jener "schrumpfenden Städte" des US-amerikanischen Nordens, aus denen die wohlhabende Bevölkerung in die Speckgürtel geflohen war und in deren Zentren nun lediglich noch die Ärmeren, Unterprivilegierten hausten. Und die Künstler und DJs, die ihre Partys in leerstehenden, von keinem Besitzer mehr beanspruchten Fabriken und Warenhäusern feierten.

Ohne diese aufgelassenen Räume, ohne die große Leere in den Zentren der de-industrialisierten Städte hätte es Techno niemals gegeben. Darum fiel die Musik nach dem Mauerfall in Berlin auf so fruchtbaren Boden: weil es in der Mitte der wiedervereinigten Stadt so viel Leere gab und - vergleichsweise - so wenig Menschen, so viel Räume, die man erobern konnte, in einer steten Bewegung von einem Ort zum anderen, von einer zum Party-Ort umgewidmeten Ruine zur nächsten." (...)


("Die Musik, die Stadt und der Tod")

ja. eigentlich wäre das desolate duisburg, mit seinen mafia- und rockergeschichten, seiner schier aussichtslosen ökonomischen lage, seinen sozialen widersprüchen und der riesigen leere rund um den verfallenen güterbahnhof bestens geeignet für jene teils traurig-düstere melancholie, für die der detroit-techno so berühmt ist (und die ich persönlich so liebe). aber das wäre dann definitiv ein ganz anderer beat als derjenige, der leuten wie den handelnden protagonisten in diesem fall vorgeschwebt hat...

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denn die letzteren (incl. des herrn schaller) haben sich einen dreck nicht nur dafür interessiert, welche interessanten aspekte techno (als oberbegriff) tatsächlich hat, sondern sie haben durch ihre planung des debakels auch gezeigt, dass ihnen ihr publikum - ausser in der rolle von möglichst nicht störenden, geldausgebenden konsumenten - letztlich nicht von bedeutung gewesen ist. aber das scheint insgesamt zur hybris des größenwahnsinnigen "metropolenregion ruhr"-projektes zu gehören, und ich danke quirinus für den hinweis auf einen sehr interessanten text zum thema, den ich gleichfalls empfehlen möchte:
Die Erfindung der "Metropole Ruhr" und ihre tödlichen Folgen. da wird durchaus einiges von dem größeren kontext sichtbar, in dem die loveparade eingebettet gewesen ist, incl. der sozio-ökonomischen verwerfungen der vergangenen jahrzehnte. sichtbar wird aber der noch größere hintergrund einer ebenso wie alles andere inzwischen gnaden- und rücksichtslos geführten standortkonkurrenz um die krümel vom kapitalistischen kuchen.

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ein weiterer
augenzeugenbericht, anders, aber ähnlich bedrückend wie von julia. mit einem schwerpunkt auf die drogen, besonders speed - "pep" - , also amphetamine. das thema drogen kommt hier im blog ja schmählich zu kurz, ihre gesellschaftlichen funktionen und wirkungen halte ich für immens, aber in diesem zusammenhang nur das folgende: es gibt durchaus plausible untersuchungen darüber, wie sich innerhalb der raver-szene ende der 90iger jahre immer mehr speed statt mdma ("exstasy"; sicher geht es in beiden fällen um amphetamine, aber von sehr unterschiedlicher wirkung) verbreitete und das durchaus auch direkte wirkungen auf den umgang innerhalb der szene hatte. speed passt eigentlich wie kokain (nicht umsonst neben alkohol die beliebteste börsendroge) perfekt zum neoliberalismus - eine leistungsdroge, scharfe highs, tiefe depressionen als folge auf die mittelfrist bezogen, fördert narzisstische tendenzen und die eigene selbstüberschätzung. während mdma aus folgenden gründen immer wieder auch in psychotherapeutischen settings erprobt wurde:

(...) "Der Konsum von MDMA führt zu Euphorie, steigert meist die Fähigkeit zur ungezwungenen Kontaktaufnahme mit anderen Menschen (empathogene Wirkung) und die Fähigkeiten zum Verständnis der eigenen inneren Gefühle (entaktogene Wirkung). Es wird Empathie und Liebe stärker empfunden und die Harmonie mit stereotypen Rhythmen (Technomusik oder Sex (...)"

körperlich schädliche wirkungen sind wie bei allen, und nicht nur synthetischen, psychoaktiven stoffen durchaus eine gefahr, gerade bei häufigem und mischkonsum (speed und alkohol ist eine der übelsten kombis überhaupt). aber es ist schon auffallend, wie im laufe der jahre und mit zunehmender massenkompatibilität von techno neben der niedergehenden musikalischen qualität ("kirmestechno", oh graus) auch das eine amphetamin durch das andere mit geradezu entgegengesetztem wirkungsspektrum ersetzt wurde (es gibt sogar leute, die das für keinen zufall halten. ich bin mir da unschlüssig, was die genaue natur des "keinen zufall" angeht).

jedenfalls finde ich persönlich viele menschen auf aktuellen massen-techno-events von ihrem auftreten und verhalten her nicht besonders sympathisch; ebenfalls könnte ich das auch überhaupt von meiner wahrnehmung vieler leute unter 25 sagen. andererseits versuche ich mir bei entsprechender mißgelauntheit auch immer zu sagen, dass die kids von heute das logische produkt des versagens meiner und der vorhergehenden generation sind und dafür noch am wenigsten verantwortlich sind. und bei aller aufregung über wie geklont erscheinende modellhafte mädchen und den dicken max markierende jungen: wenn ich mir die erbärmlichkeit nicht nur von duisburg vor augen halte, dann weiß ich, auf welcher seite - trotz aller vorbehalte und kritik - ich mich eher verorte. die jugendlichen von heute haben in vieler hinsicht die absolute arschkarte gezogen, und von daher ist es kein wunder, wenn sich etliche auch entsprechend verhalten. es ist schon okay zu sagen, dass das letztere natürlich nicht okay ist - aber dabei sollte auch immer der größere zusammenhang präsent sein.

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lotta hat drüben in ihrem beitrag ihr generelles unwohlsein mit massenveranstaltungen an sich angesprochen; und ich kenne durchaus viele, denen das ähnlich geht. bei mir sieht das anders aus: ich erinnere mich gerne an die meisten erfahrungen mit großen menschenmassen (bis 100.000); ausnahme sind bestimmte demonstrationen (wobei hier negative und gefährliche erlebnisse ja eigentlich von vorneherein einkalkuliert werden müssen, was dann den umgang mit ihnen von vorneherein anders gestaltet - im gegensatz zu einer veranstaltung wie in duisburg, wo ich nicht glaube, dass auch nur ein einziger mensch (besucherIn) im vorfeld ein solches szenario in erwägung gezogen hat, was dann den terror der katastrophe für alle betroffenen aufgrund ihrer unmittelbarkeit und des scharfen kontrastes - party, feier, musik - nochmals größer werden lässt).

aber gerade mit kleinen und größeren festivals, aber auch mit stadionbesuchen, verbinde ich eigentlich viele besondere und auch schöne momente. ich finde eine masse durchaus nicht per se ent-individualisierend, das kommt immer sehr auf die art der masse und den anlass an. eine masse kann durchaus auch positive geborgenheit bedeuten, und sie kann v.a. eine art gegenmacht darstellen, eine erfahrung gerade auf bestimmten demonstrationen, die ich für enorm wichtig halte, weil sie gefühle von vereinzelung und ohnmacht stark relativieren kann. und massen können durchaus auch spaß machen, und damit meine ich nicht den typischen und drogeninduzierten als-ob-spaß bei den einschlägigen megaevents, sondern eine besondere art der spontanen interaktion, wie sie zumindest früher bspw. auf festivals stattfand (aus diesem grund wäre ich auch zu gerne in woodstock dabeigewesen - das muss auch in letzterer hinsicht gigantisch gewesen sein).

allerdings kann ich mir durchaus vorstellen, dass analog zu den steigenden eintrittspreisen bei den heutigen festivals die spontanen und authentischen aspekte immer mehr verschwinden. und auch das vermutlich generell veränderte verhalten vieler heutiger besucherInnen eine große rolle spielt. nein, früher war nicht alles besser. aber teils entscheidend anders.

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edit am 30.07.: nochmals eine kurze und teils kommentierte zusammenstellung neuer materialien und entwicklungen.

- zur derzeitigen öffentlichen stimmung in duisburg -
ohne worte:

(...) "Die Tür des Sitzungssaales lässt Oberbürgermeister Adolf Sauerland am Freitagvormittag von innen abschließen. Unbekannte Gäste dürfen im Rathaus längst nicht mehr selbst zu den Zimmern gehen, sondern werden begleitet. Auf der Straße sind seit Tagen keine Politessen zu sehen, weil die wütenden Duisburger sie anpöbeln und bedrohen. Im Callcenter der Stadt weinen Mitarbeiter offen, weil sie reihenweise Schmähungen ertragen müssen.

Die Katastrophe der Loveparade, für die Verwaltungschef Sauerland verantwortlich gemacht wird, und seine Weigerung, Konsequenzen zu ziehen, hat in der Industriestadt Duisburg für einen Ausnahmezustand gesorgt. „Das ist Agonie hier", sagt ein Rathaus-Mitarbeiter, der nicht zitiert werden will." (...)


- wenn sich das folgende bestätigen lässt, wäre das ein nachdrückliches beispiel für
"an ihrer (macht-)sprache sollt ihr sie erkennen":

(...) "Höherrangige CDU-Quellen kolportieren indes mittlerweile, daß die Bundeskanzlerin Merkel wünsche, daß “das Problem Sauerland” bis zu ihrem Eintreffen zur Trauerfeier in der dem Rathaus benachbarten Salvatorkirche morgen, Samstag vormittag, “zu lösen” sei. Dies würde “verbindlich” von der Duisburger CDU erwartet." (...)

- nochmal die ruhrbarone mit einer interessanten
chronik der geschichte der loveparade im ruhrgebiet seit jahresanfang 2007

- und noch eine lüge bröckelt: wie es sich von beginn an schon abgezeichnet hat und auch aus vielen augenzeugenberichten zu vernehmen war, ist die polizei aller wahrscheinlichkeit nach
nicht so unschuldig, wie es vor allem der innenminister von nrw neulich suggerierte:

(...) "Ein neues Dokument aus der Einsatzleitung der Feuerwehr belastet die Polizei im Zusammenhang mit der Loveparade-Katastrophe. Dem Papier zufolge (...) gab es eine Meinungsverschiedenheit zwischen Polizei und Feuerwehr über eine geplante Sperrung des Zulaufs auf das Festgelände der Loveparade in Duisburg. Nach Ansicht der Feuerwehreinsatzleitung sei diese Maßnahme „aus einsatztaktischer Sicht sehr problematisch“. Aus diesem Grund „ist die Feuerwehr dagegen“.

Die Feuerwehr wollte dem Dokument zufolge der Sperrung nur unter der Maßgabe zustimmen, wenn gleichzeitig die zweite Rampe zum Gelände „als Zulauframpe“ geöffnet werde. Zudem bestand die Feuerwehr darauf, dass der Zustrom von Festivalbesuchern durch den Karl-Lehr-Tunnel „durch die Polizei verhindert wird“, heißt es weiter. Das Papier entstammt dem Einsatztagebuch der Feuerwehr zur Loveparade. (...) Demzufolge sah die Feuerwehr offenbar die Polizei und nicht den Veranstalter in der Pflicht, den Tunnel zum Gelände zu sperren, damit es nicht zu einem Chaos im Eingangsbereich des Loveparade-Geländes kommt." (...)


wie schon neulich geschrieben: ein gesellschaftliches lehrstück erster qualität, bei dem einem allerdings die haare zu berge stehen.
unschland (Gast) - 29. Jul, 02:41

tittytainment für den pöbel, wenns brot verteuert wird

"...man will lediglich im Rahmen der "Kulturhauptstadt Ruhrgebiet" ein Event inszenieren und bestimmte Bilder produzieren"

massenspektakel dieser art sollen wohl auch zustimmung des volkes zur öffentlichen unkultur hierzuschland suggerieren.
was hat den so eine blöde fressmeile wie das sillosleben auf dem ruhrschnellweg mit kultur zu tun? das die AUTOBAHN autofrei war? toll! gabs in meiner jugend aus anderen gründen jeden sonntag. dass das volk mal friedlich auf einem haufen ist. fast menschlich sowas. gemeinsam das brot brechen? hat auch tradition, wenn auch von den amtskirchen gerne fehlinterpretiert und pervertiert.
klar ist alles kultur, wenn man den begriff soweit dehnt wie max frisch dermal gesagt hat: "kultur ist auch, wie der bauer mit seinem knecht spricht". aber in diesem sinne sind und bleiben wir eine nation von barbaren und diese "events" sind nur riefenstahl für arme. wann gibts eigentlich die ersten kriegsanleihen als anlagestrategie?

leider konnte ich meinen eigenen supereventvorschlag zur kulturhauptstadt nicht mehr rechtzeitig einbringen:
schläuche aus dem obersten fenster des fernsehturms, wasser marsch:
fertig ist der GRÖSSTE SPRINGBRUNNEN DER WELT!!!
dann noch die wahl zur miss nasses t-shirt, dann ist`s der MEGA-EVENT. hauptsache hannelore kraft zieht nicht blank. wir wollen nur glückliche junge menschen sehen.

Quirinus (Gast) - 29. Jul, 06:13

Anmerkungen zu "Julias Loveparade Blog"

Ich habe das Blog entdeckt, kurz nach dem der erste Beitrag online gestellt worden und der erste Kommentar geschrieben worden war; und ich muß gestehen, daß ich es sofort für einen Fake gehalten habe, und zwar schon nach den ersten Sätzen aus sprachlichen, dann auch aus diversen anderen Gründen.


1. Julias Sprache

Schon der erste Satz klingt so altbacksch, als wäre er eher von einer 40jährigen, ja sogar 50jährigen geschrieben worden, gemäß den Ratschlägen für erste Sätze, die in jedem Ratgeber für Hobbyautoren gegeben werden.
Es sollte eigentlich eine feucht-fröhliche Party geben. Ich und vier meiner Freundinnen hübschten uns auf und zogen dann los auf die vollen Strassen."

In diesem Stil geht es zwar nicht weiter, doch der immer emotionaler werdende Text enthält seitsamerweise kein einziges typisches Wort oder Bild aus der Jugendsprache, auch keinen sonstigen Hinweis auf irgendetwas Jugendspezifisches, stattdessen aber weitere Passagen, die von einer esoterisch angehauchten 30- oder 40jährigen stammen können: sei's die mit dem Engel Frederik, sei es diese:
Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen wofür ich diesen Blog gemacht habe, wieso er mir so wichtig ist und wieso ich damit unglaublich viele Menschen erreichen möchte, ich denke mir jemand mit einem gesunden Menschenverstand hat bereits begriffen, das ich die Geschichte anschaulich machen und erzählen möchte, das es mir unheimlich leicht fällt einfach meine Hände gleiten zu lassen, den Verstand auszuschalten und das erlebte wiederzugeben.
Abgesehen von den auch hier wieder auffallenden Redewendungen (später spricht sie verräterischerweise mehrfach von einem "jungen Mann" und "jungen Leuten") ist es für 22jährige von heute sehr untypisch, einerseits so viele Rechtschreibfehler zu machen wie diese Julia, andererseits jedoch so lange Sätze zu schreiben. Besonders deutlich wird das alles - auch der Eso- und Psycho-Touch - in den folgenden Sätzen:
Dies ist meine Art damit umzugehen, ich weiß ich befinde mich noch im Schockzustand, aber es befreit mich, es reinigt mich, meine Gedanken und meine Seele diese Geschichte, dieses Erlebte zu verarbeiten, hinter mich zu bringen, als ein Kapitel meines Lebens abzulegen was mir einiges an Erfahrungen gebracht hat, mich aber auch Ängste hat spüren lassen die andere vielleicht gar nicht kennen. Es liegt mir nahe die Geschichte so darzustellen wie es in den Medien gar nicht möglich ist, es gibt Augenzeugenberichte, aber nie so ausführlich und nie in so einem Zeitmuster das Betroffene sie voll und ganz erzählen können!
Die Person, die das geschrieben hat, ist zweifellos eine traumatisierte - nur daß es sich um kein junges Mädchen handelt. Hierfür gibt es noch diverse andere sprachliche Indizien, so etwas ihr Gebrauch des Konjunktivs an anderer Stelle. spricht auch ihr Gebrauch des Konjunktivs an anderer Stelle. Aber dies soll ja keine linguistische Abhandlung werden.

2. Julias Welt

Angeblich stammt Julia aus Duisburg, nennt jedoch - obwohl die mit Personennamen nicht geizt - bis auf den Namen des Krankenhauses (der x-mal in den Medien erwähnt wurde) und später den des Böninger Parks keine ortstypischen Namen (Uhrzeiten schon gar nicht) und läßt keinerlei sonstige Zeichen von Vertrautheit mit der Stadt erkennen. Das gleiche gilt für ihre späteren Einträge, wo "Hannah" (die sie auch mal "Hanna" schreibt) nur schemenhaft erwähnt wird, so wie ihre Eltern, aber kein Mensch und auch sonst nichts greifbar wird. Auch das ist höchst seltsam: sollte man doch annehmen, daß eine 22jährige, der so etwas passiert ist und die offenbar viele Freundinnen hat, auch von ihnen besucht oder via-Blog-Kommentar kontaktiert wird. Aber nichts dergleichen. Sie hat noch immer null Freunde.

Julia versucht den Eindruck zu erwecken, sie sei total empathisch, kreist aber - anders als die anderen, deren Berichte ich gelesen habe - nur um sich, obwohl sie behauptet, auch für andere "Betroffene" zu schreiben und von vielen Mails zu bekommen, sogar von vielen Müttern. Aber wie das denn? Ihre Mailadresse war und ist nirgendwo zu finden, und nirgendwo in ihrem Blog findet sich auch nur der allergeringste Dialog mit einem der Menschen, die ihre Artikel kommentieren. Dennoch schreibt sie:
Ich für meinen Teil taue auf, merke das mir das Schreiben unendlich gut tut und mir Mut macht, und ich weiß ich bin nicht allein-und Leute zu treffen, Erfahrungen auszutauschen und versuchen zu beschreiben-das ist was mir gut tut!
Und wieder diese Sprache, die so wenig nach einer 22jährigen des Jahres 2010 klingt. Vor allem aber eine Behauptung, für die sich in ihrem gesamten Blog kein Beleg findet. Sie trifft sich mit Leuten und tauscht "Erfahrungen" aus? Davon ist wirklich nichts, aber auch gar nichts zu spüren; ebensowenig davon:
Ich persönlich würde mich freuen Blogs oder Erfahrungen von anderen Menschen zu lesen die selber dort waren, die gleichen Ängste ausgestanden haben wie wir, die gleichen schlimmen Erfahrungen teilen mussten.
Und das schrieb sie gestern - wieder seltsam altbacksch ("Ich persönlich würde mich freuen") und so dermaßen netzweltfremd, als hätte sie noch nie von YouTube gehört, von Foren und von Chatrooms. Das hat sie zwar mit Sicherheit als Bloggerin, doch alles deutet ja darauf hin, daß sie den Kontakt zu anderen scheut, weil sie gar nicht auf der Loveparade war. Ein Indiz dafür ist auch diese Passage, die sämtlichen anderen Schilderungen und Videos widerspricht:
Wie auch der Weg den wir dorthin liefen, zunächst durch den Böninger Park von Hannah aus, dort hatten wir noch total viel Spaß, es war kaum voll, genau wie auf der Straße zu der wir daraus kamen.
Ich kann nicht sagen das es so voll war das man annehmen könnte jeden Moment würde Panik ausbrechen.
ich war auf der Loveparade in Essen, mir kam es genauso voll vor, ich hab nicht mal Ansatzweise gedacht es seien zuviele Menschen, bis wir den großen Tunnel passierten.
Klar war es nicht grade leer, aber das hat auch niemand an so einem Großevent erwartet.
Es waren Sekundenbruchteile in denen die Enge kam.
Vor allen Dingen seltsam ist, daß sie nicht genau beschreibt, wo sie denn nun die Enge erlebt hat. In dem Tunnel? Vor dem Tunnel? Nicht einmal das wird deutlich. Einerseits scheint ihr Drama sich im Tunnel abgespielt zu haben, wo es ja falschen Berichten zufolge (die sie am Enstehungstag ihres Textes gelesen haben wird) eine Panik und sogar Tote gegeben haben soll; andererseits muß es sich vor dem Tunnel abgespielt haben, weil sie die Treppe sehen konnte. Ja wie denn nun? Und weshalb findet sich in ihrem Blog kein einziges der Fotos, die sie und ihre Freundinnen angeblich "geschossen" haben? Fragen über Fragen. Aber nun genug damit.

Mein Fazit: Julias Geschichte ist erfunden - wahrscheinlich von einer Frau um die 30, die mindestens an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, sich offenbar im medizinischen Bereich ein wenig auskennt (anders ist nicht zu erklären, daß das Wort Schockdecke dieser vermeintlich jungen Frau geläufig ist), diverse Berichte gelesen und gesehen hat und Stunden später genau das tat, was andere um Aufmerksamkeit ringende Frauen taten, nachdem Michael Jackson gestorben war: sie behaupteten im Internet, mit ihm befreundet gewesen zu sein, und erzählten allerlei Geschichten, die genauso klangen wie diese: total betroffen und emotional, auch dramatisch, aber ohne handfeste Fakten, voller inhaltlicher und sprachlicher Klischees, völlig konturlos und blaß. Die Enttarnung einer dieser Frauen habe ich (aus psychologischem Interesse damals in einigen MJ-Foren unterwegs) selbst miterlebt. Erst war es ihr gelungen, fast alle für sich einzunehmen, dann verstrickte sie sich in Widersprüche, wurde zickig und zog sich zurück. In diesem Fall könnte es ähnlich sein.

Und damit sei's genug. Ich hoffe, daß mich niemand hier als hartherzig empfinden wird, nur weil ich arge Zweifel an der Echtheit von Julias Loveparade-Geschichte hege. Selbstverständlich kann ich mich irren; doch wo ich falsche Töne zu hören glaube, da werden sie in den meisten Fällen tatsächlich auch gespielt.
JEDER ANDERE DER ES MITERLEBT HAT WÜRDE DIE GLEICHEN BESCHREIBUNGEN MACHEN, UND VIELE DIE EBENFALLS DA WAREN MACHEN DIE GLEICHEN, ES IST MEIN GEISTIGES EIGENTUM!
Eine seltsame Logik - und ein Bekenntnis zugleich.

monoma - 29. Jul, 09:10

kurz auf die schnelle:

klar, ausschliessen lässt sich im netz gar nix, aber in diesem fall habe ich erstmal ein anderes gefühl. ich glaube, Du machst auch einen fehler, wenn Du "fehlende jugendsprache" bemängelt - es gibt nicht die eine "jugendsprache"; meiner beobachtung ist das eher etwas, was von der sozialen klassenlage geprägt wird. ich halte julia eher für eine bürgerliche tochter, und dafür finde ich die sprache - gerade die von Dir zitierten begriffe - völlig "normal".

später mehr, bin unter zeitdruck.
monoma - 31. Jul, 23:08

zum "wo" nochmal

ich muss sagen, dass ich ihren text bisher zu ungenau gelesen hatte - aber inzwischen finde ich es sehr deutlich, wo der gemeinte bereich sein muss: direkt vor oder links nach dem tunnelausgang (aus diesem heraus gesehen); da, wo sich auch die rote werbetafel an der wand befand.

das ist zwar noch ein stück von der treppe entfernt, aber auch in diesem bereich gab es nach den ersten öffentlichen fotos zu urteilen sowohl tote, als auch die gefährliche bedrängnis, die meiner meinung (nach dem, was ich bisher an berichten gelesen habe) nach bis in den tunnel hinein gereicht haben muss.
Ich (Gast) - 1. Mär, 02:51

Hallo,
ich finde es schade das hier so geschrieben wird.
Kenne die Person selbst und hab sie an diesem Tag selbst noch gesehen, und saß daneben als sie ihren Blog schrieb. Nur mal dazu
gast (Gast) - 8. Jul, 11:23

hallo

ich hatte bei julias blog einen kommentar hinterlasssen und ja wir kamen dadurch per e mail in kontakt und nicht nur über den blog auch über eine andere seite wo ich ihre privatbilder sah, sie ist so alt wie sie im blog angab. sie hatte mir ein presse bild gesendet wo sie von sanitäter versorgt wurde worauf ich den erwähnten frederik suchte und ein bild mit einem jungen mann neben ihr kniend fand. tut mir leid auch wenn ich julia 2 jahre nur durch das internet kenne glaube ich ihr und nicht was hier geschrieben wurde.......
!!! (Gast) - 18. Jul, 13:32

!!

"Mein Fazit: Julias Geschichte ist erfunden - wahrscheinlich von einer Frau um die 30, die mindestens an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, sich offenbar im medizinischen Bereich ein wenig auskennt (anders ist nicht zu erklären, daß das Wort Schockdecke dieser vermeintlich jungen Frau geläufig ist), diverse Berichte gelesen und gesehen hat und Stunden später genau das tat, was andere um Aufmerksamkeit ringende Frauen taten, nachdem Michael Jackson gestorben war: sie behaupteten im Internet, mit ihm befreundet gewesen zu sein, und erzählten allerlei Geschichten, die genauso klangen wie diese: total betroffen und emotional, auch dramatisch, aber ohne handfeste Fakten, voller inhaltlicher und sprachlicher Klischees, völlig konturlos und blaß. Die Enttarnung einer dieser Frauen habe ich (aus psychologischem Interesse damals in einigen MJ-Foren unterwegs) selbst miterlebt. Erst war es ihr gelungen, fast alle für sich einzunehmen, dann verstrickte sie sich in Widersprüche, wurde zickig und zog sich zurück. In diesem Fall könnte es ähnlich sein."

hört sich an als hätte wer was gegen Frauen ???? !!!!
quirinus - 29. Jul, 18:45

@monoma:

Meine Skepsis gegenüber Julias Sprache beruht nicht darauf, daß ich als nun schon recht alter Mensch des Glaubens wäre, es gebe "die" Jugendsprache. Die gibt es selbstverständlich nicht. (Ausgerechnet eine Duisburger Gesamtschule versucht jedoch zu dokumentieren, was unüberhörbar ist, siehe hier.)Aber es gibt einen 'Sound', den alle ungefiltert gesprochenen und geschriebenen Texte Jugendlicher aufweisen, ganz unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, und das zumal dann, wenn sie über sehr aufwühlende Erlebnisse berichten. Julia hat es (vorgeblich) getan, im üblichen von Fehlern nur so wimmelnden Staccato-Stil, der schon vor 10 Jahren für die meisten Texte Jugendlicher leider typisch war, - doch ihre Texte weisen seltsamerweise nicht das auf, was sich in den Texten derer, die heute um die 20 sind und sprachlich wie geistig so unbedarft wie diese Julia, regelmäßig findet: Abkürzungen aller Art, englische Floskeln und vor allem der inflationäre Gebrauch von Ausrufezeichen, Fragezeichen und Auslassungspunkten. Zudem gibt es, wie ich bereits geschrieben habe, seltsame stilistische Brüche, zu denen auch gehört, daß sie kurz nach ihrem vermeintlichen Erlebnis viel kontrollierter (um nicht zu sagen: kalkulierter) und auch 'besser' schrieb als während der letzten drei Tage.

Doch es ja nicht das allein, was mich an dieser Sprache stutzig macht. Es ist deren Egozentrik und das auffallend Rhetorische daran. Ich! Ich! Ich! - und zwischen all diesen Sätzen effektvollerweise immer wieder ein (oft sogar großer) Absatz. Typisch sind Stellen wie die folgenden; ich lasse die großen Absätze zwischen den Zeilen um der besseren Lesbarkeit willen mal weg.

In ihrem Blogeintrag No. 1 schreibt Julia:
Ich kam zu Bewusstsein, merkte das Licht.
Hannah war bei mir.
Die Leute rannten um uns rum.
Ich holte Instinktiv einen Tiefen Zug Luft.
Mein erster Gedanke war der Junge.
Ich drehte mich rum, schüttelte Ihn, als Ich in sein Gesicht blickte war er bereits blau angelaufen und regte sich nicht mehr.
Ich wusste er war Tot.
Ich wurde erneut bewusstlos, fiel mit dem Rücken zum Boden.
Ich merkte Tritte, hysterische Menschen, die Geräusche kehrten zurück.
Jemand tritt mir auf den Hals.
Im Eintrag No. 2 schreibt Julia:
Ich habe viele Aussetzer.
Ich weiß nicht wie, wann und warum ich wieder aufgewacht bin.
Hanna erzählte mir sie habe meinen Arm zerbissen damit ich bei Bewusstsein bleibe und von einem Jungen geredet der ihr und mir geholfen hat.
Ich bin ihr unheimlich dankbar.
Ich bin so vielen Leuten dankbar.
Ich mach mir jeodch Vorwürfe das ich diesem Jungen nicht helfen konnte.
Ich seh ihn noch vor mir liegen, blau und zertrampelt.
Ich denke er ist erstickt.
Wenn ich an dieses Gefühl zurück denke wie qualvoll das ist keine Luft zu bekommen,seine letzten Gedanken aufzuzählen, in Sekundenbruchteilen an die Menschen zu denken die dir wichtig sind...
Ich kann mir gar nicht vorstellen wie grausam es für ihn gewesen sein muss.
Ich komme mir so egoistisch vor.
Und heute, im Eintrag No. 9, schreibt Julia:
Ich schreibe wahrscheinlich totales Wirr Warr, doch fällt es mir schwer mir selber durch zu lesen was ich hier schreibe.
Ich "lade" einfach ab.
Ich hoffe der Tag gibt mir irgendwie Gelegenheit Abstand zu gewinnen oder mich irgendwie zu erholen.
Ich danke euch allen.
Ich denke an euch, an die Helfer, die Opfer, die Hinterbliebenen.
Wenn ich das lese, dann bekomme ich kein Mitgefühl, sondern eher Aggressionen: weil ich dieses "Wirr Warr" als einen klebrigen und schamlosen Versuch empfinde, sich als ganz besonderes (und wahrscheinlich nur vorgebliches) Opfer in den Mittelpunkt zu stellen.

PS. Hierzu paßt, daß Julia bis jetzt kein glaubhaftes Interesse an der Aufklärung all dessen hat erkennen lassen, was zu dem Desaster geführt hat. Kein Haß, keine Wut, kein gar nichts. Und dementsprechend auch kein Wort über die heutige Demonstration gegen OB Sauerland. Sprechen sie und ihre Eltern und ihre Freundinnen denn gar nicht über diese Themen? Tz, tz ...

monoma - 29. Jul, 19:34

@quirinus

ich fürchte, Du vergisst einfach schlicht etwas ganz entscheidendes: wer "dabei" war, und damit meine ich im gedränge in einer lebensgefährlichen situation - danke übrigens für die hinweise auf die videos von "pizzamanne", besonders die letzten beiden teile sind teils unerträglich - , wer also da drin war, ist mit einiger wahrscheinlichkeit schwer traumatisiert.

und das verändert im regelfall einen menschen mehr oder weniger total. und wer zum jetzigen zeitpunkt in der lage ist, sich darüber schriftlich zu äussern, wird das aus einem veränderten bewusstseinszustand heraus tun. ich finde es albern, da mit sprachanalysen heran zu gehen. was würdest Du denn zu dem im beitrag oben verlinkten augenzeugenbericht einer 20jährigen in der "zeit" sagen, wenn er sich mehr oder weniger anonym in einem blog befinden würde ? in den kommentaren findet sich teils eine ähnliche reaktion wie von Dir: das sei "völlig unauthentisch", gestelzt, unglaubhaft etc.

sorry, aber wer so redet, hat schlicht keine ahnung von dem, wie sich ein trauma auswirken kann. der "zeit"-bericht wirkt auf mich zb. sehr distanziert und kontrolliert - nicht gerade selten bei beschreibungen traumatischer situationen, weil die leute diese distanz überlebensnotwendig brauchen.

julia schreibt anders, direkter, natürlich selbstbezogen, vielleicht auch egozentrisch. aber was um himmels willen erwartest Du eigentlich ? eine selbstreflektierte analyse ihres zustands mit genau abgewogenen "ego-anteilen", die aber niemanden stören dürfen?

die frau in der "zeit" hat vermutlich die grösseren intellektuellen ressourcen (darum ist sie da vermutlich auch redaktionelle mitarbeiterin). aber der satz von der "tiefen, ernsten angst" verrät sehr deutlich, was ihr da begegnet ist - die ahnung eines grauens, mit dem keiner der menschen an diesem ort und zu dieser zeit wahrscheinlich noch ne viertelstunde vorher je gerechnet hätte. aber ihre ganze sprache ist sowas von "unjugendlich", dass das deutlich macht, das diese wertung eher reine willkür ist - wie Du selbst auch sagst, es gibt diese "eine" jugendsprache schlicht nicht.

julias sprünge in ihren beschreibungen sind für mich nachvollziehbare auswirkungen dessen, was sie selbst oft genug beschreibt. blackouts, dissoziative momente, zeitsprünge.

Dein versuch im ersten kommentar oben, widersprüche in ihrer darstellung zu markieren, ist übrigens auch oft genug in anhörungen traumatisierter flüchtlinge zu finden, die vor der streng "rationalen" asyl-kommission dann logisch und stringent nachvollziehbar ihre geschichte darlegen sollen, streng nach den "fakten" (ich will Dich nicht mit solchen schreibtischtätern vergleichen, erkennen aber durchaus strukturelle ähnlichkeiten, was Deine argumente betrifft). muss ich anmerken, dass das eine der widerwärtigsten und ignorantesten facetten dieses "rechtsstaates" ist? traumatisierte menschen können diese art der objektivistischen rationalität schlicht aufgrund ihres zustands nicht erfüllen, das trauma konstituiert neben allem anderen ein anderes zeiterleben - zonen "eingefrorener" zeit crashen mit black outs, extremer verlangsamung / beschleunigung. und das wirkt dann aufs ahnungs- und wissenslose außen "widersprüchlich" und unglaubhaft.

dass sie kurz nach der geschichte "kontrollierter" schrieb als später, finde ich ebenfalls keineswegs irgendwie erstaunlich oder "unnormal". verzögerte schockzustände - erst in relativer sicherheit realisiert der körper die vergangene gefahr, vorher werden alle ressourcen für das überleben gebraucht -> erhalten der inneren struktur.

ihren "sound" finde ich insgesamt "stimmig", mit allen brüchen und ungereimtheiten, bzw. besser: gerade wegen dieser.

btw: sie hatte heute vormittag über eine bestimmte spanne ein anderes profilfoto drin, eines, wo sie direkt zu erkennen ist. mittlerweile ist das wieder verschwunden, aber auch das wundert mich nicht. und ich hätte ihr selbst geraten, das wieder raus zu nehmen. jedenfalls fand ich das für einen "fake" recht mutig. außerdem glaube ich nicht, dass sie vorher schon gebloggt hat, sondern das ihre eigene auskunft dazu stimmt: sie sah bzw. sieht das als möglichkeit der verarbeitung. ich hätte ihr empfohlen, das nicht völlig öffentlich zu machen, sondern nur ausgewählte leute zuzulassen. aber sie macht es halt anders. kann ich mir meinen teil zu denken, aber respektiere die entscheidung.

schluß: totale gewißheit wird es über diese frage vermutlich erst dann geben, wenn sie das pech hat, von journalisten aufgespürt zu werden (und ich vermute, die sind schon dabei). wie schon gesagt: klar kann im netz nichts ausgeschlossen werden, ich habe ebenfalls schon simulierte identitäten erlebt, wo ich hinterher nur noch dachte "weia!". aber Deine argumente finde ich in diesem fall aus benannten gründen nicht wirklich überzeugend.

gruß übern fluß!

ps. zu Deinem ps.: "Hierzu paßt, daß Julia bis jetzt kein glaubhaftes Interesse an der Aufklärung all dessen hat erkennen lassen, was zu dem Desaster geführt hat. Kein Haß, keine Wut, kein gar nichts."

"Ich wünsche mir das die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden." (aus dem beitrag "bitte" vom 26.07.

"Ich bin froh wenn ich bestimmte Emotionen habe, selbst wenn ich Trauer verspüre, egal was, hauptsache ich fühle...
Das kann man sich schwer vorstellen, der Körper steht unter Spannung, verdrängt jedes andere Gefühl.
Es fühlt sich für mich grade an wie ein riesen Loch im Bauch, wie Beine die wie gelähmt sind, wie ein Kopf der ausgeschaltet ist und Hände die Gefühle beschreiben die man gar nicht beschreiben kann."
(aus "title-9061753" vom 28.07.)
quirinus - 30. Jul, 07:29

@monoma

Deine Einwände in Ehren; doch das alles hatte ich schon bedacht, als ich meinen letzten Kommentar schrieb. Ich zähle nämlich zu jenen seltenen zivilisierten Exemplaren unserer Spezies, deren Hemisphären sehr fest miteinander verbunden und und stets gleichzeitig sehr aktiv sind., so daß ich weder dem 'rationalen' noch dem 'emotionalen' Typus angehöre, sondern beides in mir vereine. Genau deshalb ist es oft so schwer für mich, mich anderen verständlich zu machen, die mich nicht sehr gut kennen und daher auch nicht wissen können, wie (so mal eine mir völlig unbekannte Anthro-Tante zu mir, im Vorübergehen; war höchst erstaunlich:) ganzheitlich ich bin. Aber nun zu Julia.

Inzwischen habe ich herausgefunden, was ich schon am Sonntag hätte wissen können: weshalb ihre Sprache (die "Physiognomie ihres Geistes"; Schopenhauer) mal so altbacksch und maniriert, dann wieder so jungmädchenhaft naiv klingt und beides zusammen mich an unzählige Texte erinnert, die ich seit 2001 gelesen habe. Hierzu eine wahre Geschichte aus meinem Leben.

Damals - 2001 - geriet ich in die Verlegenheit, um des Geldes willen Romane und Erzählungen von Hobbyautorinnen lektorieren zu müssen. Fast ausnahmslos alle stammten von meist jüngeren Frauen mit Abitur, teilweise sogar mit Hochschulabschluß - und fast ausnahmslos alle bestanden aus den immergleichen inhaltlichen und sprachlichen Versatzstücken. Einige kannte ich aus Ami-Romanen, einige aus Ami-Filmen - und was ich noch nicht kannte, lernte ich kennen, als mir eine Freiberuflerin vor zwei Jahren gestand, sie schreibe u.a. auch Texte für Girlie-Magazine. Aus unerfindlichen Gründen hat sie (eine Frau Ende 50!) mir zwei dieser Texte geschickt - und nun wußte ich, woher die Hobbyautorinnen ihre meist naive, dann aber wieder altkluge Schreibweise hatten: von all den ältlichen Texterinnen, die wiederum mit Fortsetzungsroman aus der BRAVO und irgendwelchen Groschenheften aufgewachsen sind. Julia (ob sie nun 22 oder 32 ist) hat ganz offensichtlich ebenfalls diese Art von literarischer Sozialisation hinter sich. Deshalb wiederum wurde ihr Blog am 27.07. in einem anderen Blog mit diesen Sätzen empfohlen:
Meine Freundin hat mir bei Msn grade diesen Link geschickt. Und mir fehlen die Worte...
Es ist einfach nur schrecklich. Und nun, wo Julia die Ereignisse so haargenau geschildert hat, kann ich umso mehr mitfühlen. Ich finde es bemerkenswert wie stark sie geblieben ist.
Ich werde ihren Blog weiterhin verfolgen um zu lesen ob es ihr besser geht, was es neues gibt etc.
Da ist sie also wieder: die gleiche Sprache, bis in die Interpunktion hinein. Diesmal jedoch stammen die Sätze von einer ganz anderen Bloggerin. Sie nennt sich fashionchain und bloggt - für unbedarfte Teenies nicht erkennbar - im Auftrag einer Kleidertauschbörse. Das finde ich einfach nur schrecklich. Mir fehlen die Worte...

Und warum? Weil die Dramatik von Julias Geschichte darauf beruht, daß sie (ich habe den Text inzwischen noch einmal gelesen:) im Tunnel einen Jungen hat sterben sehen, ohne ihm helfen zu können (vgl. 25.07.), und ihre Freundin Denise "nur ca. 1 meter" von ihr entfernt im Tunnel ein junges Mädchen hat sterben sehen (vgl. 27.07.). Lt. Pressemitteilung des NRW-Innenministeriums vom 28.07. (die ich erst gestern gelesen habe; hier gibt es sie als PDF) ist jedoch im Tunnel kein einziger Mensch gestorben. Genau jene Passagen also, die so viele Leute zu Tränen gerührt haben, sind nachweislich erfunden: die Toten im Tunnel, Julias panische Angst um den Jungen, ihre (Schuld-) Gefühle ihm gegenüber und alles, was unmittelbar mit diesen Schilderungen zusammenhängt. Was aber bleibt jetzt noch übrig von Julias Augenzeugenbericht, der Hunderte, wahrscheinlich sogar Tausende und Zehntausende von Menschen zutiefst erschüttert hat?

fragt, übern Fluß grüßend:
Quirinus

monoma - 30. Jul, 15:01

letzteres...

...wäre, wenn es sich denn so bestätigen würde, tatsächlich ein starkes argument für Deine sichtweise (ich finde Deine assoziationen zur sprache zwar interessant, aber nicht überzeugend - ich kann mir ein bündel von gründen vorstellen, warum heutige frauen um die 20 in vielerlei sprachen reden).

aber wie schon neulich geschrieben: in der vielzahl von berichten, die mir seit samstag vor augen gekommen sind, sind mir einige - zeitlich teils recht frühe - in erinnerung geblieben, die eben auch von leblosen menschen auf dem boden im tunnel berichtet haben.

edit: bin offensichtlich etwas zerstreut, darum habe ich nicht dran gedacht - aber man lese sich nochmals den im beitrag verlinkten bericht der zeit-mitarbeiterin durch - das, was sie da beschreibt, als sie selbst zeitweilig ohnmächtig zu werden droht, findet nach meinen verständnis ganz deutlich im tunnel statt! incl. ihrer schilderung des verletzten liegenden jungen neben ihr.

das hauptsächliche drama, da räumen nun die videos von "pizzamanne" jeden zweifel aus, spielte sich auf der rampe und vor der ominösen treppe ab. allerdings zeigen die bilder meiner meinung nach auch, dass sich ein ernsthaftes gedränge bis um die ecke in den tunnel hineinerstreckte. auch hier nochmal ein edit: an der der rampe gegenüberliegenden wand (und in einiger entfernung zum bereich vor der treppe) steht der container, über den sich hunderte ebenfalls per klettern in sicherheit brachten. die kamen aus der menge, die sich direkt im tunnelbereich staute.

ich hatte geschrieben, dass ich mir die toten und verletzten, die nach der räumung auch im tunnel tatsächlich zu sehen waren, auch so erklären könnte, dass sie hinterher erst von den sanis dorthin gebracht worden sind.

aber was genau jetzt da im eingangsbereich des tunnels passiert, ist letztlich noch nicht geklärt:

"Fraglich ist, wo die sieben Personen gefunden wurden, die erst in den Stunden und Tagen nach der Loveparade ihren schweren Verletzungen erlagen. Wurden die auch an der Treppe zerquetscht?

Am Donnerstag bestätigte die ermittelnde Staatsanwaltschaft Duisburg, dass diese Menschen "im überdachten Bereich, also im Tunnel, gefunden" wurden. Ein Beleg dafür, dass es nicht nur an der Treppe unerträglich eng war, sei das aber nicht. "Vermutlich wurden die Personen nur dorthin transportiert, um in dem Tunnel, der mittlerweile leerer war, medizinisch versorgt zu werden", sagte der Sprecher. Wie viele der sieben dorthin gebracht wurden, wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen. "Das sind alles vorläufige Erkenntnisse, die noch genauer untersucht werden müssen", heißt es."


in dieser geschichte wurde bisher nachweislich gerade von offizieller seite schon so oft gelogen, dass ich einfach skeptisch bleibe - wie gesagt, es spricht alles dafür, dass es auch im tunnel selbst zumindest zu ähnlicher enge wie draußen gekommen ist.

julias beschreibung muss deshalb nicht grundsätzlich falsch sein; wenn dort im tunnel leute ohnmächtig und/oder mit schweren verletzungen bewusstlos geworden sind, kann sich das aus ihrer sicht so dargestellt haben, wie sie es beschrieben hat.

btw: Du hattest weiter oben auch geschrieben, dass Du es seltsam findest, dass sie anscheinend keine kontakte zu anderen betroffenen sucht - dann schau Dir hier mal den kommentar vom 27.07. um 16.12 h an.

so, und nun soll´s das von meiner seite aus erstmal gewesen zu diesem speziellen thema. ob julias geschichte und sie selbst authentisch ist, wird sich vermutlich in bälde eh herausstellen, zumindest schätze ich das so ein. die anderen aspekte der katastrophe bleiben davon allerdings unberührt.
errorking - 30. Jul, 15:23

lieber quirinus

obwohl ich dir in der logik zu 100% recht gebe, ist es doch für mich nicht entscheidend, ob jetzt personen, quasi als selbsternanntes medium , situationen nachempfinden und dafür noch mitleid (in vertretung dann der wirklichen opfer) erhalten.
das ist also genaugenommen egal.
viel wichtiger scheint mir aber (und jetzt ist eine gewisse 5 tage frist vorbei, bei der ich emotional gar nicht in der lage war, darüber zu schreiben) die ZUKUNFT, die tatsächliche situation der jetzigen jugend, sowie die schädigung 10.000er während dieser panik zu betrachten.
monoma hat dankenswerterweise ein langes youtube video (chronologie duisburg) mitgeteilt. der 3. teil mit den langsam erstickenden menschen-ich muss gestehen, dass ich noch nie in meinem leben ein derart erschütterndes video gesehen habe!

ich habe auch ein anderes video auf youtube gesehen..., weiss leider nicht mehr welches , auf dem man von OBEN klar sah, dass ein garnicht so grosser strom in der ohnehin schon halb erstickenden menge am platz zur treppennadelörFALLE (wie eine rettende opernbühnenszene über allen köpfen sah man vorne die jungen leute ins rettende freie "schweben" )strebte , alles mitriss und tödlich beengte, sodass die jungen menschen buchstäblich untergingen.

meine frau hat einen interess. ansatz dazu gegeben: sie sagt, sie könne sich nicht vorstellen, dass vor einigen jahrzehnte junge menschen in der masse ein derart hilfloses bild gegeben hätten. alles was man hörte war: hilfe, polizei , wasserspenden und aufmunternde worte an den nächststehenden und todesschreie. kein EINZIGER rief : kommt, wir hören auf zu drücken , wir versuchen schräg raus, setz dich auf meine schultern und schauwo es freier ist, bilden wir eine kleine gruppe mit kräftigen grossen männern rundum, kein einziger unternahm zumindest verbal (wahrscheinl. ohnehin sinnlos)einen PLAN oder den versuch, als anführer einer gruppe etwas seitlich aus zubrechen.
es gab also keinerlei anführer!....unfähigkeit zu gruppenbildung. ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der masse keinen einzigen plan geben kann...von der untergang der titanic (augenzeugenberichte)haben wir anderes in erinnerung.
nun mag das ohnehin sinnlos gewesen sein, es rundet aber nur ein weiteres bild ab: schon beim gang zum festival in der stadt gab es extremes gedränge, das von einigen wenigen ja tatsächlich als gefährlich wahrgenommen wurde, und die umkehrten (etliche videos zeugen davon, mir persönlich ist, da ich kinder habe, bereits seit jeher ein kleineres gedränge unheimlich).

in den tunnel drängten also nur die, die meinten: das mache wir schon, das halten wir schon aus, waren sich aber nicht bewusst, dass der nun restliche grossteil keinerlei anführer sondern nur mitläufer waren.

es ergeben sich nun zwei fragen: welches bild haben nun die in der panik gewesenen 10.000ern jugendlichen von ihrer eigenen jugend?
die zweite frage : wie ist die jugend (loveparadegeher)von heute ?
meine vermutung: die musik und die paradeteilnehmer bei der loveparade (obwohl ich sie selbst als interessant erachte)allein ist bereits eine metapher: sie zeigt keinerlei (anführende)melodie, keine besonders individuelle oder phantasievollen kostüme(statt dessen t-shirt und cola) oder gar kreativ gestaltete paradetrucks, sondern nur grobe lautstärke, einheitlichkeit,gebrülle.
ist es auch möglich, dass das (noch vor! dem tunnel sogar beängstigende gedränge)mit dem lärm gemeinsam von vielen als angenehme, wärmende, liebessbezeugende nähe von vollkommen alleingelassenen (computerfreaks) in der heutigen gescllschaft wahrgenommen wurde?

dass meine letzten zeilen irritiern könnten , ist mir bewusst. bitte mich aber nicht mit frau hermann zu verwechseln, denn ich liebe die freiheit der jugend und würde sie nie beschneiden. bin allerdings ein kind der 68er...vergleiche daher alles mit woodstock....dort hat man eben noch wirklich sex gemacht und nicht nur blanke busen gezeigt, die musik war sehr individuell und es gab quasi ein polit. (prostest)programm, welches heute fehlt.
ps: haben also andere(die marktschreier der konsumgeselslchaft) die heutige jugend schon in ihrer kreativität, polit und sex. freiheit beschnitten?
monoma - 30. Jul, 16:02

@errorking

"ich muss gestehen, dass ich noch nie in meinem leben ein derart erschütterndes video gesehen habe!"

ging mir ähnlich, und ich schreibe mir durchaus die fähigkeit, dargestellte grausamkeit auch mit innerer distanz wahrnehmen zu können.

bis auf den ersten teil hat "pizzamanne" die videos inzwischen auf yt gelöscht; was er dazu schreibt, deutet darauf hin, dass er sie ans fernsehen verkauft hat (und er erklärt auch, was mit den verkaufserlösen geschehen soll).

jedenfalls hat er den inneren bereich der katastrophe so nah, wie´s überhaupt nur möglich ist, dokumentiert. bisher ist kein weiteres material ähnlicher aussagekraft aufgetaucht.

zur angesprochenen "unfähigkeit zur gruppenbildung": hm. ich glaube, auch aus den angesprochenen videos lässt sich erkennen, dass die zeitspanne vom stadium "zwar eng hier, aber nicht wirklich gefährlich" bis hin zur realisierung des stadiums "das ist jetzt lebensgefährlich" recht gering gewesen ist. eine gruppenbildung unter hervorbringung eventuell "coolerer" personen, die eine größere resistenz gegenüber der aufkommenden panik besitzen, braucht vermutlich einfach mehr zeit. ich denke, die meisten hatten einfach zu lange damit zu tun, von ihrem ursprünglichen party-modus aus zu realisieren, dass sie jetzt in einer ganz üblen situation gelandet sind.
errorking - 30. Jul, 17:11

guter ansatz

es war ja so das kippen von gut aufgelegt zum plötzlichen schockartigem erkennen einer todesgefahr.

wenn wir aber genauer auf den eingangsbereich sehen: dazwischen sehen und hören wir im video immer wieder den unmut der unzumutbarkeiten längs des eingangs am veranstalter....ohne jedoch umkehren zu wollen: was zeigt uns dies?
dies zeigt offenbar ein sehr grosses vertrauen der jugend an den institutionen (amt, grosser veranstalter, polizei ), das von diesen jedoch mit füssen getreten wurde.
dieses vertrauen (zb. arbeitsplatzsicherung, pension, gerechtigkeit) ist bei älteren menschen durch jahrzentelange erfahrung schon längst verschwunden. die mächtigen tun alles, um die jungen, die sie erst eingelullt haben, zu enttäuschen.
die von sansculotte angezeigte absicht hinter dem ganzen ist wegen der konzertierten chaotik zwischen allen verantwortlichen nicht ganz von der hand zu weisen. ich meine ,: unterbewusst! hat man "personenschaden" in kauf genommen.
obwohl das wort "personenschaden" gerade bei jungen leuten (neben den toten insgesamt 500 verletzte und 1000e traumatisierte), für die die erwachsenen HÖCHSTE VERANTWORTUNG tragen sollten ,pervers ist...genauso pervers wie die in der werbung für versicherungen immer wieder zu sehenden dramatischen unfälle, die dann durch geld?? der versicherung wieder okay sind???? perverse westliche gesellschaft das.!
quirinus - 30. Jul, 18:11

@monoma, @errorking

@monoma: Auch für mich ist die Diskussion um Julia erstmal erledigt, weil alles gesagt ist, was man aufgrund der jetzigen Informationen sagen kann. Wir dürfen also abwarten und kucken, was die Journalisten daraus machen. Eine Journalistin, die den (aus meiner Perspektive betrachtet:) Schwindel vielleicht auffliegen lassen wird, ist Miriam Sulaiman, die von Anfang an ähnlich skeptisch war wie ich, jedoch bisher nur ein paar Sätze getwittert, aber noch keine stichhaltigen Argumente vorgebracht hat. Für den Fall, daß sie über die Angelegenheit schreiben sollte, hoffe ich sehr, daß ihr auffallen möge, was mir aufgefallen ist: weil es sich eben auch bei diesem Fall um ein Lehrstück handelt - diesmal über die schlampige Arbeit gar zu vieler Journalisten, die heute auch von Miriam Sulaiman bemängelt wurde.


@errorking: Keine Sorge; ich verwechsele dich nicht mit Eva Herman. Denn ich achte nie nur darauf, was einer sagt, sondern auch darauf wie und in welchem Kontext und mit welcher Absicht er es sagt. Frau Hermans Absicht ist ganz deutlich: es geht ihr (wie inzwischen auch dem einst 'linken' Jürgen Elsässer) darum, alle sog. 68er, alle 'Linken' und alle nicht völlig angepaßten Jugendlichen von heute in 1 Topf und den auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen; Stichwort: Sodom & Gomorrha. Was nicht in das Weltbild dieser Leute Weltbild paßt, wie etwa diese Geschichte von randalierenden Ordnungshütern, wird außer acht gelassen. Ich fürchte mich übrigens weder vor randalierenden Jugendlichen noch vor randalierenden Polizisten. Ich fürchte mich vor jenem Teil der Mittelschicht, der jetzt wieder nach (um eine NPD-Parole von 1965 zu zitieren) SICHERHEIT DURCH RECHT UND ORDNUNG ruft und bei jeder Gelegenheit das Wort VERBOT im Munde führt und sich nun daran macht, anderen per Volksentscheid seinen Lifestyle und seine Weltsicht aufzuzwingen. Das Fürchterliche dabei ist, daß dieser Teil der Mittelschicht das gesamte politische Spektrum umfaßt.

Zu deinen Fragen bzgl. 'der' Jugend kann ich mich in diesem Rahmen leider nicht äußern; es würde zu weit führen, und ich muß mich endlich wieder meiner Brotarbeit widmen, die derzeit darin besteht, Texte zum Thema MARKETING zu korrigieren. Deshalb hier nur: daß die Orientierungslosigkeit so vieler Jugendlicher auch mit dem gerade eben Gesagten zusammenhängt. Alles bricht auseinander, nirgendwo scheint es noch einen Halt zu geben; weder lechts noch rinks; also kann man sich (vermeintlich) nur betäuben, auf welche Weise auch immer, bis endlich ONE MAN mit ONE VISION erscheint und alle, beseelt von einem neuen LEITBILD, voller OPTIMISMUS in die Zukunft marschieren, wenn auch nicht zu dieser Musik, die (falls du das nicht wissen solltest) im Original von Queen stammt, wie auch der Text, den Laibach wörtlich ins Deutsche übersetzt haben:


errorking - 31. Jul, 10:34

@ quirinus.es ist die

frage, wer überhaupt von vornherein sich zum polizistenberuf entscheidet. da sind viele, sehr ehrenwerte dabei, aber es ist auch eine gewisse problematische auswahl überdurchschnittlich da. ich kenne selbst aus dem persönl. bekanntenkreis z. b. solche, die in ihrer jugend geschädigt, gekränkt wurden,und ihre jugend daher bei der polizei als "sheriff" aufarbeiten wollen.
es wäre die aufgabe in einer gesellschaft, priester, polizisten, richter, lehrer, politiker usw., also berufsgruppen, die in ihren tätigkeitenmacht über andere menschen besitzen, eine aufmerksame aufnahmepraxis durchzuführen (schliesslich bestellt sich eine vernünftige mutter auch nicht einen x beliebigen babysitter von irgendwo aus dem internet).
um auf die entsetzl. geschehnisse zurückzukommen: verantwortungsvolle! reife! politiker und polizisten wären wahrscheinlich "wacher" gewesen und vieles verhindern oder mildern können.

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