notizen

Montag, 9. April 2007

notiz: isolationsfolter in den usa

"Wenn es diese Techniken waren, die Padilla wahnsinnig gemacht haben, heisst das, dass die Regierung der Vereinigten Staaten hunderte, möglicherweise tausende Gefangene auf der ganzen Welt bewusst in den Wahnsinn getrieben hat. Was in Florida zur Verurteilung steht, ist nicht der Geisteszustand eines Mannes..., es ist das System der psychologischen Folter der USA."

so naomi klein in einem bericht für den britischen guardian (in der übersetzung bei indymedia findet sich ein sachlicher fehler über die zellenmaße - dort wurden statt "feets" meter benutzt.)
das ganze kommt via subfrequenz, deren forum ich hier nochmals wärmstens empfehlen möchte.

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"...bewusst in den Wahnsinn getrieben hat" - ist möglicherweise eine ebene dieses terroristischen staatlichen vorgehens darin zu sehen, dass die verantwortlichen ihre eigenen psychophysischen zustände mit allen mitteln zur normalität werden lassen wollen? das ganze erinnert mich mal wieder daran, dass auch das thema "sensorische deprivation" hier einen eigenen beitrag braucht.

notiz: von dissoziierter öffentlicher wahrnehmung, der rebellion der langschläferInnen und guerilla gardening

immer wieder finden sich eindrucksvolle mediale beispiele für fragmentierte bzw. fragmentierende wahrnehmung, die sich auch als typischer ausdruck dissoziativer zustände begreifen lässt. und das betrifft jeweils mehr oder weniger sowohl die produzenten als auch die konsumenten von nachrichten wie den folgenden - beispiel eins:

(...)"NRW-Ministerpräsident Rüttgers will härter gegen kriminelle Kinder vorgehen. Wenn nichts mehr hilft, sollen auch unter 14-Jährige in geschlossenen Heimen landen.

"Gegen die zunehmende Gewalt unter Jugendlichen müssen wir härter durchgreifen - nach der Maßgabe: null Toleranz", schrieb der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vize Jürgen Rüttgers in einem Gastbeitrag für die "Bild am Sonntag". Dies gelte auch für Wiederholungstäter, die noch nicht strafmündig seien.

"Wenn Weisungen und alle Erziehungshilfen nicht mehr wirken, ist als letztes Mittel eine Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen erforderlich", schrieb Rüttgers. Nach seinen Vorstellungen soll das auch bei Kindern unter 14 Jahren in ganz Deutschland möglich sein.(...)

Nach Plänen des Bundesjustizministeriums sollen jugendliche Schwerstkriminelle in Zukunft wie Erwachsene mit Hilfe der Sicherungsverwahrung lebenslänglich eingesperrt werden können. Bislang dürfen sie maximal zehn Jahre eingesperrt werden."(...)


populistisches gerede eines durchschnittlichen angehörigen der selbsterklärten "eliten", die sich - siehe dazu auch den letzten und viele andere beiträge hier - mit den destruktiven folgen ihrer selbstproduzierten und durchgeführten "politik" zunehmend nur noch mittels offen gewalttätiger (re-)aktionen auseinandersetzen können und wollen. was das für konsequenzen hat, ist heute durchaus bekannt, wird aber weitgehend nicht wahrgenommen - wir kommen - im gleichen medium - zum beispiel zwei:

(...)"Stress kann einem nicht nur auf Herz und Magen, sondern auch auf den Kopf schlagen. Der Konstanzer Psychologie-Professor Thomas Elbert erforscht, wie sich unter sozialem Druck das Gehirn verändert. Die erschreckende Erkenntnis: Stress lässt das Hirn schrumpfen.(...)

"In gewissen Hirnbereichen schrumpft die Struktur und die Verästelungen werden weniger", sagt Elbert, Mitglied einer Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Thema Stress.(...)

"Ein wenig Stress ist gut, dann verästeln und vernetzen sich die Gehirnzellen besser." Bei Dauerstress oder extremen, traumatischen Ereignissen aber schlägt dies ins Gegenteil um. Zum Beispiel bei einem Professor, der ständig hin und hergerissen wird. "Am Anfang wirkt er nur zerstreut, am Ende reagiert er aus individueller Angst heraus", beschreibt Elbert.(...)

Ist das Hirn unter beständigem Beschuss von Stresshormonen, verändert es sich. Jener Teil des Hirns, der für Gedächtnisleistung zuständig ist, nimmt ab. Besser vernetzt werden jene Bereiche, die Furcht und Angst erzeugen, etwa die Kerne der Amygdala, und den Körper so in Alarmstimmung halten.(...)


die beschränkung des artikels auf den bereich "stress im job" ist dabei genauso wenig zulässig wie die dargestellten erkenntnisse grundsätzlich neu sind - aus der psychotraumatologie ist derlei wissen bereits seit einigen jahren gesichert.

die psychophysische struktur des menschen ist auf prä-, peri- und eben auch postnatalen stress nur bis zu einer individuell unterschiedlichen grenze ausgelegt - alles, was an stressenden einflüssen darüber auf uns einwirkt, lässt bestimmte prozesse soweit aus dem gleichgewicht geraten, dass tiefgreifende schäden extrem wahrscheinlich werden.

was das nun mit dem ersten beispiel oben zu tun hat? die "zielgruppe" von maßnahmen wie dem ein- und wegsperren ist mit hoher wahrscheinlichkeit auch durch (sozialen) stress gleich welcher art - die möglichkeiten sind leider vielfältig - überhaupt erst zur zielgruppe geworden. und der populistische vorschlag zur "lösung" besteht nun darin, dass staatlicherseits auf das augenscheinlich eh schon untolerierbare stresslevel bei den betroffenen nochmal was draufgesetzt wird - denn die psychophysischen wirkungen sowohl des bloßen einsperrens als auch innerhalb der totalen (totalitären) institutionen, die diese aufgabe übernehmen, bestehen primär im erzeugen von massivem stress bei denjenigen, die diesen praktiken ausgesetzt werden sollen (für diverse belege dieser these schauen Sie in den index oder recherchieren Sie mit den keywörtern "knast" und "gefängnis" in der bloginternen suche).

fragmentierende wahrnehmung bedeutet also in diesem fall, dass gleichzeitig (gestern waren beide meldungen auf der startseite) mit repressiven und destruktiven "lösungsvorschlägen" für gesellschaftliche probleme wissenschaftliche entwicklungen beschrieben werden, die eben genau diese "lösungsvorschläge" von vorne bis hinten als letztlich problemverschärfend kenntlich machen - ohne das dieser widerspruch auch nur ansatzweise zu stören scheint. wenn er überhaupt wahrgenommen wird, und das scheint das hauptproblem zu sein.

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es freut mich immer wieder zu sehen, dass dieses blog hier nicht das einzige ist, welches seine leserInnen mit längeren texten traktiert ;-) - aber nicht nur deshalb gibt es nun einen lesetipp: wildwuchs zu themen wie intelligent design und transhumanismus und tatsächlichen wie vorgeblichen konflikten zwischen solchen strömungen.

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so ein feiertag wie heute bietet ja u.a. sowieso die gelegenheit, mal in ruhe zu lesen - und das gelesene auch auf sich wirken zu lassen. und Sie werden hoffentlich auch einigermaßen ausgeschlafen sein? dann sind Sie bestens vorbereitet auf das folgende:

(...)"Lasst die Tyrannei der A-Zeit enden", heißt es auf der Webseite der B-Gesellschaft. "Warum stehen wir immer noch mit dem ersten Hahnenschrei auf und wenn die erste Kuh das Muhen beginnt, wenn nur noch fünf Prozent der Menschen in der Landwirtschaft und der Fischerei arbeiten?", fragt Vereinsgründerin Camilla Kring ihre Mitbürger.

Die 29-jährige Dänin hat den Kampf gegen die Herrschaft der Frühaufsteher zu ihrer Mission gemacht. Sie arbeitet als "Work-Life-Balance-Beraterin" und gründete im Januar mit 66 anderen Langschläfern die B-Gesellschaft - eine Art Lobbygruppe für B-Menschen. Will sagen: für notorische Langschläfer.

Der Erfolg ist beachtlich. Mehr als 3000 der gerade mal fünf Millionen Dänen haben sich dem Club schon angeschlossen. Große Zeitungen setzen sich in Leitartikeln mit dem B-Phänomen auseinander. Familienministerin Carina Christensen erklärte ihre Sympathie: "Wir leben alle besser, wenn unser Dasein nicht dauernd von einem Wecker fremdbestimmt wird."(...)


ein erstaunlich sympathischer satz aus dem munde einer politikerin - aber ausnahmen bestätigen bekanntlich die regel.

warum ich diese entwicklung hochinteressant finde? lesen Sie zum thema nochmal die geschichte von herr fusi und dem grauen herrn, wo ich zum ende hin geschrieben hatte:

(...) ich finde es durchaus ein gutes zeichen, wenn sich ein bewußtsein und auch ein gefühl dafür entwickelt, dass dem zugriff des objektivistischen und verdinglichenden wahnsinns, der sich - seinen inneren gesetzen folgend - totalitär auf raum und zeit erstreckt, eben auch auf allen betroffenen ebenen stoppschilder entgegengesetzt werden. die eigene zeit wiederzufinden, ist dazu noch etwas, was als aufgabe von jedem und jeder von uns angegangen werden kann - die eigenen - authentischen - rhythmen zu leben, bspw. was den schlaf angeht, kann in den heutigen sozialen umständen durchaus explosive qualitäten entwickeln.(...)

solche entwicklungen wie in dänemark dürfen vielleicht vorsichtig als hoffnungsschimmer betrachtet werden.

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was ein sehr passendes stichwort auch für das letzte thema von heute darstellt: eine andere welt ist pflanzbar (via morgaine) stellt einen ansatz vor, den ich in vielfältiger hinsicht für spannend halte - stöbern Sie einfach ausführlich auf der seite herum und lassen Sie sich inspirieren.

Samstag, 7. April 2007

notiz: fragmente einer pathologischen realität - heute mit klimawandel, überwachungsstaat, selbstverletzung, paul watzlawick und dem konstruktivismus

momentan bin ich mit diversen zuständen im real life so beschäftigt, dass ich hier nur sporadisch vorbeischauen kann. und das wird noch mindestens bis anfang nächsten monats andauern. was zur folge hat, dass es hier in den nächsten wochen eher wenig bis keine neuen schwerpunktbeiträge zu lesen geben wird. falls Sie hier regelmäßig lesen und selbst ideen bzw. anmerkungen zu den themen hier haben, die für Sie einer breiteren diskussion wert sind, wäre das jetzt eine besonders passende gelegenheit, hier als (gast-)autorIn mitzuschreiben - die kontaktmöglichkeit ist hier zu finden.

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nun eine weitere folge der kleinen medienumschau - mir fallen mittlerweile kaum noch passende attribute für das ein, was sich gesellschaftlich derzeit alles so tut - jegliche übertreibungen werden inzwischen vom objektivistischen wüten der herrschenden funktionseliten und ihrem anhang in der bevölkerung spielend leicht übertroffen.

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gestern wurde der zweite teil des uno-reports zur globalen klimaerwärmung vorgestellt - heute sind fast alle medien voll von den aufgezeigten konsequenzen, deshalb hier nur ein hinweis auf eine zusammenfassung der wichtigsten trends.

neben den verheerenden daten ist das eigentlich interessante aber die reaktion verschiedener regierungen:

(...)"Um den Bericht der Forscher hatte es bis zuletzt großes Gerangel gegeben. Die kurze »Zusammenfassung«, die am Freitag vorgelegt wurde, wurde seit Beginn letzter Woche zwischen Wissenschaftlern und Regierungsdelegationen in Brüssel ausgehandelt. Verschiedene Staaten, darunter die USA, China und Russland, hatten bei Verhandlungen bis weit in die Nacht zum Freitag hinein den Text entschärft. Die US-Delegation sperrte sich zum Beispiel dagegen, dass für Nordamerika schwere wirtschaftliche Schäden durch den Klimawandel vorhergesagt werden sollten."(...)

offene leugung der aufziehenden realität also - aber damit dürften sich die derart handelnden (noch) übereinstimmung mit relevanten teilen der bevölkerung v.a. der westlichen staaten befinden, für die die materielle eindringlichkeit von sich massiv verändernden lebensumständen das ende von allem bedeuten wird, was sie selbst sich als sinnstiftend zu betrachten angewöhnt hat: negativer und konkretistischer materialismus, verschwendung, ungebremster konsum (regelmäßig als "genuß" fehlwahrgenommen) und die pathologische dingwelt mit all ihren von tag zu tag sichtbarer werdenden existenziellen individuellen und kollektiven schädigungen.

diese völlig in die destruktion gekippte lebensweise hat auch in früheren jahrzehnten opfer gefordert - jetzt wird diese tatsache nur in einer derartigen dimension sichtbar werden, dass all jene in einem pathologischen wahrnehmungsmodus befindlichen leute bald vor der alternative stehen, sich entweder der realität zu stellen - oder aber noch mehr als jetzt schon in ihre konstruierten und virtuellen scheinwelten abzutauchen, und sich der fiktion zu überlassen, noch über irgendetwas und irgendwen die "kontrolle zu besitzen".

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in anbetracht der inzwischen ebenfalls in die offene paranoia eintretende staatlichen überwachungsambitionen ist leider zu befürchten, dass ein relevanter teil der "eliten" nicht mehr bereit und/oder fähig dazu ist, auch nur das kleinste fitzelchen selbstkritik zuzulassen - eher wird in den gewohnten pathologischen mustern weiterexistiert, mit entsprechend pathologischen folgen für die gesamte soziale welt. alleine die nachrichten der letzten beiden wochen beschämen jeden science fiction - autoren:

Mit Stimmanalyse gegen Sozialbetrüger; Vorsorgeuntersuchung - Strichcodes für Neugeborene; die sprechenden Überwachungskameras habe ich vor einiger zeit schon mal erwähnt, ich weiß allerdings nicht mehr, ob auch schon die in den usa bereits testweise eingesetzten und in der eu ebenfalls geplanten kamerabestückten drohnen?

die wahrscheinliche kombination der beiden letztgenannten tools - vergessen Sie nicht, wo Sie leben: hier wird alles, was machbar erscheint, auch irgendwann gemacht; v.a. dann, wenn´s der "sicherheit" und dem profit dient - dürfte in naher zukunft zu einiger verwirrung in psychiatrischen praxen führen: "herr doktor, ich höre stimmen in der luft..."

schluß mit lustig. die obigen entwicklungen genauer betrachtet, fällt zunächst die jeweilige argumentation ins auge, die sie angeblich "unverzichtbar" machen: gegen "sozialbetrug" (das aus dem mund von leuten, die eine wie entfesselt explizit antisoziale politik betreiben); für den "kinderschutz" (ein ebenfalls perfides argument, da die erwähnte antisoziale politik hauptverantwortlich für die weitere produktion von schweren schäden der beziehungsfähigkeiten ist, die wiederum für kinder in ihrer entwicklung eine hauptbedrohung darstellen); bis hin zum bereits wahnhafte züge annehmenden "kampf gegen den (islamistischen) terror" (der ja bekanntlich und mindestens so viele opfer fordert wie tabak, alkohol und die bei uns üblichen verkehrsverhältnisse zusammen. oder?)

dieser "kampf gegen den terror" führt inzwischen zu interessanten bündnissen:

(...)"Am heutigen Mittwoch trifft sich der amtierende Ratsvorsitzende der EU-Innenminister in Berlin mit dem US-Minister für Homeland Security, Michael Chertoff, Russlands Präsidentenberater Viktor Iwanow und dem russischen Innenminister Raschid Nurgalijew sowie EU-Justizkommissar Franco Frattini. Schwerpunkt der Beratungen sollen zuvorderst gemeinsame Interessen im Bereich der Terrorismusbekämpfung sein. Aber auch der Grenzschutz und der Kampf gegen die Drogenproblematik in Afghanistan als Beitrag zur Stabilisierung des Landes werden besprochen."(...)

im zugehörigen forum habe ich diese saubere gesellschaft so kommentiert:

- schäuble? ohne worte.
- chertoff? dessen behörde ist markantester ausdruck der prä-faschistischen entwicklungen in den usa.
- iwanow und nurgalijew? repräsentanten eines zunehmend autoritärer werdenden staates mit mafiösen strukturen.
- frattini? repräsentant einer "union", die sich nach außen hin inzwischen grenzen aufbaut, die die ehemaligen ddr-regierenden vor neid erblassen lassen würden - geschätzte 6000 tote (offizielle spanische zahl) alleine im letzten jahr an der eu-südgrenze. und die nach innen zunehmend alle masken fallen lässt, die ihre primäre aufgabe als schutzinstitution für den extremistischen kapitalismus in den letzten jahren noch verschleiert haben mögen.

solche treffen sind im prinzip nicht anders zu sehen als die zusammenkünfte der jeweils regional agierenden örtlichen mafiagrößen. nur sind die letzteren eine unliebsame konkurrenz und deshalb "illegal" - noch.


dem möchte ich vorläufig nur noch einen aspekt anfügen: ein user bei heise hat das in einem kommentar anläßlich einer der nicht abreißenden meldungen zu neuen forderungen von innenpolitikern so ausgedrückt:

"Vielleicht sollte man sich lieber über Psychotherapien unterhalten - Herr Schäuble niedergeschossen von einem begriffslosen Attentäter, Herr Schünemann traumatisiert von einem Familienangehörigen.

Die Leute haben persönliche Probleme, die sie auf aktuelle Tagespolitik projizieren. Krankhaftes Verhalten, meiner Meinung nach."


das dürfte nicht allzuweit von der realen lage entfernt sein - wobei ich bei schäuble, der mittlerweile neben vielen anderen "maßnahmen" auch danach trachtet, eine zentrale fingerabdruckdatei faktisch der gesamten bevölkerung der brd zu schaffen (es ist lediglich eine frage der zeit, wann nach dem reisepass auch der banale personalausweis die fingerabdrücke enthalten wird) -

"Die Union will künftig die Fingerabdrücke nicht nur im Chip des biometrischen Reisepasses speichern. Die Daten sollen vielmehr zusätzlich bei den Meldeämtern hinterlegt werden."

schon früher spekuliert hatte:

(...) sind hier nicht so langsam alle relationen verrutscht? ist ein herr schäuble eigentlich mal nach dem attentat auf ihn hinsichtlich in diesem speziellen fall sehr nachvollziehbarer paranoider symptome untersucht worden? (...)

wobei ich das modifizieren möchte: wenn Sie sich einmal die biographie dieses mannes betrachten, werden Sie zwar feststellen, dass der vermutlich größte teil seiner reaktionär-repressiven ansichten tatsächlich für die zeit nach dem attentat auf ihn verzeichnet wird. das sollte jedoch nicht den blick dafür trüben, dass er schon lange vorher bestimmte eigenschaften aufgewiesen haben muss, die für den aufstieg in den heutigen elitären hierarchien unverzichtbar erscheinen. diese tendenziell antisozialen eigenschaften können durchaus mittels einem klassischen trauma nochmals verschärft und in eine enger werdende - paranoide - tunnelrealität gelenkt worden sein.

ursächlich verantwortlich für die derzeit wie tägliche hagelschläge niedergehenden rufe nach mehr "sicherheit" aka überwachung von faktisch allem und jedem halte ich ihn jedoch nicht - eher wird es, wenn die obige hypothese zutrifft, so sein, dass sich schäuble aufgrund seines psychophysischen zustand besonders gut als bündler von trends eignet, die sowieso in der luft der verfallenden und sich als reaktion darauf zu repressiv-totalitären apparaten verwandelnden westlichen staaten liegen. was sein handeln allerdings kein stück besser macht.

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einem hinweis von sansculotte (danke dafür) folgend, bin ich wiedermal auf ein interessantes studienergebnis gestoßen - thema selbstverletzendes verhalten (svv):

"Nach Angaben von Ärzten gibt es «eine Welle des Ritzens unter den Jugendlichen». Mit «Ritzen» sei die häufigste Form der Selbstverletzung gemeint, bei der die Betroffenen sich selbst schneiden, erklärte Paul Plener, Arzt an der Ulmer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, am Donnerstag. Wie aus ersten Ergebnissen einer Studie über das Problem hervorgeht, verletzen sich Mädchen häufiger absichtlich als Jungen.

In der Hauptschule gibt es demnach mehr junge Leute, die sich selbst Schmerzen zufügen als in den anderen Schultypen. Ein Unterschied zwischen Stadt und Land ließ sich nicht ausmachen.

«Die meisten fügen sich Schmerz oder Verletzungen zu, indem sie sich schneiden, kratzen oder schlagen», erklärte Plener, der die Studie leitet. «Die meisten beginnen mit dem selbstverletzenden Verhalten im Alter von 13 oder 14 Jahren.» Ein Viertel der Jugendlichen, die sich an der neuen Studie beteiligten, gab an, sich zumindest schon einmal absichtlich verletzt zu haben. Etwa neun Prozent der Befragten tue dies immer wieder."(...)


mir erscheint es ziemlich wichtig, die individuelle und kollektive wahrnehmung dahingehend ein stückchen gesünder werden zu lassen, indem die uns allen geläufige fragmentierte bzw. dissoziierte wahrnehmungsweise in möglichst vielen bereichen überwunden wird - und das kann u.a. dadurch geschehen, dass die eigene intuition als wahrnehmungsweise geschärft wird. in diesem konkreten fall behaupte ich, dass die obige meldung mit denjenigen weiter oben nicht nur zusammenhängt, sondern sich sogar als sehr logische fortsetzung lesen lässt:

wenn eine verdinglichende wahrnehmung dazu führt, die permanent vorhandenen und vielfältigen beziehungen des menschlichen lebens zur belebten und unbelebten umwelt nicht mehr wahrnehmen zu können u.a. mit der folge, dass diese umwelt in all ihren aspekten als tot und ausbeutbar betrachtet wird (eine der wesentlichen ursachen für jegliche umweltschäden, auch den klimawandel);

wenn die gleiche wahrnehmungsart dazu führt, dass potenziell alle lebensäußerungen als erstmal verdächtig angesehen werden (kontrollwahn, hängt mit der grundsätzlich paranoiden komponente zusammen, die der verdinglichen und objektivierenden wahrnehmung im dominanten zustand zu eigen ist), und damit besonders lebendiges und spontanes, auch positiv-aggressives verhalten mit mißtrauen beäugt wird (zugelassen ist mehr und mehr nur noch die eventförmige simulation von lebendigkeit, an der sich etwas verdienen und mittels des inszenierten charakters auch kontrollieren lässt), werden die objektivistisch-verdinglichenden anteile der menschlichen struktur, die sich eh bei vielen durch die gewaltförmige tradition des umgangs mit kindern breits in einer schieflage befinden dürfte, nochmals derart verstärkt, dass in der folge eine selbstverdingliche wahrnehmungsweise derart dominant werden kann, dass sie manifeste symptome hervorbringt - oder anders: dass sie selbst nach außen in den für sie typischen formen wahrnehmbar wird.

ich fürchte, das genau dieser fall bei den weitaus meisten derjenigen, die svv praktizieren, gegeben ist. warum ich eine selbstverdinglichung als voraussetzung dafür für unabdingbar halte, lässt sich hier nachlesen.

in einem interview mit dem autor eines neuen buches zum thema svv und verwandtes äußert sich dieser zur frage der normalität so:

Volksstimme : Was sind die Beweggründe von Menschen, diese Torturen auszuhalten oder sogar an sich vorzunehmen ?

Kasten : Die Motive diese Menschen sind so vielfältig wie die Formen der Körpermodifi - kationen selbst. Einige möchten so ihre körperliche Attraktivität erhöhen oder sind auf der Suche nach Identität. Andere signalisieren mit ihrem Aussehen Protest gegen die Gesellschaft. Manchmal sind auch sexuelle Motive im Spiel, Sadomasochismus oder das Bedürfnis nach Grenzerfahrungen. Andere treibt starker Leidensdruck. Mancher bizarre Eingriff geschieht auch als Folge psychischer Erkrankung.

Volksstimme : Lassen sich die die beschriebenen Eingriffe am Körper in normale und krankhafte Praktiken einteilen ?

Kasten : Auch, wenn einige außergewöhnliche Phänomene Staunen hervorrufen, ist eine Unterscheidung in kranke und normale Körpermodifi kationen schwierig. Denn was Menschen als normal ansehen, ist dem ständigen Wandel unterworfen. Noch vor hundert Jahren waren auch Schönheitsoperationen unvorstellbar."(...)


eine ausweichende antwort, wie ich finde. ich kann mich aus den 70er jahren definitiv nicht an solche praktiken im nahen und auch erweiterten sozialen umfeld als jugendlicher erinnern (was nicht heißt, diese zeit zu glorifizieren - versteckte selbstschädigung zb. mittels alkohol gab´s damals genauso wie heute. aber die jeweils dahinterliegenden psychophysischen strukturen weisen für mich qualitative unterschiede auf).

natürlich ist normalität relativ und wandelbar, aber hier geht es zu einem großen teil um destruktive praktiken, die sich zwingend als ganz massive folge massiver wahrnehmungsstörungen interpretieren lassen - wenn derartiges inzwischen als "normalität" betrachtet wird, gewinnt die these von um sich greifenden und zumindest funktionell autistischen wahrnehmungsmodi weiter an gewicht.

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die dominanz von geistigen strömungen wie dem konstruktivismus halte ich dabei bekanntlich ebenfalls für einen ausdruck des eben im letzten satz geschriebenen. einer seiner bekanntesten vertreter im bereich der psychologie, paul watzlawick, ist nun vor einigen tagen verstorben. und im blog von che gibt es einen kleinen nachruf, dessen inhaltlichen tendenzen ich mich allerdings nicht anschließen kann - ich vermute eher, dass eine zukünftige betrachtung von watzlawicks arbeiten nicht besonders positiv ausfallen wird.

warum? weil er sich mit etlichen seiner grundaussagen in die reihe der großen de-realisierer stellt - zur kritik an konstruktivistischen ansätzen ist hier einiges an wichtigen grundlagen zu lesen, spezieller dann - u.a. zum ständig falsch begriffenen angeblichen paar subjektivität/objektivität und zum entscheidenden unterschied zwischen konstruktion als funktion und als seinsweise - im beitrag zum "neurolinguistischen programmieren", welches sich nicht zufällig eben auch auf watzlawick beruft - und auch gleichzeitig mit watzlawick auf die "philosophie des als-ob" von hans vaihinger. wobei watzlawick gleich auch eine sog. therapie des als-ob" proklamiert hat:

(...)"Wir können also im Anschluss an Nietzsche und Vaihinger (Philosophie des Als Ob) sagen, dass alle Selbstdeutungen lebenserhaltende und lebenssteigernde Fiktionen sind. In diesem Sinne ist auch der Satz zu verstehen "es ist nie zu spät eine glückliche Kindheit zu haben". Der fiktionale Charakter des so genannten as-if frames im NLP ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Gründer des NLP bewusst in die Tradition des Fiktionalismus à la Vaihinger gestellt haben. Und auch Watzlawick nennt seinen Ansatz eine "Therapie des als ob".(...)

das alles ist zum größten teil typisch westlich-pseudophilosophische - ja, kopfwichserei. da eine umfassende kritik des konstruktivismus mindestens noch einen eigenen beitrag erfordert (und auch zukünftig bekommen wird), für den moment nur ein komprimiertes konzentrat der antikonstruktivistischen kritik.

die zum konstruktivistischen leitsatz geronnene phrase "wahrheit ist die erfindung eines lügners" des heinz von foerster scheint auf den ersten blick einleuchtend zu sein, v.a. erscheint die begründung für diese aussage sympathisch:

(...)„Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners, damit ist gemeint, dass sich Wahrheit und Lüge gegenseitig bedingen: Wer von Wahrheit spricht, macht den anderen direkt oder indirekt zu einem Lügner. Diese beiden Begriffe gehören zu einer Kategorie des Denkens, aus der ich gerne heraustreten würde, um eine ganz neue Sicht und Einsicht zu ermöglichen. Meine Auffassung ist, dass die Rede von der Wahrheit katastrophale Folgen hat und die Einheit der Menschheit zerstört. Der Begriff bedeutet - man denke nur an die Kreuzzüge, die endlosen Glaubenskämpfe und die grauenhaften Spielformen der Inquisitions - Kriege. Man muss daran erinnern, wie viele Millionen von Menschen verstümmelt, gefoltert und verbrannt worden sind, um die Wahrheitsidee gewalttätig durchzusetzen.“(...)

aber auf den zweiten blick: gehen Sie mit dieser aussage zu folteropfern, zu überlebenden des holocausts, zu vergewaltigten frauen und geprügelten kindern...na, fällt Ihnen was auf?

ich hatte es ebenso im nlp-beitrag schon geschrieben: all diejenigen, die zb. die realität des holocaust leugnen, agieren implizit konstruktivistisch. diese andere seite der angeblich so humanen medaille fällt den propagandistInnen der systematischen de-realisierung authentischer wahrnehmungen und der relativierung destruktiver verhaltensweisen natürlich niemals auf...

das hehre motiv von der "einheit der menschheit" wird in dieser logik damit versucht umzusetzen, indem letztlich gesagt wird: "schwamm drüber. alle haben ihre eigene realität, die irgendwo berechtigt ist, da jede realität eine konstruierte fiktion darstellt." vor allem die damit verbundene implizite konsequenz, dass damit jede verhaltensweise tolerierbar werden muss (es gibt ja durch den wegfall der kategorie wahrheit auch folglich keine maßstäbe für gut und böse mehr), ist eine ausdrücklich täterfreundliche fiktion.

das der begriff der wahrheit tatsächlich zur rechtfertigung von und für destruktive fiktionen benutzt wird und wurde, macht ihn deswegen absolut nicht überflüssig. wie üblich in den bekannten westlichen philosophischen strömungen, wird schlicht ihre eigene - und wichtigste - voraussetzung vergessen: sie stammen alle aus einer kultur mit verbreiteten traumatischen sozialstrukturen, die sie unreflektiert wiederspiegeln. die real nicht begründbare dominanz, die sie allesamt dem "geistigen" (aka objektivistischen) teil des menschen zusprechen, ist bereits teil einer traumainduzierten strukturellen fragmentierung auch und gerade bei denjenigen, die solche konstrukte entwickeln. sie tun das aus ihrer eigenen - bereits geschädigten - wahrnehmung heraus und setzen die ergebnisse dann als generelles und absolutes.

damit verbunden ist regelmäßig und zwangsläufig die verleugnung des körpers (wobei diese nicht platt wie bspw. im christentum (fiktion religiösen typs), sondern subtiler stattfindet - körperliche vorgänge gerade in sozialen beziehungen werden hier grundsätzlich als manipulierbar verstanden, eine konstellation, die nur bei einer bereits vorhandenen opposition (virtuelles) "geistiges ich" vs. körper überhaupt möglich ist) und der in ihm basierten möglichkeiten der authentischen wahrnehmung, auf der jede authentische - d.h. vollständige und auch gesunde - menschliche identität beruht. die durch die traditionellen erziehungspraktiken verhinderte bzw. gestörte entwicklung dieses identitätsgefühls führt zwangsläufig zu kompensationsversuchen in form von fiktionen und konstruktionen - zu als-ob-realitäten bzw. virtuellen simulationen. die von von foerster angeführten beispiele wie die kreuzzüge stellen letztlich materielle umsetzungen von als-ob-realitäten wie "göttern" (und auch "nationen") dar - und die werden nicht grundsätzlich mittels anderer simulationen aus der welt geschafft (was der konstruktivismus vorschlägt, und besonders watzlawick mit seiner "als-ob-therapie", die zb. bei traumatisierten, deren authentische gewalterfahrungen ganz real in neuronalen sub-netzwerken des gehirns und auch im körpergedächtnis gespeichert sind, dazu führt, dass die betroffenen diese erfahrungen verleugnen, als fiktion betrachten sollen), sondern einzig und alleine durch die in allen menschen grundsätzlich angelegte volle entfaltung bzw. wiedererlangung der authentischen, körperlich basierten wahrnehmung mit all ihren beziehungsoptionen

authentische wahrnehmung bedeutet auch, dass es ein untrügliches - intuitives - gefühl für wahr und falsch gibt. auch für das, was tatsächlich humanes verhalten betrifft (einfach die folge von funktionierenden empathischen fähigkeiten). wer empathiefähig ist, weiß um die wahrheit dessen, was folterüberlebende, geprügelte kinder... erleben mussten. und wer diese authentische realität durch alberne konstrukte und fiktionen entwerten und de-realisieren will, übt letztlich ein zweites mal gewalt aus, verbündet sich mit den tätern und macht eine pathologische wahrnehmung zur normalität.

und das letztere ist, auf den aus jeder emanzipatorischen perspektive betrachtet völlig unakzeptablen punkt gebracht, die wahrheit über den konstruktivismus. wie gesagt in situationsbedingter kurzform.

Mittwoch, 28. März 2007

notiz: betreff alexithymie (update)

ich habe mich gestern schon über die große zahl derjenigen gewundert, die hier über eine der bekannten suchmaschinen mittels der recherche nach dem begriff alexithymie gelandet sind - das hat mich nun neugierig gemacht, und mir scheint wieder mal, dass meine tv-abstinenz in seltenen fällen auch negative folgen haben kann - so entgehen mir bspw. reportagen wie diese:

(...)Sie ist blind für Gefühle, für die anderer, besonders aber für die eigenen. Wut, Trauer, Freude, Ekel, Angst sind ihr fremd. Statt zu fühlen, wird sie körperlich krank. Ein Phänomen, das keineswegs selten ist. Nach Schätzungen von Experten, die sich mit dieser Krankheit befassen, sind etwa zehn Prozent der deutschen Bevölkerung davon betroffen. Arme und Reiche, Frauen und Männer. Meist Menschen, die nüchtern betrachtet, perfekt "funktionieren."

"Ich will es immer allen recht machen", berichtet Frank. Ein groß gewachsener, gut aussehender, weit gereister Geschäftsmann. "Meine langjährige Lebensgefährtin hat mir zum Vorwurf gemacht, dass ich nichts fühle", sagt er. Frank erinnert sich konkret an den Tod eines Freundes, einer Situation, in der er keine Traurigkeit empfand. Anders äußert sich das Phänomen bei dem 22-jährigen Istvan. Er ist ehrgeizig und hart gegen sich selbst, geht aus Ungarn in die Fremde nach Deutschland, will immer nur der Beste sein. Er hat sein Leben voll im Griff, bis er einmal zuschlägt und wegen Körperverletzung verurteilt wird. Hinzu kommt der Unfalltod seines Bruders, der löst Chaos im Leben von ihm aus. Der junge Mann wird wegen eines epileptischen Anfalls in die Klinik eingeliefert. Hier, in der Abteilung für psychosomatische Medizin, finden die Ärzte heraus: Er ist körperlich gesund, doch auch er ist alexithym.(...)

Der Ursprung für diese Störungen liegt meist in einer traumatisierenden Kindheit. Alexithymie, Gefühlsblindheit, ist quasi über Nacht zu einem sehr aktuellen Thema der Hirnforschung geworden."(...)


im blog war die alexithymie bereits zweimal thema: eins und zwei. und immer noch ist zumindest mir die genaue abgrenzung zu anderen hier besprochenenen psychophysischen zuständen etwas unklar - neurophysiologisch begründete gefühlsblindheit findet sich als merkmal bei einer ganzen palette von diagnosen.

nichtsdestotrotz möchte ich die interessierten besucher und besucherInnen hier begrüßen - Sie werden hier zwar keine leichte lektüre vorfinden, dafür aber vielleicht im besten fall ein paar anregungen mitnehmen können, unser aller gemeinsame realität anders als bisher zu begreifen.

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edit am 30.03.: der originaltext vom zdf, auf dem das oben zitierte beruht, enthält zusätzlich einige aufschlußreiche informationen:

(...)"In den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde das Phänomen in Amerika an Menschen festgestellt, die den Holocaust überlebt hatten. Jahrzehntelang blieb es ein Rätsel, wie diese psychologische Störung entsteht."(...)

wobei ich mich frage, ob es sich hier nicht im weitesten sinne um ein mögliches posttraumatisches symptom handelt, und eben nicht um eine eigenständige diagnose.

(...)"Der Ursprung für diese Störungen liegt meist in einer traumatisierenden Kindheit. Neueste Studien zeigen eindeutig, dass der Zugang zu der eigenen Gefühlswelt wie auch zu der anderer Menschen grundlegend durch die Beziehung von Mutter und Kind geprägt wird."(...)

und zwar bereits vorgeburtlich.

in einem interview mit einem auf alexithymie spezialisierten mediziner gibt´s dann einiges zu lesen, was regelmäßigen besucherInnen hier bekannt vorkommen dürfte:

(...)"ZDF: Spüren alexithyme Menschen, dass Ihnen sozusagen eine Ebene fehlt?

Franz: Manche spüren ein Stück weit, dass ihnen eine Ebene fehlt, die anderen Menschen zur Verfügung steht. So ähnlich wie Farbenblinde, die mit der Zeit lernen können, "Rotes Ampelmännchen ist oben und grünes Ampelmännchen ist unten", so können sehr aufmerksam registrierende alexithyme Menschen im Laufe des Lebens sekundär über den Umweg der Reaktion ihrer Umgebung lernen: "Aha, hier fehlt mir etwas, und ich werde versuchen, nach außen zu simulieren, dass es so wirkt als ob." Aber eine innerliche, authentische, eigene Emotionalität empfinden diese Menschen häufig trotzdem nicht."(...)


womit deutliche bezüge zu einigen, unter anderen namen bekannten psychophysischen zuständen bzw. diagnostischen modellen hergestellt wären. und das wird durch die folgenden aussagen untermauert:

(...)"Darüber hinaus wissen wir aus EEG-Untersuchungen, aber auch aus Wahrnehmungsexperimenten, dass es alexithymen Menschen beispielsweise schwerer fällt als Nichtalexithymen, schnell und sicher Gesichtsausdrücke zu definieren. Die schnelle Sicherheit - wie werde ich angeschaut, und wie verhalte ich mich dazu - dies ist bei Alexithymen nicht voll ausgeprägt. Es ist auch so, dass der eigene Affektausdruck - also wie fühle ich mich - gehemmt oder zumindest beeinträchtig ist. Überspitzt könnte man vielleicht sagen: Alexithyme Menschen betrachten ein menschliches Gesicht eher wie ein Ding."(...)

mir fiel dabei ein älterer beitrag wieder ein, den ich Ihnen vor den obigen hintergründen dringend empfehlen möchte - da ist zb. dieses zitat zu lesen:

(...)"Menschen mit Autismus und dem verwandten Asperger Syndrom nehmen Gesichter quasi wie unbelebte Objekte wahr. Das berichten Forscher der Universität Yale aufgrund von funktionellen Kernspinuntersuchungen (fMRI) des Gehirns. "Diese Ergebnis ist sehr überzeugend, da es mit unseren klinischen Erfahrungen mit Autismus zusammenpasst", erklärte Studienleiter Robert Schultz."(...)

tja. nur eine zufällige übereinstimmung oder doch eher eine strukturelle verwandtschaft?

sicher: die schweren formen des klassischen autismus ziehen i.d.r. so massive einschränkungen/behinderungen für die betroffenen nach sich, dass sich die beschriebene parallelität eher nicht als begründung eignet, um eine strukturelle verwandtschaft zwingend anzunehmen. anders sieht es da schon mit dem asperger-autismus aus. ich persönlich finde die beschreibungen von alexithymie und dem "realitätstüchtigen asperger-syndrom" teils so auffällig deckungsgleich, dass ich mich frage, warum das nicht breiter thematisiert wird. da mittlerweile bei beiden phänomenen auch einiges über beeinträchtigte bzw. anders funktionierende neurophysiologische strukturen bekannt ist, ließen sich unterschiede ebenso wie gemeinsamkeiten vermutlich am ehesten über diesen weg feststellen.

und dazu kommen noch einige oberflächliche bezüge zur klassischen soziopathie:

(...)"In den letzten Jahren meiner Tätigkeit als Business – Coach zeigte sich bei einigen meiner Klienten das Phänomen : Die Entwicklung alexithymischer Züge. Dieses Verhalten und die zugrundeliegende Denkstruktur ist gekennzeichnet durch nahezu absolut kalkulierendes, kühles Verhalten und einen daraus resultierenden schleichenden Verlust sozialer Kompetenzen und emphatischer Fähigkeiten, also einem Ungleichgewicht zwischen kühlem Intellekt und emotionaler Intelligenz."(...)

bei der in diesem link skizzierten beispieltherapie und ihrer erfolge bleibt jedoch die frage offen, ob es sich hier um wiedererlangte authentische oder aber gelernte simulierte fähigkeiten handelt. ich glaube durchaus, dass aufgrund der vorherrschenden verdinglichenden und objektivistischen kulturellen strömungen auch psychophysisch leidlich gesunde menschen gerade in bereichen wie zb. der wirtschaft verschärft in gefahr sind, entsprechende "anpassungsleistungen" zu entwickeln, die allerdings auch reversibel erscheinen. andererseits ließe sich auch sagen, dass derartig betroffene wie im beispiel sich als "als-ob-soziopathen" verstehen lassen, deren objektivistischer modus funktionell die dominanz übernommen hat - und die sich dann nur schwer von strukturellen soziopathen unterscheiden lassen, die nichts anderes als eine dingwelt kennen.

wenn diese ganzen bereiche beginnen, jetzt zu öffentlichen themen zu werden, lässt das jedenfalls durchaus vorsichtigen optimismus zu, was das bewußtsein über die konsequenzen verschiedener menschlicher psychophysischer zustände anbelangt. das finde ich zumindest.

Freitag, 16. März 2007

notiz: über verdinglichung (update)

lesestoff (rechts oben auf der seite ist der link zum download des manuskripts als .rtf-datei):

"Professor Axel Honneth, Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, also Adorno-Nachfolger, arbeitet seit langem an einem wichtigen Projekt: Zum einen hat er eine Intersubjektivitätstheorie ausgearbeitet, die zeigt, dass bei der Entwicklung des Menschen in erster Linie interpersonelle Dinge eine Rolle spielen und eben nicht kognitive: Es geht a priori um Vertrauen, Liebe, um gegenseitige Anerkennung. Der Säugling z. B. erwirbt erst - so Honneths These - auf Grundlage dieser Elemente geistige und emotionale Kompetenzen, die es ihm später ermöglichen, ein starkes Individuum zu werden. Zweitens mündet diese Theorie für Honneth zugleich in eine Gesellschaftskritik, die die Verdinglichungstheorie, die ja auch Adorno stark beeinflusst hat, aktualisiert. Verdinglichung meint: Im kapitalistischen System wird alles zum bloßen Objekt, zum Ding oder zur Ware reduziert, das gilt auch für den Menschen.

Honneth will nun zeigen, dass es auch in unserer Gesellschaft gefährliche Verdinglichungstendenzen gibt: Sie offenbaren sich genau dann, wenn das Prinzip der Anerkennung außer Kraft gesetzt wird, wenn Menschen im Umgang miteinander vergessen, dass sie nur deshalb miteinander kommunizieren können, weil sie sich im vorhinein als anerkennungswürdige Subjekte erfahren haben."


und in fortsetzung des obigen könnte ich vielleicht auch sagen, dass die weitaus meisten blogthemen hier antworten bzw. antwortversuche auf die frage enthalten, was alles passieren kann, wenn sich menschen nicht "im vorhinein als anerkennungswürdige subjekte erfahren haben".

*

edit am 17.03.: in den kommentaren zu einem beitrag weiter unten hat pete einen anonymen borderline-betroffenen zitiert, dessen aussagen eine art praktische anschauung davon geben können, was verdinglichung in ihren verschiedenen varianten in der menschlichen struktur anzurichten vermag:

(...)"Find so auch nicht zu euch, denn ein Spielzeug seit ihr nur so für mich. Seit ein Ding ohne Raum und Zeit, ohne Grenzen, ohne Gewicht. Benutzt, beschmutzt, belegt und abgelegt... Ich benutz euch und stolper nur über mich selbst."(...)

um mit anderen wie "spielzeug" umzugehen - was sich durchaus auch über das agieren diverser antisozialer "eliten" v.a. im wirtschaftlichen und militärischen bereich sagen lassen ließe - , sind gleichartige erfahrungen bezgl. der eigenen person voraussetzung. die aussage verrät also auch einiges über das schicksal des verfassers.

und sie verrät ebenso einiges darüber, was uns allen blüht, wenn die verdinglichung, objektivierung und ökonomisierung seitens des kapitalismus sich ungebremst als einzige variante des menschlichen sozialen lebens durchsetzen kann - die "subtile hölle des neuen menschen" ist dafür schon eine ganz gute metapher, die auch deutlich macht, das die bisher einzige - hm, ideologie, die es bisher geschafft hat, einen implizit totalitären anspruch auch materiell umzusetzen, tatsächlich auch die bisher einzige ist, die einen "neuen menschen" kreiert - nämlich über die wirkungen der von ihr geschaffenen gewalttätigen lebensbedingungen auf unsere psychophysische struktur, genauer auf unsere hirne/nervensysteme.

was in den "entwickelten" zonen des planeten über ein dauerbombardement von medien, werbung, pr und teils auch kunst (in allgemeinster art begriffen) von den subtilen arten der manipulation über deren gröbere varianten eine fließende grenze zur offenen und traumatisierenden gewalt mit ihren potenziell vereinzelnden und einschüchternden folgen besitzt. in diese prozesse sind natürlich auch der umgang mit kindern, die verhältnisse in familien und schulen verstrickt. ein weiterer entscheidender punkt ist die quasi materielle abhängigkeit, in die wir alle ebenso zur befriedigung der existenziellen grundbedürfnisse nach nahrung, wasser, wohnen etc. in die kapitalistische maschine verwoben sind.

insgesamt also wie gesagt ein - bisher und noch! - "erfolgreiches" totalitäres szenario, welches offensichtlich den punkt erreicht hat, an dem seine allgegenwart beginnt, die menschen in ihrem innersten umzuformen - ein symptom dafür bilden vermutlich viele derjenigen phänomene, die heute als "psychische krankheiten" begriffen werden. und als metapher für diesen prozeß...

"... könnten wir auch eine ganz spezifische art von invasion annehmen, die zu ihrem abschließenden erfolg unbedingt der zerstörung der elementarsten menschlichen fähigkeiten zum sozialen bedarf - an erster stelle wäre hier die liebesfähigkeit zu nennen.

genau diese findet in einem szenario entfesselter konkurrenz, in dem der "wert" eines menschen einzig an objektivistischen kriterien der "leistungsfähigkeit" festgemacht wird, nicht nur keine resonanz im sinne positiver beantwortung mehr, sondern wird in solchen verhältnissen sogar hinderlich und dysfunktional. ich hatte es früher ebenfalls schon mal geschrieben: wer hier "positiv" selektiert wird, d.h. am ende übrigbleibt, lässt sich nicht mehr als mensch nach unserem verständnis beschreiben - wer da übrigbleibt, ist eine totalitär vereinsamte und ständig paranoide figur, die ihre eigenen ununterbrochenen fiktionen mit der realität verwechselt, die aufgrund massiver psychophysischer schäden nicht mehr vollständig und v.a. nicht in ihrer sinnlichen qualität wahrgenommen werden kann. und falls sich dieses szenario so durchsetzen kann, würde es meiner meinung nach auch das definitive ende des "experiments mensch" bedeuten - nicht nur in dem sinne, dass den überlebenden wesen die wesentlichen und spezifischen menschlichen qualitäten fehlen würden, sondern auch deswegen, weil sie über kurz oder lang - und das ist heute bereits eindrucksvoll zu sehen - ihre eigenen lebensgrundlagen zerstören würden. ohne fähigkeiten zur wahrnehmung der eigenen untrennbaren verwobenheit in die planetare ökologie zb. werden sie ebenfalls nicht (mehr) in der lage sein, die vielfältigen warn- und gefahrenzeichen wahrzunehmen, die ökologische systeme vor dem kollaps noch abgeben."(...)


da wir es hier mit historisch bisher unbekannten ereignissen zu tun haben, wird auch der überfällige massive und wirkungsvolle widerstand gegen diese absolut alptraumhafte entwicklung wege, mittel, und züge aufweisen, die bisher ebenso unbekannt und überraschend sein werden. wir leben in interessanten zeiten.

Dienstag, 13. März 2007

notiz: und vor dem schlafengehen...

...möchte ich noch besinnliches nachdenken über diesen satz vorschlagen:

" Das folgerichtige Scheitern der kommunistischen Diktaturen ist keine Legitimation für eine Diktatur des Kapitals."

notiz: vom krieg und seinen folgen

als ergänzende information zu diesem beitrag lässt sich der folgende artikel lesen:

(...)"Bei annähernd einem Drittel der US-Soldaten, die nach ihrer Rückkehr aus dem Irak oder Afghanistan zwischen 2001 und 2005 die Hilfe des amerikanischen Ministeriums für Kriegsveteranen in Anspruch nahmen, wurden psychologische oder psycho-soziale Krankheiten diagnostiziert.(...) Die Forscher hatten die Daten von mehr als 100.000 Kriegsheimkehrern ausgewertet. 32.010 von ihnen (31 Prozent) litten demnach unter Geisteskrankheiten oder psycho-sozialen Problemen, beim größten Teil war die psychische Gesundheit nachhaltig gestört. Mehr als die Hälfte der Erkrankten litt sogar unter zwei oder mehr Störungen. Am weitesten verbreitet seien posttraumatische Stresssyndrome, heißt es in dem Bericht.(...)

Wenig überrascht zeigte sich dann auch der frühere Senator Max Cleland, selbst ein Veteran, der im Vietnam-Krieg schwer verletzt wurde und lange unter Depressionen litt. "Das ist der Preis des Krieges", sagte der Demokrat aus Georgia. "Man kann nicht junge Amerikaner in den Irak und nach Afghanistan schicken ... und erwarten, dass sie nach Hause kommen und einfach so weiterleben, als wäre nichts geschehen. Sie kommen traumatisiert nach Hause." Und weiter: "Wenn man sich nicht sofort mit den emotionalen Folgen des Krieges beschäftigt, kann es auf dem schnellsten Wege in die Hölle gehen."(...)


das eine sind die sichtbaren und inzwischen auch "offiziell" anerkannten psychophysischen - und eben nicht "rein psychologischen" (die gibt es nicht) - folgen von kriegen generell. das andere sind einige fragen in diesem zusammenhang:

was ist mit den in der genannten studie nicht erfassten bzw. nicht medizinisch "auffällig" gewordenen soldaten? mir geht es immer mehr so, dass ich (post)traumatische reaktionen auf solche absoluten gewaltereignisse wie kriege eigentlich eine sehr normale reaktion finde. und ich frage mich, ob die derart betroffenen nicht eher eine - hm, in realtion gesehen gesunde reaktion zeigen als diejenigen, die das gemetzel anscheinend reaktionslos erlebt haben. und weiter als "dienst- und kriegsfähig" gelten.

was ist übrigens mit der bevölkerung der kriegsversehrten länder, die im gegensatz zu der - wenn auch äußerst mangelhaften und primär an militärischen interessen orientierten - medizinischen versorgung der us-veteranen größtenteils mit den eigenen kriegsbedingten traumata alleine gelassen wird (was für die spätere "friedenszeit" eine enorme belastung darstellen wird - auch das eine geschichtliche lektion, die wir bis heute mehrheitlich nicht sehen wollen)?

und wieso werden nicht aus der erkenntnis, die der zitierte senator formuliert hat, öffentliche konsequenzen gezogen? z.b. diejenige, dass kriege generell totalitär destruktive und auch suizidale projekte darstellen, die auf eine tiefgreifende pathologie kriegführender gesellschaften hinweisen, und zwar relativ unabhängig von der jeweiligen herrschaftsform oder ideologie? und die die weitaus meisten involvierten menschen nicht nur tödlich bedrohen, sondern auch logischerweise das individuelle und kollektive menschliche leben bis an und zum zusammenbruch bringt? das es historische situationen zu geben scheint, in denen kriegsmäßige gewalt - wie etwa im zweiten weltkrieg - zur verhinderung noch größerer destruktivität und auch zum eigenen selbstschutz unvermeidbar erscheint, stellt dabei keine relativierung des obigen dar, weil es dabei schon immer nur um versuchte notdürftige korrekturen von gesellschaftlichen zuständen geht und ging, die schon lange vorher eine bösartige entwicklung genommen hatten.

die normalität, mit der unsere spezies sich seit jahrhunderten mit dem gegenseitigen niedermetzeln abfindet, ist das problem - eine "normalität", die genauso krank ist wie unsere alltägliche praxis der selbst- und fremdverdinglichung - wobei die letztgenannten zustände in kriegen ihren krassesten ausdruck finden.

*

im eingangs erwähnten blogbeitrag bin ich etwas ausführlicher auf die täter-opfer-dialektik bei traumatisierten soldaten eingegangen - und diese wird auch im folgenden wiedermal recht deutlich:

(...)"Zwei Dutzend britische Irak-Veteranen haben sich seit Beginn der Invasion im März 2003 das Leben genommen, mehr als tausend Heimkehrer leben auf der Straße, die Zahl der Soldaten mit posttraumatischen Störungen steigt rapide an.(...)

Die Organisation "Combat Stress" wird nach eigenen Angaben derzeit von Hilfe suchenden Veteranen überlaufen, die von den britischen Gesundheitsbehörden abgewiesen worden seien. Die Zahl der Traumapatienten habe sich in den vergangenen sechs Monaten verdoppelt, nachdem das überlastete britische Militär dazu übergangenen sei, Truppen ohne ausreichende Regenerationszeit wieder in die Kampfgebiete zu schicken.

Wohlfahrtsverbände, Militärexperten und Politiker schlagen Alarm. Sie werfen Premierminister Tony Blair vor, seine Pflicht zur Versorgung der Kriegsheimkehrer aus dem Irak und Afghanistan zu verletzen. Politiker und führende Köpfe aus Gesellschaft und Kultur haben nun einen offenen Brief an den Regierungschef verfasst, der heute im "Independent on Sunday" veröffentlicht wurde. Unter den Unterzeichnern sind der Dramatiker Harold Pinter, die Trägerin des alternativen Nobelpreises, Bianca Jagger, Sir Menzies Campbell, Chef der Liberal Democrats, und die Parlamentarier Peter Kilfoyle und Ben Wallace.

Sie rufen Blair dazu auf, den jungen Männern, die im Namen ihrer Heimat ihr Leben auf dem Schlachtfeld riskieren, auch nach ihrer Rückkehr die gerechte und faire Behandlung zu geben, die sie verdienen. Britische Soldaten würden derzeit nur unzureichend gegen posttraumatischen Stress behandelt. "Viele sind krank, arbeitslos, obdachlos oder sogar selbstmordgefährdet. Wir glauben, dass der militärische Vertrag gebrochen wurde, dass Sie die jungen Männer und Frauen, die ihren Befehl ausführen, vernachlässigt haben", heißt es in dem Schreiben."(...)


den "jungen frauen und männern", die von ihren "vertragspartnern" hintergangen worden sind (wie üblich, und wie in allen kriegen zuvor) wäre zu wünschen, dass sie daraus ihre konsequenzen ziehen - mit blick auf das eigene leben, aber auch auf das ihrer tatsächlichen und potenziellen opfer in den kriegszonen. dazu müsste dann auch gehören, ihren "vertragspartnern" endlich und langfristig den tödlichen gehorsam aufzukündigen. (das schreibe ich übrigens auch vor dem hintergrund meiner persönlichen biographie - einmal habe ich dabei die entsprechenden passagen dieses beitrages im kopf, zum anderen aber habe ich vor fast genau zwanzig jahren selbst den kriegs"dienst" totalverweigert, also auch die sog. "zivile" variante nach kurzer zeit und reiflicher überlegung nicht mehr weiter akzeptiert. meine begründung würde heute sicherlich inhaltlich anders ausfallen als damals in zeiten der sog. ost-west-konfrontation, aber die abneigung gegen staatliche zumutungen in form von zwangsdiensten zu militärischen zwecken hat sich über die jahrzehnte eher noch gesteigert. und den gehorsam gegenüber anmaßenden und soziopathischen "eliten" nicht nur in diesem bereich aufzukündigen, stellt eine der dringendsten notwendigkeiten dieser zeit dar.)

Dienstag, 6. März 2007

notiz: "Das System ist bis ins Mark faul" (C. Peymann) - kleine medienumschau

wiedermal ist gerade so eine zeit, in der ich nicht nur in der virtuellen ebene mehr verschnaufpausen brauche als üblich - und das führt dann eben hier zu längeren pausen und mittlerweile einigen halbfertigen beiträgen auf halde - unter anderem wartet in der neulich mit dem essay von franz schandl begonnenen kleinen reihe ein interview mit der "promi-autistin" donna williams, während ich in der trauma-reihe als nächstes das thema "pränatales leben und seine möglichen traumatisierungen" vorstellen möchte. und alleine diese beiden beiträge fordern einiges an ruhe und konzentration, da ich die jeweiligen inhalte für sehr wichtig halte. von daher möchte ich mich dabei auch bewußt von allem zeitdruck freihalten - nicht nur in diesem bereich übrigens, aber das ist eine andere baustelle.

*

einiges von der notwendigkeit für pausen und verlangsamung wird allerdings auch schlicht von der herrschenden realität erzwungen, die sich bei näherer betrachtung z.b. als eine art immer bösartiger werdendes kreischen beschreiben lässt - schier atemberaubend und ohrenbetäubend werden die aktionen und reaktionen der protagonistInnen des herrschenden objektivierenden und verdinglichen wahns auf das mittlerweile allüberall wahrnehmbare stottern der systeminternen mechanismen im angesicht der selbstproduzierten destruktivität, so das alleine schon zum selbstschutz auszeiten unverzichtbar sind. aus der perspektive dieses blogs heraus im folgenden einige beispiele, für die der ausspruch in der überschrift die passende begleitmusik bildet.

*

zuerst zu einem sehr aktuellen und medial ziemlich vernachlässigten urteil des bundesgerichtshofes, welches erstens die etwas abgelutschte vorsilbe "skandal" eigentlich absolut verdient, zweitens die generelle fragwürdigkeit der heutigen justiz einmal mehr untermauert und drittens ebenso einmal mehr deutlich macht, das die sog. "aufarbeitung" des nationalsozialismus in diesem land völlig zu recht als gescheitert angesehen werden muss. was dieses gericht entschieden hat? halten Sie sich fest:

"Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch »entschieden, dass in der Beschäftigung von Zwangsarbeitern sowie von Kriegs- und Strafgefangenen während des Zweiten Weltkriegs bei anständiger Behandlung noch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit liegt«, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Mit dieser Begründung wurden Erben von Wirtschaftsführern zweier Rüstungsbetriebe des Nazi-Regimes in Dresden und Berlin sogenannte Ausgleichsleistungen für auf Veranlassung der sowjetischen Besatzungsmacht entschädigungslos enteignete Grundstücke zugesprochen."(...)

also, ganz langsam: den nachfahren bzw. juristischen vertretern derselben zweier in der ehemaligen ddr enteigneten rüstungsbetriebe, die für die nazis im zweiten weltkrieg die kriegsfähigkeit mit aufrechterhielten und zu diesem zweck auch zwangsarbeiterInnen beschäftigten - ich setze die allgemeinen bedingungen von zwangsarbeit unter der nazidiktatur als bekannt voraus - wurde also mit der begründung entschädigung für die enteignung zugesprochen, dass nicht alleine bereits das fakt der benutzung von menschen zu zwangsarbeit gegen "grundsätze der menschlichkeit oder rechtsstaatlichkeit" verstößt, sondern die "anständige behandlung" entscheidend sei.

denken Sie ein paar minuten darüber nach. vor allem vielleicht auch über die bedeutung des wortes "anständig" - so, wie es z.b. vom innenminister schäuble vor kurzem oder auch vom reichsführer-ss himmler vor langer zeit benutzt worden ist (falls Sie nicht wissen, was damit gemeint ist - eine kurze recherche sollte klarheit schaffen).

"anständige behandlung": angemessener lohn, unterkunft, gesundheitliche versorgung? könnten selbst diese hypothetischen bedingungen - die im ns übrigens durch die bank nicht für zwangsarbeiterInnen vorhanden waren - die reine tatsache aus der welt schaffen, dass hier eines der schlimmsten terrorregimes aller zeiten schlicht menschen aus vielen ländern wie irgendwelche objekte zwecks vernutzung bzw. vernichtung durch arbeit zusammengeraubt und unter klarer gewaltandrohung zur arbeit für systemerhaltende zwecke erpresst hat?

in der logik dieses gerichts spielt das alles keine rolle, was in der weiteren begründung überdeutlich wird:

(...)"All dies sahen die Bundesrichter auch bei einem 1946 hingerichteten NS-Wirtschaftsführer nicht gegeben. Die von ihm »betriebene Rüstungsproduktion unter Ausnutzung von Zwangsarbeit« sei »kein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems«, heißt es in der Mitteilung des Gerichts. »Eine Unterstützung nicht spezifisch von der nationalsozialistischen Ideologie geprägter Bestrebungen, wie etwa des Ziels, den Zweiten Weltkrieg zu gewinnen, genügt hierfür nicht.«

"kein erhebliches vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen systems" - ahja, soso. die nazis haben ihre rüstungsindustrie ja auch nur zur abhaltung spektakulärer feuerwerke zur erbauung der volksgenossen aufgebaut. oder nicht? und den zweiten weltkrieg - wer hat den nochmal angefangen? und warum? - gewinnen zu wollen, ist natürlich eine "nicht spezifisch von der nationalsozialistischen ideologie geprägte bestrebung" - sicher, in der ex-udssr, england, frankreich und den usa war das nicht der fall.

ich muss meinen zynismus an dieser stelle bremsen - dieses urteil ist eine unglaubliche frechheit, eine provokation und ein tritt für alle überlebenden des naziterrors - nicht nur für zwangsarbeiterInnen. und zunächst ist überhaupt erstmal weitere öffentliche information darüber nötig, denn das schweigen im medienwalde - mit ein paar wenigen ausnahmen, die aber den eigentlichen unglaublichen inhalt dieses urteils verfehlen - ist ein durchaus unheilvolles zeichen von ignoranz und gleichgültigkeit (und ja, ich weiß, dass diese zeichen mittlerweile schon fast nicht mehr zu zählen sind).

ich hatte früher in anderen zusammenhängen schon öfter die these vertreten, dass die heutige sog. justiz aus diversen gründen keine legitimation mehr in anspruch nehmen kann und darf. mit diesem urteil wird das nochmals in ganz anderer qualität unterstrichen: eine solche justiz kann und darf nicht mehr respektiert werden!

*

aber vielleicht weht der wind auch aus ganz anderer richtung, und die furchtbaren juristen des bgh stellen sozusagen nur eine art avantgarde dar - wenn man sich einige entwicklungen des totalitären kapitalismus anschaut:

"Die USA wollen den Strom von Migranten aus Mexiko mit dem Bau von weiteren Sicherheitszäunen, elektronischer Überwachung, Drohnen, der Nationalgarde und mehr Grenzschutzpersonal reduzieren. Umstritten ist noch, wie mit den bis zu 15 Millionen illegalen Migranten verfahren werden soll, die bereit ins Land gekommen sind."(...)

eine grenze nebenbei gesagt, die den ehemaligen ddr- verantwortlichen tränen des neides ins gesicht getrieben hätte. aber das thema ist ein anderes: die "illegalen" stellen natürlich für viele wirtschaftsbereiche billig und profitabel ausbeutbares menschenmaterial dar. wenn dieses jetzt zu einem großen teil wegfallen sollte - wer und was bietet sich da als ersatz an?

(...)"Vor allem in der Landwirtschaft fehlen jetzt zu Frühlingsbeginn die billigen Arbeitskräfte. Noch in diesem Monat will man daher den Arbeitskräftemangel mit dem Start eines bislang in den USA einmaligen Programms entgegenwirken, das von der Gefängnisbehörde Colorados ausgeht. Anstatt der illegalen Einwanderer sollen Strafgefangene unter Bewachung auf die Felder geschickt werden. In Pueblo soll der Beginn mit mehreren Farmen gemacht werden. Die demokratische Abgeordnete Dorothy Butcher, Initiatorin des Programms, erklärte, die Maßnahme habe das Ziel, die durch den Arbeitskräftemangel gefährdete Landwirtschaft zu unterstützen. Farmer sagen, sie würden weniger anbauen oder die Landwirtschaft gar ganz einstellen. Die Strafgefangenen, so die Begründung der Politiker, könnten durch das Programm an harte Arbeit gewöhnt werden und Dinge lernen, die sie nach ihrer Haft zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft brauchen."(...)

zu den erwähnten dingen dürfte u.a. auch die lektion gehören, dass in einer durchdrehenden kapitalistischen ökonomie niemand mehr glauben soll, vom arbeitslohn existieren zu können:

(...)"Gefangene, die nicht als gefährlich eingestuft sind, können sich für die Arbeit bewerben und erhalten 60 Cents am Tag dafür, Melonen, Zwiebeln oder andere Früchte zu ernten oder anzupflanzen."(...)

vielleicht wissen Sie, welche bevölkerungsgruppen bevorzugt in den knästen von "god´s own country" verkommen dürfen? geschichte scheint sich manchmal im kreis zu bewegen: von sklaverei zu sklaverei.

*

aber mit dem finger alleine in richtung der usa zu zeigen, ist ein allzu billiges manöver - schließlich ist auch in europa die rasante umwandlung vieler staaten zu totalitären systemen neuen typs eine realität - noch dazu an vielen stellen unter der geradezu höhnischen begründung, antisoziales verhalten bekämpfen zu wollen; und damit ist die herrschende antisozialität der selbsterklärten "eliten" natürlich nicht gemeint, sondern wer? eine auswahl der letzten tage bzw. wochen:

Landesweit sprechende Überwachungskameras: "Die britische Regierung plant nach einem offenbar gelungenen Testversuch, in vielen Städten Kameras mit Lautsprechern zur verbalen Disziplinierung von Missetätern zu installieren" / Britische Regierung will Kindern ab 11 Jahren Fingerabdrücke abnehmen: "Das britische Innenministerium plant, ab 2010 auch Fingerabdrücke von Kindern im Alter zwischen 11 und 16 Jahren abzunehmen und zu speichern." / BKA-Chef legt nach: Polizei braucht Online-Durchsuchungen dringend - hier empfehle ich die sehr informative und inwischen reichlich gewachsene sammlung von heise zu themen wie online-durchsuchung und biometrischen passdaten - öffentlich vielleicht auch aufgrund der schwierigen materie kaum beachtet, sind in diesem land bzw. der europäischen union viele anscheinend nicht zusammenhängende projekte entweder bereits am laufen oder aber konzipiert, die im zusammenspiel etwas ergeben, das einen george orwell erblassen lassen würde. einem einzelnen menschen, der eine derartige kontroll-, überwachungs- und datensammelwut zutage treten lassen würde, müsste eine schwere paranoia attestiert werden.

*

aber vielleicht ist den herrschenden antisozialen fraktionen ja bereits mehr bezgl. unserer aller zukunft klar als ihren immer noch mehrheitlich treudoof vor sich hindämmernden schäfchen? vielleicht sind es perspektiven wie diese, die ihnen deutlich machen, dass auch ihre macht grenzen hat und finden wird?

(...)""Dass die Erd-Bilanzen nach Eintritt Indiens und Chinas in den Club der Global Player gegenwärtig so dramatisiert werden, kann nicht heißen, dass diese Länder zu den Sündenböcken der Naturkatastrophen des 21. Jahrhunderts gemacht werden. Diese Länder orientieren sich an den Standards des Westens. Vielmehr wird nun bewusst, dass der Westen, naturökonomisch gesehen, von der äußerst negativen Bilanz seiner Zivilisation nur so lange glaubte absehen zu können, wie der Rest der Welt auf einem niedrigen bis elenden Niveau verblieb. Der universalisierte Westen: Das wäre das Ende der Erde. Darum wird es zur ersten Bürgerpflicht, sich bewusst zu machen, dass der naturpolitische und ökonomische Weg des Westens ein historisches Auslaufmodell ist, wenn die Erhöhung der zivilisatorischen und ökonomischen Standards in nichtwestlichen Ländern real wird. Dies aber kann nicht verweigert werden."(...)

yo. ein historisches auslaufmodell. die frage bloß: wird es mit einem großen knall oder doch eher einem wimmern enden? der ganze artikel ist sehr lesenswert.

*

dieses auslaufmodell produziert bisher gewalt ohne ende sowie mit einiger wahrscheinlichkeit die zwecks versuchter anpassung an unerträgliche zustände folgenden psychophysischen mutationen - für dieses (ober-)thema empfehle ich einmal mehr das herumstöbern im index aller blogbeiträge hier, um davon einen kleinen eindruck zu bekommen. und das eine kultur, die wissen und informationen ohne unterlaß produziert und dabei auch auf wissen stößt, welches ihre eigenen praktiken und grundlagen als verdammungswürdige verirrung bloßstellt, offensichtlich nicht (mehr) in der lage ist, daraus die nötigen konsequenzen zu ziehen, lässt sehr tief blicken - beispiel gewaltfolgen:

"Drohungen, Einschüchterungen und der Entzug von Zuwendung haben einer Studie zufolge ähnliche psychische Folgen wie körperliche Folter. Experten warnen vor den dramatischen Folgen - nicht nur für erwachsene Opfer in Krisengebieten, sondern auch für Kinder in friedlichen Ländern.(...)"

die "friedlichen länder" sollten eigentlich in dicken anführungsstrichen stehen. abgesehen von dieser obligatorischen fehlinformation ist der inhalt des artikels zwar lesenswert, beschreibt aber letztlich nichts wirklich neues. und nichts wirklich neues wird auch am ende sichtbar, wo es dann heißt:

(...)"Neben den Entwicklungsstörungen der Kinder verursachen psychischer und emotionaler Druck je nach Stärke immense sozioökonomische Folgekosten. Psychiatrie oder Jugendknast - alles scheint möglich, wenn Kinder als Opfer psychischer Folter ins Leben starten müssen. Und das, weiß Pfeiffer zu berichten, "kostet die Gesellschaft ungeheure Summen".

sie plappern sich um kopf und kragen - der gleiche wahn von verdinglichung und totaler ökonomisierung, der inzwischen millionen in psychopyhsische extremzustände treibt, wird zur begründung dafür herangezogen, warum das dann doch irgendwie nicht so toll sei - es "kostet". Sie können das mittlerweile als eine art indikator benutzen: halten Sie sich von allen leuten möglichst fern, denen zu den vielfältigen arten menschlichen elends nur immer einfällt: "was das wieder kostet!" diese "argumentation" gilt es gründlichst zu stigmatisieren und als das zu kennzeichnen, was sie in ihrem kern ist: menschenverachtend.

*

apropos psychophysische extremzustände:

(...)«18 Prozent aller Kinder im Vorschulalter weisen diagnostizierbare Verhaltensauffälligkeiten auf», berichtete Prof. Klaus Fröhlich-Gildhoff auf einer Tagung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten (bkj), die am 4. März in Frankfurt zu Ende ging. Zu den häufigsten Störungen gehörten Aggressivität, Konzentrationsschwächen, Unruhe, Ess- oder Schlafstörungen, aber auch oft Ängste und Depressionen."(...)

auch leider keine wirkliche neuigkeit, aber es scheint mir angebracht, immer mal wieder dran zu erinnern.

kinder bzw. kindheit ist dann ein gutes stichwort, um auf eines der vielen sehr lobenswerten projekte von "utopie 1" hinzuweisen: dort ist nämlich inzwischen die hier schon mehrfach erwähnte und kommentierte arbeit des psychohistorikers lloyd deMause, "das emotionale leben der nationen", online zu lesen - wer sich also näher mit einem unkonventionellen ansatz zum verständnis vieler vergangener und heutiger destruktiver phänomene bekanntmachen möchte, hat dort die möglichkeit dazu. vielen dank nochmal an die utopie dafür!

Sonntag, 11. Februar 2007

notiz: ...und es geschah in "der besten aller welten"

"In einem verschmutzten Nachthemd, eine Plastiktüte mit seinen Habseligkeiten zwischen den Zähnen, versucht ein querschnittsgelähmter Mann auf dem Bürgersteig vorwärts zu kriechen. Wenigen Stunden zuvor war er noch in einem Krankenhaus in Los Angeles behandelt worden, jetzt hat ihn ein Fahrer der Klinik laut Polizei im berüchtigten Obdachlosenviertel Skid Row ausgesetzt."(...)

so beginnt ein artikel zu einigen vorfällen in los angeles, bei denen ich dringend davor warne, sie alleine als "einzelfälle" und "versagen bzw. verfehlungen einzelner verantwortlicher" anzusehen. nein, das geschilderte ist eher symptomatisch für das, was zukünftig noch alles zu erwarten ist - wenn wir denn nicht endlich aus unserer sozialen trance erwachen.

(...)"Nach Auskunft der Stadtverwaltung von los Angeles ist der Fall nicht der erste. Immer wieder würden obdachlose, manchmal orientierungslose Patienten dort einfach sich selbst überlassen.

Vor drei Monaten erhob die Staatsanwaltschaft in Los Angeles zum ersten Mal Klage. Auf Videoaufnahmen war damals zu sehen, wie ein 63 Jahre alter Patient in einem Nachthemd und auf Socken in den Straßen von Skid Row umherirrt. Inzwischen hat die Stadt ähnliche Vorwürfe gegen mehr als ein Dutzend Krankenhäuser vorgebracht. Viele haben diese zurückgewiesen, andere räumen ein, Patienten bei Hilfsgruppen in dem wegen Kriminalität berüchtigten Viertel abzusetzen."(...)


schauen Sie sich noch einmal die geschichte von kevin an - und Sie werden feststellen, dass sich in diesem land hier grundsätzlich ähnliche tendenzen des antisozialen feststellen lassen. aber es heißt ja immer, dass "wir" hier den usa um ein paar jahre "hinterher" sind...

Samstag, 10. Februar 2007

notiz: "Traumaarbeit ist ein Teil des Widerstands"

im folgenden ein kurzer verweis auf eine längst überfällige und meiner meinung nach sehr sinnvolle initiative von und für politisch und sozial aktive:

"Was ein Trauma oft schafft, ist das was die Repression erreichen soll. Aber es liegt an uns wie wir darauf antworten, was wir mit unserer Angst machen und wie wir uns unterstützen."

der erste satz ist nur zu unterstreichen - tatsächlich ist traumatisierung vielleicht sogar der langfristig wirksamste repressionseffekt, der überhaupt denkbar ist - dazu mit einer art "streuwirkung", weil regelmäßig nicht nur alleine der traumatisierte mensch betroffen ist, sondern auch das soziale umfeld. mehr zu diesem aspekt in einem der folgebeiträge in der traumareihe.

"Obwohl die Gesellschaft anfängt „Posttraumatischen Stress“ (PTSD) ernst zu nehmen, gilt für uns immer noch das Bild des „unerschütterlichen Aktivistinnen“. Wir negieren Schwäche, haben das Gefühl und „normal“ und stark verhalten zu müssen, auch wenn dieses dem subjektiven seelischen Empfinden widerspricht. Dieses Stigma gilt es zu überwinden, denn wir müssen uns im Kampf gegen die Repression unterstützen, wenn wir als Bewegung effektiv sein wollen. Innerhalb dieses Vorgangs ist es unabdingbar, dass das Verhältnis zwischen der Gruppe und dem ich analysiert und ggf. neu geformt wird. Dabei ist es hilfreich, Erfahrungen mit Angst und Trauma jeglicher Art und Weise auszutauschen und auf die Auswirkungen von psychischer und physischer Gewalt einzugehen.

Letztendlich ist es unser aller Aufgabe uns klarzumachen, dass Aktivität oder Länge politischer Arbeit keinen Schutz vor traumatischen Erfahrungen darstellen. Wir wollen mit dem Activist Trauma Support Raum und Personen zur „Emotionalen Ersten Hilfe“ bieten."


und hier geht´s zur seite der gruppe out of action:

"Politische Events, wie z.B. Gipfelproteste, sind nicht nur eine gute Möglichkeit um aktiv zu werden, sich zu vernetzen und etwas zu bewegen, sondern können auch zu erhöhtem Stress und einem Anstieg der Repression führen. Ein Ziel dieser Repression ist es, kritische Menschen einzuschüchtern und ihnen ein Gefühl von Ohnmacht gegenüber staatlicher Herrschaft zu vermitteln. Im Zuge dessen können Traumatisierungen entstehen, die manchmal dazu führen, dass sich Menschen aus politischen Zusammenhängen zurückziehen. Es ist es wichtig, ein Bewusstsein für eben dieses Vorgehen staatlicher Gewalt zu entwickeln, um sich gegenseitig zu unterstützen und wehren zu können, anstatt alleine irgendwann zu resignieren."(...)

wie gesagt: ein sehr unterstützenswertes projekt.

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